S 4 AL 26/10

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AL 26/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung aus einem Widerspruchsverfahren.

Der 1973 geborene Kläger meldete sich am 02.04.2009 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld, nachdem das Ausbildungsverhältnis durch den Ausbildungsbetrieb am 31.03.2009 gekündigt worden war, wogegen er sich mit einer Klage zum Arbeitsgericht wandte. In dem Antragsformular gab er an, Hilfe zum Lebensunterhalt bei der ARGE H. beantragt zu haben.

Mit Bescheid vom 27.04.2009 bewilligte ihm die Beklagte vorläufig Arbeitslosengeld ab dem 02.04.2009 mit einem Zahlungsbeginn am 24.06.2009. Die Anspruchsdauer wurde mit 240 Kalendertagen, das Bemessungsentgelt mit 10,68 EUR und der tägliche Leistungsbetrag mit 5,06 EUR angegeben. Hinsichtlich des Zeitraumes 02.04.2009 bis 23.06.2009 wurde auf ein gesondertes Schreiben verwiesen. In diesem Schreiben vom 27.04.2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass über den Antrag noch nicht abschließend entschieden werden könne, da eine Prüfung hinsichtlich des Eintritts einer Sperrzeit durchgeführt werde. Vorläufig könnten daher Leistungen nur für die Zeit nach dem 23.06.2009 bewilligt werden.

Nachfragen der Beklagten zum Stand des arbeitsgerichtlichen Verfahrens ergaben in der Folgezeit, dass noch keine Entscheidung ergangen war. Am 18.06.2009 teilte die ARGE SGB II H. GmbH der Beklagten mit, dass sie ab dem 23.04.2009 Leistungen nach dem SGB II erbringe und meldete einen vorläufigen Erstattungsanspruch an, woraufhin die Beklagte dem Kläger mit einem Änderungsbescheid vom 18.06.2009 mitteilte, dass für den Zeitraum 23.04.2009 bis 23.06.2009 wegen dieses vorläufigen Erstattungsanspruches eines Leistungsträgers keine Auszahlung erfolge. Die Anspruchsdauer wurde ab dem Änderungsdatum 23.04.2009 mit 218 Tagen angegeben. Mit einem weiteren Änderungsbescheid vom 01.09.2009 teilte ihm die Beklagte mit, dass er über den Auszahlungsanspruch für den Zeitraum 23.04.2009 bis 23.06.2009 ein gesondertes Schreiben erhalte. Die Anspruchsdauer ab dem Änderungsdatum 23.04.2009 wurde wiederum mit 218 Kalendertagen bei einer ursprünglichen Anspruchsdauer ab Anspruchsbeginn von 240 Tagen angegeben.

Gegen diesen Bescheid erhob der durch seinen Bevollmächtigten vertretene Kläger am 05.10.2009 Widerspruch mit der Begründung, dass kein Grund dafür ersichtlich sei, dass im Zeitraum 23.04.2009 bis 23.06.2009 kein Leistungsanspruch bestehen solle. Eine rückwirkende Änderung nach § 45 SGB X sei ausgeschlossen und der Kläger habe die Leistungen bereits verbraucht.

Am 30.12.2009 erließ die Beklagte einen weiteren Änderungsbescheid mit Wirkung vom 02.04.2009. Danach wurde für den Zeitraum 02.04. bis 22.04.2009 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 5,06 EUR bewilligt und für den Zeitraum 23.04.2009 bis 23.06.2009 erfolgte wegen eines vorläufigen Erstattungsanspruches eines Leistungsträgers keine Auszahlung. Ab dem 24.06.2009 bis zum 01.12.2009 erfolgte die Bewilligung wiederum mit einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 5,06 EUR. Die Anspruchsdauer wurde mit 240 Tagen angegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom gleichen Tag wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.09.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30.12. 2009 zurück und führte aus, dass nach § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entschieden werde, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruches auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich sei, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorlägen und der Arbeitslose die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstünden, nicht zu vertreten habe. Für den Leistungsanspruch bzw. den Eintritt einer Sperrzeit seien die genauen Umstände noch zu ermitteln gewesen, so dass eine abschließende Entscheidung zum Zeitpunkt des Änderungsbescheides noch nicht habe getroffen werden können. Für eine abschließende Entscheidung über den Anspruchsbeginn sei das weitere Ergebnis der Sachverhaltsaufklärung abzuwarten gewesen.

Mit der am 01.02.2010 zum Sozialgericht Halle erhobenen Klage, die ursprünglich gegen die Bescheide vom 01.09.2009 und 30.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2009 gerichtet war, verfolgt der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, letztlich das Begehren, die Kosten des Widerspruchsverfahrens erstattet zu bekommen. Zur Begründung trägt er vor, dass der Bescheid vom 01.09. 2009 rechtswidrig gewesen sei, da er eine Abänderung zu seinen Lasten enthalten habe. Seit der Arbeitslosmeldung am 02.04.2009 sei keine Änderung in den Verhältnissen eingetreten, so dass eine rückwirkende Änderung gemäß § 45 SGB X ausgeschlossen gewesen sei. Dies gelte auch für einen rückwirkenden Erstattungsanspruch. Die zahlreichen Bescheide und Schreiben seien nicht nachvollziehbar. Aufgrund des Widerspruches habe die Beklagte jedoch die angegriffenen Bescheide abgeändert, so dass der Widerspruch letztlich erfolgreich gewesen sei mit der Folge, dass die Beklagte ihm die Kosten des Widerspruchsverfahrens erstatten müsse.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Widerspruchsbescheides vom 30.12.2009 die Kosten des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 01.09.2009 zu erstatten und die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt zur Begründung vor, dass eine Kostenübernahme nicht in Betracht komme, da sie hinreichend auf die Vorläufigkeit der Bewilligung hingewiesen und den Grund hierfür jeweils angegeben habe. Der Kläger sei bereits im Widerspruchsverfahren anwaltlich vertreten gewesen und es sei davon auszugehen, dass der Bevollmächtigte die Bescheide sowie die ergänzenden Hinweisschreiben habe verstehen können.

Die Verwaltungsakte der Beklagten hat vorgelegen und ist Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreites ist der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 30.12.2009 hinsichtlich der Regelung zur Kostenerstattung aus dem Widerspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid vom 01.09.2009. Der Widerspruchsbescheid vom 30.12.2009 ist in dieser Hinsicht rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn er hat keinen Anspruch auf die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens.

Nach § 63 Abs. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Ob der Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 01.09.2009 hier erfolgreich im Sinne von § 63 Abs. 1 SGB X war, braucht nicht entschieden zu werden. Bereits mit der ersten Bewilligung am 27.04.2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass wegen der Prüfung einer Sperrzeit nur eine vorläufige Bewilligung mit einer Auszahlung für die Zeit ab dem 24.06.2009 erfolgen könne. Nach der Anmeldung eines Erstattungsanspruches durch die ARGE SGB II H. GmbH erfolgte ein weiterer Hinweis auf die Vorläufigkeit der Bewilligung, die auch in dem Änderungsbescheid vom 01.09.2009, gegen den sich der Widerspruch des durch seinen Bevollmächtigten vertretenen Klägers richtete, enthalten war. Ursächlich für die Bewilligung ab dem 02.04.2009 in dem Änderungsbescheid vom 30.12.2009 war im eigentlichen Sinne nicht der Widerspruch des Klägers, sondern die Entscheidung der Beklagten, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum 02.04.2009 bis 23.06.2009 nicht wegen des Eintritts einer Sperrzeit ruhte.

Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Erfolg im Sinne von § 63 Abs. 1 SGB X eingetreten ist, besteht keine Verpflichtung der Beklagten, die Aufwendungen zu erstatten, denn diese waren nicht notwendig. Bei den Aufwendungen kann es sich hier nach § 63 Abs. 2 SGB X nur um die Gebühren und Auslagen des Bevollmächtigten des Klägers handeln. Es handelt sich dann um notwendige Aufwendungen, wenn ein verständiger Beteiligter im Hinblick auf die Bedeutung sowie die rechtliche oder sachliche Schwierigkeit der Sache diese vernünftiger Weise für erforderlich halten darf (Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 63 Rdnr. 13 m.w.N.). Der Gebührenanspruch des Bevollmächtigten des Klägers entsteht durch die Einlegung des Widerspruchs, so dass darauf abzustellen ist, ob im Hinblick auf den Streitgegenstand die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens notwendig war, woran es im konkreten Fall fehlt, da die Beklagte mit der hinreichenden Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht hat, dass es sich um eine vorläufige Bewilligung handelt. Dies gilt auch für den Änderungsbescheid vom 01.09.2009, zumal jeder Verfahrensbeteiligte die Pflicht hat, die Kosten im Rahmen des Verständigen nach Möglichkeit niedrig zu halten (Roos a.a.O.). Der Bevollmächtigte des Klägers hätte also erkennen können und müssen, dass es im Hinblick auf die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum 02.04.2009 bis 23.06.2009 nicht der Einlegung eines Widerspruches bedarf, da eine endgültige Entscheidung hierüber nach dem Inhalt der Bescheide und der ergänzenden Schreiben der Beklagten noch nicht getroffen war. Auch aus dem Bescheid vom 01.09.2009, gegen den Widerspruch erhoben wurde, war ersichtlich, dass es sich um eine Änderung gegenüber einer vorhergehenden Bewilligung gehandelt hat. Es wäre also leicht nachzuvollziehen gewesen, warum eine nur vorläufige Bewilligung ergangen war und welchen Zeitraum diese betraf. Um dies zu erkennen, war die Einlegung eines Widerspruches nicht notwendig, so dass Aufwendungen nach § 63 Abs. 1 SGB X im Hinblick auf die Einlegung des Widerspruches nicht notwendig waren.

Damit besteht kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gegen dieses Urteil ist die Berufung nicht statthaft, da es nicht um eine wiederkehrende Leistung für mehr als ein Jahr und nicht um einen Gegenstand mit einem Wert von mehr als 750,00 EUR geht (§ 144 Abs. 1 SGG), denn der Gebührenanspruch des Bevollmächtigten des Klägers dürfte sich auf maximal 309,40 EUR belaufen. Die Geschäftsgebühr nach VV 2400 RVG im Widerspruchsverfahren beläuft sich in der Regel auf 240,00 EUR. Zusammen mit der Pauschale nach VV 7002 RVG in Höhe von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer nach VV 7008 RVG ergibt sich jedenfalls kein Betrag, der den Wert nach § 144 Abs. 1 SGG übersteigt. Gründe für die Zulassung der Berufung im Sinne von § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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