Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 VK 1853/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VK 5026/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. November 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen einer Verschlimmerung der bei ihm als Folge einer Kriegsbeschädigung anerkannten "Narbenbildung an beiden Unterschenkeln mit Muskeldefekt rechts" sowie einer von ihm als Schädigungsfolge angesehenen Thromboseerkrankung.
Der 1927 geborene Kläger erlitt als Pionier der Deutschen Wehrmacht am 8. April 1945 einen Steckschuss im Bereich der linken Wade und eine Durchschuss- und Granatsplitterwunde am rechten Unterschenkel.
Deshalb beantragte er am 5. Oktober 1993 beim Amt für Versorgung und Soziales M. unter Hinweis auf zeitweilige Schmerzen im Bereich der früheren Verletzungen Beschädigtenversorgung. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen über den Kriegsdienst wurde der Kläger orthopädisch begutachtet. Dr. R. befundete bei unbehindertem Gang und guter Standfestigkeit auf beiden Beinen sowie beidseitig gut ausführbarem Zehenspitzen- und Fersenstand lediglich eine Narbenbildung, die keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) begründe.
Mit Bescheid vom 5. September 1994 stellte das Amt für Versorgung und Soziales M. fest, dass die Narbenbildungen an beiden Unterschenkeln des Klägers Schädigungsfolgen seien. Die Schädigungsfolgen würden jedoch keine rentenberechtigende MdE um mindestens 25 vom Hundert (v. H.) bedingen. Eine Rente könne deswegen nicht gewährt werden. Auf seinen Widerspruch wurde der Kläger erneut begutachtet. Dr. Weigt stellte einen Muskeldefekt rechts fest, dem mit einer MdE von 10 v. H. Rechnung zu tragen sei. Die vorliegende Gonarthrose beidseits sei alters- oder anlagebedingt und stehe in keinem Zusammenhang mit den Kriegsverletzungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 1995 änderte das Landesamt für Versorgung und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt den Bescheid vom 5. September 1994 dahingehend ab, dass als Gesundheitsstörungen "Narben an beiden Unterschenkeln mit Muskeldefekt rechts" anerkannt wurden. Diese Schädigungsfolgen bedingten aber nach Art und Ausmaß eine MdE unter 25 v. H. Denn die vom Kläger geltend gemachten Schmerzsymptome (Schmerzen bei längerem Gehen im rechten Unterschenkel und bei Witterungswechsel beidseitig) seien nicht als eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit zu definieren und deswegen bei der Beurteilung der Gesamt-MdE bereits berücksichtigt.
Am 5. Januar 2009 beantragte der Kläger beim zwischenzeitlich zuständig gewordenen Versorgungsamt H. wiederum die Gewährung von Beschädigtenrente. Dabei machte er eine schlechte Durchblutung, die zu einer Thrombose geführt habe, geltend. Bei einer längeren Flugreise müsse er Kompressionsstrümpfe tragen und auch Marcumar einnehmen. Die MdE sei wegen dieser Spätfolgen nunmehr über 25 v. H.
Das Versorgungsamt holte einen Befundbericht von Dr. M. ein, in dem dieser eine Unterschenkelvenenthrombose bestätigte. Der Kläger klage über Beschwerden im Sinne eines postthrombotischen Syndroms. Es lasse sich nicht sicher beweisen, ob die Unterschenkelvenenthrombose aus dem Jahr 2000 auf die Kriegsverletzung zurückzuführen sei. Allerdings stelle die Verletzung am Unterschenkel mit Defektheilung eine Disposition für eine Unterschenkelvenenthrombose dar (Bl. 65 V-Akte).
Der Beklagte veranlasste eine orthopädische Begutachtung des Klägers nach ambulanter Untersuchung. Der Chirurg Dr. Sp. beschrieb ein flottes und sicheres Gangbild, eine Gehhilfe werde nicht benutzt. Der Kläger trage an beiden Unterschenkeln Kompressionsstrümpfe. Die nahe des rechten Schienbeins liegende Narbe wie auch die sonstigen anerkannten Narben seien völlig reizlos. Die beschwerdebereitende Hautveränderung liege unterhalb des Schienbeins und weise damit einen deutlichen Abstand zu der Verwundungsnarbe auf. Deswegen lasse sich eine ursächliche Verbindung zwischen den beiden Veränderungen medizinisch nicht herstellen. Bei der beklagten Hautveränderung handele es sich vielmehr um ein Stauungsekzem, das auf dem Boden der vorliegenden Varikosis entstanden sei, der wiederum am häufigsten eine körperbedingte Gewebsschwäche zu Grunde liege. Die oberflächliche Lage der Narben schließe einen Einfluss auf die venöse bzw. arterielle Durchblutung der Beine aus. Zusammenfassend könne festgehalten werden, dass auf dem Gebiet der anerkannten Schädigungsfolgen weder eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei noch weitere Schädigungsfolgen hinzugekommen seien.
Mit Bescheid vom 23. März 2009 lehnte der Beklagte daraufhin den Antrag auf Neufeststellung eines Versorgungsanspruchs mit der Begründung ab, es sei im Bereich der anerkannten Schädigungsfolgen nicht zu einer Befundverschlimmerung gekommen und weitere Erkrankungen seien nicht aufgetreten.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, der Venenschaden hätte von einem dafür zuständigen Facharzt - Phlebologie - bewertet werden müssen. Unter der Narbe am rechten Unterschenkel bestehe auf Dauer Thrombosegefahr. In den Nächten träten ständig Schmerzen auf, die nur mit nächtlichem Tragen von Kompressionsstrümpfen verdrängt werden könnten. Er hat hierzu Fotos der betroffenen Hautregionen sowie ein Attest von Dr. M. (Patient sei ständig thrombosegefährdet) vorgelegt.
Medizinaldirektorin Dr. H. führte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme aus, dass die Narben kein Funktionsdefizit bewirkten und auch keinen Einfluss auf die venöse oder arterielle Durchblutung der Beine hätten. Da die Schädigungsfolgen keinen Einfluss auf die arterielle und venöse Durchblutung der Beine hätten, sei auch eine phlebologische Begutachtung entbehrlich. Der Kläger beschwere sich vielmehr über eine gründliche körperliche Untersuchung.
Gestützt hierauf wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, dass eine phlebologische Begutachtung nach der gründlichen körperlichen Untersuchung entbehrlich sei und die anerkannten Schädigungsfolgen keinen Einfluss auf die arterielle und venöse Durchblutung der Beine hätten.
Mit seiner dagegen am 29. Mai 2009 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, es sei allgemein bekannt, dass Eingriffe in den menschlichen Körper oder Körperteile eine Beeinflussung des inneren Ablaufs hervorrufen könnten. Das Gutachten sei deswegen realfremd und könne nicht als Grundlage für die Ablehnung des Antrags gelten.
Nach vorangegangener Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 2. November 2011, dem Kläger zugestellt am 8. November 2011, mit der Begründung abgewiesen, die beim Kläger im Jahre 2000 eingetretene Venenthrombose sei nicht Schädigungsfolge. Insoweit sei weder eine Verschlimmerung eingetreten, noch sei die Erkrankung, die in kausalem Zusammenhang mit dem Militärdienst des Klägers stehe, neu aufgetreten. Das Gutachten von Dr. Sp. sei schlüssig und im Ergebnis überzeugend. Denn die Hautveränderungen befänden sich in deutlichem Abstand von den als Schädigungsfolgen anerkannten Narben, die bei der Untersuchung völlig reizlos gewesen seien. Insofern sei ein Wirkungszusammenhang nicht wahrscheinlich. Dasselbe gelte für einen Zusammenhang zwischen den Narben und der Varikosisentwicklung, da die Narben oberflächlich lägen. Dass der Sachverständige kein Phlebologe sei, begründe keine Einwendungen gegen die Begutachtung. Denn der Kläger habe zunächst Schussverletzungen erlitten, die in das Fachgebiet der Chirurgie und Unfallchirurgie fielen. Eine phlebologische Begutachtung sei deswegen entbehrlich, da in erster Linie eine chirurgische Fragestellung zu klären gewesen sei.
Mit seiner dagegen am 18. November 2011 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, Grundrentenempfänger würden im Osten gegenüber denen im Westen ungleich behandelt. Die in seinem Fall ergangenen Bescheide würdigten den Einzelfall nicht.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. November 2011 sowie den Bescheid vom 23. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 5. September 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 1995 abzuändern und ihm unter Anerkennung einer Thromboseerkrankung als Schädigungsfolge eine Beschädigtenrente ab 1. Januar 2009 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente oder die Feststellung weiterer Schädigungsfolgen.
Die vom Kläger geltend gemachte Verschlimmerung einer Funktionseinschränkung auf Grund der Schädigungsfolgen richtet sich nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass, hier des bestandskräftigen Bescheides vom 5. September 1994 sowie des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 1995, vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB X).
Diese Voraussetzungen liegen auch zur Überzeugung des Senats bei dem Kläger nicht vor. Vielmehr ist eine wesentliche Änderung in den Schädigungsfolgen, die keinen rentenberechtigenden Grad haben, nicht eingetreten. Der Senat stützt sich insoweit auf das im Wege des Urkundsbeweises verwertbare Gutachten von Dr. Sp. wie die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. H ... Einer phlebologischen Begutachtung bedurfte es auch aus Sicht des Senats nicht. Denn die beim Kläger unstreitig vorliegende Unterschenkelvenenthrombose mit Folge eines postthrombotischen Syndroms hat - wie sämtliche Ärzte bestätigen - keine Ursache in den durch die Schussverletzungen begründeten Narben.
Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung (§ 1 Abs.1 BVG). Nach § 31 Abs. 1 BVG erhalten Beschädigte eine monatliche Grundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30, wobei nach § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG ein bis zu 5 Grad geringerer GdS (von 25) vom höheren 10er-Satz bzw. -Grad mit umfasst wird.
Danach steht dem Kläger kein Rentenanspruch zu, denn die auf die Schädigung zurückzuführenden Gesundheitsstörungen erreichen keinen rentenberechtigenden Grad. Die Beurteilung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) erfolgt gemäß § 30 Abs. 17 (i. d. F. bis zum 30.06.2011) bzw. Abs. 16 (i. d. F. ab 01.07.2011) BVG nach Maßgabe der "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung). Die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" haben die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die für die Zeit vor dem 01.01.2009 als antizipierte Sachverständigengutachten zu beachten gewesen sind (BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R; Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R und BVerfG, Beschluss vom 06.03.1995 - BvR 60/95), abgelöst. Die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" und nunmehr die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" sind ein auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhendes Regelwerk, das die möglichst gleichmäßige Anwendung der Bewertungsmaßstäbe im Bundesgebiet bezweckt und dem Ziel des einheitlichen Verwaltungshandelns und der Gleichbehandlung dient.
Auf die Kriegsverletzung zurückzuführen sind nach den Ausführungen der Sachverständigen lediglich die Narben an beiden Unterschenkeln mit einem leichten Muskeldefekt. Diese bedingen, wie bereits die Gutachten von Dr. R. und Dr. Weigt ausgeführt haben, lediglich einen GdS von 10. Insoweit maßgebend sind allein die von der Kriegsverletzung ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen, d.h. bei den reizlosen Narben, die Dr. Sp. beschrieben hat, nur der Muskeldefekt. Nach Teil B Nr. 17 der "Versorgungsmedizinische Grundsätze" können zwar Narben durch Ausdehnung, Beschaffenheit (z.B. Verhärtung, Verdünnung, Narbenzüge), Sitz oder Einwirkung auf ihre Umgebung zu Störungen führen, die die Höhe des GdS bestimmen. Die vom Kläger gezeigte Hautveränderung bzw. Rötung, deren Lage auch fotographisch dokumentiert ist, befindet sich aber - worauf der Sachverständige Dr. Sp. zu Recht hinweist - außerhalb des Narbengebiets. Vielmehr hat Dr. Sp. überzeugend ausgeführt, dass allein auf Grund des deutlichen Abstands der Hautveränderungen von den als Schädigungsfolgen anerkannten Narben ein Wirkungszusammenhang nicht wahrscheinlich ist. Eine Verschlimmerung in den anerkannten Schädigungsfolgen ist deswegen nicht dokumentiert.
Weitere Schädigungsfolgen sind ebenfalls nicht anzuerkennen. Anlass für die Annahme, dass die beim Kläger vorliegende Thrombose auf die Schussverletzungen in beiden Unterschenkeln zurückzuführen ist, besteht nämlich nicht. Das wurde noch nicht einmal von Dr. M. in seinem Attest behauptet. Für die Varikosiserkrankung, die 2000 aufgetreten ist, gilt, dass sie meist konstitutionell bedingt ist als Folge einer allgemeinen Bindegewebsschwäche (so Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, S. 2008), worauf auch die Beratungsärztin Ministerialdirektorin Dr. H. zutreffend hingewiesen hat.
Im Falle des Klägers spricht weiter gegen eine schädigungsbedingte Folge, dass die Narben nur oberflächlich liegen, sodass ein Einfluss auf die venöse oder arterielle Durchblutung der Beine nicht wahrscheinlich zu machen ist. Deswegen hat auch Dr. M. ausgeführt, dass sich ein Beweis eines ursächlichen Zusammenhangs nicht führen lässt, sondern die Verletzung lediglich eine Disposition darstellt. Das reicht aber für den Nachweis einer Kausalität nicht aus.
Denn während das schädigende Ereignis, die dadurch eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) erwiesen sein müssen, ist für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 10 RV 15/77 - BSGE 45, 1; BSG, Urteil vom 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - BSGE 60, 58). Der ursächliche Zusammenhang ist vor allem nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt, d. h. dass unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang spricht. Ist ein Sachverhalt nicht beweisbar oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich zu machen, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) der Beteiligte die Folgen zu tragen, der aus dem nicht festgestellten Sachverhalt bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Zusammenhang Rechte für sich herleitet (BSG, Urteil vom 29.03.1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52; BSG, Urteil vom 31.10.1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121; BSG, Urteil vom 20.01.1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110).
Übertragen auf den Fall des Klägers kann die Thromboseerkrankung nicht wahrscheinlich auf die Kriegsbeschädigung zurückgeführt werden. Vielmehr spricht viel dafür, wie auch die Ministerialdirektorin Dr. H. ausgeführt hat, dass das Krampfaderleiden wie auch die Unterschenkelvenenthrombose, die ein postthrombotisches Syndrom zurückgelassen hat, anlagebedingt sind. Aus diesem Grund ist auch - wie bereits oben ausgeführt - keine phlebologische Begutachtung erforderlich.
Die Berufung des Klägers war deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen einer Verschlimmerung der bei ihm als Folge einer Kriegsbeschädigung anerkannten "Narbenbildung an beiden Unterschenkeln mit Muskeldefekt rechts" sowie einer von ihm als Schädigungsfolge angesehenen Thromboseerkrankung.
Der 1927 geborene Kläger erlitt als Pionier der Deutschen Wehrmacht am 8. April 1945 einen Steckschuss im Bereich der linken Wade und eine Durchschuss- und Granatsplitterwunde am rechten Unterschenkel.
Deshalb beantragte er am 5. Oktober 1993 beim Amt für Versorgung und Soziales M. unter Hinweis auf zeitweilige Schmerzen im Bereich der früheren Verletzungen Beschädigtenversorgung. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen über den Kriegsdienst wurde der Kläger orthopädisch begutachtet. Dr. R. befundete bei unbehindertem Gang und guter Standfestigkeit auf beiden Beinen sowie beidseitig gut ausführbarem Zehenspitzen- und Fersenstand lediglich eine Narbenbildung, die keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) begründe.
Mit Bescheid vom 5. September 1994 stellte das Amt für Versorgung und Soziales M. fest, dass die Narbenbildungen an beiden Unterschenkeln des Klägers Schädigungsfolgen seien. Die Schädigungsfolgen würden jedoch keine rentenberechtigende MdE um mindestens 25 vom Hundert (v. H.) bedingen. Eine Rente könne deswegen nicht gewährt werden. Auf seinen Widerspruch wurde der Kläger erneut begutachtet. Dr. Weigt stellte einen Muskeldefekt rechts fest, dem mit einer MdE von 10 v. H. Rechnung zu tragen sei. Die vorliegende Gonarthrose beidseits sei alters- oder anlagebedingt und stehe in keinem Zusammenhang mit den Kriegsverletzungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 1995 änderte das Landesamt für Versorgung und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt den Bescheid vom 5. September 1994 dahingehend ab, dass als Gesundheitsstörungen "Narben an beiden Unterschenkeln mit Muskeldefekt rechts" anerkannt wurden. Diese Schädigungsfolgen bedingten aber nach Art und Ausmaß eine MdE unter 25 v. H. Denn die vom Kläger geltend gemachten Schmerzsymptome (Schmerzen bei längerem Gehen im rechten Unterschenkel und bei Witterungswechsel beidseitig) seien nicht als eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit zu definieren und deswegen bei der Beurteilung der Gesamt-MdE bereits berücksichtigt.
Am 5. Januar 2009 beantragte der Kläger beim zwischenzeitlich zuständig gewordenen Versorgungsamt H. wiederum die Gewährung von Beschädigtenrente. Dabei machte er eine schlechte Durchblutung, die zu einer Thrombose geführt habe, geltend. Bei einer längeren Flugreise müsse er Kompressionsstrümpfe tragen und auch Marcumar einnehmen. Die MdE sei wegen dieser Spätfolgen nunmehr über 25 v. H.
Das Versorgungsamt holte einen Befundbericht von Dr. M. ein, in dem dieser eine Unterschenkelvenenthrombose bestätigte. Der Kläger klage über Beschwerden im Sinne eines postthrombotischen Syndroms. Es lasse sich nicht sicher beweisen, ob die Unterschenkelvenenthrombose aus dem Jahr 2000 auf die Kriegsverletzung zurückzuführen sei. Allerdings stelle die Verletzung am Unterschenkel mit Defektheilung eine Disposition für eine Unterschenkelvenenthrombose dar (Bl. 65 V-Akte).
Der Beklagte veranlasste eine orthopädische Begutachtung des Klägers nach ambulanter Untersuchung. Der Chirurg Dr. Sp. beschrieb ein flottes und sicheres Gangbild, eine Gehhilfe werde nicht benutzt. Der Kläger trage an beiden Unterschenkeln Kompressionsstrümpfe. Die nahe des rechten Schienbeins liegende Narbe wie auch die sonstigen anerkannten Narben seien völlig reizlos. Die beschwerdebereitende Hautveränderung liege unterhalb des Schienbeins und weise damit einen deutlichen Abstand zu der Verwundungsnarbe auf. Deswegen lasse sich eine ursächliche Verbindung zwischen den beiden Veränderungen medizinisch nicht herstellen. Bei der beklagten Hautveränderung handele es sich vielmehr um ein Stauungsekzem, das auf dem Boden der vorliegenden Varikosis entstanden sei, der wiederum am häufigsten eine körperbedingte Gewebsschwäche zu Grunde liege. Die oberflächliche Lage der Narben schließe einen Einfluss auf die venöse bzw. arterielle Durchblutung der Beine aus. Zusammenfassend könne festgehalten werden, dass auf dem Gebiet der anerkannten Schädigungsfolgen weder eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei noch weitere Schädigungsfolgen hinzugekommen seien.
Mit Bescheid vom 23. März 2009 lehnte der Beklagte daraufhin den Antrag auf Neufeststellung eines Versorgungsanspruchs mit der Begründung ab, es sei im Bereich der anerkannten Schädigungsfolgen nicht zu einer Befundverschlimmerung gekommen und weitere Erkrankungen seien nicht aufgetreten.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, der Venenschaden hätte von einem dafür zuständigen Facharzt - Phlebologie - bewertet werden müssen. Unter der Narbe am rechten Unterschenkel bestehe auf Dauer Thrombosegefahr. In den Nächten träten ständig Schmerzen auf, die nur mit nächtlichem Tragen von Kompressionsstrümpfen verdrängt werden könnten. Er hat hierzu Fotos der betroffenen Hautregionen sowie ein Attest von Dr. M. (Patient sei ständig thrombosegefährdet) vorgelegt.
Medizinaldirektorin Dr. H. führte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme aus, dass die Narben kein Funktionsdefizit bewirkten und auch keinen Einfluss auf die venöse oder arterielle Durchblutung der Beine hätten. Da die Schädigungsfolgen keinen Einfluss auf die arterielle und venöse Durchblutung der Beine hätten, sei auch eine phlebologische Begutachtung entbehrlich. Der Kläger beschwere sich vielmehr über eine gründliche körperliche Untersuchung.
Gestützt hierauf wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ergänzend ausgeführt, dass eine phlebologische Begutachtung nach der gründlichen körperlichen Untersuchung entbehrlich sei und die anerkannten Schädigungsfolgen keinen Einfluss auf die arterielle und venöse Durchblutung der Beine hätten.
Mit seiner dagegen am 29. Mai 2009 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, es sei allgemein bekannt, dass Eingriffe in den menschlichen Körper oder Körperteile eine Beeinflussung des inneren Ablaufs hervorrufen könnten. Das Gutachten sei deswegen realfremd und könne nicht als Grundlage für die Ablehnung des Antrags gelten.
Nach vorangegangener Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 2. November 2011, dem Kläger zugestellt am 8. November 2011, mit der Begründung abgewiesen, die beim Kläger im Jahre 2000 eingetretene Venenthrombose sei nicht Schädigungsfolge. Insoweit sei weder eine Verschlimmerung eingetreten, noch sei die Erkrankung, die in kausalem Zusammenhang mit dem Militärdienst des Klägers stehe, neu aufgetreten. Das Gutachten von Dr. Sp. sei schlüssig und im Ergebnis überzeugend. Denn die Hautveränderungen befänden sich in deutlichem Abstand von den als Schädigungsfolgen anerkannten Narben, die bei der Untersuchung völlig reizlos gewesen seien. Insofern sei ein Wirkungszusammenhang nicht wahrscheinlich. Dasselbe gelte für einen Zusammenhang zwischen den Narben und der Varikosisentwicklung, da die Narben oberflächlich lägen. Dass der Sachverständige kein Phlebologe sei, begründe keine Einwendungen gegen die Begutachtung. Denn der Kläger habe zunächst Schussverletzungen erlitten, die in das Fachgebiet der Chirurgie und Unfallchirurgie fielen. Eine phlebologische Begutachtung sei deswegen entbehrlich, da in erster Linie eine chirurgische Fragestellung zu klären gewesen sei.
Mit seiner dagegen am 18. November 2011 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, Grundrentenempfänger würden im Osten gegenüber denen im Westen ungleich behandelt. Die in seinem Fall ergangenen Bescheide würdigten den Einzelfall nicht.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. November 2011 sowie den Bescheid vom 23. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 5. September 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 1995 abzuändern und ihm unter Anerkennung einer Thromboseerkrankung als Schädigungsfolge eine Beschädigtenrente ab 1. Januar 2009 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beschädigtenrente oder die Feststellung weiterer Schädigungsfolgen.
Die vom Kläger geltend gemachte Verschlimmerung einer Funktionseinschränkung auf Grund der Schädigungsfolgen richtet sich nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass, hier des bestandskräftigen Bescheides vom 5. September 1994 sowie des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 1995, vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (§ 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB X).
Diese Voraussetzungen liegen auch zur Überzeugung des Senats bei dem Kläger nicht vor. Vielmehr ist eine wesentliche Änderung in den Schädigungsfolgen, die keinen rentenberechtigenden Grad haben, nicht eingetreten. Der Senat stützt sich insoweit auf das im Wege des Urkundsbeweises verwertbare Gutachten von Dr. Sp. wie die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. H ... Einer phlebologischen Begutachtung bedurfte es auch aus Sicht des Senats nicht. Denn die beim Kläger unstreitig vorliegende Unterschenkelvenenthrombose mit Folge eines postthrombotischen Syndroms hat - wie sämtliche Ärzte bestätigen - keine Ursache in den durch die Schussverletzungen begründeten Narben.
Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung (§ 1 Abs.1 BVG). Nach § 31 Abs. 1 BVG erhalten Beschädigte eine monatliche Grundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30, wobei nach § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG ein bis zu 5 Grad geringerer GdS (von 25) vom höheren 10er-Satz bzw. -Grad mit umfasst wird.
Danach steht dem Kläger kein Rentenanspruch zu, denn die auf die Schädigung zurückzuführenden Gesundheitsstörungen erreichen keinen rentenberechtigenden Grad. Die Beurteilung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) erfolgt gemäß § 30 Abs. 17 (i. d. F. bis zum 30.06.2011) bzw. Abs. 16 (i. d. F. ab 01.07.2011) BVG nach Maßgabe der "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung). Die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" haben die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die für die Zeit vor dem 01.01.2009 als antizipierte Sachverständigengutachten zu beachten gewesen sind (BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R; Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R und BVerfG, Beschluss vom 06.03.1995 - BvR 60/95), abgelöst. Die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" und nunmehr die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" sind ein auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhendes Regelwerk, das die möglichst gleichmäßige Anwendung der Bewertungsmaßstäbe im Bundesgebiet bezweckt und dem Ziel des einheitlichen Verwaltungshandelns und der Gleichbehandlung dient.
Auf die Kriegsverletzung zurückzuführen sind nach den Ausführungen der Sachverständigen lediglich die Narben an beiden Unterschenkeln mit einem leichten Muskeldefekt. Diese bedingen, wie bereits die Gutachten von Dr. R. und Dr. Weigt ausgeführt haben, lediglich einen GdS von 10. Insoweit maßgebend sind allein die von der Kriegsverletzung ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen, d.h. bei den reizlosen Narben, die Dr. Sp. beschrieben hat, nur der Muskeldefekt. Nach Teil B Nr. 17 der "Versorgungsmedizinische Grundsätze" können zwar Narben durch Ausdehnung, Beschaffenheit (z.B. Verhärtung, Verdünnung, Narbenzüge), Sitz oder Einwirkung auf ihre Umgebung zu Störungen führen, die die Höhe des GdS bestimmen. Die vom Kläger gezeigte Hautveränderung bzw. Rötung, deren Lage auch fotographisch dokumentiert ist, befindet sich aber - worauf der Sachverständige Dr. Sp. zu Recht hinweist - außerhalb des Narbengebiets. Vielmehr hat Dr. Sp. überzeugend ausgeführt, dass allein auf Grund des deutlichen Abstands der Hautveränderungen von den als Schädigungsfolgen anerkannten Narben ein Wirkungszusammenhang nicht wahrscheinlich ist. Eine Verschlimmerung in den anerkannten Schädigungsfolgen ist deswegen nicht dokumentiert.
Weitere Schädigungsfolgen sind ebenfalls nicht anzuerkennen. Anlass für die Annahme, dass die beim Kläger vorliegende Thrombose auf die Schussverletzungen in beiden Unterschenkeln zurückzuführen ist, besteht nämlich nicht. Das wurde noch nicht einmal von Dr. M. in seinem Attest behauptet. Für die Varikosiserkrankung, die 2000 aufgetreten ist, gilt, dass sie meist konstitutionell bedingt ist als Folge einer allgemeinen Bindegewebsschwäche (so Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, S. 2008), worauf auch die Beratungsärztin Ministerialdirektorin Dr. H. zutreffend hingewiesen hat.
Im Falle des Klägers spricht weiter gegen eine schädigungsbedingte Folge, dass die Narben nur oberflächlich liegen, sodass ein Einfluss auf die venöse oder arterielle Durchblutung der Beine nicht wahrscheinlich zu machen ist. Deswegen hat auch Dr. M. ausgeführt, dass sich ein Beweis eines ursächlichen Zusammenhangs nicht führen lässt, sondern die Verletzung lediglich eine Disposition darstellt. Das reicht aber für den Nachweis einer Kausalität nicht aus.
Denn während das schädigende Ereignis, die dadurch eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) erwiesen sein müssen, ist für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 10 RV 15/77 - BSGE 45, 1; BSG, Urteil vom 19.03.1986 - 9a RVi 2/84 - BSGE 60, 58). Der ursächliche Zusammenhang ist vor allem nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt, d. h. dass unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang spricht. Ist ein Sachverhalt nicht beweisbar oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich zu machen, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) der Beteiligte die Folgen zu tragen, der aus dem nicht festgestellten Sachverhalt bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Zusammenhang Rechte für sich herleitet (BSG, Urteil vom 29.03.1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52; BSG, Urteil vom 31.10.1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121; BSG, Urteil vom 20.01.1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110).
Übertragen auf den Fall des Klägers kann die Thromboseerkrankung nicht wahrscheinlich auf die Kriegsbeschädigung zurückgeführt werden. Vielmehr spricht viel dafür, wie auch die Ministerialdirektorin Dr. H. ausgeführt hat, dass das Krampfaderleiden wie auch die Unterschenkelvenenthrombose, die ein postthrombotisches Syndrom zurückgelassen hat, anlagebedingt sind. Aus diesem Grund ist auch - wie bereits oben ausgeführt - keine phlebologische Begutachtung erforderlich.
Die Berufung des Klägers war deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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