Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1537/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2695/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Atemwegserkrankung als Berufskrankheit Nr. 4301 (BK 4301) und/oder Nr. 4302 (BK 4302) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der am 10.03.1946 in Italien geborene Kläger machte in Italien eine Ausbildung als Lehrer. Nach seiner Übersiedlung ins Bundesgebiet im Jahr 1979 arbeitete er bis ins Jahr 1983 in einer Chemiefabrik, von 1984 bis 1988 als Maschinenführer in der Wollverarbeitung und ab dem Jahr 1989 in der Papierfabrik S. GmbH und Co.KG. Dort arbeitete er von April 1989 bis zum Februar 1993 im Papierlager (auch als Logistikcenter oder Fertigwarenlager bezeichnet) und ab dem März 1993 bis zum Bezug der Altersrente im April 2011. Seither lebt er wieder in Italien.
Am 16.02.2007 beantragte der Kläger die Anerkennung einer Berufskrankheit, weil er seit dem Jahr 2003 Probleme beim Atmen habe. Beigefügt wurden ärztliche Unterlagen, so insbesondere ein Attest von Dr. K., Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, vom 05.05.2003 (nicht reversible Obstruktion bei Emphysem, der Kläger rauche 10 Zigaretten am Tag), ein Röntgenbefund vom Radiologen R. vom 27.09.2003 (u. a. ausgeprägtes Lungenemphysem mit narbigen Veränderungen beidseits, kleine rundliche Verdichtung im linken Lungenmittelfeld), ein Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses K. vom 28.09.2003 (stationär vom 27. bis 28.09.2003 bei akuter Bronchitis, Lungenemphysem, Nikotinabusus), ein radiologischer Bericht von Dr. C. vom 09.10.2003 (u. a. Emphysemthorax, Lungenemphysem, Interlobärschwiele rechts sowie Verdacht auf lokalisierte Emphysemblase im rechten anterobasalen Unterlappensegment, perihiläre Schwielenbildungen, diffuse zentrale Bronchitiszeichen / dirty lung bei Nikotinabusus), Berichte von Dr. B., Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, vom 22.01.2004, 21.04.2004, 29.07.2004, 12.01.2005, 22.07.2005 und 07.12.2006 (schwere chronische obstruktive Lungenerkrankung [COLD], kompensierte respiratorische Partialinsuffizienz, fragliche spezifische Residuen, seit 10 Jahren habe der Kläger zunehmend Atemnot, der Verlauf sei möglicherweise durch die berufliche Exposition in der Papierfabrik inklusive Dieselabgase sowie einen Nikotinabusus begünstigt, ferner bestehe eine Beeinträchtigung durch Arbeiten im Bereich einer Klimaanlage), Berichte von Dr. H., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 04.05.2004, 10.06.2005 und 26.10.2006 (schwere bzw. mittelschwere chronische Depression mit häufiger latenter Suizidalität wegen chronischer beruflicher Belastungssituation bzw. Dysthymie aufgrund chronischer beruflicher aber auch familiärer Belastungssituation, Verdacht auf narzisstische Persönlichkeitsstörung), ein radiologischer Bericht von Dr. H. über ein CT am 18.07.2005 (u. a. dringender Verdacht auf peripheres Bronchialmalignom des rechten Mittellappens, ausgeprägte chronische obstruktive Lungenerkrankung mit ausgedehntem vikariierendem Lungenemphysem, ausgeprägte Zeichen einer chronischen Bronchitis mit deutlichen Wandverdickungen der zentralen Bronchien), ein Entlassbericht der Klinik Löwenstein, Zentrum für Pneumologie, Thorax- und Gefäßchirurgie, über einen stationären Aufenthalt vom 27.07. bis 12.08.2005 (peripheres Bronchialkarzinom ausgehend vom rechten Oberlappen, COPD Grad III nach GOLD, Emphysem), eine Übersetzung eines Entlassungsberichtes des Krankenhauses "P." der Universität P., Allgemeine Chirurgie, über eine stationäre Behandlung vom 07.08. (wohl 07.09.) bis 08.10.2005 (wenig differenziertes Karzinom im rechten oberen Lungenlappen bei bullöser Lungendystrophie, vorwiegend rechts, am 12.09.2005 Lobektomie in Höhe des oberen rechten Lungenlappens), ein Bericht vom Radiologen Dr. H. über eine Kernspintomographie des Schädels am 13.12.2006 (vollständige Remission einer Kleinhirnmetastase nach Radiatio, Leukencephalopathie zunächst am ehesten vaskulärer Genese, möglicherweise zusätzlich radiogen), ein radiologischer Bericht von Dr. T. über ein CT am 02.02.2007 (u. a. im Lungenfenster bilaterale fibröse Strangbildungen als Zeichen postentzündlicher Residuen), ein Entlassbericht des Klinikums K., Allgemeine Innere Medizin, Pneumologie, vom 15.03.2007 über einen stationären Aufenthalt vom 10.02. bis 02.03.2007 (u. a. ausgedehnte linksseitige Unterlappen-Pneumonie mit Sepsis, bilaterale Lungenfibrose, COPD Grad III nach GOLD) und ein Bericht der Klinik E. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 01.03. bis 11.04.2007 (akute Atemwegsinfektion bei Bronchialkarzinom mit Lobektomie, bullöse Lungendystrophie, Kleinhirnmetastase mit Radiotherapie 02/06, COPD mit respiratorischer Partialinsuffizienz, langjähriger Nikotinabusus).
Bei der Krankenkasse des Klägers, der BKK S., wurde ein Vorerkrankungsverzeichnis und von Dr. K. ein Krankheitsbericht (erstmalige Behandlung am 26.05.1994) beigezogen. Dr. K. legte seinen Arztbrief vom 27.05.1994 (Bronchitis, Emphysem, der Kläger rauche 10 Zigaretten am Tag, seit 10 Monaten habe er Husten, auch in der Nacht, die Bronchitis werde wohl durch den Nikotinkonsum verursacht) und einen Bericht über Lungenfunktionsprüfungen am 05.05.2003 vor. Von der Arbeitgeberin des Klägers wurden mit Schreiben vom 26.07.2007 die Arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen vorgelegt sowie ein Schreiben des betriebsärztlichen Dienstes vom 27.09.2003 wegen einer akuten Erkrankung (für einen Tag Atemnot) und Mitteilungen des Betriebsarztes vom 03.05.2004, 27.05.2005 und 04.07.2005.
In dem Bericht des Präventionsdienstes der Beklagten von Dr. B. vom 02.08.2007 wurde angegeben, der Kläger sei ab April 1989 im Papierlager für den Lagerzu- bzw. Lagerabgang zuständig gewesen. Der Bereich des Papierlagers/Formatlagers könne als praktisch staubfrei bzw. staubarm angesehen werden, die Belüftung dieses Bereiches erfolge über Frischluftzufuhr. Ab März 1993 habe der Kläger als Schneidsaalgehilfe im Schneidsaal an den Querschneidern gearbeitet. Dabei habe er auch bei Reinigungsarbeiten an den Querschneidern zu helfen, d. h. Papierschnipsel/-streifen im Bereich der Maschine und Staubablagerungen abzureinigen. Hierbei komme es insbesondere beim Abladen/Ausladen der Maschinen zu Staubentwicklungen, gegen die vom Betrieb Atemschutz zur Verfügung gestellt werde. Der Schneidsaal bestehe aus einem geschlossenen Raum mit zum Teil offenen Verbindungen zu Nebenräumen (z. B. Palettenlager). Der Raum werde über eine raumlufttechnische Anlage mit Frischluft versorgt. Die Frischluftzufuhr sei bis vor ein bis zwei Jahren über Luftauslässe unter der Decke erfolgt, was insbesondere im Bereich des Arbeitsplatzes des Klägers zum Teil zu deutlichen Zuglufterscheinungen geführt habe. Derzeit erfolge die Frischluftzufuhr etwa in halber Raumhöhe an Gebäudesäulen über Diffusoren. Die zum Schneiden benötigten Papierrollen würden mittels dieselmotorbetriebener Gabelstapler aus dem Rollenlager in die Bereitstellungsbereiche der Querschneider gebracht. Staubmessungen bei Normalbetrieb seien bei einer Arbeitsplatzmessung am 14.10.2003 im Schneidsaal an exponierten Stellen erfolgt. Es hätten sich Werte für einatembare Fraktion (Gesamtstaub) von 0,5 mg/m3, für alveolengängige Fraktion (Feinstaub) von 0,07 mg/m3 und für den durch Dieselmotorenemissionen verursachten Anteil der alveolengängigen Fraktion (Kohlenstoff elementar) von 0,011 mg/m³ ergeben. Die Umrüstung der Dieselstapler mit Russfiltern sei durch den Betrieb 1993 begonnen und 1995 abgeschlossen worden. Nachdem die Anlieferung der Rollen mit den Staplern in den letzten Jahren deutlich zugenommen habe, könnten die genannten Werte als repräsentativ für den gesamten Beschäftigungszeitraum des Klägers in diesem Bereich angenommen werden. Es werde von Seiten des Betriebes wegen hochwertigen Papierqualitäten auf möglichst geringen Staubanfall hingearbeitet. So werde z. B. beim Schnitt der Papiere anfallender Schneidstaub an den Entstehungsstellen abgesaugt. Die raumlufttechnische Anlage werde entsprechend den Anforderungen regelmäßig gewartet.
Am 27.08.2007 ging von Dr. V., Facharzt für Allgemeinmedizin, eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit bei Lungenkarzinom, COPD, Asthma und Depression ein. Beigelegt war der Entlassungsbericht über eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme durch den Rentenversicherungsträger in der S.-Klinik B. vom 27.02. bis 10.04.2003 (mittelschwere depressive Episode, chronisch-obstruktive Bronchitis, Lungenemphysem) sowie ein Bescheid des Versorgungsamtes vom 17.04.1997 (Grad der Behinderung von 50 ab 02.01.1997 wegen Wirbelsäulenveränderungen, Schulter-Arm-Beschwerden, Karpaltunnel-Syndrom, Depression, Reizmagen, rezidivierendes Zwölffingerdarm-Geschwürsleiden, chronische Bindehautentzündung). Mit Schreiben der Beklagten vom 04.09.2007 wurde er darauf hingewiesen, dass das Anzeigenformular nicht vollständig ausgefüllt worden sei und bereits ein Verfahren zur Prüfung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 4301/4302 eingeleitet worden sei. Die Anzeige werde als gegenstandslos angesehen, sollte keine weitere Nachricht eingehen.
Die Beklagte holte einen Krankheitsbericht bei Dr. B. ein (Behandlung seit Oktober 2003 wegen chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung, die Exposition am Arbeitsplatz sei eine mögliche Mitursache). Beigelegt wurden Arztbriefe von Dr. B. vom 13.11.2007 und 07.12.2006.
Dr. H. gab in ihrer gewerbeärztlichen Feststellung vom 28.02.2008 an, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Tätigkeit und Erkrankung gemäß der BK Nr. 4301 könne nicht wahrscheinlich gemacht werden. In einem weiteren Schreiben vom 08.05.2008 wurde im Hinblick auf eine Stellungnahme zur BK 4302 die gutachterliche Untersuchung des Klägers vorgeschlagen.
Die Beklagte beauftragte Prof. Dr. H., Facharzt für Arbeitsmedizin-Sozialmedizin, mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser führte nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 20.10.2008 aus, der Kläger habe angegeben, schon seit 1993 Atembeschwerden zu haben, und führe dies auf die dauernde Zugluft im Schneidsaal zurück, wo die Fenster offen gestanden hätten, wohingegen im Lager Zugluft nicht vorgelegen habe. Prof. Dr. H. diagnostizierte ein Bronchialkarzinom rechter Lungenoberlappen mit Lobektomie 9/05 und Bestrahlung des Schädels wegen Kleinhirnmetastasen 3/06, eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und ein Lungenemphysem. Die Pricktestungen seien sämtlich negativ verlaufen. Aus den Ermittlungen der Beklagten gehe hervor, dass die einatembare Staubfraktion wie auch die alveolengängige Staubfraktion signifikant unter den MAK-Werten gelegen hätten. Darüber hinaus habe auch der durch Dieselmotorenemissionen verursachte Anteil in der alveolengängigen Fraktion unterhalb des TRK-Wertes gelegen. Bei dieser Sachlage lasse sich die Annahme einer Atemwegserkrankung im Sinne der BK 4302 nicht begründen. Darüber hinaus liefere auch das tätigkeitsbezogene Beschwerdebild keine Anhaltspunkte für ein Typ I-allergisches Geschehen am Arbeitsplatz. Über die hierfür charakteristischen Symptome wie Naselaufen, Niesen, Augenjucken oder ähnliches sei nicht geklagt worden. Demzufolge sei eine allergisch verursachte Atemwegserkrankung nach BK 4301 nicht in Betracht zu ziehen. Die zu diskutierenden Einwirkungen seien auch nicht geeignet, ein Lungenemphysem zu verursachen. Die Gesundheitsstörung sei vielmehr in Zusammenhang mit den Rauchgewohnheiten (1976 bis 2005 zehn bis zwölf Zigaretten am Tag) zu sehen. Am Arbeitsplatz hätten keine inhalativen Einwirkungen bestanden, die nach herrschender medizinischer Lehrmeinung geeignet gewesen sein könnten, ein Bronchialkarzinom zu verursachen. Papierstaub besitze keine krebserzeugende Potenz. In der Personengruppe der Fahrer von dieselbetriebenen Gabelstaplern sei das gehäufte Auftreten von Bronchialkarzinomen nicht bekannt. In Anbetracht der Rauchgewohnheiten müsse davon ausgegangen werden, dass der Zigarettenkonsum von täglich zehn bis zwölf Zigaretten ab dem Jahr 1976 für die Entstehung der Bronchialkrebserkrankung die überragende Bedeutung habe. Beigelegt wurde der Bericht über die Pricktestung durch Dr. S., Hautärztin, vom 21.10.2008.
Dr. H. schlug in ihrer gewerbeärztlichen Feststellung vom 11.12.2008 vor, die BK 4302 nicht anzuerkennen. Die haftungsausfüllende Kausalität habe nicht wahrscheinlich gemacht werden können. Dr. B. vom Präventionsdienst der Beklagten teilte mit Schreiben vom 02.02.2009 mit, eine Asbestexposition habe nicht ermittelt werden können.
Mit Bescheid vom 17.03.2009 stellte die Beklagte fest, bei dem Kläger bestehe keine BK 4301 bzw. BK 4302. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sei der Kläger während seiner Berufstätigkeit keinen allergisierenden, chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ausgesetzt gewesen, die geeignet seien, eine obstruktive Atemwegserkrankung zu verursachen. Als Ursache der festgestellten chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung und des Lungenemphysems kämen nach ärztlicher Auffassung am ehesten die inhalativen Rauchgewohnheiten in Betracht.
Hiergegen legte der Kläger am 20.04.2009 Widerspruch ein und führte aus, er sei werktäglich durch berufliche Exposition nahezu ungeschützt starken Dieselabgasen sowie Papierstaub ausgesetzt gewesen und sei durch Arbeiten im Bereich einer Klimaanlage beeinträchtigt worden. Aus der Gesamtschau ergebe sich ein direkter kausaler Zusammenhang mit den schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Vorgelegt wurden ein Krankheitsbericht von Dr. B. vom 30.12.2009 (den Verdacht des Klägers auf eine berufliche Ursache bei Tätigkeit in einer Papierfabrik an einer Papierschneidemaschine könne er nicht bestätigen, im Vordergrund stehe die schwere chronische obstruktive Lungenerkrankung, etwa Grad III [Gold] mit heterogenem Lungenemphysem begünstigt durch Nikotinabusus) und dessen Arztbriefe vom 22.07.2005, 07.12.2006, 13.11.2007, 10.07.2008 und 21.10.2009.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Auch Dr. B. gehe nicht vom Vorliegen einer Berufskrankheit aus. Den beigefügten Berichten ließen sich keine neuen Gesichtspunkte für die Beurteilung entnehmen.
Hiergegen hat der Kläger am 30.04.2010 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und zur Begründung die Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Das SG hat von Amts wegen Dr. K. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser führte in seinem Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 24.08.2010 aus, es hätten sich eine COPD und ein Zustand nach Bronchialkarzinom gezeigt. Der Kläger habe bei der Untersuchung in seiner Praxis im Jahr 1994 nur eine leichte Einschränkung der Lungenfunktion gehabt, eine zentrale Obstruktion habe nicht bestanden, die kleinen Atemwege seien leichtgradig eingeschränkt gewesen. In dieser Zeit seien die Dieselfahrzeuge mit Rußfiltern ausgestattet worden, die Umrüstung sei im Jahr 1995 beendet worden. Bei der nächsten Vorstellung im Jahr 2003 hätten sich eine mittelgradige zentrale Obstruktion und eine schwergradige Einschränkung der Funktion der kleinen Atemwege gezeigt. Somit habe sich zwischen 1994 und 2003 eine wesentliche Verschlechterung der Lungenfunktion ergeben. In diesem Zeitraum hätten die Maßnahmen zur Luftreinigung am Arbeitsplatz bereits stattgefunden, so dass die Verschlechterung der Lungenfunktion nicht auf Einflüsse am Arbeitsplatz (Dieselabgase) zurückzuführen sei. Durch die vom Kläger angegebene Zugluft könnten vermehrte Infekte im Sinne einer Bronchitis ausgelöst werden, eine COPD entstehe dadurch nicht. Die gelegentliche Reinigung der Maschine mit Entwicklung von Papierstaub könne keine COPD hervorrufen. Als Ursache der Verschlechterung der COPD sei wohl der Zigarettenkonsum zu sehen. Ein Anhalt für eine Allergie bestehe nicht. Keine Gesundheitsstörung sei mit Wahrscheinlichkeit in wesentlicher Weise durch die Berufstätigkeit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden.
Der Kläger hat ein ärztliches Attest von Dr. Valsamas vom 02.11.2010 vorgelegt, wonach die Exposition mit diversen Allergenen - Dieselrauch, Schmierstoffe, aber auch infektiöse Partikel, wie sie häufig in nicht akkurat gewarteten Klimaanlagen bestünden - Exazerbationen der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit verursachen könne. Der Kläger hat ergänzend ausgeführt, im Papierlager sei nicht praktisch staubfrei gearbeitet und Rußfilter seien erst zu einem viel späteren Zeitpunkt eingebaut worden und hätten nicht große Wirkung gebracht in dem geschlossenen Raum. Die Reinigungsarbeiten hätten täglich vor dem Schichtende stattgefunden. Die große Reinigungsarbeit sei einmal im Monat in etwa einer Stunde verrichtet worden. Er hat ein Besprechungsprotokoll über ein Gespräch des Gewerbeaufsichtsamtes mit Mitarbeitern der Beklagten bei der Firma S. vom 06.11.2004 vorgelegt, in dem unter anderem unter Punkt 3 angegeben wurde, in einigen Stellen im Schneidsaal gebe es einen Luftzug, der von manchen Mitarbeitern als unangenehm wahrgenommen werde, Änderungen im Luftverteilungssystem würden in den nächsten Wochen von einer Fachfirma durchgeführt. Unter Punkt 4 wurde ausgeführt, Staub sei oft auf dem Boden im Schneidsaal erkennbar, Staubmessungen seien am 14.10.2003 durchgeführt worden. Die gemessene einatembare Fraktion habe um das Zwanzigfache unterhalb des zulässigen Staubgrenzwertes gelegen. Aus diesen Werten lasse sich keine Maßnahme ableiten. Bei einer Routineuntersuchung eines Staubabschneidersystems seien Mängel im Staubfilter entdeckt worden, die Ersatzfilter seien am 27.10.2004 während eines längeren Maschinenstillstandes installiert worden. Weiter hat der Kläger einen Arztbrief der Fachärztin für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Eppler vom 18.02.2011 vorgelegt (lungenfunktionell und radiologisch unveränderter Befund) sowie ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten des italienischen Arztes Dr. M. vom 14.05.2011. Dr. M. hat in seinem Gutachten ausgeführt, epidemiologische Untersuchungen hätten das Auftreten schädlicher Auswirkungen auf das Atmungssystem durch Exposition gegenüber Papierstaub nachgewiesen. Es sei festgestellt worden, dass die Papierreste verschiedene chemische Stoffe enthielten. Diese verschlimmerten die durch den Staub entstandene Lungenerkrankung. In Bezug auf die Abgase der Dieselmotoren der Gabelstapler werde darauf hingewiesen, dass Dieselmotorabgase aus einer Mischung von Stoffen im Gaszustand und in Form von schädlichen Partikeln (Rauchgas) bestünden, von denen viele krebserregend seien. Rauchgase, die sich in einem geschlossenen Raum befänden, würden von den Arbeitern eingeatmet und eine Exposition sei unvermeidbar. Die Emission der Dieselmotoren bestehe aus ultrafeinen Partikeln die tief in die Lunge eindrängen und Lungenerkrankungen verursachten, die bis zur chronischen Ateminsuffizienz führten. Der Kläger habe sich nach dem Messbericht in einem geschlossenen Raum ohne Reinigungslage und Klimaanlage in ausreichender Form befunden. Dies sei mehr als ausreichend, um die chronisch obstruktive pulmonale Erkrankung auf die Arbeitsumgebung zurückzuführen. Es sei nicht erkennbar, womit Prof. Dr. H. seine Behauptung, dass die Grenzwerte deutlich unterschritten würden, belege. Die eingeatmete Staubmenge, die im Falle des Klägers beträchtlich gewesen sei, spiele eine große Bedeutung für den kanzerogenen Insult. Der Kläger sei im Arbeitsbereich Stoffen ausgesetzt gewesen, die gemäß den in der Arbeitsmedizinliteratur vorhandenen wissenschaftlichen Studien Atemerkrankungen hervorriefen. Dies habe beim Kläger eine Lungenerkrankung verursacht, die direkt auf die Schadstoffe, die er während seiner Arbeitstätigkeit eingeatmet habe, zurückzuführen sei. Der Kläger hat noch ein weiteres Attest von Dr. V. vom 06.06.2011 vorgelegt, in dem dieser im Wesentlichen die Aussagen von Dr. M. wiedergegeben hat.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 14.07.2011 beschlossen, den Sachverhalt in arbeitstechnischer Hinsicht durch eine Arbeitsplatzbesichtigung des Klägers und des Präventionsdienstes nach zu ermitteln.
Der Kläger hat weitere allgemeine Unterlagen insbesondere zu den Themen Durchzugluft, Papierstaub, den Voraussetzungen zur Anerkennung von Berufskrankheiten, Dieselruss/Dieselruss-filter/Partikelfilter und Feinstaub vorgelegt. Weiter hat er einen Bericht des Regierungspräsidiums S., Abteilung Umwelt, vom 06.08.2007 über seine Beschwerden insbesondere bezüglich der Arbeitsbelastung im Schneidsaal und der Zugluft am Arbeitsplatz vorgelegt (am 07.05.2007 seien Messungen im Schneidsaal durchgeführt worden, zu denen Dr. B. ausgeführt habe, es sei keine Änderung an der Frischluftzufuhr im Schneidsaal erforderlich).
Die Beklagte hat den Bericht vom 15.01.2004 über die Messung von Gefahrstoffen in der Luft und in Materialproben in Arbeitsbereichen bei der Papierfabrik S. am 14.10.2003 vorgelegt sowie den Bericht vom 30.05.2007 über die am 07.05.2007 durchgeführte Messung und einen Artikel zu thermischen Belastungen.
Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten W. hat in seiner Stellungnahme vom 10.02.2012 über eine Besprechung im Betrieb am 10.01.2012 mit dem Kläger, dessen Bevollmächtigten, einem Dolmetscher sowie verschiedenen Funktionsträgern des Arbeitgebers berichtet. Der Kläger habe angegeben, im Fertigwarenlager habe sich nach einer gewissen Zeit auf dem Boden und anderen Flächen feiner schwarzer Staub abgelagert, obwohl sich dort keine Produktion bzw. Verarbeitung befunden habe und nur handgeführte oder elektrisch betriebene Handhubwagen im Einsatz gewesen seien. Im Jahr 2003 sei bei Normalbetrieb der Produktion eine Staubmessung durchgeführt worden. Die Konzentration der einatembaren Fraktion habe nach Ermittlung mit 0,5 mg/m3 weit unter dem allgemeinen Staubgrenzwert gelegen. Während Reinigungsarbeiten könnten verfahrensbedingt höhere Staubkonzentrationen auftreten. Hieran sei der Kläger nur einmal im Monat beteiligt gewesen. Bei diesen Reinigungsarbeiten stünden den Mitarbeitern sogenannte Wegwerfmasken zur Verfügung. Für den Transport der Papierrollen im Schneidsaal sei in der Regel ein Dieselstapler im Einsatz. Vom Betrieb sei versichert worden, dass die Stapler mit Dieselmotor bereits Ende der achtziger bzw. zu Beginn der neunziger Jahre mit Rußfiltern nachgerüstet bzw. angeschafft worden seien. Als Nachweis seien Unterlagen der Firma ETB (Energietechnik Bremen GmbH), einem Ausrüster von Filtersystemen, zur Verfügung gestellt worden. Eine Wirkungsgradbestimmung des TÜV vom 23.07.1989 belege die routinemäßige Kontrolle der Filter. Bei der Messung im Jahr 2003 seien auch die Dieselmotoremissionen im Schneidsaal bestimmt worden. Die Konzentration habe bei 0,011 mg/m3 bei einem gültigen Grenzwert von 0,1 mg/m3 gelegen. Auch bei einer Summenbewertung nach TRGS 402 errechne sich aus den Einzelindizes von 0,11 und 0,05 nur ein Summenindex von 0,16, wobei ein Index von 1 heiße, dass der Grenzwert erreicht wäre und erst bei einem Index über 1 eine Grenzwertüberschreitung vorliege. Der Arbeitsplatz des Klägers sei am Ende der Halle gewesen, wo Stapler nur ganz selten hingekommen seien. Die Messungen seien gezielt im näheren Umfeld der Staplerwege vorgenommen worden. Der Umstand, dass es am Arbeitsplatz zu Zuglufterscheinungen gekommen sei, spreche dafür, dass die Lüftungsanlage (Zugluft von oben) eher zu einer Verdünnung geführt habe und keine hohen Staubkonzentrationen vorgelegen hätten. Die Hallendecken und –wände seien, obwohl sie schon einen alten Eindruck machten, nicht nennenswert geschwärzt, was bei einer hohen Exposition durch Dieselfahrzeuge der Fall sei. Beigefügt hat er Fotos der Arbeitsplätze/Maschinen im Schneidsaal. Nach der gut zweistündigen Besprechung sei dem Klägervertreter die Möglichkeit der Arbeitsplatzbesichtigung angeboten worden. Der Klägervertreter habe den Arbeitsplatz nicht besichtigt.
Der Kläger hat unter anderem den Bericht des TÜV vom 23.07.1989 über die Wirkungsgradbestimmung eines Abgasrußfilters für Dieselmotoren, Unterlagen der Firma ETB über Abgasanlagen aus den Jahren 1993 und 1994 und die technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 554), Stand Oktober 2008, zu Abgasen von Dieselmotoren sowie ein Schreiben der Frau M., Schwerbehindertenvertretung bei der Firma S., vorgelegt. Weiter hat er zu dem Besprechungstermin und dem Bericht von Herrn W. Ausführungen gemacht und erklärt, durch Arbeitsplatzbesichtigungsverbot sei ihm die Möglichkeit genommen worden, von seinem Recht Gebrauch zu machen. Die Fertigwarenlager seien in zwei Gebäuden gewesen. Bei dem Lager im alten Gebäude seien keine Frischluftzufuhr und keine Klimaanlage gewesen. Es habe eine überall deutlich sichtbare Verschmutzung/Ablagerung von schwarzem Staub vorgelegen. Er sei fest davon überzeugt, dass 1993 und danach die Dieselstapler nicht mit Rußfiltern ausgestattet gewesen seien. Bei einer Arbeitsplatzbesichtigung hätte er gezeigt, dass die elektrische und akustische Warnanlage, die an den Staplern installiert sei, überwiegend defekt sei und die Staplerfahrer nicht wissen könnten, wann die Rußbehälter am Stapler mit Dieselpartikeln befüllt seien sowie dass er jahrelang Schmieröl habe einatmen müssen. Im Schneidsaal gebe es nur eine Raumluftanlage mit Gitter, die niemals gereinigt worden sei. In etwa 2006 seien die Gitter der Raumluftanlage abmontiert und durch Blechplatten ersetzt worden, wie auch das Ende der Raumluftanlage. Die Raumluftanlage sei außer Betrieb gesetzt worden. Zwar seien Diffusoren in halber Raumhöhe an Gebäudesäulen eingebaut worden, aber diese seien an die Raumluftanlage unter der Decke angeschlossen worden die außer Betrieb gesetzt worden, und nicht funktionsfähig gewesen sei. Der Kläger hat noch Fotos zu seinem Arbeitsplatz, insbesondere der Raumluftanlage, vorgelegt.
Das SG hat mit Urteil vom 09.05.2012 die Klage abgewiesen. Eine BK 4301 sei offensichtlich nicht gegeben. Die Feststellung scheide bereits aus, weil der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit keinen Kontakt zu allergisierenden Stoffen gehabt habe und weil bei ihm die typischen Symptome einer solchen Atemwegserkrankung nicht vorlägen. Auch die BK 4302 sei nicht anzuerkennen. Ungeachtet der Tatsache, dass eine Exposition mit chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen nicht im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sei, lasse sich auch der ursächliche Zusammenhang zwischen einer etwaigen Belastung mit bestimmten Stoffen und der beim Kläger bestehenden obstruktiven Atemwegserkrankung nicht mit Wahrscheinlichkeit nachweisen. Die vom Kläger behauptete massive Exposition mit Dieselabgasen ab 1993 habe nicht nachgewiesen werden können. Prof. Dr. H. und Dr. K. hätten einen Ursachenzusammenhang zwischen beruflichen Schadstoffen und der Atemwegserkrankung nicht mit Wahrscheinlichkeit bestätigt und das Vorliegen einer BK verneint. Den Schlussfolgerungen von Dr. M. habe sich das Gericht nicht anschließen können.
Hiergegen hat der Kläger am 25.06.2012 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er insbesondere ausgeführt, es habe keine Berücksichtigung gefunden, dass er in der Zeit von 1989 bis 1993 im Fertigwarenlager beschäftigt gewesen sei und dort nicht im Neubau gearbeitet habe, sondern im alten Gebäude. Er habe an jedem Tag an der Papierschneidemaschine gearbeitet und nicht lediglich als Helfer bei der Reinigung der Maschinen einmal pro Woche eine Stunde lang Staub eingeatmet. Die abschließende Stellungnahme des Präventionsdienstes gehe in gravierender Weise von falschen Sachverhaltsvoraussetzungen aus.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. Mai 2012 sowie den Bescheid vom 17. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Berufskrankheit nach den Nummern 4301 und/oder 4302 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat sich zur Begründung auf das Urteil des SG bezogen und eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 15.05.2013 vorgelegt. In dieser hat Herr Witt ausgeführt, aufbauend auf seinen Erfahrungen als Messtechniker mit vielfachen Messungen in der Papierindustrie in seiner 23-jährigen Tätigkeit könne er die Feststellungen von Dr. B. bestätigen.
Die Berichterstatterin hat am 16.10.2014 im Rahmen einer nicht-öffentlichen Sitzung die Sach-und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger hat dabei nochmals darauf hingewiesen, dass im Lager im Altbau schwarzer Staub auf den Paletten gelagert habe und im Schneidsaal die Raumluftanlage an der Decke alt und nicht funktionsfähig gewesen sei. An diese Anlagen seien die Diffusoren angebaut worden. Obwohl es nicht funktioniert habe, sei bei ihm Zugluft gewesen. Über seiner Arbeitsplatte seien Gitter der Frischluftzufuhr gewesen. Mal sei Luft durch die Anlage gekommen, mal nicht. Am anderen Ende des Raumes sei der Eingang gewesen, durch den die Dieselfahrzeuge rein und raus gefahren seien. Zu ihm seien die Hubwagen nur für seine Maschinen gekommen. Bei ihm seien aber alte Maschinen und Schmieröl gewesen. Er wisse nicht, wann Rußfilter eingebaut worden seien.
Die Berichterstatterin hat den Beteiligten den Report des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) 3/2011 über eine Literaturstudie zur Toxizität von Papierinhaltsstoffen und von Papierstaub zur Kenntnis gebracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der die Anerkennung einer Berufskrankheit ablehnende Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der BK 4301 sowie der BK 4302 der Anlage 1 zur BKV.
Der Kläger begehrt im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG die Aufhebung der die Anerkennung einer Berufskrankheit ablehnenden Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Berufskrankheit (vgl. zur Klageart BSGE 103, 45; 108, 274).
Unter welchen Voraussetzungen eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen ist, ergibt sich aus den §§ 7 und 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), wenn - wie vorliegend - der Eintritt einer BK für die Zeit nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 geltend gemacht wird (vgl. § 212 SGB VII). Danach sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB VII). Sie kann Berufskrankheiten auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz SGB VII). Aufgrund der Ermächtigungen in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31.10.1997 (BGBl I S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. In der Anlage 1 zu § 1 BKV sind als solche unter der Nr. 4301 "durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie)" sowie unter der Nr. 4302 "durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen" aufgelistet.
Allgemeine Voraussetzung für die Feststellung einer Berufskrankheit ist, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben muss (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises erwiesen sein, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 14). Eine Tatsache ist in diesem Sinne bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt hingegen jeweils das Bestehen einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße - nicht auszuschließende – Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999 - B 2 U 47/98 R - SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Danach muss bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftigerweise die Entscheidung gestützt werden kann und ernstliche Zweifel ausscheiden. Bei der Anwendung dieser Beweismaßstäbe ist zu beachten, dass für die tatsächlichen Grundlagen der Wertentscheidung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung, soweit es sich nicht um den Kausalverlauf als solchen handelt, also insbesondere für Art und Ausmaß der schädigungsgeeigneten Einwirkung als wichtiges Kriterium für die Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität, der volle Nachweis zu erbringen ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009, a.a.O.; zuletzt BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2109 Nr. 1). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Im Rahmen der Kausalitätsprüfung ist weiter zu berücksichtigen, dass nach der hier anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen werden, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob die Einwirkungen wesentlich waren. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jede/s andere alltäglich vorkommende Ereignis oder Einwirkung zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2005 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 15).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind vorliegend zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr. 4301 bzw. der Nr. 4302 nicht gegeben.
Als Berufskrankheit werden in Nr. 4301 die durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung (einschließlich der Rhinopathie) und in Nr. 4302 die durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung genannt. Der Begriff "obstruktive Atemwegserkrankung" ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene akute und chronische Krankheiten des broncho-pulmonalen Systems, die mit obstruktiven Ventilationsstörungen einhergehen. Unter den Begriff "obstruktive Atemwegserkrankungen" im Sinne der BKV fallen allergische Rhinopathie, Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Bronchitis bzw. chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) (vgl. Schönberger/ Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 1051).
Bei dem Kläger ist 1994 eine Bronchitis und ein Emphysem diagnostiziert worden. Ab dem Jahr 2003 ist das Vorliegen einer obstruktiven Lungenerkrankung mit Emphysem dokumentiert. Im Jahr 2005 ist die obstruktive Lungenerkrankung als COPD Grad III bewertet worden und im Jahr 2007 ist zusätzlich noch eine bilaterale Lungenfibrose angegeben worden. Bei dem Kläger liegt damit eine obstruktive Atemwegserkrankung im Sinne der BK 4301 und BK 4302 vor.
Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen ist das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der obstruktiven Atemwegserkrankung des Klägers als BK 4302, nämlich das Vorliegen bzw. die Einwirkung chemisch-irritativ oder toxisch wirkender Arbeitsstoffe in ausreichendem Umfang bei der Arbeit im Papierschneidsaal sowie im Papierlager / Logistikcenter, zur Überzeugung des Senats nicht erwiesen. Dies entnimmt der Senat dem Bericht über die Messung von Gefahrstoffen in der Luft und in Materialproben bei der Arbeitgeberin des Klägers am 14.10.2003, den Stellungnahmen des Präventionsdienstes der Beklagten von Dr. B. vom 02.08.2007 und Herrn W. vom 10.02.2012, dem zum Gegenstand des Verfahrens gemachten IFA–Report über eine Literaturstudie zur Toxizität von Papierinhaltsstoffen und von Papierstaub, dem Gutachten von Prof. Dr. H., das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, sowie dem Gutachten von Dr. K ...
Der Kläger war bei der Verrichtung seiner beruflichen Tätigkeit bei der Firma S. Staub, insbesondere Papierstaub und ab dem Jahr 1993 Dieselabgasen ausgesetzt. Eine Asbestexposition hat nicht vorgelegen. Nicht jede Art von Staubbelastung erfüllt jedoch die hier maßgeblichen arbeitstechnischen Voraussetzungen. Vielmehr muss es sich nach den ausdrücklichen Vorgaben des BK-Tatbestandes 4302 um chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe gehandelt haben. Qualität, Dauer und Höhe der Gefahrstoffeinwirkung sind dosimetrisch abzuschätzen. Dabei sind Mess- bzw. Ermittlungsergebnisse am Arbeitsplatz oder an Vergleichsarbeitsplätzen von Bedeutung. In vielen Arbeitsbereichen bestehen komplexe Expositionen mit verschiedenen Irritanzien. In der Regel ist eine Koexposition am Arbeitsplatz nachweisbar (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung [BKV] Kommentar, Lieferung 1/13, M 4302, S. 7 Nr. 3). Ein eigener Arbeitsplatzgrenzwert für Papierstaub ist in Deutschland nicht aufgestellt, so dass an Arbeitsplätzen, an denen im Sinne der Gefahrstoffverordnung Tätigkeiten mit den betreffenden Gefahrstoffen durchgeführt werden, der Allgemeine Staubgrenzwert der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte" Ausgabe 2006, zuletzt geändert und ergänzt am 28.10.2014 (GMBl 2014, S. 1312/1313), zur Anwendung kommt. Die TRGS geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen wieder und werden vom BMAS im GMBl bekannt gegeben. Nach der TRGS 900 (2.4.1 [6] und [7]) sind zur Beurteilung der auftretenden Staubkonzentrationen in der Luft des Arbeitsbereiches in der Regel die einatembare (E-Staubfraktion) und die alveolengängige Staubfraktion (A-Staubfraktion) des Arbeitsplatzgrenzwertes gemäß TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition" zu ermitteln und zu bewerten. Wenn in den Staubfraktionen Stoffe enthalten sind, für die stoffspezifische Beurteilungsmaßstäbe festgelegt sind, müssen diese ermittelt und getrennt bewertet werden. Der Arbeitsplatzgrenzwert für die A-Staubfraktion in Höhe von 1,25 mg/m³ basiert auf einer mittleren Dichte von 2,5g/cm³. Wenn an einem Arbeitsplatz Materialien besonders niedriger Dichte (z.B. Papier) verwendet werden, kann mit der Materialdichte umgerechnet werden. Der Arbeitsplatzgrenzwert der E-Staubfraktion ist als Schichtmittelwert mit 10 mg/m³ festgelegt. Für die Tätigkeiten, bei denen der Arbeitsplatzgrenzwert für die A-Staubfraktion von 1,25 mg/m³ nachweislich nicht eingehalten werden kann, gilt übergangsweise bis zum 31.12.2018 für die Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ein Beurteilungsmaßstab in Höhe des bisherigen A-Staub-Arbeitsplatzgrenzwert von 3,0 mg/m³ (TRGS 900 2.4.2. [1]). Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist somit davon auszugehen, dass eine Gesundheitsgefährdung bei Einhaltung des Grenzwertes von 3 mg/m³ (alveolengängige Fraktion) nicht zu erwarten ist, sofern die Stäube keine spezifisch wirkenden Inhaltsstoffe enthalten. Während seiner Beschäftigung bei der Papierfabrik S. hat der Kläger von April 1989 bis Februar 1993 im Logistikcenter / Papierlager (= Fertigwarenlager) und ab März 1993 im Schneidsaal der Papierfabrik gearbeitet.
Nach dem Bericht über die Messung von Gefahrstoffen in der Luft und in Materialproben in Arbeitsbereichen vom 15.01.2004 über die Messung bei der Papierfabrik S. am 14.10.2003 war im Schneidsaal eine gewisse Staubentwicklung zu verzeichnen. Der Staplerverkehr in der Halle führte dabei zur Aufwirbelung von abgelagertem Papierstaub und zum anderen auch zu einer Emission von Dieselruß, wobei die eingesetzten Dieselstapler mit Dieselpartikelfiltern ausgestattet waren. Im Logistikcenter war überall eine deutlich sichtbare Verschmutzung / Ablagerung von schwarzem Staub, z.B. auf den Palettenstapeln, Anlagenteilen, Geländern etc., gegeben. Die im Schneidsaal an den exponierten Stellen während der zweistündigen Messungen ermittelte einatembare Fraktion (Gesamtstaub) lag bei der Messung am 14.10.2003 mit 0,5 mg/m³ weit unterhalb des zulässigen Allgemeinen Staubgrenzwertes von 10 mg/m³. Auch die alveolengängige Fraktion (Feinstaub) lag mit 0,07 mg/m³ deutlich unter dem Wert von 3 mg/m³, wie auch deutlich unter dem Grenzwert von 1,25 mg/m³. Von dieser alveolengängigen Fraktion lag der Anteil der Dieselmotoremission (Kohlenstoff elementar) bei 0,011 mg/m³ und lag damit bei einem Bewertungsindex von 0,11, d.h. 11% der damaligen zulässigen Technischen Richtkonzentration (TRK). Dies spricht zur Überzeugung des Senats auch dafür, dass, wie von der Arbeitgeberin angegeben, sämtliche Dieselstapler mit Dieselpartikelfiltern ausgestattet waren. Denn in der TRGS 554 "Abgase von Dieselmotoren" wird in der Anlage 5 (Dieselmotoremissionen-Konzentrationen - Messergebnisse für Arbeitsbereiche) unter 1. [6] ausgeführt, dass in Arbeitsbereichen, in denen alle vorhandenen Dieselmotoren mit Dieselpartikelfiltern gemäß dieser TRGS ausgerüstet sind und für die Querempfindlichkeiten oder Störungen aus anderen Arbeitsbereichen oder aus der Umwelt ausgeschlossen werden können, im Übrigen nur noch Messergebnisse im Bereich der Nachweisgrenze des Messverfahrens erhalten werden (( 0,014 mg/m³ EC [elementarer Kohlenstoff] für eine zweistündige stationäre Probenahme). Zudem hat Herr Witt in seiner Stellungnahme vom 10.02.2012 darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Wert der gemessenen einatembaren Fraktion von 0,5 mg/m³ messtechnisch bedingt schon um eine Summenbewertung handelt, da die gravimetrische Analyse (Wägung) sowohl den Papierstaub als auch die Dieselemission enthält. Aber auch bei einer Summenbewertung nach TRGS 402 errechnet sich aus den Einzelindizes von 0,11 und 0,05 nur ein Summenindex von 0,16. Erst ein Index von 1 heißt jedoch, dass der Grenzwert erreicht ist und erst bei einem Index über 1 liegt eine Grenzwertüberschreitung vor.
Die Umrüstung der Dieselstapler mit Rußfiltern ist nach dem Bericht von Dr. B. vom 02.08.2007 im Jahr 1993 begonnen und 1995 abgeschlossen worden. Herr W. hat in seinem Bericht vom 10.02.2012 hierzu zwar angegeben, vom Betrieb sei versichert worden, dass bereits Ende der 80´er- bzw. zu Beginn der 90´er-Jahre Stapler mit Rußfiltern nachgerüstet bzw. angeschafft worden seien. Der Senat geht jedoch zu Gunsten des Klägers von den konkreteren und zeitlich früheren Angaben des Dr. B. aus und nimmt deshalb eine Umrüstung in den Jahren 1993 bis 1995 an. Nachdem der Kläger diese Angabe nur unsubstanziiert bestritten und im Erörterungstermin angegeben hat, er wisse nicht, wann die Filter eingebaut worden sind, ist von dem Abschluss der Umrüstung spätestens im Jahr 1995 auszugehen. Da der Kläger bereits ab März 1993 im Schneidsaal gearbeitet hat, ist daher davon auszugehen, dass zu Beginn noch nicht jeder Dieselstapler mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet gewesen ist. Allerdings hat Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 02.08.2007 darauf hingewiesen, dass die Anlieferung der Rollen mit den Staplern zugenommen hat, so dass die Werte der Messung von 2003 als repräsentativ für den gesamten Beschäftigungszeitraum des Klägers in diesem Bereich angenommen werden können. Hinzu kommt, worauf Herr Witt in seiner Stellungnahme vom 10.02.2012 hingewiesen und was auch der Kläger bestätigt hat, dass der Arbeitsplatz des Klägers am entgegengesetzten Ende der Halle zum Eingang des Rollenlagers war, so dass die Stapler zu ihm nur für die Maschinen, an denen er gearbeitet hat, hingekommen sind, wohingegen die Messungen gezielt im näheren Umfeld der Staplerwege vorgenommen worden sind. Daraus folgt, dass am Arbeitsplatz des Klägers jedenfalls nicht höhere Werte vorgelegen haben, möglicherweise hingegen niedrigere. Im Bereich des Arbeitsplatzes des Klägers haben sich auch Öffnungen der Frischluftanlage befunden. Soweit der Kläger immer wieder ausgeführt hat, diese habe nicht funktioniert, sind seine Angaben in sich widersprüchlich, da der Kläger zugleich die durch die Frischluftanlage verursachte starke Zugluftbelastung beklagt hat, die nur vorstellbar ist, wenn eine Luftzirkulation tatsächlich erfolgt. Das Vorliegen einer recht starken Zugluftbelastung wird durch die am 07.05.2007 durchgeführte Messung mit zeitweise ziemlich hohen Luftgeschwindigkeiten bestätigt. Diese Messungen bestätigen auch die Angaben des Klägers, dass die Stärke der Zugluftbelastung schwankend war. Belege dafür, dass die Frischluftanlage nicht funktioniert hat und keine Frischluft zugeführt wurde, finden sich hingegen nicht. Daher ist auch für den Zeitraum 1993 bis 1995 nicht von einer signifikant höheren Belastung durch Dieselpartikel auszugehen.
Im Logistikcenter ergab die Messung der alveolengängigen Fraktion einen Wert von 0,09 mg/m³, wobei der Anteil des elementaren Kohlenstoffs bei 0,012 mg/m³ (12% des damaligen TRK-Wertes) lag. Damit lagen nur leicht höhere Werte wie im Schneidsaal vor. Da in dieser Halle ausschließlich Elektrostapler fuhren, ist dieser Wert sowohl auf den Abrieb der Reifen (enthält auch Kohlenstoff bzw. Ruß) als auch den Abrieb vom Hallenboden (Bitum) zurückzuführen. Nur vier Substanzen, nämlich Bezo(a)anthracen, Chrysen, Fluoranthen und Pyren, allesamt polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), konnten in einer Materialprobe (abgelagerter Staub von einem Geländer) messbar nachgewiesen werden. Aus diesen vier messbaren Substanzen wurde ein Summenwert von 4,1µg/g gebildet. Die im Logistikcenter gemessene Staubkonzentration von 0,09 mg/m³ entspricht aufgerundet 0,0001 µg/m³. Wie in dem Messbericht vom 15.01.2004 ausgeführt, unterschreitet diese Konzentration den früher für Arbeitsplätze geltenden TRK-Wert für Benzo(a)pyren (für die anderen Substanzen existierte kein Grenzwert) von 2 µg/m³ um ein vielfaches. Darüber hinaus wird in dem Bericht angegeben, dass für Innenräume in der Literatur teilweise ein Orientierungswert bezüglich der Summe der PAK von 5 mg/kg, dies entspricht 5 µg/g, angegeben wird bei einem Prüfbereich von 5 bis 25 µg/m³ und einem Handlungsbereich bei über 25 µg/g. Die ermittelte Summe von 4,1 µg/g liegt damit auch unterhalb dieses Orientierungswertes.
Unter Würdigung der Ergebnisse der Messung am 14.10.2003 hat Prof. Dr. H. für den Senat überzeugend ausgeführt, dass sich die Annahme einer Atemwegserkrankung im Sinne der BK 4302 nicht begründen lässt. Denn die einatembare Staubfraktion wie auch die alveolengängige Staubfraktion haben signifikant unterhalb der MAK-Werte, d. h. der höchst zulässigen Konzentration eines Arbeitsstoffes in der Luft am Arbeitsplatz, bei der nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnis bei täglich achtstündiger Exposition (max. 42 Stunden pro Woche) im allgemeinen die Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt ist, gelegen. Der durch Dieselmotoremissionen verursachte Anteil in der alveolengängigen Fraktion hat außerdem unterhalb des TRK-Wertes (Konzentration eines Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz, die nach dem Stand der Technik erreicht werden kann nach der inzwischen aufgehobenen TRGS 102 "Technische Richtkonzentration für gefährliche Stoffe") gelegen. Auch unter Berücksichtigung der nunmehr gültigen TRGS 900, 402 und 554 ergibt sich nicht, dass der Kläger mit den gemessenen Werten chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Arbeitsstoffen in einem zur Verursachung der obstruktiven Atemwegserkrankung ausreichenden Umfang ausgesetzt gewesen ist.
Das von Seiten des Klägers eingebrachte und als Parteivortrag zu würdigende Gutachten des Dr. M. ist für den Senat schon deshalb nicht überzeugend, da ihm die Ergebnisse der Messung vom 14.10.2003 nicht bekannt gewesen sind. Infolge dessen wendet er sich gegen die Ausführungen von Prof. Dr. H., wonach die Fraktionen deutlich unter den damals gültigen Grenzwerten gelegen haben, und geht stattdessen zu Unrecht davon aus, dass die eingeatmete Staubmenge beträchtlich gewesen sei und eine große Bedeutung für den kanzerogenen Insult habe. Dabei hat Dr. M. seinen Ausführungen die TRK-Werte für Dieselpartikel aus der TRGS 554 Stand 1993 und 1996 von 0,2 mg/m³ bzw. 0,1 mg/m³ zugrunde legt, die nach der Messung vom 14.10.2003 deutlich unterschritten wurden. Soweit er angibt, epidemiologische Untersuchungen hätten das Auftreten schädlicher Auswirkungen auf das Atmungssystem durch Exposition gegenüber Papierstaub nachgewiesen, wird dies durch die Literaturstudie zur Toxizität von Papierinhaltsstoffen und von Papierstaub im IFA-Report 3/2011 widerlegt. Danach ist noch keine klare Herleitung von wissenschaftlich nachvollziehbaren Kausalitäten zwischen Papierstaubbelastung und Atemwegserkrankungen möglich. Denn es liegen in der wissenschaftlichen Literatur bisher nur vereinzelte epidemiologische Studien (Querschnittsstudien, Fall-Kontroll-Studien) zu gesundheitlichen Beschwerden wie Reizungen der oberen Atemwege und allgemeine Symptome z.B. Kopfschmerzen und Müdigkeit (Sick-Building-Syndrom-ähnliche Symptome) bzw. Rhinitis und Asthma nach Papierstaubexpositionen bei Büroangestellten vor, die jedoch aufgrund des Studiendesigns keine klare Herleitung von Kausalitäten erlauben. Sie sind aufgrund ihres Querschnittdesigns, Recall-Bias (Erinnerungsfehler oder Erinnerungsverzerrung) bei Fragebogenuntersuchungen, fehlender objektiver Analysen der Staubexposition, kleiner Studienkollektive und des Einflusses möglicher Koexpositionen insgesamt schwierig zu bewerten. Bei Arbeitern in "Soft-tissue"-Papierfabriken, die gegenüber hohen Konzentrationen von Papierstaub exponiert waren, wurden zwar in Querschnittsuntersuchungen im Vergleich zu unbelasteten bzw. weniger belasteten Kontrollgruppen Hinweise auf erhöhte Prävalenzen subjektiver Atemwegsbeschwerden ermittelt. Ebenso wurden z.B. bei Staubgehalten über 5 mg/m³ und Beschäftigungsdauer über 10 Jahre Einschränkungen der Lungenfunktion beschrieben. Die Ergebnisse der Studien sind jedoch insbesondere aufgrund teilweise fehlender Berücksichtigung konfundierender Faktoren wie dem Rauchverhalten nur begrenzt aussagekräftig. Reizungen der oberen Atemwege sowie Rhinitis und Asthma sind beim Kläger auch nicht beschrieben. Eine hohe Konzentration von Papierstaub ist durch das Messergebnis vom 14.10.2003, das bereits insgesamt keine hohe Staubkonzentration ergeben hat, zudem vorliegend gerade ausgeschlossen. Es wurde insbesondere kein Staubgehalt von über 5 mg/m³ gemessen, sondern insgesamt nur ein Staubgehalt von 0,5 mg/m³, wobei die alveolengängige Fraktion bei der Messung 2003 im Schneidsaal sogar nur 0,07 mg/m³ und im Logistikcenter 0,09 mg/m³ betragen hat.
Nach alledem hält der Senat die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 4302 für nicht erwiesen.
Darüber hinaus ist aufgrund der medizinischen Beweisaufnahme nach Auffassung des Senats die beim Kläger vorliegende Atemwegserkrankung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch seine Tätigkeit in der Papierfabrik verursacht worden.
Bei der COPD handelt es sich um eine chronisch-obstruktive, in der Regel progrediente Erkrankung der Atemwege auf dem Boden einer chronisch-obstruktiven Bronchitis mit und ohne Lungenemphysem. Die Erkrankung wird selten vor dem 50sten Lebensjahr symptomatisch. Hauptursache sind Inhalationsrauchen und Staubexpositionen (vgl. Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., Lieferung 1/13, M 4301, S. 9/10 Nr. 3.1.3). Auch bei Versicherten mit chronisch-obstruktiver Atemwegserkrankung als Vorschaden im Sinne der COPD kann nachfolgend (sekundär) eine durch Einwirkung von Inhalationsallergenen am Arbeitsplatz verursachte zusätzliche sich verschlimmernde obstruktive Ventilationsstörung auftreten. Dabei ist zu beachten, dass die "Systemerkrankung" COPD nur in ihrem Gesamtablauf über mehrere Jahrzehnte verstehbar ist. So benötigen Tabakrauch und rezidivierende Infektionen (zumeist klinisch stumm und weder von Betroffenen noch von seinen Ärzten bemerkt) mindestens zwei Jahrzehnte, bis die COPD zur manifesten subjektiv wahrnehmbaren Atemstrombegrenzung führt. Grundsätzlich gilt für die angeschuldigte beruflich schädigende Einwirkung derselbe Mechanismus. Das heißt, es muss erwiesen sein, dass die schädigende Einwirkung nicht nur kurzfristig (z.B. Monate), sondern mindestens Jahre manifest gewesen ist. Während dieser Zeit der schädigenden Einwirkung muss der Nachweis erbracht werden, dass die Verschlechterung der Lungenfunktion mit zunehmender Atemstrombegrenzung während der angeschuldigten Gefährdung stärker war, als nach dem natürlichen Verlauf zu erwarten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 1068/1069). Die Einwirkungszeit liegt jeweils in 20% unter 5 sowie zwischen 15 bis 25 Jahren. Die Latenzzeit liegt in 11% unter 5 Jahren, in 16% zwischen 5 und 10 Jahren und in über 11% zwischen 35 und 50 Jahren (vgl. Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 4302 S. 8 Nr. 4).
Demnach ist vorliegend nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die beim Kläger diagnostizierte chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung wesentlich infolge der Tätigkeit im Logistikcenter bzw. Schneidsaal der Firma S. hervorgerufen worden ist. Denn bei dem Kläger, der von April 1989 bis Februar 1993 im Logistikcenter und ab März 1993 im Schneidsaal der Papierfabrik gearbeitet hat, ist bereits im Mai 1994 eine Bronchitis und ein Emphysem durch Dr. K. diagnostiziert worden, wobei der Kläger Beschwerden bereits seit 10 Monaten angegeben hatte, somit seit Mitte 1993. Im Jahr 2005 wurde die obstuktive Lungenerkrankung bereits als COPD Grad III bewertet. Hieraus ergibt sich, dass allein infolge der beruflichen Exposition der zeitliche Ablauf der Erkrankung nicht begründbar ist. Unter Würdigung der gemessenen Expositionswerte ist ein Auftreten der Krankheitserscheinungen innerhalb von 5 Jahren nicht vorstellbar. Überzeugend hat Dr. K. in seinem Gutachten auch darauf hingewiesen, dass der Verursachung der obstruktiven Atemwegserkrankung durch die Dieselabgase entgegensteht, dass am 27.05.1994 nur eine leichte Einschränkung der Lungenfunktion bestanden hat, zu dieser Zeit die Umrüstung der Dieselfahrzeuge begonnen hatte und 1995 abgeschlossen wurde und dennoch im Jahr 2003 sich dann eine mittelgradige zentrale Obstuktion und schwergradige Einschränkung der Funktion der kleinen Atemwege gefunden hat. Diese Verschlimmerung der Erkrankung ist durch die 2003 gemessenen Expostitionswerte nicht erklärbar. Damit ist auch die wesentliche Verschlechterung in diesem Zeitraum nicht auf Dieselabgase am Arbeitsplatz zurück zu führen. Ebenso ist in Anbetracht der gemessenen Staubwerte und des Umstandes, dass während der nur einmal im Monat vom Kläger durchzuführenden Reinigung der Maschinen Wegwerfmasken zur Verfügung gestellt wurden und auch die Pflicht zum Tragen bestanden hat, unwahrscheinlich dass es durch die Papierstaubbelastung zu der gravierenden Verschlimmerung der Erkrankung gekommen ist. Vielmehr spricht dafür, dass die Bronchitis, das Emphysem und in deren Folge die COPD durch das bereits seit dem Jahr 1976 bestehende Rauchverhalten des Klägers mit zehn bis zwölf Zigaretten täglich verursacht worden sind. Ein Nikotinkonsum von zehn bis zwölf Zigaretten am Tag über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren ist ausreichend, die beim Kläger bestehende Atemwegserkrankung zu verursachen. Denn die mit Abstand häufigste Ursache einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung ist das Zigarettenrauchen. Ebenso ist die häufigste Ursache eines Lungenemphysems das Zigarettenrauchen, das zur Entwicklung einer COPD führt. Schon im Jahr 1994 hat bei dem Kläger bereits ein fast zwanzigjähriger täglicher beträchtlicher Tabakkonsum vorgelegen, weshalb Dr. K. bereits in seinem Arztbrief vom 27.05.1994 als Ursache der Erkrankung den Nikotinkonsum angegeben hat. Bestätigt wird dies durch die überzeugenden Ausführungen in dem Gutachten von Prof. Dr. H., der ebenfalls als Ursache für die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung und das Lungenemphysem den regelmäßigen von 1976 bis 2005 dauernden Nikotinkonsum angesehen hat, wovon auch der behandelnde Arzt Dr. B. ausgeht. Unter Berücksichtigung obiger Ausführungen zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen kann daher auch keine richtungsgebende Verschlimmerung durch die berufliche Belastung festgestellt werden. Die bloße Möglichkeit einer Verschlimmerung aufgrund beruflich bedingter Exposition ist von vornherein nicht ausreichend.
Bei dem beim Kläger 2005 entfernten Bronchialkarzinom handelt es sich nicht um eine obstruktive Atemwegserkrankung im Sinne der BK 4302. Eine Tumorerkrankung ist nicht mit einer solchen gleichzusetzen, da es sich dabei nicht um eine chronische Krankheit des broncho-pulmonalen Systems handelt (vgl. Urteil des Senats vom 16.05.2013 - L 6 U 1450/12 -). Darüber hinaus ist auch im Hinblick auf das Bronchialkarzinom ein ursächlicher Zusammenhang mit den Verrichtungen im Rahmen der versicherten Tätigkeit nicht hinreichend wahrscheinlich. Dieselabgase enthalten zwar krebserregende Stoffe und auch bei einem deutlichen Unterschreiten des TRK-Wertes kann bei kanzerogenen Substanzen eine Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen werden, worauf auch im Messbericht von Dr. B. vom 15.01.2004 hingewiesen wird. Wie im o. g. IFA-Report ausgeführt wird, ist Papier komplex und variabel zusammengesetzt und kann teilweise verschiedene Gefahrstoffe in unterschiedlichen Mengen, vielfach wahrscheinlich jedoch nur in Spuren enthalten. Unter Berücksichtigung des beim Kläger bis zum Auftreten des Karzinoms vorgelegenen fast dreißigjährigen täglichen Zigarettenkonsum von nach eigenen Angaben zehn bis zwölf Zigaretten, kommt diesem jedoch die überragende Bedeutung zu, worauf auch Prof. Dr. H. in seinem Gutachten hingewiesen hat. Eine wesentliche (Teil-)Ursache kann demgegenüber der beruflichen Tätigkeit nicht mit Wahrscheinlichkeit zugerechnet werden.
Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Verrichtungen im Rahmen der versicherten Tätigkeiten und den beim Kläger bestehenden Erkrankungen ist damit nicht hinreichend wahrscheinlich. Im Rahmen der Abwägung überwiegen vielmehr die gegen einen Zusammenhang sprechenden Umstände. Die berufsbedingte Exposition mit Papierstaub und Dieselabgasen ist nicht wesentliche Bedingung für die Entstehung der Erkrankungen. Der Kläger war über Jahre hinweg starker Raucher. Damit liegt ein erheblicher außerberuflicher Risikofaktor für die Entstehung einer COPD und eines Lungenemphysems vor, der dazu geführt hat, dass sowohl die behandelnden Ärzte wie auch die Gutachter einen Verdacht auf eine BK nicht bestätigen konnten und dementsprechend auch selbst keine Anzeige vorgenommen haben.
Schlussendlich steht der Feststellung einer BK 4302 auch entgegen, dass der sogenannte Aufgabezwang nicht nachgewiesen ist. Der Versicherte muss gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK 4302 nicht vor und ist nicht anzuerkennen (vgl. BSG, Urteile vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R – juris; Urteile vom 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - und B 2 U 14/08 R - jeweils juris). Der Kläger hat seine Tätigkeit bei der Firma S. nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung bis zum Bezug der regulären Altersrente im Jahr 2011 ausgeübt.
Auch die Voraussetzungen für die BK 4301 liegen nicht vor. Der Kläger war bei der Verrichtung seiner beruflichen Tätigkeit insbesondere Papierstaub und Dieselabgasen ausgesetzt. Dass er allergisierenden Stoffen ausgesetzt gewesen ist, die die Lungenerkrankung hervorgerufen haben können, ist jedoch nicht dargelegt. Die Pricktestungen verliefen sämtlich negativ, mit der Folge, dass Hinweise für eine atopische Diathese nicht zu finden waren. Prof. Dr. H. hat ausgeführt, dass auch das tätigkeitsbezogene Beschwerdebild keine Anhaltspunkte für ein Typ I-allergisches Geschehen am Arbeitsplatz liefert. So bestehen beim Kläger keinerlei Anhaltspunkte für eine wesentliche allergische Verursachung der Atemwegserkrankung. Über die hierfür charakteristischen Symptome wie Naselaufen, Niesen, Augenjucken oder ähnliches wurde nicht geklagt. Auch ist eine Verschlimmerung während der Arbeitszeit und eine Verbesserung während der arbeitsfreien Zeit, so zum Beispiel während des Urlaubes, als Indiz für eine arbeitsplatzbezogene Sensibilisierung, zu keiner Zeit angegeben worden. Daher steht nicht zur Überzeugung des Senats im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit fest, dass eine "durch allergisierende Stoffe verursachte Erkrankung" vorliegt. Darüber hinaus ist wiederum die krankheitsbedingte Aufgabe der beruflichen Tätigkeit nicht erfolgt.
Der Senat erachtet den vorliegenden Sachverhalt für ausreichend aufgeklärt und weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Einer weiteren Ermittlung des Sachverhalts durch Beiziehung der Personalakten des Klägers bei der Papierfabrik S. bedurfte es ebenso wenig wie der Durchführung einer Arbeitsplatzbesichtigung unter Anwesenheit des Klägers. Es sind keine für den streitigen Anspruch relevanten Erkenntnisse hierdurch zu erwarten. Eine Arbeitsplatzbesichtigung bietet keine Erkenntnisse im Hinblick auf die nur durch besondere Messungen eruierbare Exposition mit chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden oder allergisierenden Stoffen. Da nur die Exposition mit diesen Stoffen und nicht allgemein die Arbeitsbedingungen bei der Firma S. vorliegend entscheidend sind, sind hierfür auch keine weiteren Erkenntnisse aus der Personalakte des Klägers zu erwarten. Ebenso bedurfte es daher nicht der Einvernahme von Herrn Dr. B., dem früheren Mitarbeiter der BG, und Herrn M. und Frau R. vom Regierungspräsidium. Nachdem Messungen über die Staubbelastung vorliegen und abgesehen von dem fehlenden Nachweis der arbeitstechnischen Voraussetzungen auch die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Erkrankung durch die Einwirkungen und der Unterlassungszwang nicht gegeben sind, bedurfte es nicht der Hinzuziehung eines Technischen Beraters. Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedurfte es ebenfalls nicht, da bereits das im Urkundenbeweis verwertbare Gutachten von Prof. Dr. H. und das vom SG bei Dr. K. eingeholte Gutachten vorliegen, die schlüssig und überzeugend sind. Neue relevante Erkenntnisse, die von den Gutachtern nicht berücksichtigt wurden, liegen nicht vor.
Ein Anspruch auf Anerkennung der Berufskrankheiten Nr. 4301 bzw. Nr. 4302 besteht daher nicht. Die Berufung des Klägers ist somit erfolglos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Atemwegserkrankung als Berufskrankheit Nr. 4301 (BK 4301) und/oder Nr. 4302 (BK 4302) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der am 10.03.1946 in Italien geborene Kläger machte in Italien eine Ausbildung als Lehrer. Nach seiner Übersiedlung ins Bundesgebiet im Jahr 1979 arbeitete er bis ins Jahr 1983 in einer Chemiefabrik, von 1984 bis 1988 als Maschinenführer in der Wollverarbeitung und ab dem Jahr 1989 in der Papierfabrik S. GmbH und Co.KG. Dort arbeitete er von April 1989 bis zum Februar 1993 im Papierlager (auch als Logistikcenter oder Fertigwarenlager bezeichnet) und ab dem März 1993 bis zum Bezug der Altersrente im April 2011. Seither lebt er wieder in Italien.
Am 16.02.2007 beantragte der Kläger die Anerkennung einer Berufskrankheit, weil er seit dem Jahr 2003 Probleme beim Atmen habe. Beigefügt wurden ärztliche Unterlagen, so insbesondere ein Attest von Dr. K., Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, vom 05.05.2003 (nicht reversible Obstruktion bei Emphysem, der Kläger rauche 10 Zigaretten am Tag), ein Röntgenbefund vom Radiologen R. vom 27.09.2003 (u. a. ausgeprägtes Lungenemphysem mit narbigen Veränderungen beidseits, kleine rundliche Verdichtung im linken Lungenmittelfeld), ein Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses K. vom 28.09.2003 (stationär vom 27. bis 28.09.2003 bei akuter Bronchitis, Lungenemphysem, Nikotinabusus), ein radiologischer Bericht von Dr. C. vom 09.10.2003 (u. a. Emphysemthorax, Lungenemphysem, Interlobärschwiele rechts sowie Verdacht auf lokalisierte Emphysemblase im rechten anterobasalen Unterlappensegment, perihiläre Schwielenbildungen, diffuse zentrale Bronchitiszeichen / dirty lung bei Nikotinabusus), Berichte von Dr. B., Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, vom 22.01.2004, 21.04.2004, 29.07.2004, 12.01.2005, 22.07.2005 und 07.12.2006 (schwere chronische obstruktive Lungenerkrankung [COLD], kompensierte respiratorische Partialinsuffizienz, fragliche spezifische Residuen, seit 10 Jahren habe der Kläger zunehmend Atemnot, der Verlauf sei möglicherweise durch die berufliche Exposition in der Papierfabrik inklusive Dieselabgase sowie einen Nikotinabusus begünstigt, ferner bestehe eine Beeinträchtigung durch Arbeiten im Bereich einer Klimaanlage), Berichte von Dr. H., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 04.05.2004, 10.06.2005 und 26.10.2006 (schwere bzw. mittelschwere chronische Depression mit häufiger latenter Suizidalität wegen chronischer beruflicher Belastungssituation bzw. Dysthymie aufgrund chronischer beruflicher aber auch familiärer Belastungssituation, Verdacht auf narzisstische Persönlichkeitsstörung), ein radiologischer Bericht von Dr. H. über ein CT am 18.07.2005 (u. a. dringender Verdacht auf peripheres Bronchialmalignom des rechten Mittellappens, ausgeprägte chronische obstruktive Lungenerkrankung mit ausgedehntem vikariierendem Lungenemphysem, ausgeprägte Zeichen einer chronischen Bronchitis mit deutlichen Wandverdickungen der zentralen Bronchien), ein Entlassbericht der Klinik Löwenstein, Zentrum für Pneumologie, Thorax- und Gefäßchirurgie, über einen stationären Aufenthalt vom 27.07. bis 12.08.2005 (peripheres Bronchialkarzinom ausgehend vom rechten Oberlappen, COPD Grad III nach GOLD, Emphysem), eine Übersetzung eines Entlassungsberichtes des Krankenhauses "P." der Universität P., Allgemeine Chirurgie, über eine stationäre Behandlung vom 07.08. (wohl 07.09.) bis 08.10.2005 (wenig differenziertes Karzinom im rechten oberen Lungenlappen bei bullöser Lungendystrophie, vorwiegend rechts, am 12.09.2005 Lobektomie in Höhe des oberen rechten Lungenlappens), ein Bericht vom Radiologen Dr. H. über eine Kernspintomographie des Schädels am 13.12.2006 (vollständige Remission einer Kleinhirnmetastase nach Radiatio, Leukencephalopathie zunächst am ehesten vaskulärer Genese, möglicherweise zusätzlich radiogen), ein radiologischer Bericht von Dr. T. über ein CT am 02.02.2007 (u. a. im Lungenfenster bilaterale fibröse Strangbildungen als Zeichen postentzündlicher Residuen), ein Entlassbericht des Klinikums K., Allgemeine Innere Medizin, Pneumologie, vom 15.03.2007 über einen stationären Aufenthalt vom 10.02. bis 02.03.2007 (u. a. ausgedehnte linksseitige Unterlappen-Pneumonie mit Sepsis, bilaterale Lungenfibrose, COPD Grad III nach GOLD) und ein Bericht der Klinik E. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 01.03. bis 11.04.2007 (akute Atemwegsinfektion bei Bronchialkarzinom mit Lobektomie, bullöse Lungendystrophie, Kleinhirnmetastase mit Radiotherapie 02/06, COPD mit respiratorischer Partialinsuffizienz, langjähriger Nikotinabusus).
Bei der Krankenkasse des Klägers, der BKK S., wurde ein Vorerkrankungsverzeichnis und von Dr. K. ein Krankheitsbericht (erstmalige Behandlung am 26.05.1994) beigezogen. Dr. K. legte seinen Arztbrief vom 27.05.1994 (Bronchitis, Emphysem, der Kläger rauche 10 Zigaretten am Tag, seit 10 Monaten habe er Husten, auch in der Nacht, die Bronchitis werde wohl durch den Nikotinkonsum verursacht) und einen Bericht über Lungenfunktionsprüfungen am 05.05.2003 vor. Von der Arbeitgeberin des Klägers wurden mit Schreiben vom 26.07.2007 die Arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen vorgelegt sowie ein Schreiben des betriebsärztlichen Dienstes vom 27.09.2003 wegen einer akuten Erkrankung (für einen Tag Atemnot) und Mitteilungen des Betriebsarztes vom 03.05.2004, 27.05.2005 und 04.07.2005.
In dem Bericht des Präventionsdienstes der Beklagten von Dr. B. vom 02.08.2007 wurde angegeben, der Kläger sei ab April 1989 im Papierlager für den Lagerzu- bzw. Lagerabgang zuständig gewesen. Der Bereich des Papierlagers/Formatlagers könne als praktisch staubfrei bzw. staubarm angesehen werden, die Belüftung dieses Bereiches erfolge über Frischluftzufuhr. Ab März 1993 habe der Kläger als Schneidsaalgehilfe im Schneidsaal an den Querschneidern gearbeitet. Dabei habe er auch bei Reinigungsarbeiten an den Querschneidern zu helfen, d. h. Papierschnipsel/-streifen im Bereich der Maschine und Staubablagerungen abzureinigen. Hierbei komme es insbesondere beim Abladen/Ausladen der Maschinen zu Staubentwicklungen, gegen die vom Betrieb Atemschutz zur Verfügung gestellt werde. Der Schneidsaal bestehe aus einem geschlossenen Raum mit zum Teil offenen Verbindungen zu Nebenräumen (z. B. Palettenlager). Der Raum werde über eine raumlufttechnische Anlage mit Frischluft versorgt. Die Frischluftzufuhr sei bis vor ein bis zwei Jahren über Luftauslässe unter der Decke erfolgt, was insbesondere im Bereich des Arbeitsplatzes des Klägers zum Teil zu deutlichen Zuglufterscheinungen geführt habe. Derzeit erfolge die Frischluftzufuhr etwa in halber Raumhöhe an Gebäudesäulen über Diffusoren. Die zum Schneiden benötigten Papierrollen würden mittels dieselmotorbetriebener Gabelstapler aus dem Rollenlager in die Bereitstellungsbereiche der Querschneider gebracht. Staubmessungen bei Normalbetrieb seien bei einer Arbeitsplatzmessung am 14.10.2003 im Schneidsaal an exponierten Stellen erfolgt. Es hätten sich Werte für einatembare Fraktion (Gesamtstaub) von 0,5 mg/m3, für alveolengängige Fraktion (Feinstaub) von 0,07 mg/m3 und für den durch Dieselmotorenemissionen verursachten Anteil der alveolengängigen Fraktion (Kohlenstoff elementar) von 0,011 mg/m³ ergeben. Die Umrüstung der Dieselstapler mit Russfiltern sei durch den Betrieb 1993 begonnen und 1995 abgeschlossen worden. Nachdem die Anlieferung der Rollen mit den Staplern in den letzten Jahren deutlich zugenommen habe, könnten die genannten Werte als repräsentativ für den gesamten Beschäftigungszeitraum des Klägers in diesem Bereich angenommen werden. Es werde von Seiten des Betriebes wegen hochwertigen Papierqualitäten auf möglichst geringen Staubanfall hingearbeitet. So werde z. B. beim Schnitt der Papiere anfallender Schneidstaub an den Entstehungsstellen abgesaugt. Die raumlufttechnische Anlage werde entsprechend den Anforderungen regelmäßig gewartet.
Am 27.08.2007 ging von Dr. V., Facharzt für Allgemeinmedizin, eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit bei Lungenkarzinom, COPD, Asthma und Depression ein. Beigelegt war der Entlassungsbericht über eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme durch den Rentenversicherungsträger in der S.-Klinik B. vom 27.02. bis 10.04.2003 (mittelschwere depressive Episode, chronisch-obstruktive Bronchitis, Lungenemphysem) sowie ein Bescheid des Versorgungsamtes vom 17.04.1997 (Grad der Behinderung von 50 ab 02.01.1997 wegen Wirbelsäulenveränderungen, Schulter-Arm-Beschwerden, Karpaltunnel-Syndrom, Depression, Reizmagen, rezidivierendes Zwölffingerdarm-Geschwürsleiden, chronische Bindehautentzündung). Mit Schreiben der Beklagten vom 04.09.2007 wurde er darauf hingewiesen, dass das Anzeigenformular nicht vollständig ausgefüllt worden sei und bereits ein Verfahren zur Prüfung einer Berufskrankheit nach den Nrn. 4301/4302 eingeleitet worden sei. Die Anzeige werde als gegenstandslos angesehen, sollte keine weitere Nachricht eingehen.
Die Beklagte holte einen Krankheitsbericht bei Dr. B. ein (Behandlung seit Oktober 2003 wegen chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung, die Exposition am Arbeitsplatz sei eine mögliche Mitursache). Beigelegt wurden Arztbriefe von Dr. B. vom 13.11.2007 und 07.12.2006.
Dr. H. gab in ihrer gewerbeärztlichen Feststellung vom 28.02.2008 an, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Tätigkeit und Erkrankung gemäß der BK Nr. 4301 könne nicht wahrscheinlich gemacht werden. In einem weiteren Schreiben vom 08.05.2008 wurde im Hinblick auf eine Stellungnahme zur BK 4302 die gutachterliche Untersuchung des Klägers vorgeschlagen.
Die Beklagte beauftragte Prof. Dr. H., Facharzt für Arbeitsmedizin-Sozialmedizin, mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser führte nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 20.10.2008 aus, der Kläger habe angegeben, schon seit 1993 Atembeschwerden zu haben, und führe dies auf die dauernde Zugluft im Schneidsaal zurück, wo die Fenster offen gestanden hätten, wohingegen im Lager Zugluft nicht vorgelegen habe. Prof. Dr. H. diagnostizierte ein Bronchialkarzinom rechter Lungenoberlappen mit Lobektomie 9/05 und Bestrahlung des Schädels wegen Kleinhirnmetastasen 3/06, eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und ein Lungenemphysem. Die Pricktestungen seien sämtlich negativ verlaufen. Aus den Ermittlungen der Beklagten gehe hervor, dass die einatembare Staubfraktion wie auch die alveolengängige Staubfraktion signifikant unter den MAK-Werten gelegen hätten. Darüber hinaus habe auch der durch Dieselmotorenemissionen verursachte Anteil in der alveolengängigen Fraktion unterhalb des TRK-Wertes gelegen. Bei dieser Sachlage lasse sich die Annahme einer Atemwegserkrankung im Sinne der BK 4302 nicht begründen. Darüber hinaus liefere auch das tätigkeitsbezogene Beschwerdebild keine Anhaltspunkte für ein Typ I-allergisches Geschehen am Arbeitsplatz. Über die hierfür charakteristischen Symptome wie Naselaufen, Niesen, Augenjucken oder ähnliches sei nicht geklagt worden. Demzufolge sei eine allergisch verursachte Atemwegserkrankung nach BK 4301 nicht in Betracht zu ziehen. Die zu diskutierenden Einwirkungen seien auch nicht geeignet, ein Lungenemphysem zu verursachen. Die Gesundheitsstörung sei vielmehr in Zusammenhang mit den Rauchgewohnheiten (1976 bis 2005 zehn bis zwölf Zigaretten am Tag) zu sehen. Am Arbeitsplatz hätten keine inhalativen Einwirkungen bestanden, die nach herrschender medizinischer Lehrmeinung geeignet gewesen sein könnten, ein Bronchialkarzinom zu verursachen. Papierstaub besitze keine krebserzeugende Potenz. In der Personengruppe der Fahrer von dieselbetriebenen Gabelstaplern sei das gehäufte Auftreten von Bronchialkarzinomen nicht bekannt. In Anbetracht der Rauchgewohnheiten müsse davon ausgegangen werden, dass der Zigarettenkonsum von täglich zehn bis zwölf Zigaretten ab dem Jahr 1976 für die Entstehung der Bronchialkrebserkrankung die überragende Bedeutung habe. Beigelegt wurde der Bericht über die Pricktestung durch Dr. S., Hautärztin, vom 21.10.2008.
Dr. H. schlug in ihrer gewerbeärztlichen Feststellung vom 11.12.2008 vor, die BK 4302 nicht anzuerkennen. Die haftungsausfüllende Kausalität habe nicht wahrscheinlich gemacht werden können. Dr. B. vom Präventionsdienst der Beklagten teilte mit Schreiben vom 02.02.2009 mit, eine Asbestexposition habe nicht ermittelt werden können.
Mit Bescheid vom 17.03.2009 stellte die Beklagte fest, bei dem Kläger bestehe keine BK 4301 bzw. BK 4302. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sei der Kläger während seiner Berufstätigkeit keinen allergisierenden, chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ausgesetzt gewesen, die geeignet seien, eine obstruktive Atemwegserkrankung zu verursachen. Als Ursache der festgestellten chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung und des Lungenemphysems kämen nach ärztlicher Auffassung am ehesten die inhalativen Rauchgewohnheiten in Betracht.
Hiergegen legte der Kläger am 20.04.2009 Widerspruch ein und führte aus, er sei werktäglich durch berufliche Exposition nahezu ungeschützt starken Dieselabgasen sowie Papierstaub ausgesetzt gewesen und sei durch Arbeiten im Bereich einer Klimaanlage beeinträchtigt worden. Aus der Gesamtschau ergebe sich ein direkter kausaler Zusammenhang mit den schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Vorgelegt wurden ein Krankheitsbericht von Dr. B. vom 30.12.2009 (den Verdacht des Klägers auf eine berufliche Ursache bei Tätigkeit in einer Papierfabrik an einer Papierschneidemaschine könne er nicht bestätigen, im Vordergrund stehe die schwere chronische obstruktive Lungenerkrankung, etwa Grad III [Gold] mit heterogenem Lungenemphysem begünstigt durch Nikotinabusus) und dessen Arztbriefe vom 22.07.2005, 07.12.2006, 13.11.2007, 10.07.2008 und 21.10.2009.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Auch Dr. B. gehe nicht vom Vorliegen einer Berufskrankheit aus. Den beigefügten Berichten ließen sich keine neuen Gesichtspunkte für die Beurteilung entnehmen.
Hiergegen hat der Kläger am 30.04.2010 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und zur Begründung die Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Das SG hat von Amts wegen Dr. K. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser führte in seinem Gutachten nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 24.08.2010 aus, es hätten sich eine COPD und ein Zustand nach Bronchialkarzinom gezeigt. Der Kläger habe bei der Untersuchung in seiner Praxis im Jahr 1994 nur eine leichte Einschränkung der Lungenfunktion gehabt, eine zentrale Obstruktion habe nicht bestanden, die kleinen Atemwege seien leichtgradig eingeschränkt gewesen. In dieser Zeit seien die Dieselfahrzeuge mit Rußfiltern ausgestattet worden, die Umrüstung sei im Jahr 1995 beendet worden. Bei der nächsten Vorstellung im Jahr 2003 hätten sich eine mittelgradige zentrale Obstruktion und eine schwergradige Einschränkung der Funktion der kleinen Atemwege gezeigt. Somit habe sich zwischen 1994 und 2003 eine wesentliche Verschlechterung der Lungenfunktion ergeben. In diesem Zeitraum hätten die Maßnahmen zur Luftreinigung am Arbeitsplatz bereits stattgefunden, so dass die Verschlechterung der Lungenfunktion nicht auf Einflüsse am Arbeitsplatz (Dieselabgase) zurückzuführen sei. Durch die vom Kläger angegebene Zugluft könnten vermehrte Infekte im Sinne einer Bronchitis ausgelöst werden, eine COPD entstehe dadurch nicht. Die gelegentliche Reinigung der Maschine mit Entwicklung von Papierstaub könne keine COPD hervorrufen. Als Ursache der Verschlechterung der COPD sei wohl der Zigarettenkonsum zu sehen. Ein Anhalt für eine Allergie bestehe nicht. Keine Gesundheitsstörung sei mit Wahrscheinlichkeit in wesentlicher Weise durch die Berufstätigkeit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden.
Der Kläger hat ein ärztliches Attest von Dr. Valsamas vom 02.11.2010 vorgelegt, wonach die Exposition mit diversen Allergenen - Dieselrauch, Schmierstoffe, aber auch infektiöse Partikel, wie sie häufig in nicht akkurat gewarteten Klimaanlagen bestünden - Exazerbationen der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit verursachen könne. Der Kläger hat ergänzend ausgeführt, im Papierlager sei nicht praktisch staubfrei gearbeitet und Rußfilter seien erst zu einem viel späteren Zeitpunkt eingebaut worden und hätten nicht große Wirkung gebracht in dem geschlossenen Raum. Die Reinigungsarbeiten hätten täglich vor dem Schichtende stattgefunden. Die große Reinigungsarbeit sei einmal im Monat in etwa einer Stunde verrichtet worden. Er hat ein Besprechungsprotokoll über ein Gespräch des Gewerbeaufsichtsamtes mit Mitarbeitern der Beklagten bei der Firma S. vom 06.11.2004 vorgelegt, in dem unter anderem unter Punkt 3 angegeben wurde, in einigen Stellen im Schneidsaal gebe es einen Luftzug, der von manchen Mitarbeitern als unangenehm wahrgenommen werde, Änderungen im Luftverteilungssystem würden in den nächsten Wochen von einer Fachfirma durchgeführt. Unter Punkt 4 wurde ausgeführt, Staub sei oft auf dem Boden im Schneidsaal erkennbar, Staubmessungen seien am 14.10.2003 durchgeführt worden. Die gemessene einatembare Fraktion habe um das Zwanzigfache unterhalb des zulässigen Staubgrenzwertes gelegen. Aus diesen Werten lasse sich keine Maßnahme ableiten. Bei einer Routineuntersuchung eines Staubabschneidersystems seien Mängel im Staubfilter entdeckt worden, die Ersatzfilter seien am 27.10.2004 während eines längeren Maschinenstillstandes installiert worden. Weiter hat der Kläger einen Arztbrief der Fachärztin für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, Eppler vom 18.02.2011 vorgelegt (lungenfunktionell und radiologisch unveränderter Befund) sowie ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten des italienischen Arztes Dr. M. vom 14.05.2011. Dr. M. hat in seinem Gutachten ausgeführt, epidemiologische Untersuchungen hätten das Auftreten schädlicher Auswirkungen auf das Atmungssystem durch Exposition gegenüber Papierstaub nachgewiesen. Es sei festgestellt worden, dass die Papierreste verschiedene chemische Stoffe enthielten. Diese verschlimmerten die durch den Staub entstandene Lungenerkrankung. In Bezug auf die Abgase der Dieselmotoren der Gabelstapler werde darauf hingewiesen, dass Dieselmotorabgase aus einer Mischung von Stoffen im Gaszustand und in Form von schädlichen Partikeln (Rauchgas) bestünden, von denen viele krebserregend seien. Rauchgase, die sich in einem geschlossenen Raum befänden, würden von den Arbeitern eingeatmet und eine Exposition sei unvermeidbar. Die Emission der Dieselmotoren bestehe aus ultrafeinen Partikeln die tief in die Lunge eindrängen und Lungenerkrankungen verursachten, die bis zur chronischen Ateminsuffizienz führten. Der Kläger habe sich nach dem Messbericht in einem geschlossenen Raum ohne Reinigungslage und Klimaanlage in ausreichender Form befunden. Dies sei mehr als ausreichend, um die chronisch obstruktive pulmonale Erkrankung auf die Arbeitsumgebung zurückzuführen. Es sei nicht erkennbar, womit Prof. Dr. H. seine Behauptung, dass die Grenzwerte deutlich unterschritten würden, belege. Die eingeatmete Staubmenge, die im Falle des Klägers beträchtlich gewesen sei, spiele eine große Bedeutung für den kanzerogenen Insult. Der Kläger sei im Arbeitsbereich Stoffen ausgesetzt gewesen, die gemäß den in der Arbeitsmedizinliteratur vorhandenen wissenschaftlichen Studien Atemerkrankungen hervorriefen. Dies habe beim Kläger eine Lungenerkrankung verursacht, die direkt auf die Schadstoffe, die er während seiner Arbeitstätigkeit eingeatmet habe, zurückzuführen sei. Der Kläger hat noch ein weiteres Attest von Dr. V. vom 06.06.2011 vorgelegt, in dem dieser im Wesentlichen die Aussagen von Dr. M. wiedergegeben hat.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 14.07.2011 beschlossen, den Sachverhalt in arbeitstechnischer Hinsicht durch eine Arbeitsplatzbesichtigung des Klägers und des Präventionsdienstes nach zu ermitteln.
Der Kläger hat weitere allgemeine Unterlagen insbesondere zu den Themen Durchzugluft, Papierstaub, den Voraussetzungen zur Anerkennung von Berufskrankheiten, Dieselruss/Dieselruss-filter/Partikelfilter und Feinstaub vorgelegt. Weiter hat er einen Bericht des Regierungspräsidiums S., Abteilung Umwelt, vom 06.08.2007 über seine Beschwerden insbesondere bezüglich der Arbeitsbelastung im Schneidsaal und der Zugluft am Arbeitsplatz vorgelegt (am 07.05.2007 seien Messungen im Schneidsaal durchgeführt worden, zu denen Dr. B. ausgeführt habe, es sei keine Änderung an der Frischluftzufuhr im Schneidsaal erforderlich).
Die Beklagte hat den Bericht vom 15.01.2004 über die Messung von Gefahrstoffen in der Luft und in Materialproben in Arbeitsbereichen bei der Papierfabrik S. am 14.10.2003 vorgelegt sowie den Bericht vom 30.05.2007 über die am 07.05.2007 durchgeführte Messung und einen Artikel zu thermischen Belastungen.
Der Mitarbeiter des Präventionsdienstes der Beklagten W. hat in seiner Stellungnahme vom 10.02.2012 über eine Besprechung im Betrieb am 10.01.2012 mit dem Kläger, dessen Bevollmächtigten, einem Dolmetscher sowie verschiedenen Funktionsträgern des Arbeitgebers berichtet. Der Kläger habe angegeben, im Fertigwarenlager habe sich nach einer gewissen Zeit auf dem Boden und anderen Flächen feiner schwarzer Staub abgelagert, obwohl sich dort keine Produktion bzw. Verarbeitung befunden habe und nur handgeführte oder elektrisch betriebene Handhubwagen im Einsatz gewesen seien. Im Jahr 2003 sei bei Normalbetrieb der Produktion eine Staubmessung durchgeführt worden. Die Konzentration der einatembaren Fraktion habe nach Ermittlung mit 0,5 mg/m3 weit unter dem allgemeinen Staubgrenzwert gelegen. Während Reinigungsarbeiten könnten verfahrensbedingt höhere Staubkonzentrationen auftreten. Hieran sei der Kläger nur einmal im Monat beteiligt gewesen. Bei diesen Reinigungsarbeiten stünden den Mitarbeitern sogenannte Wegwerfmasken zur Verfügung. Für den Transport der Papierrollen im Schneidsaal sei in der Regel ein Dieselstapler im Einsatz. Vom Betrieb sei versichert worden, dass die Stapler mit Dieselmotor bereits Ende der achtziger bzw. zu Beginn der neunziger Jahre mit Rußfiltern nachgerüstet bzw. angeschafft worden seien. Als Nachweis seien Unterlagen der Firma ETB (Energietechnik Bremen GmbH), einem Ausrüster von Filtersystemen, zur Verfügung gestellt worden. Eine Wirkungsgradbestimmung des TÜV vom 23.07.1989 belege die routinemäßige Kontrolle der Filter. Bei der Messung im Jahr 2003 seien auch die Dieselmotoremissionen im Schneidsaal bestimmt worden. Die Konzentration habe bei 0,011 mg/m3 bei einem gültigen Grenzwert von 0,1 mg/m3 gelegen. Auch bei einer Summenbewertung nach TRGS 402 errechne sich aus den Einzelindizes von 0,11 und 0,05 nur ein Summenindex von 0,16, wobei ein Index von 1 heiße, dass der Grenzwert erreicht wäre und erst bei einem Index über 1 eine Grenzwertüberschreitung vorliege. Der Arbeitsplatz des Klägers sei am Ende der Halle gewesen, wo Stapler nur ganz selten hingekommen seien. Die Messungen seien gezielt im näheren Umfeld der Staplerwege vorgenommen worden. Der Umstand, dass es am Arbeitsplatz zu Zuglufterscheinungen gekommen sei, spreche dafür, dass die Lüftungsanlage (Zugluft von oben) eher zu einer Verdünnung geführt habe und keine hohen Staubkonzentrationen vorgelegen hätten. Die Hallendecken und –wände seien, obwohl sie schon einen alten Eindruck machten, nicht nennenswert geschwärzt, was bei einer hohen Exposition durch Dieselfahrzeuge der Fall sei. Beigefügt hat er Fotos der Arbeitsplätze/Maschinen im Schneidsaal. Nach der gut zweistündigen Besprechung sei dem Klägervertreter die Möglichkeit der Arbeitsplatzbesichtigung angeboten worden. Der Klägervertreter habe den Arbeitsplatz nicht besichtigt.
Der Kläger hat unter anderem den Bericht des TÜV vom 23.07.1989 über die Wirkungsgradbestimmung eines Abgasrußfilters für Dieselmotoren, Unterlagen der Firma ETB über Abgasanlagen aus den Jahren 1993 und 1994 und die technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 554), Stand Oktober 2008, zu Abgasen von Dieselmotoren sowie ein Schreiben der Frau M., Schwerbehindertenvertretung bei der Firma S., vorgelegt. Weiter hat er zu dem Besprechungstermin und dem Bericht von Herrn W. Ausführungen gemacht und erklärt, durch Arbeitsplatzbesichtigungsverbot sei ihm die Möglichkeit genommen worden, von seinem Recht Gebrauch zu machen. Die Fertigwarenlager seien in zwei Gebäuden gewesen. Bei dem Lager im alten Gebäude seien keine Frischluftzufuhr und keine Klimaanlage gewesen. Es habe eine überall deutlich sichtbare Verschmutzung/Ablagerung von schwarzem Staub vorgelegen. Er sei fest davon überzeugt, dass 1993 und danach die Dieselstapler nicht mit Rußfiltern ausgestattet gewesen seien. Bei einer Arbeitsplatzbesichtigung hätte er gezeigt, dass die elektrische und akustische Warnanlage, die an den Staplern installiert sei, überwiegend defekt sei und die Staplerfahrer nicht wissen könnten, wann die Rußbehälter am Stapler mit Dieselpartikeln befüllt seien sowie dass er jahrelang Schmieröl habe einatmen müssen. Im Schneidsaal gebe es nur eine Raumluftanlage mit Gitter, die niemals gereinigt worden sei. In etwa 2006 seien die Gitter der Raumluftanlage abmontiert und durch Blechplatten ersetzt worden, wie auch das Ende der Raumluftanlage. Die Raumluftanlage sei außer Betrieb gesetzt worden. Zwar seien Diffusoren in halber Raumhöhe an Gebäudesäulen eingebaut worden, aber diese seien an die Raumluftanlage unter der Decke angeschlossen worden die außer Betrieb gesetzt worden, und nicht funktionsfähig gewesen sei. Der Kläger hat noch Fotos zu seinem Arbeitsplatz, insbesondere der Raumluftanlage, vorgelegt.
Das SG hat mit Urteil vom 09.05.2012 die Klage abgewiesen. Eine BK 4301 sei offensichtlich nicht gegeben. Die Feststellung scheide bereits aus, weil der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit keinen Kontakt zu allergisierenden Stoffen gehabt habe und weil bei ihm die typischen Symptome einer solchen Atemwegserkrankung nicht vorlägen. Auch die BK 4302 sei nicht anzuerkennen. Ungeachtet der Tatsache, dass eine Exposition mit chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen nicht im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sei, lasse sich auch der ursächliche Zusammenhang zwischen einer etwaigen Belastung mit bestimmten Stoffen und der beim Kläger bestehenden obstruktiven Atemwegserkrankung nicht mit Wahrscheinlichkeit nachweisen. Die vom Kläger behauptete massive Exposition mit Dieselabgasen ab 1993 habe nicht nachgewiesen werden können. Prof. Dr. H. und Dr. K. hätten einen Ursachenzusammenhang zwischen beruflichen Schadstoffen und der Atemwegserkrankung nicht mit Wahrscheinlichkeit bestätigt und das Vorliegen einer BK verneint. Den Schlussfolgerungen von Dr. M. habe sich das Gericht nicht anschließen können.
Hiergegen hat der Kläger am 25.06.2012 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er insbesondere ausgeführt, es habe keine Berücksichtigung gefunden, dass er in der Zeit von 1989 bis 1993 im Fertigwarenlager beschäftigt gewesen sei und dort nicht im Neubau gearbeitet habe, sondern im alten Gebäude. Er habe an jedem Tag an der Papierschneidemaschine gearbeitet und nicht lediglich als Helfer bei der Reinigung der Maschinen einmal pro Woche eine Stunde lang Staub eingeatmet. Die abschließende Stellungnahme des Präventionsdienstes gehe in gravierender Weise von falschen Sachverhaltsvoraussetzungen aus.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. Mai 2012 sowie den Bescheid vom 17. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Berufskrankheit nach den Nummern 4301 und/oder 4302 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat sich zur Begründung auf das Urteil des SG bezogen und eine Stellungnahme ihres Präventionsdienstes vom 15.05.2013 vorgelegt. In dieser hat Herr Witt ausgeführt, aufbauend auf seinen Erfahrungen als Messtechniker mit vielfachen Messungen in der Papierindustrie in seiner 23-jährigen Tätigkeit könne er die Feststellungen von Dr. B. bestätigen.
Die Berichterstatterin hat am 16.10.2014 im Rahmen einer nicht-öffentlichen Sitzung die Sach-und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger hat dabei nochmals darauf hingewiesen, dass im Lager im Altbau schwarzer Staub auf den Paletten gelagert habe und im Schneidsaal die Raumluftanlage an der Decke alt und nicht funktionsfähig gewesen sei. An diese Anlagen seien die Diffusoren angebaut worden. Obwohl es nicht funktioniert habe, sei bei ihm Zugluft gewesen. Über seiner Arbeitsplatte seien Gitter der Frischluftzufuhr gewesen. Mal sei Luft durch die Anlage gekommen, mal nicht. Am anderen Ende des Raumes sei der Eingang gewesen, durch den die Dieselfahrzeuge rein und raus gefahren seien. Zu ihm seien die Hubwagen nur für seine Maschinen gekommen. Bei ihm seien aber alte Maschinen und Schmieröl gewesen. Er wisse nicht, wann Rußfilter eingebaut worden seien.
Die Berichterstatterin hat den Beteiligten den Report des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) 3/2011 über eine Literaturstudie zur Toxizität von Papierinhaltsstoffen und von Papierstaub zur Kenntnis gebracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der die Anerkennung einer Berufskrankheit ablehnende Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der BK 4301 sowie der BK 4302 der Anlage 1 zur BKV.
Der Kläger begehrt im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG die Aufhebung der die Anerkennung einer Berufskrankheit ablehnenden Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung einer Berufskrankheit (vgl. zur Klageart BSGE 103, 45; 108, 274).
Unter welchen Voraussetzungen eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen ist, ergibt sich aus den §§ 7 und 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), wenn - wie vorliegend - der Eintritt einer BK für die Zeit nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 geltend gemacht wird (vgl. § 212 SGB VII). Danach sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB VII). Sie kann Berufskrankheiten auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz SGB VII). Aufgrund der Ermächtigungen in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die BKV vom 31.10.1997 (BGBl I S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. In der Anlage 1 zu § 1 BKV sind als solche unter der Nr. 4301 "durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen (einschließlich Rhinopathie)" sowie unter der Nr. 4302 "durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen" aufgelistet.
Allgemeine Voraussetzung für die Feststellung einer Berufskrankheit ist, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben muss (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises erwiesen sein, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 14). Eine Tatsache ist in diesem Sinne bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt hingegen jeweils das Bestehen einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße - nicht auszuschließende – Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999 - B 2 U 47/98 R - SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Danach muss bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftigerweise die Entscheidung gestützt werden kann und ernstliche Zweifel ausscheiden. Bei der Anwendung dieser Beweismaßstäbe ist zu beachten, dass für die tatsächlichen Grundlagen der Wertentscheidung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung, soweit es sich nicht um den Kausalverlauf als solchen handelt, also insbesondere für Art und Ausmaß der schädigungsgeeigneten Einwirkung als wichtiges Kriterium für die Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität, der volle Nachweis zu erbringen ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009, a.a.O.; zuletzt BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2109 Nr. 1). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Im Rahmen der Kausalitätsprüfung ist weiter zu berücksichtigen, dass nach der hier anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen werden, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob die Einwirkungen wesentlich waren. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jede/s andere alltäglich vorkommende Ereignis oder Einwirkung zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2005 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 15).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind vorliegend zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr. 4301 bzw. der Nr. 4302 nicht gegeben.
Als Berufskrankheit werden in Nr. 4301 die durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung (einschließlich der Rhinopathie) und in Nr. 4302 die durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung genannt. Der Begriff "obstruktive Atemwegserkrankung" ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene akute und chronische Krankheiten des broncho-pulmonalen Systems, die mit obstruktiven Ventilationsstörungen einhergehen. Unter den Begriff "obstruktive Atemwegserkrankungen" im Sinne der BKV fallen allergische Rhinopathie, Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Bronchitis bzw. chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) (vgl. Schönberger/ Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 1051).
Bei dem Kläger ist 1994 eine Bronchitis und ein Emphysem diagnostiziert worden. Ab dem Jahr 2003 ist das Vorliegen einer obstruktiven Lungenerkrankung mit Emphysem dokumentiert. Im Jahr 2005 ist die obstruktive Lungenerkrankung als COPD Grad III bewertet worden und im Jahr 2007 ist zusätzlich noch eine bilaterale Lungenfibrose angegeben worden. Bei dem Kläger liegt damit eine obstruktive Atemwegserkrankung im Sinne der BK 4301 und BK 4302 vor.
Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen ist das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der obstruktiven Atemwegserkrankung des Klägers als BK 4302, nämlich das Vorliegen bzw. die Einwirkung chemisch-irritativ oder toxisch wirkender Arbeitsstoffe in ausreichendem Umfang bei der Arbeit im Papierschneidsaal sowie im Papierlager / Logistikcenter, zur Überzeugung des Senats nicht erwiesen. Dies entnimmt der Senat dem Bericht über die Messung von Gefahrstoffen in der Luft und in Materialproben bei der Arbeitgeberin des Klägers am 14.10.2003, den Stellungnahmen des Präventionsdienstes der Beklagten von Dr. B. vom 02.08.2007 und Herrn W. vom 10.02.2012, dem zum Gegenstand des Verfahrens gemachten IFA–Report über eine Literaturstudie zur Toxizität von Papierinhaltsstoffen und von Papierstaub, dem Gutachten von Prof. Dr. H., das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, sowie dem Gutachten von Dr. K ...
Der Kläger war bei der Verrichtung seiner beruflichen Tätigkeit bei der Firma S. Staub, insbesondere Papierstaub und ab dem Jahr 1993 Dieselabgasen ausgesetzt. Eine Asbestexposition hat nicht vorgelegen. Nicht jede Art von Staubbelastung erfüllt jedoch die hier maßgeblichen arbeitstechnischen Voraussetzungen. Vielmehr muss es sich nach den ausdrücklichen Vorgaben des BK-Tatbestandes 4302 um chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe gehandelt haben. Qualität, Dauer und Höhe der Gefahrstoffeinwirkung sind dosimetrisch abzuschätzen. Dabei sind Mess- bzw. Ermittlungsergebnisse am Arbeitsplatz oder an Vergleichsarbeitsplätzen von Bedeutung. In vielen Arbeitsbereichen bestehen komplexe Expositionen mit verschiedenen Irritanzien. In der Regel ist eine Koexposition am Arbeitsplatz nachweisbar (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung [BKV] Kommentar, Lieferung 1/13, M 4302, S. 7 Nr. 3). Ein eigener Arbeitsplatzgrenzwert für Papierstaub ist in Deutschland nicht aufgestellt, so dass an Arbeitsplätzen, an denen im Sinne der Gefahrstoffverordnung Tätigkeiten mit den betreffenden Gefahrstoffen durchgeführt werden, der Allgemeine Staubgrenzwert der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte" Ausgabe 2006, zuletzt geändert und ergänzt am 28.10.2014 (GMBl 2014, S. 1312/1313), zur Anwendung kommt. Die TRGS geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen wieder und werden vom BMAS im GMBl bekannt gegeben. Nach der TRGS 900 (2.4.1 [6] und [7]) sind zur Beurteilung der auftretenden Staubkonzentrationen in der Luft des Arbeitsbereiches in der Regel die einatembare (E-Staubfraktion) und die alveolengängige Staubfraktion (A-Staubfraktion) des Arbeitsplatzgrenzwertes gemäß TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition" zu ermitteln und zu bewerten. Wenn in den Staubfraktionen Stoffe enthalten sind, für die stoffspezifische Beurteilungsmaßstäbe festgelegt sind, müssen diese ermittelt und getrennt bewertet werden. Der Arbeitsplatzgrenzwert für die A-Staubfraktion in Höhe von 1,25 mg/m³ basiert auf einer mittleren Dichte von 2,5g/cm³. Wenn an einem Arbeitsplatz Materialien besonders niedriger Dichte (z.B. Papier) verwendet werden, kann mit der Materialdichte umgerechnet werden. Der Arbeitsplatzgrenzwert der E-Staubfraktion ist als Schichtmittelwert mit 10 mg/m³ festgelegt. Für die Tätigkeiten, bei denen der Arbeitsplatzgrenzwert für die A-Staubfraktion von 1,25 mg/m³ nachweislich nicht eingehalten werden kann, gilt übergangsweise bis zum 31.12.2018 für die Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ein Beurteilungsmaßstab in Höhe des bisherigen A-Staub-Arbeitsplatzgrenzwert von 3,0 mg/m³ (TRGS 900 2.4.2. [1]). Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist somit davon auszugehen, dass eine Gesundheitsgefährdung bei Einhaltung des Grenzwertes von 3 mg/m³ (alveolengängige Fraktion) nicht zu erwarten ist, sofern die Stäube keine spezifisch wirkenden Inhaltsstoffe enthalten. Während seiner Beschäftigung bei der Papierfabrik S. hat der Kläger von April 1989 bis Februar 1993 im Logistikcenter / Papierlager (= Fertigwarenlager) und ab März 1993 im Schneidsaal der Papierfabrik gearbeitet.
Nach dem Bericht über die Messung von Gefahrstoffen in der Luft und in Materialproben in Arbeitsbereichen vom 15.01.2004 über die Messung bei der Papierfabrik S. am 14.10.2003 war im Schneidsaal eine gewisse Staubentwicklung zu verzeichnen. Der Staplerverkehr in der Halle führte dabei zur Aufwirbelung von abgelagertem Papierstaub und zum anderen auch zu einer Emission von Dieselruß, wobei die eingesetzten Dieselstapler mit Dieselpartikelfiltern ausgestattet waren. Im Logistikcenter war überall eine deutlich sichtbare Verschmutzung / Ablagerung von schwarzem Staub, z.B. auf den Palettenstapeln, Anlagenteilen, Geländern etc., gegeben. Die im Schneidsaal an den exponierten Stellen während der zweistündigen Messungen ermittelte einatembare Fraktion (Gesamtstaub) lag bei der Messung am 14.10.2003 mit 0,5 mg/m³ weit unterhalb des zulässigen Allgemeinen Staubgrenzwertes von 10 mg/m³. Auch die alveolengängige Fraktion (Feinstaub) lag mit 0,07 mg/m³ deutlich unter dem Wert von 3 mg/m³, wie auch deutlich unter dem Grenzwert von 1,25 mg/m³. Von dieser alveolengängigen Fraktion lag der Anteil der Dieselmotoremission (Kohlenstoff elementar) bei 0,011 mg/m³ und lag damit bei einem Bewertungsindex von 0,11, d.h. 11% der damaligen zulässigen Technischen Richtkonzentration (TRK). Dies spricht zur Überzeugung des Senats auch dafür, dass, wie von der Arbeitgeberin angegeben, sämtliche Dieselstapler mit Dieselpartikelfiltern ausgestattet waren. Denn in der TRGS 554 "Abgase von Dieselmotoren" wird in der Anlage 5 (Dieselmotoremissionen-Konzentrationen - Messergebnisse für Arbeitsbereiche) unter 1. [6] ausgeführt, dass in Arbeitsbereichen, in denen alle vorhandenen Dieselmotoren mit Dieselpartikelfiltern gemäß dieser TRGS ausgerüstet sind und für die Querempfindlichkeiten oder Störungen aus anderen Arbeitsbereichen oder aus der Umwelt ausgeschlossen werden können, im Übrigen nur noch Messergebnisse im Bereich der Nachweisgrenze des Messverfahrens erhalten werden (( 0,014 mg/m³ EC [elementarer Kohlenstoff] für eine zweistündige stationäre Probenahme). Zudem hat Herr Witt in seiner Stellungnahme vom 10.02.2012 darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Wert der gemessenen einatembaren Fraktion von 0,5 mg/m³ messtechnisch bedingt schon um eine Summenbewertung handelt, da die gravimetrische Analyse (Wägung) sowohl den Papierstaub als auch die Dieselemission enthält. Aber auch bei einer Summenbewertung nach TRGS 402 errechnet sich aus den Einzelindizes von 0,11 und 0,05 nur ein Summenindex von 0,16. Erst ein Index von 1 heißt jedoch, dass der Grenzwert erreicht ist und erst bei einem Index über 1 liegt eine Grenzwertüberschreitung vor.
Die Umrüstung der Dieselstapler mit Rußfiltern ist nach dem Bericht von Dr. B. vom 02.08.2007 im Jahr 1993 begonnen und 1995 abgeschlossen worden. Herr W. hat in seinem Bericht vom 10.02.2012 hierzu zwar angegeben, vom Betrieb sei versichert worden, dass bereits Ende der 80´er- bzw. zu Beginn der 90´er-Jahre Stapler mit Rußfiltern nachgerüstet bzw. angeschafft worden seien. Der Senat geht jedoch zu Gunsten des Klägers von den konkreteren und zeitlich früheren Angaben des Dr. B. aus und nimmt deshalb eine Umrüstung in den Jahren 1993 bis 1995 an. Nachdem der Kläger diese Angabe nur unsubstanziiert bestritten und im Erörterungstermin angegeben hat, er wisse nicht, wann die Filter eingebaut worden sind, ist von dem Abschluss der Umrüstung spätestens im Jahr 1995 auszugehen. Da der Kläger bereits ab März 1993 im Schneidsaal gearbeitet hat, ist daher davon auszugehen, dass zu Beginn noch nicht jeder Dieselstapler mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet gewesen ist. Allerdings hat Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 02.08.2007 darauf hingewiesen, dass die Anlieferung der Rollen mit den Staplern zugenommen hat, so dass die Werte der Messung von 2003 als repräsentativ für den gesamten Beschäftigungszeitraum des Klägers in diesem Bereich angenommen werden können. Hinzu kommt, worauf Herr Witt in seiner Stellungnahme vom 10.02.2012 hingewiesen und was auch der Kläger bestätigt hat, dass der Arbeitsplatz des Klägers am entgegengesetzten Ende der Halle zum Eingang des Rollenlagers war, so dass die Stapler zu ihm nur für die Maschinen, an denen er gearbeitet hat, hingekommen sind, wohingegen die Messungen gezielt im näheren Umfeld der Staplerwege vorgenommen worden sind. Daraus folgt, dass am Arbeitsplatz des Klägers jedenfalls nicht höhere Werte vorgelegen haben, möglicherweise hingegen niedrigere. Im Bereich des Arbeitsplatzes des Klägers haben sich auch Öffnungen der Frischluftanlage befunden. Soweit der Kläger immer wieder ausgeführt hat, diese habe nicht funktioniert, sind seine Angaben in sich widersprüchlich, da der Kläger zugleich die durch die Frischluftanlage verursachte starke Zugluftbelastung beklagt hat, die nur vorstellbar ist, wenn eine Luftzirkulation tatsächlich erfolgt. Das Vorliegen einer recht starken Zugluftbelastung wird durch die am 07.05.2007 durchgeführte Messung mit zeitweise ziemlich hohen Luftgeschwindigkeiten bestätigt. Diese Messungen bestätigen auch die Angaben des Klägers, dass die Stärke der Zugluftbelastung schwankend war. Belege dafür, dass die Frischluftanlage nicht funktioniert hat und keine Frischluft zugeführt wurde, finden sich hingegen nicht. Daher ist auch für den Zeitraum 1993 bis 1995 nicht von einer signifikant höheren Belastung durch Dieselpartikel auszugehen.
Im Logistikcenter ergab die Messung der alveolengängigen Fraktion einen Wert von 0,09 mg/m³, wobei der Anteil des elementaren Kohlenstoffs bei 0,012 mg/m³ (12% des damaligen TRK-Wertes) lag. Damit lagen nur leicht höhere Werte wie im Schneidsaal vor. Da in dieser Halle ausschließlich Elektrostapler fuhren, ist dieser Wert sowohl auf den Abrieb der Reifen (enthält auch Kohlenstoff bzw. Ruß) als auch den Abrieb vom Hallenboden (Bitum) zurückzuführen. Nur vier Substanzen, nämlich Bezo(a)anthracen, Chrysen, Fluoranthen und Pyren, allesamt polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), konnten in einer Materialprobe (abgelagerter Staub von einem Geländer) messbar nachgewiesen werden. Aus diesen vier messbaren Substanzen wurde ein Summenwert von 4,1µg/g gebildet. Die im Logistikcenter gemessene Staubkonzentration von 0,09 mg/m³ entspricht aufgerundet 0,0001 µg/m³. Wie in dem Messbericht vom 15.01.2004 ausgeführt, unterschreitet diese Konzentration den früher für Arbeitsplätze geltenden TRK-Wert für Benzo(a)pyren (für die anderen Substanzen existierte kein Grenzwert) von 2 µg/m³ um ein vielfaches. Darüber hinaus wird in dem Bericht angegeben, dass für Innenräume in der Literatur teilweise ein Orientierungswert bezüglich der Summe der PAK von 5 mg/kg, dies entspricht 5 µg/g, angegeben wird bei einem Prüfbereich von 5 bis 25 µg/m³ und einem Handlungsbereich bei über 25 µg/g. Die ermittelte Summe von 4,1 µg/g liegt damit auch unterhalb dieses Orientierungswertes.
Unter Würdigung der Ergebnisse der Messung am 14.10.2003 hat Prof. Dr. H. für den Senat überzeugend ausgeführt, dass sich die Annahme einer Atemwegserkrankung im Sinne der BK 4302 nicht begründen lässt. Denn die einatembare Staubfraktion wie auch die alveolengängige Staubfraktion haben signifikant unterhalb der MAK-Werte, d. h. der höchst zulässigen Konzentration eines Arbeitsstoffes in der Luft am Arbeitsplatz, bei der nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnis bei täglich achtstündiger Exposition (max. 42 Stunden pro Woche) im allgemeinen die Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt ist, gelegen. Der durch Dieselmotoremissionen verursachte Anteil in der alveolengängigen Fraktion hat außerdem unterhalb des TRK-Wertes (Konzentration eines Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz, die nach dem Stand der Technik erreicht werden kann nach der inzwischen aufgehobenen TRGS 102 "Technische Richtkonzentration für gefährliche Stoffe") gelegen. Auch unter Berücksichtigung der nunmehr gültigen TRGS 900, 402 und 554 ergibt sich nicht, dass der Kläger mit den gemessenen Werten chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Arbeitsstoffen in einem zur Verursachung der obstruktiven Atemwegserkrankung ausreichenden Umfang ausgesetzt gewesen ist.
Das von Seiten des Klägers eingebrachte und als Parteivortrag zu würdigende Gutachten des Dr. M. ist für den Senat schon deshalb nicht überzeugend, da ihm die Ergebnisse der Messung vom 14.10.2003 nicht bekannt gewesen sind. Infolge dessen wendet er sich gegen die Ausführungen von Prof. Dr. H., wonach die Fraktionen deutlich unter den damals gültigen Grenzwerten gelegen haben, und geht stattdessen zu Unrecht davon aus, dass die eingeatmete Staubmenge beträchtlich gewesen sei und eine große Bedeutung für den kanzerogenen Insult habe. Dabei hat Dr. M. seinen Ausführungen die TRK-Werte für Dieselpartikel aus der TRGS 554 Stand 1993 und 1996 von 0,2 mg/m³ bzw. 0,1 mg/m³ zugrunde legt, die nach der Messung vom 14.10.2003 deutlich unterschritten wurden. Soweit er angibt, epidemiologische Untersuchungen hätten das Auftreten schädlicher Auswirkungen auf das Atmungssystem durch Exposition gegenüber Papierstaub nachgewiesen, wird dies durch die Literaturstudie zur Toxizität von Papierinhaltsstoffen und von Papierstaub im IFA-Report 3/2011 widerlegt. Danach ist noch keine klare Herleitung von wissenschaftlich nachvollziehbaren Kausalitäten zwischen Papierstaubbelastung und Atemwegserkrankungen möglich. Denn es liegen in der wissenschaftlichen Literatur bisher nur vereinzelte epidemiologische Studien (Querschnittsstudien, Fall-Kontroll-Studien) zu gesundheitlichen Beschwerden wie Reizungen der oberen Atemwege und allgemeine Symptome z.B. Kopfschmerzen und Müdigkeit (Sick-Building-Syndrom-ähnliche Symptome) bzw. Rhinitis und Asthma nach Papierstaubexpositionen bei Büroangestellten vor, die jedoch aufgrund des Studiendesigns keine klare Herleitung von Kausalitäten erlauben. Sie sind aufgrund ihres Querschnittdesigns, Recall-Bias (Erinnerungsfehler oder Erinnerungsverzerrung) bei Fragebogenuntersuchungen, fehlender objektiver Analysen der Staubexposition, kleiner Studienkollektive und des Einflusses möglicher Koexpositionen insgesamt schwierig zu bewerten. Bei Arbeitern in "Soft-tissue"-Papierfabriken, die gegenüber hohen Konzentrationen von Papierstaub exponiert waren, wurden zwar in Querschnittsuntersuchungen im Vergleich zu unbelasteten bzw. weniger belasteten Kontrollgruppen Hinweise auf erhöhte Prävalenzen subjektiver Atemwegsbeschwerden ermittelt. Ebenso wurden z.B. bei Staubgehalten über 5 mg/m³ und Beschäftigungsdauer über 10 Jahre Einschränkungen der Lungenfunktion beschrieben. Die Ergebnisse der Studien sind jedoch insbesondere aufgrund teilweise fehlender Berücksichtigung konfundierender Faktoren wie dem Rauchverhalten nur begrenzt aussagekräftig. Reizungen der oberen Atemwege sowie Rhinitis und Asthma sind beim Kläger auch nicht beschrieben. Eine hohe Konzentration von Papierstaub ist durch das Messergebnis vom 14.10.2003, das bereits insgesamt keine hohe Staubkonzentration ergeben hat, zudem vorliegend gerade ausgeschlossen. Es wurde insbesondere kein Staubgehalt von über 5 mg/m³ gemessen, sondern insgesamt nur ein Staubgehalt von 0,5 mg/m³, wobei die alveolengängige Fraktion bei der Messung 2003 im Schneidsaal sogar nur 0,07 mg/m³ und im Logistikcenter 0,09 mg/m³ betragen hat.
Nach alledem hält der Senat die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 4302 für nicht erwiesen.
Darüber hinaus ist aufgrund der medizinischen Beweisaufnahme nach Auffassung des Senats die beim Kläger vorliegende Atemwegserkrankung nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch seine Tätigkeit in der Papierfabrik verursacht worden.
Bei der COPD handelt es sich um eine chronisch-obstruktive, in der Regel progrediente Erkrankung der Atemwege auf dem Boden einer chronisch-obstruktiven Bronchitis mit und ohne Lungenemphysem. Die Erkrankung wird selten vor dem 50sten Lebensjahr symptomatisch. Hauptursache sind Inhalationsrauchen und Staubexpositionen (vgl. Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., Lieferung 1/13, M 4301, S. 9/10 Nr. 3.1.3). Auch bei Versicherten mit chronisch-obstruktiver Atemwegserkrankung als Vorschaden im Sinne der COPD kann nachfolgend (sekundär) eine durch Einwirkung von Inhalationsallergenen am Arbeitsplatz verursachte zusätzliche sich verschlimmernde obstruktive Ventilationsstörung auftreten. Dabei ist zu beachten, dass die "Systemerkrankung" COPD nur in ihrem Gesamtablauf über mehrere Jahrzehnte verstehbar ist. So benötigen Tabakrauch und rezidivierende Infektionen (zumeist klinisch stumm und weder von Betroffenen noch von seinen Ärzten bemerkt) mindestens zwei Jahrzehnte, bis die COPD zur manifesten subjektiv wahrnehmbaren Atemstrombegrenzung führt. Grundsätzlich gilt für die angeschuldigte beruflich schädigende Einwirkung derselbe Mechanismus. Das heißt, es muss erwiesen sein, dass die schädigende Einwirkung nicht nur kurzfristig (z.B. Monate), sondern mindestens Jahre manifest gewesen ist. Während dieser Zeit der schädigenden Einwirkung muss der Nachweis erbracht werden, dass die Verschlechterung der Lungenfunktion mit zunehmender Atemstrombegrenzung während der angeschuldigten Gefährdung stärker war, als nach dem natürlichen Verlauf zu erwarten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 1068/1069). Die Einwirkungszeit liegt jeweils in 20% unter 5 sowie zwischen 15 bis 25 Jahren. Die Latenzzeit liegt in 11% unter 5 Jahren, in 16% zwischen 5 und 10 Jahren und in über 11% zwischen 35 und 50 Jahren (vgl. Mehrtens/Brandenburg, a.a.O., M 4302 S. 8 Nr. 4).
Demnach ist vorliegend nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die beim Kläger diagnostizierte chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung wesentlich infolge der Tätigkeit im Logistikcenter bzw. Schneidsaal der Firma S. hervorgerufen worden ist. Denn bei dem Kläger, der von April 1989 bis Februar 1993 im Logistikcenter und ab März 1993 im Schneidsaal der Papierfabrik gearbeitet hat, ist bereits im Mai 1994 eine Bronchitis und ein Emphysem durch Dr. K. diagnostiziert worden, wobei der Kläger Beschwerden bereits seit 10 Monaten angegeben hatte, somit seit Mitte 1993. Im Jahr 2005 wurde die obstuktive Lungenerkrankung bereits als COPD Grad III bewertet. Hieraus ergibt sich, dass allein infolge der beruflichen Exposition der zeitliche Ablauf der Erkrankung nicht begründbar ist. Unter Würdigung der gemessenen Expositionswerte ist ein Auftreten der Krankheitserscheinungen innerhalb von 5 Jahren nicht vorstellbar. Überzeugend hat Dr. K. in seinem Gutachten auch darauf hingewiesen, dass der Verursachung der obstruktiven Atemwegserkrankung durch die Dieselabgase entgegensteht, dass am 27.05.1994 nur eine leichte Einschränkung der Lungenfunktion bestanden hat, zu dieser Zeit die Umrüstung der Dieselfahrzeuge begonnen hatte und 1995 abgeschlossen wurde und dennoch im Jahr 2003 sich dann eine mittelgradige zentrale Obstuktion und schwergradige Einschränkung der Funktion der kleinen Atemwege gefunden hat. Diese Verschlimmerung der Erkrankung ist durch die 2003 gemessenen Expostitionswerte nicht erklärbar. Damit ist auch die wesentliche Verschlechterung in diesem Zeitraum nicht auf Dieselabgase am Arbeitsplatz zurück zu führen. Ebenso ist in Anbetracht der gemessenen Staubwerte und des Umstandes, dass während der nur einmal im Monat vom Kläger durchzuführenden Reinigung der Maschinen Wegwerfmasken zur Verfügung gestellt wurden und auch die Pflicht zum Tragen bestanden hat, unwahrscheinlich dass es durch die Papierstaubbelastung zu der gravierenden Verschlimmerung der Erkrankung gekommen ist. Vielmehr spricht dafür, dass die Bronchitis, das Emphysem und in deren Folge die COPD durch das bereits seit dem Jahr 1976 bestehende Rauchverhalten des Klägers mit zehn bis zwölf Zigaretten täglich verursacht worden sind. Ein Nikotinkonsum von zehn bis zwölf Zigaretten am Tag über einen Zeitraum von etwa 30 Jahren ist ausreichend, die beim Kläger bestehende Atemwegserkrankung zu verursachen. Denn die mit Abstand häufigste Ursache einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung ist das Zigarettenrauchen. Ebenso ist die häufigste Ursache eines Lungenemphysems das Zigarettenrauchen, das zur Entwicklung einer COPD führt. Schon im Jahr 1994 hat bei dem Kläger bereits ein fast zwanzigjähriger täglicher beträchtlicher Tabakkonsum vorgelegen, weshalb Dr. K. bereits in seinem Arztbrief vom 27.05.1994 als Ursache der Erkrankung den Nikotinkonsum angegeben hat. Bestätigt wird dies durch die überzeugenden Ausführungen in dem Gutachten von Prof. Dr. H., der ebenfalls als Ursache für die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung und das Lungenemphysem den regelmäßigen von 1976 bis 2005 dauernden Nikotinkonsum angesehen hat, wovon auch der behandelnde Arzt Dr. B. ausgeht. Unter Berücksichtigung obiger Ausführungen zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen kann daher auch keine richtungsgebende Verschlimmerung durch die berufliche Belastung festgestellt werden. Die bloße Möglichkeit einer Verschlimmerung aufgrund beruflich bedingter Exposition ist von vornherein nicht ausreichend.
Bei dem beim Kläger 2005 entfernten Bronchialkarzinom handelt es sich nicht um eine obstruktive Atemwegserkrankung im Sinne der BK 4302. Eine Tumorerkrankung ist nicht mit einer solchen gleichzusetzen, da es sich dabei nicht um eine chronische Krankheit des broncho-pulmonalen Systems handelt (vgl. Urteil des Senats vom 16.05.2013 - L 6 U 1450/12 -). Darüber hinaus ist auch im Hinblick auf das Bronchialkarzinom ein ursächlicher Zusammenhang mit den Verrichtungen im Rahmen der versicherten Tätigkeit nicht hinreichend wahrscheinlich. Dieselabgase enthalten zwar krebserregende Stoffe und auch bei einem deutlichen Unterschreiten des TRK-Wertes kann bei kanzerogenen Substanzen eine Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen werden, worauf auch im Messbericht von Dr. B. vom 15.01.2004 hingewiesen wird. Wie im o. g. IFA-Report ausgeführt wird, ist Papier komplex und variabel zusammengesetzt und kann teilweise verschiedene Gefahrstoffe in unterschiedlichen Mengen, vielfach wahrscheinlich jedoch nur in Spuren enthalten. Unter Berücksichtigung des beim Kläger bis zum Auftreten des Karzinoms vorgelegenen fast dreißigjährigen täglichen Zigarettenkonsum von nach eigenen Angaben zehn bis zwölf Zigaretten, kommt diesem jedoch die überragende Bedeutung zu, worauf auch Prof. Dr. H. in seinem Gutachten hingewiesen hat. Eine wesentliche (Teil-)Ursache kann demgegenüber der beruflichen Tätigkeit nicht mit Wahrscheinlichkeit zugerechnet werden.
Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Verrichtungen im Rahmen der versicherten Tätigkeiten und den beim Kläger bestehenden Erkrankungen ist damit nicht hinreichend wahrscheinlich. Im Rahmen der Abwägung überwiegen vielmehr die gegen einen Zusammenhang sprechenden Umstände. Die berufsbedingte Exposition mit Papierstaub und Dieselabgasen ist nicht wesentliche Bedingung für die Entstehung der Erkrankungen. Der Kläger war über Jahre hinweg starker Raucher. Damit liegt ein erheblicher außerberuflicher Risikofaktor für die Entstehung einer COPD und eines Lungenemphysems vor, der dazu geführt hat, dass sowohl die behandelnden Ärzte wie auch die Gutachter einen Verdacht auf eine BK nicht bestätigen konnten und dementsprechend auch selbst keine Anzeige vorgenommen haben.
Schlussendlich steht der Feststellung einer BK 4302 auch entgegen, dass der sogenannte Aufgabezwang nicht nachgewiesen ist. Der Versicherte muss gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK 4302 nicht vor und ist nicht anzuerkennen (vgl. BSG, Urteile vom 30.10.2007 - B 2 U 4/06 R – juris; Urteile vom 18.11.2008 - B 2 U 14/07 R - und B 2 U 14/08 R - jeweils juris). Der Kläger hat seine Tätigkeit bei der Firma S. nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung bis zum Bezug der regulären Altersrente im Jahr 2011 ausgeübt.
Auch die Voraussetzungen für die BK 4301 liegen nicht vor. Der Kläger war bei der Verrichtung seiner beruflichen Tätigkeit insbesondere Papierstaub und Dieselabgasen ausgesetzt. Dass er allergisierenden Stoffen ausgesetzt gewesen ist, die die Lungenerkrankung hervorgerufen haben können, ist jedoch nicht dargelegt. Die Pricktestungen verliefen sämtlich negativ, mit der Folge, dass Hinweise für eine atopische Diathese nicht zu finden waren. Prof. Dr. H. hat ausgeführt, dass auch das tätigkeitsbezogene Beschwerdebild keine Anhaltspunkte für ein Typ I-allergisches Geschehen am Arbeitsplatz liefert. So bestehen beim Kläger keinerlei Anhaltspunkte für eine wesentliche allergische Verursachung der Atemwegserkrankung. Über die hierfür charakteristischen Symptome wie Naselaufen, Niesen, Augenjucken oder ähnliches wurde nicht geklagt. Auch ist eine Verschlimmerung während der Arbeitszeit und eine Verbesserung während der arbeitsfreien Zeit, so zum Beispiel während des Urlaubes, als Indiz für eine arbeitsplatzbezogene Sensibilisierung, zu keiner Zeit angegeben worden. Daher steht nicht zur Überzeugung des Senats im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit fest, dass eine "durch allergisierende Stoffe verursachte Erkrankung" vorliegt. Darüber hinaus ist wiederum die krankheitsbedingte Aufgabe der beruflichen Tätigkeit nicht erfolgt.
Der Senat erachtet den vorliegenden Sachverhalt für ausreichend aufgeklärt und weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Einer weiteren Ermittlung des Sachverhalts durch Beiziehung der Personalakten des Klägers bei der Papierfabrik S. bedurfte es ebenso wenig wie der Durchführung einer Arbeitsplatzbesichtigung unter Anwesenheit des Klägers. Es sind keine für den streitigen Anspruch relevanten Erkenntnisse hierdurch zu erwarten. Eine Arbeitsplatzbesichtigung bietet keine Erkenntnisse im Hinblick auf die nur durch besondere Messungen eruierbare Exposition mit chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden oder allergisierenden Stoffen. Da nur die Exposition mit diesen Stoffen und nicht allgemein die Arbeitsbedingungen bei der Firma S. vorliegend entscheidend sind, sind hierfür auch keine weiteren Erkenntnisse aus der Personalakte des Klägers zu erwarten. Ebenso bedurfte es daher nicht der Einvernahme von Herrn Dr. B., dem früheren Mitarbeiter der BG, und Herrn M. und Frau R. vom Regierungspräsidium. Nachdem Messungen über die Staubbelastung vorliegen und abgesehen von dem fehlenden Nachweis der arbeitstechnischen Voraussetzungen auch die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Verursachung der Erkrankung durch die Einwirkungen und der Unterlassungszwang nicht gegeben sind, bedurfte es nicht der Hinzuziehung eines Technischen Beraters. Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedurfte es ebenfalls nicht, da bereits das im Urkundenbeweis verwertbare Gutachten von Prof. Dr. H. und das vom SG bei Dr. K. eingeholte Gutachten vorliegen, die schlüssig und überzeugend sind. Neue relevante Erkenntnisse, die von den Gutachtern nicht berücksichtigt wurden, liegen nicht vor.
Ein Anspruch auf Anerkennung der Berufskrankheiten Nr. 4301 bzw. Nr. 4302 besteht daher nicht. Die Berufung des Klägers ist somit erfolglos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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