L 5 AS 288/10 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 6 AS 1291/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 288/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Mietschulden-Räumungsklage-Schulden-Übernahme-Frist gerechtfertigt
Bemerkung
Beschluss in L5 AS 288/10 B ER und L 5 AS 289/10 B
Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. Juli 2010 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel der Übernahme von Mietschulden zur Abwendung einer Räumungsklage sowie gegen die Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren.

Der am ... 195 ... geborene Beschwerdeführer bezieht seit Januar 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU).

Er bewohnt seit dem 1. April 2006 als Alleinmieter eine 53 qm große Wohnung mit einer Gesamtmiete von 252,50 EUR/Monat. Ab November 2000 war er "gleichberechtigter Hauptmieter" der 1959 eingezogenen ursprünglichen Alleinmieterin gewesen. Die Wohnung hatte bis Februar 2007 im Eigentum der Wohnungsbaugesellschaft M. mbH (WBau) gestanden. Im März 2007 war sie an die F. und Sch. GbR verkauft worden. Dies hatte der Beschwerdeführer zunächst nicht mitgeteilt. Die Beschwerdegegnerin hatte die Regelleistung gemäß § 31 SGB II für die Zeiträume März bis Oktober 2008 sowie Januar bis März 2009 in unterschiedlicher Höhe abgesenkt. Für die Zeit ab dem 1. August 2008 hatte sie wegen einer Absenkung um 100% die KdU i.H.v. 252,51 EUR/Monat direkt an die WoBau überwiesen und dies in den entsprechenden Bewilligungsbescheiden vermerkt.

In einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 8. Dezember 2008 (S 6 AS 3682/08 ER) hatte der Beschwerdeführer erstmals gerügt, dass die Miete an den falschen Vermieter überwiesen werde. Daraufhin überwies die Beschwerdegegnerin von Januar 2009 bis Januar 2010 die KdU an den neuen Vermieter. Die Leistungen an die WBau wurden von der Beschwerdegegnerin zurückgefordert. Ob eine Rückzahlung erfolgt ist, lässt sich den Akten nicht entnehmen.

Am 2. Dezember 2008 wurde wegen eines Mietrückstands i.H.v. 2.272,50 EUR für die Zeit von April bis Dezember 2008 das Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos gekündigt.

Das Sozialgericht ordnete mit Beschluss vom 3. Februar 2009 die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe gegen die Leistungsabsenkung ab Februar 2008 an (S 6 AS 3682/08 ER). Es sah jedoch mangels erhobener Räumungsklage keine Notwendigkeit für die begehrte vorläufige Bewilligung von Leistungen für die KdU für Dezember 2008.

Die Räumungsklage wurde am 26. August 2009 beim Amtsgericht Magdeburg erhoben. Danach bestünden Mietrückstände seit Juli 2007. Am 25. November 2009 erging gegen den Beschwerdeführer ein Versäumnisurteil. Mit Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 28. April 2010 (103 C 24XX/09 (103)) wurde dieses aufrecht erhalten. Dagegen ist nach Angaben des Beschwerdeführers Berufung eingelegt worden, die noch anhängig ist.

Der Beschwerdeführer setzte die Beschwerdegegnerin erstmals unter dem 27. Oktober 2009, eingegangen bei der Beschwerdegegnerin am 2. November 2009, von der Räumungsklage in Kenntnis. Er könne wegen seiner seit 2008 anhaltenden Entrechtung nicht beurteilen, ob tatsächlich Mietschulden bestünden. Die Beschwerdegegnerin möge die nicht durch sein Verschulden eingetretenen Folgen regulieren. Mehrfach wies er nochmals auf die anhängige Räumungsklage hin. Die Beschwerdegegnerin antwortete unter dem 19. April 2010, für bestehende Mietrückstände sei das Sozial- und Wohnungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg zuständig. Es werde keine Intervention erfolgen.

Am 28. April 2010 hat der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beim Sozialgericht Magdeburg gestellt mit dem Ziel der Übernahme der aufgelaufenen Mietschulden. Diese seien nicht von ihm verursacht worden. Die Beschwerdegegnerin habe sein soziokulturelles Existenzminimum zu Unrecht für Januar bis Juli 2008 gekürzt, weshalb er die Mietzahlungen nicht habe leisten können. Die Direktüberweisung an den falschen Vermieter sei ohne vorherige Anhörung erfolgt. Die Höhe der Mietschulden sei auch fehlerhaft, da die Nebenkostenabrechnungen eklatante Mängel aufwiesen. Daher habe er auch bereits gegen den Vermieter Klage erhoben. Er nehme die Beschwerdegegnerin als zuerst angegangener Sozialleistungsträger in Anspruch. Es drohe Wohn- und Obdachlosigkeit.

Die Beschwerdegegnerin hat sich auf den Standpunkt gestellt, ein Räumungsbeschluss liege noch nicht vor. Sie sei auch nicht zuständig für die Übernahme von Mietschulden. Der Beschwerdeführer müsse sich an das Sozial- und Wohnungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg wenden.

Das Sozialgericht Magdeburg hat den Antrag mit Beschluss vom 5. Juli 2010 abgelehnt. Die Übernahme von Mietschulden gemäß § 22 Abs. 5 SGB II komme nur in Betracht, wenn langfristig der Erhalt der Wohnung gesichert werden könne. Hier könne die Begleichung der Mietrückstände wegen der Frist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht mehr zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Mit dem Versäumnisurteil sei ein Räumungstitel gegen den Beschwerdeführer ergangen. Des Weiteren sei die Beschwerdegegnerin ihrer Zahlungsverpflichtung bis Juli 2008 in vollem Umfang nachgekommen. Es liege in seinem Verantwortungsbereich, dass es zu einem Räumungsurteil gekommen sei. Er hätte versuchen müssen, entsprechende Mietzahlungen durch Antrag bei der zuständigen Wohngeldstelle zu erlangen. Er habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass durch die sofortige Zahlung der ausstehenden Miete die Räumung der Wohnung verhindert werden könne. Zudem trage er selbst vor, dass die Kündigung und die Räumungsklage unwirksam seien. Außerdem habe er Berufung gegen das Urteil eingelegt und wohne noch in seiner Wohnung. Vorliegend sei von einem Missbrauchsfall auszugehen, der die Übernahme der angefallenen Schulden als Darlehen nicht rechtfertige.

Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das Sozialgericht auch die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Hinweis auf den Beschluss in der Hauptsache abgelehnt.

Gegen den am 7. Juli 2010 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 14. Juli 2010 Beschwerde eingelegt und auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen.

Unter dem 9. August 2010 ist er vom Berichterstatter aufgefordert worden, umgehend eine Kopie der fristlosen Kündigung vom 2. Dezember 2008, der Räumungsklage mit Nachweis der Zustellung, das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 25. November 2009 sowie die Berufung ggf. mit Berufungsbegründung vorzulegen. Ferner ist er um Mitteilung gebeten worden, ob ein Antrag auf Übernahme der Schulden beim Sozial- und Wohnungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg gestellt worden ist. Schließlich hat der Berichterstatter auf Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrunds im Hinblick auf die Regelung in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB hingewiesen.

Unter dem 1. September 2010 hat der Beschwerdeführer erwidert, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB sei nicht einschlägig. Die dort geregelte Frist von zwei Monaten beziehe sich nur auf die Erfüllung der rückständigen Forderung, nicht dagegen auf eine Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle. Wegen deren Liquidität müsse keine Frist beachtet werden. Darüber hinaus sei für den Fall des Verlusts der gekündigten Wohnung eine darlehensweise Übernahme der Mietschulden geboten, da er ohne Mietschuldenfreiheitsbescheinigung keinen neuen Vermieter finden könne. Eine Auseinandersetzung mit veröffentlichter Rechtsprechung finde sich in dem angefochtenen Beschluss nicht. Die Übernahme der Mietschulden sei gerechtfertigt, weil diese aufgrund einer rechtswidrigen Leistungsabsenkung aufgelaufen seien. Dies hätte im Rahmen der Ermessensausübung berücksichtigt werden müssen. Die Beschwerdegegnerin wäre zumindest als zuerst angegangene Leistungsträgerin zur Mietschuldenübernahme verpflichtet gewesen. Es drohe der Verlust der seit Jahrzehnten bewohnten Unterkunft.

Hinsichtlich des abgelehnten Antrags auf Prozesskostenhilfe hat er ergänzend ausgeführt, angesichts der schwierig zu beantwortenden Rechtsfragen hätte ihm diese gewährt werden müssen. Ferner hat der Beschwerdeführer die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt und eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.

Er beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

die Beschlüsse des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. Juli 2010 aufzuheben, die Beschwerdegegnerin zur darlehensweisen Übernahme von Mietschulden zu verpflichten sowie ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Magdeburg und das Beschwerdeverfahren zu bewilligen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat nochmals ausgeführt, für ein Darlehen hinsichtlich der Mietrückstände sei das Wohnungsamt der Landeshauptstadt Magdeburg zuständig. Der Beschwerdeführer habe wiederum drei Monate lang dort keinen Antrag auf Mietschuldenübernahme gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Verwaltungsverfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte der Beschwerdegegnerin hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

1. Die Beschwerden sind form- und fristgerecht erhoben gemäß § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Sie sind auch statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Ziff. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG sowie § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO), § 172 Abs. 3 Ziff. 2 SGG.

Hinsichtlich der Beschwerde in der Hauptsache wäre die Berufung zulässig, da der Streitwert über 750,00 EUR liegt. Der Beschwerdeführer begehrt die Übernahme von Mietschulden. Diese hat er zwar nicht ausdrücklich beziffert. Aus den dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz vom 28. April 2010 beigefügten Schreiben ergibt sich jedoch, dass es um einen Betrag von mindestens 1.767,50 EUR geht.

Daher ist auch die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe statthaft. Die Beschwerde ist bei einem Wert des Beschwerdegegenstands über 750,00 EUR nur statthaft, wenn Prozesskostenhilfe (auch) wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt worden ist. Hier hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf seinen Beschluss in der Hauptsache offenkundig die Erfolgsaussichten des Antragsverfahrens abgelehnt.

2. Die Beschwerden sind jedoch unbegründet, da der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf die begehrte darlehensweise Übernahme der Mietschulden glaubhaft gemacht hat (dazu a.). Zu Recht hat das Sozialgericht deshalb auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt (dazu b.). Aus dem gleichen Grund kommt auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht in Betracht (dazu c.).

a. Zu Recht hat das Sozialgericht einen Anspruch auf darlehensweise Bewilligung von Mietschulden im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens abgelehnt.

Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.

Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b Rn. 16b). Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden.

a.a. Der Beschwerdeführer hat hier keinen Anordnungsanspruch auf die beantragte darlehensweise Bewilligung von Leistungen in Höhe der Mietschulden zur Abwendung der Räumungsklage glaubhaft gemacht. Ein solcher Anspruch richtet sich nach der Vorschrift des § 22 Abs. 5 SGB II. Danach können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und noch notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.

Der Senat kann hier offen lassen, ob die Beschwerdegegnerin auf den Antrag vom 27. Oktober 2009 eine Ermessensentscheidung im Sinne von § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II oder eine Entscheidung nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II mit einem sog. gebundenen Ermessen zu treffen hatte. Denn eine solche Prüfung hätte nur zu erfolgen, wenn die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift vorlägen (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4. September 2009, L 13 AS 252/09 B).

Hier ist die begehrte Übernahme der Schulden schon nicht gerechtfertigt i.S.v. § 22 Abs. 5 SGB II. Es handelt sich dabei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Dabei ist zunächst maßgeblich, ob die begehrte Schuldenübernahme zur Sicherung der bisherigen Unterkunft überhaupt geeignet ist. Die Übernahme von Mietschulden hat den Zweck, die bisherige Wohnung zu erhalten. Dieser Zweck kann nicht erreicht werden, wenn trotz Schuldenübernahme langfristig der Erhalt der Wohnung nicht gesichert werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine wirksame Vermieterkündigung ausgesprochen worden ist und ein Räumungstitel vorliegt. Die darlehensweise Bewilligung staatlicher Transferleistungen (mit ungewisser Rückzahlung durch den Darlehensnehmer) hat weiterhin den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit zu genügen. Keinesfalls darf die Transferleistung dazu dienen, den Leistungsempfänger lediglich von zivilrechtlichen Erstattungsansprüchen eines Vermieters freizustellen (so auch: LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. Oktober 2007, L 8 AS 4481/07 ER-B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Januar 2008, L 32 B 2312/07 AS ER; vom 2. März 2009, L 28 AS 253/09 B; vom 8. Januar 2010, L 34 AS 1936/09 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2008, L 7 B 273/08 AS ER; Beschluss des erkennenden Senats vom 23. Februar 2010, L 5 AS 2/10 B ER, alle recherchiert über juris).

Hier hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht, dass durch die begehrte Bewilligung eines Darlehens in Höhe der eingeklagten Mietschulden die derzeit bewohnte Unterkunft mit der erforderlichen Sicherheit langfristig gesichert werden kann. Zu Recht hat das Sozialgericht darauf abgestellt, dass eine Begleichung der Mietrückstände nicht mehr zur Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 2. Dezember 2008 führen könnte.

Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird eine außerordentliche Kündigung nur dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete befriedigt wird. Eine solche Befriedigung mit dem Ergebnis der Unwirksamkeit der Kündigung hätte also längstens zwei Monate nach Rechtshängigkeit der Zahlungs- und Räumungsklage erfolgen müssen.

Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Frist von zwei Monaten zur Befriedigung der fälligen Miete noch nicht verstrichen ist. Nach seiner Mitteilung ist die Räumungsklage am 26. August 2009 beim Amtsgericht Magdeburg erhoben worden. Trotz Aufforderung des Berichterstatters hat er keinen Nachweis für den Zeitpunkt der Zustellung der Räumungsklage, welche die Rechtshängigkeit i.S.v. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB begründet, vorgelegt. Er hat auch nicht mitgeteilt, wann die Zustellung der Klageschrift erfolgt ist. Daher geht der Senat von einer Zustellung der Räumungsklage in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Klageerhebung beim Amtsgericht spätestens Anfang September 2009 aus. Die begehrte darlehensweise Übernahme der Mietschulden kann daher nicht mehr zur Unwirksamkeit der Räumungsklage führen.

Die Auffassung des Beschwerdeführers, die Frist zur Begleichung der fälligen Miete von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs gelte nicht für eine Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle, ist nicht überzeugend. Einheitlich wird zwar in der zivilrechtlichen Kommentierung vertreten, dass bereits die Erklärung der Schuldenübernahme durch eine öffentliche Stelle ausreichend ist. Dies muss allerdings innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten geschehen (Sternel, Mietrecht aktuell 4. Aufl., Rdnr. XII 161; Schmidt-Futterer Mietrecht, 9. Aufl. § 569 BGB, Rdnr. 41). Es kommt auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumnis der öffentlichen Stelle in Betracht (Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, 5. Auflage, § 569 Rdnr. 34).

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer auch weder behauptet noch glaubhaft gemacht, dass der Vermieter bei einer Begleichung der Mietschulden weiterhin bereit wäre, die Räumungsklage zurückzunehmen und das Mietvertragsverhältnis fortzusetzen.

Auf die vom Sozialgericht angestellten Erwägungen zur Verursachung der Mietschulden kommt daher nicht an. Des gleichen ist die Dauer des Mietverhältnisses ohne Bedeutung.

b.b. Der Senat kann offen lassen, ob ein Anordnungsanspruch hinsichtlich der behaupteten Notwendigkeit einer Darlehensübernahme zur Erlangung einer "Mietschuldenfreiheitsbescheinigung" glaubhaft gemacht ist. Es fehlt jedenfalls insoweit ein Anordnungsgrund, da eine vorläufige Regelung derzeit nicht erforderlich ist. Denn noch bewohnt der Beschwerdeführer seine Wohnung und wird dies voraussichtlich für Dauer des Berufungsverfahrens beim Landgericht Magdeburg weiter tun. Etwas anderes mag gelten, wenn im Fall eines rechtskräftigen Räumungsurteils und nach einem Auszug des Beschwerdeführers aufgrund einer fehlenden Mietschuldenfreiheitsbescheinigung keine Wohnung gefunden werden sollte. Dafür bedarf es jedoch derzeit keiner gerichtlichen Eilentscheidung.

c.c. Ein Anspruch auf Mietschuldenübernahme ergibt sich auch nicht aus der von dem Beschwerdeführer von sich in Anspruch genommenen Regelung des § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I). Danach hat ein zuerst angegangener Leistungsträger auf Antrag vorläufig Leistungen zu erbringen, wenn ein Anspruch auf Sozialleistung besteht und wenn zwischen mehreren Leistungsträgern streitig ist, wer zur Leistung verpflichtet ist.

Hier kommt eine Mietschuldenübernahme nach § 34 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) gegenüber der Landeshauptstadt Magdeburg von vorn herein nicht in Betracht. Der Beschwerdeführer ist als Leistungsberechtigter nach dem SGB II gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II von einem Anspruch auf Leistungen nach dem Drittel Kapitel des SGB XII ausgeschlossen.

Der mehrfache Hinweis der Beschwerdegegnerin auf eine Zuständigkeit der Landeshauptstadt Magdeburg für Mietschulden ist daher unrichtig. Eine interne Zuständigkeitsvereinbarung kann die in § 22 Abs. 5 SGB II geregelte gesetzliche Zuständigkeit der Beschwerdegegnerin nicht ändern. Der Senat hat jedoch davon abgesehen, dem Antrag des Beschwerdeführers auf notwendige Beiladung der Landeshauptstadt Magdeburg gemäß § 75 Abs. 2 SGG zu entsprechen. Denn diese könnte aus den genannten Gründen nicht zur vorläufigen Bewilligung eines Darlehens zur Begleichung der Mietschulden verpflichtet werden.

b. Zu Recht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 115 ZPO für die Prozessführung sein Einkommen und Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies nicht aufgrund der dort genannten Tatbestände unzumutbar ist.

Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. März 1990 - 1 BvR 94/88 -, NJW 1991, S. 413 f.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 R -, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).

Aus den oben genannten Gründen hatte der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz weder bei seiner Einlegung am 28. April 2010 noch zum Zeitpunkt der vollständigen Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am 3. Mai 2010 hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Keine andere Bewertung ergibt sich hinsichtlich der Argumentation des Beschwerdeführers hinsichtlich "schwierig zu beantwortender Rechtsfragen". Es handelt sich hier nicht um einen Fall, für den allein aufgrund einer besonderen rechtlichen Problematik von einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg des Verfahrens auszugehen war. Dies kommt nur in Betracht bei ungeklärten Rechtsfragen, wegen derer der Ausgang des Verfahrens ungewiss ist. So liegt der Fall hier jedoch nicht, wie sich aus der oben zitierten ständigen Rechtsprechung der Landessozialgerichte ergibt.

c. Aus den vorgenannten Gründen war auch für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

3. Die Kostenentscheidung in der Hauptsache beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass schon bei dem ersten Antrag auf Schuldenübernahme bei der Beschwerdegegnerin am 2. November 2009 die Frist von zwei Monaten zur Begleichung der Mietschulden abgelaufen war. Aus der zunächst unterbliebenen und später wegen Unzuständigkeit abgelehnten Prüfung sind dem Beschwerdeführer keine Nachteile erwachsen.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Prozesskostenhilfebeschwerde beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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