Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2612/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt diverse Feststellungen.
Der 1964 geborene Kläger steht seit Juli 2006 im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 22.01.2008 sprach der Kläger persönlich bei der Beklagten vor und teilte mit, am folgenden Tag aus privaten Gründen einen Tag nach St. Gallen fahren zu wollen. Die Beklagte bestellte den Kläger sodann für den 24.01.2008 zu sich ein und vermerkte u.a. Folgendes in ihren Akten (Bl. 334 d. Bekl.akt.): "Näheres wollte er nicht mitteilen. Nach Rücksprache mit 521g wird dies genehmigt. OAW in Werdegang eingetragen und 1.E zur URM am 240108 ausgeh." Der Kläger fuhr am 23.01.2008 für einen Tag nach Herisau in der Schweiz.
Mit Schreiben vom 04.02.2008 legte der Kläger "Widerspruch" gegen "Ortsabwesenheit am 23.01.2008" ein, verwies darauf, die Beklagte habe seine Reise als "Ortsabwesenheit" eingestuft, und kündigte an, die Begründung für seinen Widerspruch nachzureichen (Bl. 333 d. Bekl.akt.).
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2008 (Bl. 330 d. Bekl.akt. - W 139/08) verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Zur Begründung führte sie aus, bei dem "genannten Schreiben" handle es sich um eine Einladung für den 24.01.2008. Diese sei - anders als eine evtl. nachfolgende Sanktion - kein Verwaltungsakt.
Hiergegen hat der Kläger am 19.03.2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, bei der Fahrt nach Herisau (wo er sich nur selten aufhalte; er wisse nicht, wann er wieder dorthin fahre) habe es sich nicht um eine Ortsabwesenheit im Sinne der Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) gehandelt. Er sei nämlich bereits am selben Tag zurückgekehrt. Warum er persönlich vor Beginn und nach Ende seiner jeweiligen Reise bei der Beklagten vorsprechen müsse, sei nicht ersichtlich. Die Beklagte schikaniere ihn, indem sie ihm seine Ortsabwesenheit erst einen Tag vor Abreise genehmigt habe; er habe sich daher kaum auf seinen Urlaub vorbereiten können. Zudem beeinträchtige ihn § 2 Nr. 3 EAO unverhältnismäßig in seiner Handlungs- und Bewegungsfreiheit. Die Beklagte verstoße gegen datenschutzrechtliche Vorgaben, wenn sie ihn vor der Genehmigung einer Ortsabwesenheit nach unerheblichen Informationen frage, wie z.B. nach dem beabsichtigten Verkehrsmittel oder dem Ort des genauen Aufenthaltes. Mithin habe das SG festzustellen, dass es sich bei Herisau um einen Ort innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches handle, wenn die Verbindung mit einem Pkw sichergestellt sei, dass es unzulässig sei, bei Beantragung einer Ortsabwesenheit Daten wie das gewählte Verkehrsmittel, den Aufenthaltsort und die besuchten Personen zu erfragen, dass es rechtswidrig sei, die Zustimmung für eine geplante Ortsabwesenheit erst am Vortag des Beginns der Ortsabwesenheit zu genehmigen, dass ein persönliches Erscheinen vor und nach der Ortsabwesenheit nicht zulässig sei, sowie hilfsweise (bei Zulässigkeit der persönlichen Vorsprache), dass die Reisekosten auch für die Beantragung zu übernehmen seien. Schließlich verstoße § 7 Abs. 4a SGB II i.V.m. § 1 Abs. 1 EAO hinsichtlich der Beschränkung auf Briefpost gegen Art. 2 und 11 Grundgesetz (GG), da eine jederzeitige Erreichbarkeit auch an entfernteren Orten durch E-Mail oder Weiterleitung der Post durch Dritte gewährleistet sei; insoweit sei eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 GG einzuholen.
Nachdem die Beklagte darauf hingewiesen hat, die Reise vom 23.01.2008 sei nicht als Ortsabwesenheit eingestuft worden, weshalb sie sich nicht nachteilig auf die Anzahl der "Urlaubstage" des Klägers ausgewirkt habe (Bl. 18 d. SG-Akt.), hat das SG mit Urteil vom 26.04.2010 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei nicht gehalten gewesen, das Verfahren nach Art. 100 GG auszusetzen, weil es bei der Entscheidung des Rechtsstreites nicht darauf ankomme, ob § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO verfassungsgemäß sei. Der Kläger habe nämlich die in § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO gestellten Anforderungen an seine Verfügbarkeit am Tag seiner Reise in die Schweiz erfüllt. Rechtliche Nachteile seien dem Kläger vor dem Hintergrund, dass seitens der Beklagten die Reise in die Schweiz nicht (mehr) als Ortsabwesenheit eingestuft werde, nicht entstanden. Im Übrigen sei das Klagebegehren unzulässig. Soweit der Kläger begehre, die Einstufung der Fahrt nach Herisau als Ortsabwesenheit in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 aufzuheben sowie festzustellen, dass es sich bei Herisau um einen Ort innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches handle, wenn die Verbindung mit einem Pkw sichergestellt sei, fehle es ihm am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile habe der Kläger aufgrund seiner Reise nach Herisau nämlich nicht erlitten. Soweit er befürchte, die Beklagte stufe in der Zukunft eine mehrtätige Fahrt nach Herisau als Ortsabwesenheit ein, begründe dies "keine Wiederholungsgefahr". Der Kläger habe nämlich eingeräumt, selten in Herisau zu sein und nicht genau sagen zu können, wann er wieder dorthin fahre. Mit den übrigen Anträgen begehre der Kläger unzulässigerweise die Klärung eines abstrakten Sachverhaltes. Sofern sein Klagebegehren dahingehend auszulegen sei festzustellen, dass die Beklagte die Kosten für seine Fahrt zu der Beklagten am 22.01.2008 hätte übernehmen müssen, sei seine Klage ebenfalls unzulässig. Insoweit sei die Feststellungsklage subsidiär. Im Übrigen wäre ein solcher Feststellungsantrag auch unbegründet, da gemäß § 37 Abs. 1 SGB II Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nur auf Antrag erbracht würden, der Kläger bei der Beklagten jedoch die Übernahme von Reisekosten für seine Vorsprache vom 22.01.2008 nicht beantragt habe.
Gegen das am 06.05.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.06.2010 Berufung eingelegt, die er ungeachtet seiner Ankündigung in der Berufungsschrift und der gerichtlichen Aufforderung vom 08.06.2010 zunächst nicht begründet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt.
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass es rechtswidrig ist, die Zustimmung für eine geplante Ortsabwesenheit erst am Vortag des Beginns der Ortsabwesenheit zu genehmigen, 2. festzustellen, dass ein persönliches Erscheinen vor und nach der Ortsabwesenheit nicht erforderlich ist, 3. hilfsweise das Verfahren auszusetzen und § 7 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch sowie § 1 Abs. 1 Erreichbarkeits-Anordnung (Beschränkung auf Briefpost) nach Art. 100 Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, sofern die Erreichbarkeitsanordnung in ihrer Gesamtheit im SGB II gilt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zutreffend die Klage als unzulässig erachtet, das Verfahren nicht ausgesetzt und keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG eingeholt.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung nicht mehr daran festgehalten, die Einstufung der Fahrt nach Herisau als Ortsabwesenheit in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 aufzuheben, sowie festzustellen, dass es sich bei Herisau um einen Ort innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs handelt, wenn die Verbindung mit einem Pkw sichergestellt ist, dass es unzulässig ist, bei Beantragung einer Ortsabwesenheit Daten wie das gewählte Verkehrsmittel, den Aufenthaltsort und die besuchten Personen zu erfragen, und dass es rechtswidrig ist, die Zustimmung für eine geplante Ortsabwesenheit erst am Vortag des Beginn der Ortsabwesenheit zu genehmigen. Für den Fall, dass eine persönliche Vorsprache vor und nach der Ortsabwesenheit erforderlich ist, hat er gleichfalls nicht aufrechterhalten hilfsweise festzustellen, dass die hierdurch entstehenden Reisekosten zu übernehmen sind. Mithin hat sich insoweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (§§ 102 Abs. 1 Satz 2, 153 Abs. 1 SGG). Soweit die Berufung die Feststellung zum Gegenstand hat, festzustellen, dass es rechtswidrig ist, die Zustimmung für eine geplante Ortsabwesenheit erst am Vortag des Beginn der Ortsabwesenheit zu genehmigen, und dass ein persönliches Erscheinen vor und nach der Ortsabwesenheit nicht erforderlich ist, ist sie nicht begründet.
Beide Feststellungsanträge des Klägers sind unzulässig, weil nicht konkrete Rechte in Anspruch genommen oder bestritten werden, hier also nicht die Anwendung einer Norm auf einen konkreten Sachverhalt streitig ist, sondern der Kläger - was das SG bereits zutreffend erkannt hat - die Klärung abstrakter Rechtsfragen begehrt. Zur Klärung abstrakter Rechtsfragen dürfen die Gerichte aber nicht angerufen werden (Keller, a.a.O., § 55 Rn. 5 m.w.N.); abstrakte Rechtsfragen sind nicht feststellungsfähig (Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 07.05.2008 - L 5 KR 6125/06 -, Rn. 56 m.w.N., zit. nach juris).
Da der Senat kein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält, war das Verfahren weder auszusetzen noch nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt diverse Feststellungen.
Der 1964 geborene Kläger steht seit Juli 2006 im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Am 22.01.2008 sprach der Kläger persönlich bei der Beklagten vor und teilte mit, am folgenden Tag aus privaten Gründen einen Tag nach St. Gallen fahren zu wollen. Die Beklagte bestellte den Kläger sodann für den 24.01.2008 zu sich ein und vermerkte u.a. Folgendes in ihren Akten (Bl. 334 d. Bekl.akt.): "Näheres wollte er nicht mitteilen. Nach Rücksprache mit 521g wird dies genehmigt. OAW in Werdegang eingetragen und 1.E zur URM am 240108 ausgeh." Der Kläger fuhr am 23.01.2008 für einen Tag nach Herisau in der Schweiz.
Mit Schreiben vom 04.02.2008 legte der Kläger "Widerspruch" gegen "Ortsabwesenheit am 23.01.2008" ein, verwies darauf, die Beklagte habe seine Reise als "Ortsabwesenheit" eingestuft, und kündigte an, die Begründung für seinen Widerspruch nachzureichen (Bl. 333 d. Bekl.akt.).
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2008 (Bl. 330 d. Bekl.akt. - W 139/08) verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Zur Begründung führte sie aus, bei dem "genannten Schreiben" handle es sich um eine Einladung für den 24.01.2008. Diese sei - anders als eine evtl. nachfolgende Sanktion - kein Verwaltungsakt.
Hiergegen hat der Kläger am 19.03.2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, bei der Fahrt nach Herisau (wo er sich nur selten aufhalte; er wisse nicht, wann er wieder dorthin fahre) habe es sich nicht um eine Ortsabwesenheit im Sinne der Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) gehandelt. Er sei nämlich bereits am selben Tag zurückgekehrt. Warum er persönlich vor Beginn und nach Ende seiner jeweiligen Reise bei der Beklagten vorsprechen müsse, sei nicht ersichtlich. Die Beklagte schikaniere ihn, indem sie ihm seine Ortsabwesenheit erst einen Tag vor Abreise genehmigt habe; er habe sich daher kaum auf seinen Urlaub vorbereiten können. Zudem beeinträchtige ihn § 2 Nr. 3 EAO unverhältnismäßig in seiner Handlungs- und Bewegungsfreiheit. Die Beklagte verstoße gegen datenschutzrechtliche Vorgaben, wenn sie ihn vor der Genehmigung einer Ortsabwesenheit nach unerheblichen Informationen frage, wie z.B. nach dem beabsichtigten Verkehrsmittel oder dem Ort des genauen Aufenthaltes. Mithin habe das SG festzustellen, dass es sich bei Herisau um einen Ort innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches handle, wenn die Verbindung mit einem Pkw sichergestellt sei, dass es unzulässig sei, bei Beantragung einer Ortsabwesenheit Daten wie das gewählte Verkehrsmittel, den Aufenthaltsort und die besuchten Personen zu erfragen, dass es rechtswidrig sei, die Zustimmung für eine geplante Ortsabwesenheit erst am Vortag des Beginns der Ortsabwesenheit zu genehmigen, dass ein persönliches Erscheinen vor und nach der Ortsabwesenheit nicht zulässig sei, sowie hilfsweise (bei Zulässigkeit der persönlichen Vorsprache), dass die Reisekosten auch für die Beantragung zu übernehmen seien. Schließlich verstoße § 7 Abs. 4a SGB II i.V.m. § 1 Abs. 1 EAO hinsichtlich der Beschränkung auf Briefpost gegen Art. 2 und 11 Grundgesetz (GG), da eine jederzeitige Erreichbarkeit auch an entfernteren Orten durch E-Mail oder Weiterleitung der Post durch Dritte gewährleistet sei; insoweit sei eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 GG einzuholen.
Nachdem die Beklagte darauf hingewiesen hat, die Reise vom 23.01.2008 sei nicht als Ortsabwesenheit eingestuft worden, weshalb sie sich nicht nachteilig auf die Anzahl der "Urlaubstage" des Klägers ausgewirkt habe (Bl. 18 d. SG-Akt.), hat das SG mit Urteil vom 26.04.2010 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei nicht gehalten gewesen, das Verfahren nach Art. 100 GG auszusetzen, weil es bei der Entscheidung des Rechtsstreites nicht darauf ankomme, ob § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO verfassungsgemäß sei. Der Kläger habe nämlich die in § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO gestellten Anforderungen an seine Verfügbarkeit am Tag seiner Reise in die Schweiz erfüllt. Rechtliche Nachteile seien dem Kläger vor dem Hintergrund, dass seitens der Beklagten die Reise in die Schweiz nicht (mehr) als Ortsabwesenheit eingestuft werde, nicht entstanden. Im Übrigen sei das Klagebegehren unzulässig. Soweit der Kläger begehre, die Einstufung der Fahrt nach Herisau als Ortsabwesenheit in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 aufzuheben sowie festzustellen, dass es sich bei Herisau um einen Ort innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches handle, wenn die Verbindung mit einem Pkw sichergestellt sei, fehle es ihm am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile habe der Kläger aufgrund seiner Reise nach Herisau nämlich nicht erlitten. Soweit er befürchte, die Beklagte stufe in der Zukunft eine mehrtätige Fahrt nach Herisau als Ortsabwesenheit ein, begründe dies "keine Wiederholungsgefahr". Der Kläger habe nämlich eingeräumt, selten in Herisau zu sein und nicht genau sagen zu können, wann er wieder dorthin fahre. Mit den übrigen Anträgen begehre der Kläger unzulässigerweise die Klärung eines abstrakten Sachverhaltes. Sofern sein Klagebegehren dahingehend auszulegen sei festzustellen, dass die Beklagte die Kosten für seine Fahrt zu der Beklagten am 22.01.2008 hätte übernehmen müssen, sei seine Klage ebenfalls unzulässig. Insoweit sei die Feststellungsklage subsidiär. Im Übrigen wäre ein solcher Feststellungsantrag auch unbegründet, da gemäß § 37 Abs. 1 SGB II Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nur auf Antrag erbracht würden, der Kläger bei der Beklagten jedoch die Übernahme von Reisekosten für seine Vorsprache vom 22.01.2008 nicht beantragt habe.
Gegen das am 06.05.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.06.2010 Berufung eingelegt, die er ungeachtet seiner Ankündigung in der Berufungsschrift und der gerichtlichen Aufforderung vom 08.06.2010 zunächst nicht begründet hat. In der mündlichen Verhandlung hat er im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt.
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass es rechtswidrig ist, die Zustimmung für eine geplante Ortsabwesenheit erst am Vortag des Beginns der Ortsabwesenheit zu genehmigen, 2. festzustellen, dass ein persönliches Erscheinen vor und nach der Ortsabwesenheit nicht erforderlich ist, 3. hilfsweise das Verfahren auszusetzen und § 7 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch sowie § 1 Abs. 1 Erreichbarkeits-Anordnung (Beschränkung auf Briefpost) nach Art. 100 Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, sofern die Erreichbarkeitsanordnung in ihrer Gesamtheit im SGB II gilt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zutreffend die Klage als unzulässig erachtet, das Verfahren nicht ausgesetzt und keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG eingeholt.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung nicht mehr daran festgehalten, die Einstufung der Fahrt nach Herisau als Ortsabwesenheit in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 aufzuheben, sowie festzustellen, dass es sich bei Herisau um einen Ort innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs handelt, wenn die Verbindung mit einem Pkw sichergestellt ist, dass es unzulässig ist, bei Beantragung einer Ortsabwesenheit Daten wie das gewählte Verkehrsmittel, den Aufenthaltsort und die besuchten Personen zu erfragen, und dass es rechtswidrig ist, die Zustimmung für eine geplante Ortsabwesenheit erst am Vortag des Beginn der Ortsabwesenheit zu genehmigen. Für den Fall, dass eine persönliche Vorsprache vor und nach der Ortsabwesenheit erforderlich ist, hat er gleichfalls nicht aufrechterhalten hilfsweise festzustellen, dass die hierdurch entstehenden Reisekosten zu übernehmen sind. Mithin hat sich insoweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (§§ 102 Abs. 1 Satz 2, 153 Abs. 1 SGG). Soweit die Berufung die Feststellung zum Gegenstand hat, festzustellen, dass es rechtswidrig ist, die Zustimmung für eine geplante Ortsabwesenheit erst am Vortag des Beginn der Ortsabwesenheit zu genehmigen, und dass ein persönliches Erscheinen vor und nach der Ortsabwesenheit nicht erforderlich ist, ist sie nicht begründet.
Beide Feststellungsanträge des Klägers sind unzulässig, weil nicht konkrete Rechte in Anspruch genommen oder bestritten werden, hier also nicht die Anwendung einer Norm auf einen konkreten Sachverhalt streitig ist, sondern der Kläger - was das SG bereits zutreffend erkannt hat - die Klärung abstrakter Rechtsfragen begehrt. Zur Klärung abstrakter Rechtsfragen dürfen die Gerichte aber nicht angerufen werden (Keller, a.a.O., § 55 Rn. 5 m.w.N.); abstrakte Rechtsfragen sind nicht feststellungsfähig (Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 07.05.2008 - L 5 KR 6125/06 -, Rn. 56 m.w.N., zit. nach juris).
Da der Senat kein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält, war das Verfahren weder auszusetzen noch nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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