L 18 AS 332/11 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 27 AS 724/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 332/11 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozial- gerichts Potsdam vom 20. Januar 2011 aufgehoben. Den Klägern wird für das Verfahren bei dem Sozialgericht Prozess- kostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt.

Gründe:

Die Beschwerde der Kläger ist begründet. Ihnen ist für das erstinstanzliche Klageverfahren Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – iVm §§ 114, 121 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Die bei verständiger Würdigung (vgl § 123 SGG) erstinstanzlich erhobene kombinierte An-fechtungs- und Leistungsklage der - bedürftigen - Kläger auf Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 21. Juli 2009 bis 31. Dezember 2009 hat nach der im PKH-Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung zumindest teilweise hinrei-chende Aussicht auf Erfolg.

Zwar hatten die Kläger anfänglich die Überprüfung des vorläufigen Bewilligungsbescheides des Beklagten vom 21. August 2009 für den Zeitraum vom 21. Juli 2009 bis 31. Dezember 2009 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) beantragt, worüber der Beklagte mit dem hier (auch) angefochtenen Bescheid vom 23. November 2009 entschieden hat. Da der Beklagte in dem vorläufigen Bescheid keine end-gültige Verwaltungsentscheidung getroffen, sondern lediglich eine Regelung für eine Über-gangszeit bis zum endgültigen Abschluss des Verwaltungsverfahrens verlautbart hatte (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 32 Nr. 2 mwN), war er demzufolge auch nicht zu der mit dem Ü-berprüfungsantrag sinngemäß geltend gemachten endgültigen Bewilligung höherer Leistungen verpflichtet. Im sich anschließenden Widerspruchsverfahren hat der Beklagte dann aber mit Bescheiden vom 11. Februar 2010 Leistungen für die Zeit vom 21. Juli 2009 bis 31. August 2009 und vom 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2009 endgültig bewilligt, allerdings nicht für den Monat September 2009. Diese Bescheide sind gemäß § 86 SGG Gegenstand des Wider-spruchsverfahrens gegen den negativen Zugunstenbescheid vom 23. November 2009 gewor-den, da sie diesen teilweise ersetzt haben, und sind im abschließenden Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2010 auch entsprechend berücksichtigt worden. Für die Zeit vom 1. September bis 30. September 2009 ist demgegenüber weiterhin die - vorläufige - Bewilligung vom 21. August 2009 maßgebend, so dass auch die insoweit mit dem Ziel der endgültigen Gewährung höherer Leistungen erhobene Klage unzulässig ist. Zulässig ist hingegen die auf Änderung der Bescheide vom 11. Februar 2010 und Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung höherer Leistungen für die Zeit vom 21. Juli 2009 bis 31. August 2009 und vom 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2009 gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, die die Kläger zwar nicht nach den von ihnen gestellten Anträgen, aber bei verständiger Würdigung ihres Klagevorbringens, das entsprechend auszulegen ist, erhoben haben.

Diese Klage ist bei summarischer Prüfung auch zumindest teilweise begründet, ohne dass hier von der Bewilligung von PKH wegen eines Bagatellstreitwerts abzusehen wäre. Die Kläger machen insbesondere erhöhte Absetzbeträge von dem Einkommen des Klägers zu 2) im streiti-gen Zeitraum wegen höherer Fahrkosten als der von dem Beklagten in Ansatz gebrachten geltend. Der Beklagte hat insoweit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3b Arbeitslosengeld II/Sozialgeld- Ver-ordnung (Alg II-V) eine Fahrkostenpauschale von monatlich 28,51 EUR (5,28 km x 27 Arbeitstage x 0,20 EUR) in Ansatz gebracht, wohingegen die Kläger auf der Grundlage einer höheren Wegstrecke des Klägers zu 2) von 6,34 km und der Tatsache, dass der Arbeitsweg täglich zweimal zurückzulegen ist, eine Pauschale iHv 68,47 EUR errechnen, woraus sich insgesamt, d.h. bei Berücksichtigung der weiteren - zwischen den Beteiligten nicht streitigen - Absetzbeträge nach § 11 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bzw. § 6 Alg II-V ein Gesamtabsetzungsbetrag iHv 137,20 EUR ergibt, der den vom Beklagten insoweit in Ansatz gebrachten Pauschalbetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II iHv 100,- EUR erheblich über-steigt. Im Hinblick auf die streitige Wegstreckenentfernung, die Frage, an wie vielen Tagen der Kläger zu 2) tatsächlich gearbeitet hat, ob er den Arbeitsweg tatsächlich arbeitstäglich zweimal (dh: zweimal hin und zurück) zurückgelegt hat und ob er dabei tatsächlich ein Kraftfahrzeug benutzt hat, dürften weitere Sachermittlungen (vgl. § 103 SGG) des Sozialgerichts (SG) unum-gänglich sein und der Klage dürfte schon aus diesem Grund die ausreichende Erfolgsaussicht nicht abzusprechen sein. Dem Beklagten ist zwar insoweit zuzugeben, dass grundsätzlich ein Betrag von 0,20 EUR für den Entfernungskilometer gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V in Abzug zu bringen ist, nicht hingegen für die Kilometer, die sich durch Addition von Hin- und Rückweg zur Arbeitsstätte ergeben (vgl. BSG vom 09. November 2010, B 4 AS 7/10 R - juris -). Trifft allerdings der Vortrag des bei der Agrargenossenschaft H e. G. - einem Landwirtschaftsbetrieb - erwerbstätigen Klägers zu 2) zu, hätte der Beklagte daher schon bei seiner Berechnung (5,28 Entfernungskilometer) eine monatliche Fahrkostenpauschale iHv 57,02 EUR berücksichtigen müs-sen. Damit wird der Pauschbetrag des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II ebenfalls deutlich überschritten, nämlich iHv 25,75 EUR. Die sich hieraus für den Leistungszeitraum vom 21. Juli 2009 bis 31. August 2008 und vom 1. Oktober 2008 bis 31. Dezember 2008 ergebenden höheren Leistungsbeträge übersteigen den Bagatellbereich deutlich, so dass schon aus diesem Grund PKH zu bewilligen war.

Eine Kostenentscheidung hat im PKH- Beschwerdeverfahren nicht zu ergehen (vgl. §127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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