L 5 B 431/07 AS ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 12 AS 1821/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 B 431/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate September und Oktober 2007.

Die Antragsteller zu 1 und 2 waren miteinander verheiratet und bezogen zusammen mit ihrer am ...2006 geborenen Tochter, der Antragstellerin zu 3, vom Antragsgegner ergänzende SGB II-Leistungen. Im Jahr 2007 lebten sie in einer Wohnung, für die sie eine Kaltmiete iHv 302,77 EUR, Vorauszahlungen für die Betriebskosten iHv 78,98 EUR und für die Heizkosten iHv 67,14 EUR monatlich aufzubringen hatten. Die Antragstellerin zu 1 bezog im Jahr 2007 Erziehungsgeld iHv 300,00 EUR monatlich und Kindergeld für die Antragstellerin zu 3 iHv 154,00 EUR.

Der Antragsteller zu 2 war bei einer Personalleasing-Firma mit Betriebssitz in H. beschäftigt, für die er an wechselnden Einsatzorten im Bundesgebiet Montagetätigkeiten ausübte. Er erzielte aus dieser Beschäftigung ein Einkommen in wechselnder Höhe, das jeweils im Folgemonat ausgezahlt wurde. Für die Montagetätigkeit gewährte der Arbeitgeber eine Auslöse (Verpflegungsmehraufwand und Übernachtungspauschalen) sowie eine Fahrtkostenbeteiligung, die steuerfrei gezahlt wurden.

Mit Änderungsbescheid vom 31. Mai 2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 25. Juni und 2. Juli 2007 bewilligte der Antragsgegner der Bedarfsgemeinschaft (unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft (KdU) iHv 438,29 EUR) Leistungen iHv insgesamt 478,34 EUR für Mai 2007, iHv 474,42 EUR für Juni 2007 und iHv 316,29 EUR monatlich für die Monate Juli bis Oktober 2007. Letztere Bewilligung erfolgte – auf Wunsch der Antragsteller zur Vermeidung von Überzahlungen – unter Berücksichtigung eines Nettoeinkommens des Antragstellers zu 2 iHv 1.100,00 EUR. Eine Korrektur der Bewilligung sollte jeweils nach Vorlage der Verdienstbescheinigungen erfolgen. Die Übernachtungspauschale und den Fahrtkostenbeitrag rechnete der Antragsgegner nicht als Einkommen an, die Verpflegungsmehraufwendungen teilweise. Dadurch gelangte er nach Vorlage der Gehaltsabrechnung für Juni 2007 zu einem anrechenbaren Nettoeinkommen von 1.228,28 EUR, welches letztendlich zu einem Gesamtanspruch der Bedarfsgemeinschaft iHv nur 265,21 EUR für Juli 2007 führte.

Daraufhin bat die Antragstellerin zu 1 am 24. Juli 2007 darum, zukünftig, d.h. ab September 2007, zunächst ein monatliches Nettoeinkommen iHv 1.300,00 EUR zu berücksichtigen, um Überzahlungen zu vermeiden. Mit Schreiben vom 24. Juli 2007 hörte der Antragsgegner die Antragsteller zur Rückforderung der im Juli 2007 erfolgten Überzahlung der Leistungen an. Nach Vorlage der Verdienstbescheinigung für Juli 2007 hörte der Antragsgegner unter dem 29. August 2007 erneut zur Rückforderung der Überzahlung in Juli und August 2007 an.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11. September 2007 forderte der Antragsgegner für Juli und August 2007 insgesamt 434,57 EUR zurück. Mit Änderungsbescheiden vom selben Tag gewährte er der Bedarfsgemeinschaft für den Monat Juli Leistungen iHv 198,01 EUR und für die Monate September und Oktober 2007 Leistungen iHv 126,29 EUR monatlich (ausgehend von einem Nettoeinkommen iHv 1.300,00 EUR).

Am 10. September 2007 haben die Antragsteller bei Sozialgericht Magdeburg (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt, ihnen vorläufig bis zum 31. Oktober 2007 Leistungen nach dem SGB II auf der Basis des ursprünglichen Bescheids zu zahlen. Danach hätten sie monatliche Leistungen iHv 316,29 EUR erhalten. Die nunmehr bewilligten Leistungen seien zu gering, denn der Antragsteller zu 2 habe aufgrund seiner Montagetätigkeit erhöhte Aufwendungen. So habe er im August 2007 allein 60,00 EUR pro Woche an Benzinkosten aufwenden müssen, um seinen Arbeitsort zu erreichen. 400,00 EUR habe er für eine Unterkunft ausgegeben. Etwa 3,00 EUR täglich seien für Verpflegung angefallen. Die Auslöse sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

Der Antragsgegner hat ausgeführt, die Höhe der derzeitigen Leistungsbewilligung sei so mit der Antragstellerin zu 1 abgesprochen gewesen (Nettoentgelt 1.300,00 EUR). Es sei nicht nachvollziehbar, was mit dem Eilverfahren bezweckt werde.

Nach der am 27. September 2007 vorgelegten Gehaltsabrechnung für August 2007 hat der Antragsteller zu 2 ein Bruttoeinkommen iHv 1.394,51 EUR erzielt, abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge iHv 286,56 EUR verblieb ein Nettobetrag von 1.107,95 EUR. Zudem hat er eine Übernachtungspauschale iHv 381,30 EUR, Verpflegungsmehraufwendungen iHv 203,30 EUR sowie eine Fahrtkostenentschädigung iHv 113,52 EUR erhalten. Am 25. Oktober 2007 ist den Antragstellern aus dem Steuerbescheid für das Jahr 2006 ein Erstattungsbetrag iHv 395,76 EUR geflossen. Ausweislich des am 6. November 2007 vorgelegten Versicherungsscheins hatten sie für die Kfz-Haftpflichtversicherung – einschließlich Schutzbrief – monatlich 48,36 EUR zu zahlen.

Mit Beschluss vom 7. November 2007 hat das SG den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es bestehe zwar eine Deckungslücke iHv 307,79 EUR. Die Antragsteller seien jedoch in der Lage, ihren Bedarf aus den freien Einnahmen zu decken. Sie verfügten über das monatliche Erziehungsgeld iHv 300,00 EUR und über den Erwerbstätigenfreibetrag iHv 199,45 EUR. Es sei ihnen zuzumuten, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Zudem sei zu berücksichtigen, dass sie selbst die Anrechnung eines Einkommens iHv 1.300,00 EUR gewünscht hätten. Soweit sie sich nunmehr belastet sähen, hätten sie diese Belastung selbst verursacht.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller am 26. November 2007 Beschwerde eingelegt. Die rechtliche Einordnung der Auslösebeträge dürfe nicht der Klärung im Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Für die Dauer des Hauptsacheverfahrens sei das Existenzminimum nicht gedeckt. Diese erhebliche Beeinträchtigung könnte nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Im Übrigen verfügten die Antragsteller nicht über freie Beträge zur eigenen Disposition. Sie hätten Ratzenzahlungsverpflichtungen iHv 225,00 EUR monatlich. Zudem fielen Kinderbetreuungskosten an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2007 hat der Antragsgegner den Widerspruch der Antragsteller gegen den Bescheid vom 11. September 2007 zurückgewiesen (Leistungsbewilligung für September und Oktober 2007). Dagegen haben die Antragsteller Klage beim SG erhoben.

Im Erörterungstermin am 10. Juli 2008 hat sich der Antragsgegner bereit erklärt, die Leistungsbewilligung für die Monate September und Oktober 2007 neu zu berechnen und dabei die Verpflegungsmehraufwendungen vollständig anrechnungsfrei zu lassen sowie die Fahrtkosten des Antragstellers zu 2 zwischen Wohnung und Sitz des Arbeitgebers in H. zu berücksichtigen.

Im Anschluss haben die Antragsteller die Entgeltabrechnung für September 2007 vorgelegt. Danach hat der Antragsteller zu 2 ein Bruttoentgelt von 1.556,46 EUR erzielt. Abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge iHv 319,86 EUR verblieb ein Nettoeinkommen iHv 1.236,60 EUR. Zusätzlich sind eine Übernachtungspauschale iHv 380,00 EUR und Verpflegungsmehraufwendungen iHv 203,30 EUR gezahlt worden.

Aus einem vorgelegten Baustellennachweis ergibt sich, dass der Antragsteller zu 2 im September 2007 durchgängig auf einer Baustelle in H. (W.) und im Oktober 2007 durchgängig auf einer Baustelle in Neuss eingesetzt war.

Daraufhin hat der Antragsgegner mit Änderungsbescheid vom 15. Juli 2008 für den Monat September 2007 Leistungen iHv 307,79 EUR bewilligt und den Differenzbetrag zur bisherigen Bewilligung an die Antragsteller ausgezahlt. Für Oktober 2007 hat er wegen der Steuererstattung keine weiteren Leistungen bewilligt, sondern mit Schreiben vom 15. Juli 2008 zur beabsichtigten Aufhebung der Leistungsbewilligung für diesen Monat angehört, da sich auch unter Berücksichtigung des Verpflegungsmehraufwands als zweckbestimmte Einnahme aufgrund des Zuflusses der Steuererstattung im Oktober 2007 kein Leistungsanspruch ergebe.

Auf Nachfragen des Senats haben die Antragsteller unter dem 3. September 2008 ausgeführt, dass bislang keine Entscheidung des Antragsgegners vorliege. Dieser fordere offensichtlich unsinnige Unterlagen an. Sie haben eine vom Antragsteller zu 2 gefertigte Fahrtenaufstellung vom 15. Juli 2008 vorgelegt, aus der sich vier Fahrten zum Betriebssitz in H. im September 2007 und fünf Fahrten im Oktober 2007 ergeben. Bei vier der im Oktober 2007 stattfindenden Fahrten hatte der Antragsteller einen Arbeitskollegen mitgenommen, der ihm dafür eine Benzinkostenbeteiligung iHv 210,00 EUR zahlte. Eine Zuordnung der vom Arbeitgeber gewährten Fahrtkostenerstattungen hat er nicht vorgenommen. Zuletzt haben die Antragsteller unter dem 12. November 2008 ausgeführt, die bislang vorliegenden Berechnungen des Antragsgegners seien kein Grund für die Abgabe einer prozessbeendenden Erklärung, denn es würden weder der Verpflegungsmehraufwand noch die den Grundfreibetrag übersteigenden Werbungskosten berücksichtigt. Diese seien erkennbar Kern des Rechtsstreits.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 10. Juni 2009 hat der Antragsgegner die Leistungsbewilligung für den Monat Oktober 2007 iHv 126,28 EUR insgesamt aufgehoben.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. November 2007 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vom 1. September bis zum 31. Oktober 2007 vorläufige Leistungen nach dem SGB II iHv 316,29 EUR monatlich – abzüglich erbrachter Leistungen – zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er führt aus, die Leistungen für September 2007 seien nachbewilligt worden. Für Oktober 2007 ergebe sich unter Berücksichtigung des Zuflusses der Steuererstattung kein Leistungsanspruch. Eine konkrete Berechnung der Werbungskosten des Antragstellers sei nicht möglich. Der Antragsteller zu 2 habe zwar die Fahrtstrecken im maßgeblichen Zeitraum angegeben, jedoch keine Angaben zu den tatsächlichen Unterkunftskosten gemacht. Von der Benzinkostenbeteiligung des Kollegen über 210,00 EUR habe er erst im Beschwerdeverfahren erfahren. Eine endgültige Bescheidung sei aufgrund der bislang immer noch fehlenden Unterlagen nicht möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.

II.

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist nach § 172 SGG in der hier maßgeblichen, bis zum 31. März 2008 gültigen Fassung zulässig.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Antragsteller haben im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen den Antragsgegner keinen Anspruch auf weitere SGB II-Leistungen.

Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.

Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der Anspruch zu begründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.

Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b RN 16b). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzes die endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.

Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung insgesamt nicht zu beanstanden. Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf die Bewilligung weiterer SGB II-Leistungen glaubhaft gemacht.

Es fehlt es ihnen bereits am Anordnungsgrund. Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewähren, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, Az.: 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Anordnungsgrund fehlt, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und durchsetzung darstellt, wenn also dem Antragsteller auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts geholfen ist. Zwar sollen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II das Existenzminimum der Antragsteller sichern. Wird durch die seitens des Leistungsträgers erbrachte Leistung der Bedarf nicht gedeckt, ist die Existenz des Hilfebedürftigen zeitweise nicht sichergestellt. Allerdings führt nicht jede Unterdeckung des Bedarfs grundsätzlich zu einer Existenzbedrohung und damit zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Erforderlich ist eine existentielle Notlage. Diese besteht regelmäßig dann nicht, wenn im Wege des Eilrechtsschutzes Bagatellbeträge geltend gemacht werden.

Die Antragsteller verfügten im Jahr 2007 über monatliche Geldreserven von annähernd 500,00 EUR, denen kein Bedarfstatbestand gegenüberstand (Erziehungsgeld iHv 300,00 EUR und dem Erwerbstätigenfreibetrag iHv etwa 200,00 EUR). Soweit sie im Beschwerdeverfahren die Berücksichtigung weiterer Werbungskosten und insbesondere weitere Fahrtkosten des Antragstellers zu 2 (wöchentliche Fahrten zum Betriebssitz seines Arbeitgebers in H.) geltend gemacht haben, war es ihnen möglich und zuzumuten, die entsprechenden Aufwendungen zunächst vorzufinanzieren. Die Entscheidung hierüber ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Die Antragsteller haben auch keinen Anordnungsanspruch auf höhere SGB II-Leistungen in den streitigen Monaten September und Oktober 2007 glaubhaft gemacht.

Denn trotz entsprechender Vereinbarung im Erörterungstermin am 15. Juli 2008 haben sie keine für den Antragsgegner prüffähige Aufstellung dieser Fahrtkosten vorgelegt und nicht belegt, in welcher Höhe sich der Arbeitgeber (steuerfrei und vom Antragsgegner nicht als Einkommen angerechnet) an diesen Kosten beteiligt hat. Auch die vom Antragsgegner geforderten Angaben zu den tatsächlichen Übernachtungskosten sind nicht gemacht worden. Beides ist Voraussetzung für eine Berücksichtigung von Aufwendungen, die über die vom Arbeitgeber steuerfrei gewährten Auslöseleistungen hinausgehen. Insoweit ist ein weiterer Leistungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Abgesehen von diesen geltend gemachten Kosten sind die Antragsteller in den hier allein streitgegenständlichen Monaten nach summarischer Prüfung überzahlt. Eine Unterdeckung oder ein Leistungsdefizit der Bedarfsgemeinschaft kann nicht festgestellt werden. Daher ist auch insoweit ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Es ergibt sich für September 2007 folgende Berechnung: Der Gesamtbedarf der dreiköpfigen Bedarfsgemeinschaft betrug 1.265,87 EUR. Er setzte sich zusammen aus Regelleistungen und Sozialgeld iHv 832,00 EUR (2 x 312,00 EUR und 208,00 EUR) sowie KdU iHv 433,87 EUR. Dabei waren die kopfteiligen Heizkosten iHv 22,38 EUR (67,14 EUR: 3) um die Warmwasserpauschale (2 x 5,63 EUR und 3,76 EUR) zu bereinigen. Mit der Kaltmiete iHv 302,77 EUR und der Betriebskostenvorauszahlung iHv 78,98 EUR ergab sich der o.g. Gesamtbetrag.

Das Bruttoerwerbseinkommen des Antragstellers zu 2 – ohne Auslöse – (1.394,51 EUR) war insgesamt um 586,01 EUR zu bereinigen, sodass ein Anrechnungsbetrag iHv 808,50 EUR verblieb. Es waren zunächst die Sozialversicherungsbeiträge iHv 286,56 EUR abzuziehen, sodann der Grundfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II iHv 100,00 EUR, denn der war höher als die Summe aus Kfz-Versicherung (48,36 EUR), Versicherungspauschale (30,00 EUR) und Werbungskostenpauschale (15,33 EUR). Der weitere Freibetrag nach § 30 SGB II iHv 20 % betrug 140,00 EUR und der iHv 10 % betrug 59,45 EUR, sodass insgesamt 299,45 EUR abzuziehen waren. Weiter war das für die Antragstellerin zu 3 bezogene Kindergeld iHv 154,00 EUR anzurechnen.

Nach Abzug des Gesamteinkommens iHv 962,50 EUR vom Gesamtbedarf verblieb ein Gesamtleistungsanspruch iHv 303,37 EUR; gemäß § 41 Abs. 2 SGB II gerundet ergaben sich 303,00 EUR. Bewilligt hatte der Antragsteller mit Bescheid vom 11. September 2007 und Änderungsbescheid vom 15. Juli 2008 insgesamt 307,79 EUR, sodass danach kein Defizit der Antragsteller verblieben ist.

Im Oktober 2007 betrug der Gesamtbedarf unverändert 1.265,87 EUR. Das Bruttoerwerbseinkommen des Antragstellers zu 2 – ohne Auslöse – (1.556,46 EUR) war um insgesamt 629,86 EUR zu bereinigen, sodass sich hieraus ein Anrechnungsbetrag iHv 926,60 EUR ergab. Es waren die Sozialversicherungsbeiträge iHv 319,86 EUR und der Grundfreibetrag iHv 100,00 EUR abzuziehen. Der weitere Freibetrag von 20 % betrug 140,00 EUR und der iHv 10 % betrug 70,00 EUR, so dass insgesamt weitere 310,00 EUR abzuziehen waren. Indes war die am 25. Oktober 2007 zugeflossene Steuererstattung iHv 395,76 EUR ungekürzt als Einkommen zu berücksichtigen, ebenso das Kindergeld iHv 154,00 EUR.

Nach Abzug des Gesamteinkommens iHv 1.476,36 EUR vom Gesamtbedarf verblieb kein Leistungsanspruch mehr, denn das Einkommen überstieg den Bedarf um insgesamt 210,49 EUR.

Ein SGB II-Leistungsanspruch der Antragsteller bestand daher voraussichtlich nicht mehr. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsteller im Oktober 2007 tatsächlich SGB II-Leistungen iHv 126,29 EUR (Bescheid vom 11. September 2007, die erst mit Bescheid vom 10. Juni 2009 zurückgefordert worden sind) erhalten haben, sodass ihnen in diesem Monat insgesamt rund 326 EUR über dem Bedarf zuzüglich Erziehungsgeld und Erwerbstätigenfreibetrag zur Verfügung standen. Zudem sind die vom Arbeitgeber gezahlten Auslösen iHv 698,12 EUR im September 2007 und iHv 583,30 EUR im Oktober 2007 vollständig anrechnungsfrei geblieben.

Soweit dem Antragsteller zu 2 im streitigen Zeitraum weitere Fahrtkosten durch die einmal wöchentliche Anreise nach H. entstanden sind (die Aufwendungen hierfür hat er im Verfahren mit 60,00 EUR wöchentlich beziffert), war er in der Lage, diese aus den der Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung stehenden "freien Mitteln" zu finanzieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved