Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 405/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 89/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 17/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 03. Februar 2000 (Az.: S 2 KR 405/96) wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Risikostrukturausgleich für das Jahr 1995.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 16.10.1996 die für die Berechnung des Jahresausgleichs 1995 maßgeblichen Verhältniswerte bekanntgegeben (35. Bekanntmachung zum Risikostrukturausgleich). Mit der 38. Bekanntmachung zum Risikostrukturausgleich vom 04.12.1996 wurden weitere Berechnungsfaktoren mitgeteilt.
Die Beklagte hat dann mit Bescheid vom 04.12.1996 den Jahresausgleich nach § 19 der Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) für das Kalenderjahr 1995 berechnet und zugleich KVdR-Beiträge nach § 255 Abs.4 SGB V abgerechnet. Bei einem Beitragsbedarf von 1.485.560.769,21 DM einerseits und beitragspflichtigen Einnahmen von 14.985.759.791,00 DM andererseits hat sie einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 94.512.304.850,00 DM gefordert. Als Ausgleichsbetrag KVdR-Beiträge errechnete sie 2.220.008,31 DM und bat um Überweisung des Ausleichsbetrag von insgesamt 92.292.296,54 DM spätestens am 18.12.1996 an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). Dieser Bescheid galt für den Bereich West.
Für den Bereich Ost forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid ebenfalls vom 04.12.1996 bei einem Beitragsbedarf von 47.221.797,13 DM einen Ausgleichsbetrag Risikostrukturausgleich von 12.406.275,43 DM und einen Ausgleichsbetrag KVdR von 1.307.204,24 DM. Auch diese Gesamtsumme von 13.713.479,67 DM sollte bis spätestens 18.12.1996 an die BfA bezahlt werden.
Mit der gegen diese Bescheide erhobenen Klage zum Sozialgericht München machte die Klägerin geltend, die Bescheide seien deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte ihre Ermittlungspflicht verletzt habe. Die Versicherungszeiten von Familienversicherten seien unzureichend ermittelt. Im Gegensatz zu ihr hätten andere Kassen weder den Versichertenbestand bereinigt noch zeitnahe Meldungen abgegeben. Da der Gesetzgeber keinen bestimmten Zeitpunkt für die Durchführung eines Jahresausgleichs vorgesehen habe, hätte der Ausgleich 1995 nicht im Dezember 1996 errechnet werden müssen bzw. dürfen. Die Beklagte habe ihre Ermittlungspflicht auch bei der Höhe der standardisierten Leistungsausgaben verletzt. Sie hätte zudem die durchgeführten Erhebungen bezüglich ihrer Plausibilität überprüfen und ggf. korrigieren müssen.
Schließlich sei der Bescheid der Beklagten vom 04.12.1996 (Bereich West) auch insoweit rechtswidrig, als ein Ausgleichsbetrag KVdR-Beiträge von 2.220.008,13 DM festgesetzt war. Eine Neuentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts sei erforderlich. Zwischen Klägerin und Beklagter sei streitig, welcher Aufteilungssatz KVdR (Position 15) bei der Berechnung des Ausgleichsbetrags KVdR-Beiträge (Position 19) zugrunde gelegt werden müsse. Den unterschiedlichen Auffassungen liege nicht nur eine unterschiedliche Auslegung des § 255 Abs.4 SGB V zugrunde. Streitig sei auch, welcher Beitragssatz anzuwenden sei. Die Klägerin habe der Beklagten mit Schreiben vom 26.04.1995 mitgeteilt, sie werde ab Juli 1995 als kassenindividuellen Beitragssatz den ab 01.05.1995 geltenden Beitragssatz von 12.2 v.H. (West) ansetzen. Nachdem ihr die Beklagte mit Schreiben vom 08.05.1995 mitgeteilt hatte, sie werde diese Verfahrensweise tolerieren, habe sie ab 01.07.1995 ihrer Abrechnung einen Beitragssatz von 12,2 % zugrunde gelegt. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 08.05.1995 handele es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, den die Beklagte nicht zurücknehmen könne. Auf jeden Fall sei die gesetzliche Neuregelung des § 255 Abs.4 SGB V wegen Rückwirkung nichtig.
Die Beklagte erwiderte darauf, es handele sich nicht um eine echte Rückwirkung. Auf jeden Fall wäre auch eine echte Rückwirkung aus verfassungsrechtlicher Sicht als zulässig anzusehen, da ein Vertrauensschutz für die Klägerin nicht bestanden habe. Die durch das 3. SGB V-Änderungsgesetz erfolgte Regelung sei bereits im Jahr 1994 allgemein als erforderlich angesehen worden.
Die Beklagte habe auch die Verhältniswerte nach § 5 RSAV richtig ermittelt. Sie sei insbesondere ihren Verpflichtungen zur Verbesserung der Stichprobenergebnisse gemäß § 267 Abs.3 SGB V nachgekommen. Der Vortrag der Klägerin zu den Versicherungszeiten könne nicht überzeugen. Es sei nicht ihre Aufgabe, jede einzelne Versicherungszeit im Hinblick auf das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen zu überprüfen. Ihre Überprüfungen seien ausreichend gewesen, nach dem Willen des Gesetzgebers sei der Jahresausgleich zeitnah durchzuführen. Fehler könnten im nächsten Ausgleichsverfahren berücksichtigt werden.
Nachdem die Beklagte den vom Sozialgericht in der Sitzung vom 24.02.1997 gemachten Vergleichsvorschlag nicht angenommen hatte, berichteten die Beteiligten in einer weiteren Sitzung vom 08.09.1997 über die Datenlage bei den Familienversicherungszeiten.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 25.09.1997 den Antrag der Klägerin auf Aussetzung der Vollziehung der streitgegenständlichen Bescheide abgewiesen (Az.: S 2 Vr 191/96 KR). Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde vom LSG mit Beschluss vom 13.02.1998 (L 4 B 431/97 KR VR) zurückgewiesen.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 11.02.1999 den Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1997 und die KVdR-Beiträge nach § 255 Abs.4 SGB V berechnet. In die Berechnung eingeflossen ist die Korrektur des Beitragsbedarfs aus den Vorjahren. In Anlage 2 zu diesem Bescheid führte sie aus, im Benehmen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen werde gemäß § 25 Abs.4 Satz 2 RSAV die Fälligkeit der auf die Korrekturjahre (1994 bis 1996) entfallenden Ausgleichszahlungen auf die Jahresausgleiche 1997 bis 1999 verteilt.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 11.12.1998 Verzugszinsen und Säumniszuschläge aus den Risikostrukturausgleichsbeträgen für den vorläufigen Jahresausgleich 1994, den endgültigen Jahresausgleich 1994 und den Jahresausgleich 1995 sowie aus den monatlichen Ausgleichsbeträgen 1996 und der KVdR-Differenzen 1995 und 1996 - Bereiche West und Ost - berechnet und der Klägerin zur Zahlung gestellt.
Auf Anforderung des Sozialgericht legte die Beklagte Datenmaterial unter anderem auch zu dem Familienversicherungszeiten anderer Kassen vor. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 03.02.2000 wurden die Unterlagen auch der Beklagten vorgelegt und mit den Beteiligten erörtert.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 03. Februar 2000 abgewiesen. Es hat die Klage lediglich insoweit für zulässig erachtet, als die Klägerin (hilfsweise) beantragt hat, die Rechtswidrigkeit der Bescheide der Beklagten vom 04.12.1996 festzustellen. Die Anfechtungsanträge seien wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Bescheide, mit denen der Risikostrukturausgleich für das Kalenderjahr 1995 festgestellt worden ist, hätten sich dadurch erledigt, dass die Beklagte im Bescheid über den Risikostrukturausgleich 1997 Korrekturen für das Kalenderjahr 1995 durchgeführt habe. Damit seien die Rechtswirkungen der Feststellung der Bescheide für das Jahr 1995 weggefallen.
Der Anfechtungsantrag gegen die 35. und 38. Bekanntmachung zum Risikostrukturausgleich sei bereits deswegen unzulässig, weil den Bekanntmachungen nicht der Charakter einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 31 SGB X zukomme.
Der zulässige Hilfsantrag sei unbegründet, die Bescheide der Beklagten vom 04.12.1996 seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Es habe keine Verpflichtung bestanden, die Klägerin vor Erlass der Bescheide gemäß § 24 Abs.1 SGB X anzuhören. Die Beklagte habe auch nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 20 Abs.1 SGB X verstoßen. Die Beklagte habe in ausreichendem Umfang und in der nötigen Intensität ihrer Ermittlungspflicht im Hinblick auf die streitgegenständlichen Bescheide genügt. Dies habe bereits der 4. Senat BayLSG im Beschluss vom 13.02.1998 festgestellt. Die Beklagte habe ausreichende Prüfungen vorgenommen. Die im Wege einer repräsentativen Stichprobe vorgenommene Überprüfung der nicht anonymisierten Daten der Prüfberichte zur Grundbereinigung der Familienversichertenzeiten anderer Kassen ergebe im Gegensatz zur Auffassung des Vorstandsvorsitzenden der Klägerin, dass die Datenlage korrekt sei.
Hinsichtlich des Ausgleichsbetrages für die KVdR ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die einschlägigen Bestimmungen der §§ 255 Abs.4 und 247 Abs.3 SGB V im Einklang mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland stehen. Es liege zwar eine echte Rückwirkung durch Anwendung des Gesetzes ab dem 01.01.1995 vor, das Vertrauen der Klägerin sei jedoch nicht schutzwürdig. Die Klägerin könne sich auch nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 08.05.1995 stützen. Dieser Bescheid stehe in Bezug zum Schreiben vom 26.04.1995. Es werde damit lediglich verbindlich geregelt, dass der Vorgang aufsichtlich toleriert werde. Eine Präjudizwirkung auf eventuelle Auswirkungen des KVdR-Ausgleiches im Rahmen des Risikostrukturausgleichsverfahrens sei dem Bescheid nicht zu entnehmen. Das SG wies weiter auf die Korrekturvorschriften des § 266 Abs.6 Satz 7 SGB V hin. Weil die Funktionsfähigkeit des Systems der medizinischen Versorgung der Versicherten und die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ein hochrangiges Verfassungsgut sei, bedeute dies, dass die Klägerin ihrer Zahlungsverpflichtung im Risikostrukturausgleichsverfahren nachkommen müsse, sie aber auf lange Sicht keine gravierenden Nachteile hinnehmen werde, da sachliche oder rechnerische Fehler für die Zukunft ausgeglichen werden. Eine entsprechende Korrektur des streitgegenständlichen Kalenderjahres 1995 sei bereits erfolgt.
Mit der hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihre Ziel auf Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide weiter. In der mündlichen Verhandlung am 31.01.2002 verzichtet sie auf eine Überprüfung ihrer Ausführungen zum Charakter der Bekanntmachungen als Verwaltungsakte sowie zur Unterlassung der Anhörung. Außerdem trägt sie grundrechtliche Bedenken nicht mehr vor. Auch auf die Überprüfung der Bescheide, soweit sie die standartisierten Leistungsausgaben bzw. die ihnen zu Grunde gelegten Daten betreffen, wird verzichtet. In der für diesen Punkt bereits anhängigen Revision der Techniker Krankenkasse gegen die Beklagte verpflichtet sich die Beklagte, der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts folgend die auch hier streitgegenständlichen Bescheide zu überprüfen.
Die Klägerin hält die Klage für zulässig. Die Rechtswirkungen der Feststellung der Bescheide für das Jahr 1995 seien entgegen der Auffassung des Sozialgerichts München nicht weggefallen. Weder dem Wortlaut der streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten noch durch Auslegung sei zu entnehmen, dass die streitgegenständlichen Bescheide insoweit aufgehoben, ersetzt bzw. abgeändert werden sollten, als durch sie Zahlungsverpflichtungen ab dem 04.12.1996 in einer bestimmten Höhe begründet wurden. Die Bescheide der Beklagten zum Jahresausgleich 1997 enthielten lediglich die Korrektur eines Rechenwertes, nämlich des Beitragsbedarfs der Ausgleichsjahre 1994 bis 1996 für die Zukunft. Es sei auch juristisch nicht nachvollziehbar, wenn jedes Mal dann, wenn nach Klageerhebung ein Jahresausgleichsbescheid folge, in dem Korrekturen lediglich von Rechenwerten des angefochtenen Jahresausgleichsbescheides vorgenommen wurden, eine Klage gegen den Jahresausgleich des Vorjahres unzulässig würde, andererseits eine Kasse aber zunächst gezwungen würde, Klage zu erheben, um den Eintritt der Bestandskraft des Ausgleichsbescheides zu verhindern. Andererseits müsste, die Richtigkeit der Auffassung des Sozialgerichts unterstellt, ein nachfolgender Ausgleichsbescheid, in dem Korrekturen von Rechenwerten für die Vorjahre vorgenommen wurden, in die Klage gegen den Ausgleichsbescheid eines Vorjahres miteinbezogen werden nach § 96 SGG, was aber nicht geschieht bzw. nicht geschehen ist. Dies würde angesichts der zeitlich unbegrenzten möglichen Korrekturen in den Folgebescheiden dazu führen, dass die Kassen letztendlich rechtsschutzlos gestellt würden, weil sie immer gegen weitere nachfolgende Jahresausgleichsbescheide klagen müssten und über Jahre hinaus aufgrund des Korrektursystems keine gerichtliche Entscheidung gefällt würde.
Zur Begründetheit der Klage führt die Klägerin aus, dadurch, dass sie der Beklagten zutreffende Familienversicherungsjahre gemeldet habe, sei ihr ein Verlust entstanden. Diesen Verlust hätte sie vermieden, wenn sie, wie andere Kassen auch, ihre Datenlage nicht bereinigt, sondern den vorher bekannten Bestand gemeldet hätte. Nach ihren Vorstellungen sollte deshalb die Beklagte dafür Sorge tragen, dass alle Kassen für die Jahre 1994 und 1995 eine korrekte Grundbereinigung vornehmen und die Beklagte die daraus gewonnenen Daten dazu benutzt, den Ausgleich von Beginn an neu zu berechnen. Hiervon erwarte sie sich eine Rückzahlung.
Familienversicherungszeiten von Krankenkassen, die keine Bestandsbereinigung (Grundbereinigung) ihres Familienversicherungsverzeichnisses durchgeführt hatten, dürften bei der Durchführung des jeweiligen Jahresausgleichs nicht berücksichtigt werden. Die Familienversicherungszeiten seien für alle Familienversicherten mit Null anzusetzen. Die Bestandsbereinigung sei unabdingbare Voraussetzung dafür, dass das Kriterium der zeitnahen Meldung im Sinne des § 3 Abs.3 Satz 2, 3 RSAV überhaupt erfüllt sein könne. Die Beklagte hätte hierfür intensivere Ermittlungen anstellen müssen. Sie selbst habe ihren Familienversicherungsbestand kontinuierlich gepflegt. Art und Umfang der Ermittlungen stünden zwar grundsätzlich im Ermessen der Beklagten, vorliegend habe die Beklagte jedoch ausreichend Anhaltspunkte dafür, dass eine erhebliche Zahl von Krankenkassen über kein bestandsbereinigtes Familienversichertenverzeichnis verfügte. Die daraufhin angestellten Ermittlungen hätten nicht den Vorstellungen entsprochen, die die Klägerin bezüglich der Ermittlungen umfangreich darlegt. Die Beklagte könne sich zur Begründung ihrer Auffassung, dass eine jährliche Durchführung des Jahresausgleichs ohne Berücksichtigung der Datenqualität und den diesbezüglichen Stand der Ermittlungen notwendig sei, nicht auf die Korrekturvorschriften des § 266 Abs.6 Satz 7 SGB V berufen.
Zum Ausgleichsbetrag KVdR-Beiträge hält die Klägerin ihren Vorwurf, dass § 247 Abs.3 SGB V verfassungswidrige Rückwirkung entfalte, nicht mehr aufrecht. Sie bleibt jedoch bei ihrer Auffassung, sie habe ab 01.07.1995 zutreffend der Abrechnung einen Beitragssatz von 12,2 % zugrunde gelegt. Es habe sich dabei um ihren ab 01.05.1995 geltenden individuellen Beitragssatz gehandelt. Die Beklagte habe ihr mit Schreiben vom 08.05.1995 auf ihre diesbezügliche Mitteilung vom 26.04.1995 geschrieben, sie werde diese Verfahrensweise tolerieren. An diese Aussage sei die Beklagte gebunden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 03.02.2000 und die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten vom 04.12. 1996, 1996, V 2 - 5582 - IK 1084.332.48, V 5 - 5582 - IK 1082.238.58 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass die Bescheide rechtswidrig gewesen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält des Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Bezüglich der Familienversicherungszeiten habe das Sozialgericht unter Bezugnahme auf den Beschluss des 4. Senats BayLSG vom 13.02.1998 festgestellt, dass die Beklagte in ausreichendem Umfang und in der nötigen Intensität ihrer Ermittlungspflicht im Hinblick auf die streitgegenständlichen Bescheide nachgekommen sei. Die Mitverantwortung der Beklagten konzentriere sich vor allem auf die Plausibilitätskontrolle der von den Spitzenverbänden gelieferten und von der Beklagte für alle beteiligten Kassenarten zusammenzustellenden Daten mit Hilfe verfügbarer Vergleichsstatistiken. Die Ermittlungen der Beklagten hätten zu einer ständigen Verbesserung der Validität der Daten geführt. Von den konkreten Prüfpflichten sei die Durchführung der Prüfungen zur Grundreinigung der Familienversichertenverzeichnisse zu unterscheiden. Hierzu habe sie den Prüfdienst Krankenversicherung beauftragt, eine Untersuchung auf Bundesebene durchzuführen. Umfangreiche Korrekturen seien das Ergebnis der Bemühungen gewesen. Die Vorstellungen der Klägerin sowohl zur Art der Ermittlungen wie zu der Bewertung der Nachweise seien weder realisierbar noch dem Gesetz entsprechend.
Die Argumentation der Klägerin vermöge auch in Hinblick auf den Ausgleichsbetrag für den Ausgleich der Krankenversicherung der Rentner nicht zu überzeugen. Hinsichtlich der Bewertung des Schreibens der Beklagten vom 8. Mai 1995 schließt sich die Beklagte den überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Urteil an.
Die Beklagte legt auch Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.08.2001, (Az.: L 5 KR 109/99) sowie vom 23.10.2001 (Az.: L 5 KR 15/00), betreffend die Jahresausgleiche für die Kalenderjahre 1994 und 1995 sowie die Abrechnung der Beiträge der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) für das Jahr 1995 vor. Außerdem verweist sie auf das Urteil des LSG Hamburg vom 15.01. 2002 (Az.: L 1 KR 18/98).
Der Inhalt der Akten des Sozialgericht sowie des Senats wurden ebenso wie der der beigezogenen Akten S 2 VR 191/96 KR und L 4 B 431/97 KR VR zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, deren Wert des Beschwerdegegenstands DM 1.000,00 übertrifft (§ 144 Abs.1 SGG), geltendes Recht im Zeitpunkt der Berufungseinlegung), ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.
Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtsmäßig. Wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung hat anklingen lassen, war die gegen diese Bescheide erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs.1 Satz 1 SGG) im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Sozialgericht zulässig. Die Bescheide haben sich entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht durch den Bescheid vom 11.02.1999 erledigt. Dieser Bescheid enthält zwar auch eine Korrektur des Beitragsbedarfs aus den Vorjahren (unter anderem aus 1995), diese Korrekturen wirken sich jedoch nur auf den Beitragsbedarf des Ausgleichsjahres (1997) aus. Sie sind lediglich ein Rechnungsposten bei der Feststellung des aktuellen Beitragsbedarfs. Aus § 266 Abs.6 Satz 7 SGB V, wonach Fehler, die nach Abschluss der Ermittlungen in den Berechnungsgrundlagen festgestellt werden, beim nächsten Ausgleichsverfahren nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen sind, ergibt sich, dass die Neuberechnung des Beitragsbedarfs für vorangegangene Jahre nicht den bereits durchgeführten Jahresausgleich ändert. (Siehe auch Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.08.2001, Az.: L 5 KR 109/99). Im Übrigen ist auch der Klägerin zuzustimmen, wenn sie ausführt, die Rechtsauffassung des Sozialgerichts müsste zur Folge haben, dass der Bescheid vom 11.02.1999 gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens gegen die Erstbescheide werden müsste. Dies ist nicht so gehandhabt worden, die Klage den Bescheid vom 11.02.1999 war vielmehr beim SG Köln anhängig.
Die Klägerin begehrt materiell vom Senat nur noch die Überprüfung, ob die streitgegenständlichen Bescheide deshalb rechtswidrig sind, weil die Familienversichertenzeiten nicht ordnungsgemäß berücksichtigt wurden und im Bereich West die KVdR-Ausgleichbeträge falsch berechnet sind.
Die Bescheide verletzten weder §§ 266, 267 SGB V noch die Risikostrukturausgleichsverordnungen. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 17.06.1996 - L 4 B 100/96 KR VR ausgeführt, dass die Beklagte bei ihrer Pflicht zur Durchführung des Risikostrukturausgleichs (§ 266 Abs.5 Satz 1 SGB V) eine eigene Ermittlungspflicht trifft. § 266 Abs.5 Satz 3 SGB V bestimmt nämlich, dass das Bundesversicherungsamt zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen kann. Dem Wortlaut nach enthält diese gesetzliche Bestimmung eine Ermessensvorschrift. Das Ermessen ist aber nicht frei, sondern muss pflichtgemäß ausgeübt werden. Es verdichtet sich zu einer Ermittlungspflicht der Beklagten, wenn Anhaltspunkte für nicht zeitnahe Meldungen der Familienversicherten vorliegen. Es liegt ein Ermessensmissbrauch immer dann nahe, wenn eine Verwaltungsbehörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist und nicht alle wesentlichen Umstände ermittelt hat (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 54 Rdnr.29a). Dieser Beschluss des Senats vom 16.06.1996 hat die Beklagte veranlasst, im Bereich der Familienversicherungszeiten Ermittlungen aufzunehmen. Der Senat hat hierzu im Beschluss vom 13.02.1998 - L 4 B 431/97 VR KR ausgeführt, dass die Beklagte die beteiligten Krankenkassen in zahlreichen Schreiben auf die ordnungsgemäße Durchführung bzw. Mitwirkung bei den Ermittlungen hingewiesen habe. Außerdem hat sie mit Schreiben vom 25.07.1996 eine Bestandsbereinigung des Familienversichertenverzeichnisses für den Zeitraum ab 01.01.1994 sowie eine Bestandspflege dieser Daten angeordnet. Sie hat darüber hinaus im Rahmen eines Pilotprojektes im 3. und 4. Quartal 1996 bei den Krankenkassen der Region Ulm die Grundbereinigung des Versichertenbestandes zum 01.01.1994 sowie die Bestandspflege überprüft. Damit hat sie der ihr in § 266 Abs.5 Satz 3 SGB V auferlegten Pflicht Genüge getan. Es ist darüber hinaus weder Aufgabe der Gerichte noch der Klägerin, der Beklagten die Einzelheiten ihrer Überprüfungs- und Aufklärungsmaßnahmen vorzuschreiben.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die streitgegenständlichen Bescheide nicht deshalb rechtswidrig, weil Familienversicherungszeiten unzulänglich festgestellt sind. Die Beklagte bestreitet nicht, dass auch im Jahr 1996 noch nicht davon ausgegangen werden konnte, sämtliche am Risikostrukturausgleich beteiligten Krankenkassen hätten ihren Bestand der Familienversicherten durch eine Grundbereinigung ordnungsgemäß festgestellt. Diese nach Auffassung der Klägerin immer noch nicht valide Datenlage hat jedoch nicht die Beklagte zu verantworten. Der Gesetzgeber regelt in § 267 Abs.2 SGB V die Verpflichtung der Krankenkassen, jährlich zum 1. Oktober die Zahl der Mitglieder und der nach § 10 versicherten Familienangehörigen nach Altersgruppen mit Altersabständen von fünf Jahren, getrennt nach Mitgliedergruppen und Geschlecht zu erheben. Zur Überprüfung der Plausibilität und Vollständigkeit der Daten sind dann die Spitzenverbände der Krankenkassen zuständig, die diese Daten an die Beklagte weiterleiten (§ 3 Abs.4 Satz 2 Risikostrukturausgleichsverordnung - RSAV -). Die von der Klägerin vorgetragene Tatsache, die die Beklagte nicht bestreitet, dass nicht alle am Risikostrukturausgleich beteiligten Krankenkassen die Daten ordentlich ermitteln bzw. an einer ordnungsgemäßen Feststellung der Familienversichertenzeiten überhaupt interessiert sind, hat der Gesetzgeber nicht übersehen. Er hat als Rechtsfolge der Berücksichtigung unzureichender bzw. falscher Daten jedoch nicht, wie es die Klägerin fordert, die Rechtswidrigkeit und damit Aufhebbarkeit der die Ausgleichsforderung feststellenden Bescheide normiert, sondern Korrekturen in der Zukunft. Dies ergibt sich aus § 266 Abs.6 SGB V. Nach dessen Satz 3 ist nach Ablauf des Kalenderjahres der Beitragsbedarf und die Finanzkraft jeder Krankenkasse vom BVA aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und dem zum 01.10. dieses Jahres erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten Krankenkassen zu ermitteln. Nach Satz 7 hat das BVA sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen der Werte nach Satz 3 bei Ermittlung beim nächsten Ausgleichsverfahren nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Diese Korrekturen sind zu Gunsten der Klägerin in die Ausgleichsbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 eingeflossen, die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 11.01. 1999 Klage zum Sozialgericht Köln erhoben, das die Korrekturen wiederum überprüft hat. Damit bleibt kein Raum für die von der Klägerin gewünschte Neuberechnung des Risikostrukturausgleichs für die Jahre 1994 und 1995. Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten, eine solche Neuberechnung sei nicht nur nicht gesetzlich möglich ist, sondern auch vom tatsächlichen Aufwand und den Kosten her unverhältnismäßig.
Diese Korrekturmöglichkeit und Verpflichtung präzisiert die Verordnung über das Verfahren zum Risikostrukturausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung (RSAV). Nach § 3 Abs.5 in der Fassung der zweiten Risikoausgleichsänderungsverordnung vom 22.10.1997 (BGBl.I, 2494) wird ausdrücklich festgelegt, dass Korrekturen in den Versicherungszeiten auch bei der Berechnung des Beitragsbedarfs im nächsten Jahresausgleich nach den dafür geltenden Vorschriften berücksichtigt werden können. § 25 RSAV erweitert dann die Korrekturmöglichkeit für die Jahre 1994, 1995 und 1996 im Jahresausgleich 1997. Diese Korrektur hat die Beklagte im (hier nicht streitgegenständlichen) Bescheid vom 11.02.1999 und in den anschließenden Bescheiden vorgenommen. Damit steht fest, dass zumindest für die Anfangsjahre des Risikostrukturausgleichs der Rechtsschutz der Klägerin bezüglich insoweit fehlerhafter untreffend ermittelter Versichertenjahre anderer Kassen Bescheide durch die nachträgliche Korrektur ausreichend gewährleistet ist.
Der Bescheid der Beklagten vom 04.12.1996 (Az.: V 2 - 5582 - IK 1084.332.48) ist auch insoweit rechtmäßig, als er den Ausgleichsbedarf KVdR-Beiträge betrifft. Die Klägerin hat ihrer Berechnung in der Zeit vom 01.07.1995 bis 31.12.1995 den falschen und für sie günstigeren Beitragssatz zu Grunde gelegt. Sie kann diese gesetzwidrige Berechnungsweise auch nicht auf einen begünstigenden Verwaltungsakte der Beklagten stützen.
Die Forderung der Beklagten ergibt sich aus § 255 Abs.4 Satz 2 SGB V. Danach verrechnen die Krankenkassen die Beitragsforderungen, die sie gemäß § 255 Abs.1 SGB V gegen die BfA aus Beiträgen versicherungspflichtiger Rentner haben, mit ihren Verpflichtungen im Risikostrukturausgleich. Durch den zu hoch angesetzten Beitragssatz hat die Klägerin zu viel verrechnet. Die Klägerin kann die von ihr zum 01.05.1995 vorgenommene Beitragserhöhung auf 12,2 % nicht ab 01.07.1995 ihrer Abrechnung zugrunde legen. Dieser Beitragssatz gilt nämlich für die Bemessung der Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung erst ab 01.07.1996. Dies ergibt sich aus § 247 Abs.1 Satz 2 SGB V. Danach gilt der am 01.01. geltende Beitragssatz jeweil vom 01.07. des laufenden Kalenderjahres bis zum 30.06. des folgenden Kalenderjahres. Das bedeutet, für das ganze Kalenderjahr 1995 ist der am 01.01.1995 geltende Beitragssatz von 11 v.H. anzusetzen. Warum die Beitragssatzanhebung zum 01.05. 1995 erfolgte und nicht bereits früher, ist bei der Feststellung des geltenden Beitragssatzes nicht zu berücksichtigen.
Daran ändert auch das Schreiben der Beklagten vom 08.05.1995 an die Klägerin nichts, denn es ist kein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. Danach ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Das Schreiben vom 08.05.1995 ist im Zusammenhang mit dem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 26.04.1995 zu beurteilen. In diesem Schreiben teilt die Klägerin unter anderem mit, sie werde ab Juli 1995 als kassenindividuellen Beitragssatz den ab 01.05.1995 geltenden Beitragssatz der Siemens Betriebskrankenkasse von 12,2 v.H. (West) ansetzen. Sie begründet ihr Vorgehen damit, dass sie ihren Beitragssatz schon ab 01.01.1995 auf 12,2 v.H. hätte erhöhen müssen, wenn die gesetzliche Regelung rechtzeitig zum 01.01.1995 ohne Rückwirkung in Kraft getreten wäre. Haushaltsrechtliche Gründe hätten sie an der Erhöhung zum 01.01.1995 gehindert. Die Erhöhung sei rechtsaufsichtlich gewürdigt und genehmigt worden. Wenn die Beklagte daraufhin im Schreiben vom 08.05.1995 schreibt, sie toleriere diese Verfahrensweise, sieht der Senat hierin keine Verfügung oder Entscheidung der Beklagten. Entschieden hat vielmehr die Klägerin, nämlich dass sie nicht dem Gesetz entsprechend vorgehen werde. Das Tolerieren dieses Vorgehens kann nur so verstanden werden, dass ein momentaner Zustand bis zu seiner Überprüfung vorübergehend hingenommen wird, also direkt keine ausdrückliche Regelung i.S. eines Verwaltungsakts ergeht. Diese Überprüfung erfolgte dann im (nicht streitgegenständlichen) Bescheid vom 28.05.1996 und erneut im streitgegenständlichen Bescheid. Das Vorgehen der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen der Klägerin.
Wegen der Bedeutung der Rechtssache lässt der Senat die Revision zu (§ 160 Abs.1 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Risikostrukturausgleich für das Jahr 1995.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 16.10.1996 die für die Berechnung des Jahresausgleichs 1995 maßgeblichen Verhältniswerte bekanntgegeben (35. Bekanntmachung zum Risikostrukturausgleich). Mit der 38. Bekanntmachung zum Risikostrukturausgleich vom 04.12.1996 wurden weitere Berechnungsfaktoren mitgeteilt.
Die Beklagte hat dann mit Bescheid vom 04.12.1996 den Jahresausgleich nach § 19 der Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) für das Kalenderjahr 1995 berechnet und zugleich KVdR-Beiträge nach § 255 Abs.4 SGB V abgerechnet. Bei einem Beitragsbedarf von 1.485.560.769,21 DM einerseits und beitragspflichtigen Einnahmen von 14.985.759.791,00 DM andererseits hat sie einen Ausgleichsbetrag in Höhe von 94.512.304.850,00 DM gefordert. Als Ausgleichsbetrag KVdR-Beiträge errechnete sie 2.220.008,31 DM und bat um Überweisung des Ausleichsbetrag von insgesamt 92.292.296,54 DM spätestens am 18.12.1996 an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). Dieser Bescheid galt für den Bereich West.
Für den Bereich Ost forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid ebenfalls vom 04.12.1996 bei einem Beitragsbedarf von 47.221.797,13 DM einen Ausgleichsbetrag Risikostrukturausgleich von 12.406.275,43 DM und einen Ausgleichsbetrag KVdR von 1.307.204,24 DM. Auch diese Gesamtsumme von 13.713.479,67 DM sollte bis spätestens 18.12.1996 an die BfA bezahlt werden.
Mit der gegen diese Bescheide erhobenen Klage zum Sozialgericht München machte die Klägerin geltend, die Bescheide seien deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte ihre Ermittlungspflicht verletzt habe. Die Versicherungszeiten von Familienversicherten seien unzureichend ermittelt. Im Gegensatz zu ihr hätten andere Kassen weder den Versichertenbestand bereinigt noch zeitnahe Meldungen abgegeben. Da der Gesetzgeber keinen bestimmten Zeitpunkt für die Durchführung eines Jahresausgleichs vorgesehen habe, hätte der Ausgleich 1995 nicht im Dezember 1996 errechnet werden müssen bzw. dürfen. Die Beklagte habe ihre Ermittlungspflicht auch bei der Höhe der standardisierten Leistungsausgaben verletzt. Sie hätte zudem die durchgeführten Erhebungen bezüglich ihrer Plausibilität überprüfen und ggf. korrigieren müssen.
Schließlich sei der Bescheid der Beklagten vom 04.12.1996 (Bereich West) auch insoweit rechtswidrig, als ein Ausgleichsbetrag KVdR-Beiträge von 2.220.008,13 DM festgesetzt war. Eine Neuentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts sei erforderlich. Zwischen Klägerin und Beklagter sei streitig, welcher Aufteilungssatz KVdR (Position 15) bei der Berechnung des Ausgleichsbetrags KVdR-Beiträge (Position 19) zugrunde gelegt werden müsse. Den unterschiedlichen Auffassungen liege nicht nur eine unterschiedliche Auslegung des § 255 Abs.4 SGB V zugrunde. Streitig sei auch, welcher Beitragssatz anzuwenden sei. Die Klägerin habe der Beklagten mit Schreiben vom 26.04.1995 mitgeteilt, sie werde ab Juli 1995 als kassenindividuellen Beitragssatz den ab 01.05.1995 geltenden Beitragssatz von 12.2 v.H. (West) ansetzen. Nachdem ihr die Beklagte mit Schreiben vom 08.05.1995 mitgeteilt hatte, sie werde diese Verfahrensweise tolerieren, habe sie ab 01.07.1995 ihrer Abrechnung einen Beitragssatz von 12,2 % zugrunde gelegt. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 08.05.1995 handele es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, den die Beklagte nicht zurücknehmen könne. Auf jeden Fall sei die gesetzliche Neuregelung des § 255 Abs.4 SGB V wegen Rückwirkung nichtig.
Die Beklagte erwiderte darauf, es handele sich nicht um eine echte Rückwirkung. Auf jeden Fall wäre auch eine echte Rückwirkung aus verfassungsrechtlicher Sicht als zulässig anzusehen, da ein Vertrauensschutz für die Klägerin nicht bestanden habe. Die durch das 3. SGB V-Änderungsgesetz erfolgte Regelung sei bereits im Jahr 1994 allgemein als erforderlich angesehen worden.
Die Beklagte habe auch die Verhältniswerte nach § 5 RSAV richtig ermittelt. Sie sei insbesondere ihren Verpflichtungen zur Verbesserung der Stichprobenergebnisse gemäß § 267 Abs.3 SGB V nachgekommen. Der Vortrag der Klägerin zu den Versicherungszeiten könne nicht überzeugen. Es sei nicht ihre Aufgabe, jede einzelne Versicherungszeit im Hinblick auf das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen zu überprüfen. Ihre Überprüfungen seien ausreichend gewesen, nach dem Willen des Gesetzgebers sei der Jahresausgleich zeitnah durchzuführen. Fehler könnten im nächsten Ausgleichsverfahren berücksichtigt werden.
Nachdem die Beklagte den vom Sozialgericht in der Sitzung vom 24.02.1997 gemachten Vergleichsvorschlag nicht angenommen hatte, berichteten die Beteiligten in einer weiteren Sitzung vom 08.09.1997 über die Datenlage bei den Familienversicherungszeiten.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 25.09.1997 den Antrag der Klägerin auf Aussetzung der Vollziehung der streitgegenständlichen Bescheide abgewiesen (Az.: S 2 Vr 191/96 KR). Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde vom LSG mit Beschluss vom 13.02.1998 (L 4 B 431/97 KR VR) zurückgewiesen.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 11.02.1999 den Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1997 und die KVdR-Beiträge nach § 255 Abs.4 SGB V berechnet. In die Berechnung eingeflossen ist die Korrektur des Beitragsbedarfs aus den Vorjahren. In Anlage 2 zu diesem Bescheid führte sie aus, im Benehmen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen werde gemäß § 25 Abs.4 Satz 2 RSAV die Fälligkeit der auf die Korrekturjahre (1994 bis 1996) entfallenden Ausgleichszahlungen auf die Jahresausgleiche 1997 bis 1999 verteilt.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 11.12.1998 Verzugszinsen und Säumniszuschläge aus den Risikostrukturausgleichsbeträgen für den vorläufigen Jahresausgleich 1994, den endgültigen Jahresausgleich 1994 und den Jahresausgleich 1995 sowie aus den monatlichen Ausgleichsbeträgen 1996 und der KVdR-Differenzen 1995 und 1996 - Bereiche West und Ost - berechnet und der Klägerin zur Zahlung gestellt.
Auf Anforderung des Sozialgericht legte die Beklagte Datenmaterial unter anderem auch zu dem Familienversicherungszeiten anderer Kassen vor. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 03.02.2000 wurden die Unterlagen auch der Beklagten vorgelegt und mit den Beteiligten erörtert.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 03. Februar 2000 abgewiesen. Es hat die Klage lediglich insoweit für zulässig erachtet, als die Klägerin (hilfsweise) beantragt hat, die Rechtswidrigkeit der Bescheide der Beklagten vom 04.12.1996 festzustellen. Die Anfechtungsanträge seien wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Bescheide, mit denen der Risikostrukturausgleich für das Kalenderjahr 1995 festgestellt worden ist, hätten sich dadurch erledigt, dass die Beklagte im Bescheid über den Risikostrukturausgleich 1997 Korrekturen für das Kalenderjahr 1995 durchgeführt habe. Damit seien die Rechtswirkungen der Feststellung der Bescheide für das Jahr 1995 weggefallen.
Der Anfechtungsantrag gegen die 35. und 38. Bekanntmachung zum Risikostrukturausgleich sei bereits deswegen unzulässig, weil den Bekanntmachungen nicht der Charakter einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 31 SGB X zukomme.
Der zulässige Hilfsantrag sei unbegründet, die Bescheide der Beklagten vom 04.12.1996 seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Es habe keine Verpflichtung bestanden, die Klägerin vor Erlass der Bescheide gemäß § 24 Abs.1 SGB X anzuhören. Die Beklagte habe auch nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 20 Abs.1 SGB X verstoßen. Die Beklagte habe in ausreichendem Umfang und in der nötigen Intensität ihrer Ermittlungspflicht im Hinblick auf die streitgegenständlichen Bescheide genügt. Dies habe bereits der 4. Senat BayLSG im Beschluss vom 13.02.1998 festgestellt. Die Beklagte habe ausreichende Prüfungen vorgenommen. Die im Wege einer repräsentativen Stichprobe vorgenommene Überprüfung der nicht anonymisierten Daten der Prüfberichte zur Grundbereinigung der Familienversichertenzeiten anderer Kassen ergebe im Gegensatz zur Auffassung des Vorstandsvorsitzenden der Klägerin, dass die Datenlage korrekt sei.
Hinsichtlich des Ausgleichsbetrages für die KVdR ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die einschlägigen Bestimmungen der §§ 255 Abs.4 und 247 Abs.3 SGB V im Einklang mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland stehen. Es liege zwar eine echte Rückwirkung durch Anwendung des Gesetzes ab dem 01.01.1995 vor, das Vertrauen der Klägerin sei jedoch nicht schutzwürdig. Die Klägerin könne sich auch nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 08.05.1995 stützen. Dieser Bescheid stehe in Bezug zum Schreiben vom 26.04.1995. Es werde damit lediglich verbindlich geregelt, dass der Vorgang aufsichtlich toleriert werde. Eine Präjudizwirkung auf eventuelle Auswirkungen des KVdR-Ausgleiches im Rahmen des Risikostrukturausgleichsverfahrens sei dem Bescheid nicht zu entnehmen. Das SG wies weiter auf die Korrekturvorschriften des § 266 Abs.6 Satz 7 SGB V hin. Weil die Funktionsfähigkeit des Systems der medizinischen Versorgung der Versicherten und die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ein hochrangiges Verfassungsgut sei, bedeute dies, dass die Klägerin ihrer Zahlungsverpflichtung im Risikostrukturausgleichsverfahren nachkommen müsse, sie aber auf lange Sicht keine gravierenden Nachteile hinnehmen werde, da sachliche oder rechnerische Fehler für die Zukunft ausgeglichen werden. Eine entsprechende Korrektur des streitgegenständlichen Kalenderjahres 1995 sei bereits erfolgt.
Mit der hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihre Ziel auf Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide weiter. In der mündlichen Verhandlung am 31.01.2002 verzichtet sie auf eine Überprüfung ihrer Ausführungen zum Charakter der Bekanntmachungen als Verwaltungsakte sowie zur Unterlassung der Anhörung. Außerdem trägt sie grundrechtliche Bedenken nicht mehr vor. Auch auf die Überprüfung der Bescheide, soweit sie die standartisierten Leistungsausgaben bzw. die ihnen zu Grunde gelegten Daten betreffen, wird verzichtet. In der für diesen Punkt bereits anhängigen Revision der Techniker Krankenkasse gegen die Beklagte verpflichtet sich die Beklagte, der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts folgend die auch hier streitgegenständlichen Bescheide zu überprüfen.
Die Klägerin hält die Klage für zulässig. Die Rechtswirkungen der Feststellung der Bescheide für das Jahr 1995 seien entgegen der Auffassung des Sozialgerichts München nicht weggefallen. Weder dem Wortlaut der streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten noch durch Auslegung sei zu entnehmen, dass die streitgegenständlichen Bescheide insoweit aufgehoben, ersetzt bzw. abgeändert werden sollten, als durch sie Zahlungsverpflichtungen ab dem 04.12.1996 in einer bestimmten Höhe begründet wurden. Die Bescheide der Beklagten zum Jahresausgleich 1997 enthielten lediglich die Korrektur eines Rechenwertes, nämlich des Beitragsbedarfs der Ausgleichsjahre 1994 bis 1996 für die Zukunft. Es sei auch juristisch nicht nachvollziehbar, wenn jedes Mal dann, wenn nach Klageerhebung ein Jahresausgleichsbescheid folge, in dem Korrekturen lediglich von Rechenwerten des angefochtenen Jahresausgleichsbescheides vorgenommen wurden, eine Klage gegen den Jahresausgleich des Vorjahres unzulässig würde, andererseits eine Kasse aber zunächst gezwungen würde, Klage zu erheben, um den Eintritt der Bestandskraft des Ausgleichsbescheides zu verhindern. Andererseits müsste, die Richtigkeit der Auffassung des Sozialgerichts unterstellt, ein nachfolgender Ausgleichsbescheid, in dem Korrekturen von Rechenwerten für die Vorjahre vorgenommen wurden, in die Klage gegen den Ausgleichsbescheid eines Vorjahres miteinbezogen werden nach § 96 SGG, was aber nicht geschieht bzw. nicht geschehen ist. Dies würde angesichts der zeitlich unbegrenzten möglichen Korrekturen in den Folgebescheiden dazu führen, dass die Kassen letztendlich rechtsschutzlos gestellt würden, weil sie immer gegen weitere nachfolgende Jahresausgleichsbescheide klagen müssten und über Jahre hinaus aufgrund des Korrektursystems keine gerichtliche Entscheidung gefällt würde.
Zur Begründetheit der Klage führt die Klägerin aus, dadurch, dass sie der Beklagten zutreffende Familienversicherungsjahre gemeldet habe, sei ihr ein Verlust entstanden. Diesen Verlust hätte sie vermieden, wenn sie, wie andere Kassen auch, ihre Datenlage nicht bereinigt, sondern den vorher bekannten Bestand gemeldet hätte. Nach ihren Vorstellungen sollte deshalb die Beklagte dafür Sorge tragen, dass alle Kassen für die Jahre 1994 und 1995 eine korrekte Grundbereinigung vornehmen und die Beklagte die daraus gewonnenen Daten dazu benutzt, den Ausgleich von Beginn an neu zu berechnen. Hiervon erwarte sie sich eine Rückzahlung.
Familienversicherungszeiten von Krankenkassen, die keine Bestandsbereinigung (Grundbereinigung) ihres Familienversicherungsverzeichnisses durchgeführt hatten, dürften bei der Durchführung des jeweiligen Jahresausgleichs nicht berücksichtigt werden. Die Familienversicherungszeiten seien für alle Familienversicherten mit Null anzusetzen. Die Bestandsbereinigung sei unabdingbare Voraussetzung dafür, dass das Kriterium der zeitnahen Meldung im Sinne des § 3 Abs.3 Satz 2, 3 RSAV überhaupt erfüllt sein könne. Die Beklagte hätte hierfür intensivere Ermittlungen anstellen müssen. Sie selbst habe ihren Familienversicherungsbestand kontinuierlich gepflegt. Art und Umfang der Ermittlungen stünden zwar grundsätzlich im Ermessen der Beklagten, vorliegend habe die Beklagte jedoch ausreichend Anhaltspunkte dafür, dass eine erhebliche Zahl von Krankenkassen über kein bestandsbereinigtes Familienversichertenverzeichnis verfügte. Die daraufhin angestellten Ermittlungen hätten nicht den Vorstellungen entsprochen, die die Klägerin bezüglich der Ermittlungen umfangreich darlegt. Die Beklagte könne sich zur Begründung ihrer Auffassung, dass eine jährliche Durchführung des Jahresausgleichs ohne Berücksichtigung der Datenqualität und den diesbezüglichen Stand der Ermittlungen notwendig sei, nicht auf die Korrekturvorschriften des § 266 Abs.6 Satz 7 SGB V berufen.
Zum Ausgleichsbetrag KVdR-Beiträge hält die Klägerin ihren Vorwurf, dass § 247 Abs.3 SGB V verfassungswidrige Rückwirkung entfalte, nicht mehr aufrecht. Sie bleibt jedoch bei ihrer Auffassung, sie habe ab 01.07.1995 zutreffend der Abrechnung einen Beitragssatz von 12,2 % zugrunde gelegt. Es habe sich dabei um ihren ab 01.05.1995 geltenden individuellen Beitragssatz gehandelt. Die Beklagte habe ihr mit Schreiben vom 08.05.1995 auf ihre diesbezügliche Mitteilung vom 26.04.1995 geschrieben, sie werde diese Verfahrensweise tolerieren. An diese Aussage sei die Beklagte gebunden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 03.02.2000 und die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten vom 04.12. 1996, 1996, V 2 - 5582 - IK 1084.332.48, V 5 - 5582 - IK 1082.238.58 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass die Bescheide rechtswidrig gewesen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält des Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Bezüglich der Familienversicherungszeiten habe das Sozialgericht unter Bezugnahme auf den Beschluss des 4. Senats BayLSG vom 13.02.1998 festgestellt, dass die Beklagte in ausreichendem Umfang und in der nötigen Intensität ihrer Ermittlungspflicht im Hinblick auf die streitgegenständlichen Bescheide nachgekommen sei. Die Mitverantwortung der Beklagten konzentriere sich vor allem auf die Plausibilitätskontrolle der von den Spitzenverbänden gelieferten und von der Beklagte für alle beteiligten Kassenarten zusammenzustellenden Daten mit Hilfe verfügbarer Vergleichsstatistiken. Die Ermittlungen der Beklagten hätten zu einer ständigen Verbesserung der Validität der Daten geführt. Von den konkreten Prüfpflichten sei die Durchführung der Prüfungen zur Grundreinigung der Familienversichertenverzeichnisse zu unterscheiden. Hierzu habe sie den Prüfdienst Krankenversicherung beauftragt, eine Untersuchung auf Bundesebene durchzuführen. Umfangreiche Korrekturen seien das Ergebnis der Bemühungen gewesen. Die Vorstellungen der Klägerin sowohl zur Art der Ermittlungen wie zu der Bewertung der Nachweise seien weder realisierbar noch dem Gesetz entsprechend.
Die Argumentation der Klägerin vermöge auch in Hinblick auf den Ausgleichsbetrag für den Ausgleich der Krankenversicherung der Rentner nicht zu überzeugen. Hinsichtlich der Bewertung des Schreibens der Beklagten vom 8. Mai 1995 schließt sich die Beklagte den überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts im angegriffenen Urteil an.
Die Beklagte legt auch Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.08.2001, (Az.: L 5 KR 109/99) sowie vom 23.10.2001 (Az.: L 5 KR 15/00), betreffend die Jahresausgleiche für die Kalenderjahre 1994 und 1995 sowie die Abrechnung der Beiträge der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) für das Jahr 1995 vor. Außerdem verweist sie auf das Urteil des LSG Hamburg vom 15.01. 2002 (Az.: L 1 KR 18/98).
Der Inhalt der Akten des Sozialgericht sowie des Senats wurden ebenso wie der der beigezogenen Akten S 2 VR 191/96 KR und L 4 B 431/97 KR VR zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, deren Wert des Beschwerdegegenstands DM 1.000,00 übertrifft (§ 144 Abs.1 SGG), geltendes Recht im Zeitpunkt der Berufungseinlegung), ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.
Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtsmäßig. Wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung hat anklingen lassen, war die gegen diese Bescheide erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs.1 Satz 1 SGG) im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Sozialgericht zulässig. Die Bescheide haben sich entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht durch den Bescheid vom 11.02.1999 erledigt. Dieser Bescheid enthält zwar auch eine Korrektur des Beitragsbedarfs aus den Vorjahren (unter anderem aus 1995), diese Korrekturen wirken sich jedoch nur auf den Beitragsbedarf des Ausgleichsjahres (1997) aus. Sie sind lediglich ein Rechnungsposten bei der Feststellung des aktuellen Beitragsbedarfs. Aus § 266 Abs.6 Satz 7 SGB V, wonach Fehler, die nach Abschluss der Ermittlungen in den Berechnungsgrundlagen festgestellt werden, beim nächsten Ausgleichsverfahren nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen sind, ergibt sich, dass die Neuberechnung des Beitragsbedarfs für vorangegangene Jahre nicht den bereits durchgeführten Jahresausgleich ändert. (Siehe auch Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.08.2001, Az.: L 5 KR 109/99). Im Übrigen ist auch der Klägerin zuzustimmen, wenn sie ausführt, die Rechtsauffassung des Sozialgerichts müsste zur Folge haben, dass der Bescheid vom 11.02.1999 gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens gegen die Erstbescheide werden müsste. Dies ist nicht so gehandhabt worden, die Klage den Bescheid vom 11.02.1999 war vielmehr beim SG Köln anhängig.
Die Klägerin begehrt materiell vom Senat nur noch die Überprüfung, ob die streitgegenständlichen Bescheide deshalb rechtswidrig sind, weil die Familienversichertenzeiten nicht ordnungsgemäß berücksichtigt wurden und im Bereich West die KVdR-Ausgleichbeträge falsch berechnet sind.
Die Bescheide verletzten weder §§ 266, 267 SGB V noch die Risikostrukturausgleichsverordnungen. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 17.06.1996 - L 4 B 100/96 KR VR ausgeführt, dass die Beklagte bei ihrer Pflicht zur Durchführung des Risikostrukturausgleichs (§ 266 Abs.5 Satz 1 SGB V) eine eigene Ermittlungspflicht trifft. § 266 Abs.5 Satz 3 SGB V bestimmt nämlich, dass das Bundesversicherungsamt zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen kann. Dem Wortlaut nach enthält diese gesetzliche Bestimmung eine Ermessensvorschrift. Das Ermessen ist aber nicht frei, sondern muss pflichtgemäß ausgeübt werden. Es verdichtet sich zu einer Ermittlungspflicht der Beklagten, wenn Anhaltspunkte für nicht zeitnahe Meldungen der Familienversicherten vorliegen. Es liegt ein Ermessensmissbrauch immer dann nahe, wenn eine Verwaltungsbehörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist und nicht alle wesentlichen Umstände ermittelt hat (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 54 Rdnr.29a). Dieser Beschluss des Senats vom 16.06.1996 hat die Beklagte veranlasst, im Bereich der Familienversicherungszeiten Ermittlungen aufzunehmen. Der Senat hat hierzu im Beschluss vom 13.02.1998 - L 4 B 431/97 VR KR ausgeführt, dass die Beklagte die beteiligten Krankenkassen in zahlreichen Schreiben auf die ordnungsgemäße Durchführung bzw. Mitwirkung bei den Ermittlungen hingewiesen habe. Außerdem hat sie mit Schreiben vom 25.07.1996 eine Bestandsbereinigung des Familienversichertenverzeichnisses für den Zeitraum ab 01.01.1994 sowie eine Bestandspflege dieser Daten angeordnet. Sie hat darüber hinaus im Rahmen eines Pilotprojektes im 3. und 4. Quartal 1996 bei den Krankenkassen der Region Ulm die Grundbereinigung des Versichertenbestandes zum 01.01.1994 sowie die Bestandspflege überprüft. Damit hat sie der ihr in § 266 Abs.5 Satz 3 SGB V auferlegten Pflicht Genüge getan. Es ist darüber hinaus weder Aufgabe der Gerichte noch der Klägerin, der Beklagten die Einzelheiten ihrer Überprüfungs- und Aufklärungsmaßnahmen vorzuschreiben.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die streitgegenständlichen Bescheide nicht deshalb rechtswidrig, weil Familienversicherungszeiten unzulänglich festgestellt sind. Die Beklagte bestreitet nicht, dass auch im Jahr 1996 noch nicht davon ausgegangen werden konnte, sämtliche am Risikostrukturausgleich beteiligten Krankenkassen hätten ihren Bestand der Familienversicherten durch eine Grundbereinigung ordnungsgemäß festgestellt. Diese nach Auffassung der Klägerin immer noch nicht valide Datenlage hat jedoch nicht die Beklagte zu verantworten. Der Gesetzgeber regelt in § 267 Abs.2 SGB V die Verpflichtung der Krankenkassen, jährlich zum 1. Oktober die Zahl der Mitglieder und der nach § 10 versicherten Familienangehörigen nach Altersgruppen mit Altersabständen von fünf Jahren, getrennt nach Mitgliedergruppen und Geschlecht zu erheben. Zur Überprüfung der Plausibilität und Vollständigkeit der Daten sind dann die Spitzenverbände der Krankenkassen zuständig, die diese Daten an die Beklagte weiterleiten (§ 3 Abs.4 Satz 2 Risikostrukturausgleichsverordnung - RSAV -). Die von der Klägerin vorgetragene Tatsache, die die Beklagte nicht bestreitet, dass nicht alle am Risikostrukturausgleich beteiligten Krankenkassen die Daten ordentlich ermitteln bzw. an einer ordnungsgemäßen Feststellung der Familienversichertenzeiten überhaupt interessiert sind, hat der Gesetzgeber nicht übersehen. Er hat als Rechtsfolge der Berücksichtigung unzureichender bzw. falscher Daten jedoch nicht, wie es die Klägerin fordert, die Rechtswidrigkeit und damit Aufhebbarkeit der die Ausgleichsforderung feststellenden Bescheide normiert, sondern Korrekturen in der Zukunft. Dies ergibt sich aus § 266 Abs.6 SGB V. Nach dessen Satz 3 ist nach Ablauf des Kalenderjahres der Beitragsbedarf und die Finanzkraft jeder Krankenkasse vom BVA aus den für dieses Jahr erstellten Geschäfts- und Rechnungsergebnissen und dem zum 01.10. dieses Jahres erhobenen Versichertenzahlen der beteiligten Krankenkassen zu ermitteln. Nach Satz 7 hat das BVA sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen der Werte nach Satz 3 bei Ermittlung beim nächsten Ausgleichsverfahren nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Diese Korrekturen sind zu Gunsten der Klägerin in die Ausgleichsbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 eingeflossen, die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 11.01. 1999 Klage zum Sozialgericht Köln erhoben, das die Korrekturen wiederum überprüft hat. Damit bleibt kein Raum für die von der Klägerin gewünschte Neuberechnung des Risikostrukturausgleichs für die Jahre 1994 und 1995. Der Senat teilt die Auffassung der Beklagten, eine solche Neuberechnung sei nicht nur nicht gesetzlich möglich ist, sondern auch vom tatsächlichen Aufwand und den Kosten her unverhältnismäßig.
Diese Korrekturmöglichkeit und Verpflichtung präzisiert die Verordnung über das Verfahren zum Risikostrukturausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung (RSAV). Nach § 3 Abs.5 in der Fassung der zweiten Risikoausgleichsänderungsverordnung vom 22.10.1997 (BGBl.I, 2494) wird ausdrücklich festgelegt, dass Korrekturen in den Versicherungszeiten auch bei der Berechnung des Beitragsbedarfs im nächsten Jahresausgleich nach den dafür geltenden Vorschriften berücksichtigt werden können. § 25 RSAV erweitert dann die Korrekturmöglichkeit für die Jahre 1994, 1995 und 1996 im Jahresausgleich 1997. Diese Korrektur hat die Beklagte im (hier nicht streitgegenständlichen) Bescheid vom 11.02.1999 und in den anschließenden Bescheiden vorgenommen. Damit steht fest, dass zumindest für die Anfangsjahre des Risikostrukturausgleichs der Rechtsschutz der Klägerin bezüglich insoweit fehlerhafter untreffend ermittelter Versichertenjahre anderer Kassen Bescheide durch die nachträgliche Korrektur ausreichend gewährleistet ist.
Der Bescheid der Beklagten vom 04.12.1996 (Az.: V 2 - 5582 - IK 1084.332.48) ist auch insoweit rechtmäßig, als er den Ausgleichsbedarf KVdR-Beiträge betrifft. Die Klägerin hat ihrer Berechnung in der Zeit vom 01.07.1995 bis 31.12.1995 den falschen und für sie günstigeren Beitragssatz zu Grunde gelegt. Sie kann diese gesetzwidrige Berechnungsweise auch nicht auf einen begünstigenden Verwaltungsakte der Beklagten stützen.
Die Forderung der Beklagten ergibt sich aus § 255 Abs.4 Satz 2 SGB V. Danach verrechnen die Krankenkassen die Beitragsforderungen, die sie gemäß § 255 Abs.1 SGB V gegen die BfA aus Beiträgen versicherungspflichtiger Rentner haben, mit ihren Verpflichtungen im Risikostrukturausgleich. Durch den zu hoch angesetzten Beitragssatz hat die Klägerin zu viel verrechnet. Die Klägerin kann die von ihr zum 01.05.1995 vorgenommene Beitragserhöhung auf 12,2 % nicht ab 01.07.1995 ihrer Abrechnung zugrunde legen. Dieser Beitragssatz gilt nämlich für die Bemessung der Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung erst ab 01.07.1996. Dies ergibt sich aus § 247 Abs.1 Satz 2 SGB V. Danach gilt der am 01.01. geltende Beitragssatz jeweil vom 01.07. des laufenden Kalenderjahres bis zum 30.06. des folgenden Kalenderjahres. Das bedeutet, für das ganze Kalenderjahr 1995 ist der am 01.01.1995 geltende Beitragssatz von 11 v.H. anzusetzen. Warum die Beitragssatzanhebung zum 01.05. 1995 erfolgte und nicht bereits früher, ist bei der Feststellung des geltenden Beitragssatzes nicht zu berücksichtigen.
Daran ändert auch das Schreiben der Beklagten vom 08.05.1995 an die Klägerin nichts, denn es ist kein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. Danach ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Das Schreiben vom 08.05.1995 ist im Zusammenhang mit dem Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 26.04.1995 zu beurteilen. In diesem Schreiben teilt die Klägerin unter anderem mit, sie werde ab Juli 1995 als kassenindividuellen Beitragssatz den ab 01.05.1995 geltenden Beitragssatz der Siemens Betriebskrankenkasse von 12,2 v.H. (West) ansetzen. Sie begründet ihr Vorgehen damit, dass sie ihren Beitragssatz schon ab 01.01.1995 auf 12,2 v.H. hätte erhöhen müssen, wenn die gesetzliche Regelung rechtzeitig zum 01.01.1995 ohne Rückwirkung in Kraft getreten wäre. Haushaltsrechtliche Gründe hätten sie an der Erhöhung zum 01.01.1995 gehindert. Die Erhöhung sei rechtsaufsichtlich gewürdigt und genehmigt worden. Wenn die Beklagte daraufhin im Schreiben vom 08.05.1995 schreibt, sie toleriere diese Verfahrensweise, sieht der Senat hierin keine Verfügung oder Entscheidung der Beklagten. Entschieden hat vielmehr die Klägerin, nämlich dass sie nicht dem Gesetz entsprechend vorgehen werde. Das Tolerieren dieses Vorgehens kann nur so verstanden werden, dass ein momentaner Zustand bis zu seiner Überprüfung vorübergehend hingenommen wird, also direkt keine ausdrückliche Regelung i.S. eines Verwaltungsakts ergeht. Diese Überprüfung erfolgte dann im (nicht streitgegenständlichen) Bescheid vom 28.05.1996 und erneut im streitgegenständlichen Bescheid. Das Vorgehen der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen der Klägerin.
Wegen der Bedeutung der Rechtssache lässt der Senat die Revision zu (§ 160 Abs.1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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NRW
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