L 12 AS 1774/10 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 32 AS 4117/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 1774/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 15.09.2010 hinsichtlich der Ablehnung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und der Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Die Anträge der Antragstellerin, ihr für die Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, werden abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerden der Antragstellerin vom 28.09.2010 gegen den ihr am 21.09.2010 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 15.09.2010, mit welchem das Sozialgericht den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 86b Sozialgerichtsgesetz (SGG) sowie deren Antrag auf Gewährung vom Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Verfahrens einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt hat, sind bereits unzulässig. Sie sind nicht statthaft.

Zu Unrecht hat das Sozialgericht in seiner Rechtsmittelbelehrung zum Beschluss vom 15.09.2010 darauf hingewiesen, dass dieser mit der Beschwerde angefochten werden kann.

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG in der seit dem 11.08.2010 geltenden Fassung des Gesetzes vom 05.08.2010 (BGBl. I, S. 1127) findet gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht im Sozialgerichtsgesetz selbst anderes bestimmt ist. Die Beschwerde ist hingegen ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre; dieses gilt auch für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieser Verfahren (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG).

Gemäß § 144 Abs. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt, soweit nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist dabei danach zu bestimmen, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird. Wird mit der Berufung ein geringerer Betrag als 750,00 EUR weiterverfolgt, ist sie unstatthaft und wird verworfen (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 144, Rn. 14, m.w.N.).

Vorliegend beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes zur Überzeugung des Senats 646,20 EUR.

Zwar hat die Antragstellerin im Rahmen des Verfahrens einstweiligen Rechtsschutzes ausweislich ihres Antragsschreibens vom 06.09.2010 sowie des angefochtenen Beschlusses des Sozialgerichts Dortmund vom 15.09.2010 beantragt, der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung aufzugeben ihr für den Zeitraum ab dem 06.09.2010 - dem Zeitpunkt ihres Antrags bei Gericht - höhere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Ihren Antrag hat sie hinsichtlich der Höhe der begehrten Leistungen sowie im Hinblick auf den Leistungszeitraum nicht beschränkt.

Jedoch hat sie ihren im Beschwerdeverfahren auf einen Hinweis des Senats mit Schreiben vom 27.10.2010 konkretisierten Beschwerdeantrag dahingehend beschränkt, dass nunmehr beantragt wird "ab Antragstellung - 19.08.2010 - Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Regelleistung in Höhe von 359,00 EUR und eines Unterkunftskostenanteils in Höhe von 275,51 EUR, unter Abzug der tatsächlichen geleisteten Zahlungen ab dem vorgenannten Zeitraum für den Monat August 2010 anteilmäßig zu gewähren". Da sich auch dieser Antrag noch als auslegungsbedürftig darstellt, hat der Senat die Antragstellerin mit Schreiben vom 02.11.2010 aufgefordert, eine weitergehende Konkretisierung vorzunehmen bzw. klarstellend mitzuteilen, die Auszahlung von Leistungen in welcher Gesamthöhe begehrt wird. Trotz auf Antrag der Antragstellerin gewährter Fristverlängerung hat diese jedoch keine weitergehende Stellungnahme abgegeben.

Vor diesem Hintergrund ist das Beschwerdebegehren der Antragstellerin zur Überzeugung des Senats nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) sowie vor dem Hintergrund des sog. Meistbegünstigungsprinzips (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/06 R - Rn. 17, m.w.N.; BSG, Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 41/08 R - Rn. 12, m.w.N.) dahingehend auszulegen, dass diese die zusätzliche Auszahlung der mit Sanktionsbescheid vom 25.06.2010 festgesetzten, im Rahmen der Sanktionierung durch die Antragsgegnerin einbehaltenen Leistungen in Höhe von 125,40 EUR monatlich für den Zeitraum 01.08.2010 bis 31.10.2010, d. h. in Höhe von insgesamt 646,20 EUR, begehrt. Ihrer ursprünglichen Leistungsbewilligung an die Antragstellerin hatte die Antragsgegnerin mit Fortbewilligungsbescheid vom 20.05.2010 einen monatlichen Gesamtbedarf dieser in Höhe von 634,51 EUR, welcher sich aus 359,00 EUR Regelleistung gemäß § 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) und 275,51 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 SGB II zusammensetzt, zugrunde gelegt. Von einem solchen geht ausweislich ihres angekündigten Antrags auch die Antragstellerin aus und begehrt die Auszahlung von Leistungen in dieser monatlichen Höhe, jedoch unter "Abzug der tatsächlichen geleisteten Zahlungen". Tatsächlich geleistet im Sinne von ausgezahlt hat die Antragsgegnerin jedoch Leistungen in dieser monatlichen Höhe an die Antragstellerin selbst bzw. auf deren Bitte an Dritte, wie die Stadtwerke I als Energieversorger der Antragstellerin bzw. die F GmbH als deren Vermieterin und das Sozialamt der Stadt I als Gläubigerin der Antragstellerin, mit Ausnahme der mit Bescheid vom 25.06.2010 festgestellten Sanktionsbeträge. Dieses hat die Antragsgegnerin zur Überzeugung des Senats im Rahmen des Beschwerdeverfahrens glaubhaft gemacht. Dass die Antragstellerin im Rahmen des Beschwerdeverfahrens - trotz ihrerseits bestehender Schuldverpflichtungen gegenüber den vorgenannten Dritten - auch die Erbringung der seitens der Antragsgegnerin an diese Dritten ausgezahlten Leistungen an sich selbst begehrt, hat diese trotz schriftlichen Hinweises des Senat mit Schreiben vom 02.11.2010 und der Bitte um Klarstellung ihres auslegungsbedürftigen Antrags nicht geltend bzw. glaubhaft gemacht. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, was die Antragstellerin mit ihrer im angekündigten Antrag enthaltenen Beschränkung in zeitlicher Hinsicht - "ab dem vorgenannten Zeitraum für den Monat August 2010" - ausdrücken wollte. Zwar kann diese Formulierung sowohl dahingehend verstanden werden, dass höhere Leistungen ausschließlich für den Monat August 2010 begehrt werden, wie auch dahingehend, dass höhere Leistungen für eine nicht weiter eingegrenzte Zukunft, jedoch ausschließlich anteilig für den zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits teilweise verstrichenen Monat August, begehrt werden. Jedoch hat eine nicht vollständige Leistungsauszahlung im Sinne der vorstehend dargestellten Auslegung ausschließlich in den Sanktionsmonaten August bis Oktober 2010 stattgefunden. Im Zeitraum davor und danach wurden Leistungen entsprechend dem Bedarf der Antragstellerin an diese bzw. Dritte ausgezahlt. Dass auch diesbezüglich seitens der Antragstellerin die Auszahlung weiterer Leistungen begehrt wird, ist nicht ersichtlich und im Wege der Auslegung nicht zu ermitteln. Auf die Sanktionsmonate ist das Antragsbegehren der Antragstellerin bei sinnvoller Auslegung beschränkt.

Der Betrag von 634,51 EUR EUR übersteigt den in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG genannten Wert nicht. Auch ist kein den Jahreszeitraum des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG umfassender Zeitraum betroffen.

Darüber hinaus kommt eine Zulassung der Beschwerde nicht in Betracht. Eine Nichtzulassungsbeschwerde sieht das Gesetz im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht vor (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 172, Rn. 7; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 10.04.2008 - L 9 B 74/08 AS ER -; Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 03.08.2009 - L 8 B 157/09 - m.w.N.).

Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde die Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffen hat, folgt die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Die Beschwerde, mit welcher sich die Antragstellerin gegen die Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe im erstinstanzlichen Verfahren wendet, ist aus den vorstehend dargestellten Gründen gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1, 2. HS SGG ebenfalls unstatthaft und damit unzulässig.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe im erstinstanzlichen Verfahren nach Maßgabe des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.

Der Antrag der Antragstellerin ihr Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Beschwerdeverfahren zu gewähren, war aus den vorstehend ausgeführten Gründen ebenfalls abzulehnen.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren - soweit die Antragstellerin mit ihrem Schreiben vom 19.10.2010 einen solchen stellen wollte - bereits nicht statthaft und daher unzulässig (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 73a, Rn. 2b, m.w.N.).

Hinsichtlich der Beschwerde gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den oben ausgeführten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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