L 11 KA 64/10 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 13/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 64/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 08.04.2010 abgeändert. Die mit Beschluss des Antragsgegners vom 24.09.2008 angeordnete sofortige Vollziehung der Entscheidung wird aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet. Der Antragsgegner und der Beigeladene zu 6) tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner je zur Hälfte.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob die dem Beigeladenen zu 6) erteilte Ermächtigung für sofort vollziehbar erklärt werden durfte.

Der Beigeladene zu 6) ist Facharzt für Chirurgie mit dem Schwerpunkt Gefäßchirurgie und Oberarzt der Gefäßchirurgischen Klinik am F Krankenhaus N. Er ist seit 1988 zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Auf seinen Erneuerungsantrag erteilte der Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf für die Zeit bis zum 31.03.2011 folgende Ermächtigung

Auf Überweisung von Fachärzten für Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung Gefäßchirurgie, Fachärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Angiologie und Fachärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Kardiologie:
I. Konsiliarische Beratung eines Vertragsarztes und erforderlichenfalls Untersu- chung des überwiesenen Patienten, begrenzt auf die Frage der Notwendigkeit einer stationären Behandlung im Bereich der Gefäßchirurgie
- § 115 a SGB V ist in Bezug auf die vorstationäre Behandlung zu beachten -
II. Besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, begrenzt auf:
1. Duplex- und Dopplersonographie der hirnversorgenden Arterien
2. Venendruckmessung
III. Ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung im Einvernehmen mit dem behandelnden Vertragsarzt, außerhalb der Frist gemäß § 115 a SGB V, begrenzt bis zum Ablauf des auf die Entlassung folgenden Quartals - der Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus ist auf dem Behandlungsausweis zu vermerken.
Ausgenommen sind die vom Krankenhausträger nach § 115 b SGB V angezeigten Leistungen.

Mit dem hiergegen gerichteten Widerspruch machte die Antragstellerin u.a. geltend, dass für eine neuerliche Ermächtigung kein Bedarf bestehe, da zwischenzeitlich einem anderen Gefäßchirurgen eine Sonderbedarfszulassung erteilt worden sei. Mit Beschluss vom 24.09.2008 wies der Antragsgegner den Widerspruch unter sofortiger Vollziehung der Entscheidung zurück. Andere Ärzte seien nicht in der Lage, die bisher vom Beigeladenen zu 6) erbrachten Leistungen mit zu übernehmen. Es bestehe weiterhin ein Überhang an Leistungsnachfrage, der nur durch eine Erneuerung der Ermächtigung ausgeglichen werden könne. Die sofortige Vollziehung der Entscheidung werde angeordnet, weil dies erforderlich sei, um keine Unterbrechung im notwendigen Leistungsangebot auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie und damit einen vermeidbaren Versorgungsengpass eintreten zu lassen.

Diese Entscheidung hat die Antragstellerin mit der Klage vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg angegriffen (S 19 KA 13/08) und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie hat vorgetragen: Der angeordnete Sofortvollzug sei unzureichend begründet worden. Der Antragsgegner habe die Bedarfslage hinsichtlich gefäßchirurgischer Leistungen im Planungsbereich Mülheim nicht geprüft, sich vielmehr allein auf die Angaben des Beigeladenen zu 6) in der Sitzung vom 24.09.2008 gestützt. Für die streitige Ermächtigung bestehe kein Bedarf (wird weiter ausgeführt). Schon deswegen sei ein öffentliches Interesse am Sofortvollzug nicht gegeben. Im Übrigen habe der Beigeladene zu 6) trotz des angeordneten Sofortvollzugs ausweislich der Frequenztabelle für das Quartal III/2008 lediglich einen Fall, für die Quartale IV/2008 und I/2009 keinen Fall und für die Quartale II/2009 und III/2009 nur jeweils vier Fälle abgerechnet.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 1) bis 5) und 7) haben sich nicht zur Sache geäußert.

Der Beigeladene zu 6) hat darauf verwiesen, dass der Facharztfilter dazu zwinge, die Leistungserbringung aufgrund der Ermächtigung niedrig zu halten.

Mit Beschluss vom 08.04.2010 hat das SG den Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgelehnt. Es sei nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin ein schützenswertes Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage haben könne, denn der Beigeladene zu 6) mache von der ihm erteilten Ermächtigung kaum Gebrauch.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde trägt die Antragstellerin u.a. vor: Das Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben. Das SG verkenne insoweit die rechtlichen Voraussetzungen. Im Übrigen belege der Umstand, dass der Beigeladene zu 6) von der ihm erteilten Ermächtigung keinen nennenswerten Gebrauch mache, dass für dessen Ermächtigung kein Bedarf bestehe.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des SG Duisburg vom 08.04.2010 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der gegen den Beschluss des Beklagten vom 24.09.2008 erhobenen Klage anzuordnen.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 1) bis 5) und 7) haben sich wiederum nicht zur Sache nicht geäußert.

Der Beigeladene zu 6) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er meint, trotz der geringen Abrechnungshäufigkeit bestehe ein Bedarf für die Ermächtigung.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Antragsgegners.

II.

Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Zwar ist in § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG lediglich die Rede von der Anordnung der aufschiebenden Wirkung, doch wird wegen der gleichen Zielrichtung auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von dieser Norm erfasst (Senat, Beschluss vom 20.05.2009 - L 11 B 5/09 KA ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.10.2006 - L 10 B 15/06 KA ER -; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.08.2006 - L 4 B 269/04 KA ER -).

Bei den Entscheidungen nach § 86b Abs. 1 SGG hat eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen stattzufinden. Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird; am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse (Düring in Jansen, SGG, 3. Auflage, 2009 Rdn. 11). Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 zu beachten, dass in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben) die Vollziehung ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Auch über diese ausdrückliche Regelung hinaus ist das aus den Regelungen des § 86a SGG hervorgehende gesetzliche Regel-Ausnahmeverhältnis zu beachten: In den Fallgruppen des § 86a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGG ist maßgebend, dass der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (BVerfG, Beschluss vom 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 - zu § 80 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG haben Widerspruch und Klage hingegen grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Es ist ein öffentliches Vollzugsinteresse oder ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten erforderlich. Nur dann wird (ausnahmsweise) die sofortige Vollziehung angeordnet (Senat, Beschluss vom 27.07.2010 - L 11 KA 3/10 B ER -).

2. Die formalen Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegen vor. Die Anrufung des Berufungsausschusses hat aufschiebende Wirkung (§ 96 Abs. 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)). Dieser hat die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung angeordnet (§ 97 Abs. 4 SGB V).

3. Der Bescheid des Antragsgegners vom 24.09.2008 erweist sich hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell fehlerhaft (a)). Er ist insoweit mit der Folge aufzuheben, dass die aufschiebende Wirkung der Klage hergestellt wird (b)).

a) Der Antragsgegner hat mit dem angefochtenen Beschluss die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung

"Der Widerspruch der KV Nordrhein wird zurückgewiesen."

angeordnet.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann sich immer nur auf eine Sachregelung und nicht auf die Zurückweisung eines Widerspruchs beziehen. Demzufolge kann ein Bescheidtenor "Der Widerspruch wird zurückgewiesen" nicht für sofort vollziehbar erklärt werden (hierzu Senat, Beschluss vom 20.05.2009 - L 11 KA 5/09 KA ER -). Das Verfahren vor dem Berufungsausschuss ist kein Widerspruchsverfahren im Sinn des § 78 SGG, sondern gilt gem. § 97 Abs. 3 Satz 1 SGB V nur als solches. Mit der Anrufung wird der Berufungsausschuss für die streitbefangene Zulassungssache ausschließlich zuständig und behält diese Zuständigkeit bis zur rechtsverbindlichen Erledigung des Verfahrens. Das Verfahren vor ihm ist ein umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz (BSG, Urteil vom 27.01.1993 - 6 RKa 40/91 -). Hieraus folgt, dass der Beschluss des Antragsgegners jenen des Zulassungsausschusses ersetzt. Das wiederum bedeutet, dass der Antragsgegner, hätte er Sofortvollzug anordnen wollen, nicht nur den Widerspruch hätte zurückweisen, sondern auch tenorieren müssen, dass der Beigeladene zu 6) in dem vom Zulassungsausschuss im Einzelnen festgelegten Umfang ermächtigt wird, an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Dieser Ausspruch hätte dann - sofern die Voraussetzungen im Übrigen vorliegen - für sofort vollziehbar erklärt werden können (Senat, Beschluss vom 12.05.2010 - L 11 KA 9/10 B ER -). Dieser (formelle) Fehler bleibt allerdings folgenlos. Der Bescheid ist nicht nichtig (§ 40 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Vielmehr ist offensichtlich, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst, mithin der Bescheid insoweit nicht aufgehoben werden kann (§ 42 SGB X).

b) Die Voraussetzungen des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG sind nicht dargetan. Danach erfordert die Anordnung der sofortigen Vollziehung, dass das hieran bestehende besondere Interesse schriftlich begründet wird.

aa) Soweit diese Norm die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ermöglicht, hingegen § 97 Abs. 4 SGB V den Berufungsausschuss nur dazu ermächtigt, die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse anzuordnen (hierzu Senat, Beschluss vom 17.06.2009 - L 11 B 6/09 KA ER -), braucht dem nicht weiter nachgegangen zu werden, denn der Antragsgegner hat mit der von ihm befürchteten Unterbrechung des Leistungsangebots allein auf ein öffentliches Interesse abgestellt.

bb) An die Begründung sind hohe Anforderungen zu stellen. Sie muss erkennen lassen, warum im konkreten Fall das öffentliche Interesse oder das Individualinteresse eines Beteiligten am Sofortvollzug überwiegt und warum dies dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Auflage, 2008, § 86a Rdn. 21b). Das den Sofortvollzug tragende öffentliche oder individuelle Interesse ("besonderes Interesse") muss mehr als das den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigende Interesse sein, denn die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsaktes reichen für die Begründung des Sofortvollzugs nicht aus (vgl. Frehse in Schnapp/Wigge, Handbuch für das Vertragsarztrecht, 2. Auflage, 2006, § 23 Rdn. 103; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.11.2004 - L 10 B 14/04 KA -). Etwas anders mag nur dann gelten, wenn das besondere Vollzugsinteresse schon aus der Eigenart der Regelung folgt (Senat, Beschluss vom 06.01.2004 - L 11 B 17/03 KA ER -). Der Senat hat im Beschluss vom 17.12.2005 - L 11 B 52/05 KA ER - ausgeführt (vgl. auch Senat, Beschluss vom 02.04.2009 - L 11 KA 2/09 ER - sowie LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.11.2003 - L 10 B 15/03 KA ER -):

Nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG bedarf die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer schriftlichen Begründung. Die Vollziehungsanordnung ist somit grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nicht lediglich formelhaften Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu versehen. Die Begründung muss erkennen lassen, aus welchen Gründen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im konkreten Fall das Interesse des Betroffenen überwiegt. An die Begründung sind im Hinblick auf die mit ihr verbundene Warnfunktion für die Behörde sowie die dadurch bezweckte Transparenz und Rechtsklarheit hohe Anforderungen zu stellen (Keller, a.a.O. Rdn. 21b m.w.N., OVG Brandenburg, Beschluss vom 25.01.2005 - 5 B 163/03 -).

Zwar beziehen sich die Darlegungen des Senats im Beschluss vom 17.12.2005 - L 11 B 52/05 KA ER - auf eine Zulassungsentziehung, sie beanspruchen vorliegend jedoch gleichermaßen Geltung, denn die Anforderungen an die sofortige Vollziehung sind nicht davon abhängig, ob Rechte - wie hier - eingeräumt oder aber entzogen werden, zumal jeweils Dritte betroffen sind.

Nach diesen Maßstäben hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichend begründet.

Zur Begründung der sofortigen Vollziehung wird im angefochtenen Bescheid lediglich ausgeführt: Der Berufungsausschuss hat die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung angeordnet, weil dies erforderlich ist, um keine Unterbrechung im notwendigen Leistungsangebot auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie und damit einen vermeidbaren Versorgungsengpass eintreten zu lassen.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wird hiernach allein von der Erwägung getragen, dass das Leistungsangebot auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie nicht unterbrochen werden soll, um keinen vermeidbaren Versorgungsengpass entstehen zu lassen. Mit einer solchen, durch ein hohes Abstraktionsniveau gekennzeichneten Begründung dürfte in jedem "Ermächtigungsfall" die sofortige Vollziehung anordnet werden können. Es fehlt an der Darlegung des "besonderen öffentlichen Interesses". Die Begründung der sofortigen Vollziehung im angefochtenen Bescheid reduziert sich im Ergebnis darauf, die Voraussetzungen für den vom Antragsgegner angenommenen Ermächtigungsbedarf sprachlich zusammenzufassen. Eine Unterbrechung im notwendigen Leistungsangebot indiziert (lediglich) einen Ermächtigungsbedarf, rechtfertigt hingegen noch nicht die Anordnung der sofortigen Vollziehung.

Soweit der Beigeladene zu 6) meint, die sofortige Vollziehung könne schon dann angeordnet werden, wenn (lediglich) die Versorgung nicht sichergestellt ist, es daher nicht der engeren Voraussetzung "Gefährdung von gesetzlich Versicherten" bedürfe, kann dies hier dahinstehen. Darum geht es nicht. Maßgebend ist allein, dass der fragliche Bescheid - wie dargestellt - unzureichend begründet worden ist.

cc) Dem Senat ist es verwehrt, eine unzureichende Begründung der Beklagten nachzubessern. Das folgt schon daraus, dass auch der Antragsgegner gehindert ist, eine fehlende Begründung nachzuholen (Senat, Beschluss vom 06.01.2004 - L 11 B 17/03 KA -; Düring in Jansen, SGG, 3. Auflage, 2009, § 86a Rdn. 14) oder eine unzureichende Begründung auszuwechseln, denn gegen eine solche Möglichkeit sprechen die mit § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG bezweckte Warnfunktion (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 03.08.2006 - L 4 B 269/06 KA ER -) und das Klarstellungsinteresse der Verfahrensbeteiligten (zutreffend: Keller a.a.O., § 86a Rdn. 21c; vgl. auch Düring a.a.O., Rdn. 14; Senat, Beschluss vom 03.05.2010 - L 11 B 23/09 KA ER -). Demzufolge ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage herzustellen.

III.

Die Entscheidung über den Streitwert ergeht gesondert.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Hauptbeteiligten auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO und hinsichtlich des Beigeladenen zu 6) auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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