S 12 KA 646/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 646/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 44/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Parallelverfahren zu SG Marburg, Urt. v. 07.05.2014 - S 12 KA 434/13, S 12 KA 612/13 -.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der KB-Monatsabrechnungen für November 2011 im Behandlungsfall P1., geb. 1975 (AOK Hessen) und hierbei um die Absetzung folgender Leistungen: 1 x Nr. 1435, 1 x Nr. 1468, 1 x Nr. 1479, 1 x Nr. 1485, 1 x Nr. 2255, 5 x Nr. 7500, 3 x Nr. 7502, 2 x Nr. 7503, 2 x Nr. 7504, 2 x Nr. 7505, 8 x Nr. 7560, 7 x Nr. 7560, 7 x Nr. 7830, 7 x Nr. 7831, 1 x Nr. 8250, 7 x Nr. 8252, 14 x Nr. 8253 und 14 x Nr. 8272 GOÄ-82 sowie 3 x Nr. 03 (Zu), 6 x Nr. 37 (Nbl2) und 76 x Nr. 38 (N) BEMA, insgesamt in Höhe von 2.432,49 EUR.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt Herr Dr. Dr. A1 ist Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Zahnarzt, die übrigen Mitglieder sind Zahnärzte. Sie sind zur vertragszahnärztlichen Versorgung. zugelassen.

Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 11.04.2011 die strittigen Absetzungen vor. Zur Begründung führte sie aus, die Nr. 8250 GOÄ-82 (Blutentnahme mittels Spritze, Kanüle oder Katheder aus der Vene) sei einmal gestrichen worden, da Sinn und Zweck der Blutentnahme nicht erkennbar sei. Die Nr. 37 BEMA (Stillung einer übermäßigen Blutung durch Abbinden oder Umstechen eines Gefäßes oder durch Knochenbolzung) sei sechsmal gestrichen worden. Die Stillung einer übermäßigen Blutung in allen vier Quadranten sei nicht plausibel. Hier handele es sich wohl eher um die Stillung der operationsgebietstypischen Blutungen, die integrativer Bestandteil der operativen Hauptleistungen seien. Die Nr. 2255 GOÄ-82 (freie Verpflanzung eines Knochens oder von Knochenteilen [Knochenspäne]) sei einmal gestrichen worden. Die freie Verpflanzung eines Knochenteils sei nicht näher dokumentarisch erklärt worden; zugrundeliegender Befund, Indikation und Herkunft des Knochenteils in Angaben zur Fixation desselben fehlten. Die Nrn. 1468 (operative Eröffnung einer Kieferhöhle von der Nase aus), 1485 (operative Eröffnung und Ausräumung der Stirnhöhle oder Kieferhöhle oder der Siebbeinzellen ) und 1479 (Ausspülung der Kiefer-, Keilbein-, Stirnhöhle von der natürlichen oder künstlichen Öffnung aus ) GOÄ-82 seien jeweils einmal gestrichen worden. Die Indikation für die operative Kieferhöhlenrevision sei nicht dokumentiert. Es fehlten ein entsprechender Befund bzw. Röntgenbefund bei befundloser Kieferhöhle im vorgelegten OPG. Die Nr. 1435 GOÄ-82 (Stillung von Nasenblutung mittels Ätzung u./o. Tamponade u./o. Kauterisation ) sei einmal gestrichen worden wegen fehlender Dokumentation der Ursache und der Maßnahmen (lediglich Abrechnungskürzel). Die Nr. 7560 GOÄ-82 (Verweilen ohne Unterbrechung und ohne Erbringung anderer ärztlichen Leistungen – wegen Erkrankung erforderlich -, je angefangene halbe Stunde) sei achtmal wegen fehlender Begründung für das Verweilen, sowie Angaben zur verweilenden Person mit Zeitaufstellung gestrichen worden. Die Nr. 38 BEMA (Nachbehandlung nach chirurgischem Eingriff oder Tamponieren od. dergleichen ) sei viermal gestrichen worden. Die Nachbehandlung am OP-Tage erscheine unmöglich, da keine entsprechenden besonderen Befundkriterien aufgeführt worden seien. Dies betreffe die am 11.11.2011 erbrachten Leistungen. Von den am 12. bis 18.11.2011 erbrachten Leistungen seien weitere Leistungen gestrichen worden. Die Nr. 8252 GOÄ-82 (Injektion, subkuntan, submukös, intrakutan oder intramuskulär, nicht für die Injektion zu Heilzwecken) sei siebenmal, die Nr. 8253 GOÄ-82 (Injektion, intravenös) sei 14-mal und die Nr. 8272 GOÄ-82 (Infusion, intravenös, von mehr als 30 Minuten Dauer) sei 14-mal gestrichen worden. Alle Infusionen und Injektionen würden nicht anerkannt werden, weil der Patient mobil sei, sich also bewegen könne, was eine Thromboseprophylaxe entbehrlich erscheinen lasse. Des Weiteren könne er Antibiotika bzw. Analgetika per os einnehmen. Die Nr. 38 BEMA (Nachbehandlung nach chirurgischem Eingriff oder Tamponieren oder dergleichen ...) sei 68-mal gestrichen worden. Die Nachbehandlung werde für jedes OP-Gebiet einmal anerkannt. Eine bis zu dreimalige Nachbehandlung des Wundgebietes sei für die durchgeführte OP völlig unüblich und werde auch nicht durch die Schilderung eines außergewöhnlichen Umstandes gestützt. Am 19., 23. und 24.11.2011 sei die Notwendigkeit einer Nachbehandlung nicht nachvollziehbar. Es fehlten detaillierte Befunde zur Begründung der Nachbehandlungsbedürftigkeit. Nach der Entfernung aller Fäden sei es dem Patienten möglich, Spülungen des OP-Gebietes eigenständig durchzuführen. Das Auftragen von Salben sei kritisch zu bewerten, da diese auf der Mundschleimhaut nicht hafteten und so kaum Wirkung entfalteten. Die Notwendigkeit einer Teilnahtentfernung einen Tag vor der geplanten Nahtentfernung sei nicht nachvollziehbar. Die Nr. 7500 GOÄ-82 (Besucht, einschließlich Beratung und symptombezogene Untersuchung) sei fünfmal, die Nr. 7502 GOÄ-82 (Besuch, einschließlich Beratung inkl. Zuschlag für in der Zeit zwischen 22:00 und 06:00 Uhr erbrachten Leistungen) sei dreimal, die Nr. 7503 GOÄ-82 (Besuch, einschließlich Beratung inkl. Zuschlag für in der Zeit zwischen 22:00 und 06:00 Uhr erbrachte Leistungen) sei zweimal, die Nr. 7504 GOÄ-82 (Besuch, einschließlich Beratung inkl. Zuschlag für an Samstagen, Sonn- und Feiertagen erbrachte Leistungen) sei zweimal, die Nr. 7505 GOÄ-82 (Besuch, einschließlich Beratung inkl. Zuschlag für an Samstagen, Sonn- und Feiertagen und er Zeit von 20:00 bis 22:00 Uhr oder 06:00 bis 08:00 Uhr erbrachte Leistungen) sei zweimal, die Nr. 7830 GOÄ-82 (Wegegeld, bei mehr als 5 km bis 10 km) sei siebenmal und die Nr. 7831 GOÄ-82 (Wegegeld, bei mehr als 5 km bis 10 km, bei Nacht [zwischen 20:00 und 08:00 Uhr]) sei siebenmal und die Nr. 03 BEMA (Zuschlag für Leistungen außerhalb der Sprechstunde) sei dreimal gestrichen worden. Der Patient sei ambulant operiert worden. Insofern sei er ärztlicherseits als potenziell mobil eingestuft worden. Der Besuch der Arztpraxis sei insofern zuzumuten, ein Hausbesuch könne nur in begründeten Fällen erfolgen. Dies sei hier nicht dokumentiert worden.

Hiergegen legte die Klägerin am 03.04.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Nr. 8250 GOÄ-82 sei gerechtfertigt gewesen, da es sich um eine mehrstündige Intubationsnarkose gehandelt habe. Aus diesem Grunde sei vor dem Eingriff Blut entnommen worden, um die Narkosefähigkeit der Patientin kurzfristig bestimmen zu können. Zur Nr. 37 BEMA wies sie darauf hin, dass bei Patienten, die eine eingeschränkte Blutgerinnung hätten – dieses sei häufig nicht gleichbedeutend mit einer Blutgerinnungsstörung –die vermehrte Blutung in aller Regel in allen vier Quadranten auftrete. So auch im vorliegenden Fall. Hier seien Blutungsstillungen mittels Knochenbolzungen und Umstechungen notwendig geworden. Damit sei die Leistung regelgerecht erbracht und auch erstattungspflichtig. Der Leistungsinhalt der Nr. 2255 GOÄ-82 sei erfüllt worden. Es sei ein Knochendeckel nach Lingdorf als Zugang zur Kieferhöhle präpariert worden. Der Knochendeckel sei mit dem piezoelektronischen Gerät in Regio 14 bis 16 präpariert und entnommen worden. Danach sei die Kieferhöhlenrevision mit Entfernung entzündlich veränderter Kieferhöhlenschleimhaut und Anlage eines Fensters zum unteren Nasengang erfolgt. Danach sei die Replantation des Knochendeckels erfolgt. Hinsichtlich der Nrn. 1468, 1485 und 1479 GOÄ-82 führte sie aus, die vorgesehenen Abrechnungsformulare zum Kieferbruch ließen eine umfangreiche Dokumentation der Indikation nicht zu. Es habe ein Anhalt für eine Sinusitis maxillaris auf Grund des erheblichen Druckgefühls im Bereich der rechten Kieferhöhle bestanden. Die Patientin habe insbesondere bei Kopfsenkung über ein Pochen im Bereich der rechten Kieferhöhle berichtet. Der radiologische Befund habe es ebenfalls nahe gelegt, dass eine Kieferhöhlenentzündung vorgelegen habe. Zu Nr. 1435 GOÄ-82 führte sie aus, die Stillung sei mittels Kauterisation erfolgt. Damit sei die Maßnahme hinreichend begründet. Die Ursache sei hier nicht zu dokumentieren. Möglicherweise stehe die Ursache in Verbindung mit der allgemeinvermehrten Blutneigung der Patientin. Das Verweilen nach Nr. 7560 GOÄ-82 sei durch Frau P1 erfolgt. Das Verweilen sei auf Grund der Kreislaufprobleme der Patientin erforderlich gewesen. Die Nachbehandlung nach Nr. 38 BEMA sei eine Wundbehandlung in Form einer Wundreinigung gewesen, nachdem sich erhebliche Hämatomreste auf den Nähten gebildet hätten und das Infektionsrisiko erhöht hätten. Es sei eine Reinigung mittels H2O2 erfolgt. Zu den Nrn. 8252, 8253 und 8272 GOÄ-82 führte sie aus, es sei unklar, woraus die Beklagte folgere, dass die Patientin mobil gewesen sei. Es sei nicht erkenntlich, warum eine Thromboseprophylaxe entbehrlich gewesen sein solle. Es habe sich um einen kiefergesichtschirurgischen Eingriff gehandelt, der diese Maßnahmen erfordert habe. Die Thromboseprophylaxe sei auf Grund der Tatsache, dass die Patientin die Pille einnehme und rauche, dringend indiziert gewesen. Zudem sei sie in ihrer Mobilität erheblich eingeschränkt gewesen. Die Nr. 8253 sei wegen der i.v. Applikation von Medikamenten angesetzt worden. Die Medikamente seien mitgeteilt worden. Die i.v. Verabreichung von Infusionen sei erforderlich gewesen, nachdem die Patienten auf Grund erheblicher Schwellungen in der Mundhöhle nicht in der Lage gewesen sei, Kapseln zu schlucken. Die Resorption wäre zudem unsicher gewesen. Zudem sei zu bemerken, dass die Frage der Alternativtherapie keine Frage der sachlich-rechnerischen Berichtigung, sondern möglicherweise allerhöchstens der Wirtschaftlichkeitsprüfung sein könne. Es werde nicht begründet, weshalb die Nachbehandlungen nach Nr. 38 BEMA im OP-Gebiet abgesetzt worden seien. Sie habe auf die Wundreinigungen hingewiesen. Die Beklagte bestreite lediglich die Indikation, aber nicht, dass diese Maßnahme durchgeführt worden sei. Auf Grund der eingeschränkten Mundöffnung habe die Patientin die Wunde nicht selbst reinigen können. Es handele sich auch um eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Auch eine Teilnahtentfernung sei insbesondere dann erforderlich, wenn eine extreme Schwellung (bzw. ein Hämatom) vorliege. Die Besuche seien durchgeführt worden. Die Indikation habe sich dadurch ergeben, dass die Patientin eben nicht mobil gewesen sei, sondern unter einer erheblichen Schwellung, Schwindel und Bewegungseinschränkungen auf Grund o.g. Tatsachen gelitten habe. Die Maßnahmen seien durchgeführt worden, es sei hier nicht die Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung machte sie umfangreiche Ausführungen zu den Grundlagen der Dokumentationspflicht und führte weitere aus, es liege keine chronologisch nachvollziehbare plausible Originaldokumentation vor. Es liege weder eine präoperative Fallplanung (zugrundeliegende Diagnosestellung zur Behandlungsplanung, Aufklärung des Patienten über das Ausmaß der Behandlung, etc.) noch ein OP-Bericht vor. Lediglich zur KB-Abrechnung im November 2011 sei ein QM-Bogen (Dokumentationsbogen) anhängend. Mit der Widerspruchsbegründung seien die medizinischen Indikationen für die jeweiligen Abrechnungsziffern nur pauschal und nicht individuell für den jeweiligen Behandlungstag vorgetragen worden. Es hätten sich insgesamt keine neuen Erkenntnisse ergeben. Sie weise darauf hin, dass Ergänzungen der Dokumentation, die mehr als 8 Monate nach der Originaldokumentation nachgeliefert worden sei, inakzeptabel und nicht verwertbar seien. Für die umfangreichen Zuschläge nach Nr. 03 (Zu) BEMA seien die medizinische Indikation und/oder die Therapiemaßnahmen nicht dokumentiert worden. Es würde lediglich das Abrechnungskürzel dokumentiert werden. Andere Dokumentationen lägen nicht vor. Die Leistung sei nicht nachgewiesen. Entsprechend begründete sie die Absetzungen für die übrigen Leistungen. Ergänzend führte sie aus, hinsichtlich der Nr. 2255 GOÄ-82 weise sie darauf hin, dass diese Leistung nur bei nichtortsgleicher Entnahme und Implantationsstelle innerhalb eines Operationsgebietes abrechenbar sei. Die Wegegelder zu Nr. 7500 bis 7505 GOÄ-82 seien zwar auf dem KB-Abrechnungsschein dokumentiert worden, aber nicht abgerechnet worden. Vor diesem Hintergrund seien die Nr. 7030 und 7031 GOÄ mit 0,00 Euro ausgewiesen. Bei allen sieben Injektionen sei stereotyp "Subkutane Injektion mit Heparin zur Thromboseprophylaxe" aufgeführt worden. Von insgesamt 14 Infusionen nach Nr. 8253 GOÄ-82 sei siebenmal "Notwendigkeit der i.v. Antibiose bei unsicherer Resorption bei oraler Aufnahme wegen OP im Mund mit 500 ml NaCl und 1 Amp. Sobelin 600mg" und siebenmal "Schmerztherapie bei Notwendigkeit des schnellen Wirkungseintritts daher i.v. Gabe notwendig mit 500mg NaCl und 1 Amp. Novalgin" dokumentiert worden. Von insgesamt 14 Infusionen nach Nr. 8272 GOÄ-82 seien sechsmal bzw. achtmal die gleichen Angaben dokumentiert worden.

Hiergegen hat die Klägerin am 06.12.2013 die Klage erhoben. Sie trägt vor, zur Kürzung der Nr. 8250 GOÄ-82 fehle es an einer Begründung. Sinn und Zweck der Blutentnahme seien nicht dokumentationspflichtig und nicht Gegenstand einer Berichtigung. Im Übrigen habe sie Sinn und Zweck bereits erläutert. Nach der Kommentierung zu Nr. 37 BEMA sei diese Leistung als selbständige Leistung mit einem chirurgischen Eingriff abrechenbar, wenn es zu Blutungen auch im Operationsgebiet komme, die das normale Maß überstiegen. Die Abrechnung setze lediglich die Zahnangabe voraus, weitere Bemerkungen seien nicht erforderlich. Die Auffassung der Beklagten zu Nr. 2255 GOÄ 82 erschließe sich aus der Kommentierung nicht. Sie verweise im Übrigen auf ihr Widerspruchsvorbringen. Dies gelte auch hinsichtlich der Nrn. 1468, 1485 und 1479 GOÄ-82. Eine "Stillung durch Nasenbluten" sei selbsterklärend. sie habe zudem bereits angegeben, dass diese durch Kauterisation erfolgt sei. Eine Begründung für das Verweilen sei allenfalls im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung relevant. Die Zeitdauer sei dokumentiert. Angaben zur verweilenden Person, die sie gemacht habe, seien nicht erforderlich. Die Ausführungen zur Abrechenbarkeit der Nr. 38 BEMA beträfen Sinn und Zweck der Leistung, was die Beklagte nicht prüfen dürfe. Zu den Nrn. 8252, 8253 und 8272 GOÄ-82 fänden sich in der Karteikarte umfassende Dokumentationen. Sie habe die Leistungen erbracht. Die Sinnhaftigkeit, die sie im Übrigen dargelegt habe, könne von der Beklagten nicht überprüft werden. Dies gelte auch für die Notwendigkeit der Hausbesuche. Sie habe auch eine chronologische nachvollziehbare und plausible Originaldokumentation übersandt. Die Relevanz einer präoperativen Fallplanung erschließe sich ihr nicht.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, die Blutentnahme (Nr. 8250 GOÄ-82) sei von dem Anästhesisten abzurechnen. Die Nr. 37 BEMA sei wegen Unplausibilität der Zahl der Leistungen als auch fehlender Dokumentation abgesetzt worden. Eine eingeschränkte Blutgerinnung sei nicht dokumentiert worden. Hinsichtlich der Nr. 2255 GOÄ-82 seien die Entnahmestelle und der Implantationsort des Knochen ortsgleich bei Regio 16-14 gewesen. Hinsichtlich der Nr. 1468, 1485 und 1479 GOÄ-82 seien nur Abrechnungskürzel dokumentiert worden. Eine Sinusitis sei nicht dokumentiert worden. Die Stillung von Nasenblutung (Nr. 1435 GOÄ-82) sei nur unzureichend dokumentiert worden. Für das Verweilen (Nr. 7560 GOÄ-82) sei lediglich "45min" dokumentiert worden. Das Verweilen sei nicht vom Operateur durchgeführt worden, eine Indikation hierfür sei nicht dokumentiert worden. Von den insgesamt 100 Leistungen nach Nr. 38 (N) BEMA habe sie 72 abgesetzt, nämlich die in der 2. und 3. Sitzung erbrachten Nachbehandlungen. Eine dreimalige Nachbehandlung am gleichen Tag werde auch durch die stereotype Begründung der Klägerin nicht gestützt. Eine medizinische Indikation für eine subcutane Thromboseprophylaxe (Nr. 8252 GOÄ-82), intravenöse Schwellungsprophylaxe (Nr. 8253 GOÄ-82). intravenöse Antibiotika-Therapie (Nr. 8272 GOÄ-82) und intravenöse Schmerz-Therapie (Nr. 8272 GOÄ-82) habe nicht vorgelegen. Diese Begründung sei nicht ausreichend für die Abrechnung. Die Hausbesuche stünden hiermit im Kontext. Zu Nr. 03 (Zu) BEMA habe die Klägerin die Klage nicht begründet. Im Übrigen habe die Klägerin gegen das Splittingverbot verstoßen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2013 ist rechtmäßig. Er war daher nicht aufzuheben.

Die Beklagte war wegen Verstoßes gegen das sog. Splittingverbot berechtigt, die Ab-setzungen in dem strittigen Behandlungsfall vorzunehmen. Von daher kann dahingestellt bleiben, ob darüber hinaus die im angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid genannten Gründe zutreffend sind.

Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - a.a.O.; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - a.a.O.).

Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten, auf § 82 Abs. 1 SGB V beruhenden bundesmantelvertraglichen Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verdrängen. Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil )Aufhebung des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, der Grundnorm des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für den gesamten Bereich des Sozialrechts, eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 22 = BSGE 96, 1 = Breith 2006, 715 = MedR 2006, 542 = GesR 2006, 499 = USK 2005-130, zitiert nach juris Rdnr. 11 m.w.N.)

Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertrags(zahn)arztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertrags(zahn)arztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarforderung auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht danach nicht nur im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertrags(zahn)arzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat. Dementsprechend erfolgt eine sachlich-rechnerische Richtigstellung z. B. bei der Abrechnung fachfremder Leistungen oder qualitativ mangelhafter Leistungen, aber auch bei Leistungen eines nicht genehmigten Assistenten sowie bei der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs mit Hilfe eines Assistenten, bei der Abrechnung von Leistungen, die nach stationärer Aufnahme erbracht werden, bei der Nichtbeachtung der bereichsspezifischen Vorschriften zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung im Rahmen der vertrags(zahn)ärztlichen Abrechnung und schließlich bei einem Missbrauch vertrags(zahn)arztrechtlicher Kooperationsformen (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R - BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr. 4 = GesR 2010, 615 = ZMGR 2010, 370 = MedR 2011, 298 = USK 2010-73, juris Rdnr. 26 f. m.w.N.).

Die Beklagte war wegen Verstoßes gegen das sog. Splittingverbot berechtigt, die Absetzungen in dem strittigen Behandlungsfall vorzunehmen. Sie geht zu Recht von einem Verstoß gegen das sog. Splittingverbot aus. Es liegt ein einheitlicher Behandlungsfall bei allen Leistungen einer Berufsausübungsgemeinschaft mit einem MKG-Chirurgen für einen Patienten vor, unabhängig davon, ob sie von der Berufsausübungsgemeinschaft bei der KZV oder vom MKG-Chirurgen separat bei der KV abgerechnet werden. Dies hat die Kammer bereits mit Urteil vom 02.04.2014 - S 12 KA 609/13 - für den vertragsärztlichen Bereich und mit weiterem Urteil vom heutigen Tag zum Az.: S 12 KA 438/13 und 612/13 für den vertragszahnärztlichen Bereich entschieden.

Nr. 4 der Allgemeine Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen bestimmt gemäß § 87 Abs. 2 und 2d SGB V (BEMA), Anlage A zum BMV-Z bzw. Anlage A zum EKVZ, dass Vertragszahnärzte, die auch als Vertragsärzte gemäß § 95 Abs. 1 SGB V an der Versorgung teilnehmen, die in einem einheitlichen Behandlungsfall durchgeführten Leistungen entweder nur über die Kassenzahnärztliche Vereinigung oder nur über die Kassenärztliche Vereinigung abrechnen dürfen. Die Abrechnung einzelner Leistungen über die Kassenärztliche Vereinigung schließt die Abrechnung weiterer Leistungen in einem einheitlichen Behandlungsfall über die Kassenzahnärztliche Vereinigung aus. Die Aufteilung eines einheitlichen Behandlungsfalls in zwei Abrechnungsfälle ist nicht zulässig. Entsprechend bestimmt fast wortgleich Nr. 6.3 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) "Gleichzeitige Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung", dass Vertragsärzte, die auch als Vertragszahnärzte gemäß § 95 Abs. 1 SGB V an der Versorgung teilnehmen, die in einem einheitlichen Behandlungsfall durchgeführten Leistungen entweder nur über die Kassenärztliche Vereinigung oder nur über die Kassenzahnärztliche Vereinigung abrechnen dürfen. Die Berechnung einzelner Leistungen über die Kassenzahnärztliche Vereinigung schließt die Berechnung weiterer Leistungen in einem einheitlichen Behandlungsfall über die Kassenärztliche Vereinigung aus. Die Aufteilung eines einheitlichen Behandlungsfalls in zwei Abrechnungsfälle ist nicht zulässig.

Soweit § 9 Abs. 1 BMV-Z "Behandlungsfall" bestimmt, dass Behandlungsfall im Sinne dieses Vertrages bei Leistungen nach den Teilen 1 und 3 des Bewertungsmaßstabes (Anlage A) die gesamte von demselben Vertragszahnarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahres vorgenommene Behandlung ist, handelt es sich nicht um eine Ergänzung oder Einschränkung der Nr. 4 der Allgemeine Bestimmungen des BEMA. Mit § 9 Abs. 1 BMV-Z werden konservierende und chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen (Teil 1) und kieferorthopädische Leistungen (Teil 3) "innerhalb desselben Kalendervierteljahres" vertragszahnarztrechtlich zu einem Behandlungsfall zusammengefasst, hiervon ausgeschlossen werden lediglich die Behandlung von Verletzungen und Erkrankungen des Gesichtsschädels (Teil 2), die systematische Behandlung von Parodontopathien (Teil 4) und die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Teil 5). Der Sinn dieser Regelung beschränkt sich darauf, für die Leistungen nach Teil 1 und 3 BEMA das Quartalsprinzip als Regelfall (zu Ausnahmen s. Abs. 2 des § 9 BMV-Z) zu bestimmen. Bei den anderen Leistungen des BEMA gilt dieses Prinzip nicht, da Leistungen allgemein erst nach vollständiger Erbringung abgerechnet werden und diese Leistungen sich nicht auf den Zeitraum innerhalb eines Quartals beschränken lassen. Eine Einschränkung des sog. Splittingverbots lässt sich daraus nicht herleiten. Dies würde auch zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. Das sog. Splittingverbot zielt gerade auf die Tätigkeit der MKG-Chirurgen mit ihrer Zulassung als Arzt und Zahnarzt ab, deren Haupttätigkeitsfeld abgesehen von den chirurgischen Leistungen nicht in den Leistungsbereichen nach Teil 1 und 3 BEMA liegt, sondern auch im Bereich Kieferbruch (Teil 2 BEMA). Entsprechend ist § 14 Abs. 1 Nr. 1 EKV-Z zu verstehen, wonach Behandlungsfall im Sinne des Vertrages bei Leistungen nach dem BEMA-Teil 1 die gesamte von demselben Vertragszahnarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahres vorgenommene Behandlung ist. Auch hier ist der Sinn der Regelung darauf beschränkt, für die Leistungen nach Teil 1 das Quartalsprinzip als Regelfall zu bestimmen. Von daher gilt das sog. Splittingverbot auch für die Abrechnung im Bereich Kieferbruch und konnte die Beklagte daher im hier streitigen Behandlungsfall die Absetzungen vornehmen.

Entsprechend wird in den Bundesmantelverträgen für die vertragsärztliche Versorgung bestimmt, dass die gesamte von derselben Arztpraxis (Vertragsarzt, Vertragspsychotherapeut, Berufsausübungsgemeinschaft, Medizinisches Versorgungszentrum) innerhalb desselben Kalendervierteljahres an demselben Versicherten ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse vorgenommene Behandlung jeweils als Behandlungsfall gilt. Ein einheitlicher Behandlungsfall liegt auch dann vor, wenn sich aus der zuerst behandelten Krankheit eine andere Krankheit entwickelt oder während der Behandlung hinzutritt oder wenn der Versicherte, nachdem er eine Zeitlang einer Behandlung nicht bedurfte, innerhalb desselben Kalendervierteljahres wegen derselben oder einer anderen Krankheit in derselben Arztpraxis behandelt wird (§ 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 BMV-Ä/§ 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 EKV-Ä). Alle Leistungen, die in einer Einrichtung nach § 311 SGB V oder einem Medizinischen Versorgungszentrum bei einem Versicherten pro Quartal erbracht werden, gelten als ein Behandlungsfall (§ 21 Abs. 1 Satz 7 BMV-Ä/§ 25 Abs. 1 Satz 7 EKV-Ä).

Aus dem Quartalsprinzip in der vertragsärztlichen Versorgung folgt aber auch für den vertragszahnärztlichen Bereich, dass immer dann, wenn Leistungen im vertragsärztlichen Bereich abgerechnet werden, nicht in demselben Quartal Leistungen auch im vertragszahnärztlichen Bereich abgerechnet werden können.

Das sog. Splittingverbot in den genannten Bestimmungen des EBM und BEMA ist Folge der Rechtsprechung, die es zuvor als zulässig angesehen hat, dass ein Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg, der sowohl zur vertragsärztlichen als auch in seiner Eigenschaft als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen ist, einheitliche Behandlungsfälle abrechnungsmäßig aufspaltet und seine Leistungen teilweise bei der KV und teilweise bei der KZV abrechnet. Solange dies nicht verboten wurde, lag darin keine Pflichtverletzung, die disziplinarisch geahndet werden konnte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 18.10.1995 - L 5 Ka 262/95 - MedR 1996, 476). Das LSG Baden-Württemberg sah aber bereits seinerzeit die Notwendigkeit einer Regelung im Gesetz oder in den Bundesmantelverträgen für beide Versorgungsbereiche. Es hielt selbst eine Regelung, dass nur bei der KZV abgerechnet werden könne, für zumutbar. Es könne schwerlich eingewandt werden, dass es Leistungen gebe, die nur im ärztlichen, nicht aber im zahnärztlichen Bereich abrechenbar seien, auch käme dies nicht sehr häufig vor. Die sich ergebenden Abrechnungsabstriche wären mithin durchaus zumutbar (a.a.O. S. 478). Folge hiervon war, wenn auch mit erheblicher zeitlicher Verzögerung, die zum 01.01.2005 erfolgte Aufnahme der Bestimmungen in den BEMA bzw. zum 01.04.2005 mit dem EBM 2005 in den EBM. Der Gesetzgeber hat dann, worauf der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung zutreffend darauf hingewiesen hat, die Datenübermittlung zwischen der KV und der KZV ermöglicht. Er hat zunächst durch Art. 1 Nr. 17 Buchst. b Vertragsarztrechtsänderungsgesetz vom 22.12.2006 wegen der Neuregelung der Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten in einem Medizinischen Versorgungszentrum (§ 33 Abs. 1 Satz 3 Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV) § 285 Abs. 3 SGB V dahingehend ergänzt (Satz 4 a.F.), dass ein Datenabgleich in Bezug auf solche Medizinische Versorgungszentren zum Zweck der Überprüfung der Zulässigkeit und Richtigkeit der Abrechnung (z. B. Verhinderung von Doppelabrechnungen) möglich wurde. Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.03.2007 wurde dann die jetzt geltende Fassung nach § 285 Abs. 3 Satz 5 SGB V verabschiedet, wonach die zuständige Kassenärztliche und die zuständige Kassenzahnärztliche Vereinigung die nach Abs. 1 und 2 rechtmäßig erhobenen und gespeicherten Sozialdaten der Leistungserbringer, die vertragsärztliche und vertragszahnärztliche Leistungen erbringen, auf Anforderung untereinander übermitteln dürfen, soweit dies zur Erfüllung der in Abs. 1 Nr. 2 sowie in § 106a genannten Aufgaben erforderlich ist. Diese erst in den Ausschussberatungen aufgenommene Regelung soll einen Austausch von Abrechnungsdaten zwischen beiden Vereinigungen für sämtliche vertragsärztliche und vertragszahnärztliche Leistungserbringer (Ärzte bzw. Zahnärzte in Einzelpraxis, deren Berufsausübungsgemeinschaften, Medizinische Versorgungszentren) auf Anforderung für Zwecke der Vergütung und Abrechnungsprüfung zulassen. Es sollen künftig auch Datenübermittlungen in den Fällen zulässig sein, in denen einzelne Ärzte und Zahnärzte mit doppelter Zulassung oder deren Berufsausübungsgemeinschaften sowohl mit der Kassenärztlichen als auch mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen abrechnen (vgl. BT-Drs. 16/4247, S. 56). Damit sollte gerade auch die Gruppe der MKG-Chirurgen in eine Überprüfung mit einbezogen werden, da innerhalb dieser Gruppe der größte Teil in beiden Bereichen zugelassen ist.

Der klägerseitigen Auffassung, es müsse zwischen der vertragsarztrechtlichen Einzelpraxis und der rein vertragszahnartrechtlichen Berufsausübungsgemeinschaft unterschieden werden mit der Maßgabe, dass zwei unterschiedliche und selbständige Behandlungsfälle vorliegen, vermochte die Kammer nicht zu folgen.

Zum Berufsbild des MKG-Chirurgen gehört es, dass er in seiner Praxis ärztliche und zahnärztliche Tätigkeiten anbietet und ausübt. MKG-Chirurgen müssen seit annähernd 90 Jahren sowohl ärztlich als auch zahnärztlich ausgebildet sein. Die Doppelqualifikation ist Ausdruck des gewachsenen Berufsbildes. Dessen Besonderheit besteht darin, dass die MKG-Chirurgie die Bereiche der Chirurgie und der Zahnheilkunde zu einem einheitlichen Beruf verbindet. Die Berufsausübung schließt typischerweise auch Leistungen ein, die nur Zahnärzte erbringen dürfen. So kann es medizinisch geboten oder jedenfalls sinnvoll sein und im Interesse der Patienten liegen, dass der MKG-Chirurg, bei dem ein Patient für einen chirurgischen Eingriff narkotisiert worden ist, ebenfalls fällige zahnärztliche Behandlungen vornimmt, die sonst eine erneute Anästhesie des Patienten erfordern würden. Dies gilt in besonderem Maße bei der Behandlung von Kindern und schwer behandelbaren Erwachsenen. Das gewachsene Berufsbild des MKG-Chirurgen ist nach allem durch die Doppelqualifikation und durch die Gestattung sowohl der ärztlichen als auch der zahnärztlichen Berufsausübung geprägt. Ihm wird im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung auf der Ebene der Zulassung grundsätzlich dadurch Rechnung getragen, dass MKG-Chirurgen typischerweise sowohl zur vertragsärztlichen als auch zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen werden (vgl. BSG, Urt. v. 17.11.1999 - B 6 KA 15/99 R - BSGE 85, 145 = SozR 3-5525 § 20 Nr. 1 = MedR 2000, 282 = NZS 2000, 520, juris Rdnr. 19 ff.). Die Zulassung in zwei Versorgungsbereichen bedeutet aber nicht, dass von zwei unterschiedlichen Leistungserbringern auszugehen ist. Auch wenn MKG-Chirurgen gleichzeitig über eine vertragszahn- und vertragsärztliche Zulassung verfügen, haben sie nur einen Versorgungsauftrag. Auch bei einer zugelassenen Tätigkeit in zwei Fachgebieten handelt es sich stets um nur eine Zulassung - und ebenso um nur insgesamt einen vollen Versorgungsauftrag (vgl. BSG, Beschl. v. 09.02.2011 - B 6 KA 44/10 B - juris Rdnr. 10 m.w.N.). Das Bundessozialgericht geht ausdrücklich davon aus, dass Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen mit sowohl vertragsärztlicher als auch vertragszahnärztlicher Zulassung nur einen Versorgungsauftrag haben (vgl. BSG, Beschl. v. 09.02.2011, a.a.O. Rdnr. 10). Auch bei MKG-Chirurgen liegt somit jeweils nur ein Behandlungsfall pro Patient im Quartal vor, unabhängig davon, wo die Behandlung abgerechnet wird. Dies ist unabhängig davon, ob der MKG-Chirurg in einer Einzelpraxis oder in einer ärztlichen oder zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft zugelassen ist.

Die Behandlungsfälle der Klägerin und ihres MKG-Chirurgen sind auch dann als ein einheitlicher Behandlungsfall anzusehen, wenn Leistungen sowohl vertragsärztlich als auch vertragszahnärztlich abgerechnet werden.

Die Gemeinschaftspraxis ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts durch die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte der gleichen oder ähnlichen Fachrichtung in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxisausrichtung, gemeinsamer Karteiführung und Abrechnung sowie mit gemeinsamem Personal auf gemeinsame Rechnung geprägt. Sie ist berechtigt, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KV abzurechnen, und tritt dieser dementsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. Rechtlich gesehen ist eine Gemeinschaftspraxis eine Praxis. Sie verfügt über eine gemeinschaftliche Patientendatei und rechnet die erbrachten Leistungen unter einem Namen ab. Die Behandlung eines Patienten in einem Quartal durch verschiedene Mitglieder der Gemeinschaftspraxis stellt sich als ein Behandlungsfall dar. Die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise wird nicht bezogen auf den einzelnen Arzt, sondern bezogen auf die Gemeinschaftspraxis als Einheit geprüft; etwaige Honorarkürzungen und/oder Regresse hat die Gemeinschaftspraxis zu tragen. Auch die für Vertragsärzte geltenden Vertretungsregelungen beziehen sich auf die Praxis als Gesamtheit; der Vertretungsfall tritt nicht ein, solange auch nur ein Arzt der Gemeinschaftspraxis weiterhin tätig ist. Schließlich werden in einer Gemeinschaftspraxis die Behandlungsverträge nicht zwischen Patient und behandelndem Arzt, sondern zwischen ihm und der Gemeinschaftspraxis geschlossen (vgl. BSG, Urt. v. 20.10.2004 - B 6 KA 15/04 R - SozR 4-1930 § 6 Nr. 1, juris Rdnr. 21 -; BSG, Urt. v. 20.10.2004 - B 6 KA 41/03 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 6, juris Rdnr. 21 -; BSG, Urt. v. 16.07.2003 - B 6 KA 49/02 R - BSGE 91, 164 = SozR 4-5520 § 33 Nr. 1, juris Rdnr. 34 -; vgl. auch BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R - BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr. 6, juris Rdnr. 14). Dies schließt es aus, MKG-Chirurgen hinsichtlich des sog. Splittingverbots unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob sie in einer Einzelpraxis oder in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig sind. Werden MKG-Chirurgen in einer Berufsausübungsgemeinschaft mit weiteren Zahnärzten tätig, so kommt es nicht darauf an, ob der MKG-Chirurg selbst oder sein vertragszahnärztlicher Partner die Leistungen erbracht hat. Sie gelten als von der Berufsausübungsgemeinschaft erbrachte Leistungen und damit auch als Leistungen jedes einzelnen Mitglieds der Berufsausübungsgemeinschaft. Auch von daher scheidet eine Trennung der Leistungen in einen zahnärztlichen und einen MKG-chirurgischen Behandlungsfall aus.

Daraus folgt, dass Leistungen, die vertragsärztlich oder vertragszahnärztlich abgerechnet werden können, nur einheitlich gegenüber der KV oder KZV abgerechnet werden dürfen. Werden auch Leistungen erbracht, die nicht in beiden, sondern nur in einem Bereich abgerechnet werden können, muss sich die Abrechnung nach den Leistungen richten, die nur in einem Bereich abgerechnet werden können. In einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis wie hier ist zu beachten, dass immer dann, wenn Leistungen von ausschließlich als Zahnarzt zugelassenen Behandlern erbracht werden, eine Abrechnung nur über die KZV in Betracht kommt (vgl. Harneit, Das Splittingverbot oder Was ist ein Behandlungsfall?, MKG-Chirurg 2010-3, S. 163 ff., 164). Soweit darüber hinaus Fälle denkbar sind, in denen nicht sämtliche erbrachte Leistungen in einem der beiden Bereiche erbracht worden und abrechenbar sind (vgl. Harneit, ebd.), geht die Kammer mit dem LSG Baden-Württemberg (a.a.O.) davon aus, dass diese Fälle wegen der geringen Häufigkeit vernachlässigbar sind und die sich evtl. ergebenden Abrechnungsabstriche mithin durchaus zumutbar wären. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht ersichtlich.

Das sog. Splittingverbot beruht gerade auch auf der unterschiedlichen Abrechnungssystematik einerseits des vertragsärztlichen und andererseits des vertragszahnärztlichen Leistungsbereichs. Im Unterschied zur ärztlichen Abrechnung nach dem EBM, bei der abgesehen von der Grundpauschale und Zusatzpauschalen - eine Gesamtvergütung für einen Eingriff, aber außerhalb des Regelleistungsvolumens, erfolgt, wird bei der vertragszahnärztlichen Abrechnung jeder Teilschritt einzeln vergütet (vgl. T. Appel, Einleitung zu 16.5 Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, in Thomas Standl/Christoph Lussi, Ambulantes Operieren: Rahmenbedingungen, Organisation, Patientenversorgung, 2. Aufl. 2012, S. 211 f.) und unterliegt aber im Bereich der Beklagten verschiedenen Budgetgrenzen (sog. Restvergütungsquote und Degressionsregelung). Die Kammer hat aufgrund der Erörterung der Einzelfälle in der mündlichen Verhandlung am 07.05.2014 in diesem Verfahren und zu den Verfahren mit Az.: S 12 KA 610/13, 606/13 und 611/13 den Eindruck gewonnen, dass die Nichteinhaltung des Splittingverbots der Kumulation der Vorteile beider Abrechnungssysteme dient, indem eine chirurgische Hauptleistung vertragsärztlich und Begleitleistungen in z. T. nicht unerheblichem Umfang vertragszahnärztlich abgerechnet wurden. In diesen Verfahren hat die Beklagte für die streitbefangenen Zeiträume noch keinen systematischen Datenabgleich mit der KV Hessen vorgenommen und hat erst eine Nachfrage der Beklagten bei der KV Hessen im laufenden Gerichtsverfahren ergeben, dass der Behandlungsfall auch bei der KV Hessen abgerechnet worden ist. In diesem Kontext muss auch gesehen werden, dass die Klägerin in keinem der Verfahren ihre vollständige Dokumentation vorgelegt hat, was auch bereits in früheren Verfahren Gegenstand der Erörterungen und der Kammerentscheidungen war. Damit wird gerade die Klärung des Behandlungsverlaufs z. T. erheblich erschwert. Die Kammer brauchte dem aber weder in diesem noch in den Parallelverfahren im Einzelnen nachzugehen, weil es hierauf in Bezug auf den Streitgegenstand letztlich nicht ankam.

Die Kammer geht auch davon aus, dass der gesamte Behandlungsfall über die Beklagte oder über die KV Hessen abrechenbar gewesen wäre. Im Übrigen ist ihr nicht ersichtlich, dass die am selben Tag erfolgten operativen Eingriffe von verschiedenen Behandlern erbracht wurden. Hierfür fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag der Klägerin. Die Kammer geht davon aus, dass es sich insgesamt bei den operativen Leistungen um MKG-chirurgische Leistungen gehandelt hat. Bei den übrigen Leistungen handelt es sich um bloße Begleitleistungen. Die bei der KZV und bei der KV abgerechneten operativen Leistungen fanden alle am 11.11.2011 statt. Es ist nicht erkennbar, warum es sich um zwei verschiedene Operationen gehandelt haben soll oder gar verschiedene Operateure die Operation durchgeführt haben sollten.

Die Beklagte war somit grundsätzlich berechtigt, wegen des Verstoßes gegen das sog. Splittingverbot sämtliche Leistungen zu berichtigen.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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