L 7 AY 3520/10 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AY 3543/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AY 3520/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht allein von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1 a.a.O., für Vornahmesachen in Abs. 2 a.a.O. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Die Anträge nach § 86b Abs. 1 und 2 SGG sind bereits vor Klageerhebung zulässig (Abs. 3 a.a.O.).

Vorliegend kommt, wie vom Sozialgericht Stuttgart (SG) zutreffend erkannt, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen ab, nämlich dem Anordnungsanspruch und dem Anordnungsgrund (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf mithin nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller - noch bestehender - Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - (juris) und vom 17. April 2009 - L 7 AS 68/09 ER -). Es ist nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Angelegenheiten, die nicht dringlich sind, einer Regelung, die ohnehin nur vorläufig sein kann, zuzuführen; in derartigen Fällen ist dem Antragsteller vielmehr ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar (vgl. Senatsbeschluss vom 25. August 2009 - L 7 AS 2040/09 ER-B -; ferner Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2009 - L 34 AS 815/09 B ER - (juris); zum Ganzen ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage, Rdnrn. 259, 297 f.). Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Hauptsacheerfolg (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG); z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. etwa Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG; z.B. Kammerbeschlüsse vom 12. Mai 2005 a.a.O. und vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).

Unter Beachtung dieser gesetzlichen Grundlagen und Grundsätze hat das SG das der Sache nach darauf gerichtete Begehren der Antragstellerin, ihr ab Eingang ihres Antrages beim SG am 9. Juni 2010 im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes höhere als die von der Antragsgegnerin bereits zugestandenen Grundleistungen nach § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) zu gewähren (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 101, 49 (Rdnr. 14)), zu Recht abgelehnt. Die Antragstellerin begründet ihr Begehren zum einen damit, dass ihr Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG zustünden, zum anderen damit, dass die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG zu niedrig seien, weil es der Verordnungsgeber seit Inkrafttreten des Gesetzes entgegen seiner Überprüfungspflicht nach Abs.3 a.a.O. unterlassen habe, die Bedarfssätze anzupassen, und dieser Zustand verfassungswidrig sei.

Die Antragstellerin, die nach telefonischer Mitteilung der Antragsgegnerin eine bis Oktober 2010 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) (in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162)) besitzt und deshalb leistungsberechtigt nach dem AsylbLG ist (vgl. hierzu BSGE 102, 60 = SozR 4-4200 § 7 Nr. 10; BSG, Urteile vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 40/07 R - und vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 41/07 R - (beide juris)), hat keinen Anspruch auf die Gewährung der sogenannten Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in der hier anzuwendenden, ab 28. August 2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970). Nach dieser ohne Übergangsregelung in Kraft getretenen, verfassungsgemäßen (vgl. BSGE 101, 49) Vorschrift ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Zusammenzurechnen sind insoweit nur Zeiten des Bezugs von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG (vgl. nochmals BSGE a.a.O.; ferner BSGE 103, 28 = SozR 4-3520 § 2 Nr.3), sodass Leistungen nach anderen Regelungen bei der Addition nicht berücksichtigt werden können. Da die Antragstellerin erst seit 17. Dezember 2008 durchgehend Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten hat, ist die für die Gewährung von Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG erforderliche 48-monatige Vorbezugszeit sogar bis zum heutigen Tag noch nicht erreicht.

Auch soweit die Antragstellerin mit Blick auf das Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - (NJW 2010, 505) die Höhe der ihr nach § 3 AsylbLG gewährten Grundleistungen für verfassungswidrig hält, ergibt sich hieraus kein Anspruch, ihr im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen zu gewähren. Nach der Entscheidung des BVerfG sichert das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs.1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs.1 GG jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind (Leitsatz 1 der Entscheidung). Dieses Grundrecht hat als Gewährleistungsrecht neben dem absolut wirkenden Anspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG auf Achtung der Würde jedes Einzelnen eigenständige Bedeutung. Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu (Leitsatz 2 der Entscheidung). Zwar ist der Leistungsanspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG dem Grunde nach von der Verfassung vorgegeben. Der Umfang dieses Anspruchs kann im Hinblick auf die Arten des Bedarfs und die dafür erforderlichen Mittel jedoch nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden (Rdnr. 138 der Entscheidung). Dementsprechend hat das BVerfG die Regelleistung für das Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auch nicht für verfassungswidrig erklärt, weil sie der Höhe nach das menschenwürdige Existenzminimum nicht absichern würden, sondern weil ihr Zustandekommen nicht hinreichend nachvollziehbar ist und es keine Regelung zur Berücksichtigung von besonderen, abweichenden Bedarfslagen gibt. Auch wenn das vom BVerfG erkannte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bei Herleitung aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG nicht davon abhängig gemacht werden kann, ob etwa derjenige, der sich auf dieses Grundrecht beruft, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder sich in Deutschland mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus aufhält (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 31. März 2010 - L 20 B 3/09 AY ER - und vom 19. April 2010 - L 20 B 42/09 AY ER - (beide juris)), ist fraglich, ob diese zum Grundsicherungsrecht nach dem SGB II ergangene Entscheidung des BVerfG auf Leistungen nach dem AsylbLG übertragbar ist. Es steht nämlich im sozialpolitischen Ermessen des Gesetzgebers, für Ausländer mit ungesichertem Aufenthaltsstatus ein eigenes Konzept zur Sicherung ihres Lebensbedarfs zu entwickeln und dabei auch Regelungen über die Gewährung von Leistungen abweichend vom Recht der Sozialhilfe zu treffen, was mit dem AsylbLG geschehen ist. Insbesondere ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, Art und Umfang von Sozialleistungen an Ausländer grundsätzlich von der voraussichtlichen Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland abhängig zu machen (vgl. BSGE 101, 49 (Rdnr. 30) unter Hinweis auf BVerfGE 116, 229; ferner Bundesverwaltungsgericht Buchholz 436.0 § 120 BSHG Nr. 18). Anknüpfend an das fehlende Dauerbleiberecht bei den nach § 1 Abs. 1 AsylbLG dem Leistungsregime des AsylbLG zugeordneten Personen ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Leistungen für den betroffenen Personenkreis nach dem AsylbLG von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und SGB XII abweichen. Allein das Vorsehen von Grundleistungen wie nach § 3 AsylbLG begegnet deshalb (unbeschadet der Frage, ob sie zureichend bemessen sind) nicht grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Hohm, ZFSH SGB 2010, 274). Die Ansicht der Antragstellerin, aufgrund ihres getrennt vom Ehemann und Kindsvater gegebenen Zusammenlebens mit ihrer am 23. April 2009 geborenen Tochter, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, sei ihr Aufenthalt dauerhaft gefestigt, ist unzutreffend. Die Antragstellerin besitzt nach wie vor eine nunmehr bis zum Oktober 2010 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Diese Aufenthaltserlaubnis begründet gerade kein verfestigtes Aufenthaltsrecht (vgl. BT-Drucks. 12/4451 Seite 7). Sie wird einem vollziehbar ausreisepflichtigen Antragsteller erteilt, wenn die Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Trotz dieser Aufenthaltserlaubnis gehört die Antragstellerin weiterhin zu dem Personenkreis der abgelehnten Asylbewerber, der nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf Dauer in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben soll. Leistungsberechtigte, die wie die Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhalten haben, sind somit vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und haben gerade keine längerfristige Aufenthaltsperspektive (BSGE 102, 60).

Ungeachtet der Bedenken, die Entscheidung des BVerfG auf Leistungen nach dem AsylbLG übertragen zu können, wird die seit dem Inkrafttreten des AsylbLG am 1. November 1993 unterbliebene Anpassung der Geldbeträge nach § 3 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 AsylbLG in der Literatur seit längerem kritisiert (vgl. nur Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, Kommentar zum SGB XII, 17. Auflage, § 3 AsylbLG Rdnr. 39; Birk in LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 3 AsylbLG Rdnr. 8; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 3, AsylbLG Rdnr.3; ferner Herbst in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 3 AsylbLG Rdnr. 38; vgl. auch Senatsbeschluss vom 30. April 2010 - L 7 AY 3482/09 B - (juris)). Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage zu den Auswirkungen des Urteils des BVerfG vom 9. Februar 2010 auf das AsylbLG unter dem 10. März 2010 (vgl. BT-Drucks. 17/979) eine Prüfung der Bedeutung dieses Urteils für die Leistungen nach dem vorgenannten Gesetz angekündigt. Ein Ergebnis dieser Prüfung liegt jedoch noch nicht vor. Mittlerweile wird sogar eine Abschaffung des AsylbLG verlangt (vgl. Gesetzentwurf von Abgeordneten sowie der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 21. April 2010 (BT-Drucks. 17/1428)). Auch in einer Großen Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE vom 30. Juni 2010 (BT-Drucks. 17/2404) wird die Bundesregierung nochmals u.a. um Mitteilung gebeten, welche direkten oder indirekten Auswirkungen und Folgen das Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010 auf das AsylbLG hat. Eine Antwort hierauf liegt noch nicht vor. Auch in der Rechtsprechung (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.) werden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Leistungsregelung des § 3 AsylbLG geäußert. Das LSG Nordrhein-Westfalen sieht ausweislich seines Beschlusses vom 26. Juli 2010 (L 20 AY 13/09 (juris)) in der Leistungsbemessung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 AsylbLG einen Verstoß gegen das vom BVerfG mit Urteil vom 9. Februar 2010 erkannte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums und hat daher gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG sein Verfahren ausgesetzt und dem BVerfG zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit vorgelegt. Eine Entscheidung über diese Vorlage steht noch aus.

Trotz dieser bestehenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG ergibt sich hieraus jedoch kein Anspruch der Antragstellerin, ihr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem AsylbLG zu gewähren. Das Oberverwaltungsgericht Bremen (Urteil vom 25. September 2009 - S 3 A 272/07 - InfAuslR 2010, 170) hat bei Geltendmachung einer Verletzung des soziokulturellen Existenzminimums wegen unzureichender Leistungen nach § 3 AsylbLG von der Klägerseite eine differenzierte Darlegung der ungedeckten Bedarfe unter Einbeziehung des § 6 AsylbLG gefordert. Nach § 6 Abs. 1 AsylbLG können sonstige Leistungen insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten oder zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind. Diese Vorschrift stellt eine Regelung dar, mit der verfassungsrechtliche Härten abgefedert werden können. Sie bietet einen hinreichenden Spielraum, im Einzelfall ungedeckte Bedarfe zu berücksichtigen. Hierfür wäre jedoch erforderlich, dass die Antragstellerin konkret darlegt und glaubhaft macht, welcher Bedarf bei ihr trotz Gewährung der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG ungedeckt geblieben ist und aus welchem Grunde eine sofortige Bedarfsdeckung ohne Abwarten einer Klärung im Hauptsacheverfahren erforderlich ist (vgl. auch Senatsbeschluss vom 30. April 2010, a.a.O.). Weder im erstinstanzlichen noch im Beschwerdeverfahren hat die Antragstellerin Entsprechendes dargelegt. Die Erwähnung von "Unterernährung" in der Beschwerdeschrift vom 16. Juli 2010 ist unsubstantiiert und daher nicht geeignet, einen eventuell ungedeckten Bedarf darzulegen. Auch aus den vorliegenden Unterlagen ist eine Bedarfslücke, die im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes geschlossen werden müsste, nicht zu ersehen. Das SG hat daher den Antrag zu Recht abgelehnt.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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