L 13 KG 2157/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KG 2505/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 KG 2157/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. März 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Kindergeld vom Februar 2008 bis einschließlich Oktober 2009 während eines Auslandsaufenthalt des Klägers in Südostasien streitig.

Der im Jahr 1965 geborene Kläger ist Vater zweier Kinder, welche am 17. September 2005 und 4. Januar 2007 geboren worden sind. Ab dem 1. Januar 2008 befand sich der Kläger in Elternzeit und war von seinem Arbeitgeber freigestellt. Zum 31. Oktober 2009 endete das zuvor zu diesem unterhaltene Arbeitsverhältnis. Einen zuvor bestehenden Wohnsitz in Ol./Sachsen meldete die dortige Gemeindeverwaltung von Amts wegen am 4. Juni 2008 zum 1. Januar 2008 "nach unbekannt" ab. Im Dezember 2008 gab der seinerzeit befasste anwaltliche Bevollmächtigte des Klägers als "aktuelle Postanschrift" eine Adresse in Gr./Sachsen an. Während dieser Elternzeit lebte der Kläger mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern u.a. in Tu. auf den Philippinen. Anfang des Jahres 2010 kehrten alle nach Gr. ins Bundesgebiet zurück.

Der Kläger bezog zunächst bis Juli 2008 Kindergeld von der Beklagten nach dem Einkommenssteuergesetz (EStG). Die Beklagte (dort vertreten durch die Familienkasse B.) hob die Kindergeldfestsetzung später rückwirkend ab dem Februar 2008 auf, da der Kläger ab dieser Zeit weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe (Bescheid vom 30. September 2008; Einspruchsentscheidung vom 3. August 2009; Änderungsbescheid vom 05. Oktober 2010). Eine Klage vor dem Sächsischen Finanzgericht (Urteil vom 29. November 2010, Az. 5 K 1526/09 (Kg)) und die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (Beschluss vom 01. Juni 2012, Az. III B 3/11, juris) blieben ohne Erfolg.

Seit Februar 2010 bezieht der Kläger wieder Kindergeld nach dem EStG. Zum 16. September 2011 verzog er mit seiner Familie von Gr. nach Si./Baden-Württemberg.

Am 28. Dezember 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) für seine Elternzeit vom Februar 2008 bis Oktober 2009. Die Elternzeit habe er zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern bei seinen Schwiegereltern auf den Philippinen verbracht. Dort habe er die ganze Zeit im Haus seiner Schwiegereltern gewohnt.

Die Beklagte (nunmehr vertreten durch die Familienkasse Nü.) lehnte mit Bescheid vom 8. März 2013 die Gewährung von Kindergeld für die Zeit von Februar 2008 bis zum Ende der Elternzeit ab. Kinder, die weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, könnten grundsätzlich bei ihren ebenfalls außerhalb Deutschlands lebenden Eltern nicht berücksichtigt werden. Bei Arbeitnehmern könnten zudem lediglich Kinder zu einem Kindergeldanspruch führen, die in Deutschland, in einem EU-/EWR-Staat, in der Schweiz oder einem sogenannten Vertragsstaat leben würden.

Hiergegen erhob der Kläger mit eingegangenem Schreiben vom 8. April 2013 Widerspruch mit der Begründung, seine Elternzeit habe nicht zum Erlöschen von Rechtsansprüchen geführt. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Da die Kinder des Klägers im streitigen Zeitraum auf den Philippinen gelebt hätten, hätten sie keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt.

Am 2. Oktober 2013 hat der Kläger zum Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben. Er hat zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs angeführt, dass er während seiner Elternzeit in der Renten- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert gewesen sei. Er begehre daher, den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Kindergeld für seine beiden Kinder in der Zeit von Februar 2008 bis einschließlich Oktober 2009, dem Ende seiner Elternzeit, zu gewähren.

Mit Urteil vom 19. März 2014 hat das SG die Klage nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom gleichen Tag abgewiesen. Das SG hat unter näherer Bezeichnung der gesetzlichen Vorschriften ausgeführt, dass der Kreis der Personen, die Anspruch auf Kindergeld haben, durch § 62 EStG und § 1 BKGG bestimmt werde. § 62 EStG erfasse den ganz überwiegenden Teil der Berechtigten, nämlich Personen, die nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig seien oder nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig behandelt würden. Im BKGG seien deshalb nur Kindergeldansprüche von Eltern geregelt, die in Deutschland nicht steuerpflichtig sind, aber Kindergeld erhalten sollen. Das seien Eltern, die in Deutschland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, aber in einer Weise mit dem deutschen Arbeits-, Dienst- und Sozialrechtssystem verbunden sind, die eine Kindergeldzahlung erfordert oder angemessen erscheinen lässt. Es seien daher nur Ansprüche auf Kindergeld nach dem BKGG streitig.

Kindergeld für seine Kinder erhalte nach § 1 BKGG, wer nach § 1 Absatz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werde und entweder in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) stehe oder versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des SGB III sei oder sonst als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhalte oder als Missionar der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen seien, tätig seien oder sonst eine nach § 123 a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes oder § 20 des Beamtenstatusgesetzes bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausübt oder als Ehegatte eines Mitglieds der Truppe oder des zivilen Gefolges eines NATO-Mitgliedstaates die Staatsangehörigkeit eines EU/EWR-Mitgliedstaates besitze und in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt habe.

Nach § 2 Abs. 5 BKGG würden Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, nicht berücksichtigt. Dies gelte nicht gegenüber Berechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 2 und 3, wenn sie die Kinder in ihren Haushalt aufgenommen haben.

Beim Kläger scheitere ein Kindergeldanspruch in der streitigen Zeit nach zutreffender Ansicht der Beklagten zum einen daran, dass der Kläger keine der Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 BKGG erfülle. Er sei auf den Philippinen weder als Entwicklungshelfer oder Missionar noch in anderer Weise tätig gewesen, die eine der in § 1 Abs. 1 BKGG genannten Verbindungen zum Arbeits-, Dienst- und Sozialrechtssystem in Deutschland aufweise. Das Fehlen dieser tatsächlichen Voraussetzungen sei zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Außerdem hätten nach eigenen Angaben des Klägers seine Kinder in der streitigen Zeit nicht in Deutschland gewohnt bzw. sich hier aufgehalten. Kindergeld komme daher auch nach dem Territorialitätsprinzip des § 2 Abs. 5 BKGG nicht in Betracht.

Gegen das am 5. April 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger mit eingegangenem Schreiben vom 4. Mai 2014 Berufung eingelegt. Er macht besondere Umstände geltend, weshalb ihm Kindergeld für den strittigen Zeitraum zustehe und begehrt "mündliches Gehör".

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 19. März 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des den Bescheides vom 08. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. September 2013 zu verurteilen, ihm Kindergeld für seine beiden Kinder für die Zeit von Februar 2008 bis einschließlich Oktober 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, sich hierzu zu äußern.

Da bereits erstinstanzlich eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden ist, kann im Einklang mit dem SGG in der Berufungsinstanz davon abgesehen werden. Denn dem Kläger ist rechtliches Gehör zu gewähren, was erfolgt ist. Dies ist nicht gleichbedeutend mit einem persönlichen Erscheinen.

Angesichts der Eröffnung des Sozialgerichtswegs durch die erstinstanzliche Entscheidung sind weitere Fragen der Zulässigkeit nicht zu thematisieren gewesen (§ 17a Abs. 5 GVG).

Die zulässige Berufung des Klägers hat jedoch keinen Erfolg, denn er hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Kindergeld für den streitgegenständlichen Zeitraum.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für das von dem Kläger beanspruchte Kindergeld dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen diesbezüglichen Anspruch besitzt, weil er keine der notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Ergänzend ist lediglich festzustellen, dass der Kläger keine neuen tatsächlichen Punkte vorgebracht hat, die zu einer anderen Entscheidung führen können. Gründe, weshalb § 1 BKGG "in vollem Maße" auf ihn zutreffen sollte, führt der Kläger auch weiterhin nicht an. Aus der Tatsache des stattgehabten Elternzeit ergibt sich nichts anderes. Denn diese allein genügt nicht als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch. Es entspricht dem klaren gesetzgeberischen Willen, dass Personen, die nicht die gesetzlich normierten Voraussetzungen erfüllen, nicht in den Genuss dieser familienpolitischen Leistung kommen sollen. Verfassungs- oder europarechtliche Gründe, dies zu beanstanden, sind weder dargetan noch ersichtlich.

Da das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden ist, weist Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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