L 4 KR 2735/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 245/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2735/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Mai 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf EUR 308,80 festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein vom Kläger geltend gemachter Vergütungsanspruch für physiotherapeutische Behandlungsleistungen in Höhe von EUR 308,80 zuzüglich Zinsen im Streit.

Der Kläger ist als nach § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassener Physiotherapeut in W./Baden-Württemberg tätig. Er ist Mitglied in einem Berufsverband, der u.a. mit der AOK Baden-Württemberg am 16. Juli 2002 den am 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 wieder gekündigten "Rahmenvertrag nach § 125 SGB V" (im Folgenden RV) geschlossen hat.

Der RV regelt die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten mit physiotherapeutischen Leistungen, die Vergütung der Leistungen und deren Abrechnung, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie die Folgen von Vertragsverstößen (§ 2 Ziff. 1 RV). Nach § 16 Ziff. 1 RV erfolgt die Vergütung der vertraglich erbrachten Leistungen nach einer sich in Anlage 5 befindlichen Preisvereinbarung. Der Preisvereinbarung ist eine Preisliste beigefügt, aus der sich die Preise für die jeweiligen Leistungen unter Angabe der Behandlungsdauer ergeben. Nach § 3 Ziff. 1 Satz 1 RV bestimmt Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt. Zur Abgabe dieser Leistungen ist der Leistungserbringer im Rahmen der sich aus Anlage 3 ergebenden Leistungsbeschreibungen berechtigt und verpflichtet (§ 3 Ziff. 1 Satz 2 RV). In Anlage 3 sind die einzelnen Leistungen beschrieben, wobei in den Grundsätzen vereinbart ist, dass die Leistungsbeschreibung die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V (Heilmittel-Richtlinien, im Folgenden HMR) berücksichtigt. Bei Änderungen der HMR sollen Anpassungen erfolgen. Die Leistungsbeschreibungen enthalten auch Ausführungen zur Regelbehandlungszeit, die als Richtwerte gelten sollen. In § 4 RV ist die "Verordnung/Kooperation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt/Behandlungsdurchführung" geregelt. Nach Ziff. 1 der Regelungen dürfen Vertragsleistungen der Anlage 3 nur ausgeführt werden, wenn sie von einem Vertragsarzt verordnet sind. Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen ergeben sich nach Ziff. 3 der Regelung aus der vom Vertragsarzt ausgestellten Verordnung. Weiter heißt es: "Die vertragsärztliche Verordnung kann nur ausgeführt werden, wenn diese für die Behandlung erforderlichen Informationen enthalten sind. Dem Leistungserbringer obliegt insoweit jedoch keine Prüfpflicht." Nach Ziff. 7 des § 4 RV ist der Leistungserbringer nicht berechtigt, vertragsärztliche Verordnungen außer nach Ziff. 8 zu ändern oder zu ergänzen, es sei denn es wurde zuvor telefonische Rücksprache mit dem zuständigen Vertragsarzt genommen und von dort genehmigte Änderungen auf der Verordnung mit Datum und Handzeichen des Leistungserbringers auf dem Verordnungsblatt vermerkt. In Ziff. 8 sind u.a. Fälle geregelt, in denen bei verspätetem Beginn oder überlanger Behandlungsunterbrechung die Verordnung ungültig wird. Nach Ziff. 10 besteht für Leistungen auf der Basis einer ungültigen Verordnung im Sinne der Ziff. 8 kein Vergütungsanspruch. Bei einer Kündigung bzw. Teilkündigung des RV bestehen die Regelungen des RV bzw. der jeweiligen Anlage bis zu einer neuen vertraglichen Regelung unverändert weiter (§ 23 Ziff. 4).

Mit den am 16. September 2008 und 14. Oktober 2008 ausgestellten Heilmittelverordnungen verordnete Dr. L., Facharzt für Allgemeinmedizin, für die bei der Beklagten, einer Krankenkasse mit Sitz außerhalb von Baden-Württemberg, versicherte Astrid Schüler jeweils sechs Heilmittel "D1.KG+KG-Gerät+MT+KMT+Wärme-/Kältetherapie" mit einer Anzahl von drei bis vier (Verordnung vom 16. September 2008) bzw. ein bis zwei (Verordnung vom 14. Oktober 2008) wegen eines komplexen Sehnen-, Band-, Gelenkschadens, komplexen Schädigungen/Funktionsstörungen, Kreuzbandruptur des Kniegelenks (Indikationsschlüssel EX3d). Die Verordnungen wurden als Folgeverordnungen gekennzeichnet. Eine medizinische Begründung für eine Verordnung außerhalb des Regelfalls erfolgte nicht. Vorausgegangen waren Verordnungen des Dr. L. vom 01. August 2008 und 19. August 2008 mit ebenfalls jeweils sechs Heilmitteln für die Versicherte wegen derselben Diagnose und demselben Indikationsschlüssel. Die den ersten beiden Verordnungen zugrundeliegenden zwölf Einheiten erbrachte der Kläger zwischen dem 08. August 2008 und 05. September 2008. Hiervon bezahlte die Beklagte dem Kläger zehn Einheiten. Bezüglich der nicht vergüteten zwei Einheiten ist vor dem erkennenden Senat das Verfahren L 4 KR 1301/09 anhängig.

Nach Erbringung der Leistungen zwischen dem 22. September 2008 und 17. Oktober 2008 bzw. 20. Oktober 2008 bis 13. November 2008, deren Erhalt jeweils unterschriftlich durch die Versicherte bestätigt wurde, reichte der Kläger über das Abrechnungszentrum Optica bei der Beklagten am 20. November 2008 u.a. diese Heilmittelverordnungen mit einem Brutto-Betrag von jeweils EUR 164,40 (netto nach Abzug des Eigenanteils jeweils EUR 154,40) ein. Die Beklagte setzte von dieser Rechnung mit Schreiben vom 08. Dezember 2008 einen Betrag in Höhe von EUR 308,80 ab mit der Begründung, gemäß den HMR sei bei der angegebenen Diagnosegruppe EX3 eine Gesamtverordnungsmenge von zehn der Regelfall. Dieser Regelfall sei bereits erreicht. Daher liege die Verordnung außerhalb des Regelfalls.

Am 22. Januar 2009 erweiterte der Kläger eine bereits zuvor vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene und später teilweise zurückgenommene Klage um den abgesetzten Betrag von EUR 308,80, was das SG als neue Klage ansah. Er machte geltend, die Begründung der Beklagten für die Absetzung des Betrags von EUR 308,80 sei fehlerhaft. Der für seine Tätigkeit gültige RV vom 01. Dezember 2002 sehe eine solche Rezeptprüfpflicht nicht vor. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Neufassung des § 91 Abs. 6 SGB V (zum 01. Juli 2008). Diese Änderung habe keine konkreten Auswirkungen auf das Verhältnis Arzt/Therapeut im Sinne einer umfassenden Prüfpflicht der Therapeuten bezüglich der Übereinstimmung einer ärztlichen Verordnung mit dem Heilmittelkatalog. Bestimmend sei weiterhin das Rahmenvertragsrecht und dieses normiere im RV die von der Beklagten reklamierten umfassenden Prüfpflichten nicht.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte aus, die Leistung D1 - eine einstündige Therapieform, bei der unterschiedliche Heilmittel zum Einsatz kämen - sei im Heilmittelkatalog bei allen Indikationen auf maximal zehn Therapieeinheiten begrenzt. Durch die vorhergehenden Verordnungen vom 01. August 2008 und 19. August 2008 sei diese Verordnungsmenge bereits überschritten. Aufgrund dessen habe für sie gegenüber dem Kläger keine Vergütungspflicht mehr hinsichtlich der hier geltend gemachten Forderungen bestanden. Als zugelassener Leistungserbringer sei der Kläger verpflichtet, die HMR zu beachten. Sie seien für ihn verbindlich.

Das SG verurteilte mit Urteil vom 18. Mai 2009 die Beklagte, an den Kläger EUR 308,80 zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von acht Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08. Dezember 2008 zu zahlen. Die Klageforderung beruhe auf § 125 Abs. 2 SGB V i.V.m. dem RV. Nach § 15 Ziff. 1 RV erfolge die Vergütung der vertraglich erbrachten Leistungen nach einer besonderen Preisvereinbarung. Eine Prüfpflicht des Klägers, die zugrunde liegende ärztliche Verordnung vorab auf ihre Vereinbarkeit mit der HMR zu überprüfen, bestehe nicht. Aus § 4 Ziff. 3 RV könne abgeleitet werden, dass der Leistungserbringer lediglich zu überprüfen habe, ob die ärztliche Verordnung diesen Mindestinhalt enthalte. Eine weitergehende Prüfpflicht, insbesondere im Hinblick auf eine Vereinbarung mit der HMR, bestehe nicht. Etwas anderes könne nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die zugrunde liegende ärztliche Verordnung offensichtlich und für den Leistungserbringer unschwer erkennbar mit höherrangigem Recht nicht vereinbar wäre. Ein solcher Offenkundigkeitsfall sei vorliegend nicht gegeben. Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus § 91 Abs. 6 SGB V. Hiernach seien die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses, also auch die von ihm erlassenen Richtlinien, u.a. auch für Leistungserbringer verbindlich. Die Heilmittelerbringung sei der ärztlichen Behandlung aber untergeordnet. Vor diesem Hintergrund wäre es systemfremd, wenn der Heilmittelerbringer berechtigt, ja sogar verpflichtet wäre, die vom Arzt getroffene Behandlungsentscheidung zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern. Insoweit handle der Heilmittelerbringer bei der Ausführung des Heilmittels im Grunde genommen nur "als verlängerter Arm" des verordnenden Arztes. Daher dürfe er sich darauf verlassen, dass die vom Arzt getroffene Behandlungsentscheidung rechtmäßig und verbindlich sei. Die Verbindlichkeit der HMR bzw. eine hieraus abgeleitete Überprüfungspflicht beschränke sich daher von vorneherein nur auf solche Umstände, die in den Verantwortungsbereich des jeweiligen Leistungserbringers fielen. Die vom verordnenden Arzt getroffene Behandlungsentscheidung und das festgelegte Therapiekonzept rechne hierzu nicht. Etwas anderes könne - wie bereits angedeutet - nur bei offenkundiger Fehlerhaftigkeit gelten. Hierfür bestehe vorwiegend kein Anhaltspunkt. Das SG ließ die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.

Am 17. Juni 2009 hat die Beklagte gegen das ihr am 03. Juni 2009 zugestellte Urteil des SG Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, aufgrund der Überschreitung der Höchstverordnungsmenge habe für sie gegenüber dem Kläger keine Vergütungspflicht mehr hinsichtlich der geltend gemachten Forderungen bestanden. Die Menge der verordneten, erbrachten und abgerechneten Leistungen hätten nicht der Menge entsprochen, die die HMR in diesem Fall vorsähen. Die HMR seien für den Leistungserbringer verbindlich. Zunächst sei insoweit auf das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V i.V.m. § 70 Abs. 1 SGB V zu verweisen. Dieses Gebot richte sich auch an die Heilmittelerbringer und somit auch an den Kläger. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den HMR niedergelegten Feststellungen und Bewertungen präzisierten diesen Begriff der wirtschaftlichen Leistungserbringung. In die Entscheidungsfindung des Gemeinsamen Bundesausschusses seien gemäß § 92 Abs. 6 Satz 2 SGB V auch die Organisationen der Leistungserbringer einbezogen. Richtlinien nach § 92 SGB V hätten auch Normcharakter. Dass die Anzahl der Einzelleistungen in der Regel auf zehn Therapieeinheiten beschränkt sei, müsse daher auch dem Kläger bekannt gewesen sein. Beim Lesen der ärztlichen Verordnungen sei die Überschreitung der Leistungsanzahl für ihn auch offensichtlich gewesen. Es wäre für ihn vollkommen unproblematisch gewesen, mit dem verordnenden Arzt Kontakt aufzunehmen und auf die Überschreitung der Verordnungsmenge hinzuweisen. Damit hätte kein Eingriff in die Therapiefreiheit des Arztes stattgefunden. Diese Vorgehensweise sei in § 4 Ziff. 6 RV ausdrücklich vorgesehen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger in voller Kenntnis der Überschreitung der Verordnungsmenge und somit im Bewusstsein des unwirtschaftlichen Handelns die Leistungen abgegeben und abgerechnet habe. Die Neufassung des § 91 Abs. 6 SGB V bestätige die Verbindlichkeit der Richtlinien auch für die Leistungserbringer und manifestiere diesen Umstand durch eine ausdrückliche Regelung. Die Schlussfolgerungen, die das SG aus dieser Vorschrift ziehe, seien nicht regelkonform. Es werde dem Leistungserbringer nicht abverlangt, die vom Arzt getroffene Behandlungsentscheidung zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern. Es bestehe für ihn aber die Möglichkeit, den verordnenden Arzt auf die Abweichungen in der Verordnung zu den Richtlinien hinzuweisen, gegebenenfalls auch die zuständige Krankenkasse einzuschalten. Auch im Urteil vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R= SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) habe das Bundessozialgericht (BSG) unmissverständlich dargelegt, dass Heilmittelerbringer verpflichtet seien, die ärztliche Verordnung auf Vollständigkeit und Plausibilität zu überprüfen. Dies ergebe sich unabhängig von der Auslegung des konkreten Rahmenvertrags aus höherrangigem Recht. Als Grundlage der Prüfpflicht werde vom BSG u.a. auch der Normcharakter der HMR angeführt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Mai 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat das Schreiben der AOK Baden-Württemberg vom 23. Februar 2010 bezüglich der Gültigkeit der HMR für Therapeuten und eine Information zur Heilmittelabrechnung ab 01. April 2010 der AOK Baden-Württemberg vorgelegt und vertritt weiterhin die Auffassung, ihm obliege keine Prüfpflicht hinsichtlich der ihm vorgelegten Heilmittelverordnungen. Aus dem Urteil des BSG vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R) folge nichts anderes. Auch sei durch das Urteil des BSG vom 27. Oktober 2009 (B 1 KR 4/09 R) geklärt, dass die Regelung innerhalb des § 4 Ziff. 3 RV, wonach eine Prüfpflicht der Leistungserbringer nicht gegeben sei, mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Es gebe auf der Grundlage der §§ 2, 12, 23 und 43 SGB V einerseits und den HMR andererseits eine eigenständige Verantwortung des Heilmittelerbringers, und damit auch für ihn, für die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Heilmittel-Therapie. Der Heilmittelerbringer müsse die ihm vorgelegte Heilmittel-Verordnung aber nur auf aus seiner professionellen Sicht erkennbare Fehler und Vollständigkeit überprüfen. Eine Haftung des Behandlers, dass jede ärztliche Verordnung ordnungsgemäß ausgestellt sei, somit ein Vergütungsanspruch nicht bestehe, wenn eine Verordnung nicht vollumfänglich den Vorgaben der HMR entspreche, finde in diesem Urteil des BSG indessen keine ausreichende Stütze. Die vertragsärztliche Verantwortung für die in der Verordnung zum Ausdruck kommende Therapieentscheidung aus medizinisch-therapeutischer Sicht bleibe - wie das BSG klargestellt habe - unberührt. Eine medizinisch-therapeutische Prüfpflicht der Heilmittelerbringer insgesamt und damit auch für ihn bestehe nicht. Das BSG habe in dem Urteil auch unzweideutig klargestellt, dass einem Zahlungsanspruch des Heilmittelerbringers durch die Krankenkasse nur dann wirksam begegnet werden könne, wenn dem ein Anspruchshindernis entgegenstehe. Dies wiederum ergebe sich aus den HMR und den Rahmenverträgen (Rahmenempfehlungen) und hänge "von der Art des Mangels" ab. Das BSG ziehe jedoch gerade keine Schlussfolgerungen bezüglich der Frage eines eventuellen Verlustes des Vergütungsanspruchs, wenn die Verordnung unvollständig oder fehlerhaft sei. Auch eine fehlerhafte Verordnung vernichte nicht per se den Vergütungsanspruch des Behandlers. Nicht anders könne die Aussage des BSG verstanden werden, wonach bei Fehlen von Angaben des Arztes "die Auswirkungen (des Mangels) auf den Zahlungsanspruch (auch) von der Art des konkreten Mangels abhängt". Entscheidend für die formellen Voraussetzungen einer Verordnung sei danach weiter der jeweilige landesrechtliche RV. Der Behandler könne den ärztlichen Angaben, die § 4 Ziff. 3 RV verlange, vertrauen, zumindest soweit diese nicht offensichtlich fehlerhaft seien. Nach dem Urteil des BSG vom 27. Oktober 2009 sei er - der Kläger - als Leistungserbringer im Übrigen nicht bloßer Weisungsempfänger des Arztes. Deshalb müsse ihm auch zugestanden werden, Verordnungen, die den Vorgaben der HMR nicht vollständig entsprächen, auch ohne vorherige Korrektur durch den Vertragsarzt in einer Art und Weise umzusetzen, die den Vorgaben der HMR entsprächen und damit seinen Vergütungsanspruch begründeten. Sein Vergütungsanspruch sei auch nicht wegen Unwirtschaftlichkeit verlorengegangen. Die Überschreitung der Höchstverordnungsmenge könne ihm nicht entgegengehalten werden. Das BSG habe insoweit im Urteil vom 15. November 2007 (B 3 KR 4/07 R) ausdrücklich eine Absetzungsbefugnis für diejenigen Krankenkassen verneint, die - wie die Beklagte - hinsichtlich der Verordnungen außerhalb des Regelfalls auf das Genehmigungserfordernis verzichtet hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach Zulassung durch das SG gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Sie hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger die geltend gemachte weitere Vergütung für physiotherapeutische Leistungen in Höhe von EUR 308,80 zu zahlen; der Kläger hat hierauf keinen Anspruch. Das SG hätte die Klage daher abweisen müssen.

Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässigerweise als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG. Es war weder ein Widerspruchsverfahren durchzuführen noch eine Klagefrist einzuhalten (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. September 2002 - B 3 KR 2/02 R in juris).

Maßgebliche Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch des Klägers ist § 125 Abs. 2 SGB V i. V. mit § 15 Ziff. 1 des zum 01. Dezember 2002 in Kraft getretenen RV sowie der in Anlage 5 zu diesem RV enthaltenen Preisvereinbarung. Die vom Kläger abgerechneten Leistungen wurden im August und September 2008 erbracht. Zu diesem Zeitpunkt war der RV vom 01. Dezember 2002 zwar gekündigt. Eine neue vertragliche Regelung ist seit der zum 31. Dezember 2006 erfolgten Kündigung jedoch noch nicht erfolgt, sodass der RV auch über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus nach der Fortgeltungsklausel des § 23 Ziff. 4 RV weiter gilt und dem Begehren des Klägers zugrundezulegen ist. Obwohl die Beklagte ihren Sitz außerhalb von Baden-Württemberg hat und damit nicht Vertragspartner des RV ist, ist der RV im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten entsprechend anzuwenden, wovon auch die Beteiligten ausgehen. Denn ansonsten fehlte es möglicherweise bereits an einem Anspruch des Klägers dem Grunde nach auf die Vergütung der von ihm für Versicherte der Beklagten erbrachten Leistungen, weil eine vertragliche Beziehung mit der Beklagten nicht bestünde.

Voraussetzung des Vergütungsanspruchs des Klägers ist (neben der Leistungserbringung), dass ein Leistungsanspruch des Versicherten nach § 32 SGB V in der ab 01. April 2004 geltenden Fassung bestanden hat und das Heilmittel vertragsärztlich verordnet worden ist (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5). Das Bestehen des Leistungsanspruchs setzt voraus, dass die vertragsärztliche Verordnung gültig bzw. wirksam ist. Davon gehen auch die Vertragspartner des RV aus, wie sich aus § 4 Ziff. 10 RV ergibt. Dort ist bestimmt, dass ein Vergütungsanspruch nicht besteht, wenn eine (ursprünglich gültige) Verordnung gemäß § 4 Ziff. 8 Buchstabe a) und b) RV ungültig geworden ist. Nichts anderes kann gelten, wenn von vornherein gar keine gültige Verordnung vorlag. Eine vertragsärztliche Verordnung von Heilmitteln ist ungültig bzw unwirksam, wenn sie gegen geltendes Recht verstößt. Bei der Verordnung von Heilmitteln gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V hat der Vertragsarzt die vom Gemeinsamen Bundesausschuss auf der Grundlage von § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erlassenen HMR zu beachten. Die HMR legen nicht nur den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich fest, sie sind auch für die Heilmittelerbringer unmittelbar geltendes Recht (BSG a.a.O.).

Heilmittel sind nur nach Maßgabe der HMR nach pflichtgemäßem Ermessen verordnungsfähig (Teil 1 Abschnitt II Nr. 8 Satz 1 HMR). Zwar ist der Therapeut grundsätzlich (vorbehaltlich anderer Bestimmungen in den HMR) an die ärztliche Verordnung gebunden (Teil 1 Abschnitt II Nr. 9 Satz 2 HMR). Dies bedeutet aber nur, dass er weder andere noch weitere Leistungen als die vom Vertragsarzt verordneten erbringen und abrechnen darf, nicht aber, dass er berechtigt oder gar verpflichtet ist, jede Verordnung ohne weitere Prüfung auszuführen. Da die HMR auch gegenüber dem Kläger verbindlich und daher von ihm zu beachten sind, ist ihm die Berufung auf den Inhalt der ärztlichen Verordnung verwehrt, wenn er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass die vertragsärztliche Verordnung nicht mit den HMR übereinstimmt. Denn nach § 2 Abs. 4 SGB V haben auch die Leistungserbringer darauf zu achten, dass Leistungen nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Daraus sowie aus dem in § 12 SGB V geregelten Wirtschaftlichkeitsgebot und der sich aus den HMR ergebenden Pflicht zur engen Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt ergibt sich eine Pflicht der Heilmittelerbringer, die Verordnung des Vertragsarztes auf aus ihrer professionellen Sicht erkennbare Fehler und Vollständigkeit zu überprüfen (BSG SozR 4-2500 § 125 Nr. 5; vgl. hierzu auch Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 26. Oktober 2010 - L 11 KR 1322/09 und L 11 KR 690/10 jeweils in juris sowie Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08, nicht veröffentlicht). Gleiches würde gelten, wenn auf die Leistungserbringung die Vorschriften des Zivilrechts (analog) anzuwenden wären. Denn mit Verordnungen, die mit den HMR nicht übereinstimmen, überschreitet der Vertragsarzt die ihm eingeräumte Befugnis, den Versicherten Sachleistungen auf Kosten der Krankenkasse zu verschaffen. Insoweit ist sein Handeln dem eines Vertreters ohne Vertretungsmacht vergleichbar und nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB würde in einem solchen Fall selbst eine Haftung des ohne Vertretungsmacht handelnden Vertreters ausscheiden (Urteile des LSG vom 26. Oktober 2010 a.a.O.).

Im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln gehört es daher zur Aufgabe des Leistungserbringers, zusammen mit dem Vertragsarzt eine im Rahmen der HMR erfolgende Heilmittelversorgung zu gewährleisten. Dies setzt auch voraus, dass der Leistungserbringer den Vertragsarzt auf von ihm festgestellte Abweichungen der Verordnung von den Vorgaben der HMR hinweist und dies ebenso wie eventuelle Änderungen der Verordnung dokumentiert. Von einer im Interesse einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Heilmitteln liegenden Zusammenarbeit der Vertragsärzte und Heilmittelerbringer gehen auch die HMR und der RV aus (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -, auch zum Folgenden). Die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen dem Therapeuten als Leistungserbringer und dem Vertragsarzt sowie Vorgaben für die Art und Weise ihres Zusammenwirkens ergeben sich aus VII Ziff. 26 ff der HMR, §§ 17, 18 der Gemeinsamen Rahmenempfehlungen gemäß § 125 Abs. 1 SGB V über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene und aus dem RV. Zwar ist in § 3 Ziff. 1 RV bestimmt, dass Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt bestimmt. Nach § 3 Ziff. 6 RV sind die Leistungen aber auch ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu erbringen. Im Interesse einer zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung mit Heilmitteln kooperieren nach § 4 Ziff. 6, 7 und 8 RV die Leistungserbringer und ihre Mitarbeiter mit dem verordnenden Vertragsarzt.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Prüfpflicht auch nicht nach § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV, wonach dem Leistungserbringer keine Prüfpflicht obliegt, ausgeschlossen, so dass der Kläger sich nicht auf § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV berufen kann. Denn die aufgrund gesetzlicher Normen bestehende Verpflichtung des Klägers als Leistungserbringer vermag diese vertragliche Regelung nicht aufzuheben. Die Prüfpflicht beruht, wie das BSG in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) ausdrücklich klargestellt hat, auf höherrangigem Recht und zwar den § 2 Abs. 4 und 12 Abs.1 Satz 2 SGB V. Da somit die Regelung des § 4 Ziff. 3 Satz 3 RV mit höherrangigem Recht nicht im Einklang steht, ist sie unwirksam.

Der Kläger muss nicht zugestanden werden, dass er Verordnungen, die nicht den HMR entsprechen, auch ohne vorherige Korrektur durch den Vertragsarzt in einer den HMR entsprechenden Weise umsetzen dürfe und damit seinen Vergütungsanspruch begründe, da er nicht bloßer Weisungsempfänger des Vertragsarztes sei. Abgesehen davon, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Vertragsarzt und dem Heilmittelerbringer wie ausgeführt in den HMR, den Gemeinsamen Rahmenempfehlung und den Rahmenverträgen ausdrücklich geregelt ist, und ein "eigenmächtiges" Vorgehen, des Leistungserbringers dem nicht entspricht, ist dem entgegenzuhalten, dass durch die Erbringung von zwölf und damit die Gesamtverordnungsmenge von zehn um zwei übersteigenden Einheiten durch den Kläger die Umsetzung der Verordnung eben gerade nicht den HMR entspricht. Es handelt sich um keine der HMR entsprechende Behandlung.

Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Verweis des Klägers darauf, dass Vertragsärzte in der Regel nicht geneigt seien, Belehrungen durch nachgeordnete Berufsgruppen anzunehmen und die Beklagte die Möglichkeit hätte, die von ihr beanstandeten Verordnungen im Regressverfahren mit den Vertragsärzten zu diskutieren. Dies mag, zumindest in einzelnen Fällen, nicht von der Hand zu weisen sein, doch führt dies nicht dazu, dass der Kläger deshalb entsprechend der Verordnung mehr physiotherapeutische Einheiten erbringen kann, als es die HMR vorsehen. Hierdurch wird weder die Verordnung rechtmäßig noch ist deshalb eine Abweichung von der HMR gerechtfertigt.

Der indikationsbezogene Katalog verordnungsfähiger Heilmittel nach § 92 Abs. 6 SGB V (Heilmittelkatalog), der Bestandteil der HMR ist, regelt nach Teil 1 Abschnitt II Ziff. 8 Satz 2 HMR &61485; die Indikationen, bei denen Heilmittel verordnungsfähig sind, &61485; die Art der verordnungsfähigen Heilmittel bei diesen Indikationen &61485; die Menge der verordnungsfähigen Heilmittel je Diagnosegruppe und &61485; die Besonderheiten bei Wiederholungsverordnungen (Folgeverordnungen). Den Heilmittelverordnungen liegt in den jeweiligen Abschnitten des Heilmittelkatalogs ein definierter Regelfall zugrunde. Dieser Regelfall geht von der Vorstellung aus, dass mit dem der Indikation zugeordneten Heilmittel im Rahmen der Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls das angestrebte Behandlungsziel erreicht werden kann. Die Gesamtverordnungsmenge und die Anzahl der Behandlungen (Einheiten) je Verordnung im Regelfall ergeben sich aus dem Heilmittelkatalog (Teil 1 Abschnitt II Ziff. 11 HMR).

Auf der Grundlage dieser Vorschriften und Grundsätze ist der vom Kläger geltend gemachte Vergütungsanspruch zu verneinen.

Der Kläger hat die physiotherapeutischen Leistungen, deren Vergütung die Beklagte abgelehnt hat, auf der Grundlage der vertragsärztlichen Verordnungen des Dr. L. vom 16. September 2008 und 14. Oktober 2008 ausgeführt. Die Verordnungen wurden jeweils als Folgeverordnungen für eine Indikation der im Heilmittelkatalog aufgeführten Diagnosegruppe EX3d ausgestellt, nachdem bereits mit Erstverordnung vom 01. August 2008 und Folgeverordnung vom 19. August 2008 für die Versicherte wegen derselben Diagnose bereits jeweils sechs Einheiten ausgestellt und erbracht worden sind. Die Diagnosegruppe EX3 umfasst Verletzungen/Operationen und Erkrankungen der Extremitäten und des Beckens mit prognostisch längerem Behandlungsbedarf (insbesondere Einschränkungen von relevanten Aktivitäten des täglichen Lebens, multistrukturelle funktionelle Schädigungen). Nach Buchst. d) ist Leitsymptomatik (Schädigung, Funktionsstörung) D 1komplexe Schädigungen/Funktionsstörungen - bei zwei führenden Schädigungen/Funktionsstörungen a) (Gelenkfunktionsstörungen, Bewegungsstörungen, Kontrakturen) und b) (Funktionsstörungen durch Muskeldysbalance, -insuffizienz, -verkürzung) neben c) (Schmerzen Funktionsstörungen durch Muskelspannungsstörungen; Verkürzung elastischer und kontraktiler Strukturen, Gewebequellungen, -verhärtungen, -verklebungen). Die Verordnungsmenge belief sich auf jeweils sechs Einheiten. Die jeweils verordneten Heilmittel waren Krankengymnastik, Krankengymnastik-Gerät, manuelle Therapie, KMT (klassische Massagetherapie) und Wärme-/Kältetherapie. Für die Diagnosegruppe EX3 ist im Heilmittelkatalog eine Gesamtverordnungsmenge für die standardisierte Heilmittelkombination von zehn Einheiten festgelegt. Daher besteht ein Vergütungsanspruch nur für insgesamt zehn Einheiten. Diese zehn Einheiten wurden bereits mit der Erst- und ersten Folgeverordnung erbracht. Für diese zehn Einheiten hat die Beklagte den Vergütungsanspruch des Klägers erfüllt (Schreiben vom 09. Oktober 2008). Ein weiterer Vergütungsanspruch für die nunmehr noch geltend gemachten weiteren zwölf Einheiten des Klägers besteht nicht.

Diese Abweichung der Verordnungsmenge vom Heilmittelkatalog war für den Kläger auch erkennbar. Die HMR und der Heilmittelkatalog sind ihm aufgrund seiner in der Ausbildung erworbenen Fachkompetenz vertraut und als Grundlage seiner beruflichen Tätigkeit im Einzelnen bekannt.

Dass der Kläger wegen der insgesamt verordneten Einheiten bei Dr. L. oder der Beklagten nachgefragt hat, ist nicht dokumentiert und wird von ihm auch nicht vorgetragen. Er hat die Verordnung ausgeführt, ohne sie zu überprüfen, da er davon ausging, einer Prüfpflicht nicht zu unterliegen. Ein solches Versäumnis darf die Beklagte dem Kläger entgegenhalten und die Vergütung der nicht im Einklang mit den HMR verordneten und erbrachten Therapieleistungen ablehnen.

Soweit der Kläger geltend macht, eine fehlerhafte Verordnung könne als solche nicht den Vergütungsanspruch vernichten, und sich darauf beruft, dass die Beklagte ihm nach der Rechtsprechung des BSG nur dann ein Anspruchshindernis entgegenhalten könne, wenn sich dies aus der "Art des Mangels" ergebe, so folgt daraus nichts anderes. Das BSG hat in seinem Urteil vom 27. Oktober 2009 (SozR 4-2500 § 125 Nr. 5) das Argument, dass die Auswirkung auf den Zahlungsanspruch von der Art des konkreten Mangels abhinge, im Zusammenhang mit der Frage herangezogen, ob für die dortige Klägerin, eine Leistungserbringerin, ein Feststellungsbegehren ausnahmsweise gegenüber einer Leistungsklage zulässig sein könnte. Das BSG geht an dieser Stelle davon aus, dass Mängel der Verordnung grundsätzlich Auswirkungen auf den Zahlungsanspruch haben, wobei die genaue Höhe des unter Berücksichtigung entsprechender Mängel zu berechnenden Vergütungsanspruchs zweifelsohne von der Art des Mangels abhängt, also etwa von der Frage, ob die vorgegebene Verordnungsmenge überschritten wurde oder ein nicht verordnungsfähiges Heilmittel verordnet wurde. Im Falle des Klägers ist mit der Absetzung des streitgegenständlichen Betrags die Auswirkung der mängelbehafteten Verordnung von der Beklagten unter Berücksichtigung des konkreten Mangels umgesetzt worden (vgl. LSG, Urteil vom 29. September 2010 - L 5 KR 4675/08 -).

Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil nach seiner Behauptung in der mündlichen Verhandlung des Senats die Beklagte die von ihm zuvor in gleicher Weise abgerechneten Leistungen nicht beanstandet habe. Es mag zutreffen, dass Beklagte auch über die in den HMR genannten Höchstmengen hinausgehende Leistungen vergütet hat. Allein aus der unbeanstandeten Abrechnung bestimmter Leistungen über einen längeren Zeitraum erwächst jedoch kein Recht, auch in Zukunft entsprechend abrechnen zu dürfen. Ein Vertrauensschutz käme nur in Betracht, wenn die Beklagte die beanstandete Abrechnung, zum Beispiel auf Nachfrage des Leistungserbringers oder in von ihr den Leistungserbringern zur Abrechnung gegebenen Hinweisen, gebilligt hätte (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 zum Vertragsarztrecht). Hierfür gibt es weder aus dem Vorbringen der Beteiligten noch aus den vorliegenden Akten Anhaltspunkte.

Sofern der Kläger schließlich im vorliegenden Berufungsverfahren auf das Schreiben der AOK Baden-Württemberg vom 23. Februar 2010 und der Information der AOK Baden-Württemberg zur Heilmittelabrechnung ab 01. April 2010 verweist, ergibt sich hieraus nichts anderes. Zum Einen ist insoweit darauf hinzuweisen, dass diese Schreiben bzw. die Information auf die Verordnungen vom September bzw. Oktober 2008 und die zwischen September und November 2008 durchgeführten Behandlungen keine Anwendung finden dürfte, da sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt waren. Zum Anderen weist die AOK Baden-Württemberg in diesen Schreiben aber gerade auf die Prüfpflicht des Klägers hin. Auch darauf, dass die AOK Baden-Württemberg in der Information zur Heilmittelabrechnung ab 01. April 2010 auf S. 2 ausführt, dass sie die Rechnungen weiterhin selbstverständlich in vollem Umfang begleichen würden, wenn bei einer Unstimmigkeit eine telefonische Rücksprache mit dem Vertragsarzt erfolgt ist und diese mit Handzeichen und Datum vermerkt ist, vermag der Kläger seinen Anspruch nicht zu stützen, denn eine solche Rücksprache fand nicht statt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für beide Rechtszüge beruht auf § 197a SGG, §§ 52 Abs. 1 und 3, 47, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Nachdem über den feststehenden Betrag von EUR 308,80 zu befinden war, ist dieser Betrag maßgeblich.
Rechtskraft
Aus
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