L 8 SB 76/12 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 3223/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 76/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 17. November 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn (SG) vom 17.11.2011 ist nicht zu beanstanden. Auch der Senat hält es für ermessensgerecht, die Kosten des vom SG auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten nervenärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. B. vom 30.06.2009 nicht auf die Staatskasse zu übernehmen.

Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die von einem Versicherten oder Versorgungsberechtigten beantragte gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung steht es im Ermessen des Gerichts, ob und in welchem Umfang es die Kosten dem Antragsteller endgültig auferlegt. Ein vom Sozialgericht ausgeübtes Ermessen ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch den Senat uneingeschränkt nachprüfbar, da die Befugnis zur Ausübung des Ermessens in der Sache durch das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang auf das Beschwerdegericht übergegangen ist.

Nach der Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht, diese also objektiv gefördert hat. Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Sachaufklärung gesehen werden. Es muss sich vielmehr, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben. Dies bedeutet aber weder, dass nur Gutachten, welche ein für den Kläger günstiges Ergebnis haben, hierunter fallen können, noch, dass für den Kläger günstige Gutachten stets von der Staatskasse zu bezahlen sind. Durch die Anbindung an das Prozessziel des Klägers wird lediglich verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es sachgerecht, die Kosten des Gutachtens von Prof. Dr. B. vom 30.06.2009 nicht auf die Staatskasse zu übernehmen. Dem steht - neben den vom SG im angefochtenen Beschluss vom 17.11.2011 genannten Gründen - entgegen, dass der Kläger in der öffentlichen Sitzung des SG am 20.07.2011 einen Vergleich geschlossen hat, mit dem sich der Beklagte verpflichtet hat, über den GdB durch rechtsmittelfähigen Bescheid neu zu entscheiden, sobald der Kläger an den Beklagten unter Angabe der aktuell behandelnden Ärzte herantritt und der Rechtsstreit von den Beteiligten darüber hinaus für erledigt erklärt/angesehen worden ist. Mit diesem Vergleich hat der Kläger sein Klageziel, den GdB mit mindestens 50 (statt 40) neu festzustellen, aufgegeben, weshalb das Gutachten von Prof. Dr. B. vom 30.06.2009 das Prozessziel des Klägers (GdB mindesten 50 statt 40) nicht wesentlich gefördert und auch nicht wesentlich zur weiteren Sachverhaltsaufklärung beigetragen hat.

Das Beschwerdevorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Entscheidung. Dass sich der Kläger durch den Vergleich gute Chancen ausrechnet, im anschließenden Verwaltungsverfahren die Feststellung des GdB von 50 zu erreichen, ändert nichts. Dies gilt auch, soweit der Kläger (trotz des geschlossenen Vergleichs) in der Sache weiterhin daran festhält, dass dem Gutachten von Prof. Dr. B., der beim Kläger eine leichte depressive Episode mit einem Teil-GdB von 20 und unter Berücksichtigung der übrigen Ansätze mit drei Teil-GdB-Werten mit 10 und vier mit 20 den Gesamt-GdB auf 60 einschätzte, hätte gefolgt werden müssen. Denn hierdurch ist im Klageverfahren das Prozessziel des Klägers weder im Ergebnis noch hinsichtlich der weiteren Sachaufklärung tatsächlich wesentlich gefördert worden, zumal auch nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Gesamt-GdB von 50 mindestens einen Teil-GdB-Wert von mindestens 30 voraussetzt.

Es ist daher nicht gerechtfertigt, die Kosten des vom SG auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens auf die Staatskasse zu übernehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG (ebenso Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 176 Rdnr. 5a m.w.N). Im Verfahren zur nachträglichen Kostenübernahme eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens ist der Beklagte des Hauptsacheverfahrens nicht beteiligt. Im mit nur einem Verfahrensbeteiligten ausgestalteten Rechtsbehelfsverfahren - vergleichbar mit Rechtsbehelfsverfahren gegen ein Ordnungsmittel - entspricht bei (hier nicht vorliegender) erfolgreicher Beschwerde die ausgesprochene Kostenfolge billigem Ermessen (ebenso der 13. Senat, Beschluss vom 06.05.2009 - L 13 R 339/09 KO-B -, veröffentlicht in www.sozialgerichtsbarkeit.de und juris).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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