Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 27 R 160/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 302/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 134/14 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 09. August 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Der am ... 1961 geborene Kläger absolvierte von 1977 bis 1979 eine Facharbeiterausbildung für Plasteverarbeitung. In diesem Beruf arbeitete er bis 1981 und anschließend bis zum Jahr 2009 als Kraftfahrer.
Der Kläger beantragte am 09. Februar 2009 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Er sei nach einer Operation an der Halswirbelsäule nicht mehr belastbar. Der Beklagten lag zunächst der ärztliche Entlassungsbericht vom 26. Juni 2008 über die Maßnahme der medizinischen Rehabilitation vom 05. Juni 2008 bis zum 26. Juni 2008 vor. Hiernach wurde beim Kläger am 21. Mai 2008 eine Bandscheibenprothese am Halswirbelkörper (HWK) 5/6 links bei Bandscheibenvorfall im Segment HWK 5/6 links implantiert. Darüber hinaus wurde eine arterielle Hypertonie diagnostiziert. Der Kläger könne seine Tätigkeit als Kraftfahrer noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er für sechs Stunden und mehr leistungsfähig für mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung. Zu vermeiden seien ständige Überkopfarbeiten und das ständige Heben und Tragen schwerer Lasten. Des Weiteren lag der Befund des Facharztes für Orthopädie Dr. W. vom 28. November 2008 vor. Der Kläger leide an einer Epicondylitis humeri radialis rechts, an einer Blockierung der Lendenwirbelsäule und an einer biomechanischen Funktionsstörung am Iliosakralgelenk links. Er leide an Beschwerden im Lendenwirbelsäulenbereich mit einer Schmerzausstrahlung in das linke Bein. Im Halswirbelsäulenbereich sei er nach der Operation beschwerdefrei. Er schildere aber, dass er noch nicht belastungsfähig sei. In einem weiteren Befund von Dr. W. vom 27. Januar 2009 wird eine Osteochondrose der LWS L5/S1 diagnostiziert. Die Beklagte ließ sodann eine Begutachtung im Rentenverfahren durchführen. Dr. S., Fachärztin für Orthopädie, vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten führt in ihrem Gutachten vom 15. April 2009 aus, dass der Kläger an einem Kreuzschmerz pseudoradikulär links ohne sicheren Dermatombezug, an einem Cervikobrachialsyndrom links, an einer Restgefühlsminderung D1 und D2 links und an einer gut eingestellten Hypertonie leide. Er klage primär über ständige Kreuzschmerzen beidseits mit Ausstrahlung ins linke Bein sowie Gefühlsminderung des gesamten linken Beines. Auch an der Halswirbelsäule habe er ständige Schmerzen. Diese strahlten in den linken Arm aus. Die geklagten Beschwerden korrelierten lediglich in der Art, aber nicht in der geschilderten hohen Intensität mit den Untersuchungs- und den technischen Befunden. Es fehlten auch adäquate Schonungszeichen. Der Kläger sei leistungsfähig für leichte bis mittelschwere Arbeiten täglich über sechs Stunden bei wechselhafter Arbeitshaltung, ohne Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg und ohne Ganzkörpervibrationen. Die Beklage lehnte daraufhin den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 15. Mai 2009 ab. Hiergegen legte der Kläger am 05. Juni 2009 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2010 zurückwies.
Der Kläger hat am 24. Februar 2010 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Er habe im Bereich der Wirbelsäule mehrfache Beeinträchtigungen und somit sei der Bewegungsapparat insgesamt einschließlich der betroffenen Muskel- und Nervenbereiche betroffen. Dies sei durch die Beklagte nicht hinreichend beachtet worden. Er hat den ärztlichen Entlassungsbericht vom 19. Juli 2010 über die Maßnahme der medizinischen Rehabilitation vom 16. Juni bis 07. Juli 2010 eingereicht. Hierin ist der Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung geäußert worden. Des Weiteren ist eine chronische Radikulopathie C 7 und C 8 links, ein rein sensibles, beginnendes Karpaltunnelsyndrom links und eine Lumboischialgie linksbetont bei Prolaps L 4/5 diagnostiziert worden. Der Kläger könne seinen Beruf als LKW-Fahrer nur unter drei Stunden täglich verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er körperlich leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr in wechselnder Körperhaltung ausüben. Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten seien zu vermeiden. Das SG hat sodann Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. W., Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie, hat in seinem Befundbericht vom 18. August 2010 angegeben, dass er den Kläger für bis zu sechs Stunden täglich für körperlich leichte Tätigkeiten in Wechselhaltungen leistungsfähig halte. Zwangshaltungen, ständiges Heben und Tragen, Überkopfarbeiten und Exposition von Kälte und Nässe seien zu vermeiden. Die Hausärztin Dipl.-Med. W. hat in ihrem Befundbericht vom 11. September 2010 angegeben, dass sich die Befunde eher verschlechtert hätten. Es seien ständig neue Beschwerden dazugekommen. Dr. L., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, hat in ihrem Befundbericht vom 02. September 2010 ausgeführt, dass sie beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Formen diagnostiziert habe. Der Kläger könne noch sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig werden, wenn eine Behandlung im Schmerzzentrum erfolge, eine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt werde bzw. eine medizinische Rehabilitationsbehandlung.
Das SG hat ein psychiatrisches Fachgutachten in Auftrag gegeben. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. hat in ihrem Gutachten vom 31. März 2011 ausgeführt, dass beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Zustand nach HWS-Bandscheiben-OP bestehe. Die Schmerzsymptomatik sei zum erheblichen Teil orthopädisch bedingt. Diese gehe allerdings über den Organbefund hinaus. Der Kläger reagiere auf die Schmerzsymptomatik mit Verbitterung und dem Gefühl, ungerecht behandelt zu werden. Zudem bestehe bezüglich des Schmerzes eine Chronifizierungstendenz. In seiner geistigen Leistungsfähigkeit sei er nicht beeinträchtigt. Kognitive Leistungseinschränkungen würden nicht bestehen. Der Kläger könne noch körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten regelmäßig sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Eine wechselnde Körperhaltung oder überwiegendes Sitzen seien erforderlich. Einseitige körperliche Belastungen, Zwangshaltungen, Arbeiten unter Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe seien zu vermeiden. Besondere Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit sollte er nicht erfüllen. Arbeiten auf Gerüsten oder Leitern könne er nicht verrichten. Dies gelte auch für Arbeiten an laufenden Maschinen, Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord- oder Fließbandarbeit. Die Gehfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 26. Juli 2011 hat die Sachverständige noch ausgeführt, dass die orthopädischen Leiden in zwei Reha-Entlassungsberichten ausführlich gewürdigt worden seien. Es hätten sich darüber hinaus keine Anhaltspunkte für eine über die Schmerzsymptomatik hinausgehende psychische Erkrankung gezeigt. Des Weiteren hat sie noch ergänzende Angaben zum Tagesablauf des Klägers gemacht. Ein weiteres Gutachten auf dem Gebiet der Schmerztherapie und Schmerzbehandlung sei nicht erforderlich.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09. August 2011 abgewiesen. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dies ergebe sich aus dem psychiatrischen Sachverständigengutachten und den vorliegenden Reha-Entlassungsberichten. Eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers unter sechs Stunden täglich ergebe sich nicht. Das Vorliegen einer weiteren psychischen Erkrankung sei von der Sachverständigen ausgeschlossen worden. Dies werde auch durch die Schilderung des Tagesablaufes bestätigt. Der Kläger habe angegeben, eine Vielzahl an Haushaltstätigkeiten und weitere kleine Arbeiten zu verrichten. Er gehe auch häufiger spazieren. Eine Begutachtung durch einen Schmerztherapeuten sei für die Streitentscheidung nicht notwendig.
Der Kläger hat gegen das am 24. August 2011 zugestellte Urteil am 22. September 2011 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Das SG habe die vom Berufungskläger angebotenen Beweismittel nicht berücksichtigt und insbesondere kein schmerztherapeutisches Sachverständigengutachten eingeholt. Eine Bezugnahme auf den Reha-Entlassungsbericht aus dem Jahr 2008 sei nicht zulässig gewesen. Eine Verbesserung des gesundheitlichen Zustandes sei auch nach der zweiten Reha-Maßnahme nicht eingetreten. Es sei vielmehr zu einer erheblichen Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes gekommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 09. August 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01. Februar 2011 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung für zwei Jahre zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom
09. August 2011 zurückzuweisen.
Neue, bisher nicht bekannte medizinische Sachverhalte seien nicht vorgetragen worden. Es sei nicht davon auszugehen, dass die gesundheitlichen Beschwerden des Klägers unzureichend gewürdigt worden seien.
Der Kläger hat zunächst eine Arbeitsbeurteilung der Fa. O. D. aus L. vom 30. November 2011 vorgelegt, wonach er selbst für leichte Arbeiten ungeeignet gewesen sei. Er habe die ihm übertragenen Aufgaben nicht in der vorgesehenen Zeit durchführen können, da er durch zu viele Pausen die Arbeit habe unterbrechen und sich hinsetzen müssen. Der Senat hat zunächst Befundberichte eingeholt. Prof. Dr. M., Direktor der Klinik für Neurochirurgie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken H., hat in seinem Befundbericht vom 22. Februar 2012 angegeben, dass er beim Kläger ein chronisches Cervikalsyndrom mit pseudoradikulären Armbeschwerden links nach einem Bandscheibenvorfall HWK 5/6 und ventraler Operation diagnostiziert habe. Er habe seit 2009 konstante funktionelle Beschwerden. Dipl.-Med. W., Fachärztin für Allgemeinmedizin, hat in ihrem Befundbericht vom 29. Februar 2012 ausgeführt, dass die erhobenen Befunde gleichbleibend seien. Änderungen im Gesundheitszustand seien nicht eingetreten. Dr. W., Facharzt für Orthopädie, hat in seinem Befundbericht vom 21. Februar 2012 dargelegt, dass der Kläger weiterhin über starke HWS-Beschwerden klage. Es sei eine Osteochondrose der LWS L5/S1 und eine initiale Coxarthrose beidseits zu diagnostizieren. Es sei eine deutliche Somatisierungstendenz zu vermuten. Der Diplompsychologe und Psychotherapeut Dr. S. hat in seinem Befundbericht vom 08. März 2012 angegeben, dass beim Kläger eine mittelgradige depressive Episode bestehe. Es sei eine kontinuierliche Verschlechterung seit Januar 2011 zu verzeichnen. Dipl.-Med. G., Facharzt für Inneres, hat in seinem Befundbericht vom 07. März 2012 angegeben, dass sich der Kläger zuletzt am 14. Oktober 2011 aufgrund einer arteriellen Hypertonie vorgestellt habe.
Der Senat hat ein fachorthopädisches/fachchirurgisches Gutachten in Auftrag gegeben. Der medizinische Sachverständige Dr. T., Facharzt für Orthopädie und Chirurgie, hat in seinem Gutachten vom 10. August 2012 folgende Diagnosen beim Kläger gestellt:
leichte, allenfalls mäßige Funktionsstörungen der HWS bei Zustand nach Bandscheibenprothesenimplantation im C5/C6-Segment bei Bandscheibenvorfall am
21. Mai 2008,
pseudoradikuläres LWS-Syndrom bei muskulärer Dysbalance, leichten degenerativen Veränderungen und leichten Funktionsstörungen,
elektrophysiologisch gesichertes Karpaltunnelsyndrom links, beginnender Morbus Dupuytren rechts ohne Beweglichkeitseinschränkungen,
initiale Coxarthrose beidseits ohne nennenswerte Funktionsstörungen,
Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen.
anhaltende somatoforme Schmerzstörung,
beginnendes Asthma bronchiale, gut eingestellter arterieller Hypertonus, Zustand nach Verschluss eines Vorhofseptumdefektes am Herzen 1978 und Adipositas.
Der Kläger beschreibe starke Nackenschmerzen und Schmerzausstrahlungen entlang des linken Ober- und Unterarmes bis zum 1. und 2. Finger links. Aus klinisch-objektiver Sicht seien an der HWS leichte, allenfalls mäßige Beweglichkeitseinschränkungen festzustellen. Sichere motorische Ausfälle an den Armen würden fehlen. Die muskeleigenen Reflexe seien seitengleich. Die Messung der Armumfänge hätte keine signifikanten Differenzen gezeigt. Des Weiteren habe er über Kreuzschmerzen geklagt. Aus klinisch-objektiver Sicht seien im Bereich der LWS leichte, allenfalls mäßige Funktionsstörungen festzustellen. Motorische Ausfälle an den Beinen würden nicht vorliegen. Eine Beinumfangsdifferenz sei nicht feststellbar gewesen. Die Diskrepanz zwischen der Angabe des Klägers, dass er im Alltag kaum etwas leisten könne und seinem tatsächlichen guten Muskelstatus weise auf das Vorliegen einer psychischen Komorbidität hin. Der Kläger könne noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Die Arbeiten seien in wechselnder Körperhaltung oder überwiegend im Sitzen zu verrichten. Er sei nur in der Lage, Arbeiten zu verrichten ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben/Tragen von Lasten aus der Vorbeuge heraus, ohne ständige Rumpfzwangshaltungen, ohne Rüttlungen und Stauchungen der Wirbelsäule, ohne langanhaltende feinmotorische Tätigkeiten. Des Weiteren seien häufiges Ersteigen von Treppen und besondere Anforderungen an die Stressbelastbarkeit zu vermeiden. Anhaltender Einfluss von Kälte, Nässe, Zugluft und Feuchtigkeit seien nicht zumutbar. Arbeiten in geschlossenen Räumen seien leidensgerecht. Ein überwiegender Einfluss von Staub, Gas, Dampf, Rauch oder auch Lärm sei zu vermeiden. Er könne Arbeiten in Wechselschicht verrichten, Nachtschichtarbeiten seien allerdings nicht zumutbar. Er sei in der Lage, mehr als 501 m mehrmals arbeitstäglich ohne unzumutbare Beschwerden und ohne lange Pausen zu Fuß zu bewältigen. Ihm seien Wegstrecken zum Erreichen von öffentlichen Verkehrsmitteln oder der Arbeitsstelle zu Fuß von ca. 1000 bis 1500 m zuzumuten. Hierfür sprächen insbesondere das Fehlen von motorischen Defiziten, der gute muskuläre Status und die vorhandene Beweglichkeit der Beine und der LWS. Eine erneute psychiatrische Begutachtung sei nicht erforderlich. Das Gutachten von Dr. H. sei aussagekräftig und habe weiterhin Gültigkeit.
Der Kläger hat noch einen MRT-Befund vom 02. Januar 2013 von Dr. T., Fachärztin für Diagnostische Radiologie, von der Praxis für Radiologie und Nuklearmedizin E. übersandt. Hiernach bestehe im Bereich der HWS eine visuell weitestgehende Befundkonstanz zu August 2010. Bei der LWS seien geringe degenerative Veränderungen L1/2 und präsakral festzustellen. Ein Prolapsbefund habe sich nicht ergeben. Des Weiteren hat er den Befund von Dr. W., Facharzt für Orthopädie, vom 24. Januar 2013 vorgelegt, der bei der Untersuchung am 24. Januar 2013 eine freie Rumpfbeweglichkeit, kein sensomotorisches Defizit, eine Blockierung L3/4 und Schmerzen überwiegend am Trochantor major links beim Kläger festgestellt hat. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. Juli 2013 hat Dr. T. noch ausgeführt, dass leichte, mäßige oder sogar starke Beweglichkeitseinschränkungen der LWS bzw. HWS keinesfalls automatisch eine starke Minderung der Restleistungsfähigkeit nach sich zögen. Auch die vielen qualitativen Leistungseinschränkungen würden hier nicht dazu führen, dass beim Kläger kein vollschichtiges Restleistungsvermögen vorliege. Hinsichtlich der psychiatrischen Einschätzung könne weiterhin auf das Gutachten von Dr. H. verwiesen werden. Darüber hinaus sei die Schlussfolgerung falsch, dass wiederholte, fehlgeschlagene Eingliederungsversuche ein untervollschichtiges Restleistungsvermögen quasi suggerierten. Auch der behandelnde Orthopäde Dr. W. habe in seinem Befund vom 24. Januar 2013 wiederum bestätigt, dass eine freie Rumpfbeweglichkeit ohne sensomotorische Defizite vorliege. Ein noch besserer Beweis für das Fehlen von nennenswerten Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, aber auch im Bereich der Hüftgelenke, sei nicht aufzuführen.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2010 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz SGG beschwert. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, dann einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist derjenige teilweise erwerbsgemindert, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3, Zweiter Halbsatz SGB VI).
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger seit Februar 2011 in der Lage ist und war, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Die Arbeiten sind wechselweise im Stehen, Gehen und Sitzen zuzumuten. Eine Arbeit überwiegend im Sitzen ist ebenfalls möglich. Darüber hinaus sind qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen:
ohne häufige Überkopfarbeiten,
ohne häufiges Bücken,
ohne häufiges Heben/Tragen von Lasten aus der Vorbeuge heraus,
ohne ständige Rumpfzwangshaltung,
ohne Rüttlungen und Stauchungen der Wirbelsäule,
keine langanhaltenden feinmotorischen Tätigkeiten,
kein häufiges Ersteigen von Treppen,
keine besonderen Anforderungen an die Stressbelastbarkeit,
kein anhaltender Einfluss von Kälte, Nässe, Zugluft und Feuchtigkeit,
kein überwiegender Einfluss von Staub, Gas, Dampf, Rauch oder Lärm,
keine Arbeiten unter Zeitdruck, wie Akkord- und Fließbandarbeiten und
keine Nachtschichtarbeiten.
Insoweit folgt der Senat auf Grund eigener Urteilsfindung den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Dr. T. und Dr. H. in den Gutachten vom 10. August 2012 und vom 31. März 2011. Hiernach ist beim Kläger von folgenden Diagnosen bzw. Funktionsstörungen auszugehen:
leichte, allenfalls mäßige Funktionsstörungen bei Zustand nach Bandscheibenprothesenimplantation im C5/C6–Segment bei Bandscheibenvorfall am 21. Mai 2008,
pseudoradikuläres LWS-Syndrom bei muskulären Dysbalancen mit leichten Funktionsstörungen,
elektrophysiologisch gesichertes Karpaltunnelsyndrom links, beginnender Morbus Dupuytren rechts ohne Beweglichkeitseinschränkung,
initiale Coxarthose beidseits ohne nennenswerte Funktionsstörungen,
Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen,
anhaltende somatoforme Schmerzstörung,
beginnendes Asthma bronchiale, gut eingestellter arterieller Hypotonus,
Zustand nach Verschluss eines Vorhofseptumdefektes am Herzen seit 1978 und Adipositas.
Insbesondere der Sachverständige Dr. T. gibt überzeugend an, dass sich aus den Erkrankungen nur leichte bis mittelgradige Funktionseinschränkungen ergeben. Die Erkrankung im Halswirbelsäulenbereich führe nur zu leichten, allenfalls mäßigen Beweglichkeitseinschränkungen. Sichere motorische Ausfälle an den Armen fehlten. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich. Die Messung der Armumfänge habe keine signifikanten Differenzen ergeben. Es ergäben sich hieraus nur qualitative Leistungseinschränkungen bei Überkopfarbeiten, Rüttlungen und Stauchungen der Wirbelsäule und bei langanhaltenden feinmotorischen Tätigkeiten. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt der Sachverständige im Hinblick auf die Erkrankung im LWS-Bereich. Auch hier hat der Sachverständige nur leichte, allenfalls mäßige Funktionsstörungen festgestellt. Sichere motorische Ausfälle an den Beinen waren nicht zu verzeichnen. Die muskeleigenen Reflexe waren seitengleich. Signifikante Beinumfangsdifferenzen waren nicht festzustellen. Nach der Einschätzung des Sachverständigen ergeben sich hieraus nur qualitative Leistungseinschränkungen im Hinblick auf die Vermeidung von Zwangshaltungen. Für die Schmerzchronifizierung haben beide Sachverständige übereinstimmend dargelegt, dass von einer psychischen Überlagerung und insoweit von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung auszugehen ist. Eine qualitative Leistungseinschränkung lässt sich hieraus nicht ableiten. Die geistige Leistungsfähigkeit des Klägers ist nicht beeinträchtigt. Das intellektuelle Leistungsvermögen ist durchschnittlich und es bestehen keine kognitiven Leistungseinschränkungen. Der Kläger ist jedenfalls nicht daran gehindert, körperliche leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Aus diesem Erkrankungsbild ergeben sich qualitative Leistungseinschränkungen, insbesondere bei Akkord- und Fließbandarbeit, Arbeiten in Wechselschicht und Arbeiten mit besonderer Stressbelastung. Dies wird auch deutlich im Hinblick auf den geschilderten Tagesablauf des Klägers. Er hat gegenüber dem Sachverständigen Dr. T. angegeben, dass ihm leichte Haushaltstätigkeiten durchaus noch möglich seien. Ihm sei auch Rasenmähen für ca. fünf bis zehn Minuten möglich. In diesem Zusammenhang hat Dr. T. überzeugend dargelegt, dass das Muskelbild des Klägers nicht für eine ausgesprochene Schonung spreche. Es hätten sich einige Anzeichen für eine regelmäßige Gartenarbeit gefunden (Erde unter den Fingernägeln, Schwielen an den Knien). Umfangsdifferenzen hätten sich weder an den Armen noch an den Beinen gezeigt. Gegen eine Einschränkung des qualitativen Leistungsvermögens spricht auch der Befund des behandelnden Orthopäden Dr. W. vom 24. Januar 2013, wonach dieser festgestellt hat, dass eine freie Rumpfbeweglichkeit bestehe und kein sensomotorisches Defizit vorliege. Hierauf hat
Dr. T. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. Juli 2013 zutreffend hingewiesen.
Ist der Kläger danach schon nicht teilweise erwerbsgemindert, so ist er erst recht nicht voll erwerbsgemindert. Denn dies erfordert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass ein Versicherter wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Da der Kläger, wie dargelegt, mindestens noch sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, erfüllt er dieses Kriterium nicht.
Der Kläger ist auch nicht deshalb voll erwerbsgemindert, weil er wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könnte. Sein Restleistungsvermögen reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z. B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählung in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – juris, Rdnr. 14 ff.). In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. Juli 2013 führt Dr. T. überzeugend an, dass eine ungewöhnliche Leistungsbeeinträchtigung bzw. eine starke Leidenssummation beim Kläger gerade nicht vorliege. Das Rückenleiden sei weit verbreitet in der Bundesrepublik Deutschland, die internistischen Leiden des Klägers ebenso. Insoweit könne auf die objektiven klinischen Parameter verwiesen werden.
Schließlich ist er auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen (sog. Wegefähigkeit, vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris). Der Sachverständige Dr. T. schildert plausibel, dass der Kläger in der Lage ist, mehr als 501 Meter vier Mal arbeitstäglich ohne unzumutbare Beschwerden und ohne lange Pausen zu Fuß zu bewältigen. Ihm seien noch Wegstrecken zum Erreichen von öffentlichen Verkehrsmitteln oder Arbeitsstellen zu Fuß von ca. 1000 bis 1500 m zuzumuten. Hierfür sprächen das Fehlen motorischer Defizite, der gute muskuläre Status und die vorhandene Beweglichkeit an den Beinen und an der LWS.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).
Der am ... 1961 geborene Kläger absolvierte von 1977 bis 1979 eine Facharbeiterausbildung für Plasteverarbeitung. In diesem Beruf arbeitete er bis 1981 und anschließend bis zum Jahr 2009 als Kraftfahrer.
Der Kläger beantragte am 09. Februar 2009 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Er sei nach einer Operation an der Halswirbelsäule nicht mehr belastbar. Der Beklagten lag zunächst der ärztliche Entlassungsbericht vom 26. Juni 2008 über die Maßnahme der medizinischen Rehabilitation vom 05. Juni 2008 bis zum 26. Juni 2008 vor. Hiernach wurde beim Kläger am 21. Mai 2008 eine Bandscheibenprothese am Halswirbelkörper (HWK) 5/6 links bei Bandscheibenvorfall im Segment HWK 5/6 links implantiert. Darüber hinaus wurde eine arterielle Hypertonie diagnostiziert. Der Kläger könne seine Tätigkeit als Kraftfahrer noch sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er für sechs Stunden und mehr leistungsfähig für mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung. Zu vermeiden seien ständige Überkopfarbeiten und das ständige Heben und Tragen schwerer Lasten. Des Weiteren lag der Befund des Facharztes für Orthopädie Dr. W. vom 28. November 2008 vor. Der Kläger leide an einer Epicondylitis humeri radialis rechts, an einer Blockierung der Lendenwirbelsäule und an einer biomechanischen Funktionsstörung am Iliosakralgelenk links. Er leide an Beschwerden im Lendenwirbelsäulenbereich mit einer Schmerzausstrahlung in das linke Bein. Im Halswirbelsäulenbereich sei er nach der Operation beschwerdefrei. Er schildere aber, dass er noch nicht belastungsfähig sei. In einem weiteren Befund von Dr. W. vom 27. Januar 2009 wird eine Osteochondrose der LWS L5/S1 diagnostiziert. Die Beklagte ließ sodann eine Begutachtung im Rentenverfahren durchführen. Dr. S., Fachärztin für Orthopädie, vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten führt in ihrem Gutachten vom 15. April 2009 aus, dass der Kläger an einem Kreuzschmerz pseudoradikulär links ohne sicheren Dermatombezug, an einem Cervikobrachialsyndrom links, an einer Restgefühlsminderung D1 und D2 links und an einer gut eingestellten Hypertonie leide. Er klage primär über ständige Kreuzschmerzen beidseits mit Ausstrahlung ins linke Bein sowie Gefühlsminderung des gesamten linken Beines. Auch an der Halswirbelsäule habe er ständige Schmerzen. Diese strahlten in den linken Arm aus. Die geklagten Beschwerden korrelierten lediglich in der Art, aber nicht in der geschilderten hohen Intensität mit den Untersuchungs- und den technischen Befunden. Es fehlten auch adäquate Schonungszeichen. Der Kläger sei leistungsfähig für leichte bis mittelschwere Arbeiten täglich über sechs Stunden bei wechselhafter Arbeitshaltung, ohne Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg und ohne Ganzkörpervibrationen. Die Beklage lehnte daraufhin den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 15. Mai 2009 ab. Hiergegen legte der Kläger am 05. Juni 2009 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2010 zurückwies.
Der Kläger hat am 24. Februar 2010 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Er habe im Bereich der Wirbelsäule mehrfache Beeinträchtigungen und somit sei der Bewegungsapparat insgesamt einschließlich der betroffenen Muskel- und Nervenbereiche betroffen. Dies sei durch die Beklagte nicht hinreichend beachtet worden. Er hat den ärztlichen Entlassungsbericht vom 19. Juli 2010 über die Maßnahme der medizinischen Rehabilitation vom 16. Juni bis 07. Juli 2010 eingereicht. Hierin ist der Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung geäußert worden. Des Weiteren ist eine chronische Radikulopathie C 7 und C 8 links, ein rein sensibles, beginnendes Karpaltunnelsyndrom links und eine Lumboischialgie linksbetont bei Prolaps L 4/5 diagnostiziert worden. Der Kläger könne seinen Beruf als LKW-Fahrer nur unter drei Stunden täglich verrichten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er körperlich leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr in wechselnder Körperhaltung ausüben. Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten seien zu vermeiden. Das SG hat sodann Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. W., Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie, hat in seinem Befundbericht vom 18. August 2010 angegeben, dass er den Kläger für bis zu sechs Stunden täglich für körperlich leichte Tätigkeiten in Wechselhaltungen leistungsfähig halte. Zwangshaltungen, ständiges Heben und Tragen, Überkopfarbeiten und Exposition von Kälte und Nässe seien zu vermeiden. Die Hausärztin Dipl.-Med. W. hat in ihrem Befundbericht vom 11. September 2010 angegeben, dass sich die Befunde eher verschlechtert hätten. Es seien ständig neue Beschwerden dazugekommen. Dr. L., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, hat in ihrem Befundbericht vom 02. September 2010 ausgeführt, dass sie beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Formen diagnostiziert habe. Der Kläger könne noch sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig werden, wenn eine Behandlung im Schmerzzentrum erfolge, eine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt werde bzw. eine medizinische Rehabilitationsbehandlung.
Das SG hat ein psychiatrisches Fachgutachten in Auftrag gegeben. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. hat in ihrem Gutachten vom 31. März 2011 ausgeführt, dass beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Zustand nach HWS-Bandscheiben-OP bestehe. Die Schmerzsymptomatik sei zum erheblichen Teil orthopädisch bedingt. Diese gehe allerdings über den Organbefund hinaus. Der Kläger reagiere auf die Schmerzsymptomatik mit Verbitterung und dem Gefühl, ungerecht behandelt zu werden. Zudem bestehe bezüglich des Schmerzes eine Chronifizierungstendenz. In seiner geistigen Leistungsfähigkeit sei er nicht beeinträchtigt. Kognitive Leistungseinschränkungen würden nicht bestehen. Der Kläger könne noch körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten regelmäßig sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Eine wechselnde Körperhaltung oder überwiegendes Sitzen seien erforderlich. Einseitige körperliche Belastungen, Zwangshaltungen, Arbeiten unter Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe seien zu vermeiden. Besondere Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit sollte er nicht erfüllen. Arbeiten auf Gerüsten oder Leitern könne er nicht verrichten. Dies gelte auch für Arbeiten an laufenden Maschinen, Arbeiten unter Zeitdruck, Akkord- oder Fließbandarbeit. Die Gehfähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 26. Juli 2011 hat die Sachverständige noch ausgeführt, dass die orthopädischen Leiden in zwei Reha-Entlassungsberichten ausführlich gewürdigt worden seien. Es hätten sich darüber hinaus keine Anhaltspunkte für eine über die Schmerzsymptomatik hinausgehende psychische Erkrankung gezeigt. Des Weiteren hat sie noch ergänzende Angaben zum Tagesablauf des Klägers gemacht. Ein weiteres Gutachten auf dem Gebiet der Schmerztherapie und Schmerzbehandlung sei nicht erforderlich.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09. August 2011 abgewiesen. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Dies ergebe sich aus dem psychiatrischen Sachverständigengutachten und den vorliegenden Reha-Entlassungsberichten. Eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers unter sechs Stunden täglich ergebe sich nicht. Das Vorliegen einer weiteren psychischen Erkrankung sei von der Sachverständigen ausgeschlossen worden. Dies werde auch durch die Schilderung des Tagesablaufes bestätigt. Der Kläger habe angegeben, eine Vielzahl an Haushaltstätigkeiten und weitere kleine Arbeiten zu verrichten. Er gehe auch häufiger spazieren. Eine Begutachtung durch einen Schmerztherapeuten sei für die Streitentscheidung nicht notwendig.
Der Kläger hat gegen das am 24. August 2011 zugestellte Urteil am 22. September 2011 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Das SG habe die vom Berufungskläger angebotenen Beweismittel nicht berücksichtigt und insbesondere kein schmerztherapeutisches Sachverständigengutachten eingeholt. Eine Bezugnahme auf den Reha-Entlassungsbericht aus dem Jahr 2008 sei nicht zulässig gewesen. Eine Verbesserung des gesundheitlichen Zustandes sei auch nach der zweiten Reha-Maßnahme nicht eingetreten. Es sei vielmehr zu einer erheblichen Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes gekommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 09. August 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01. Februar 2011 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung für zwei Jahre zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom
09. August 2011 zurückzuweisen.
Neue, bisher nicht bekannte medizinische Sachverhalte seien nicht vorgetragen worden. Es sei nicht davon auszugehen, dass die gesundheitlichen Beschwerden des Klägers unzureichend gewürdigt worden seien.
Der Kläger hat zunächst eine Arbeitsbeurteilung der Fa. O. D. aus L. vom 30. November 2011 vorgelegt, wonach er selbst für leichte Arbeiten ungeeignet gewesen sei. Er habe die ihm übertragenen Aufgaben nicht in der vorgesehenen Zeit durchführen können, da er durch zu viele Pausen die Arbeit habe unterbrechen und sich hinsetzen müssen. Der Senat hat zunächst Befundberichte eingeholt. Prof. Dr. M., Direktor der Klinik für Neurochirurgie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken H., hat in seinem Befundbericht vom 22. Februar 2012 angegeben, dass er beim Kläger ein chronisches Cervikalsyndrom mit pseudoradikulären Armbeschwerden links nach einem Bandscheibenvorfall HWK 5/6 und ventraler Operation diagnostiziert habe. Er habe seit 2009 konstante funktionelle Beschwerden. Dipl.-Med. W., Fachärztin für Allgemeinmedizin, hat in ihrem Befundbericht vom 29. Februar 2012 ausgeführt, dass die erhobenen Befunde gleichbleibend seien. Änderungen im Gesundheitszustand seien nicht eingetreten. Dr. W., Facharzt für Orthopädie, hat in seinem Befundbericht vom 21. Februar 2012 dargelegt, dass der Kläger weiterhin über starke HWS-Beschwerden klage. Es sei eine Osteochondrose der LWS L5/S1 und eine initiale Coxarthrose beidseits zu diagnostizieren. Es sei eine deutliche Somatisierungstendenz zu vermuten. Der Diplompsychologe und Psychotherapeut Dr. S. hat in seinem Befundbericht vom 08. März 2012 angegeben, dass beim Kläger eine mittelgradige depressive Episode bestehe. Es sei eine kontinuierliche Verschlechterung seit Januar 2011 zu verzeichnen. Dipl.-Med. G., Facharzt für Inneres, hat in seinem Befundbericht vom 07. März 2012 angegeben, dass sich der Kläger zuletzt am 14. Oktober 2011 aufgrund einer arteriellen Hypertonie vorgestellt habe.
Der Senat hat ein fachorthopädisches/fachchirurgisches Gutachten in Auftrag gegeben. Der medizinische Sachverständige Dr. T., Facharzt für Orthopädie und Chirurgie, hat in seinem Gutachten vom 10. August 2012 folgende Diagnosen beim Kläger gestellt:
leichte, allenfalls mäßige Funktionsstörungen der HWS bei Zustand nach Bandscheibenprothesenimplantation im C5/C6-Segment bei Bandscheibenvorfall am
21. Mai 2008,
pseudoradikuläres LWS-Syndrom bei muskulärer Dysbalance, leichten degenerativen Veränderungen und leichten Funktionsstörungen,
elektrophysiologisch gesichertes Karpaltunnelsyndrom links, beginnender Morbus Dupuytren rechts ohne Beweglichkeitseinschränkungen,
initiale Coxarthrose beidseits ohne nennenswerte Funktionsstörungen,
Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen.
anhaltende somatoforme Schmerzstörung,
beginnendes Asthma bronchiale, gut eingestellter arterieller Hypertonus, Zustand nach Verschluss eines Vorhofseptumdefektes am Herzen 1978 und Adipositas.
Der Kläger beschreibe starke Nackenschmerzen und Schmerzausstrahlungen entlang des linken Ober- und Unterarmes bis zum 1. und 2. Finger links. Aus klinisch-objektiver Sicht seien an der HWS leichte, allenfalls mäßige Beweglichkeitseinschränkungen festzustellen. Sichere motorische Ausfälle an den Armen würden fehlen. Die muskeleigenen Reflexe seien seitengleich. Die Messung der Armumfänge hätte keine signifikanten Differenzen gezeigt. Des Weiteren habe er über Kreuzschmerzen geklagt. Aus klinisch-objektiver Sicht seien im Bereich der LWS leichte, allenfalls mäßige Funktionsstörungen festzustellen. Motorische Ausfälle an den Beinen würden nicht vorliegen. Eine Beinumfangsdifferenz sei nicht feststellbar gewesen. Die Diskrepanz zwischen der Angabe des Klägers, dass er im Alltag kaum etwas leisten könne und seinem tatsächlichen guten Muskelstatus weise auf das Vorliegen einer psychischen Komorbidität hin. Der Kläger könne noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Die Arbeiten seien in wechselnder Körperhaltung oder überwiegend im Sitzen zu verrichten. Er sei nur in der Lage, Arbeiten zu verrichten ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Heben/Tragen von Lasten aus der Vorbeuge heraus, ohne ständige Rumpfzwangshaltungen, ohne Rüttlungen und Stauchungen der Wirbelsäule, ohne langanhaltende feinmotorische Tätigkeiten. Des Weiteren seien häufiges Ersteigen von Treppen und besondere Anforderungen an die Stressbelastbarkeit zu vermeiden. Anhaltender Einfluss von Kälte, Nässe, Zugluft und Feuchtigkeit seien nicht zumutbar. Arbeiten in geschlossenen Räumen seien leidensgerecht. Ein überwiegender Einfluss von Staub, Gas, Dampf, Rauch oder auch Lärm sei zu vermeiden. Er könne Arbeiten in Wechselschicht verrichten, Nachtschichtarbeiten seien allerdings nicht zumutbar. Er sei in der Lage, mehr als 501 m mehrmals arbeitstäglich ohne unzumutbare Beschwerden und ohne lange Pausen zu Fuß zu bewältigen. Ihm seien Wegstrecken zum Erreichen von öffentlichen Verkehrsmitteln oder der Arbeitsstelle zu Fuß von ca. 1000 bis 1500 m zuzumuten. Hierfür sprächen insbesondere das Fehlen von motorischen Defiziten, der gute muskuläre Status und die vorhandene Beweglichkeit der Beine und der LWS. Eine erneute psychiatrische Begutachtung sei nicht erforderlich. Das Gutachten von Dr. H. sei aussagekräftig und habe weiterhin Gültigkeit.
Der Kläger hat noch einen MRT-Befund vom 02. Januar 2013 von Dr. T., Fachärztin für Diagnostische Radiologie, von der Praxis für Radiologie und Nuklearmedizin E. übersandt. Hiernach bestehe im Bereich der HWS eine visuell weitestgehende Befundkonstanz zu August 2010. Bei der LWS seien geringe degenerative Veränderungen L1/2 und präsakral festzustellen. Ein Prolapsbefund habe sich nicht ergeben. Des Weiteren hat er den Befund von Dr. W., Facharzt für Orthopädie, vom 24. Januar 2013 vorgelegt, der bei der Untersuchung am 24. Januar 2013 eine freie Rumpfbeweglichkeit, kein sensomotorisches Defizit, eine Blockierung L3/4 und Schmerzen überwiegend am Trochantor major links beim Kläger festgestellt hat. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. Juli 2013 hat Dr. T. noch ausgeführt, dass leichte, mäßige oder sogar starke Beweglichkeitseinschränkungen der LWS bzw. HWS keinesfalls automatisch eine starke Minderung der Restleistungsfähigkeit nach sich zögen. Auch die vielen qualitativen Leistungseinschränkungen würden hier nicht dazu führen, dass beim Kläger kein vollschichtiges Restleistungsvermögen vorliege. Hinsichtlich der psychiatrischen Einschätzung könne weiterhin auf das Gutachten von Dr. H. verwiesen werden. Darüber hinaus sei die Schlussfolgerung falsch, dass wiederholte, fehlgeschlagene Eingliederungsversuche ein untervollschichtiges Restleistungsvermögen quasi suggerierten. Auch der behandelnde Orthopäde Dr. W. habe in seinem Befund vom 24. Januar 2013 wiederum bestätigt, dass eine freie Rumpfbeweglichkeit ohne sensomotorische Defizite vorliege. Ein noch besserer Beweis für das Fehlen von nennenswerten Funktionsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, aber auch im Bereich der Hüftgelenke, sei nicht aufzuführen.
Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2010 rechtmäßig ist und den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz SGG beschwert. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, dann einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist derjenige teilweise erwerbsgemindert, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3, Zweiter Halbsatz SGB VI).
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger seit Februar 2011 in der Lage ist und war, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Die Arbeiten sind wechselweise im Stehen, Gehen und Sitzen zuzumuten. Eine Arbeit überwiegend im Sitzen ist ebenfalls möglich. Darüber hinaus sind qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen:
ohne häufige Überkopfarbeiten,
ohne häufiges Bücken,
ohne häufiges Heben/Tragen von Lasten aus der Vorbeuge heraus,
ohne ständige Rumpfzwangshaltung,
ohne Rüttlungen und Stauchungen der Wirbelsäule,
keine langanhaltenden feinmotorischen Tätigkeiten,
kein häufiges Ersteigen von Treppen,
keine besonderen Anforderungen an die Stressbelastbarkeit,
kein anhaltender Einfluss von Kälte, Nässe, Zugluft und Feuchtigkeit,
kein überwiegender Einfluss von Staub, Gas, Dampf, Rauch oder Lärm,
keine Arbeiten unter Zeitdruck, wie Akkord- und Fließbandarbeiten und
keine Nachtschichtarbeiten.
Insoweit folgt der Senat auf Grund eigener Urteilsfindung den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Dr. T. und Dr. H. in den Gutachten vom 10. August 2012 und vom 31. März 2011. Hiernach ist beim Kläger von folgenden Diagnosen bzw. Funktionsstörungen auszugehen:
leichte, allenfalls mäßige Funktionsstörungen bei Zustand nach Bandscheibenprothesenimplantation im C5/C6–Segment bei Bandscheibenvorfall am 21. Mai 2008,
pseudoradikuläres LWS-Syndrom bei muskulären Dysbalancen mit leichten Funktionsstörungen,
elektrophysiologisch gesichertes Karpaltunnelsyndrom links, beginnender Morbus Dupuytren rechts ohne Beweglichkeitseinschränkung,
initiale Coxarthose beidseits ohne nennenswerte Funktionsstörungen,
Schmerzchronifizierung Stadium III nach Gerbershagen,
anhaltende somatoforme Schmerzstörung,
beginnendes Asthma bronchiale, gut eingestellter arterieller Hypotonus,
Zustand nach Verschluss eines Vorhofseptumdefektes am Herzen seit 1978 und Adipositas.
Insbesondere der Sachverständige Dr. T. gibt überzeugend an, dass sich aus den Erkrankungen nur leichte bis mittelgradige Funktionseinschränkungen ergeben. Die Erkrankung im Halswirbelsäulenbereich führe nur zu leichten, allenfalls mäßigen Beweglichkeitseinschränkungen. Sichere motorische Ausfälle an den Armen fehlten. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich. Die Messung der Armumfänge habe keine signifikanten Differenzen ergeben. Es ergäben sich hieraus nur qualitative Leistungseinschränkungen bei Überkopfarbeiten, Rüttlungen und Stauchungen der Wirbelsäule und bei langanhaltenden feinmotorischen Tätigkeiten. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt der Sachverständige im Hinblick auf die Erkrankung im LWS-Bereich. Auch hier hat der Sachverständige nur leichte, allenfalls mäßige Funktionsstörungen festgestellt. Sichere motorische Ausfälle an den Beinen waren nicht zu verzeichnen. Die muskeleigenen Reflexe waren seitengleich. Signifikante Beinumfangsdifferenzen waren nicht festzustellen. Nach der Einschätzung des Sachverständigen ergeben sich hieraus nur qualitative Leistungseinschränkungen im Hinblick auf die Vermeidung von Zwangshaltungen. Für die Schmerzchronifizierung haben beide Sachverständige übereinstimmend dargelegt, dass von einer psychischen Überlagerung und insoweit von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung auszugehen ist. Eine qualitative Leistungseinschränkung lässt sich hieraus nicht ableiten. Die geistige Leistungsfähigkeit des Klägers ist nicht beeinträchtigt. Das intellektuelle Leistungsvermögen ist durchschnittlich und es bestehen keine kognitiven Leistungseinschränkungen. Der Kläger ist jedenfalls nicht daran gehindert, körperliche leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Aus diesem Erkrankungsbild ergeben sich qualitative Leistungseinschränkungen, insbesondere bei Akkord- und Fließbandarbeit, Arbeiten in Wechselschicht und Arbeiten mit besonderer Stressbelastung. Dies wird auch deutlich im Hinblick auf den geschilderten Tagesablauf des Klägers. Er hat gegenüber dem Sachverständigen Dr. T. angegeben, dass ihm leichte Haushaltstätigkeiten durchaus noch möglich seien. Ihm sei auch Rasenmähen für ca. fünf bis zehn Minuten möglich. In diesem Zusammenhang hat Dr. T. überzeugend dargelegt, dass das Muskelbild des Klägers nicht für eine ausgesprochene Schonung spreche. Es hätten sich einige Anzeichen für eine regelmäßige Gartenarbeit gefunden (Erde unter den Fingernägeln, Schwielen an den Knien). Umfangsdifferenzen hätten sich weder an den Armen noch an den Beinen gezeigt. Gegen eine Einschränkung des qualitativen Leistungsvermögens spricht auch der Befund des behandelnden Orthopäden Dr. W. vom 24. Januar 2013, wonach dieser festgestellt hat, dass eine freie Rumpfbeweglichkeit bestehe und kein sensomotorisches Defizit vorliege. Hierauf hat
Dr. T. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. Juli 2013 zutreffend hingewiesen.
Ist der Kläger danach schon nicht teilweise erwerbsgemindert, so ist er erst recht nicht voll erwerbsgemindert. Denn dies erfordert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass ein Versicherter wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Da der Kläger, wie dargelegt, mindestens noch sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, erfüllt er dieses Kriterium nicht.
Der Kläger ist auch nicht deshalb voll erwerbsgemindert, weil er wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könnte. Sein Restleistungsvermögen reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z. B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählung in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – juris, Rdnr. 14 ff.). In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. Juli 2013 führt Dr. T. überzeugend an, dass eine ungewöhnliche Leistungsbeeinträchtigung bzw. eine starke Leidenssummation beim Kläger gerade nicht vorliege. Das Rückenleiden sei weit verbreitet in der Bundesrepublik Deutschland, die internistischen Leiden des Klägers ebenso. Insoweit könne auf die objektiven klinischen Parameter verwiesen werden.
Schließlich ist er auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen (sog. Wegefähigkeit, vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris). Der Sachverständige Dr. T. schildert plausibel, dass der Kläger in der Lage ist, mehr als 501 Meter vier Mal arbeitstäglich ohne unzumutbare Beschwerden und ohne lange Pausen zu Fuß zu bewältigen. Ihm seien noch Wegstrecken zum Erreichen von öffentlichen Verkehrsmitteln oder Arbeitsstellen zu Fuß von ca. 1000 bis 1500 m zuzumuten. Hierfür sprächen das Fehlen motorischer Defizite, der gute muskuläre Status und die vorhandene Beweglichkeit an den Beinen und an der LWS.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved