L 7 SO 3570/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SO 2312/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3570/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Juni 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erhebt im vorliegenden Verfahren Anspruch auf Gewährung von Einsicht in die Akten des Sozialamts des Beklagten bezüglich des Zeitraums vom 19. April 2002 bis 24. Juni 2003.

Der am 1963 geborene Kläger, diplomierter Physiker und bis Juni 1999 als Software-Entwickler abhängig beschäftigt, machte sich am 25. April 2000 mit einer IT-Dienstleistung selbständig. Anfang 2001 und sodann erneut am 25. Juli sowie 1. Oktober 2001 stellte der Kläger - seinerzeit noch (bis zur Zwangsräumung am 27. Juli 2004) wohnhaft in der R.-W.-Straße in L. - beim Beklagten Anträge auf Sozialhilfe nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in Form einmaliger Beihilfen sowie laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU), welche u.a. wegen des zum Vermögenseinsatz herangezogenen Personenkraftwagens des Klägers erfolglos blieben (u.a. Bescheid vom 6. Dezember 2001 (Ablehnung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt)). Auf einen am 6. März 2002 erneut gestellten Antrag auf Sozialhilfe erhielt er sodann für die Monate März, April und Mai 2002 HLU in Form eines Darlehens (Bescheid vom 7. März 2002). Auch in der Folgezeit gewährte der Beklagte dem Kläger bis 31. Dezember 2004 u.a. HLU, wobei die Leistungen zeitweise weiterhin in Form eines Darlehens bewilligt wurden, der Kläger in einigen Monaten Regelsatzkürzungen hinzunehmen hatte und außerdem die Kosten für die Unterkunft und Heizung in der Wohnung in der R.-W.-Straße in L. ab Juli 2002 nur noch in für angemessen erachteter Höhe übernommen wurden (vgl. nur Bescheide vom 29. Mai, 27. Juni und 23. Juli 2002, Bescheide vom 8. April und 11. Juni 2003). Weitere Anträge des Klägers betrafen u.a. das Begehren auf Übernahme einer Zahnarztrechnung (ablehnender Bescheid vom 31. Januar 2002)

Wegen der vorbezeichneten Bescheide sowie weiterer Vorgänge waren beim Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe und beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ab dem Jahr 2002 zahlreiche Hauptsacheverfahren sowie Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anhängig, die nur zum Teil erfolgreich waren.

Ein vom Kläger am 3. Dezember 2004 im Rahmen des § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellter Antrag auf Überprüfung verschiedener Bescheide, deren Rechtmäßigkeit im Verwaltungsrechtsweg bestätigt worden war, war im Verwaltungsverfahren (vgl. Bescheid vom 14. Juli 2005/Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2006) sowie im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Mannheim - SG - (Gerichtsbescheid vom 22. Februar 2006 - S 12 SO 1594/05 -) und im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht - LSG - (Senatsurteil vom 1. Februar 2007 - L 7 SO 1676/06 -) erfolglos. Im Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht - BSG - (B 8 SO 1/08 R) schlossen die Beteiligten am 31. März 2009 einen gerichtlichen Vergleich, in dem der Beklagte sich verpflichtete, über die Überprüfungsanträge des Klägers betreffend die Bescheide vom 7. März 2002, 23. Juli 2002 und 31. Januar 2002 in der Sache zu entscheiden. Die vom Kläger wegen der daraufhin ergangenen ablehnenden Bescheide vom 17. Juni 2009 (Widerspruchsbescheide vom 24., 25. und 26. November 2009) beim SG anhängig gemachten Verfahren blieben erneut ohne Erfolg (u.a. Urteil vom 29. März 2010 - S 2 SO 1636/09 -); deswegen ist beim Senat derzeit u.a. das Berufungsverfahren L 7 SO 2065/10 anhängig.

Bereits während des Verfahrens vor dem SG (S 12 SO 1594/05) beantragte der Kläger beim Beklagten mit Schreiben vom 5. Februar 2006 Einsicht in die Akten des Sozialamts, betreffend den 11. Dezember 2001 sowie den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2003. Ein Angebot des Beklagten zur Akteneinsicht am 8. Februar 2006 nach vorheriger Terminabsprache im Dienstgebäude Wiesloch (Schreiben vom 6. Februar 2006) nahm der Kläger nicht wahr. Ein wegen weiterer z.T. auch die vorgenannten Zeiträume betreffenden Akteneinsichtsgesuche vom Kläger betriebenes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes blieb schon mangels eines Anordnungsgrundes erfolglos (Beschluss des SG vom 17. Januar 2006 - S 12 SO 3484/05 ER -; Senatsbeschluss vom 5. April 2006 - L 7 SO 1121/06 ER-B -). Am 20. Dezember 2006 bat der Kläger beim Beklagten telefonisch um Einsicht in die Akten nunmehr bezüglich des Zeitraums vom 19. April 2002 bis 24. Juni 2003. Auf die Anfragen des Beklagten (Schreiben vom 5. Januar, 19. Februar und 7. März 2007) gab der Kläger mit Schreiben vom 18. Januar und 4. April 2007 als Grund für das Akteneinsichtsgesuch "Sozialhilfe-Angelegenheiten" sowie ein "Schadenersatzverfahren gegen den Rhein-Neckar-Kreis" an. Ein weiteres einstweiliges Rechtsschutzverfahren war wiederum ohne Erfolg für den Kläger (Beschluss des SG vom 30. Mai 2007 - S 7 SO 1480/07 ER -; Senatsbeschluss vom 19. Juli 2007 - L 7 SO 3392/07 ER-B -).

Am 2. Juli 2007 hat der Kläger eine "Untätigkeits-Verpflichtungsklage" zum SG (S 7 SO 2312/07) erhoben mit dem Antrag, den Beklagten "entsprechend meiner behördlichen Akteneinsichtsanträge vom 22.12.2006 und 05.02.2006 zur Einsichtnahme in die Sozialhilfe-Akte des Zeitraums vom 19.04. 2002 bis 24.06.2003 zu verpflichten".

Während dieses Klageverfahrens hat der Beklagte mit Bescheid vom 2. August 2007 die Anträge auf Erteilung von Akteneinsicht in die Verwaltungsakten für den Zeitraum vom 19. April 2002 bis 24. Juni 2003 abgelehnt; der Bescheid war mit der Rechtsbehelfsbelehrung versehen, dass hiergegen innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift beim Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis Widerspruch erhoben werden könne.

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger vor dem SG geltend gemacht, dass er die Akteneinsicht für ein beim Landgericht (LG) Heidelberg betriebenes Verfahren auf Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Amtshaftungsklage gegen den Rhein-Neckar-Kreis benötige. Nach Ergehen des Bescheids vom 2. August 2007 hat der Kläger mit Schreiben vom 23. September 2007 (Eingang beim SG am 24. September 2007) die Auffassung vertreten, dass der vorbezeichnete Bescheid über § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in das Klageverfahren einzubeziehen sei. Mit Schreiben vom 30. September 2007 hat der Kläger außerdem den "Untätigkeitsteil" seiner "Untätigkeits-Verpflichtungsklage" für erledigt erklärt. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten; sofern es sich beim vorgenannten Schreiben des Klägers um eine Klageänderung handele, werde dieser nicht zugestimmt, weil sich die Verpflichtungsklage gegen einen bestandskräftigen Bescheid richte. Mit Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen; in den Gründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, die zunächst als Untätigkeitsklage erhobene Klage sei unzulässig, da sie sich gegen einen bestandskräftigen Verwaltungsakt richte; ferner sei, ohne dass es hierauf noch ankomme, für ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren ein rechtliches Interesse erforderlich, das der Kläger jedoch nicht dargetan habe.

Gegen diesen dem Kläger per Einschreiben mit Rückschein am 17. Juni 2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich seine am 17. Juli 2008 beim SG eingelegte Berufung. Nach seinem Dafürhalten ist der Justizgewährungsanspruch verletzt, wenn im Rahmen einer "Untätigkeits-Verpflichtungsklage" die Verpflichtungsklage für erledigt erklärt und noch ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden müsste. Sein berechtigtes Interesse auf Akteneinsicht gehe sowohl aus dem Verfahren B 8 SO 1/08 R als auch aus dem "PKH-f.Amtshaftungsklage-Verfahren" vor dem LG Heidelberg (7 O 247/04) hervor. Außerdem sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Beklagte damals Unberechtigten gegenüber sein Sozialgeheimnis verraten habe; hierüber dürften sich in der Akte Belege finden lassen. Einen Akteneinsichtsantrag beim BSG werde er nicht stellen, um eine Revisionsentscheidung nicht aufzuhalten; im Falle einer Zurückverweisung werde er Akteneinsicht beim LSG nehmen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Juni 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 2. August 2007 zu verurteilen, ihm Einsicht über die im Zeitraum vom 19. April 2002 bis 24. Juni 2003 geführten Akten des Sozialamts zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten (12 Bände (einschließlich Behelfsakten und Anlagenband)), die Klageakte des SG (S 7 SO 2312/07), die weiteren Akten des SG (S 12 SO 1594/05, S 7 SO 1480/07 ER, S 2 SO 1636/09), die Berufungsakte des Senats (L 7 SO 3570/08) und die weiteren Senatsakten (L 7 SO 1676/06, L 7 SO 1121/06 ER-B, L 7 SO 3392/07 ER-B, L 7 SO 4202/07, L 7 SO 2065/10) sowie die Revisionsakte des BSG (B 8 SO 1/08 R) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufungsbeschränkungen des § 144 Abs. 1 SGG nicht eingreifen; behördliche Verfahrenshandlungen - wie die hier umstrittene Gewährung von Akteneinsicht - unterfallen nicht dem Leistungsbegriff des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (vgl. schon BSG SozR 1500 § 144 Nr. 39; SozR 3-1500 § 144 Nr. 3 (jeweils zu § 144 Abs. 1 SGG a.F.)). Die Berufung ist aber jedenfalls unbegründet; denn die Klage ist - wie vom SG im Ergebnis zutreffend erkannt - bereits unzulässig. Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers (§ 71 Abs. 1 SGG) bestehen im Hinblick auf den von ihm im Verfahren L 7 SO 4202/07 am 7. August 2011 vorgelegten Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 3. August 2011 ( ), mit dem das Verfahren auf Anordnung einer Betreuung insbesondere mit Blick auf ein Gutachten des Dr. N., Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie, vom 9. November 2009 eingestellt worden ist, allerdings nicht.

Der Senat ist an einer Sachentscheidung über die vom Kläger verlangte Einsicht in Bestandteile der über ihn beim Sozialamt des Beklagten geführten Verwaltungsakten - den Zeitraum vom 19. April 2002 bis 24. Juni 2003 betreffend - in mehrfacher Hinsicht gehindert; zur Begründung seiner Anträge vom 5. Februar und 20. Dezember 2006 hat er seinerzeit "Sozialhilfe-Angelegenheiten" sowie ein "Schadenersatzverfahren gegen den Rhein-Neckar-Kreis" angegeben.

a) Soweit der Kläger sich auf ein "Schadensersatzverfahren" bezieht, mit dem er offenbar, wie seine Äußerungen im vorliegenden Berufungsverfahren ergeben haben, ein Verfahren auf Bewilligung von PKH vor dem LG Heidelberg (7 O 247/04 (Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe - 12 W 57/08 -)), möglicherweise aber auch solche gegen Bedienstete des Landkreises gemeint hat, vermag der Senat bereits deswegen zur Sache nicht zu entscheiden, weil die am 24. September 2007 sinngemäß von einer Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) umgestellte Klage unzulässig ist. Deshalb kann dahinstehen, ob der Kläger hinsichtlich des - ohne weitere Konkretisierung und Substantiierung der von ihm erwogenen Schadensersatzansprüche geltend gemachten - Akteneinsichtsgesuchs ein rechtliches Interesse (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 25 Nr. 3) ausreichend dargetan hat. Um ein Verwaltungsverfahren im Sinne des § 25 Abs. 1 SGB X, auf das sich ein Gesuch um Akteneinsicht nach dieser Bestimmung überhaupt nur beziehen kann, handelt es sich bei den vom Kläger vorgebrachten Schadensersatzansprüchen allerdings nicht. Denn das Akteneinsichtsrecht nach § 25 Abs. 1 SGB X bezieht sich nur auf das jeweilige konkrete, laufende Verwaltungsverfahren (vgl. BSG SozR3-1500 § 144 Nr. 3; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 119, 11), während die Gewährung von Akteneinsicht in allen übrigen Fällen im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung steht (vgl. BSG a.a.O.; BSG SozR 3-1300 § 25 Nr. 3; BVerwG a.a.O.; Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, K § 25 Rdnr. 9a (Stand: VII/10); Krasney in Kasseler Kommentar, SGB X § 25 Rdnr. 4 (Stand: Dezember 2003)).

Mit dem Erlass des Bescheids vom 2. August 2007 hatte sich die vom Kläger am 2. Juli 2007 zum SG erhobene Untätigkeitsklage in der Hauptsache erledigt; die Erledigung tritt nicht nur bei Erlass eines stattgebenden Verwaltungsakts (§ 88 Abs. 1 Satz 3 SGG), sondern auch bei Erlass eines ablehnenden Bescheids ein (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 - B 3 P 5/10 R - (juris; Rdnr. 23); ferner Binder in HK-SGG, 3. Auflage, § 88 Rdnr. 20; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, § 88 Rdnrn. 10b, 12). Das Rechtsschutzziel einer Untätigkeitsklage im sozialgerichtlichen Verfahren ist - im Gegensatz zu § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) - grundsätzlich nur auf die Bescheidung eines Antrages, nicht dagegen auf die Prüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des erhobenen Anspruchs gerichtet (vgl. BSGE 75, 56, 58 = SozR 3-1500 § 88 Nr. 2; BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 a.a.O.; vgl. auch § 131 Abs. 3 SGG). Der Erledigung der Untätigkeitsklage hat der Kläger in seinem am 1. Oktober 2007 beim SG eingegangenen Schreiben vom 30. September 2007 auch ausdrücklich Rechnung getragen und sein Begehren sinngemäß nunmehr auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt. Ein solcher Übergang von der Untätigkeitsklage ist zwar grundsätzlich statthaft. Die Umstellung ist, da wegen der oben dargestellten Besonderheiten der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG beim Übergang in eine Anfechtungs- und Leistungsklage dem Klageziel nunmehr ein anderer Streitgegenstand, nämlich anstatt des bislang verfolgten Bescheidungsbegehrens ein auf einen bestimmten Lebenssachverhalt gestützter materiell-rechtlich zu prüfender Anspruch, zugrunde liegt, als gewillkürte Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG zu behandeln (vgl. BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr. 2 (jeweils Rdnr. 19); Senatsurteil vom 18. Oktober 2007 - L 7 SO 4334/06 - (juris); ferner schon BSG SozR Nr. 2 zu § 112 SGG; BSG SozR Nr. 5 zu § 80 SGG; offengelassen von BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 a.a.O. (Rdnr. 24)); diese Klageänderung ist regelmäßig auch sachdienlich (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2007 a.a.O.; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Auflage, IV Rdnr. 59; Binder in Hk-SGG, a.a.O.; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnrn. 10b, 12). Hier steht der gewillkürten Klageänderung allerdings die Unzulässigkeit der geänderten Klage entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1993 - 4 RA 39/91 - (juris)). Denn selbst wenn die besonderen Prozessvoraussetzungen der Klageänderung nach § 99 Abs. 1 und 2 SGG gegeben wären, entbindet dies nicht von der Prüfung, ob die geänderte Klage zulässig ist. Für die Klageänderung (§ 99 Abs. 1 SGG) müssen vielmehr sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sein (ständige Rechtsprechung; vgl. nur BSGE 49, 163, 165 = SozR 1500 § 87 Nr. 6; BSG SozR 3-1500 § 29 Nr. 1; SozR 4-1500 § 160a Nr. 6); hierzu gehört auch die Einhaltung der Monatsfrist des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG. Dementsprechend ist bei Umstellung einer Untätigkeitsklage in eine (mit einer Leistungsklage verbundene) Anfechtungsklage die Anfechtungsfrist zu wahren (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2007 a.a.O.; Krasney/Udsching, a.a.O.; ebenso Binder in Hk-SGG, a.a.O., Rdnr. 21; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnrn. 10b, 12). Die Einhaltung der Frist war hier entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht entbehrlich; denn ein Fall des § 96 SGG, auf den er sich beruft, ist vorliegend nicht gegeben, weil es zum Zeitpunkt der Erhebung der Untätigkeitsklage an einem Bescheid gefehlt hat, der durch den Bescheid vom 2. August 2007 hätte abgeändert oder ersetzt werden können (vgl. schon BSG SozR Nr. 5 zu § 80 SGG; ferner Senatsurteil vom 18. Oktober 2007 a.a.O.; Binder in Hk-SGG, a.a.O.).

Die Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ist vorliegend indessen nicht gewahrt; hiernach ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Der Lauf einer Frist beginnt regelmäßig mit dem Tage nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tage nach der Eröffnung oder Verkündung (§ 64 Abs. 1 SGG). Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit dem Ablauf des Tages, welcher nach seiner Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt - hier also die Bekanntgabe des Bescheides vom 2. August 2007 - fällt (§ 64 Abs. 2 Satz 1 SGG). Gemäß § 37 Abs. 2 1. Halbsatz SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Der mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung (vgl. hierzu § 36 SGB X; ferner BSGE 69, 9, 11 = SozR 3-1500 § 66 Nr. 1) versehene Bescheid vom 2. August 2007 ist ausweislich des Absendevermerks am 3. August 2007 zur Post aufgegeben worden; die Bekanntgabe des Bescheids ist damit nach der vorstehenden Fiktion mit dem 6. August 2007 (einem Montag) bewirkt gewesen. Sonach hätte die Widerspruchsfrist nur bei Einlegung des betreffenden Rechtsbehelfs bis spätestens 6. September 2007 (einem Donnerstag) eingehalten werden können (§ 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Ein Widerspruch des Klägers könnte indessen frühestens in seinem am 24. September 2007 beim SG eingegangenen Schreiben vom 23. September 2007 gesehen werden. Damit ist die einmonatige Widerspruchsfrist jedoch nicht gewahrt. Wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung des Widerspruchs kann dem Kläger auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 84 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 67 SGG) gewährt werden. Wiedereinsetzung ist nur zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine Verfahrensfrist einzuhalten (vgl. § 67 Abs. 1 SGG). Dies ist dann der Fall, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt aufgewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 67 Rdnr. 3 (m.w.N.)). Gründe, welche den Kläger an einer rechtzeitigen Widerspruchseinlegung gehindert hätten, sind nicht ersichtlich; soweit er sich hinsichtlich der Fristversäumnis darauf gestützt hat, dass er der Meinung gewesen sei, der Bescheid vom 2. August 2007 sei - entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid - über § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, entschuldigt ihn dieser Rechtsirrtum nicht (vgl. etwa BSG, Beschlüsse vom 20. Februar 1991 - 9a BV 168/90 - und vom 10. Februar 1993 - 1 BK 37/92 - (beide juris)).

b) Soweit der Kläger zur Begründung seines Akteneinsichtsgesuchs des Weiteren den am 3. Dezember 2004 gestellten - mit Bescheid vom 14. Juli 2005 und Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2006 abschlägig beschiedenen - Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X herangezogen hat, ist seine zum SG am 2. Juli 2007 erhobene, nachfolgend auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellte Klage ebenfalls unzulässig. Dabei kann dahinstehen, ob die Akteneinsicht nach § 25 SGB X bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsakts (so Rombach in Hauck/Noftz, a.a.O.) oder aber bei einem anschließenden Klageverfahren nur für die Dauer des Verwaltungsverfahrens selbst zu gewähren ist (so wohl von Wulffen in von Wulffen u.a., SGB X, 7. Auflage, § 25 Rdnr. 2 und § 8 Rdnr. 9; offengelassen in BSG SozR 3-1500 § 144 Nr. 3). Ebenso kann offenbleiben, ob sich das auf den vorbezeichneten Grund gestützte Akteneinsichtsbegehren nicht mit Blick auf den am 31. März 2009 beim BSG im Verfahren B 8 SO 1/08 R geschlossenen gerichtlichen Vergleich erledigt hatte. Aber selbst wenn dies mit Blick auf die infolge des vorgenannten Vergleichs ergangenen Bescheide vom 17. Juni 2009 (Widerspruchsbescheide vom 24., 25. und 26. November 2009) nicht der Fall sein sollte, wäre das Begehren des Klägers unzulässig. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. SozR 1500 § 144 Nr. 39; SozR 3-1500 § 144 Nr. 3 S. 9 f.; Urteil vom 10. Dezember 1992 - 11 RAr 71/91 - (juris); ferner BSG SozR 3900 § 35 Nr. 1 S. 1 f.; ferner Senatsurteil vom 9. August 2007 - L 7 AS 874/07 - (juris)) können behördliche Verfahrenshandlungen gegenüber einem Verfahrensbeteiligten - wie die hier umstrittene Akteneinsicht - während eines schwebenden Verfahrens nicht isoliert mit Rechtsbehelfen angefochten werden. Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz hat seinen Ausdruck in der Bestimmung des § 44a Satz 1 VwGO gefunden, welche deshalb auch im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend herangezogen werden kann (vgl. nochmals BSG SozR 1500 § 144 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10. Dezember 1992 a.a.O.). Danach können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden; der gleiche Rechtsgedanke liegt im Übrigen auch der für das gerichtliche Verfahren geltenden Vorschrift des § 172 Abs. 2 SGG zugrunde. Zu den im Sinne des § 44a Satz 1 VwGO ausgeschlossenen Rechtsbehelfen gehören nicht nur Widerspruch und Anfechtungsklage, sondern auch Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl. BVerwG Buchholz 310 § 44a Nr. 7); unerheblich ist ferner, ob der behördlichen Verfahrenshandlung Verwaltungsaktsqualität zukommt oder nicht (vgl. Senatsurteil vom 9. August 2007 a.a.O; im Ergebnis auch BSG, Urteil vom 10. Dezember 1992 a.a.O.; BVerwG Buchholz 310 § 44a VwGO Nr. 1). Maßgeblich für die grundsätzlich ausgeschlossene isolierte Anfechtbarkeit von behördlichen Verfahrenshandlungen sind Gründe der Prozessökonomie; der Abschluss von noch anhängigen Verfahren soll nicht durch die Anfechtung von Verfahrenshandlungen verzögert oder erschwert werden (vgl. BSG SozR 1500 § 144 Nr. 39; BVerwG Buchholz 310 § 44a VwGO Nrn. 1 und 2; ferner Bundesverfassungsgericht SozR 3-1300 § 25 Nr. 1). Ein wegen der Bescheide vom 17. Juni 2009 (Widerspruchsbescheide vom 24., 25. und 26. November 2009) vom Kläger eingeleiteter gerichtlicher Rechtsschutz ist aber derzeit beim Senat u.a. im Berufungsverfahren L 7 SO 2065/10 anhängig.

c) Im Berufungsverfahren L 7 SO 2065/10 hat der Kläger im Übrigen am 15. Dezember 2010 beim Senat wiederum Einsicht in die den Zeitraum vom 19. April 2002 bis 24. Juni 2003 betreffenden Akten des Sozialamts des Beklagten begehrt, ohne dass dieser insoweit Einwände erhoben hätte. Mit Blick auf das dem Kläger im dortigen Verfahren nach § 120 Abs. 1 SGG zustehende Akteneinsichtsrecht, von dem er am 21. Dezember 2010 auf dem Ordnungsamt der Stadt L. auch bereits - wenngleich nicht zu seiner vollen Zufriedenheit - Gebrauch gemacht hat, spricht viel dafür, dass auch das Rechtsschutzinteresse für der vorliegende Verfahren, was aber angesichts der Ausführungen unter a) und b) keiner weiteren Vertiefung bedarf, entfallen ist (vgl. hierzu BVerwG Buchholz 316 § 29 VwVfG Nr. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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