L 16 LW 20/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 5 LW 12/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 LW 20/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 LW 1/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 13.02.2001 wird zurückgewiesen.
II. Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Feststellung der Anwartschaftserhaltung durch die Meldung als arbeitslos.

Die am 1947 geborene Klägerin ist seit 31.07.1965 die Ehefrau eines Landwirts, der vom 01.07.1965 bis Ende August 1995 versicherungspflichtig war und ab 01.09.1995 mit seinem Unternehmen durch Verpachtung die Mindestgröße unterschritten hat. Die Klägerin ist gelernte Industriekauffrau und hat in der gesetzlichen Rentenversicherung zuletzt im September 1973 einen Pflichtbeitrag entrichtet. Seit der Feststellung der Beklagten, dass die Versicherungspflicht als Landwirtin am 31.08.1995 geendet hat, sind bei der LVA Oberfranken und Mittelfranken Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug gespeichert. Eine Anrechnung erfolgt nicht.

Nach einer erfolglosen Rentenantragstellung beantragte die Klägerin am 24.01.1998 die Feststellung, dass die Arbeitslosmeldung ab 01.09.1995 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeitsrente nach dem Alg erfüllt. Die Klägerin habe nach der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens keine andere Möglichkeit, die Anwartschaft über den 30.09.1997 hinaus zu erhalten. Es erscheine verfassungsrechtlich bedenklich, dass langjährigen Mitarbeitern in der Landwirtschaft anders als in der gesetzlichen Rentenversicherung keine Möglichkeit zur Anwartschaftserhaltung geboten werde. § 13 Abs.2 Nr.4 ALG sei so zu lesen, dass nur erfüllbare Voraussetzungen gegeben sein müssten, d.h., dass für die Klägerin als ehemalige Landwirtin die Arbeitslosmeldung genüge und nicht der Aufbau eines Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung zu fordern sei. Im Übrigen sei die Abgabe der Stillegung im Sinn des § 13 Abs.2 Nr.9 ALG gleichzusetzen. Der Gesetzgeber habe eine entsprechende Regelung nur vergessen.

Mit Bescheid vom 12.01.1999 lehnte die Beklagte den Antrag als unbegründet ab. Der Katalog des § 13 Abs.2 ALG sei eng auszulegen. In dem im Klageverfahren nachgeholten Widerspruchsbescheid vom 26.08.1999 heißt es weiter, eine Gleichstellung der Abgabe mit der Stilllegung sei abzulehnen, da § 13 Abs.2 Nr.8 ALG die Abgabe nur für die Zeit ab dem 60. Lebensjahr privilegiere.

Das Sozialgericht wies die Klage am 13.02.2001 als unbegründet ab. Ein Vergleich mit dem Personenkreis der vom Haushaltsbegleitgesetz 1984 Erfassten sei nicht gerechtfertigt, da jene bereits eine nicht mehr verfallbare Anwartschaft erworben hätten und die Klägerin erst zum 01.01.1995 eine Anwartschaft erworben habe. Da sie keine freiwillige Mitgliedschaft begründet habe, sei ein Vergleich mit der gesetzlichen Rentenversicherung nicht notwendig.

Gegen das am 22.05.2001 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 15.06.2001 Berufung ein. Sie trug vor, sie hätte freiwillige Beiträge entrichtet, wenn dies möglich gewesen wäre. Die Beklagte wies darauf hin, dass der Klägerin deshalb keine Möglichkeit zur freiwilligen Beitragsleistung eingeräumt sei, weil die Wartezeit für die Altersrente bereits erfüllt sei. Im Übrigen hätten freiwillige Beiträge keine anwartschafterhaltende Bedeutung.

Die Klägerin beantragt:

Unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Bayreuth vom 13.02.2001 sowie des Bescheides vom 12.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.1999 wird die Beklagte verurteilt festzustellen, dass durch die seit 01.09.1995 erfolgte Arbeitslosmeldung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem ALG weiterhin erfüllt sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Bayreuth sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 13.02.2001 ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der LAK Oberfranken und Mittelfranken vom 12.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.08.1999. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass durch die seit 25.10.1995 erfolgte Arbeitslosmeldung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente nach dem ALG weiterhin erfüllt sind. Mit ihrer Feststellung begehrt die Klägerin zwar die Klärung eines einzelnen Elements eines etwaigen künftigen Erwerbsunfähigkeitsrentenanspruchs. Ausnahmsweise kann ein einzelnes Element eines Rechtsverhältnisses Gegenstand einer Feststellungsklage sein (Jens Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 55 Rz.9a mit weiteren Nachweisen). Dass der Zustand der Anwartschaftserhaltung einen der Rechtsschutztatbestände des § 55 Abs.1 Nr.1 SGG darstellt, hat das Bundessozialgericht bereits 1957 entschie- den (BSGE vom 30.10. in BSGE 6, 85). Ebenso wie die Anwartschaft auf eine Rente ein Rechtsverhältnis im Sinn des § 55 SGG darstellt (BSG 4, 186), ist ein Meinungsstreit über die Anwartschaftserhaltung mittels Klage klärungsfähig. Das Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin zur Erreichung des Ziels der Anwartschaftserhaltung gegebenenfalls andere Gestaltungsmöglichkeiten wahrnehmen muss, worauf die Beklagte im Widerspruchsbescheid zutreffend hingewiesen hat. Als versicherungsrechtliche Voraussetzung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. ab 01.01.2001 wegen Erwerbsminderung verlangt § 13 Abs.1 Ziffer 2 ALG neben der zweifellos erfüllten Wartezeit von fünf Jahren, dass der Landwirt in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge zur Landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt hat. Nachdem die Klägerin ihren letzten Pflichtbeitrag im August 1995 entrichtet hat, erfüllt sie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seit 01.09.1997 nur, wenn ein Aufschubtatbestand des § 13 Abs.2 ALG gegeben ist. So verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit um 1. vorhergehende Zeiten des Bezugs einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ... 2. Pflichtbeitragszeiten nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung ... 3. Berücksichtigungszeiten im Sinn des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ... 4. Anrechnungszeiten im Sinne des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, 5. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten im Sinne des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch sind, weil durch sie eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung, eine Anrechnungszeit im Sinn des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch oder eine Zeit nach Nr.1 oder Nr.3 liegt, 6 ... 7 ... 8. Zeiten nach der Vollendung des 60. Lebensjahres, in denen das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist, 9. Zeiten, in denen die Voraussetzungen des § 21 Abs.4 und 5 erfüllt sind, und 10. Zeiten des Bezugs einer Rente nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit. Zwar sind Zeiten, in denen Versicherte wegen Arbeitslosigkeit beim deutschen Arbeitsamt als Arbeitsuchende gemeldet waren, Anrechnungszeiten im Sinn des § 58 Abs.1 Ziffer 3 SGB VI, wenn eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen worden oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen worden ist. Unstreitig hat die Klägerin gegenüber dem Arbeitsamt jedoch bis dato keine Anwartschaft auf Leistungen erworben. Ob sie lediglich wegen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse keine sonstige öffentlich-rechtliche Leistung wie Sozialhilfe erhält, kann dahinstehen. Anrechnungszeiten im Sinn des § 58 Abs.1 Ziffer 3 SGB VI liegen nur vor, wenn dadurch eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen ist (§ 58 Abs.2 SGB VI). Der Blick auf § 13 Abs.2 Ziffer 5 ALG macht deutlich, dass die Unterbrechung einer in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit gefordert ist. Die Unterbrechung einer nach dem ALG versicherten selbständigen Tätigkeit genügt nicht, um eine Anrechnungszeit im Sinn des Sechsten Buches SGB bejahen zu können, so dass die Arbeitslosigkeit der Klägerin weder in der gesetzlichen Rentenversicherung noch in der landwirtschaftlichen Alterssicherung Anrechnung findet.

Auch der Tatbestand des § 13 Abs.2 Ziffer 5 ALG ist nicht gegeben. In den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitslosigkeit am 25.10.1995 liegt kein Pflichtbeitrag nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung, keine Anrechnungszeit im Sinn des Sechsten Buches SGB oder eine Zeit im Sinn des § 13 Abs.2 Ziffern 1 bis 3 ALG. Ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 11.10.2002 besteht zwischen dem 16.02.1974 und dem 25.10.1995 eine Lücke. Dass die Klägerin unmittelbar vor der Meldung als arbeitslos acht Monate lang Pflichtbeiträge als Landwirtin entrichtet hat, ändert die Rechtslage nicht. Der Wortlaut von § 13 Abs.2 Ziffer 5 ALG verlangt eindeutig einen Pflichtbeitrag nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung und auch die Anrechnungszeit im Sinn des SGB VI liegt nur vor, wenn dadurch eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches SGB versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit unterbrochen wird (§ 58 Abs.2 SGB VI). Diese Regelung entspricht der Gesetzesbegründung, wonach der aufgrund des in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden gegliederten Systems der sozialen Sicherung notwendige Wechsel in ein anderes Pflichtversicherungssystem nicht zu Lasten des Versicherten gehen soll. Der vom Versicherten mit Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente geforderte enge Bezug zur Zahlung von Beiträgen und zur Solidargemeinschaft der landwirtschaftlichen Alterssicherung kommt gemäß § 13 Abs.2 Ziffer 8 ALG erst mit Vollendung des 60. Lebensjahres in Fortfall. Diese Regelung unmittelbar neben § 13 Abs.2 Ziffer 9 ALG macht deutlich, dass der Gesetzgeber die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens unter anderen Voraussetzungen als Aufschubtatbestand wertet als die Stilllegung. Damit werden unterschiedliche strukturpolitische Zielsetzungen verfolgt.

Die Regelung, Arbeitslosigkeit ab Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht als Aufschubtatbestand im Sinn des § 13 Abs.2 ALG zu berücksichtigen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Durch das Gesetz zur Reform der Agrarsozialen Sicherung 1995 trat weder eine Schlechterstellung der Rechtsposition der Klägerin ein noch eine ungerechtfertigte Benachteiligung gegenüber Mitgliedern der gesetzlichen Rentenversicherung.

Auch in der Zeit vor dem In-Kraft-Treten des ALG am 01.01.1995 war Voraussetzung für den Bezug von Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit in Form des damals allein möglichen vorzeitigen Altersgeldes die ununterbrochene Leistung von Beiträgen bis zum Versicherungsfall (§ 2 Abs.2b GAL). Bisher konnte die Abgabe daher auch erst mit Eintritt der Erwerbsunfähigkeit erfolgen. Zwar ist eine Verschlechterung insoweit eingetreten, als nach neuem Recht die Möglichkeit der freiwilligen Entrichtung von Pflichtbeiträgen in der bisherigen Form der sogenannten Weiterentrichtung von Beiträgen (§ 27 Abs.1 GAL) entfällt. Damit wurde dem Landwirt die Möglichkeit genommen, nach der Abgabe der Landwirtschaft die Anwartschaft auf Erwerbsunfähigkeitsrente unbefristet aufrecht zu erhalten. Kompensiert worden ist diese Schlechterstellung jedoch dadurch, dass der Altersrentenanspruch nunmehr von einer ununterbrochenen Beitragsentrichtung unabhängig ist. Auf den Zusammenhang zwischen notwendiger Pflichtbeitragsentrichtung in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit und dem generellen Entfallen der bisher geforderten Lückenlosigkeit der Beitragszahlung weist die Gesetzesbegründung ausdrücklich hin (Materialband zum Agrarsozialreformgesetz 1995, Gesamtverband der Landwirtschaftlichen Alterskassen, S.66). Darüber hinaus wird die Anwartschaft auf Erwerbsunfähigkeitsrente nach der Abgabe immerhin für zwei Jahre aufrecht erhalten. Zutreffend weist das Sozialgericht darauf hin, dass die Klägerin vor In-Kraft-Treten des neuen Rechts noch keine Rechtsposition innehatte, wie sie etwa die Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung vor In-Kraft-Treten des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22.12.1983 (BGBl.I S.1532) hatten. Letzteren musste als Übergangsregelung die Anwartschaftserhaltung mittels freiwilliger Beitragsentrichtung (jetzt § 240 f SGB VI) eingeräumt werden, weil ihre Anwartschaft auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach fünf Jahren Wartezeit bereits so verdichtet war, dass der Anspruch nur noch vom Eintritt des Versicherungsfalls abhängig war. Als Ehefrau eines Landwirts hatte die Klägerin vor dem 01.01.1995 keinen eigenen Leistungsanspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Erst mit der am 01.01.1995 in Kraft getretenen Reform erwarb die Klägerin einen eigenständigen Anspruch auf Rente wegen Alters und Erwerbsunfähigkeit. Ebenso wie in der gesetzlichen Rentenversicherung hat der Gesetzgeber die Absicherung gegen das Risiko der Erwerbsunfähigkeit vom Vorhandensein eines engen Bezugs zur Solidargemeinschaft in der Form von Zahlung von Beiträgen abhängig gemacht. Auch in der gesetzlichen Rentenversicherung sind grundsätzlich Pflichtbeitragszeiten zur Anwartschaftserhaltung notwendig (§ 43 Abs.2 Ziffer 2 SGB VI).

Dass das Erfordernis der Drei-Fünftel-Belegung nicht verfassungswidrig ist, hat das Bundesverfassungsgericht bereits am 08.04.1987 entschieden (SozR 2200 § 1246 Nr.142). Das Bundessozialgericht hat die Regelung auch unter dem Gesichtspunkt für verfassungsgemäß gehalten, dass die allgemeine Wartezeit vor dem 01.01.1984 nicht erfüllt ist, so dass § 240 SGB VI nicht anwendbar ist (BSG in SozR 3-2200 § 1247 RVO). Im Fall einer Mitunternehmerin im landwirtschaftlichen Betrieb des Ehemanns hat es schließlich dargelegt, es verletze nicht deren Grundrecht aus Art.14 GG, wenn sie nach einer Hofübergabe mangels Nachzahlungsmöglichkeit freiwilliger Beträge keinen Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente erwerben könne (SozR 3-2600 § 241 Nr.4). Entscheidend ist, dass die zurückgelegten Versicherungszeiten für den Versicherungsfall des Alters ihren vollen Wert behalten und mit der Gesetzesänderung keine Personen betroffen werden, die durch eigene erhebliche Beitragsleistungen einen Versicherungsschutz erworben haben, auf den sie im Versicherungsfall angewiesen sind. Die Klägerin hatte vor dem 01.01. 1995 das Risiko, bei Eintritt der Erwerbsunfähigkeit keine Rente zu erhalten, bewusst in Kauf genommen und erhielt mit dem ASRG einen leichteren Zugang zu einem nun eigenständigen Altersrentenanspruch mit zugesplitteten Beiträgen (§ 92 ALG). Ein Verstoß gegen Art.14 Grundgesetz kann daher keinesfalls gesehen werden.

Der Gesetzgeber war auch nicht gehalten, Arbeitslosigkeit bei Unterbrechung der nach ALG versicherten Tätigkeit als Aufschubtatbestand zu normieren. Zwar unterliegt er bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Dabei ist der Gestaltungsspielraum um so enger, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Außerhalb dieses Bereichs lässt der Gleichheitssatz jedoch weitgehend Gestaltungsfreiheit, wie Lebenssachverhalte in ihrem Regelungszusammenhang zu behandeln sind (BSG vom 12.10.2000 in SozR 3-2600 § 2 Nr.5 mwN). Der Bestand eines Versicherungsschutzes gegen Erwerbsunfähigkeit hat auf die allgemeine Handlungsfreiheit keine Auswirkungen. Allerdings bestimmt er, inwieweit eigentumsähnlich geschützte Anwartschaften realisiert werden können. Wie oben dargelegt ist der Umfang der erworbenen Rechtsstellung von geringer Bedeutung.

Vor diesem Hintergrund erscheint es sachgerecht und keinesfalls willkürlich, dass die Anwartschaftserhaltung im ALG in einem eigenen landwirtschaftsspezifischen Katalog geregelt ist und sich auf typische Risikofälle beschränkt. Hierzu gehört die anwartschaftserhaltende Abgabe nach Vollendung des 60. Lebensjahres ebenso wie die Stilllegung oder der Bezug von Produktionsaufgaberente (§ 13 Abs.2 Ziffer 8-10 ALG ). Wenn das Gesetz den Schutz beim Übergang von der Unternehmerschaft zur abhängigen Beschäftigung verweigert, so kann dem in vielen Fällen durch die Steuerung des Abgabezeitpunkts begegnet werden. Hat der Landwirt den Schritt in die abhängige Beschäftigung mit Erfolg bewältigt und zumindest einen Pflichtbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet, bleibt die Anwartschaft erhalten. Hierfür wird ihm immerhin ein Zeitraum von zwei Jahren zugebilligt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der abgebende Landwirt anders als der abhängig Beschäftigte nicht typischwerweise allein auf seine Arbeitskraft als Existenzgrundlage angewiesen ist, sondern auf das landwirtschaftliche Vermögen zurückgreifen kann. Dies erklärt auch die fehlende Absicherung des aktiven Landwirts gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit. Ungeachtet der Gründe für eine Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens vor dem 60. Lebensjahr erscheint die Schutzbedürftigkeit des Landwirts geringer als die einer Person, die von vornherein auf die wirtschaftliche Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen ist. Deren Position ist schließlich auch deshalb anders zu beurteilen, weil sie während der abhängigen Beschäftigung gleichzeitig Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet hat. Beim abgebenden Landwirt schließlich liegen keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass er wie ein abhängig Beschäftigter des Schutzes bedarf. Eine Gleichbehandlung liefe auf eine aufwendige Ursachenforschung betreffend der Abgabe hinaus. Eine nahtlose Absicherung gegen das Risiko der Erwerbsunfähigkeit zwischen der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens und dem Eintritt des Versicherungsfalls erscheint daher nicht geboten.

Im Übrigen wird angesichts der ausführlichen Begründung des SG-Urteils von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs.2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist zuzulassen, weil bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist, ob § 13 Abs.2 in den Ziffern 4 und 5 ALG verfassungskonform ist. Diese Frage erscheint von grundsätzlicher Bedeutung.
Rechtskraft
Aus
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