Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1664/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3451/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. März 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1952 geborene Klägerin, die den Beruf der Kleidernäherin erlernte, war in diesem Beruf und als Koffernäherin bis Februar 1977 versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Zeiten des Mutterschutzes und der Kindererziehung (Berücksichtigungszeiten bis September 1989) war die Klägerin ab 1. August 1988 mit Unterbrechungen, in denen im Versicherungsverlauf der Klägerin zum Teil keine rentenrechtlichen Zeiten vermerkt sind (zB von Dezember 1993 bis August 1994), als Löterin und Montiererin versicherungspflichtig beschäftigt.
Seit dem Jahr 2002 leidet die Klägerin unter HWS-Beschwerden. Im Jahr 2004 litt die Klägerin verstärkt unter Kopfschmerzen, einem Kopftremor, einem Zucken des linken Armes und des linken Beines sowie Kribbelparästhesien der Finger I bis V. Aufgrund multisegmentaler cervikaler Bandscheibenvorfälle C4/5, C5/6 und C6/7 wurde am 25. März 2004 in der Neurochirurgischen Klinik, Universitätsklinikum H., in Höhe C6/7 eine ventrale Fusion mittels Titan-Cage vorgenommen.
Ab 8. April 2004 bezog die Klägerin, die ab Februar 2004 arbeitsunfähig erkrankt war, Kranken- und Übergangsgeld und im Anschluss daran Arbeitslosengeld bis Oktober 2007. Danach ist im Versicherungsverlauf der Klägerin noch bis 28. November 2007 eine Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vermerkt.
Am 13.07.2004 beantragte die Klägerin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei der Beklagten unter der Angabe, zuletzt als Löterin und Montiererin ungelernte Arbeiten verrichtet zu haben. Vom 18. August 2004 bis 15. September 2004 gewährte die Beklagte der Klägerin daraufhin eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in der M.-Klinik. Im Entlassungsbericht wurden bei der Klägerin chronische Cervicocephalgien, ein chronisches Lumbalsyndrom bei fortgeschrittener Osteochondrose und Spondylarthrose der unteren LWS, beginnende Coxarthrose beidseits und eine psychophysische Erschöpfung diagnostiziert. Die letzte Tätigkeit könne die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten, leichte Tätigkeiten ohne Belastungen des Achsenorganes durch Heben und Tragen von Lasten, ohne volle Gebrauchsfähigkeit der oberen Extremitäten und ohne Belastungen der Nacken-Schulter-Arm-Partie mindestens sechs Stunden täglich.
Auf den Rentenantrag vom 10. Juni 2005 zog die Beklagte ärztliche Unterlagen bei und holte die Gutachten des Neurologen und Psychiaters M. vom 30. Juli 2005, des Orthopäden Dr. T. vom 9. August 2005 und das sozialmedizinische Gutachten der Dr. D. vom 12. August 2005 ein. Herr M. und Dr. T. hielten bei der Klägerin noch leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich für möglich, nicht jedoch die letzte Tätigkeit. Bei integrierender Gesamtbetrachtung diagnostizierte Dr. D. bei der Klägerin ein chronisch rezidivierendes degeneratives Zerviko-Zephal- und Brachial-Syndrom linksbetont, ein chronisch rezidivierendes degeneratives LWS-Syndrom zum Teil lumboischialgieform linksbetont, eine Periarthropathia humeroscapularis beidseits mit Funktionseinschränkung ohne wesentliche Kapselreizung, einen essentiellen Kopftremor und eine leichte reaktive depressive Verstimmung. Bei der Klägerin bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen. Zu vermeiden seien häufiges Bücken, Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, erhöhter Zeitdruck und erhöhte Stressbelastung. Die zuletzt ausgeführte Tätigkeit könne die Klägerin nicht mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 19. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2006 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin, nachdem der Widerspruch nicht begründet worden war, ab. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, da sie noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Es liege auch keine Berufsunfähigkeit vor, da die Klägerin aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. Mai 2006 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat sie am 4. Oktober 2006 ausgeführt, die Wirbelsäulenbeschwerden würden in alle Extremitäten ausstrahlen. Daraus resultiere eine nur noch eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit der oberen Extremitäten, die keine Belastungen der Nacken-/Schulter-/Arm-Partien zuließen. Ferner schränke die stetig fortschreitende Spinalkanalstenose mit hoher Schmerzausstrahlung die allgemeine körperliche Beweglichkeit stark ein. Als Folge der massiven Wirbelsäulenbeschwerden leide sie unter ständigen starken Kopfschmerzen bis hin zum Kopftremor. Wegen des nicht mehr zu bewältigenden Schmerzzustandes habe sich zwischenzeitlich eine reaktiv-depressive Verstimmung eingestellt. Die Gutachter M. und Dr. T. hätten die Beschwerden, die ständig fortschreitend seien, nicht zutreffend bewertet.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen vernommen.
Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. hat mitgeteilt (Auskunft vom 18. Oktober 2006), sie erachte die Klägerin nicht mehr für über sechs Stunden täglich als arbeitsfähig. Insbesondere ein anhaltendes Schmerzsyndrom schränke die Klägerin in ihrer Leistungsfähigkeit ein. Facharzt für Orthopädie Dr. R. hat ausgeführt (Auskunft vom 24. Oktober 2006), Gutachter Dr. T. sei auf die im Vordergrund stehende, seit längerem bekannte chronische therapiebedürftige depressive Episode mit Schlafstörungen nicht ausreichend eingegangen. Unter alleiniger Beachtung der orthopädischen Erkrankungen sei dem orthopädischen Gutachten des Dr. T. in der Beurteilung hinsichtlich des Leistungsbildes uneingeschränkt zuzustimmen.
Daraufhin hat das SG das psychiatrische Gutachten des Dr. S. vom 11. Februar 2007 und auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das orthopädische Gutachten des Prof. Dr. C. vom 25. Juni 2007 eingeholt. Dr. S. hat eine dysthyme Störung und nebenbefundlich einen essentiellen Tremor, Prof. Dr. C. eine Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung der HWS aufgrund multisegmentaler degenerativer Veränderungen der unteren HWS nach operativer Versteifung zwischen C6/7 mit Hinweisen für eine sensible Nervenwurzelreizung, multisegmentale degenerative Veränderungen der unteren LWS mit Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung und Hinweisen für linksseitige motorische und sensible Nervenwurzelreizung, eine Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung beider Schultergelenke auf der Grundlage eines degenerativen Rotatorenmanschettenleidens und reizlose Narben beider Handgelenke nach Carpaltunneloperationen ohne Funktionseinschränkung diagnostiziert. Beide Gutachter haben das Leistungsvermögen der Klägerin qualitativ, aber nicht quantitativ als eingeschränkt erachtet.
Die Klägerin hat zu den Gutachten vorgetragen, es sei nicht nachvollziehbar, dass trotz erheblicher Gesundheitsstörungen weiterhin von einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit ausgegangen werde.
Nach Terminierung des Rechtsstreits zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin noch das Attest der Dr. F. vom 25. März 2009 vorgelegt. Die Klägerin leide weiterhin an einer Lumboischialgie bei degenerativem LWS-Syndrom. Die körperliche Belastbarkeit sei deutlich reduziert, die seelische Belastbarkeit aufgrund der vorbestehenden depressiven Symptomatik ebenfalls eingeschränkt. Aus nervenärztlicher Sicht sei die Belastbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt deutlich gesunken.
Mit Urteil vom 30. März 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sich das SG im Wesentlichen auf die vorliegenden Gutachten gestützt und ausgeführt, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert oder berufsunfähig, da sie bei qualitativen Einschränkungen eine vollschichtige Tätigkeit verrichten könne. Die Beurteilung der Dr. F. sei nicht schlüssig. Sie habe keine Befunde und Erkrankungen mitgeteilt, die die von ihr angenommene Leistungseinschränkung rechtfertigen könnten.
Gegen das der Klägerin am 9. Juli 2009 zugestellte Urteil hat sie am 30. Juli 2009 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat die Klägerin am 30. November 2009 vorgetragen, die im Jahr 2007 festgestellten Befundergebnisse rechtfertigten die Schlussfolgerungen der Gutachter nicht. Zudem habe sich seither die Beschwerdesymptomatik deutlich verschlechtert. Hierzu hat die Klägerin einen unvollständigen Arztbrief über die am 26. Mai 2009 erfolgte Kernspintomographie und den Arztbrief des Orthopäden Dr. H. vom 11. August 2009 (Diagnosen: Cervicobrachialgie beidseits bei Zustand nach Bandscheibenoperation C6/7, Lumboischialgie links, NPP L3/4 und Protrusionen L2/3 sowie L4-S1; Beschwerdelinderung durch Akupunkturbehandlung; die körperliche Aktivität und damit der Muskeltonus solle gesteigert werden, zB durch Rehabilitationssport) vorgelegt. Dr. S. habe noch von einer depressiven Verstimmung gesprochen, nach Dr. F. liege jedoch mittlerweile eine reaktive Depression vor. Zudem sei sie aufgrund des Schmerzerlebens beeinträchtigt. Deshalb werde die Einholung eines schmerzmedizinischen Sachverständigengutachtens, zB bei Prof. Dr. B., beantragt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. März 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. Juni 2005 zu gewähren, hilfsweise, ein schmerzmedizinisches Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtmäßig. Aus dem vorgelegten Bericht über die Kernspintomographie könne keine Leistungsbeurteilung abgeleitet werden, da allein der klinische Befund ausschlaggebend sei. Dem Bericht des Dr. H. sei zu entnehmen, dass die Behandlung zu einer Beschwerdelinderung geführt habe. Dieser Arzt habe eine Steigerung der körperlichen Aktivität empfohlen, was gegen eine rentenrelevante Leistungsminderung spreche.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat Dr. F. und Dr. H. als sachverständige Zeugen gehört und eine orthopädische Begutachtung der Klägerin bei Dr. H. veranlasst.
Dr. F., bei der sich die Klägerin im Jahr 2007 nicht, im Jahr 2008 am 19. November und 20. November und im Jahr 2009 am 23. März vorgestellt hat, hat in der Auskunft vom 22. Februar 2010 mitgeteilt, bei der Klägerin bestünden immer wieder Wirbelsäulenbeschwerden, Schulter-Arm-Beschwerden und Rückenbeschwerden, die ins Bein ausstrahlten. Auch bestehe ein Tremor des Kopfes und reaktiv eine Anpassungsstörung sowie eine depressive Symptomatik. Die Beschwerdesymptomatik sei chronifiziert und habe sich im Lauf der Monate und Jahre weiterhin verschlechtert. Einen genauen Zeitraum der Verschlechterung könne sie nicht angeben. Dr. H. (Auskunft vom 12. Februar 2010) hat die Klägerin zuletzt am 12. August 2009 gesehen. Es habe sich eine endgradige Einschränkung der HWS-Rotation gezeigt. Zudem bestünden lumbale Beschwerden. Die Klägerin sei seines Erachtens noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vier Stunden täglich zu verrichten.
Dr. H. hat im Gutachten vom 8. Juni 2010 ausgeführt, die Klägerin leide an einer chronischen schmerzhaften Funktionsstörung der Hals- und Lendenwirbelsäule bei fortgeschrittenen degenerativen Strukturschäden in der unteren HWS und der gesamten LWS ohne objektive Zeichen einer Nerven- bzw Nervenwurzelschädigung. Diese strukturellen Schäden seien irreversibel und würden dauerhaft zu einer massiven Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. Dennoch könne die Klägerin eine leidensgerechte Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ausüben, ohne dass die Gefahr bestehe, dass sich die Strukturschäden im Bereich der Wirbelsäule dadurch richtungsweisend verschlimmerten. Qualitative Einschränkungen bestünden. Nur noch körperlich wenig belastende Tätigkeiten mit gelegentlichem Heben und Tragen von Lasten bis zehn kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung und bis fünf kg in Rumpfvor- oder Seitneigung erschienen unbedenklich. Längeres Verharren in Zwangshaltungen der HWS und LWS sei nicht mehr leidensgerecht. Ein gelegentlicher Blick nach unten oder oben oder zur Seite sei aber ebenso zumutbar wie gelegentliches kurzfristiges Bücken. Die Körperhaltung sollte immer wieder alle 45 bis 60 Minuten gewechselt werden. Ein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen sollte vermieden werden, auch Arbeiten auf sehr unebenem und rutschigem Gelände und Arbeiten an vibrierenden Maschinen.
Nach Terminierung des Rechtsstreits zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin noch vorgetragen, Dr. H. habe ausgeprägte degenerative Strukturschäden, die fortschreitend degenerativ seien, festgestellt. Das dann gefolgerte Leistungsvermögen verwundere. Da Dr. H. feststelle, dass die strukturellen Schäden im Bereich der HWS und LWS irreversibel seien und dauerhaft zu einer massiven Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führten, könne die zutreffende Folgerung nur lauten, dass sie voll erwerbsgemindert sei. Dr. F. habe in ihrer Stellungnahme das Bild deutlich ergänzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Bescheid vom 19. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGBVI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGBVI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Zur Überzeugung des Senats steht nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweiserhebungen erster und zweiter Instanz sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden können, fest, dass die Klägerin weder teilweise noch voll erwerbsgemindert ist, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der M.-Klinik, den von der Beklagten eingeholten Gutachten des Herrn M., des Dr. T. und der Dr. D. und den in erster und zweiter Instanz eingeholten Gutachten des Dr. S., des Prof. Dr. C. und des Dr. H ... Die Klägerin ist danach noch in der Lage, leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Vermeiden muss die Klägerin länger andauernde Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Gehen auf unebenen oder rutschigen Böden, Tätigkeiten mit einem ständigen Wechsel zwischen Wärme und Kälte, an vibrierenden Maschinen, mit deutlich erhöhtem Zeitdruck oder Stressbelastung und Tätigkeiten, die eine anhaltend hohe oder kurzfristig sehr hohe Konzentration abverlangen.
Die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin wird in erster Linie durch die degenerativen Veränderungen der HWS und LWS beeinträchtigt. Durch die chronische schmerzhafte Funktionsstörung der HWS und LWS bei fortgeschrittenen degenerativen Strukturschäden in der unteren HWS und der gesamten LWS ist die biomechanische Belastbarkeit der Wirbelsäule dauerhaft massiv eingeschränkt. Nachdem im März 2004 bei der Klägerin an der HWS auf Höhe C6/7ein Metallimplantat eingesetzt worden war, sind die Beschwerden und Missempfindungen der linken oberen Gliedmaßen verschwunden, die Nacken-Kopf-Schmerzen haben sich allerdings nur teilweise gebessert. Die Beweglichkeit der HWS hat sich bei den Begutachtungen auf orthopädischem Fachgebiet unterschiedlich dargestellt. Während Dr. T. zB eine Drehbeweglichkeit von je 60° festgestellt hat, war die Beweglichkeit bei der Begutachtung durch Prof. Dr. C. auf beidseits 30° minimiert. Dr. H. hat in der letzten Begutachtung wiederum eine Beweglichkeit von beidseits 50° festgehalten. Während deshalb Prof. Dr. C. von einer mittelgradigen Einschränkung der Beweglichkeit der HWS ausgegangen ist, haben Dr. T. und Dr. H. in etwa eine altersentsprechende Beweglichkeit festgestellt. Die Beweglichkeit der LWS ist jedenfalls seit der Begutachtung durch Dr. H. überdurchschnittlich eingeschränkt. Dennoch haben sowohl Prof. Dr. C. als auch Dr. H. darauf hingewiesen, dass die im Rahmen der gezielten Überprüfung der Beweglichkeit demonstrierten Einschränkungen etwas deutlicher waren als bei Spontanbewegungen wie zB dem An- und Ausziehen oder beim Hinsetzen oder Aufstehen. Die von der Klägerin bei Dr. H. angegebenen Gefühlsstörungen im rechten und linken Bein ziehen keine Muskelverschmächtigungen nach sich, auch eine Kraftminderung liegt nicht vor. Die orientierende neurologische Untersuchung ist unauffällig, Zeichen einer Nervenwurzelkompression oder -schädigung finden sich weder im Bereich der HWS noch im Bereich der LWS. Während die Beweglichkeit der Schultern bei der Begutachtung durch Dr. T. und Dr. H. nicht eingeschränkt war, hat Prof. Dr. C. eine mittelgradig eingeschränkte Beweglichkeit festgestellt, jedoch keine weitergehenden Einschränkungen für notwendig erachtet. Deshalb ergibt sich aus dem degenerativen Rotatorenmanschettenleiden keine weitergehende Funktionsstörung. Insgesamt ist daher für den Senat nachvollziehbar, dass die Schäden, vor allem im Bereich der HWS und LWS, irreversibel sind, diese jedoch dennoch (zumindest derzeit und seit Rentenantragstellung) nur qualitative Leistungseinschränkungen nach sich ziehen. Wegen der degenerativen Veränderungen muss die Klägerin länger andauernde Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Gehen auf unebenen oder rutschigen Böden und Tätigkeiten mit einem ständigen Wechsel zwischen Wärme und Kälte oder an vibrierenden Maschinen vermeiden.
Auch durch die auf nervenärztlichem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen der dysthymen Störung und des essentiellen Tremors ergeben sich nur qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin muss Tätigkeiten mit deutlich erhöhtem Zeitdruck oder Stressbelastung und Tätigkeiten, die ein anhaltend hohe oder kurzfristig sehr hohe Konzentration abverlangen, vermeiden. Quantitative Leistungseinschränkungen ergeben sich nicht. Schon die Klägerin selbst hat bei der Begutachtung durch Dr. S. angegeben, die Haupteinschränkungen im orthopädischen Bereich zu sehen. Dies hat die Begutachtung bei Dr. S. bestätigt. Relevante Funktionseinschränkungen liegen nämlich nicht vor. Zwar war die Klägerin subdepressiv herabgestimmt, allerdings war die emotionale Schwingungsfähigkeit nicht eingeschränkt. Es besteht eine Neigung zu dysphorischer Reizbarkeit und überschießenden negativen emotionalen Reaktionen auf geringe interpersonelle Störungen hin. Die Aufmerksamkeit und das Auffassungs- und Konzentrationsvermögen waren durchschnittlich gut ausgeprägt. Insgesamt handelt es sich, insbesondere da lediglich eine subdepressive Stimmungslage festgestellt werden konnte, um eine dysthyme Störung und einen essentiellen Tremor. Weder liegt eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung noch eine depressive Symptomatik vor. Dr. S. hat nach zwei mehrstündigen Untersuchungen, die die Klägerin emotional und kognitiv forderten, nachvollziehbar keine zeitliche Leistungseinschränkung feststellen können. Dies deckt sich mit den Feststellungen des Neurologen und Psychiaters M., der insbesondere darauf hingewiesen hat, dass das Interessevermögen nicht nachgelassen hat und auch kein sozialer Rückzug besteht. Die Klägerin führt den Haushalt zusammen mit ihrem Ehemann, zudem hat das Ehepaar einen großen Garten gepachtet, der im Sommer, auch mit den Kindern, regelmäßig genutzt wird. Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der psychischen Situation hat der Senat nicht. Denn Dr. H. hat die Klägerin zwar klagsam, aber nicht auffällig dysphorisch verstimmt erlebt. Die Angaben der Klägerin bezüglich der Alltagsaktivitäten differieren ebenfalls nicht, wobei die Klägerin - wie schon bei der Begutachtung durch Dr. S. - darauf hingewiesen hat, dass der Ehemann die mechanisch belastenderen Tätigkeiten übernimmt. Eine zeitliche Leistungseinschränkung für eine leichte Tätigkeit lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten.
Der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens durch die die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. H. und Dr. F. kann nicht gefolgt werden. Während Dr. R. noch - bei Betrachtung des orthopädischen Fachgebiets - der Leistungsbeurteilung durch Dr. T. zugestimmt hat, hat Dr. H. eine leichte Tätigkeit nur vier Stunden täglich für möglich erachtet. Dabei werden jedoch lediglich die bekannten Befunde und Beschwerdeangaben der Klägerin (endgradige Einschränkung HWS-Rotation, lumbale Beschwerden mit Druckschmerz und Muskelhartspann) benannt, ohne dass eine Begründung dafür gegeben wird, warum diese eine zeitliche Leistungseinschränkung nach sich ziehen sollen. Dr. F. hat in ihrer Auskunft vom 22. Februar 2010 lediglich Diagnosen und Beschwerdeangaben der Klägerin wiedergegeben, ohne Befunde und Funktionsstörungen zu nennen, weshalb schon unklar bleibt, worauf sich die Diagnosen einer Anpassungsstörung und einer depressiven Symptomatik stützen, und die Leistungsbeurteilung damit - im Gegensatz zum Gutachten des Dr. S. - nicht ausreichend begründet. Dr. S. hat sich mit der Diagnose der reaktiven depressiven Verstimmung, die Dr. F. in der Auskunft gegenüber dem SG im Jahr 2006 diagnostiziert hat (eine Depression im engeren Sinn hat selbst Dr. F. entgegen der Auffassung der Klägerin nicht diagnostiziert) auseinandergesetzt und lediglich die Kriterien einer dysthymen Verstimmung als erfüllt angesehen. Eine Befundverschlechterung ist nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass offensichtlich diesbezüglich kein Leidensdruck der Klägerin besteht, da sie sich seit der Auskunft der Dr. F. vor dem SG im Jahr 2006 lediglich an drei weiteren Terminen in Behandlung bei Dr. F. befunden hat.
Weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere die Einholung eines schmerzmedizinischen Gutachtens, sind mangels Aufklärungsbedarfs nicht erforderlich. Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag wird daher abgelehnt. Die Gutachten des Herrn M., des Dr. S., des Prof. Dr. C. und des Dr. H. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher nicht mehr notwendig. Dabei hat der Senat keinerlei Zweifel an der Kompetenz der Sachverständigen zur Beurteilung nicht nur psychiatrischer oder orthopädischer Gesundheitsstörungen, sondern auch der Begutachtung von Schmerzen. Der Leitlinie für die Begutachtung von Schmerzen entsprechend, die von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, dem Deutschen Kollegium für Psychosomatische Medizin und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde verabschiedet wurde, ist die Begutachtung chronischer Schmerzen eine interdisziplinäre Aufgabe und erfordert Kompetenz sowohl zur Beurteilung körperlicher als auch psychischer Störungen. Notwendig sind daher fachübergreifende Erfahrungen hinsichtlich der Diagnostik und Beurteilung von Schmerzstörungen (BSG, Beschlüsse vom 9. April 2003 - B 5 RJ 80/02 B - und 12. Dezember 2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160 a Nr 3). Deshalb besitzen zur Überzeugung des Senats gerade auch Neurologen und/oder Psychiater die erforderliche Kompetenz zur Beurteilung der mit chronischen Schmerzen zusammenhängenden Gesundheitsstörungen. Die fachübergreifende Kompetenz der Orthopäden Prof. Dr. C. und Dr. H. ergibt sich schon daraus, dass die beiden Gutachter auch Fachärzte für physikalische und rehabilitative Medizin sind.
Die Klägerin hat schließlich keinen Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr. 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche "Leitberufe" charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R, juris). Angelernte des oberen Bereiches können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale wie zB das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, aaO mwN).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Die Klägerin hat zwar den Beruf der Kleidernäherin erlernt, war in diesem Beruf aber nach den Zeiten der Kindererziehung nicht mehr tätig, sondern als Löterin und Montiererin. Diese Tätigkeit entspricht der Tätigkeit einer einfachen Angelernten. Anhaltspunkte für eine andere Einstufung nach dem Mehrstufenschema des BSG ergeben sich nicht, zumal die Klägerin selbst im Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ihre Tätigkeit als ungelernte Arbeit bezeichnet hat. Damit kann sie auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, auf dem sie noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann (siehe oben), verwiesen werden, die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1952 geborene Klägerin, die den Beruf der Kleidernäherin erlernte, war in diesem Beruf und als Koffernäherin bis Februar 1977 versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Zeiten des Mutterschutzes und der Kindererziehung (Berücksichtigungszeiten bis September 1989) war die Klägerin ab 1. August 1988 mit Unterbrechungen, in denen im Versicherungsverlauf der Klägerin zum Teil keine rentenrechtlichen Zeiten vermerkt sind (zB von Dezember 1993 bis August 1994), als Löterin und Montiererin versicherungspflichtig beschäftigt.
Seit dem Jahr 2002 leidet die Klägerin unter HWS-Beschwerden. Im Jahr 2004 litt die Klägerin verstärkt unter Kopfschmerzen, einem Kopftremor, einem Zucken des linken Armes und des linken Beines sowie Kribbelparästhesien der Finger I bis V. Aufgrund multisegmentaler cervikaler Bandscheibenvorfälle C4/5, C5/6 und C6/7 wurde am 25. März 2004 in der Neurochirurgischen Klinik, Universitätsklinikum H., in Höhe C6/7 eine ventrale Fusion mittels Titan-Cage vorgenommen.
Ab 8. April 2004 bezog die Klägerin, die ab Februar 2004 arbeitsunfähig erkrankt war, Kranken- und Übergangsgeld und im Anschluss daran Arbeitslosengeld bis Oktober 2007. Danach ist im Versicherungsverlauf der Klägerin noch bis 28. November 2007 eine Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vermerkt.
Am 13.07.2004 beantragte die Klägerin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei der Beklagten unter der Angabe, zuletzt als Löterin und Montiererin ungelernte Arbeiten verrichtet zu haben. Vom 18. August 2004 bis 15. September 2004 gewährte die Beklagte der Klägerin daraufhin eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in der M.-Klinik. Im Entlassungsbericht wurden bei der Klägerin chronische Cervicocephalgien, ein chronisches Lumbalsyndrom bei fortgeschrittener Osteochondrose und Spondylarthrose der unteren LWS, beginnende Coxarthrose beidseits und eine psychophysische Erschöpfung diagnostiziert. Die letzte Tätigkeit könne die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten, leichte Tätigkeiten ohne Belastungen des Achsenorganes durch Heben und Tragen von Lasten, ohne volle Gebrauchsfähigkeit der oberen Extremitäten und ohne Belastungen der Nacken-Schulter-Arm-Partie mindestens sechs Stunden täglich.
Auf den Rentenantrag vom 10. Juni 2005 zog die Beklagte ärztliche Unterlagen bei und holte die Gutachten des Neurologen und Psychiaters M. vom 30. Juli 2005, des Orthopäden Dr. T. vom 9. August 2005 und das sozialmedizinische Gutachten der Dr. D. vom 12. August 2005 ein. Herr M. und Dr. T. hielten bei der Klägerin noch leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich für möglich, nicht jedoch die letzte Tätigkeit. Bei integrierender Gesamtbetrachtung diagnostizierte Dr. D. bei der Klägerin ein chronisch rezidivierendes degeneratives Zerviko-Zephal- und Brachial-Syndrom linksbetont, ein chronisch rezidivierendes degeneratives LWS-Syndrom zum Teil lumboischialgieform linksbetont, eine Periarthropathia humeroscapularis beidseits mit Funktionseinschränkung ohne wesentliche Kapselreizung, einen essentiellen Kopftremor und eine leichte reaktive depressive Verstimmung. Bei der Klägerin bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen. Zu vermeiden seien häufiges Bücken, Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, erhöhter Zeitdruck und erhöhte Stressbelastung. Die zuletzt ausgeführte Tätigkeit könne die Klägerin nicht mehr verrichten.
Mit Bescheid vom 19. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2006 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin, nachdem der Widerspruch nicht begründet worden war, ab. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, da sie noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Es liege auch keine Berufsunfähigkeit vor, da die Klägerin aufgrund ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 24. Mai 2006 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat sie am 4. Oktober 2006 ausgeführt, die Wirbelsäulenbeschwerden würden in alle Extremitäten ausstrahlen. Daraus resultiere eine nur noch eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit der oberen Extremitäten, die keine Belastungen der Nacken-/Schulter-/Arm-Partien zuließen. Ferner schränke die stetig fortschreitende Spinalkanalstenose mit hoher Schmerzausstrahlung die allgemeine körperliche Beweglichkeit stark ein. Als Folge der massiven Wirbelsäulenbeschwerden leide sie unter ständigen starken Kopfschmerzen bis hin zum Kopftremor. Wegen des nicht mehr zu bewältigenden Schmerzzustandes habe sich zwischenzeitlich eine reaktiv-depressive Verstimmung eingestellt. Die Gutachter M. und Dr. T. hätten die Beschwerden, die ständig fortschreitend seien, nicht zutreffend bewertet.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen vernommen.
Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. hat mitgeteilt (Auskunft vom 18. Oktober 2006), sie erachte die Klägerin nicht mehr für über sechs Stunden täglich als arbeitsfähig. Insbesondere ein anhaltendes Schmerzsyndrom schränke die Klägerin in ihrer Leistungsfähigkeit ein. Facharzt für Orthopädie Dr. R. hat ausgeführt (Auskunft vom 24. Oktober 2006), Gutachter Dr. T. sei auf die im Vordergrund stehende, seit längerem bekannte chronische therapiebedürftige depressive Episode mit Schlafstörungen nicht ausreichend eingegangen. Unter alleiniger Beachtung der orthopädischen Erkrankungen sei dem orthopädischen Gutachten des Dr. T. in der Beurteilung hinsichtlich des Leistungsbildes uneingeschränkt zuzustimmen.
Daraufhin hat das SG das psychiatrische Gutachten des Dr. S. vom 11. Februar 2007 und auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das orthopädische Gutachten des Prof. Dr. C. vom 25. Juni 2007 eingeholt. Dr. S. hat eine dysthyme Störung und nebenbefundlich einen essentiellen Tremor, Prof. Dr. C. eine Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung der HWS aufgrund multisegmentaler degenerativer Veränderungen der unteren HWS nach operativer Versteifung zwischen C6/7 mit Hinweisen für eine sensible Nervenwurzelreizung, multisegmentale degenerative Veränderungen der unteren LWS mit Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung und Hinweisen für linksseitige motorische und sensible Nervenwurzelreizung, eine Bewegungseinschränkung und Belastungsminderung beider Schultergelenke auf der Grundlage eines degenerativen Rotatorenmanschettenleidens und reizlose Narben beider Handgelenke nach Carpaltunneloperationen ohne Funktionseinschränkung diagnostiziert. Beide Gutachter haben das Leistungsvermögen der Klägerin qualitativ, aber nicht quantitativ als eingeschränkt erachtet.
Die Klägerin hat zu den Gutachten vorgetragen, es sei nicht nachvollziehbar, dass trotz erheblicher Gesundheitsstörungen weiterhin von einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit ausgegangen werde.
Nach Terminierung des Rechtsstreits zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin noch das Attest der Dr. F. vom 25. März 2009 vorgelegt. Die Klägerin leide weiterhin an einer Lumboischialgie bei degenerativem LWS-Syndrom. Die körperliche Belastbarkeit sei deutlich reduziert, die seelische Belastbarkeit aufgrund der vorbestehenden depressiven Symptomatik ebenfalls eingeschränkt. Aus nervenärztlicher Sicht sei die Belastbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt deutlich gesunken.
Mit Urteil vom 30. März 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sich das SG im Wesentlichen auf die vorliegenden Gutachten gestützt und ausgeführt, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert oder berufsunfähig, da sie bei qualitativen Einschränkungen eine vollschichtige Tätigkeit verrichten könne. Die Beurteilung der Dr. F. sei nicht schlüssig. Sie habe keine Befunde und Erkrankungen mitgeteilt, die die von ihr angenommene Leistungseinschränkung rechtfertigen könnten.
Gegen das der Klägerin am 9. Juli 2009 zugestellte Urteil hat sie am 30. Juli 2009 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat die Klägerin am 30. November 2009 vorgetragen, die im Jahr 2007 festgestellten Befundergebnisse rechtfertigten die Schlussfolgerungen der Gutachter nicht. Zudem habe sich seither die Beschwerdesymptomatik deutlich verschlechtert. Hierzu hat die Klägerin einen unvollständigen Arztbrief über die am 26. Mai 2009 erfolgte Kernspintomographie und den Arztbrief des Orthopäden Dr. H. vom 11. August 2009 (Diagnosen: Cervicobrachialgie beidseits bei Zustand nach Bandscheibenoperation C6/7, Lumboischialgie links, NPP L3/4 und Protrusionen L2/3 sowie L4-S1; Beschwerdelinderung durch Akupunkturbehandlung; die körperliche Aktivität und damit der Muskeltonus solle gesteigert werden, zB durch Rehabilitationssport) vorgelegt. Dr. S. habe noch von einer depressiven Verstimmung gesprochen, nach Dr. F. liege jedoch mittlerweile eine reaktive Depression vor. Zudem sei sie aufgrund des Schmerzerlebens beeinträchtigt. Deshalb werde die Einholung eines schmerzmedizinischen Sachverständigengutachtens, zB bei Prof. Dr. B., beantragt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. März 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. Juni 2005 zu gewähren, hilfsweise, ein schmerzmedizinisches Gutachten von Amts wegen einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für rechtmäßig. Aus dem vorgelegten Bericht über die Kernspintomographie könne keine Leistungsbeurteilung abgeleitet werden, da allein der klinische Befund ausschlaggebend sei. Dem Bericht des Dr. H. sei zu entnehmen, dass die Behandlung zu einer Beschwerdelinderung geführt habe. Dieser Arzt habe eine Steigerung der körperlichen Aktivität empfohlen, was gegen eine rentenrelevante Leistungsminderung spreche.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat Dr. F. und Dr. H. als sachverständige Zeugen gehört und eine orthopädische Begutachtung der Klägerin bei Dr. H. veranlasst.
Dr. F., bei der sich die Klägerin im Jahr 2007 nicht, im Jahr 2008 am 19. November und 20. November und im Jahr 2009 am 23. März vorgestellt hat, hat in der Auskunft vom 22. Februar 2010 mitgeteilt, bei der Klägerin bestünden immer wieder Wirbelsäulenbeschwerden, Schulter-Arm-Beschwerden und Rückenbeschwerden, die ins Bein ausstrahlten. Auch bestehe ein Tremor des Kopfes und reaktiv eine Anpassungsstörung sowie eine depressive Symptomatik. Die Beschwerdesymptomatik sei chronifiziert und habe sich im Lauf der Monate und Jahre weiterhin verschlechtert. Einen genauen Zeitraum der Verschlechterung könne sie nicht angeben. Dr. H. (Auskunft vom 12. Februar 2010) hat die Klägerin zuletzt am 12. August 2009 gesehen. Es habe sich eine endgradige Einschränkung der HWS-Rotation gezeigt. Zudem bestünden lumbale Beschwerden. Die Klägerin sei seines Erachtens noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vier Stunden täglich zu verrichten.
Dr. H. hat im Gutachten vom 8. Juni 2010 ausgeführt, die Klägerin leide an einer chronischen schmerzhaften Funktionsstörung der Hals- und Lendenwirbelsäule bei fortgeschrittenen degenerativen Strukturschäden in der unteren HWS und der gesamten LWS ohne objektive Zeichen einer Nerven- bzw Nervenwurzelschädigung. Diese strukturellen Schäden seien irreversibel und würden dauerhaft zu einer massiven Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. Dennoch könne die Klägerin eine leidensgerechte Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche ausüben, ohne dass die Gefahr bestehe, dass sich die Strukturschäden im Bereich der Wirbelsäule dadurch richtungsweisend verschlimmerten. Qualitative Einschränkungen bestünden. Nur noch körperlich wenig belastende Tätigkeiten mit gelegentlichem Heben und Tragen von Lasten bis zehn kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung und bis fünf kg in Rumpfvor- oder Seitneigung erschienen unbedenklich. Längeres Verharren in Zwangshaltungen der HWS und LWS sei nicht mehr leidensgerecht. Ein gelegentlicher Blick nach unten oder oben oder zur Seite sei aber ebenso zumutbar wie gelegentliches kurzfristiges Bücken. Die Körperhaltung sollte immer wieder alle 45 bis 60 Minuten gewechselt werden. Ein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen sollte vermieden werden, auch Arbeiten auf sehr unebenem und rutschigem Gelände und Arbeiten an vibrierenden Maschinen.
Nach Terminierung des Rechtsstreits zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin noch vorgetragen, Dr. H. habe ausgeprägte degenerative Strukturschäden, die fortschreitend degenerativ seien, festgestellt. Das dann gefolgerte Leistungsvermögen verwundere. Da Dr. H. feststelle, dass die strukturellen Schäden im Bereich der HWS und LWS irreversibel seien und dauerhaft zu einer massiven Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führten, könne die zutreffende Folgerung nur lauten, dass sie voll erwerbsgemindert sei. Dr. F. habe in ihrer Stellungnahme das Bild deutlich ergänzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Bescheid vom 19. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Art 1 Nr 10 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BGBl I 2000, 1827) und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554). Denn gemäß § 300 Abs 1 SGB VI sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden gemäß § 302b SGB VI keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs 2 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw gemäß § 43 Abs 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (jeweils Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (jeweils Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (jeweils Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGBVI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs 3 SGBVI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Zur Überzeugung des Senats steht nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweiserhebungen erster und zweiter Instanz sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden können, fest, dass die Klägerin weder teilweise noch voll erwerbsgemindert ist, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der M.-Klinik, den von der Beklagten eingeholten Gutachten des Herrn M., des Dr. T. und der Dr. D. und den in erster und zweiter Instanz eingeholten Gutachten des Dr. S., des Prof. Dr. C. und des Dr. H ... Die Klägerin ist danach noch in der Lage, leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Vermeiden muss die Klägerin länger andauernde Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Gehen auf unebenen oder rutschigen Böden, Tätigkeiten mit einem ständigen Wechsel zwischen Wärme und Kälte, an vibrierenden Maschinen, mit deutlich erhöhtem Zeitdruck oder Stressbelastung und Tätigkeiten, die eine anhaltend hohe oder kurzfristig sehr hohe Konzentration abverlangen.
Die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin wird in erster Linie durch die degenerativen Veränderungen der HWS und LWS beeinträchtigt. Durch die chronische schmerzhafte Funktionsstörung der HWS und LWS bei fortgeschrittenen degenerativen Strukturschäden in der unteren HWS und der gesamten LWS ist die biomechanische Belastbarkeit der Wirbelsäule dauerhaft massiv eingeschränkt. Nachdem im März 2004 bei der Klägerin an der HWS auf Höhe C6/7ein Metallimplantat eingesetzt worden war, sind die Beschwerden und Missempfindungen der linken oberen Gliedmaßen verschwunden, die Nacken-Kopf-Schmerzen haben sich allerdings nur teilweise gebessert. Die Beweglichkeit der HWS hat sich bei den Begutachtungen auf orthopädischem Fachgebiet unterschiedlich dargestellt. Während Dr. T. zB eine Drehbeweglichkeit von je 60° festgestellt hat, war die Beweglichkeit bei der Begutachtung durch Prof. Dr. C. auf beidseits 30° minimiert. Dr. H. hat in der letzten Begutachtung wiederum eine Beweglichkeit von beidseits 50° festgehalten. Während deshalb Prof. Dr. C. von einer mittelgradigen Einschränkung der Beweglichkeit der HWS ausgegangen ist, haben Dr. T. und Dr. H. in etwa eine altersentsprechende Beweglichkeit festgestellt. Die Beweglichkeit der LWS ist jedenfalls seit der Begutachtung durch Dr. H. überdurchschnittlich eingeschränkt. Dennoch haben sowohl Prof. Dr. C. als auch Dr. H. darauf hingewiesen, dass die im Rahmen der gezielten Überprüfung der Beweglichkeit demonstrierten Einschränkungen etwas deutlicher waren als bei Spontanbewegungen wie zB dem An- und Ausziehen oder beim Hinsetzen oder Aufstehen. Die von der Klägerin bei Dr. H. angegebenen Gefühlsstörungen im rechten und linken Bein ziehen keine Muskelverschmächtigungen nach sich, auch eine Kraftminderung liegt nicht vor. Die orientierende neurologische Untersuchung ist unauffällig, Zeichen einer Nervenwurzelkompression oder -schädigung finden sich weder im Bereich der HWS noch im Bereich der LWS. Während die Beweglichkeit der Schultern bei der Begutachtung durch Dr. T. und Dr. H. nicht eingeschränkt war, hat Prof. Dr. C. eine mittelgradig eingeschränkte Beweglichkeit festgestellt, jedoch keine weitergehenden Einschränkungen für notwendig erachtet. Deshalb ergibt sich aus dem degenerativen Rotatorenmanschettenleiden keine weitergehende Funktionsstörung. Insgesamt ist daher für den Senat nachvollziehbar, dass die Schäden, vor allem im Bereich der HWS und LWS, irreversibel sind, diese jedoch dennoch (zumindest derzeit und seit Rentenantragstellung) nur qualitative Leistungseinschränkungen nach sich ziehen. Wegen der degenerativen Veränderungen muss die Klägerin länger andauernde Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Gehen auf unebenen oder rutschigen Böden und Tätigkeiten mit einem ständigen Wechsel zwischen Wärme und Kälte oder an vibrierenden Maschinen vermeiden.
Auch durch die auf nervenärztlichem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen der dysthymen Störung und des essentiellen Tremors ergeben sich nur qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin muss Tätigkeiten mit deutlich erhöhtem Zeitdruck oder Stressbelastung und Tätigkeiten, die ein anhaltend hohe oder kurzfristig sehr hohe Konzentration abverlangen, vermeiden. Quantitative Leistungseinschränkungen ergeben sich nicht. Schon die Klägerin selbst hat bei der Begutachtung durch Dr. S. angegeben, die Haupteinschränkungen im orthopädischen Bereich zu sehen. Dies hat die Begutachtung bei Dr. S. bestätigt. Relevante Funktionseinschränkungen liegen nämlich nicht vor. Zwar war die Klägerin subdepressiv herabgestimmt, allerdings war die emotionale Schwingungsfähigkeit nicht eingeschränkt. Es besteht eine Neigung zu dysphorischer Reizbarkeit und überschießenden negativen emotionalen Reaktionen auf geringe interpersonelle Störungen hin. Die Aufmerksamkeit und das Auffassungs- und Konzentrationsvermögen waren durchschnittlich gut ausgeprägt. Insgesamt handelt es sich, insbesondere da lediglich eine subdepressive Stimmungslage festgestellt werden konnte, um eine dysthyme Störung und einen essentiellen Tremor. Weder liegt eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung noch eine depressive Symptomatik vor. Dr. S. hat nach zwei mehrstündigen Untersuchungen, die die Klägerin emotional und kognitiv forderten, nachvollziehbar keine zeitliche Leistungseinschränkung feststellen können. Dies deckt sich mit den Feststellungen des Neurologen und Psychiaters M., der insbesondere darauf hingewiesen hat, dass das Interessevermögen nicht nachgelassen hat und auch kein sozialer Rückzug besteht. Die Klägerin führt den Haushalt zusammen mit ihrem Ehemann, zudem hat das Ehepaar einen großen Garten gepachtet, der im Sommer, auch mit den Kindern, regelmäßig genutzt wird. Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der psychischen Situation hat der Senat nicht. Denn Dr. H. hat die Klägerin zwar klagsam, aber nicht auffällig dysphorisch verstimmt erlebt. Die Angaben der Klägerin bezüglich der Alltagsaktivitäten differieren ebenfalls nicht, wobei die Klägerin - wie schon bei der Begutachtung durch Dr. S. - darauf hingewiesen hat, dass der Ehemann die mechanisch belastenderen Tätigkeiten übernimmt. Eine zeitliche Leistungseinschränkung für eine leichte Tätigkeit lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten.
Der Einschätzung des zeitlichen Leistungsvermögens durch die die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. H. und Dr. F. kann nicht gefolgt werden. Während Dr. R. noch - bei Betrachtung des orthopädischen Fachgebiets - der Leistungsbeurteilung durch Dr. T. zugestimmt hat, hat Dr. H. eine leichte Tätigkeit nur vier Stunden täglich für möglich erachtet. Dabei werden jedoch lediglich die bekannten Befunde und Beschwerdeangaben der Klägerin (endgradige Einschränkung HWS-Rotation, lumbale Beschwerden mit Druckschmerz und Muskelhartspann) benannt, ohne dass eine Begründung dafür gegeben wird, warum diese eine zeitliche Leistungseinschränkung nach sich ziehen sollen. Dr. F. hat in ihrer Auskunft vom 22. Februar 2010 lediglich Diagnosen und Beschwerdeangaben der Klägerin wiedergegeben, ohne Befunde und Funktionsstörungen zu nennen, weshalb schon unklar bleibt, worauf sich die Diagnosen einer Anpassungsstörung und einer depressiven Symptomatik stützen, und die Leistungsbeurteilung damit - im Gegensatz zum Gutachten des Dr. S. - nicht ausreichend begründet. Dr. S. hat sich mit der Diagnose der reaktiven depressiven Verstimmung, die Dr. F. in der Auskunft gegenüber dem SG im Jahr 2006 diagnostiziert hat (eine Depression im engeren Sinn hat selbst Dr. F. entgegen der Auffassung der Klägerin nicht diagnostiziert) auseinandergesetzt und lediglich die Kriterien einer dysthymen Verstimmung als erfüllt angesehen. Eine Befundverschlechterung ist nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass offensichtlich diesbezüglich kein Leidensdruck der Klägerin besteht, da sie sich seit der Auskunft der Dr. F. vor dem SG im Jahr 2006 lediglich an drei weiteren Terminen in Behandlung bei Dr. F. befunden hat.
Weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere die Einholung eines schmerzmedizinischen Gutachtens, sind mangels Aufklärungsbedarfs nicht erforderlich. Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisantrag wird daher abgelehnt. Die Gutachten des Herrn M., des Dr. S., des Prof. Dr. C. und des Dr. H. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher nicht mehr notwendig. Dabei hat der Senat keinerlei Zweifel an der Kompetenz der Sachverständigen zur Beurteilung nicht nur psychiatrischer oder orthopädischer Gesundheitsstörungen, sondern auch der Begutachtung von Schmerzen. Der Leitlinie für die Begutachtung von Schmerzen entsprechend, die von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, dem Deutschen Kollegium für Psychosomatische Medizin und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde verabschiedet wurde, ist die Begutachtung chronischer Schmerzen eine interdisziplinäre Aufgabe und erfordert Kompetenz sowohl zur Beurteilung körperlicher als auch psychischer Störungen. Notwendig sind daher fachübergreifende Erfahrungen hinsichtlich der Diagnostik und Beurteilung von Schmerzstörungen (BSG, Beschlüsse vom 9. April 2003 - B 5 RJ 80/02 B - und 12. Dezember 2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160 a Nr 3). Deshalb besitzen zur Überzeugung des Senats gerade auch Neurologen und/oder Psychiater die erforderliche Kompetenz zur Beurteilung der mit chronischen Schmerzen zusammenhängenden Gesundheitsstörungen. Die fachübergreifende Kompetenz der Orthopäden Prof. Dr. C. und Dr. H. ergibt sich schon daraus, dass die beiden Gutachter auch Fachärzte für physikalische und rehabilitative Medizin sind.
Die Klägerin hat schließlich keinen Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 240 Abs 1 SGB VI in den ab 1. Januar 2001 geltenden Fassungen (zuletzt durch Art 1 Nr. 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist gemäß § 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Deshalb besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht bereits dann, wenn der bisherige Beruf (Hauptberuf) nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern erst, wenn der Versicherte nicht auf eine zumutbare andere Tätigkeit verwiesen werden kann. Das Gesetz verlangt dazu einen zumutbaren beruflichen Abstieg. Um bestimmen zu können, auf welche Berufe der Versicherte verweisbar ist, hat die Rechtsprechung des BSG ein sogenanntes Mehrstufenschema entwickelt, das die Angestellten- und Arbeiterberufe in mehrere, durch unterschiedliche "Leitberufe" charakterisierte Gruppen untergliedert. Hiernach sind sowohl für gewerbliche als auch für Angestellten-Berufe mittlerweile sechs Stufen zu unterscheiden (zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 R 85/09 B, juris). Die erste Stufe bilden dabei ungelernte Berufe, auf der zweiten Stufe folgen Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte). Grundsätzlich darf im Rahmen des Mehrstufenschemas der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der gleichen oder jeweils nächstniedrigeren Gruppe verwiesen werden (BSG, Urteil vom 24. März 1983, 1 RA 15/82, SozR 2200 § 1246 Nr 107; zuletzt BSG, Beschluss vom 27. August 2009, B 13 RJ 85/09 B, aaO). Dabei zerfällt die Stufe der Angelernten in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist grundsätzlich (Ausnahmen: sog Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein sog einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 5/04 R, juris). Angelernte des oberen Bereiches können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale wie zB das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93, aaO mwN).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich somit nach der Wertigkeit des Hauptberufs. Dieser bestimmt sich in der Regel nach der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Die Klägerin hat zwar den Beruf der Kleidernäherin erlernt, war in diesem Beruf aber nach den Zeiten der Kindererziehung nicht mehr tätig, sondern als Löterin und Montiererin. Diese Tätigkeit entspricht der Tätigkeit einer einfachen Angelernten. Anhaltspunkte für eine andere Einstufung nach dem Mehrstufenschema des BSG ergeben sich nicht, zumal die Klägerin selbst im Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ihre Tätigkeit als ungelernte Arbeit bezeichnet hat. Damit kann sie auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, auf dem sie noch Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann (siehe oben), verwiesen werden, die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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