Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 5719/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3569/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Juni 2009 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 17. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2006 verurteilt, der Klägerin die operative Durchtrennung des Nervus Latissimus auf beiden Seiten zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin ein Viertel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine beidseitige Operation zur Brustkorrektur, Herstellung der Brustwarzen und Durchtrennung des Nervus latissimus.
Die am 1970 geborene verheiratete Klägerin, die als Kassiererin beschäftigt ist, ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Nach der Geburt ihrer vier Kinder traten bei ihr ab 1995 zunächst Entzündungen der Brustdrüsen und ab 1997 chronisch rezidivierende Milchdrüsenabszesse auf beiden Seiten auf. Am 10. August 2000 erfolgte in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in L. die Entfernung eines Abszesses an der rechten Brust, in dessen Folge Schmerzen auftraten und eine Entzündung festgestellt wurde. Hierauf wurden der Klägerin ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. S., Universitätsklinik F., vom 17. Februar 2006 am 14. Dezember 2000 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Lu. die Milchdrüsen aus der rechten Brust entfernt. Anschließend wurde die Brust mit gestielten Latissimus-Dorsi-Lappen rekonstruiert und eine so genannte periareoläre oder zumindest intraaereoläre zirkuläre Straffung durchgeführt. Am 08. Mai 2001 wurde dieselbe Operation an der linken Brust durchgeführt. In diesem Zusammenhang wurde die rechte Brustwarze mit Transplantat der linken Brustwarze wiederhergestellt. Der Nervus thoracodorsalis wurde jeweils belassen und nicht durchtrennt. Die Kosten dieser Operationen trug die Beklagte. Am 02. Mai 2003 bildete sich erneut ein Abszess an der rechten Brust, weitere Abszesse traten am 20. Mai 2003 auf. Da die Klägerin mit den Operationsergebnissen nicht zufrieden war, klagte sie gegen die operierenden Ärzte vor dem Landgericht Frankenthal (4 O 247/04). Sie begehrte Schmerzensgeld und die Feststellung, dass die Behandler verpflichtet seien, ihr auch den materiellen Schaden zu erstatten. In diesem Verfahren erstattete u.a. Prof. Dr. S. das plastisch-chirurgische Gutachten vom 17. Februar 2006. Er fand bei der Untersuchung am 12. Dezember 2005 beidseits zirkuläre Narben am Rand der Brustwarzen, welche teilweise pigmentiert waren. Die beiden Brustwarzen erschienen relativ weit mittelständig, die linke Brustwarze etwas mittelständiger als rechts. Die Brustwarzenspitze stand links exzentrisch nach median kranial. Der Areolendurchmesser war rechts mit 50 mm etwas größer als links (maximal 44 mm). Die rechte Brustwarze erschien oben eingefallen. An beiden Brüsten fanden sich keinerlei aktive Entzündungszeichen und keine offenen Wunden oder Fisteln. Beide Brüste erschienen ptotisch mit einer sichtbaren Hautfältelung und Unebenheiten der Kontur, rechts ausgeprägter als links. Das Brustvolumen der leicht ptotischen Brüste war beidseits (rechts etwas ausgeprägter als links) in den beiden unteren Quadranten betont. An beiden Brüsten erkannte Prof. Dr. S. sichtbare Wulstbildungen, die Richtung Achsel zogen. Diese waren rechts stärker ausgeprägt und links nur sehr gering sichtbar. Bei forciertem Schützengriff kam es zu einer deutlichen Weichteilanspannung vor allem über den beiden oberen lateralen Quadranten beider Brüste, rechts wiederum stärker als links und es trat eine sichtbare Wulstbildung auf. Bei der Palpation der rechten Brust tastete Prof. Dr. S. zwei etwa walnussgroße, fibriotisch erscheinende Knotenbildungen im Unterhautgewebe, bei der Palpation der linken Brust fanden sich in der Umgebung des Warzenvorhofkomplexes eher diffuse knotige Veränderungen. Bei der Palpation gab die Klägerin jeweils Schmerzen an. Prof. Dr. S. kam zu dem Ergebnis, dass bei der Operation am 14. Dezember 2000 wahrscheinlich in sehr geringem Umfang Brustdrüsengewebe in der rechten Brust verblieben sei. Aus dieser Tatsache ergebe sich jedoch nicht das dringende Erfordernis für eine Revision. Da der Musculus latissimus dorsi nicht an den Händen, sondern am körpernahen Oberarmknochen ansetze, sei es prinzipiell unmöglich, diesen Muskel von den Händen abzutrennen. Die Abtrennung des Muskelursprungs von der oberen Extremität, sei nach den Operationsberichten erfolgt. Die Frage, ob der Nervus thoracodorsalis bei Verwendung des Latissimus zur Brustrekonstruktion durchtrennt werden soll, sei unter plastisch-chirurgischen Fachexperten divergent. Es sei bekannt, dass manche (sicher nicht alle) Patienten bei erhaltener Innervation zum einen unter den muskulären Anspannungen kosmetisch und zum anderen aber auch in Form von Missempfindungen litten. Es gäbe aber auch das Argument, dass der Muskel bewusst erhalten werde, damit er nicht atrophiere und dadurch an Volumen verliere. Die Erhaltung der Innervation sei damit nicht behandlungsfehlerhaft. Er würde wegen der Beschwerden der Klägerin aber zu einer Durchtrennung des Nervs auf beiden Seiten raten. Eine über die bei der ersten Operation durchgeführte Bruststraffung hinausgehendere invasivere Bruststraffung, wäre angesichts der Durchblutungssituation sicher fehlerhaft gewesen. Bei der zweiten Operation sei eine synchrone Straffungsoperation aus technischen und Sicherheitsgründen ausgeschlossen gewesen. Mit Urteil vom 27. September 2006 wies das Landgericht Frankenthal die Klage ab, da die Klägerin den Ärzten einen Behandlungsfehler nicht habe nachweisen können und auch die Aufklärung nicht fehlerhaft gewesen sei.
Unter Beifügung der Klageschrift an das Landgericht Frankenthal vom 07. Mai 2004, des Protokolls der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Frankenthal vom 11. Januar 2005 und einer Kostenaufstellung des Prof. Dr. G., Chefarzt des M.-Krankenhauses in F. vom 27. Januar 2005 (Operationskosten: EUR 3.100,00, Anästhesiekosten: ca. EUR 750,00, Kosten für Implantate: ca. EUR 1.500,00, Kosten für den präoperativen Tag: EUR 105,00, Klinikkosten: EUR 1.450,00; insgesamt EUR 6.905,00) beantragte die Klägerin am 03. Februar 2005 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer Operation zur Brustkorrektur und zur "Abtrennung der Muskel". Die Beklagte holte zunächst eine Auskunft bei Prof. Dr. G. ein. Dieser teilte unter dem 07. Februar 2005 mit, es finde sich bei der Klägerin derzeit eine Deformierung beider Brüste, welche einen erheblichen Krankheitswert darstelle. Des Weiteren würden die Brüste bei Armbewegungen infolge der Muskellappenrekonstruktion "springen" (Anführungszeichen im Original). Dies sei für die Klägerin derart beeinträchtigend, dass sie normale Tätigkeiten, welche die Schultergürtelmuskulatur beanspruchten, scheue. Die Korrektur sei deshalb dringend medizinisch notwendig. Erforderlich sei die Durchtrennung der Innervation der Latissimus-dorsi-Muskeln, eine Brustwarzen- und Brustwarzenvorhofkorrektur und ein Brustaufbau beidseits zur Herstellung und Symmetrierung des ehemaligen Erscheinungsbildes. Im Anschluss daran erhob die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten des Dr. Ri. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 04. Mai 2005. Dr. Ri. führte aus, es fänden sich asymmetrische Brüste, die Brustwarzen seien jeweils nicht zentral gelegen. Die Brüste seien zum Teil eingezogen. Die umgebende Haut liege schlaff über dem Brustaufbau. Bei Anspannung und Bewegungen der Arme komme es zu keiner wesentlichen Verschiebung der Muskellappen. Ein krankhafter Befund liege nicht vor. Im Vordergrund stünden kosmetische Probleme. Mit Bescheid vom 17. Mai 2005 lehnte die Beklagte hierauf eine Kostenübernahme ab. Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie trug vor, die medizinische Nachbehandlung/operative Versorgung sei medizinisch geboten. Im Bereich der Brust würden nach wie vor Vereiterungen auftreten. Im Rahmen dieser Behandlung sei der Latissimus zu durchtrennen. Aufgrund der fehlenden Durchtrennung des Latissimus habe sie "schwere Hände", teilweise auch Schmerzen in den Händen. Sie leide psychisch unter der Entstellung und es stelle für sie auch eine psychische Belastung dar, dass sich die Brust hebe, wenn der Latissimus in Aktion sei. Im Rahmen der Beseitigung der Ekzeme sei auch die überflüssige Haut zu entfernen. Die Brust bestehe lediglich aus einem "nicht ausgefüllten" (Anführungszeichen im Original) Hautlappen. Dieser liege auf der Brusthaut auf, hierdurch komme es zu Hautreizungen. Deshalb sei auch die Entfernung der überflüssigen Haut zur Vermeidung von Hautekzemen geboten. Der Aufbau der Brust habe nicht bei dem Ersteingriff stattfinden können, da das Entzündungsrisiko sich bei einem vollständigen Aufbau der Brust beim Ersteingriff erheblich erhöht hätte. Insgesamt handele es sich nicht um eine Schönheitsoperation, sondern um eine Nachbehandlung. Die Klägerin reichte ein ärztliches Attest des Praktischen Arztes Dr. Ma. vom 13. Juni 2005 nach. Danach wurde die Klägerin im Oktober 2003 wegen eines Abszesses von Dr. Ma. behandelt. Dr. Ma. führte weiter aus, insgesamt bestehe ein schlechtes kosmetisches Ergebnis mit Verdacht auf Restdrüsengewebe, ob eine erneute Operation notwendig sei, solle von einem Arzt beurteilt werden, der auf Mammaoperationen spezialisiert sei. Die Beklagte wandte sich erneut an den MDK, für den Dr. Le. in seinem nach Aktenlage erstatteten sozialmedizinischen Gutachten vom 22. Juni 2005 ausführte, weder bei der ersten Untersuchung durch den MDK am 26. April 2005 noch nach den Ausführungen von Prof. Dr. G. im Schreiben vom 07. Februar 2005 hätten bei der Klägerin akute Entzündungszeichen im Bereich der Brüste vorgelegen. Auch Dr. Ma. beschreibe in seinem ärztlichen Attest vom 13. Juni 2005 nur die Behandlung von Abszessen im Oktober 2003, jedoch keine aktuelleren Abszessgeschehen. Die medizinische Nachbehandlung/operative Versorgung sei damit nicht medizinisch geboten. Des Weiteren sei im Rahmen einer Behandlung einer Entzündung die Durchtrennung des Latissimus keine adäquate Therapie. Fähigkeitsstörungen lägen nicht vor. Eine Anfrage des MDK zur Erkrankung und zur Behandlung beantwortete Dr. Ma. nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2006 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Der Widerspruchsausschuss bezog sich auf die Gutachten des MDK.
Deswegen erhob die Klägerin am 04. Dezember 2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie führte unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens aus, bei ihr seien auch nach den Operationen in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in L. Vereiterungen der Brust aufgetreten, die auf in der Brust verbliebene Fäden zurückzuführen gewesen seien. Zwischenzeitlich seien die Fäden abgefallen, die Vereiterungen seien nicht mehr aufgetreten. Allerdings sei ihr eine unwillkürliche Kontraktion der Brust verblieben, da der Latissimus, der für den Aufbau verwendet worden sei, nach wie vor in Aktion sei. Dies sei für sie äußerst unangenehm. Im Arzthaftungsprozess sei gutachterlicherseits bestätigt worden, dass in einem solchen Fall die Durchtrennung des Nervus Latissimus medizinisch indiziert sei. Auch sei die Brust nicht sachgemäß aufgebaut. Die Haut hänge schlaff und faltig am Körper. Durch Entfernung überflüssigen Hautgewebes und Aufbau der Brust mit dem Bauchlappen oder einem anderen körpereigenen Gewebe sei die Brust in ihrer ursprünglichen Form herzustellen. Erst mit dieser abschließenden Operation sei ihre Heilbehandlung, die aufgrund der Vereiterung der Brüste erforderlich gewesen sei, abgeschlossen. Es handele sich nicht um eine Schönheitsoperation, mit der Operation müssten die Operationsfolgen korrigiert werden. Auch sei der Brustaufbau noch nicht abgeschlossen. Wenn die Brustkorrektur/Nachoperation nicht stattfinde, seien psychische Folgeerkrankungen zu erwarten.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von sozialmedizinischen Gutachten von Dr. d. R.-W. vom MDK vom 12. November und 05. Dezember 2007 entgegen. Dr. d. R.-W. führte jeweils aus, es liege kein krankhafter Befund bei der Klägerin vor. Kosmetische Aspekte stünden weiterhin im Vordergrund.
Das SG zog die Akte des Landgerichts Frankenthal 4 O 247/04 bei und entnahm der Akte das radiologische Zusatzgutachten des Prof. Dr. La., Universitätsklinik F., vom 25. Januar 2006 und das plastisch-chirurgische Gutachten des Prof. Dr. S. vom 17. Februar 2006 mit Fotodokumentation, die Niederschriften des Landgerichts Frankenthal über die durchgeführten Beweisaufnahmen und mit Ausnahme des Deckblatts das Urteil des Landgerichts Frankenthal. Außerdem erhob das SG schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen von Dr. Ma. und Prof. Dr. G ... Dr. Ma. teilte unter dem 24. Mai 2007 mit, dass die letzte Behandlung wegen einer Abszessbildung am 20. Mai 2003 erfolgt sei. Die Frage, ob aktuell noch Vereiterungen und Abszesse an der Brust sowie Hautreizungen aufgrund der Berührung der Bauchhaut mit der Brusthaut aufträten, verneinte er. Eine erneute kosmetische Rekonstruktion der Mamma beidseits sowie die Operation am Latissimus sei notwendig, da die Klägerin keine Tätigkeiten mehr durchführen könne, ohne dass sich die Mamma mitbewege, dabei würden die Oberarme sehr schnell ermüden. Prof. Dr. G. führte unter dem 26. Juni 2007 aus, er habe bei der Klägerin beidseits relativ kleine asymmetrische Brüste, eine Mammillendeviation links nach medial und insgesamt eine unregelmäßige Gestaltung durch die Latissimuslappen befundet. Des Weiteren lägen objektiv springende Brüste bei Armbewegungen vor. Vereiterungen und Abszesse der Brust träten aktuell nicht auf. Als Behandlungsmaßnahmen sei die Durchtrennung des Nervus thorako-dorsalis beidseits, die Korrektur des Mammillen-Areola-Komplexes und die Vergrößerung der Brüste beidseits durch Einlegen eines Brustimplantats und Verbesserung der Unregelmäßigkeit notwendig. Es handele sich nicht um eine ästhetische Operation, sondern eine medizinisch notwendige Korrektur. Ferner zog das SG die die Klägerin betreffenden Krankenunterlagen der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. bei.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2009 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenübernahme für die begehrte Brustoperation. Die bei der Klägerin bestehenden körperlichen Befunde stellten keine Krankheit dar. Es handele sich um ein optisch unschönes Ergebnis der durchgeführten Operationen. Funktionseinschränkungen bestünden jedoch nicht. Dies gelte auch im Hinblick auf das (Mit-)Bewegen der Brust bei der Anspannung bzw. Bewegung der Arme. Die vorgebrachten Beschwerden in den Händen könnten nach dem Gutachten von Prof. Dr. S. nicht mit Sicherheit auf die Operationen zurückgeführt werden, ein Zusammenhang erscheine danach eher unwahrscheinlich. Die geplante Operation, bei der u.a. der Nerv des Latissimus dorsi durchtrennt werden solle, sei daher nicht geeignet, die vorgetragenen Beschwerden an den Händen der Klägerin zu beseitigen oder zu lindern. Die Klägerin sei auch nicht wegen einer äußeren Entstellung behandlungsbedürftig. Die Schönheitsfehler an den Brüsten ließen sich leicht durch Kleidung bedecken. Auch das leichte Heben und Senken der Brust in Situationen, in denen die Klägerin die Arme bewege, stelle keine erhebliche Auffälligkeit dar. Wegen der angeführten psychischen Probleme komme eine Leistungspflicht der Beklagten ebenfalls nicht in Betracht. Psychische Beeinträchtigungen rechtfertigten regelmäßig keinen operativen Eingriff auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Schließlich sei als regelwidriger Zustand, der einen Anspruch auf eine Operation begründe, auch nicht auf die ursprünglich bestandene Vereiterung der Milchdrüsen abzustellen. Diese sei durch die Operationen im Jahr 2000 und 2001 erfolgreich behoben. Entzündungszeichen im Brustbereich bestünden nicht mehr.
Gegen den am 09. Juli 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06. August 2009 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie macht geltend, dass die Ursprungsbehandlung nicht abgeschlossen sei. Die Entfernung der Milchdrüsen habe dazu geführt, dass ihre Brust nahezu "leergeräumt" sei. Zur abschließenden und erfolgreichen Behandlung gehöre es nun, die Brust wiederaufzubauen. Der durchgeführte Brustaufbau mit dem Muskulus Latissimus dorsi sei nicht erfolgreich abgeschlossen. Es seien "Nacharbeiten" erforderlich (Anführungszeichen jeweils im Original). Aufgrund der fehlenden Durchtrennung des Nerves bewege sich die Brust bei Bewegungen des Armes willkürlich. Diese Brustzuckungen könnten ihr nicht zugemutet werden, zumal sie sie massiv belasteten. Im Übrigen liege bei ihr eine Entstellung vor, die schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen sich quasi im Vorbeigehen bemerkbar mache und die in der Folge zum sozialen Rückzug führe. In psychiatrischer Behandlung befinde sie sich nicht.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2005 zu verurteilen, ihr eine operative plastische Korrektur der Mammae beidseits, eine Durchtrennung des Nervus Latissimus beidseits und die Herstellung der Brustwarzen beidseits zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2009 und hat Arztbriefe des Prof. Dr. G. vom 12. Januar und 12. Juni 2001 über die am 14. Dezember 2000 und 08. Mai 2001 durchgeführten subcutanen Mastektomien und Sofortrekonstruktionen mit gestieltem Latissimus-Dorsi-Lappen vorgelegt.
Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt am 09. November 2010 mit den Beteiligten erörtert. Einen hierbei geschlossener widerruflicher Vergleich, wonach die Beklagte die Kosten für die Durchtrennung des Nervus Latissimus auf beiden Seiten und den hierfür erforderlichen stationären Aufenthalt in einem zugelassenen Krankenhaus übernimmt, hat die Klägerin widerrufen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig; sie ist auch teilweise begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2006 ist zu einem Teil rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Zwar ist die Beklagte nicht verpflichtet, die Kosten für eine plastische Korrektur der Mammae beidseits und eine Korrektur der Brustwarzen beidseits zu übernehmen, sie ist jedoch verpflichtet, der Klägerin die Durchtrennung des Nervus Latissimus beidseits zu gewähren. Der Gerichtsbescheid des SG und der Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2006 waren deshalb entsprechend abzuändern.
1. Die Klägerin kann die Kostenübernahme für die Durchtrennung des Nervus Latissimus beidseits von der Beklagten verlangen.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 5 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung u.a. auch die Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 3/03 R - und vom 28. September 2010 - B 1 KR 5/10 R - in juris). Eine Krankenbehandlung ist hierbei notwendig, wenn durch sie der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand behoben, gebessert, vor einer Verschlimmerung bewahrt wird oder Schmerzen und Beschwerden gelindert werden können (ständige Rechtsprechung seit BSGE 26, 240). Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (vgl. BSG, Urteil vom 09. Juni 1998 - B 1 KR 18/96 R -; Urteil vom 13. Juli 2004 - B 1 KR 11/04 R -; zuletzt Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 5/10 R -, alle in juris).
Die fehlende Durchtrennung des Nervus latissimus beidseits bei der Kläger stellt in diesem Sinne eine Krankheit dar. Bei der Klägerin kommt es bei forciertem Schürzengriff, der einer Provokation einer willkürlichen Anspannung des Muskulus latissimis dorsi korrespondiert, zu einer deutlichen Weichteilanspannung vor allem über den beiden oberen lateralen Quadranten beider Brüste rechts stärker als links. Außerdem tritt eine sichtbare Wulstbildung auf. Bei Armbewegungen bewegen sich die Brüste der Klägerin mit. Dies ergibt sich aus dem von Prof. Dr. S. erstatteten Gutachten vom 17. Februar 2006, das der Senat urkundenbeweislich verwertet, und den von Dr. Ma. und Prof. Dr. G. am 24. Mai 2007 bzw. 26. Juni 2007 erteilten sachverständigen Zeugenauskünften. Nach der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Ma. vom 24. Mai 2007 hat dies auch zur Folge, dass die Oberarme der Klägerin sehr schnell ermüden. Außerdem beklagt die Klägerin Missempfindungen. Dieser Zustand ist - auch wenn, wie vom SG zu Recht ausgeführt - die darüber hinaus von der Klägerin vorgebrachten Beschwerden in den Händen den Ausführungen von Prof. Dr. S. folgend nicht auf die fehlende Durchtrennung des Nervus latissimus zurückgeführt werden können, da der Muskulus latissimus dorsi nicht an den Händen, sondern am körpernahen Oberarmknochen ansetzt, behandlungsbedürftig durch die von der Klägerin erstrebte Operation, soweit die Durchtrennung des Nervus latissimus betroffen ist. Insoweit handelt es sich um einen regelwidrigen Zustand, der unmittelbar eines operativen Eingriffs bedarf. Dies entspricht auch der Empfehlung von Prof. Dr. S., der die fehlende Durchtrennung des Nervs zwar nicht als Behandlungsfehler erachtete, jedoch angesichts der bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden zu einer Durchtrennung des Nervs auf beiden Seiten riet. Die Durchtrennung des Nervs beseitigt auch den regelwidrigen von der Norm abweichenden Körperzustand bei der Klägerin. Es kommt durch die Operation nicht mehr zu muskulären Anspannungen im Bereich des Latissimus und auch nicht zu den von der Klägerin beklagten Missempfindungen in diesem Bereich.
2. Zu Recht hat die Beklagte indessen einen Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für eine operative Brustkorrektur beidseits abgelehnt. Hierauf hat die Klägerin unter Berücksichtigung der bereits dargelegten gesetzlichen Voraussetzungen der Kranken- und Krankenhausbehandlung keinen Anspruch.
Die Brüste der Klägerin sind - wie sich aus der dem Gutachten von Prof. Dr. S. beigefügten Fotodokumentation und den von Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 17. Februar 2006 aber auch von Dr. Ri. in seinem Gutachten vom 04. Mai 2005 erhobenen Befunden ergibt - asymmetrisch und ptotisch mit einer sichtbaren Hautfältelung und Unebenheiten der Kontur, rechts stärker ausgeprägt als links. Das Brustvolumen der Brüste ist beidseits, rechts wieder etwas ausgeprägter als links, in den beiden unteren Quadranten betont. An beiden Brüsten bestehen sichtbare Wulstbildungen, welche in Höhe des Übergangs zwischen den oberen und unteren lateralen Quadranten Richtung Achsel ziehen. Dies stellt unter Berücksichtigung der oben angeführten Rechtsprechung des BSG keine körperliche Anomalität dar, die als Krankheit im Sinne der Krankenversicherung zu bewerten wäre, da die Klägerin insoweit weder in ihren Körperfunktionen beeinträchtigt wird noch die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Unter dem Gesichtspunkt der körperlichen Fehlfunktion kann der Zustand der Klägerin schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil ihr die begehrte Behandlung auch im Erfolgsfall nur ein anderes Aussehen und keine natürlich gewachsenen funktionsgerechten Organe verschaffen würde (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 a.a.O.). Um eine äußerliche Entstellung handelt es sich ebenfalls nicht. Eine Entstellung setzt eine erhebliche Auffälligkeit voraus, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass seine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gefährdet ist (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 19/07 R in juris). Es muss sich um solche körperlichen Auffälligkeiten handeln, die sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar machen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 und 28. Februar 2008 a.a.O.). Ist der betroffene Körperteil üblicherweise durch Kleidung bedeckt, liegt in der Regel keine Entstellung vor. Unter diesen Voraussetzungen ist bei der Klägerin eine Entstellung durch die Brüste zu verneinen. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob die entblößten Brüste der Klägerin angesichts der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust unter Berücksichtigung dieser Vorgaben bereits als entstellend zu bewerten wären, denn entscheidend ist insoweit, dass sich die Brüste leicht durch Kleidung bedecken lassen und regelmäßig durch Kleidung bedeckt sind, so dass dem körperlichen Zustand der Klägerin keine entstellende Wirkung beizumessen ist.
Die Notwendigkeit des von der Klägerin begehrten operativen Eingriffs ergibt sich auch nicht wegen Abszessen oder Entzündungen. Solche bestehen nicht mehr. Ausweislich der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Ma. vom 24. Mai 2007 wurden seit Mai 2003 solche von ihm nicht mehr behandelt. Auch Prof. Dr. G. verneint in seiner Auskunft vom 26. Juni 2007 dies. Schließlich konnten Abszesse oder Entzündungen bei den durchgeführten Begutachten am 26. April 2005 (Dr. Ri.) bzw. 12. Dezember 2005 (Prof. Dr. S.) nicht festgestellt werden.
Auch die psychische Belastung der Klägerin rechtfertigt keinen operativen Eingriff zur Brustkorrektur auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Abgesehen davon, dass die von der Klägerin beklagten psychischen Probleme bisher noch keine psychiatrische Behandlung erforderlich gemacht haben und solche auch nach dem Klägervortrag erst drohen, rechtfertigen psychische Leiden keinen operativen Eingriff zur Brustkorrektur. Psychische Probleme wären durch entsprechende Therapiemöglichkeiten (psychotherapeutische bzw. psychiatrische Behandlung) anzugehen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 und 28. Februar 2008 a.a.O.).
Etwas anderes lässt sich auch nicht auf Hautprobleme der Klägerin stützen, nachdem Hautreizungen von den die Klägerin behandelnden und begutachtenden Ärzten nicht beschrieben wurden und solche angesichts der leichten Ptosis auch nicht naheliegen.
Die Beklagte muss die Klägerin schließlich auch nicht deshalb mit einer Brustkorrektur versorgen, weil die ursprünglichen Operationen vom 14. Dezember 2000 und 08. Mai 2001, bei denen die Milchdrüsen aus den Brüsten entfernt wurden und die Brust mit gestieltem Latissimus-dorsi-Lappen rekonstruiert wurde, noch nicht abgeschlossen sind. Dies ist nicht der Fall. Bei den Operationen wurden die Milchdrüsen entfernt und es wurde die Brust auch wieder aufgebaut. Dass die Klägerin mit dem durchgeführten Aufbau mit Hilfe des gestielten Latissimus-dorsi-Lappen nicht zufrieden ist, hat nicht zur Folge, dass die ursprünglichen Operationen nicht beendet sind und es sich hier um eine "Fortsetzung" der ersten Operationen handeln würde. Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht auf das Gutachten von Prof. Dr. S. stützen. Er hat in seinem Gutachten nur ausgeführt, dass sich bei den durchgeführten Operationen Straffungsoperationen verboten hätten, dass solche noch ausstünden, hat er jedoch nicht gesagt.
3. Ein Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten auf Übernahme der Kosten für die Herstellung der Brustwarzen besteht ebenfalls nicht. Zwar finden sich beidseits zirkuläre Narben am Rand der Brustwarzen, die teilweise pigmentiert sind. Auch ist die obere Hälfte des Brustwarzenhofes nach dem von Prof. Dr. S. erstatteten Gutachten rechts etwas heller pigmentiert als die übrige Warzenvorhofhaut rechts und links und die beiden Brustwarzen erscheinen auch relativ weit mittelständig, wobei die linke Brustwarze etwas mittelständiger als rechts ist. Darüber hinaus steht die Brustwarzenspitze links exzentrisch nach median kranial und der Areolendurchmesser ist rechts mit 50 mm etwas größer als links, wo er sich auf maximal 44 mm beläuft. Des Weiteren erschien die rechte Brustwarze bei der Untersuchung durch Prof. Dr. S. oben eingefallen. Ob hiermit Funktionsstörungen dergestalt, dass die Ernährung eines Säuglings erschwert oder unmöglich wäre, verbunden sind, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so wäre, könnte durch die Operation diese körperliche Fehlfunktion nicht korrigiert werden. Die Operation hätte nur ein anderes Aussehen der Brustwarzen zur Folge. Auch wegen einer äußeren Entstellung ist die Klägerin insoweit nicht als behandlungsbedürftig anzusehen. Es gilt dasselbe wie bereits im Hinblick auf die Brustkorrektur ausgeführt. Die Brustwarzen sind durch die Kleidung bedeckt. Die Auffälligkeit macht sich nicht quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar. Im Hinblick auf eine hierdurch verursachte psychische Belastung ist die Klägerin auch insoweit auf eine psychotherapeutische bzw. psychiatrische Behandlung zu verweisen. Ein etwaiges psychisches Leiden, das wie bereits ausgeführt, nicht belegt ist, kann den Anspruch auf Korrektur der Brustwarzen nicht begründen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin ein Viertel der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine beidseitige Operation zur Brustkorrektur, Herstellung der Brustwarzen und Durchtrennung des Nervus latissimus.
Die am 1970 geborene verheiratete Klägerin, die als Kassiererin beschäftigt ist, ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Nach der Geburt ihrer vier Kinder traten bei ihr ab 1995 zunächst Entzündungen der Brustdrüsen und ab 1997 chronisch rezidivierende Milchdrüsenabszesse auf beiden Seiten auf. Am 10. August 2000 erfolgte in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in L. die Entfernung eines Abszesses an der rechten Brust, in dessen Folge Schmerzen auftraten und eine Entzündung festgestellt wurde. Hierauf wurden der Klägerin ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. S., Universitätsklinik F., vom 17. Februar 2006 am 14. Dezember 2000 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Lu. die Milchdrüsen aus der rechten Brust entfernt. Anschließend wurde die Brust mit gestielten Latissimus-Dorsi-Lappen rekonstruiert und eine so genannte periareoläre oder zumindest intraaereoläre zirkuläre Straffung durchgeführt. Am 08. Mai 2001 wurde dieselbe Operation an der linken Brust durchgeführt. In diesem Zusammenhang wurde die rechte Brustwarze mit Transplantat der linken Brustwarze wiederhergestellt. Der Nervus thoracodorsalis wurde jeweils belassen und nicht durchtrennt. Die Kosten dieser Operationen trug die Beklagte. Am 02. Mai 2003 bildete sich erneut ein Abszess an der rechten Brust, weitere Abszesse traten am 20. Mai 2003 auf. Da die Klägerin mit den Operationsergebnissen nicht zufrieden war, klagte sie gegen die operierenden Ärzte vor dem Landgericht Frankenthal (4 O 247/04). Sie begehrte Schmerzensgeld und die Feststellung, dass die Behandler verpflichtet seien, ihr auch den materiellen Schaden zu erstatten. In diesem Verfahren erstattete u.a. Prof. Dr. S. das plastisch-chirurgische Gutachten vom 17. Februar 2006. Er fand bei der Untersuchung am 12. Dezember 2005 beidseits zirkuläre Narben am Rand der Brustwarzen, welche teilweise pigmentiert waren. Die beiden Brustwarzen erschienen relativ weit mittelständig, die linke Brustwarze etwas mittelständiger als rechts. Die Brustwarzenspitze stand links exzentrisch nach median kranial. Der Areolendurchmesser war rechts mit 50 mm etwas größer als links (maximal 44 mm). Die rechte Brustwarze erschien oben eingefallen. An beiden Brüsten fanden sich keinerlei aktive Entzündungszeichen und keine offenen Wunden oder Fisteln. Beide Brüste erschienen ptotisch mit einer sichtbaren Hautfältelung und Unebenheiten der Kontur, rechts ausgeprägter als links. Das Brustvolumen der leicht ptotischen Brüste war beidseits (rechts etwas ausgeprägter als links) in den beiden unteren Quadranten betont. An beiden Brüsten erkannte Prof. Dr. S. sichtbare Wulstbildungen, die Richtung Achsel zogen. Diese waren rechts stärker ausgeprägt und links nur sehr gering sichtbar. Bei forciertem Schützengriff kam es zu einer deutlichen Weichteilanspannung vor allem über den beiden oberen lateralen Quadranten beider Brüste, rechts wiederum stärker als links und es trat eine sichtbare Wulstbildung auf. Bei der Palpation der rechten Brust tastete Prof. Dr. S. zwei etwa walnussgroße, fibriotisch erscheinende Knotenbildungen im Unterhautgewebe, bei der Palpation der linken Brust fanden sich in der Umgebung des Warzenvorhofkomplexes eher diffuse knotige Veränderungen. Bei der Palpation gab die Klägerin jeweils Schmerzen an. Prof. Dr. S. kam zu dem Ergebnis, dass bei der Operation am 14. Dezember 2000 wahrscheinlich in sehr geringem Umfang Brustdrüsengewebe in der rechten Brust verblieben sei. Aus dieser Tatsache ergebe sich jedoch nicht das dringende Erfordernis für eine Revision. Da der Musculus latissimus dorsi nicht an den Händen, sondern am körpernahen Oberarmknochen ansetze, sei es prinzipiell unmöglich, diesen Muskel von den Händen abzutrennen. Die Abtrennung des Muskelursprungs von der oberen Extremität, sei nach den Operationsberichten erfolgt. Die Frage, ob der Nervus thoracodorsalis bei Verwendung des Latissimus zur Brustrekonstruktion durchtrennt werden soll, sei unter plastisch-chirurgischen Fachexperten divergent. Es sei bekannt, dass manche (sicher nicht alle) Patienten bei erhaltener Innervation zum einen unter den muskulären Anspannungen kosmetisch und zum anderen aber auch in Form von Missempfindungen litten. Es gäbe aber auch das Argument, dass der Muskel bewusst erhalten werde, damit er nicht atrophiere und dadurch an Volumen verliere. Die Erhaltung der Innervation sei damit nicht behandlungsfehlerhaft. Er würde wegen der Beschwerden der Klägerin aber zu einer Durchtrennung des Nervs auf beiden Seiten raten. Eine über die bei der ersten Operation durchgeführte Bruststraffung hinausgehendere invasivere Bruststraffung, wäre angesichts der Durchblutungssituation sicher fehlerhaft gewesen. Bei der zweiten Operation sei eine synchrone Straffungsoperation aus technischen und Sicherheitsgründen ausgeschlossen gewesen. Mit Urteil vom 27. September 2006 wies das Landgericht Frankenthal die Klage ab, da die Klägerin den Ärzten einen Behandlungsfehler nicht habe nachweisen können und auch die Aufklärung nicht fehlerhaft gewesen sei.
Unter Beifügung der Klageschrift an das Landgericht Frankenthal vom 07. Mai 2004, des Protokolls der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Frankenthal vom 11. Januar 2005 und einer Kostenaufstellung des Prof. Dr. G., Chefarzt des M.-Krankenhauses in F. vom 27. Januar 2005 (Operationskosten: EUR 3.100,00, Anästhesiekosten: ca. EUR 750,00, Kosten für Implantate: ca. EUR 1.500,00, Kosten für den präoperativen Tag: EUR 105,00, Klinikkosten: EUR 1.450,00; insgesamt EUR 6.905,00) beantragte die Klägerin am 03. Februar 2005 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer Operation zur Brustkorrektur und zur "Abtrennung der Muskel". Die Beklagte holte zunächst eine Auskunft bei Prof. Dr. G. ein. Dieser teilte unter dem 07. Februar 2005 mit, es finde sich bei der Klägerin derzeit eine Deformierung beider Brüste, welche einen erheblichen Krankheitswert darstelle. Des Weiteren würden die Brüste bei Armbewegungen infolge der Muskellappenrekonstruktion "springen" (Anführungszeichen im Original). Dies sei für die Klägerin derart beeinträchtigend, dass sie normale Tätigkeiten, welche die Schultergürtelmuskulatur beanspruchten, scheue. Die Korrektur sei deshalb dringend medizinisch notwendig. Erforderlich sei die Durchtrennung der Innervation der Latissimus-dorsi-Muskeln, eine Brustwarzen- und Brustwarzenvorhofkorrektur und ein Brustaufbau beidseits zur Herstellung und Symmetrierung des ehemaligen Erscheinungsbildes. Im Anschluss daran erhob die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten des Dr. Ri. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 04. Mai 2005. Dr. Ri. führte aus, es fänden sich asymmetrische Brüste, die Brustwarzen seien jeweils nicht zentral gelegen. Die Brüste seien zum Teil eingezogen. Die umgebende Haut liege schlaff über dem Brustaufbau. Bei Anspannung und Bewegungen der Arme komme es zu keiner wesentlichen Verschiebung der Muskellappen. Ein krankhafter Befund liege nicht vor. Im Vordergrund stünden kosmetische Probleme. Mit Bescheid vom 17. Mai 2005 lehnte die Beklagte hierauf eine Kostenübernahme ab. Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie trug vor, die medizinische Nachbehandlung/operative Versorgung sei medizinisch geboten. Im Bereich der Brust würden nach wie vor Vereiterungen auftreten. Im Rahmen dieser Behandlung sei der Latissimus zu durchtrennen. Aufgrund der fehlenden Durchtrennung des Latissimus habe sie "schwere Hände", teilweise auch Schmerzen in den Händen. Sie leide psychisch unter der Entstellung und es stelle für sie auch eine psychische Belastung dar, dass sich die Brust hebe, wenn der Latissimus in Aktion sei. Im Rahmen der Beseitigung der Ekzeme sei auch die überflüssige Haut zu entfernen. Die Brust bestehe lediglich aus einem "nicht ausgefüllten" (Anführungszeichen im Original) Hautlappen. Dieser liege auf der Brusthaut auf, hierdurch komme es zu Hautreizungen. Deshalb sei auch die Entfernung der überflüssigen Haut zur Vermeidung von Hautekzemen geboten. Der Aufbau der Brust habe nicht bei dem Ersteingriff stattfinden können, da das Entzündungsrisiko sich bei einem vollständigen Aufbau der Brust beim Ersteingriff erheblich erhöht hätte. Insgesamt handele es sich nicht um eine Schönheitsoperation, sondern um eine Nachbehandlung. Die Klägerin reichte ein ärztliches Attest des Praktischen Arztes Dr. Ma. vom 13. Juni 2005 nach. Danach wurde die Klägerin im Oktober 2003 wegen eines Abszesses von Dr. Ma. behandelt. Dr. Ma. führte weiter aus, insgesamt bestehe ein schlechtes kosmetisches Ergebnis mit Verdacht auf Restdrüsengewebe, ob eine erneute Operation notwendig sei, solle von einem Arzt beurteilt werden, der auf Mammaoperationen spezialisiert sei. Die Beklagte wandte sich erneut an den MDK, für den Dr. Le. in seinem nach Aktenlage erstatteten sozialmedizinischen Gutachten vom 22. Juni 2005 ausführte, weder bei der ersten Untersuchung durch den MDK am 26. April 2005 noch nach den Ausführungen von Prof. Dr. G. im Schreiben vom 07. Februar 2005 hätten bei der Klägerin akute Entzündungszeichen im Bereich der Brüste vorgelegen. Auch Dr. Ma. beschreibe in seinem ärztlichen Attest vom 13. Juni 2005 nur die Behandlung von Abszessen im Oktober 2003, jedoch keine aktuelleren Abszessgeschehen. Die medizinische Nachbehandlung/operative Versorgung sei damit nicht medizinisch geboten. Des Weiteren sei im Rahmen einer Behandlung einer Entzündung die Durchtrennung des Latissimus keine adäquate Therapie. Fähigkeitsstörungen lägen nicht vor. Eine Anfrage des MDK zur Erkrankung und zur Behandlung beantwortete Dr. Ma. nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2006 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Der Widerspruchsausschuss bezog sich auf die Gutachten des MDK.
Deswegen erhob die Klägerin am 04. Dezember 2006 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie führte unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens aus, bei ihr seien auch nach den Operationen in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in L. Vereiterungen der Brust aufgetreten, die auf in der Brust verbliebene Fäden zurückzuführen gewesen seien. Zwischenzeitlich seien die Fäden abgefallen, die Vereiterungen seien nicht mehr aufgetreten. Allerdings sei ihr eine unwillkürliche Kontraktion der Brust verblieben, da der Latissimus, der für den Aufbau verwendet worden sei, nach wie vor in Aktion sei. Dies sei für sie äußerst unangenehm. Im Arzthaftungsprozess sei gutachterlicherseits bestätigt worden, dass in einem solchen Fall die Durchtrennung des Nervus Latissimus medizinisch indiziert sei. Auch sei die Brust nicht sachgemäß aufgebaut. Die Haut hänge schlaff und faltig am Körper. Durch Entfernung überflüssigen Hautgewebes und Aufbau der Brust mit dem Bauchlappen oder einem anderen körpereigenen Gewebe sei die Brust in ihrer ursprünglichen Form herzustellen. Erst mit dieser abschließenden Operation sei ihre Heilbehandlung, die aufgrund der Vereiterung der Brüste erforderlich gewesen sei, abgeschlossen. Es handele sich nicht um eine Schönheitsoperation, mit der Operation müssten die Operationsfolgen korrigiert werden. Auch sei der Brustaufbau noch nicht abgeschlossen. Wenn die Brustkorrektur/Nachoperation nicht stattfinde, seien psychische Folgeerkrankungen zu erwarten.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von sozialmedizinischen Gutachten von Dr. d. R.-W. vom MDK vom 12. November und 05. Dezember 2007 entgegen. Dr. d. R.-W. führte jeweils aus, es liege kein krankhafter Befund bei der Klägerin vor. Kosmetische Aspekte stünden weiterhin im Vordergrund.
Das SG zog die Akte des Landgerichts Frankenthal 4 O 247/04 bei und entnahm der Akte das radiologische Zusatzgutachten des Prof. Dr. La., Universitätsklinik F., vom 25. Januar 2006 und das plastisch-chirurgische Gutachten des Prof. Dr. S. vom 17. Februar 2006 mit Fotodokumentation, die Niederschriften des Landgerichts Frankenthal über die durchgeführten Beweisaufnahmen und mit Ausnahme des Deckblatts das Urteil des Landgerichts Frankenthal. Außerdem erhob das SG schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen von Dr. Ma. und Prof. Dr. G ... Dr. Ma. teilte unter dem 24. Mai 2007 mit, dass die letzte Behandlung wegen einer Abszessbildung am 20. Mai 2003 erfolgt sei. Die Frage, ob aktuell noch Vereiterungen und Abszesse an der Brust sowie Hautreizungen aufgrund der Berührung der Bauchhaut mit der Brusthaut aufträten, verneinte er. Eine erneute kosmetische Rekonstruktion der Mamma beidseits sowie die Operation am Latissimus sei notwendig, da die Klägerin keine Tätigkeiten mehr durchführen könne, ohne dass sich die Mamma mitbewege, dabei würden die Oberarme sehr schnell ermüden. Prof. Dr. G. führte unter dem 26. Juni 2007 aus, er habe bei der Klägerin beidseits relativ kleine asymmetrische Brüste, eine Mammillendeviation links nach medial und insgesamt eine unregelmäßige Gestaltung durch die Latissimuslappen befundet. Des Weiteren lägen objektiv springende Brüste bei Armbewegungen vor. Vereiterungen und Abszesse der Brust träten aktuell nicht auf. Als Behandlungsmaßnahmen sei die Durchtrennung des Nervus thorako-dorsalis beidseits, die Korrektur des Mammillen-Areola-Komplexes und die Vergrößerung der Brüste beidseits durch Einlegen eines Brustimplantats und Verbesserung der Unregelmäßigkeit notwendig. Es handele sich nicht um eine ästhetische Operation, sondern eine medizinisch notwendige Korrektur. Ferner zog das SG die die Klägerin betreffenden Krankenunterlagen der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. bei.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2009 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenübernahme für die begehrte Brustoperation. Die bei der Klägerin bestehenden körperlichen Befunde stellten keine Krankheit dar. Es handele sich um ein optisch unschönes Ergebnis der durchgeführten Operationen. Funktionseinschränkungen bestünden jedoch nicht. Dies gelte auch im Hinblick auf das (Mit-)Bewegen der Brust bei der Anspannung bzw. Bewegung der Arme. Die vorgebrachten Beschwerden in den Händen könnten nach dem Gutachten von Prof. Dr. S. nicht mit Sicherheit auf die Operationen zurückgeführt werden, ein Zusammenhang erscheine danach eher unwahrscheinlich. Die geplante Operation, bei der u.a. der Nerv des Latissimus dorsi durchtrennt werden solle, sei daher nicht geeignet, die vorgetragenen Beschwerden an den Händen der Klägerin zu beseitigen oder zu lindern. Die Klägerin sei auch nicht wegen einer äußeren Entstellung behandlungsbedürftig. Die Schönheitsfehler an den Brüsten ließen sich leicht durch Kleidung bedecken. Auch das leichte Heben und Senken der Brust in Situationen, in denen die Klägerin die Arme bewege, stelle keine erhebliche Auffälligkeit dar. Wegen der angeführten psychischen Probleme komme eine Leistungspflicht der Beklagten ebenfalls nicht in Betracht. Psychische Beeinträchtigungen rechtfertigten regelmäßig keinen operativen Eingriff auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Schließlich sei als regelwidriger Zustand, der einen Anspruch auf eine Operation begründe, auch nicht auf die ursprünglich bestandene Vereiterung der Milchdrüsen abzustellen. Diese sei durch die Operationen im Jahr 2000 und 2001 erfolgreich behoben. Entzündungszeichen im Brustbereich bestünden nicht mehr.
Gegen den am 09. Juli 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06. August 2009 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie macht geltend, dass die Ursprungsbehandlung nicht abgeschlossen sei. Die Entfernung der Milchdrüsen habe dazu geführt, dass ihre Brust nahezu "leergeräumt" sei. Zur abschließenden und erfolgreichen Behandlung gehöre es nun, die Brust wiederaufzubauen. Der durchgeführte Brustaufbau mit dem Muskulus Latissimus dorsi sei nicht erfolgreich abgeschlossen. Es seien "Nacharbeiten" erforderlich (Anführungszeichen jeweils im Original). Aufgrund der fehlenden Durchtrennung des Nerves bewege sich die Brust bei Bewegungen des Armes willkürlich. Diese Brustzuckungen könnten ihr nicht zugemutet werden, zumal sie sie massiv belasteten. Im Übrigen liege bei ihr eine Entstellung vor, die schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen sich quasi im Vorbeigehen bemerkbar mache und die in der Folge zum sozialen Rückzug führe. In psychiatrischer Behandlung befinde sie sich nicht.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2005 zu verurteilen, ihr eine operative plastische Korrektur der Mammae beidseits, eine Durchtrennung des Nervus Latissimus beidseits und die Herstellung der Brustwarzen beidseits zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2009 und hat Arztbriefe des Prof. Dr. G. vom 12. Januar und 12. Juni 2001 über die am 14. Dezember 2000 und 08. Mai 2001 durchgeführten subcutanen Mastektomien und Sofortrekonstruktionen mit gestieltem Latissimus-Dorsi-Lappen vorgelegt.
Die Berichterstatterin hat den Sachverhalt am 09. November 2010 mit den Beteiligten erörtert. Einen hierbei geschlossener widerruflicher Vergleich, wonach die Beklagte die Kosten für die Durchtrennung des Nervus Latissimus auf beiden Seiten und den hierfür erforderlichen stationären Aufenthalt in einem zugelassenen Krankenhaus übernimmt, hat die Klägerin widerrufen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig; sie ist auch teilweise begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2006 ist zu einem Teil rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Zwar ist die Beklagte nicht verpflichtet, die Kosten für eine plastische Korrektur der Mammae beidseits und eine Korrektur der Brustwarzen beidseits zu übernehmen, sie ist jedoch verpflichtet, der Klägerin die Durchtrennung des Nervus Latissimus beidseits zu gewähren. Der Gerichtsbescheid des SG und der Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2006 waren deshalb entsprechend abzuändern.
1. Die Klägerin kann die Kostenübernahme für die Durchtrennung des Nervus Latissimus beidseits von der Beklagten verlangen.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 5 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung u.a. auch die Krankenhausbehandlung. Nach § 39 Abs. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (ständige Rechtsprechung, z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 3/03 R - und vom 28. September 2010 - B 1 KR 5/10 R - in juris). Eine Krankenbehandlung ist hierbei notwendig, wenn durch sie der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand behoben, gebessert, vor einer Verschlimmerung bewahrt wird oder Schmerzen und Beschwerden gelindert werden können (ständige Rechtsprechung seit BSGE 26, 240). Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (vgl. BSG, Urteil vom 09. Juni 1998 - B 1 KR 18/96 R -; Urteil vom 13. Juli 2004 - B 1 KR 11/04 R -; zuletzt Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 5/10 R -, alle in juris).
Die fehlende Durchtrennung des Nervus latissimus beidseits bei der Kläger stellt in diesem Sinne eine Krankheit dar. Bei der Klägerin kommt es bei forciertem Schürzengriff, der einer Provokation einer willkürlichen Anspannung des Muskulus latissimis dorsi korrespondiert, zu einer deutlichen Weichteilanspannung vor allem über den beiden oberen lateralen Quadranten beider Brüste rechts stärker als links. Außerdem tritt eine sichtbare Wulstbildung auf. Bei Armbewegungen bewegen sich die Brüste der Klägerin mit. Dies ergibt sich aus dem von Prof. Dr. S. erstatteten Gutachten vom 17. Februar 2006, das der Senat urkundenbeweislich verwertet, und den von Dr. Ma. und Prof. Dr. G. am 24. Mai 2007 bzw. 26. Juni 2007 erteilten sachverständigen Zeugenauskünften. Nach der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Ma. vom 24. Mai 2007 hat dies auch zur Folge, dass die Oberarme der Klägerin sehr schnell ermüden. Außerdem beklagt die Klägerin Missempfindungen. Dieser Zustand ist - auch wenn, wie vom SG zu Recht ausgeführt - die darüber hinaus von der Klägerin vorgebrachten Beschwerden in den Händen den Ausführungen von Prof. Dr. S. folgend nicht auf die fehlende Durchtrennung des Nervus latissimus zurückgeführt werden können, da der Muskulus latissimus dorsi nicht an den Händen, sondern am körpernahen Oberarmknochen ansetzt, behandlungsbedürftig durch die von der Klägerin erstrebte Operation, soweit die Durchtrennung des Nervus latissimus betroffen ist. Insoweit handelt es sich um einen regelwidrigen Zustand, der unmittelbar eines operativen Eingriffs bedarf. Dies entspricht auch der Empfehlung von Prof. Dr. S., der die fehlende Durchtrennung des Nervs zwar nicht als Behandlungsfehler erachtete, jedoch angesichts der bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden zu einer Durchtrennung des Nervs auf beiden Seiten riet. Die Durchtrennung des Nervs beseitigt auch den regelwidrigen von der Norm abweichenden Körperzustand bei der Klägerin. Es kommt durch die Operation nicht mehr zu muskulären Anspannungen im Bereich des Latissimus und auch nicht zu den von der Klägerin beklagten Missempfindungen in diesem Bereich.
2. Zu Recht hat die Beklagte indessen einen Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für eine operative Brustkorrektur beidseits abgelehnt. Hierauf hat die Klägerin unter Berücksichtigung der bereits dargelegten gesetzlichen Voraussetzungen der Kranken- und Krankenhausbehandlung keinen Anspruch.
Die Brüste der Klägerin sind - wie sich aus der dem Gutachten von Prof. Dr. S. beigefügten Fotodokumentation und den von Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 17. Februar 2006 aber auch von Dr. Ri. in seinem Gutachten vom 04. Mai 2005 erhobenen Befunden ergibt - asymmetrisch und ptotisch mit einer sichtbaren Hautfältelung und Unebenheiten der Kontur, rechts stärker ausgeprägt als links. Das Brustvolumen der Brüste ist beidseits, rechts wieder etwas ausgeprägter als links, in den beiden unteren Quadranten betont. An beiden Brüsten bestehen sichtbare Wulstbildungen, welche in Höhe des Übergangs zwischen den oberen und unteren lateralen Quadranten Richtung Achsel ziehen. Dies stellt unter Berücksichtigung der oben angeführten Rechtsprechung des BSG keine körperliche Anomalität dar, die als Krankheit im Sinne der Krankenversicherung zu bewerten wäre, da die Klägerin insoweit weder in ihren Körperfunktionen beeinträchtigt wird noch die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Unter dem Gesichtspunkt der körperlichen Fehlfunktion kann der Zustand der Klägerin schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil ihr die begehrte Behandlung auch im Erfolgsfall nur ein anderes Aussehen und keine natürlich gewachsenen funktionsgerechten Organe verschaffen würde (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 a.a.O.). Um eine äußerliche Entstellung handelt es sich ebenfalls nicht. Eine Entstellung setzt eine erhebliche Auffälligkeit voraus, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass seine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gefährdet ist (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 19/07 R in juris). Es muss sich um solche körperlichen Auffälligkeiten handeln, die sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar machen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 und 28. Februar 2008 a.a.O.). Ist der betroffene Körperteil üblicherweise durch Kleidung bedeckt, liegt in der Regel keine Entstellung vor. Unter diesen Voraussetzungen ist bei der Klägerin eine Entstellung durch die Brüste zu verneinen. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob die entblößten Brüste der Klägerin angesichts der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust unter Berücksichtigung dieser Vorgaben bereits als entstellend zu bewerten wären, denn entscheidend ist insoweit, dass sich die Brüste leicht durch Kleidung bedecken lassen und regelmäßig durch Kleidung bedeckt sind, so dass dem körperlichen Zustand der Klägerin keine entstellende Wirkung beizumessen ist.
Die Notwendigkeit des von der Klägerin begehrten operativen Eingriffs ergibt sich auch nicht wegen Abszessen oder Entzündungen. Solche bestehen nicht mehr. Ausweislich der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Ma. vom 24. Mai 2007 wurden seit Mai 2003 solche von ihm nicht mehr behandelt. Auch Prof. Dr. G. verneint in seiner Auskunft vom 26. Juni 2007 dies. Schließlich konnten Abszesse oder Entzündungen bei den durchgeführten Begutachten am 26. April 2005 (Dr. Ri.) bzw. 12. Dezember 2005 (Prof. Dr. S.) nicht festgestellt werden.
Auch die psychische Belastung der Klägerin rechtfertigt keinen operativen Eingriff zur Brustkorrektur auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Abgesehen davon, dass die von der Klägerin beklagten psychischen Probleme bisher noch keine psychiatrische Behandlung erforderlich gemacht haben und solche auch nach dem Klägervortrag erst drohen, rechtfertigen psychische Leiden keinen operativen Eingriff zur Brustkorrektur. Psychische Probleme wären durch entsprechende Therapiemöglichkeiten (psychotherapeutische bzw. psychiatrische Behandlung) anzugehen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2004 und 28. Februar 2008 a.a.O.).
Etwas anderes lässt sich auch nicht auf Hautprobleme der Klägerin stützen, nachdem Hautreizungen von den die Klägerin behandelnden und begutachtenden Ärzten nicht beschrieben wurden und solche angesichts der leichten Ptosis auch nicht naheliegen.
Die Beklagte muss die Klägerin schließlich auch nicht deshalb mit einer Brustkorrektur versorgen, weil die ursprünglichen Operationen vom 14. Dezember 2000 und 08. Mai 2001, bei denen die Milchdrüsen aus den Brüsten entfernt wurden und die Brust mit gestieltem Latissimus-dorsi-Lappen rekonstruiert wurde, noch nicht abgeschlossen sind. Dies ist nicht der Fall. Bei den Operationen wurden die Milchdrüsen entfernt und es wurde die Brust auch wieder aufgebaut. Dass die Klägerin mit dem durchgeführten Aufbau mit Hilfe des gestielten Latissimus-dorsi-Lappen nicht zufrieden ist, hat nicht zur Folge, dass die ursprünglichen Operationen nicht beendet sind und es sich hier um eine "Fortsetzung" der ersten Operationen handeln würde. Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht auf das Gutachten von Prof. Dr. S. stützen. Er hat in seinem Gutachten nur ausgeführt, dass sich bei den durchgeführten Operationen Straffungsoperationen verboten hätten, dass solche noch ausstünden, hat er jedoch nicht gesagt.
3. Ein Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten auf Übernahme der Kosten für die Herstellung der Brustwarzen besteht ebenfalls nicht. Zwar finden sich beidseits zirkuläre Narben am Rand der Brustwarzen, die teilweise pigmentiert sind. Auch ist die obere Hälfte des Brustwarzenhofes nach dem von Prof. Dr. S. erstatteten Gutachten rechts etwas heller pigmentiert als die übrige Warzenvorhofhaut rechts und links und die beiden Brustwarzen erscheinen auch relativ weit mittelständig, wobei die linke Brustwarze etwas mittelständiger als rechts ist. Darüber hinaus steht die Brustwarzenspitze links exzentrisch nach median kranial und der Areolendurchmesser ist rechts mit 50 mm etwas größer als links, wo er sich auf maximal 44 mm beläuft. Des Weiteren erschien die rechte Brustwarze bei der Untersuchung durch Prof. Dr. S. oben eingefallen. Ob hiermit Funktionsstörungen dergestalt, dass die Ernährung eines Säuglings erschwert oder unmöglich wäre, verbunden sind, kann dahingestellt bleiben. Denn auch wenn dem so wäre, könnte durch die Operation diese körperliche Fehlfunktion nicht korrigiert werden. Die Operation hätte nur ein anderes Aussehen der Brustwarzen zur Folge. Auch wegen einer äußeren Entstellung ist die Klägerin insoweit nicht als behandlungsbedürftig anzusehen. Es gilt dasselbe wie bereits im Hinblick auf die Brustkorrektur ausgeführt. Die Brustwarzen sind durch die Kleidung bedeckt. Die Auffälligkeit macht sich nicht quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar. Im Hinblick auf eine hierdurch verursachte psychische Belastung ist die Klägerin auch insoweit auf eine psychotherapeutische bzw. psychiatrische Behandlung zu verweisen. Ein etwaiges psychisches Leiden, das wie bereits ausgeführt, nicht belegt ist, kann den Anspruch auf Korrektur der Brustwarzen nicht begründen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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