L 8 AL 4575/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AL 3980/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4575/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juli 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 6. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin vom 16. März 2005 bis 15. März 2006 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat; insbesondere ist umstritten, ob die Klägerin die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

Die 1966 geborene Klägerin stand vom 02.05.1995 bis 15.03.2005 bei der Fa. M. in D. (als Referentin für Aus- und Weiterbildung) in einem Arbeitsverhältnis. Vom 09.10.1998 bis 20.01.1999 - am 25.11.1998 wurde ihre Tochter geboren - befand sie sich in Mutterschutz. Im Anschluss daran befand sie sich im Erziehungsurlaub (mit Bezug von Erziehungsgeld bis 24.05.1999). Vom 01.12.2000 bis 31.12.2001 war die Klägerin bei der Fa. d. A. in S. in Teilzeit als Sachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend nahm sie unbezahlten Sonderurlaub. Vom 06.02.2002 bis 11.05.2002 - am 16.03.2002 wurde ihr Sohn geboren - bezog sie Mutterschaftsgeld. Anschließend befand sich die Klägerin bis 15.03.2005 in Elternzeit (mit dem Bezug von Erziehungsgeld bis 15.09.2003).

Am 01.10.2004 nahm die Klägerin eine geringfügige Beschäftigung mit bedarfsorientierter Festlegung der wöchentlichen Arbeitszeit auf (400-Euro-Job). Zum 15.03.2005 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis bei der Fa. M. wegen der räumlichen Entfernung zwischen ihrem Wohnort in S. und dem Firmensitz in D ...

Am 10.02.2005 meldete sich die Klägerin zum 16.03.2005 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 06.04.2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Anwartschaftszeit sei nicht erfüllt, weil die Klägerin innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor dem 16.03.2005 nicht mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe.

Dagegen legte die Klägerin am 14.04.2005 Widerspruch ein und machte geltend, sie habe von Mai 1995 bis 15.03.2005 in einem Arbeitsverhältnis zu der Firma M. in D. gestanden und habe sich seit Oktober 1998 in Erziehungsurlaub befunden. Ihrer Meinung nach seien aufgrund dieses Arbeitsverhältnisses die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg erfüllt. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, auch bei einer Erweiterung der grundsätzlich drei Jahre betragenden Rahmenfrist aufgrund der Kindererziehungszeiten auf die Zeit vom 29.05.1998 bis 15.03.2005 sei die Anwartschaftszeit nicht erfüllt, da innerhalb der erweiterten Rahmenfrist auch nur die Zeit vom 29.05.1998 bis September 1998 als Versicherungspflichtzeit zu berücksichtigen und damit die Anwartschaftszeit von mindestens 12 Monaten (360 Kalendertage) nicht erfüllt sei.

Am 01.07.2005 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der sie einen Anspruch auf Alg ab 16.03.2005 geltend machte. Sie brachte vor, sie habe bis unmittelbar vor der Antragstellung in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis zur Fa. M. gestanden. Dass sie sich in Elternzeit befunden habe, könne ihren Anspruch nicht tangieren, da Personen versicherungspflichtig seien, die ein noch nicht drei Jahre altes Kind erziehen, wenn sie unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungspflichtig gewesen sind und sich mit dem Kind im Inland gewöhnlich aufhalten. Sie habe jeweils vor den Erziehungszeiten in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis zur Fa. M. gestanden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Regelungen zur Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten mit Wirkung vom 01.01.2003 grundlegend geändert worden seien. Nach der bis 31.12.2002 geltenden Rechtslage sei die Erziehungszeit nicht als Anwartschaftszeit berücksichtigt worden. Es sei jedoch die Rahmenfrist um die jeweiligen Mutterschutz- und Erziehungszeiten verlängert worden. Aufgrund des Rückwirkungsverbots könne sie nicht schlechter gestellt werden, wie wenn die maßgeblichen Regelungen noch Geltung haben würden. Dies gelte umso mehr, weil durch die Gesetzesänderung kindererziehende Mütter nicht schlechter, sondern besser gestellt werden sollten. Wenn sie zum Zeitpunkt der Geburt ihres zweiten Kindes Alg hätte beanspruchen können, könne dieser Anspruch nicht durch die nachfolgenden Mutterschutz- und Erziehungszeiten in Wegfall geraten sein. Die seinerzeitige dreijährige Rahmenfrist hätte sich um die Mutterschutz- und Erziehungszeiten entsprechend verlängert, so dass die Rahmenfrist schon im Januar 1996 begonnen hätte. Die Anwartschaftszeit sei daher erfüllt gewesen. Der von der Beklagten angenommene Beginn der Rahmenfrist (29.05.1998) sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin legte die Mitgliedsbescheinigung zur Kranken- und Pflegeversicherung der B. M. vom 27.07.2007 und die Verdienstabrechnungen der Fa. d. A. für die Zeit vom Dezember 2000 bis Dezember 2001 vor. Hierzu führte die Klägerin aus, aus der Höhe der monatlichen Vergütung ergebe sich zwingend, dass sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Sie sei in Abstimmung mit ihrem Arbeitgeber, der Fa. M., während ihrer Elternzeit für einen zweiten Arbeitgeber tätig gewesen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, aufgrund der im Klageverfahren nachgewiesenen versicherungspflichtigen Beschäftigung vom 01.12.2000 bis 31.12.2001 umfasse die erweiterte Rahmenfrist die Zeit vom 29.05.2001 bis 15.03.2005. Die Anwartschaftszeit sei mit einer Versicherungspflichtzeit vom 29.05.2001 bis 31.12.2001 (217 Tage) nicht erfüllt. Eine weitere Verlängerung der Rahmenfrist sei nicht mehr möglich, da die Betreuungs- und Erziehungszeit vom ersten Kind (25.11.1998 bis 30.11.2000) zu lange zurückliege. Die Beklagte übersandte die von der B. M. angeforderte Mitgliedsbescheinigung zur Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin vom 24.08.2007, aus der hervorgeht, dass die Klägerin in der Zeit vom 01.12.2000 bis 31.12.2001 bei der Fa. d. A. in S. versicherungspflichtig beschäftigt war.

Das SG holte von der B. M. eine Auskunft ein, worauf diese die im Übrigen mit der von der Beklagten vorgelegte Bescheinigung identische Mitgliedsbescheinigung vom 30.01.2008 übersandte.

Mit Urteil vom 29.07.2008 wies das SG die Klage ab. Es hielt die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Alg nicht für erfüllt. Hierbei ging es davon aus, dass der Beginn der Rahmenfrist (16.03.2002 bis 15.03.2005) auf den 29.05.2001 vorzuverlegen sei, da die Zeit vom 16.03.2002 bis 31.12.2002, in der die Klägerin ihr am 16.03.2002 geborenes Kind betreut habe, nicht in die Rahmenfrist einzurechnen sei. Eine weitere Vorverlegung des Beginns der Rahmenfrist sei nicht möglich. Innerhalb dieser Rahmenfrist habe die Klägerin keine 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Versicherungspflichtig sei sie in dieser Zeit nur vom 29.05.2001 bis 31.12.2001 gewesen. Die innerhalb der Rahmenfrist liegenden Mutterschafts- und Erziehungszeiten begründeten hier kein Versicherungspflichtverhältnis. Die Erziehung des am 16.03.2002 geborenen Kindes sei ab 01.01.2003, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der entsprechenden gesetzlichen Neuregelung keine die Versicherungspflicht begründende Zeit gewesen, weil die Klägerin zwar vom 06.02.2002 bis 11.05.2002 Mutterschaftsgeld bezogen habe, diese Zeit einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung aber nicht gleichstehe, weil durch die Schwangerschaft und Mutterschaft eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung nicht unterbrochen worden sei. Dies scheitere daran, dass zwischen dem Ende der versicherten Beschäftigung (31.12.2001) und dem Beginn des Bezuges von Mutterschaftsgeld (06.02.2002) mehr als ein voller Kalendermonat gelegen habe. Der erforderliche zeitliche Zusammenhang könne zwar durch Überbrückungszeiten gewahrt werden. Eine als Überbrückungstatbestand zu wertende Kindererziehungszeit sei hier jedoch nicht zu berücksichtigen, weil in der Zeit vom 01.01.2002 bis 06.02.2002 die Erziehungszeit des ersten Kindes bereits seit mehr als einem Monat beendet gewesen sei und die Erziehungszeit des zweiten Kindes noch nicht begonnen gehabt habe.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 26.08.2008 zugestellt Urteil hat die Klägerin am 26.09.2008 Berufung eingelegt, mit der sie an ihrem Ziel festhält. Sie macht geltend, sie habe Anspruch auf Alg, da sie innerhalb der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Soweit das SG im angefochtenen Urteil davon ausgehe, dass die Rahmenfrist am 29.05.2001 begonnen habe, sei dies unrichtig und auch nicht nachvollziehbar. Nach der Übergangsregelung des § 434 j Abs 3 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) würden die Bestimmungen zur Rahmenfrist in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung weiter gelten, da ihr Anspruch auf Alg bis zum 31.01.2006 entstanden sei. Das bedeute, dass nicht nur die vor dem 01.01.2003 liegende Kindererziehungszeit, sondern die gesamte Kindererziehungszeit nach der Geburt ihres zweiten Kindes (16.03.2002 bis 15.03.2005) nicht in die Rahmenfrist einzurechnen sei, so dass der Beginn der Rahmenfrist auf den 16.03.1999 fallen würde. Da sie sich aber vom 21.01.1999 bis 24.11.2001 in Erziehungsurlaub befunden habe, sei dieser Zeitraum ebenfalls herauszurechnen, so dass der Beginn der Rahmenfrist um weitere 32 Monate und 8 Tage auf den 08.07.1996 vorzuverlegen sei. Dabei sei der bezahlte Sonderurlaub vom 25.11.2001 bis 05.02.2002 noch nicht einmal berücksichtigt. Vom 08.07.1996 bis 08.10.1998 (Beginn des Mutterschutzes am 09.10.1998) habe sie 27 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Im Übrigen habe sie vom 01.12.2000 bis 31.12.2001 lediglich in einem Teilzeitarbeitsverhältnis (15 Stunden pro Woche) gestanden, wodurch der Beginn der Rahmenfrist aber nicht verändert werde. Eine Unterbrechung der Erziehungszeit sei durch diese - mit der Fa. M. abgesprochene - Teilzeittätigkeit nicht eingetreten. Das versicherungspflichtige Arbeitsverhältnis bei der Fa. M. habe auch in dieser Zeit im Rahmen der Erziehungszeit fortbestanden. Die Klägerin hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass ihr Arbeitsverhältnis bei der Fa. d. A. zunächst vom 01.12.2000 bis 31.05.2001 befristet gewesen und sodann bis 31.12.2001 verlängert worden sei. Sie hat den entsprechenden Arbeitsvertrag vom 09.11.2000 und das Schreiben der Fa. d. A. vom 26.03.2001, mit dem der Arbeitsvertrag bis 31.12.2001 verlängert worden ist, vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juli 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 6. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 16. März 2005 bis 15. März 2006 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin sei innerhalb der Rahmenfrist vom 29.05.2001 bis 15.03.2005 nur in der Zeit vom 29.05.2001 bis 24.11.2001 als Beschäftigte versicherungspflichtig gewesen. Das noch bis 15.03.2005 fortdauernde Arbeitsverhältnis mit der Fa. M. habe seit dem 09.10.1998 nicht mehr der Sozialversicherungspflicht unterlegen. Auch die Mutterschafts- und Erziehungszeiten innerhalb der Rahmenfrist begründeten hier kein Versicherungspflichtverhältnis. Die Zeit des unbezahlten Sonderurlaubes vom 25.11.2001 bis 05.02.2002 hätte eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung nicht unterbrochen. Es fehle vorliegend an einer Unterbrechung eines Beschäftigungsverhältnisses.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Abs 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihrem Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Alg für die Zeit vom 16.03.2005 bis 15.03.2006.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 06.04.2005 (Widerspruchsbescheid vom 09.06.2005), mit dem es die Beklagte mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit abgelehnt hat, der Klägerin ab 16.03.2005 Alg zu gewähren. Demgegenüber macht die Klägerin geltend, dass die Anwartschaftszeit erfüllt sei und begründet dies damit, dass die Beklagte (und auch das SG) die Rahmenfrist, innerhalb der eine Versicherungspflichtzeit von mindestens 12 Monaten bestanden haben müsse, unrichtig berechnet habe. Bei zutreffender Berechnung, insbesondere der Berücksichtigung ihrer Erziehungszeiten als Verlängerungstatbestände, sei die Anwartschaftszeit erfüllt.

Nicht Streitgegenstand ist hingegen der von der Klägerin geltende gemachte Zinsanspruch. Ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin ein solcher Anspruch zusteht, beurteilt sich nach § 44 SGB I. Hierüber hat aber zunächst die Beklagte mit Verwaltungsakt zu entscheiden.

Die Grundvoraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin auf Alg für die Zeit ab 16.03.2005 sind - mit Ausnahme der Anwartschaftszeit (§ 118 Abs 1 Nr 3 SGB III) - unstreitig erfüllt. Die Klägerin hat sich am 12.02.2005 mit Wirkung zum 16.03.2005 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet (§ 118 Abs 1 Nr 2 SGB III) und sie war ab 16.03.2005 auch arbeitslos im Sinne der §§ 118 Abs 1 Nr 1, 119 bis 121 SGB III.

Ob die Klägerin die Anwartschaftszeit erfüllt hat, ergibt sich aus den §§ 123, 124 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (aF), die nach der durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (Bundesgesetzblatt I 2848) eingefügten Übergangsregelung in § 434 j Abs 3 SGB III weiter anzuwenden sind, wenn der Anspruch auf Alg - wie hier - bis zum 31.01.2006 entstanden ist.

Nach § 123 Abs 1 Nr 1 SGB III aF hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Nach § 124 Abs 1 SGB III aF beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Da sich die Klägerin zum 16.03.2005 arbeitslos gemeldet hat und sie seit diesem Tag arbeitslos im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen war, begann die reguläre Rahmenfrist von drei Jahren am 15.03.2005 und reichte bis zum 16.03.2002 zurück. Da die Klägerin jedoch Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.2003 - ihr Sohn wurde am 16.03.2002 geboren - vorzuweisen hat, war nach § 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III aF die Zeit vom 16.03.2002 bis 31.12.2002 nicht in die Rahmenfrist einzurechnen, so dass sich die Rahmenfrist um diese Betreuungs- und Erziehungszeit verlängerte. Nach § 434 d Abs. 2 SGB III ist § 124 Abs. 3 Satz 1 Nr 2 SGB III aF für Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes vor dem 1. Januar 2003 weiterhin anzuwenden. Die reguläre Rahmenfrist verlängerte sich somit wegen der nicht einzurechnenden Erziehungszeit vom 16.03.2002 bis 31.12.2002 in der Weise, dass sie entsprechend früher - mithin am 29.05.2001 - endete. Zu diesem Zeitpunkt lief aber noch die Erziehungszeit des ersten, am 25.11.1998 geborenen Kindes der Klägerin, die ebenfalls nach § 434 d Abs 2 SGB III iVm 124 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB III aF zu berücksichtigen ist. Der Wortlaut dieser Regelungen, wonach die Betreuung und Erziehung "eines" Kindes zu berücksichtigen ist, steht dem nicht entgegen. Eine Begrenzung auf ein Kind ist darin nicht zu sehen, da das Wort "eines" nur als unbestimmter Artikel und nicht als Zahlwort zu verstehen ist und sich aus Sinn und Zweck der Regelung - Erweiterung um bis zu drei Jahren - die nochmalige Erweiterung der Rahmenfrist ergibt. Vorliegend besteht die Besonderheit, dass das Arbeitsverhältnis mit der Fa. M. wegen Kinderbetreuung aufrechterhalten geblieben ist und die Zwischentätigkeit bei der Fa. d. wegen Kinderbetreuung als Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wurde. Es ist daher von einer durchgehenden Betreuung und Erziehung auch des am 25.11.1998 geborenen Kindes auszugehen. Die bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes zu berücksichtigende Erziehungszeit reichte noch bis 24.11.2001, so dass die Erziehungszeit vom 29.05.2001 bis 24.11.2001 ebenfalls nicht in die Rahmenfrist einzurechnen und der Beginn der Rahmenfrist entsprechend - nämlich um 175 Tage - auf den 15.12.2000 vorzuverlegen ist. In der somit vom 15.03.2005 bis 15.12.2000 dauernden Rahmenfrist hat die Klägerin die Anwartschaftszeit von mindestens 12 Monaten erfüllt, da sie vom 01.12.2000 bis 31.12.2001 in einem Versicherungspflichtverhältnis bei der Fa. d. gestanden hat.

Soweit die Beklagte insoweit die Auffassung vertritt, es handele sich hierbei um eine zweite Rahmenfrist, die in die erste Rahmenfrist hineinreiche, ist dies bereits mangels Arbeitslosmeldung der Klägerin nicht zutreffend. Der Auffassung des SG, die Berufstätigkeit der Klägerin von Dezember 2000 bis Ende Dezember 2001 zeige, dass sie nicht mehr schutzbedürftig im Sinne des § 124 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III aF sei, folgt der Senat nicht. Dem ist entgegen zu halten, dass der Gesetzgeber für die Zeit der Kinderbetreuung bis zum dritten Lebensjahr grundsätzlich noch keine Abkehr des Versicherten von der Arbeitswelt und der Solidargemeinschaft annimmt. Die hier am 01.12.2000 und damit noch während der ersten, bis 24.11.2001 lautenden Kindererziehungszeit erfolgte Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bestätigt gerade, dass die gesetzlich vermutete Zugehörigkeit zur Solidargemeinschaft noch bestand. Auf die Sonderregelungen zur Berücksichtigung von Mutterschaftsgeld- oder Erziehungsgeldzeiten kommt es daher grundsätzlich nicht an.

Gleichwohl ist der geltend gemachte Anspruch auch darüber hinaus aus zusätzlichen Rechtsgründen gegeben. Nach dem Urteil des BSG vom 29.05.2008 (B 11a/7a AL 64/06 R) ist davon auszugehen, dass mit Wirkung ab 01.01.2003 die bis dahin geltende Regelung hinsichtlich der Verlängerung der Rahmenfrist nahtlos durch eine für die restliche Erziehungszeit entstehende Versicherungspflicht abgelöst worden ist, falls die nach § 26 Abs 2a Nr 1 SGB III erforderlichen Voraussetzungen dieser Versicherungspflicht unmittelbar vor der Geburt des Kindes vorgelegen haben. Daraus folgt, dass die Anwartschaftszeit erfüllt ist, wenn während der bis 15.03.2005 dauernden Erziehungszeit des am 16.03.2002 geborenen Kindes der Klägerin vom 01.01.2003 bis 15.03.2005 Versicherungspflicht bestanden hat. Dies bejaht der Senat. Davor bestand vom 12.05.2002 bis 31.12.2002 ein die Rahmenfrist verlängernder Tatbestand (Erziehungszeit). Vom 06.02.2002 bis 11.05.2002 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld. Zwar ergibt sich für die Zeit vom 01.01.2002 bis 05.02.2002 eine "Lücke", da die Klägerin nur bis 31.12.2001 versicherungspflichtig beschäftigt war. Insoweit greift aber § 427a Abs 1 SGB III ein, der auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 (BVerfGE 115, 259) zurückgeht. Danach gilt für Personen, die - wie die Klägerin - in der Zeit vom 01.01.1998 bis 31.12.2002 Mutterschaftsgeld bezogen haben, hinsichtlich der erforderlichen Anwartschaftszeit § 107 Satz 1 Nr 5 Buchstabe b des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) in der bis 31.12.1997 geltenden Fassung entsprechend.

Das hat zur Folge, dass die Zeit des Bezuges von Mutterschaftsgeld (06.02.2002 bis 11.05.2002) anwartschaftszeitbegründend war, denn dieser Leistungsbezug hat die bis 31.12.2001 ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung "unterbrochen". Hierbei ist im Unterschied zur Regelung des § 26 Abs 2a Satz 1 Nr 1 SGB III, bei der eine Unterbrechung von mehr als einem Monat schädlich wäre, keine strenge Unmittelbarkeit erforderlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass durch den Terminus der "Unterbrechung" in § 107 Satz 1 Nr 5 Buchstabe b AFG lediglich diejenigen Leistungsbezieher ausgeschieden werden sollten, die als nicht mehr zur Solidargemeinschaft gehörig anzusehen sind (vgl Urteil des BSG vom 29.04.1998 - B 7 AL 30/97 R - Rdnr 14 mit Hinweis auf BSGE 74, 28, 34). Dies kann hier - im Unterschied zum vom BSG entschiedenen Fall - nicht angenommen werden, zumal schon bei Beginn der hier nur einen Monat und fünf Tage dauernden Unterbrechung, mithin am 01.01.2002, eine Schwangerschaft vorgelegen hat und diese ausdrücklich in § 107 Satz 1 Nr 5 Buchstabe b AFG als ein die Beschäftigung unterbrechender Tatbestand genannt ist.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist der Senat im Fall der Klägerin davon ausgegangen, dass ihre Tätigkeit bei der Fa. d. in diesem Sinne unterbrochen wurde. Zur Überzeugung des Senats war die Schwangerschaft der Klägerin kausal dafür, dass die befristete Tätigkeit nicht verlängert wurde. Das zunächst bis 31.05.2001 befristete Beschäftigungsverhältnis der Klägerin wurde bereits am 26.03.2001 - bei gleichzeitiger Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit ab 01.04.2001 auf maximal 19 Stunden - bis 31.12.2001 verlängert. Nach dem glaubhaften Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgte eine weitere Verlängerung wegen der bevorstehenden Geburt ihres zweiten Kindes nicht. Dass das Beschäftigungsverhältnis auch dann nicht verlängert worden wäre, wenn sie nicht schwanger gewesen wäre, hat die Klägerin auf Nachfrage des Senats überzeugend verneint. Damit war aber allein die Schwangerschaft ausschlaggebend, dass die Beschäftigung bei bestehender Option einer Verlängerung nicht fortgesetzt worden ist. Dies erfüllt das Tatbestandsmerkmal der Unterbrechung im Sinne der genannten Vorschrift.

Dieses Vorbringen der Klägerin war für den Senat nachvollziehbar und glaubhaft, denn die Darlegungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erfolgten zunächst außerhalb der - im Verfahren erstmaligen - Erörterung der erforderlichen Kausalität von Schwangerschaft und unterbrochener Beschäftigung. Bis dahin war im Rechtsstreit allein der Aspekt der zeitlichen Dauer, die eine mögliche Unterbrechung ausschließe, zwischen den Beteiligten streitig erörtert worden. Der Senat hatte daher keinen Anlass, die Glaubhaftigkeit der Angaben der Klägerin zu bezweifeln. Weitere Ermittlungen drängten sich dem Senat nicht auf, insbesondere war die seitens der Beklagten angeregte Nachfrage bei der Fa. d. nicht geboten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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