Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AL 4610/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht bei Anspruch auf eine Entlassungsentschädigung auch dann, wenn der Arbeitgeber mit einem eigenen Anspruch gegen den Anspruch des Arbeit-nehmers auf die Entlassungsentschädigung aufrechnet. Auch eine Gleichwohlgewährung kommt dann nicht in Betracht.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um das Ruhen des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 wegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung.
Der Kläger ist am 19. Juni 1980 geboren. Er war seit dem 1. Januar 2009 als Gesell-schaftergeschäftsführer bei der Firma IDE Projektgesellschaft mbH beschäftigt. Die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist betrug sechs Monate zum Ende eines Kalen-derjahres für Kündigungen ohne Angabe von Gründen. Die Deutsche Rentenversi-cherung Bund stellte mit Bescheid vom 24. Juni 2009 fest, dass der Kläger die Tätigkeit als Gesellschaftergeschäftsführer bei der Arbeitgeberin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt.
Unter dem 20. April 2011 schlossen die Arbeitgeberin und der Kläger einen Gelddar-lehensvertrag, nach dem die Arbeitgeberin dem Kläger ein Darlehen in Höhe von 100.000,- EUR für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 zur Verfügung stellt.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2013 kündigte die Gesellschaft das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31. Dezember 2013. Ein hierüber beim Landgericht Baden-Baden ge-führter Rechtsstreit wurde durch Vergleich am 10. September 2013 beendet. In diesem Vergleich wurde u. a. vereinbart, dass der Geschäftsführeranstellungsvertrag zum 31. Juli 2013 beendet wurde. Außerdem verpflichtete sich die Arbeitgeberin, dem Kläger eine Abfindung in Höhe des Saldos des Gesellschafterdarlehens zum 31. Juli 2013 binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Vergleichs zu bezahlen. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich weiterhin, dem Kläger 50 Prozent der Steuerlast auf den genannten Abfindungsbetrag auf Nachweis dieser Steuerlast binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Nachweises zu bezahlen. Weiter waren sich der Kläger und die Arbeitgeberin laut geschlossenem Vergleich darüber einig, dass das Gesellschafterdarlehen des Klägers als gekündigt gelte und die Rückzahlung des Saldos zum 15. Oktober 2013 fällig sei.
Zwischen dem 1. August 2012 und dem 31. Juli 2013 erhielt der Kläger als Arbeits-entgelt an 166 Tagen insgesamt einen Betrag von 30.472,76 Euro.
Das Saldo des Gesellschafterdarlehens betrug am 31. Juli 2013 63.999,73 EUR. Die Arbeitgeberin rechnete mit ihrem Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Abfin-dungsanspruch des Klägers auf.
Am 10. September 2013 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Ge-währung von Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er in der Zeit vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 keine Leistungen erhalten könne. Der Anspruch ruhe, da er von seiner bisherigen Arbeitgeberin wegen der Be-endigung des Arbeitsverhältnisses eine Leistung in Höhe von 63.999,- EUR erhalten bzw. zu beanspruchen habe. Die Frist für eine ordentliche Kündigung sei nicht eingehalten worden. Leistungen könnten erst nach dem Ruhenszeitraum gewährt werden.
Mit weiterem Bescheid vom 16. Oktober 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2014, wobei der Anspruch vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 ruhte.
Gegen die Bescheide vom 16. Oktober 2013 erhob der Kläger am 6. November 2013 Widerspruch. Er habe keine Entlassungsentschädigung erhalten. Vielmehr sei lediglich vereinbart worden, dass ein ihm gewährtes Darlehen als getilgt gelten sollte.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 2. Dezember 2013 zurück.
Mit seiner am 20. Dezember 2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Kläger ist der Ansicht, dass bei einem Verzicht auf die Rückzahlung eines Darlehens seitens der Arbeitgeberin ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches nicht eintrete. Sinn und Zweck der Norm sei, dass die Allgemeinheit bzw. die Gemeinschaft der Versicherten nicht dann für einen Erwerbslosen aufkommen solle, wenn dieser eine Entlassungsentschädigung erhalten habe und der Anstellungsvertrag vor der ersten gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit beendet worden sei. Denn dann könne der Erwerbslose für diesen Zeitraum seinen Lebensunterhalt aus dieser Entlassungsentschädigung bestreiten. Bei einem vereinbarten Darlehensverzicht erhalte der Erwerbslose jedoch keine Vermögenswerte, die dem Lebensunterhalt dienen könnten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Ruhensbescheides vom 16. Oktober 2013 und unter Abänderung ihres Bewilligungsbescheides vom 16. Oktober 2013, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2013, zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Ge-richts sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Ruhensbescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2013 und ihr Bewilligungsbescheid vom 16. Oktober 2013, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2013, sind rechtmäßig, soweit – nur dies ist streitgegenständlich – darin ein Ruhen des Anspruches des Klägers auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 festgestellt bzw. berücksichtigt wurde. Die Bescheide korrespondieren hinsichtlich des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruches. Sie bilden insoweit eine rechtliche Einheit und damit den Gegenstand des Rechtsstreits (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 14/99, juris, Rn. 19; zur parallelen Situation bei Sperrzeitfestsetzungen etwa BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 14/99 R, juris, Rn. 14 m.w.N.; BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 6/08 R, juris, Rn. 9 m.w.N.). Die Bescheide finden ihre Grundlage in § 158 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB III.
a) Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht gemäß § 158 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt nach § 158 Abs. 1 Satz 2 SGB III mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht gemäß § 158 Abs. 2 Satz 1 SGB III längstens ein Jahr. Er ruht gemäß § 158 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht über den Tag hinaus, (1.) bis zu dem die oder der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte, (2.) an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte, oder (3.) an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.
b) Diese Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruches des Klägers auf Arbeitslo-sengeld für die Zeit vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 liegen vor.
aa) Der Kläger hatte eine Entlassungsentschädigung zu beanspruchen.
Der Begriff der Entlassungsentschädigung ist weit zu verstehen (BSG, Urteil vom 3. März 1993 – 11 RAr 57/92, juris, Rn. 27; Mutschler, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl. 2013, § 158 Rn. 5). Er umfasst alle geldwerten Zuwendungen, welche wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlt werden (Schmitz, in: jurisPK-SGB III, 2014, § 158 Rn. 14), ohne dass es auf die konkrete Bezeichnung der Leistung ankommt (BSG, Urteil vom 3. März 1993 – 11 RAr 57/92, juris, Rn. 27; weitere Rechtsprechungsnachweise bei Düe, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 158 Rn. 7). Zu den Entlassungsentschädigungen, auf die ein Anspruch besteht, gehören insbesondere in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Entlassungsentschädigungen (BSG, Urteil vom 21. September 1995 – 11 RAr 41/95, juris, Rn. 18 f.; Schmitz, in: jurisPK-SGB III, 2014, § 158 Rn. 15).
Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. In dem gerichtlichen Vergleich, den der Kläger und seine frühere Arbeitgeberin am 10. September 2013 vor dem Landgericht Baden-Baden geschlossen haben, wurde vereinbart, dass der Kläger eine Entlas-sungsentschädigung in Höhe des am 31. Juli 2013 bestehenden Saldos des ihm ge-währten Darlehens zu erhalten habe. Diese Entlassungsentschädigung wurde auch ausdrücklich als "Abfindung" bezeichnet. Entscheidend und ausreichend ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger aufgrund dieses Vergleiches einen Anspruch auf die Entlassungsentschädigung hatte. Dass der Anspruch durch Aufrechnung seitens der früheren Arbeitgeberin inzwischen erloschen ist, spielt demgegenüber keine Rolle (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 – B 11 AL 7/99 R, juris, Rn. 23; siehe zu dem Aspekt auch noch unten unter c).
Soweit der Kläger in Anlehnung an das in anderen Rechtsbereichen diskutierte Problem die Frage aufwirft, ob darlehensweise gewährte Zahlungen als Einkommen zu berücksichtigen sind, geht dies in zweifacher Weise ins Leere. Zum einen führt im vorliegenden Fall nicht eine Darlehensgewährung zum Ruhen des Arbeitslosengeld-anspruchs, sondern der Anspruch auf die Entlassungsentschädigung. Diese Entlas-sungsentschädigung ist mit dem Darlehen nur insoweit verbunden als die frühere Arbeitgeberin mit ihrem Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Anspruch auf Entlassungsentschädigung aufgerechnet hat. Zum anderen betrifft die vom Kläger angesprochene Diskussion im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe die Frage, ob Zahlungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes tatsächlich zur Verfügung stehen und als Einkommen zu berücksichtigen sind, wenn sie nur darlehensweise gewährt werden (dazu einerseits etwa BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R, juris, Rn. 16 ff. und – überzeugender – andererseits SG Reutlingen, Urteil vom 24. April 2007 – S 2 AS 4151/06, juris, Rn. 24 ff. m.w.N.; SG Reutlingen, Gerichtsbescheid vom 10. Juni 2009 – S 2 AS 1472/08, juris, Rn. 25 ff. m.w.N.). Ob die Entlassungsentschädigung dem Arbeitslosen tatsächlich zur Verwendung zur Verfügung steht, ist aber im Rahmen des § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III und damit für das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches ohne Bedeutung. § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III lässt es gerade – als gleichwertige Variante zum Erhalten einer Entlassungsentschädigung – ausreichen, dass eine Entlassungsentschädigung zu beanspruchen ist (vgl. Valgolio, in: Hauck/Noftz [Hrsg.], SGB III, § 158 Rn. 30 [Mai 2012]). Den Fall, dass zwar ein Anspruch besteht, dieser aber nicht erfüllt wird, regelt demgegenüber § 158 Abs. 4 Satz 1 SGB III (dazu noch unten unter c), ohne das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches zu berühren. Im Übrigen sind aber ohnehin im Anwendungsbereich des § 158 Abs. 1 SGB III auch darlehensweise gewährte Leistungen als Entlassungsentschädigung anzusehen (BSG, Urteil vom 3. März 1993 – 11 RAr 57/92, juris, Rn. 25 ff.; Mutschler, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl. 2013, § 158 Rn. 6). Dies betrifft aber – wie dargelegt – den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht.
bb) Der Kläger hat die Entlassungsentschädigung auch wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu beanspruchen gehabt. Erforderlich ist insoweit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Vereinbarung bzw. Zahlung der Entlassungsentschädigung (BSG, Urteil vom 3. März 1993 – 11 RAr 57/92, juris, Rn. 24; Düe, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 158 Rn. 7, 12).
Dieser Zusammenhang wird im vorliegenden Fall dadurch deutlich, dass die Entlas-sungsentschädigung im gerichtlichen Vergleich gerade in dem Rechtsstreit, in dem um die Rechtmäßigkeit der Kündigung gestritten wurde, vereinbart wurde, und dass zugleich eine Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie weitere Regelungen über die Abwicklung des Vertragsverhältnisses getroffen wurden. Bei einer vergleichsweisen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unter Vereinbarung einer Abfindung ist der hier zwischen bestehende ursächliche Zusammenhang nicht zweifelhaft (so explizit BSG, Urteil vom 20. Januar 2000 – B 7 AL 48/99 R, juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 12. Dezember 1984 – 7 RAr 87/83, juris, Rn. 23; Düe, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 158 Rn. 12). Es kommt darüber hinaus nicht darauf an, ob auch ein Kausalzusammenhang zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung besteht (dazu eingehend BSG, Urteil vom 21. September 1995 – 11 RAr 41/95, juris, Rn. 20 ff.).
cc) Das Arbeitsverhältnis ist auch ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündi-gungsfrist der Arbeitgeberin entsprechenden Frist beendet worden. Die insofern maßgebliche Kündigungsfrist kann sich aus dem Arbeitsvertrag, tarifvertraglichen Regelungen oder gesetzlichen Bestimmungen ergeben (Düe, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 158 Rn. 17; Schmitz, in: jurisPK-SGB III, 2014, § 158 Rn. 22; Siefert, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 158 Rn. 26).
Nach dem Arbeitsvertrag des Klägers betrug die ordentliche Kündigungsfrist der Ar-beitgeberin sechs Monate zum Jahresende. Da das Arbeitsverhältnis im gerichtlichen Vergleich zum 31. Juli 2013 beendet wurde, wurde diese Frist nicht gewahrt. Die Ar-beitgeberin hätte zum Zeitpunkt des Anspruchs der Kündigung im Juni 2013 frühestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2013 das Arbeitsverhältnis kündigen können, zum Zeitpunkt des gerichtlichen Vergleichs am 10. September 2013 sogar erst zum 31. Dezember 2014.
dd) Die Beklagte hat auch die Dauer des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruches nicht zu Lasten des Klägers falsch berechnet.
(1) Der Anspruch ruht gemäß § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III seit dem 1. August 2013, also dem ersten Tag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Dass die Beklagte lediglich ein Ruhen ab dem 10. September 2013 festgestellt hat, ist zwar rechtswidrig, weil der Ruhenszeitraum unabhängig davon läuft, ob Leistungsansprüche geltend gemacht werden (BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 14/99, juris, Rn. 19). Dies Verschiebung des Beginn des Ruhenszeitraum wirkt sich jedoch nicht zu Lasten des Klägers aus und verletzt ihn daher nicht in seinen Rechten.
(2) Das Ruhen des Anspruchs endet gemäß § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III am 31. De-zember 2013, weil die frühere Arbeitgeberin dem Kläger aufgrund der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von sechs Monaten am 28. Juni 2013 frühestens zu die-sem Datum hätte ordentlich kündigen können. Der 28. Juni 2013 ist maßgeblich, weil nach § 158 Abs. 1 Satz 2 SGB III die ordentliche Kündigungsfrist mit der Maßgabe zu berechnen ist, dass sie mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhält-nisses vorausgegangen ist, beginnt.
Die Regelungen des § 158 Abs. 2 SGB III führen zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis, was vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt wurde. Die Begrenzung der Ruhensfolge auf ein Jahr gemäß § 158 Abs. 2 Satz 1 SGB III ist für den Kläger ersichtlich nachteiliger als das Ruhen lediglich für einen Zeitraum von 113 Tagen. § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III wäre nur einschlägig, wenn ein Grund für eine fristlose Kündigung des Klägers bestanden hätte (Düe, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 158 Rn. 40; zu § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AFG a. F. BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 – B 11 AL 7/99 R, juris, Rn. 24; BSG, Urteil vom 12. Dezember 1984 – 7 RAr 87/83, juris, Rn. 25; BSG, Urteil vom 12. Dezember 1984 – 7 Rar 16/84, juris, Rn. 19). Hierfür ist nichts ersichtlich; auch der Kläger behauptet dies nicht. Das Arbeitsverhältnis war nicht befristet, so dass auch § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III nicht zur Anwendung kommt.
Schließlich ist auch die Regelung des § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III für den Kläger nicht günstiger. Danach ruht der Arbeitslosengeldanspruch nicht über den Tag hinaus bis zu dem der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Be-schäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte. Der zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich gemäß § 158 Abs. 2 Satz 3 SGB III sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je fünf Prozent (gemeint ist: fünf Prozentpunkte; vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 1978 – 7 RAr 57/76, juris, Rn. 78); er beträgt nicht weniger als 25 Prozent der zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung.
Da der Kläger zum Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte und bei der Arbeitgeberin noch nicht fünf Jahre beschäftigt gewesen war, war die Entlassungsentschädigung zu 60 Prozent zu berücksichtigen, also in Höhe von 38.399,84 Euro. Während der nach § 158 Abs. 2 Satz 4 SGB III zu berechnenden letzten Beschäftigungszeit, nämlich den am Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrech-nungszeiträumen der letzten zwölf Monate, betrug das kalendertägliche Arbeitsentgelt 183,57 Euro (30.472,76 Euro dividiert durch 166 Tage). Der Betrag von 38.399,84 Euro wäre daher erst ab 209 Tagen erreicht. Dies ist gegenüber einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bloß für einen Zeitraum von 113 Tagen bzw. – bei Berechnung ab dem 1. August 2013: 153 Tagen – für den Kläger nicht günstiger.
c) Die Voraussetzungen für eine Gleichwohlgewährung nach § 158 Abs. 4 Satz 1 SGB III liegen nicht vor. Nach dieser Norm wird, soweit der Arbeitslose die Entlas-sungsentschädigung tatsächlich nicht erhält, das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Es kommt dabei nicht darauf an, ob dem Arbeitslosen tatsächlich Geld zugeflossen ist (BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 – B 11 AL 7/99 R, juris, Rn. 23; Siefert, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 158 Rn. 84). Es reicht beispielsweise auch aus, wenn er einen geldwerten Vorteil durch Befreiung von einer Verbindlichkeit erlangt hat (BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 – B 11 AL 7/99 R, juris, Rn. 23; Siefert, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 158 Rn. 84), etwa durch Aufrechnung (Henke, in: Eicher/Schlegel [Hrsg.], SGB III, § 143a Rn. 227 [Mai 2008]; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. November 1980 – 12 RK 47/79, juris, Rn. 30 f.).
Daher ist es unschädlich, dass der Kläger die Entlassungsentschädigung nicht aus-gezahlt bekommen hat. Durch die Aufrechnung seiner früheren Arbeitgeberin mit deren Darlehensrückzahlungsforderung ist dessen Schuld dieser gegenüber in Höhe der Entlassungsentschädigung getilgt worden, so dass dem Kläger die Entlassungs-entschädigung bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise zugeflossen ist, er sie also im Sinne des § 158 Abs. 4 Satz 1 SGB III erhalten hat (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 – B 11 AL 7/99 R, juris, Rn. 23; so auch zum Ruhenstatbestand des § 157 Abs. 1 SGB III Siefert, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 157 Rn. 20; Winkler, in: Gagel [Hrsg.], SGB II/SGB III, § 157 SGB III Rn. 25 [Juni 2012]).
d) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III bestehen nicht (siehe zur Vorgängervorschrift § 117 Abs. 2 und 3 AFG a. F. BVerfG, Beschluss des Dreierausschusses vom 14. Dezember 1988 – 1 BvR 1011/81, SozR 4100 § 117 Nr. 8; weitere Nachweise bei Mutschler, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl. 2013, § 158 Rn. 4).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um das Ruhen des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 wegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung.
Der Kläger ist am 19. Juni 1980 geboren. Er war seit dem 1. Januar 2009 als Gesell-schaftergeschäftsführer bei der Firma IDE Projektgesellschaft mbH beschäftigt. Die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist betrug sechs Monate zum Ende eines Kalen-derjahres für Kündigungen ohne Angabe von Gründen. Die Deutsche Rentenversi-cherung Bund stellte mit Bescheid vom 24. Juni 2009 fest, dass der Kläger die Tätigkeit als Gesellschaftergeschäftsführer bei der Arbeitgeberin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt.
Unter dem 20. April 2011 schlossen die Arbeitgeberin und der Kläger einen Gelddar-lehensvertrag, nach dem die Arbeitgeberin dem Kläger ein Darlehen in Höhe von 100.000,- EUR für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 zur Verfügung stellt.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2013 kündigte die Gesellschaft das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31. Dezember 2013. Ein hierüber beim Landgericht Baden-Baden ge-führter Rechtsstreit wurde durch Vergleich am 10. September 2013 beendet. In diesem Vergleich wurde u. a. vereinbart, dass der Geschäftsführeranstellungsvertrag zum 31. Juli 2013 beendet wurde. Außerdem verpflichtete sich die Arbeitgeberin, dem Kläger eine Abfindung in Höhe des Saldos des Gesellschafterdarlehens zum 31. Juli 2013 binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Vergleichs zu bezahlen. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich weiterhin, dem Kläger 50 Prozent der Steuerlast auf den genannten Abfindungsbetrag auf Nachweis dieser Steuerlast binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Nachweises zu bezahlen. Weiter waren sich der Kläger und die Arbeitgeberin laut geschlossenem Vergleich darüber einig, dass das Gesellschafterdarlehen des Klägers als gekündigt gelte und die Rückzahlung des Saldos zum 15. Oktober 2013 fällig sei.
Zwischen dem 1. August 2012 und dem 31. Juli 2013 erhielt der Kläger als Arbeits-entgelt an 166 Tagen insgesamt einen Betrag von 30.472,76 Euro.
Das Saldo des Gesellschafterdarlehens betrug am 31. Juli 2013 63.999,73 EUR. Die Arbeitgeberin rechnete mit ihrem Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Abfin-dungsanspruch des Klägers auf.
Am 10. September 2013 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Ge-währung von Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er in der Zeit vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 keine Leistungen erhalten könne. Der Anspruch ruhe, da er von seiner bisherigen Arbeitgeberin wegen der Be-endigung des Arbeitsverhältnisses eine Leistung in Höhe von 63.999,- EUR erhalten bzw. zu beanspruchen habe. Die Frist für eine ordentliche Kündigung sei nicht eingehalten worden. Leistungen könnten erst nach dem Ruhenszeitraum gewährt werden.
Mit weiterem Bescheid vom 16. Oktober 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2014, wobei der Anspruch vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 ruhte.
Gegen die Bescheide vom 16. Oktober 2013 erhob der Kläger am 6. November 2013 Widerspruch. Er habe keine Entlassungsentschädigung erhalten. Vielmehr sei lediglich vereinbart worden, dass ein ihm gewährtes Darlehen als getilgt gelten sollte.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 2. Dezember 2013 zurück.
Mit seiner am 20. Dezember 2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Kläger ist der Ansicht, dass bei einem Verzicht auf die Rückzahlung eines Darlehens seitens der Arbeitgeberin ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches nicht eintrete. Sinn und Zweck der Norm sei, dass die Allgemeinheit bzw. die Gemeinschaft der Versicherten nicht dann für einen Erwerbslosen aufkommen solle, wenn dieser eine Entlassungsentschädigung erhalten habe und der Anstellungsvertrag vor der ersten gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit beendet worden sei. Denn dann könne der Erwerbslose für diesen Zeitraum seinen Lebensunterhalt aus dieser Entlassungsentschädigung bestreiten. Bei einem vereinbarten Darlehensverzicht erhalte der Erwerbslose jedoch keine Vermögenswerte, die dem Lebensunterhalt dienen könnten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Ruhensbescheides vom 16. Oktober 2013 und unter Abänderung ihres Bewilligungsbescheides vom 16. Oktober 2013, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2013, zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest und verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Ge-richts sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Ruhensbescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2013 und ihr Bewilligungsbescheid vom 16. Oktober 2013, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2013, sind rechtmäßig, soweit – nur dies ist streitgegenständlich – darin ein Ruhen des Anspruches des Klägers auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 festgestellt bzw. berücksichtigt wurde. Die Bescheide korrespondieren hinsichtlich des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruches. Sie bilden insoweit eine rechtliche Einheit und damit den Gegenstand des Rechtsstreits (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 14/99, juris, Rn. 19; zur parallelen Situation bei Sperrzeitfestsetzungen etwa BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 14/99 R, juris, Rn. 14 m.w.N.; BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 6/08 R, juris, Rn. 9 m.w.N.). Die Bescheide finden ihre Grundlage in § 158 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB III.
a) Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht gemäß § 158 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt nach § 158 Abs. 1 Satz 2 SGB III mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht gemäß § 158 Abs. 2 Satz 1 SGB III längstens ein Jahr. Er ruht gemäß § 158 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht über den Tag hinaus, (1.) bis zu dem die oder der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der nach Absatz 1 zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte, (2.) an dem das Arbeitsverhältnis infolge einer Befristung, die unabhängig von der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden hat, geendet hätte, oder (3.) an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können.
b) Diese Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruches des Klägers auf Arbeitslo-sengeld für die Zeit vom 10. September 2013 bis zum 31. Dezember 2013 liegen vor.
aa) Der Kläger hatte eine Entlassungsentschädigung zu beanspruchen.
Der Begriff der Entlassungsentschädigung ist weit zu verstehen (BSG, Urteil vom 3. März 1993 – 11 RAr 57/92, juris, Rn. 27; Mutschler, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl. 2013, § 158 Rn. 5). Er umfasst alle geldwerten Zuwendungen, welche wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlt werden (Schmitz, in: jurisPK-SGB III, 2014, § 158 Rn. 14), ohne dass es auf die konkrete Bezeichnung der Leistung ankommt (BSG, Urteil vom 3. März 1993 – 11 RAr 57/92, juris, Rn. 27; weitere Rechtsprechungsnachweise bei Düe, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 158 Rn. 7). Zu den Entlassungsentschädigungen, auf die ein Anspruch besteht, gehören insbesondere in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Entlassungsentschädigungen (BSG, Urteil vom 21. September 1995 – 11 RAr 41/95, juris, Rn. 18 f.; Schmitz, in: jurisPK-SGB III, 2014, § 158 Rn. 15).
Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. In dem gerichtlichen Vergleich, den der Kläger und seine frühere Arbeitgeberin am 10. September 2013 vor dem Landgericht Baden-Baden geschlossen haben, wurde vereinbart, dass der Kläger eine Entlas-sungsentschädigung in Höhe des am 31. Juli 2013 bestehenden Saldos des ihm ge-währten Darlehens zu erhalten habe. Diese Entlassungsentschädigung wurde auch ausdrücklich als "Abfindung" bezeichnet. Entscheidend und ausreichend ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger aufgrund dieses Vergleiches einen Anspruch auf die Entlassungsentschädigung hatte. Dass der Anspruch durch Aufrechnung seitens der früheren Arbeitgeberin inzwischen erloschen ist, spielt demgegenüber keine Rolle (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 – B 11 AL 7/99 R, juris, Rn. 23; siehe zu dem Aspekt auch noch unten unter c).
Soweit der Kläger in Anlehnung an das in anderen Rechtsbereichen diskutierte Problem die Frage aufwirft, ob darlehensweise gewährte Zahlungen als Einkommen zu berücksichtigen sind, geht dies in zweifacher Weise ins Leere. Zum einen führt im vorliegenden Fall nicht eine Darlehensgewährung zum Ruhen des Arbeitslosengeld-anspruchs, sondern der Anspruch auf die Entlassungsentschädigung. Diese Entlas-sungsentschädigung ist mit dem Darlehen nur insoweit verbunden als die frühere Arbeitgeberin mit ihrem Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Anspruch auf Entlassungsentschädigung aufgerechnet hat. Zum anderen betrifft die vom Kläger angesprochene Diskussion im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Sozialhilfe die Frage, ob Zahlungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes tatsächlich zur Verfügung stehen und als Einkommen zu berücksichtigen sind, wenn sie nur darlehensweise gewährt werden (dazu einerseits etwa BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R, juris, Rn. 16 ff. und – überzeugender – andererseits SG Reutlingen, Urteil vom 24. April 2007 – S 2 AS 4151/06, juris, Rn. 24 ff. m.w.N.; SG Reutlingen, Gerichtsbescheid vom 10. Juni 2009 – S 2 AS 1472/08, juris, Rn. 25 ff. m.w.N.). Ob die Entlassungsentschädigung dem Arbeitslosen tatsächlich zur Verwendung zur Verfügung steht, ist aber im Rahmen des § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III und damit für das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches ohne Bedeutung. § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III lässt es gerade – als gleichwertige Variante zum Erhalten einer Entlassungsentschädigung – ausreichen, dass eine Entlassungsentschädigung zu beanspruchen ist (vgl. Valgolio, in: Hauck/Noftz [Hrsg.], SGB III, § 158 Rn. 30 [Mai 2012]). Den Fall, dass zwar ein Anspruch besteht, dieser aber nicht erfüllt wird, regelt demgegenüber § 158 Abs. 4 Satz 1 SGB III (dazu noch unten unter c), ohne das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches zu berühren. Im Übrigen sind aber ohnehin im Anwendungsbereich des § 158 Abs. 1 SGB III auch darlehensweise gewährte Leistungen als Entlassungsentschädigung anzusehen (BSG, Urteil vom 3. März 1993 – 11 RAr 57/92, juris, Rn. 25 ff.; Mutschler, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl. 2013, § 158 Rn. 6). Dies betrifft aber – wie dargelegt – den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht.
bb) Der Kläger hat die Entlassungsentschädigung auch wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu beanspruchen gehabt. Erforderlich ist insoweit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Vereinbarung bzw. Zahlung der Entlassungsentschädigung (BSG, Urteil vom 3. März 1993 – 11 RAr 57/92, juris, Rn. 24; Düe, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 158 Rn. 7, 12).
Dieser Zusammenhang wird im vorliegenden Fall dadurch deutlich, dass die Entlas-sungsentschädigung im gerichtlichen Vergleich gerade in dem Rechtsstreit, in dem um die Rechtmäßigkeit der Kündigung gestritten wurde, vereinbart wurde, und dass zugleich eine Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie weitere Regelungen über die Abwicklung des Vertragsverhältnisses getroffen wurden. Bei einer vergleichsweisen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unter Vereinbarung einer Abfindung ist der hier zwischen bestehende ursächliche Zusammenhang nicht zweifelhaft (so explizit BSG, Urteil vom 20. Januar 2000 – B 7 AL 48/99 R, juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 12. Dezember 1984 – 7 RAr 87/83, juris, Rn. 23; Düe, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 158 Rn. 12). Es kommt darüber hinaus nicht darauf an, ob auch ein Kausalzusammenhang zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung besteht (dazu eingehend BSG, Urteil vom 21. September 1995 – 11 RAr 41/95, juris, Rn. 20 ff.).
cc) Das Arbeitsverhältnis ist auch ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündi-gungsfrist der Arbeitgeberin entsprechenden Frist beendet worden. Die insofern maßgebliche Kündigungsfrist kann sich aus dem Arbeitsvertrag, tarifvertraglichen Regelungen oder gesetzlichen Bestimmungen ergeben (Düe, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 158 Rn. 17; Schmitz, in: jurisPK-SGB III, 2014, § 158 Rn. 22; Siefert, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 158 Rn. 26).
Nach dem Arbeitsvertrag des Klägers betrug die ordentliche Kündigungsfrist der Ar-beitgeberin sechs Monate zum Jahresende. Da das Arbeitsverhältnis im gerichtlichen Vergleich zum 31. Juli 2013 beendet wurde, wurde diese Frist nicht gewahrt. Die Ar-beitgeberin hätte zum Zeitpunkt des Anspruchs der Kündigung im Juni 2013 frühestens mit Wirkung zum 31. Dezember 2013 das Arbeitsverhältnis kündigen können, zum Zeitpunkt des gerichtlichen Vergleichs am 10. September 2013 sogar erst zum 31. Dezember 2014.
dd) Die Beklagte hat auch die Dauer des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruches nicht zu Lasten des Klägers falsch berechnet.
(1) Der Anspruch ruht gemäß § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III seit dem 1. August 2013, also dem ersten Tag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Dass die Beklagte lediglich ein Ruhen ab dem 10. September 2013 festgestellt hat, ist zwar rechtswidrig, weil der Ruhenszeitraum unabhängig davon läuft, ob Leistungsansprüche geltend gemacht werden (BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 14/99, juris, Rn. 19). Dies Verschiebung des Beginn des Ruhenszeitraum wirkt sich jedoch nicht zu Lasten des Klägers aus und verletzt ihn daher nicht in seinen Rechten.
(2) Das Ruhen des Anspruchs endet gemäß § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III am 31. De-zember 2013, weil die frühere Arbeitgeberin dem Kläger aufgrund der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von sechs Monaten am 28. Juni 2013 frühestens zu die-sem Datum hätte ordentlich kündigen können. Der 28. Juni 2013 ist maßgeblich, weil nach § 158 Abs. 1 Satz 2 SGB III die ordentliche Kündigungsfrist mit der Maßgabe zu berechnen ist, dass sie mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhält-nisses vorausgegangen ist, beginnt.
Die Regelungen des § 158 Abs. 2 SGB III führen zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis, was vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt wurde. Die Begrenzung der Ruhensfolge auf ein Jahr gemäß § 158 Abs. 2 Satz 1 SGB III ist für den Kläger ersichtlich nachteiliger als das Ruhen lediglich für einen Zeitraum von 113 Tagen. § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III wäre nur einschlägig, wenn ein Grund für eine fristlose Kündigung des Klägers bestanden hätte (Düe, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 158 Rn. 40; zu § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AFG a. F. BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 – B 11 AL 7/99 R, juris, Rn. 24; BSG, Urteil vom 12. Dezember 1984 – 7 RAr 87/83, juris, Rn. 25; BSG, Urteil vom 12. Dezember 1984 – 7 Rar 16/84, juris, Rn. 19). Hierfür ist nichts ersichtlich; auch der Kläger behauptet dies nicht. Das Arbeitsverhältnis war nicht befristet, so dass auch § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III nicht zur Anwendung kommt.
Schließlich ist auch die Regelung des § 158 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III für den Kläger nicht günstiger. Danach ruht der Arbeitslosengeldanspruch nicht über den Tag hinaus bis zu dem der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Be-schäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag in Höhe von 60 Prozent der Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte. Der zu berücksichtigende Anteil der Entlassungsentschädigung vermindert sich gemäß § 158 Abs. 2 Satz 3 SGB III sowohl für je fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen als auch für je fünf Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je fünf Prozent (gemeint ist: fünf Prozentpunkte; vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 1978 – 7 RAr 57/76, juris, Rn. 78); er beträgt nicht weniger als 25 Prozent der zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung.
Da der Kläger zum Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte und bei der Arbeitgeberin noch nicht fünf Jahre beschäftigt gewesen war, war die Entlassungsentschädigung zu 60 Prozent zu berücksichtigen, also in Höhe von 38.399,84 Euro. Während der nach § 158 Abs. 2 Satz 4 SGB III zu berechnenden letzten Beschäftigungszeit, nämlich den am Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrech-nungszeiträumen der letzten zwölf Monate, betrug das kalendertägliche Arbeitsentgelt 183,57 Euro (30.472,76 Euro dividiert durch 166 Tage). Der Betrag von 38.399,84 Euro wäre daher erst ab 209 Tagen erreicht. Dies ist gegenüber einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bloß für einen Zeitraum von 113 Tagen bzw. – bei Berechnung ab dem 1. August 2013: 153 Tagen – für den Kläger nicht günstiger.
c) Die Voraussetzungen für eine Gleichwohlgewährung nach § 158 Abs. 4 Satz 1 SGB III liegen nicht vor. Nach dieser Norm wird, soweit der Arbeitslose die Entlas-sungsentschädigung tatsächlich nicht erhält, das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Es kommt dabei nicht darauf an, ob dem Arbeitslosen tatsächlich Geld zugeflossen ist (BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 – B 11 AL 7/99 R, juris, Rn. 23; Siefert, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 158 Rn. 84). Es reicht beispielsweise auch aus, wenn er einen geldwerten Vorteil durch Befreiung von einer Verbindlichkeit erlangt hat (BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 – B 11 AL 7/99 R, juris, Rn. 23; Siefert, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 158 Rn. 84), etwa durch Aufrechnung (Henke, in: Eicher/Schlegel [Hrsg.], SGB III, § 143a Rn. 227 [Mai 2008]; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. November 1980 – 12 RK 47/79, juris, Rn. 30 f.).
Daher ist es unschädlich, dass der Kläger die Entlassungsentschädigung nicht aus-gezahlt bekommen hat. Durch die Aufrechnung seiner früheren Arbeitgeberin mit deren Darlehensrückzahlungsforderung ist dessen Schuld dieser gegenüber in Höhe der Entlassungsentschädigung getilgt worden, so dass dem Kläger die Entlassungs-entschädigung bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise zugeflossen ist, er sie also im Sinne des § 158 Abs. 4 Satz 1 SGB III erhalten hat (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 1999 – B 11 AL 7/99 R, juris, Rn. 23; so auch zum Ruhenstatbestand des § 157 Abs. 1 SGB III Siefert, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 157 Rn. 20; Winkler, in: Gagel [Hrsg.], SGB II/SGB III, § 157 SGB III Rn. 25 [Juni 2012]).
d) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III bestehen nicht (siehe zur Vorgängervorschrift § 117 Abs. 2 und 3 AFG a. F. BVerfG, Beschluss des Dreierausschusses vom 14. Dezember 1988 – 1 BvR 1011/81, SozR 4100 § 117 Nr. 8; weitere Nachweise bei Mutschler, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl. 2013, § 158 Rn. 4).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Rechtskraft
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