Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 4 RA 50/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 101/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 239/10 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
AAÜG, § 4 Abs. 4, Vergleichsberechnung
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Absatz 4 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) hat und ihm deshalb eine höhere Rente zu zahlen ist.
Der 1936 geborene Kläger, der keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem der DDR angehörte, erhielt von der Beklagten auf seinen Antrag hin ab dem 01. März 1996 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auf der Grundlage von 0,7083 persönlichen Entgeltpunkten und 60,0146 persönlichen Entgeltpunkten Ost (Bescheid vom 05. März 1996). Nachdem die Beklagte als Zusatzversorgungsträger mit Bescheid vom 20. März 2000 die Zeit vom 10. August 1959 bis zum 30. Juni 1990 als (fiktive) Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anerkannt hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 05. April 2000 die Rente ab dem 01. März 1996 auf der Grundlage von 0,7355 persönlichen Entgeltpunkten und 65,9653 persönlichen Entgeltpunkten Ost neu fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 13. August 2002 Widerspruch, den die Beklagte wegen der Verfristung als Antrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) wertete. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 13. November 2002 ab.
Mit Schreiben vom 02. Juli 2003 beantragte der Kläger am 04. Juli 2003 bei der Beklagten, bei ihm eine Vergleichsberechnung nach § 4 Absatz 4 AAÜG (in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes) durchzuführen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Juli 2003 mit der Begründung ab, dass die Rente des Klägers nicht in dem Zeitraum vom 01. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 begonnen habe. Dagegen legte dieser am 29. Juli 2003 Widerspruch ein. Die Stichtagsregelung des Gesetzes sei ungerecht und entbehre jeder Logik. Seine in der DDR erworbenen Rentenanwartschaften stünden auch unter dem Schutz des Grundgesetzes (GG). Die Beklage wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02. Januar 2004 zurück. Die Stichtagsregelung des § 4 Absatz 4 AAÜG verstoße nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) weder gegen Artikel 3 Absatz 1 GG noch gegen Artikel 14 Absatz 1 GG.
Daraufhin hat der Kläger am 26. Januar 2004 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und schriftsätzlich umfangreiche Anträge angekündigt, unter anderem auch die Beklagte zu verurteilen, ihm ein höheres Alterseinkommen zu gewähren und insbesondere auch eine Vergleichsberechnung nach § 307b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes durchzuführen. Das SG hat den Kläger darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Gerichtsverfahrens allein die Frage sei, ob er eine Vergleichsberechnung nach § 4 AAÜG beanspruchen könne. Nur darüber habe die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden entschieden. Der Kläger hat mitgeteilt, er gehe davon aus, dass in entsprechender Anwendung von § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) alle Entscheidungen, die die Höhe seiner Rente betreffen würden, Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Hilfsweise mache er geltend, dass die von ihm formulierten Anträge im Wege der Klageänderung gemäß § 99 Absatz 2 SGG einzubeziehen seien. Auch sei das Verfahren im Hinblick auf die dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorliegenden neueren Menschenrechtsbeschwerden zu einschlägigen Grundsatzfragen der Renten- und Versorgungsüberleitung zum Ruhen zu bringen. Mit Urteil vom 12. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet sei. Gegenstand des Rechtsstreits sei allein der in dem angefochtenen Bescheid vom 18. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 2004 abgelehnte Antrag, eine Vergleichsberechung nach § 4 Absatz 4 AAÜG für die ab dem 01. März 1996 gezahlte Rente durchzuführen. Die weiteren Begehren seien unzulässig, weil dazu bisher entsprechende Anträge im Verwaltungsverfahren nicht gestellt worden seien oder die Beklagte darüber mit bestandskräftigen Bescheiden entschieden habe. Einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Absatz 4 AAÜG habe der Kläger nicht, da seine Rente nicht in der Zeit vom 01. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 begonnen habe. Außerdem habe er zur Zeit der DDR keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört, sondern ihm seien mit Bescheid vom 20. März 2000 lediglich fiktive Zusatzversorgungszeiten zuerkannt worden.
Gegen das ihm am 12. März 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. März 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt, die er umfangreich – insbesondere mit rechtspolitischen Erwägungen – begründet hat. Außerdem regt er an, das Verfahren im Hinblick auf anstehende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Ruhen zu bringen oder auszusetzen. Der Kläger hat Beweisanträge gestellt, wegen deren Einzelheiten auf die Ziffer 1 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten des Klägers vom 17. Juni 2010 Bezug genommen wird.
Der Kläger beantragt wörtlich,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12.2 2007 aufzuheben, mit dem der Bescheid vom 18.7.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.1.2004 bestätigt wurde einschließlich der Entscheidungen über die Rentenanpassungen/-angleichungen Ost an West seit dem 1.7.2000, sowie alle im Laufe des Verfahrens weiteren erteilten Rentenbescheide, und die Beklagte zu verpflichten, ihm ein höheres Alterseinkommen aus den von ihm in seinem Arbeitsleben rechtmäßig erworbenen Anwartschaften auf Ansprüche auf ein angemessenes Alterseinkommen ab Rentenbeginn zu gewähren. Der Anspruch des Klägers auf Renten aus der SV, der FZR und der Zusatzversorgung sind in ihrer realen Höhe zu berücksichtigen und an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen, in der diese Ansprüche in der DDR rechtmäßig erworben und als Eigentum in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht wurden. Es sind analog der Regelung für die Bestandsrentner der Zahlbetragsschutz des EV sowie ein angemessener Eigentums-, realer Bestands- und dauerhafter Vertrauensschutz zu gewähren. Dazu sind insbesondere 1. das Eigentum des Klägers, das er in Form von Ansprüchen und Anwartschaften aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht hat, umfassend zu achten, die Ansprüche des Klägers auf Rente aus der SV und auf Rente aus der SV und auf Zusatzversorgung in Übereinstimmung mit dem Zahlbetragsschutz des EV, zum 31.12.1991 erhöht um 6,84% und ab 1.7.1990 (zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet, zu berücksichtigen und ab Rentenbeginn nach den gleichen Konditionen zu gewähren, wie sie vom EV für Bestandsrentner vorgesehen und vom BVerfG (BVerfGE 100, 1ff.) bestätigt wurden; 2. die Versichertenrente nach dem SGB VI unter Berücksichtigung der Anwartschaften/Ansprüche ist im Rahmen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (§ 260 SGB VI) und nicht abgesenkt auf die verfassungswidrige besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI), also auch nicht nach dem ebenfalls verfassungswidrigen besonderen Alterssicherungsrecht Ost zu berechnen, und die Zusatzrentenansprüche aus dem Versorgungssystem anzuerkennen, die in der DDR per Gesetz, Anordnung, Verwaltungsakt und Versicherungsvertrag dauerhaft zum Erhalt des im Berufsleben erworbenen Lebensniveaus zugesichert worden sind; die Versichertenrente ist damit unter Einbeziehung der in der Bundesrepublik ab 01.07.90 ergänzend erworbenen Anwartschaften zu einer mit Eintritt des Leistungsfalls im Rentenrecht lebensstandardwahrenden Vollversorgung aufzustocken, 3. die Anpassungen der Rente sowie die Rentenangleichung Ost an West seit dem 1.7.00 sind fortlaufend nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des GG durchzuführen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Anspruch auf "Anpassung Ost" nach dem Leiturteil des BVerfG vom 28.4.1999 unter Eigentumsschutz steht (BVerfGE 100, 1 (44, 54)); wobei die Anpassung die jährliche Inflationsrate nicht unterschreiten darf (B 4 RA 120/00), 4. Die sich aus den unterschiedlichen Berechnungsarten des Alterseinkommens ergebenden Resultate sind zu vergleichen und der höchste Betrag ist als Rente zu leisten. 5. Der Kläger beantragt hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. Februar 2007 zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidungen und das diese bestätigende Urteil des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und in der Form und Frist des § 151 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Hinsichtlich eines Großteils der vorgebrachten Anträge war die Klage bereits unzulässig (nachfolgend 1.). Soweit es um einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung gemäß § 4 Absatz 4 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes geht, ist die Klage zwar zulässig aber unbegründet (nachfolgend 2.).
1. Zulässiger Gegenstand dieses Rechtsstreits ist allein die Frage, ob der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Durchführung einer Vergleichsberechnung nach § 4 Absatz 4 AAÜG hat. Denn nur darüber hat diese in dem angefochtenen Bescheid vom 18. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 2004 entschieden, so dass es für die geltend gemachten anderen Ansprüche an der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens fehlt. Im Übrigen hat der Kläger den seinen Überprüfungsantrag ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 13. November 2002 (vgl. Ziff. 1 des Antrags) nicht angefochten, so dass dieser bestandskräftig geworden ist. Entgegen seiner Auffassung sind zwischenzeitlich ergangene Bescheide und Mitteilungen der Beklagten auch nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand dieses Verfahrens geworden.
Es sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte die Rente des Klägers der Höhe nach unzutreffend berechnet hat. Für die vom Kläger geforderte abweichende Berechnung gibt es im geltenden Recht, an das sowohl der erkennende Senat wie auch die Beklagte gebunden sind, keine Grundlage.
2. Einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Absatz 4 AAÜG in der Fassung des 2. Änderungsgesetzes hat der Kläger nicht, weil er dieser Vorschrift in zweierlei Hinsicht nicht unterfällt. Zum einen verlangt § 4 Absatz 4 Satz 1 AAÜG, dass die Rente in der Zeit vom 01. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 zu beginnen hat. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger, dessen Rente am 01. März 1996 begann, nicht. Diese Fristbestimmung ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich, weil sie die sog. rentennahen Jahrgänge hinreichend schützt (vgl. nur BSG, Urteil vom 23. August 2005 – B 4 RA 52/04 –, zitiert nach juris). Hinzu kommen muss nach Satz 2 der genannten Vorschrift, dass der Kläger einen Anspruch aus dem Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gehabt haben müsste, wenn die Regeln des Versorgungssystems weiter anzuwenden gewesen wären. Das ist im Falle des Klägers aber schon deshalb nicht der Fall, weil er zur Zeit der DDR nicht in die Versorgungsordnung der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen war. Er ist vielmehr erst auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG zur sogenannten fiktiven Einbeziehung so gestellt worden ist, als sei er einbezogen gewesen.
§ 4 Absatz 4 AAÜG verstößt auch nicht gegen das Grundrecht auf Eigentum nach Artikel 14 Absatz 1 GG. Die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften genießen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 100, Seite 1 (S. 33 und 37)) den Schutz dieses Grundrechts nur in der Form, die sie auf Grund der Regelungen des Einigungsvertrages erhalten haben. Die Schutzwirkung der Grundrechte des GG erstreckte sich vor der Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht auf das Gebiet der DDR, und das GG ist dort auch nicht rückwirkend in Kraft getreten. Die Zahlbetragsgarantie des Einigungsvertrages war für die sogenannten Bestandsrentner und nur für bestimmte, im Zeitpunkt der Vereinigung "rentennahe" Jahrgänge des Beitrittsgebiets als Rechtsposition nach Artikel 14 Absatz 1 GG ausgestaltet. Eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Artikel 100 Absatz 1 GG scheidet deshalb aus. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Teilentscheidung vom 25. September 2007 über die Individualbeschwerde Nr. 12923/03 die rentenrechtlichen Überleitungsregeln aus europarechtlicher Sicht nicht beanstandet.
3. Den vom Kläger formulierten Fragen, denen im Rahmen einer Beweisaufnahme hätte nachgegangen werden sollen, sind dem Bereich der Gesetzgebung zuzuordnen. Für die Schaffung von Rechtsnormen ist der Senat nicht legitimiert. Dies obliegt nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland der gesetzgebenden Gewalt nicht jedoch den Gerichten.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Absatz 2 SGG liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und der Senat weicht auch nicht von einer Entscheidung der in § 160 Absatz 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte ab.
Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Absatz 4 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) hat und ihm deshalb eine höhere Rente zu zahlen ist.
Der 1936 geborene Kläger, der keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem der DDR angehörte, erhielt von der Beklagten auf seinen Antrag hin ab dem 01. März 1996 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auf der Grundlage von 0,7083 persönlichen Entgeltpunkten und 60,0146 persönlichen Entgeltpunkten Ost (Bescheid vom 05. März 1996). Nachdem die Beklagte als Zusatzversorgungsträger mit Bescheid vom 20. März 2000 die Zeit vom 10. August 1959 bis zum 30. Juni 1990 als (fiktive) Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem anerkannt hatte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 05. April 2000 die Rente ab dem 01. März 1996 auf der Grundlage von 0,7355 persönlichen Entgeltpunkten und 65,9653 persönlichen Entgeltpunkten Ost neu fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 13. August 2002 Widerspruch, den die Beklagte wegen der Verfristung als Antrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) wertete. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 13. November 2002 ab.
Mit Schreiben vom 02. Juli 2003 beantragte der Kläger am 04. Juli 2003 bei der Beklagten, bei ihm eine Vergleichsberechnung nach § 4 Absatz 4 AAÜG (in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes) durchzuführen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Juli 2003 mit der Begründung ab, dass die Rente des Klägers nicht in dem Zeitraum vom 01. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 begonnen habe. Dagegen legte dieser am 29. Juli 2003 Widerspruch ein. Die Stichtagsregelung des Gesetzes sei ungerecht und entbehre jeder Logik. Seine in der DDR erworbenen Rentenanwartschaften stünden auch unter dem Schutz des Grundgesetzes (GG). Die Beklage wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02. Januar 2004 zurück. Die Stichtagsregelung des § 4 Absatz 4 AAÜG verstoße nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) weder gegen Artikel 3 Absatz 1 GG noch gegen Artikel 14 Absatz 1 GG.
Daraufhin hat der Kläger am 26. Januar 2004 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und schriftsätzlich umfangreiche Anträge angekündigt, unter anderem auch die Beklagte zu verurteilen, ihm ein höheres Alterseinkommen zu gewähren und insbesondere auch eine Vergleichsberechnung nach § 307b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes durchzuführen. Das SG hat den Kläger darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Gerichtsverfahrens allein die Frage sei, ob er eine Vergleichsberechnung nach § 4 AAÜG beanspruchen könne. Nur darüber habe die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden entschieden. Der Kläger hat mitgeteilt, er gehe davon aus, dass in entsprechender Anwendung von § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) alle Entscheidungen, die die Höhe seiner Rente betreffen würden, Gegenstand des Verfahrens geworden seien. Hilfsweise mache er geltend, dass die von ihm formulierten Anträge im Wege der Klageänderung gemäß § 99 Absatz 2 SGG einzubeziehen seien. Auch sei das Verfahren im Hinblick auf die dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorliegenden neueren Menschenrechtsbeschwerden zu einschlägigen Grundsatzfragen der Renten- und Versorgungsüberleitung zum Ruhen zu bringen. Mit Urteil vom 12. Februar 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet sei. Gegenstand des Rechtsstreits sei allein der in dem angefochtenen Bescheid vom 18. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 2004 abgelehnte Antrag, eine Vergleichsberechung nach § 4 Absatz 4 AAÜG für die ab dem 01. März 1996 gezahlte Rente durchzuführen. Die weiteren Begehren seien unzulässig, weil dazu bisher entsprechende Anträge im Verwaltungsverfahren nicht gestellt worden seien oder die Beklagte darüber mit bestandskräftigen Bescheiden entschieden habe. Einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Absatz 4 AAÜG habe der Kläger nicht, da seine Rente nicht in der Zeit vom 01. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 begonnen habe. Außerdem habe er zur Zeit der DDR keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört, sondern ihm seien mit Bescheid vom 20. März 2000 lediglich fiktive Zusatzversorgungszeiten zuerkannt worden.
Gegen das ihm am 12. März 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. März 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt, die er umfangreich – insbesondere mit rechtspolitischen Erwägungen – begründet hat. Außerdem regt er an, das Verfahren im Hinblick auf anstehende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Ruhen zu bringen oder auszusetzen. Der Kläger hat Beweisanträge gestellt, wegen deren Einzelheiten auf die Ziffer 1 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten des Klägers vom 17. Juni 2010 Bezug genommen wird.
Der Kläger beantragt wörtlich,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12.2 2007 aufzuheben, mit dem der Bescheid vom 18.7.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.1.2004 bestätigt wurde einschließlich der Entscheidungen über die Rentenanpassungen/-angleichungen Ost an West seit dem 1.7.2000, sowie alle im Laufe des Verfahrens weiteren erteilten Rentenbescheide, und die Beklagte zu verpflichten, ihm ein höheres Alterseinkommen aus den von ihm in seinem Arbeitsleben rechtmäßig erworbenen Anwartschaften auf Ansprüche auf ein angemessenes Alterseinkommen ab Rentenbeginn zu gewähren. Der Anspruch des Klägers auf Renten aus der SV, der FZR und der Zusatzversorgung sind in ihrer realen Höhe zu berücksichtigen und an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen, in der diese Ansprüche in der DDR rechtmäßig erworben und als Eigentum in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht wurden. Es sind analog der Regelung für die Bestandsrentner der Zahlbetragsschutz des EV sowie ein angemessener Eigentums-, realer Bestands- und dauerhafter Vertrauensschutz zu gewähren. Dazu sind insbesondere 1. das Eigentum des Klägers, das er in Form von Ansprüchen und Anwartschaften aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland mitgebracht hat, umfassend zu achten, die Ansprüche des Klägers auf Rente aus der SV und auf Rente aus der SV und auf Zusatzversorgung in Übereinstimmung mit dem Zahlbetragsschutz des EV, zum 31.12.1991 erhöht um 6,84% und ab 1.7.1990 (zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet, zu berücksichtigen und ab Rentenbeginn nach den gleichen Konditionen zu gewähren, wie sie vom EV für Bestandsrentner vorgesehen und vom BVerfG (BVerfGE 100, 1ff.) bestätigt wurden; 2. die Versichertenrente nach dem SGB VI unter Berücksichtigung der Anwartschaften/Ansprüche ist im Rahmen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze (§ 260 SGB VI) und nicht abgesenkt auf die verfassungswidrige besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI), also auch nicht nach dem ebenfalls verfassungswidrigen besonderen Alterssicherungsrecht Ost zu berechnen, und die Zusatzrentenansprüche aus dem Versorgungssystem anzuerkennen, die in der DDR per Gesetz, Anordnung, Verwaltungsakt und Versicherungsvertrag dauerhaft zum Erhalt des im Berufsleben erworbenen Lebensniveaus zugesichert worden sind; die Versichertenrente ist damit unter Einbeziehung der in der Bundesrepublik ab 01.07.90 ergänzend erworbenen Anwartschaften zu einer mit Eintritt des Leistungsfalls im Rentenrecht lebensstandardwahrenden Vollversorgung aufzustocken, 3. die Anpassungen der Rente sowie die Rentenangleichung Ost an West seit dem 1.7.00 sind fortlaufend nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des GG durchzuführen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Anspruch auf "Anpassung Ost" nach dem Leiturteil des BVerfG vom 28.4.1999 unter Eigentumsschutz steht (BVerfGE 100, 1 (44, 54)); wobei die Anpassung die jährliche Inflationsrate nicht unterschreiten darf (B 4 RA 120/00), 4. Die sich aus den unterschiedlichen Berechnungsarten des Alterseinkommens ergebenden Resultate sind zu vergleichen und der höchste Betrag ist als Rente zu leisten. 5. Der Kläger beantragt hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. Februar 2007 zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidungen und das diese bestätigende Urteil des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und in der Form und Frist des § 151 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Hinsichtlich eines Großteils der vorgebrachten Anträge war die Klage bereits unzulässig (nachfolgend 1.). Soweit es um einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung gemäß § 4 Absatz 4 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes geht, ist die Klage zwar zulässig aber unbegründet (nachfolgend 2.).
1. Zulässiger Gegenstand dieses Rechtsstreits ist allein die Frage, ob der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Durchführung einer Vergleichsberechnung nach § 4 Absatz 4 AAÜG hat. Denn nur darüber hat diese in dem angefochtenen Bescheid vom 18. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Januar 2004 entschieden, so dass es für die geltend gemachten anderen Ansprüche an der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens fehlt. Im Übrigen hat der Kläger den seinen Überprüfungsantrag ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 13. November 2002 (vgl. Ziff. 1 des Antrags) nicht angefochten, so dass dieser bestandskräftig geworden ist. Entgegen seiner Auffassung sind zwischenzeitlich ergangene Bescheide und Mitteilungen der Beklagten auch nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand dieses Verfahrens geworden.
Es sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte die Rente des Klägers der Höhe nach unzutreffend berechnet hat. Für die vom Kläger geforderte abweichende Berechnung gibt es im geltenden Recht, an das sowohl der erkennende Senat wie auch die Beklagte gebunden sind, keine Grundlage.
2. Einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung nach § 4 Absatz 4 AAÜG in der Fassung des 2. Änderungsgesetzes hat der Kläger nicht, weil er dieser Vorschrift in zweierlei Hinsicht nicht unterfällt. Zum einen verlangt § 4 Absatz 4 Satz 1 AAÜG, dass die Rente in der Zeit vom 01. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 zu beginnen hat. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger, dessen Rente am 01. März 1996 begann, nicht. Diese Fristbestimmung ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich, weil sie die sog. rentennahen Jahrgänge hinreichend schützt (vgl. nur BSG, Urteil vom 23. August 2005 – B 4 RA 52/04 –, zitiert nach juris). Hinzu kommen muss nach Satz 2 der genannten Vorschrift, dass der Kläger einen Anspruch aus dem Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gehabt haben müsste, wenn die Regeln des Versorgungssystems weiter anzuwenden gewesen wären. Das ist im Falle des Klägers aber schon deshalb nicht der Fall, weil er zur Zeit der DDR nicht in die Versorgungsordnung der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen war. Er ist vielmehr erst auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG zur sogenannten fiktiven Einbeziehung so gestellt worden ist, als sei er einbezogen gewesen.
§ 4 Absatz 4 AAÜG verstößt auch nicht gegen das Grundrecht auf Eigentum nach Artikel 14 Absatz 1 GG. Die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften genießen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 100, Seite 1 (S. 33 und 37)) den Schutz dieses Grundrechts nur in der Form, die sie auf Grund der Regelungen des Einigungsvertrages erhalten haben. Die Schutzwirkung der Grundrechte des GG erstreckte sich vor der Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht auf das Gebiet der DDR, und das GG ist dort auch nicht rückwirkend in Kraft getreten. Die Zahlbetragsgarantie des Einigungsvertrages war für die sogenannten Bestandsrentner und nur für bestimmte, im Zeitpunkt der Vereinigung "rentennahe" Jahrgänge des Beitrittsgebiets als Rechtsposition nach Artikel 14 Absatz 1 GG ausgestaltet. Eine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Artikel 100 Absatz 1 GG scheidet deshalb aus. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Teilentscheidung vom 25. September 2007 über die Individualbeschwerde Nr. 12923/03 die rentenrechtlichen Überleitungsregeln aus europarechtlicher Sicht nicht beanstandet.
3. Den vom Kläger formulierten Fragen, denen im Rahmen einer Beweisaufnahme hätte nachgegangen werden sollen, sind dem Bereich der Gesetzgebung zuzuordnen. Für die Schaffung von Rechtsnormen ist der Senat nicht legitimiert. Dies obliegt nach der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland der gesetzgebenden Gewalt nicht jedoch den Gerichten.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Absatz 2 SGG liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und der Senat weicht auch nicht von einer Entscheidung der in § 160 Absatz 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte ab.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved