L 3 AS 2300/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 1554/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2300/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15. April 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für keinen Rechtszug zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld II (Alg II) als Zuschuss für einen Zeitraum von Januar 2012 bis Februar/März 2013.

Die Klägerin ist am 22.08.1974 geboren. Sie trennte sich zum 01.01.2012 von ihrem Ehemann und zog an diesem Tage mit den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern (geboren 2000, 2004, 2006) in den beklagten Landkreis, einen zugelassenen kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Dort beantragte sie für sich und die Kinder unter dem 17.01.2012 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Dabei legte sie unter anderem einen notariellen Kaufvertrag vom 27.01.2005 vor, nachdem sie und ihr Ehemann in N. ein Grundstück (eine Eigentumswohnung in Form eines Reihenhauses auf einem nicht real geteilten Grundstück) für 130.000,00 EUR je zur ideellen Hälfte erworben hatten. Ferner legte sie Kontoauszüge über Guthaben sowie über Verbindlichkeiten in Zusammenhang mit dem Erwerb des Reihenhauses vor.

Mit Bescheid vom 01.03.2012 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin und ihrer Kinder ab. Die Klägerin verfüge über ein Vermögen von insgesamt EUR 23.887,30. Dieses umfasse ein Bauspar¬guthaben bei der W.-AG über EUR 665,58, ein Giroguthaben von (Stand 13.01.2012) EUR 1.564,59 und ein Sparguthaben bei der P.-Bank von EUR 2.143,88. Hinzu komme der halbe Anteil an dem Reihenhaus. Dieses habe einen Wert von EUR 39.027,28, errechnet aus dem damaligen Kaufpreis abzüglich der (am 31.12.2011 valutierenden) dinglich gesicherten Verbindlichkeiten von EUR 90.972,72. Davon entfalle die Hälfte auf die Klägerin, mithin EUR 19.513,64. Das Haus sei kein geschütztes Vermögen, da es die Klägerin nicht selbst nutze. Der Vermögensfreibetrag der Klägerin betrage EUR 6.300,00, bestehend aus einem Grundfreibetrag von EUR 5.550,00 und einem Anschaffungsfreibetrag von EUR 750,00. Nicht genutzte Freibeträge (der Kinder) seien nicht auf die Eltern übertragbar. Zur "Vermeidung von Hilfebedürftigkeit" bot der Beklagte in dem Bescheid an, der Klägerin ein Darlehen zu gewähren. Hierzu solle aber als Sicherheit eine Grundschuld über die Darlehenssumme in das (Wohnungs)grundbuch eingetragen werden. Die Klägerin möge sich deswegen mit ihrem Ehemann in Verbindung setzen.

Den drei Kindern der Klägerin, für die Kindergeld bezogen wurde, bewilligte der Beklagte als Träger der Jugendhilfe mit Bescheiden vom 06.03.2012 Unterhaltsvorschüsse.

Der Ehemann der Klägerin teilte mit Telefax vom 08.03.2012 mit, er stimme der Eintragung einer Grundschuld nicht zu, da er nicht wisse, was das bedeuten solle. Der Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin formlos unter dem 14.03.2012 ein Darlehen und machte die Auszahlung vom Abschluss des beigefügten Darlehensvertrags abhängig.

Die Klägerin erhob am 14.03.2012 Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.03.2012. Sie führte aus, ein Bausparguthaben gebe es nicht, es handle sich vielmehr um ein Bauspardarlehen, das mit EUR 40,90 EUR monatlich zu tilgen sei. Zudem habe das Girokonto am 13.01.2012 nur EUR 1.554,19 EUR ausgewiesen, sodass das verwertbare Vermögen nicht EUR 4.373,71 betrage.

Der Beklagte erließ den ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 10.05.2012. Die Angaben zu dem Bausparvertrag träfen zwar zu, dieser sei nicht zu berücksichtigen. Gleichwohl verfüge sie über anrechenbares Vermögen. Sie sei Inhaberin des Miteigentumsanteils an dem Reihenhaus in N. (EUR 19.513,64), des Girokontos mit dem angegebenen Guthaben von EUR 1.564,19 und des Sparguthabens bei der P.-Bank mit EUR 2.143,88 per 30.12.2011. Daraus ergebe sich ein Gesamtvermögen von EUR 23.211,71. Dieses liege um EUR 14.600,00 über dem Vermögensfreibetrag, den der Beklagte nunmehr mit EUR 8.550,00 bezifferte. Da die Klägerin das Haus nicht mehr bewohne, sei dieses nicht geschützt. Leistungen könnten daher nicht als Zuschuss bewilligt werden. Es sei jedoch eine darlehensweise Leistungsgewährung angeboten worden.

In der Folgezeit forderte der Beklagte die Klägerin zur Senkung ihrer Unterkunftskosten auf.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.05.2012 hat die Klägerin am 13.06.2012 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Sie hat mitgeteilt, ihr Ehemann wohne noch in dem Haus. Er zahle an sie keinen und an ihre Kinder nur geringen Unterhalt. Die Klägerin hat vorgetragen, das Haus könne auf (un)absehbare Zeit nicht verwertet werden, ferner sei nicht zu erwarten, dass ihr bei einer Verwertung ein Auszahlungsbetrag verbleibe, denn neben der Frage, ob überhaupt ein Anspruch auf Auseinandersetzung bestehe, sei noch zu klären, welcher Zahlungsbetrag ihr im Rahmen des Zugewinnausgleichs zustehe. Ein hälftiges Miteigentum bedeute noch lange nicht das Recht am hälftigen Vermögenswert des Hausgrundstücks. Des Weiteren werde der Wert der Immobilie überhöht dargestellt. Bei einer Teilungsversteigerung müssten zunächst die Kosten abgezogen werden. Auch sei bislang nicht die Vorfälligkeitsentschädigung berücksichtigt worden. Eine Verwertung müsse dem Betroffenen (aber) einen Ertrag bringen, durch den er seinen Lebensunterhalt decken könne, was vorliegend bezweifelt werde.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat vorgetragen, er sei nicht von einer sofortigen Verwertbarkeit ausgegangen, deshalb habe er der Klägerin ein Darlehen angeboten, dieses Angebot sei jedoch bislang nicht angenommen worden.

Einen erneuten Antrag der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II vom 25.03.2013 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25.04.2013, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 27.06.2013, ab. Insoweit ist ein weiteres Klageverfahren vor dem SG (S 9 2041/13) anhängig.

In einem Erörterungstermin am 14.05.2013 hat die Klägerin vorgetragen, sie habe im März 2013 Scheidungs- und Zugewinnausgleichsanträge erhoben. Das SG hat dort den rechtlichen Hinweis erteilt, dass eine Verwertung im Trennungsjahr möglicherweise eine unzumutbare Härte nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II darstelle.

Das SG hat bei dem Gutachterausschuss der Stadt N. die amtliche Verkehrswertauskunft vom 06.11.2013 eingeholt. Darin ist mitgeteilt, der Näherungswert betrage für Januar 2012 EUR 114.000,00 und für Juni 2013 EUR 121.000,00.

Mit Urteil im schriftlichen Verfahren vom 15.04.2014 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 01.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2012 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II (Alg II) ab Antragstellung bis zum 24.03.2013 als Zuschuss zu gewähren.

Es hat ausgeführt, die Klage werde nur von der Klägerin geführt. Auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Meistbegünstigung sei nicht ersichtlich, dass auch die minderjährigen Kinder klagten. Für sie sei die einmonatige Klagefrist inzwischen auch verstrichen. Streitig sei die Zeit zwischen den beiden (beschiedenen) Anträgen vom 17.01.2012 und 24.03.2013.

Weiterhin hat das SG gemeint, die Klägerin sei in diesem Zeitraum hilfebedürftig gewesen. Es beständen bereits Zweifel daran, dass der Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung überhaupt verwertbares Vermögen sei. Die Verwertbarkeit sei prognostisch für den regelmäßig sechsmonatigen Bewilligungszeitraum zu überprüfen. Zwar liege der Marktwert von EUR 120.000,00 deutlich über der restlichen Belastung von gut EUR 90.000,00. Auch sei von Marktgängigkeit auszugehen. Ein Verwertungshindernis ergebe sich aber eventuell daraus, dass die Eigentumswohnung bis Ende 2011 als angemessene Familienwohnung genutzt worden und damit nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II grundsätzlich als Vermögen geschützt gewesen sei. In Anbetracht der Tatsache, dass zumindest im ersten Jahr der Trennung insbesondere auch im familienrechtlichen Sinne noch eine Ver¬söhnung in Betracht komme bzw. angestrebt werde, könnte man für eine Verwertung ein rechtliches Hindernis sehen, da die Pflicht zur Veräußerung der Familienwohnung endgültige Tatsachen schaffen würde, die im Falle der Versöhnung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Letztlich könne dieser Punkt aber offen bleiben, da insoweit eine besondere Härte anzunehmen sei. Das SG hat sodann darauf hingewiesen, dass die Klägerin und ihr Ehemann in Zugewinngemeinschaft gelebt hätten und der Miteigentumsanteil das ganze oder nahezu ganze Vermögen der Klägerin umfassen dürfte (Verweis auf §§ 1364 Hs. 2, 1365 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Die Verwertung der Immobilie, so das SG weiter, sei auch nicht unwirtschaftlich, da ein Erlös zu erwarten sei. Letztlich stehe einer Verwertung (bzw. Verwertungsobliegenheit) jedoch eine unzumutbare Härte nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II entgegen. Diese Härteregelung setze solche Gegebenheiten voraus, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangten als eine einfache Härte und die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Im Falle einer gerade erst erfolgten Trennung von Eheleuten sei eine derartige außergewöhnliche Situation gegeben. Die Klägerin habe sich erst zum 01.01.2012 von ihrem Ehemann getrennt und sich mithin in dem hier maßgeblichen Zeitraum fast vollumfänglich im ersten Jahr nach der Trennung befunden, in welchem (nach insbe¬sondere familienrechtlichen Regelungen) grundsätzlich eine Versöhnung nicht ausgeschlossen werde bzw. werden solle. Folglich erscheine es auch bei der Beurteilung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II sachgerecht, die Klägerin noch nicht dazu zu zwingen, die im Rahmen einer Prognoseentscheidung vielleicht nur vorübergehend verlassene Ehewohnung versilbern zu müssen und damit endgültige Tatsachen zu schaffen, die im Falle einer Rückkehr in die gelebte Ehe nicht wieder hergestellt werden könnten und die Situation insgesamt erheblich erschweren könnten. Dass sich eine Versöhnung nicht ergeben habe und schließlich im März 2013 auch ein Scheidungsantrag gestellt worden sei, ändere nichts an dieser aus ex-ante-Sicht anzustellenden Beurteilung der Gesamtsituation bei der Antragstellung. Die demnach anrechenbaren Vermögenswerte der Klägerin, so das SG abschließend, lägen unter den maßgeblichen Freibeträgen.

Gegen dieses Urteil, das ihm am 29.04.2014 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 22.05.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Er wendet sich gegen die Ansicht des SG, während einer Trennungszeit könnten sich aus familienrechtlichen Regelungen Vorgaben für die Verwertbarkeit von Vermögen oder eine besondere Härte im Sinne des SGB II ergeben. Solche Regelungen könnten nicht dazu führen, dass steuerfinanzierte Leistungen als Zuschuss in Anspruch genommen würden. Ein Darlehen sei angeboten worden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15. April 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts - Familiengericht - T. (7 F 193/13) beigezogen und Auszüge daraus zum Gegenstand des hiesigen Verfahrens gemacht, unter anderem das Protokoll der Anhörung vom 03.12.2013, verschiedene Kontoauszüge und Schriftsätze der dortigen Parteien. Aus einem jener Schriftsätze hat sich ergeben, dass die Klägerin und ihr Ehemann gemeinschaftlich Inhaber eines weiteren Sparkontos bei der Sparkasse N. mit einem Guthaben von EUR 13.332,00 am 30.12.2010 gewesen waren. Ferner hatte sich der Ehemann der Klägerin im familiengerichtlichen Verfahren schriftsätzlich bereiterklärt, jenes Konto in N. aufzulösen und der Klägerin die Hälfte des Guthabens zu überlassen.

Der Berichterstatter des Senats hat die Klägerin persönlich angehört und die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Die Klägerin hat dort angegeben, sie habe das Sparbuch zu dem fraglichen Konto nicht, es sei wohl bei ihrem Ehemann verblieben. Der Anteil an dem Reihenhaus stelle ihr gesamtes Vermögen dar. Sie habe einen Antrag auf Zugewinnausgleich gegen ihren Ehemann gestellt, diesen aber wieder zurückgenommen, nachdem das Familiengericht mitgeteilt habe, dass möglicherweise Elternschenkungen an den Ehemann seinem Anfangsvermögen zuzurechnen seien. Sie - die Klägerin - habe in der Zeit ohne Leistungen vom Beklagten vom Kindergeld und von den Unterhaltsvorschüssen des Jugendamts gelebt. Beide Beteiligte haben mitgeteilt, dass der Beklagte das angegriffene Urteil ausgeführt hat und dass die Klägerin ab Mai 2014 die darlehensweise angebotenen Leistungen in Anspruch genommen hat. Im Übrigen wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 07.08.2014 verwiesen.

Der Senat hat bei der Sparkasse N. die amtliche Auskunft vom 22.09.2014 mit Ergänzung vom 12.11.2014 eingeholt. Darin ist mitgeteilt worden, die Klägerin und ihr Ehemann seien einzelverfügungsberechtigt, der Kontostand habe am 01.01.2012 bei EUR 13.365,33 gelegen und nach den Bedingungen der Sparkasse (Ziffer 2.23 der Bedingungen für den Sparverkehr, Fassung Dez. 2001) könne u.a. die Rückzahlung nur gegen Vorlage des Sparbuchs verlangt werden.

Der Beklagte hat sich unter dem 18.11.2014, die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.11.2014 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Beklagten nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

2. Gegenstand des Verfahrens sind nur etwaige Ansprüche der Klägerin auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss (a). Streitig ist (nur) die Zeit vom 01.01.2012 bis zum 28.02.2013 (b).

a) Dem SG ist darin zu folgen, dass die Kinder der Klägerin keine Klage erhoben haben. Sie waren in der Klagschrift nicht genannt, auch auf die entsprechenden Ausführungen des SG in dem angegriffenen Urteil hin hat die Klägerin nicht deutlich gemacht, dass auch etwaige Ansprüche ihrer Kinder überprüft werden sollten.

b) Der streitige Zeitraum deckt sich nicht ganz mit jenem, von dem das SG ausgegangen ist.

Wehrt sich ein Antragsteller nach dem SGB II gegen einen Bescheid, mit dem die Leistung ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt worden ist - wie hier die zuschussweise Gewährung an die Klägerin - so ist zunächst zwar die gesamte Zeit bis zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Stellt der Betroffene zwischenzeitlich jedoch einen neuen Antrag und wird dieser beschieden, so erledigt sich der angefochtene Bescheid für den Zeitraum, der von dem neuen Bescheid erfasst wird. Der neue Bescheid entfaltet "Zäsurwirkung" unabhängig davon, ob er Leistungen als Zuschuss oder als Darlehen bewilligt (Bundessozialgericht [BSG], Urt. v. 30.08.2010, B 4 AS 70/09 R, Juris Rn. 12) oder ob der Antrag erneut abgelehnt wird (BSG, Urt. v. 31.10.2007, B 14/11b AS 59/06 R, Juris Rn. 13). Der neue Bescheid wird auch nicht nach § 96 SGG Gegenstand des laufenden Gerichtsverfahrens (BSG, Urt. v. 31.10.2007, a.a.O.). Zu beachten ist jedoch, dass nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der seit dem 01.01.2011 (rückwirkend) geltenden und daher hier schon anwendbaren Fassung Anträge auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts jeweils auf den ersten des Antragsmonats zurückwirken (BSG, Urt. v. 02.04.2014, B 4 AS 29/13 R, Juris Rn. 13). Dies gilt entsprechend auch für einen anschließend ergangenen Bescheid.

Ausgehend von den - jeweils abgelehnten - Anträgen der Klägerin (und ihrer Kinder) am 17.01.2012 und am 25.03.2013 ist demnach streitig die Zeit vom 01.01.2012 bis zum 28.02.2012.

3. In diesem Rahmen ist die Berufung des Beklagten statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, dies schon deshalb nicht, weil laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr in Streit stehen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ferner ist der Beklagte aus dem angegriffenen Urteil um mehr als EUR 750,00 beschwert. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Gewährung als Zuschuss statt als Darlehen einen eigenständigen Streitgegenstand darstellt und insoweit der volle Wert der begehrten Leistungen anzusetzen ist.

4. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG).

5. Die Berufung ist auch begründet. Anders als das SG hält der Senat die Anfechtungs- und Leistungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) für unbegründet und weist sie daher ab.

a) Die rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg II im Allgemeinen, insbesondere die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 SGB II, hat das SG in dem angegriffenen Urteil zutreffend dargelegt, darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

b) Ob die Klägerin auf Grund der Sonderregelung in § 9 Abs. 4 SGB II hilfebedürftig war, weil ihr die sofortige Verwertung ihres Vermögens nicht möglich oder nicht zumutbar war, kann der Senat offen lassen. Eine Hilfebedürftigkeit nach dieser Sondervorschrift führt nur zu einem Anspruch auf darlehensweise Gewährung nach § 24 Abs. 5 SGB II (vgl. Geiger, in: LPK SGB II, 5. Aufl. 2013, § 9 Rn. 46). Ein solches Darlehen aber begehrt die Klägerin nicht. Außerdem hatte der Beklagte ihr ein solches angeboten, und dies auch ohne Sicherung (§ 24 Abs. 5 Satz 2 SGB II), nachdem der Ehemann die Bestellung einer Grundschuld abgelehnt hatte. Damit war ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf ein Darlehen erfüllt, vgl. § 362 Abs. 1 BGB.

c) Der Klägerin stand jedenfalls kein Anspruch auf Alg II als Zuschuss nach § 7 Abs. 1 SGB II zu. Sie war nicht im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II hilfebedürftig, denn sie konnte ihren Lebensunterhalt nach § 9 Abs. 1 SGB II aus ihrem zu berücksichtigenden Vermögen decken.

aa) Der Senat ist zunächst der Ansicht, dass auch das im Berufungsverfahren bekanntgewordene Sparkonto bei der Sparkasse N. verwertbares Vermögen war.

Verwertbar sind Vermögensgegenstände, die in absehbarer Zeit durch Veräußerung, Beleihung oder unmittelbaren Verbrauch zur Befriedigung des eigenen Lebensunterhalts eingesetzt werden können. Maßgebend für die Prognose, ob ein rechtliches oder tatsächliches Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II. Eine Festlegung für darüber hinaus gehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten. Nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraumes ist bei fortlaufendem Leistungsbezug erneut und ohne Bindung an die vorangegangene Einschätzung zu überprüfen, wie für einen weiteren Bewilligungszeitraum die Verwertungsmöglichkeiten zu beurteilen sind (BSG, Urt. v. 07.01.2009, B 14 AS 42/07 R, Juris Rn. 23). Aus dem Erfordernis einer Prognoseentscheidung (lediglich) für den Bewilligungszeitraum von einem halben Jahr folgt allerdings kein über § 12 Abs. 2 und 3 SGB II hinaus gehender Verwertungsschutz von solchen Vermögensgegenständen, deren Verwertung sich regelmäßig als schwierig und zeitaufwändig darstellt (BSG, a.a.O., Rn. 24). Dies gilt z.B. für die Auseinandersetzung einer Miterbengemeinschaft (BSG, a.a.O., Rn. 27), aber auch für die Verwertung eines ideellen Miteigentumsanteils, z.B. an einem Grundstück (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.01.2012, L 13 AS 3113/09, Juris Rn. 24). In solchen Fällen kann ein fortdauerndes Verwertungshindernis nur angenommen werden, wenn der Hilfebedürftige die einvernehmliche Auflösung der Erben- bzw. Miteigentümergemeinschaft ernsthaft verlangt hat, was vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit auch zu fordern ist. Dagegen ist von einer Verwertbarkeit anzunehmen, wenn der Hilfebedürftige an einer Auflösung der Gemeinschaft nicht interessiert ist und einen entsprechenden Anspruch deshalb nicht ernstlich geltend macht. Dies gilt auch dann, wenn der Hilfebedürftige Gründe für sein Verhalten hat, etwa eine erhoffte Wertsteigerung des Grundstücks oder auch eine familienhafte Rücksichtnahme (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 24).

Das Guthaben auf jenem Konto war zur Hälfte als Vermögen der Klägerin einzustufen. Dies folgt aus dem Gedanken des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine davon abweichende Berechtigungsquote ist weder dargetan noch ersichtlich.

Dieser Anteil bzw. das Konto im Ganzen war auch - binnen sechs Monaten - verwertbar im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II. Zwar war die Klägerin insoweit auf die Mithilfe ihres Ehemannes angewiesen: Auch wenn sie einzelverfügungsberechtigt war, so hätte sie, um eine Auszahlung durch die Sparkasse durchsetzen zu können, das Sparbuch vorlegen müssen. Dies war nach der Auskunft der Sparkasse N. im Berufungsverfahren und den vorgelegten Bedingungen vertraglich so geregelt. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Allgemeinen Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB) bestehen nicht. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, da die Klausel der gesetzlichen Regelung in § 808 Abs. 2 Satz 1 BGB entspricht. Jedoch hatte sich der Ehemann im familiengerichtlichen Verfahren ausdrücklich bereiterklärt, an der Auflösung dieses Kontos mitzuwirken und der Klägerin die Hälfte des Erlöses zu überlassen. Diese Erklärung wurde zwar erst nach dem hier streitigen Zeitraum abgegeben. Aber nach der genannten Rechtsprechung des BSG oblag es der Klägerin schon Anfang 2012, auf ihren Ehemann zuzugehen und abzuklären, ob er zu einer Verwertung bereit sei. Dass sie insoweit keinerlei Verwertungsbemühungen unternommen hat, ist ihr entgegenzuhalten.

bb) Bereits mit diesem halben Guthaben verfügte die Klägerin über Vermögen über den maßgeblichen Freibeträgen und war daher nicht hilfebedürftig:

Der hälftige Anteil der Klägerin an jenem Guthaben bei der Sparkasse N. betrug auf den 01.01.2012 bezogen EUR 6.682,67. Hinzu kamen - insoweit unstreitig - EUR 1.554,19 auf dem Girokonto (Stand 13.01.2012) und das Sparguthaben bei der P.-Bank von EUR 2.143,88. Zusammen waren dies EUR 10.380,74.

Dem standen zwar höhere Vermögensfreibeträge der Klägerin gegenüber als das SG angenommen hat, diese lagen jedoch immer noch niedriger als das anrechenbare Vermögen: Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II konnte die Klägerin tatsächlich nur ihren eigenen Grundfreibetrag absetzen, den das SG - ausgehend vom Alter der Klägerin bei Antragstellung - zutreffend mit EUR 5.500,00 beziffert hat. Die Grundfreibeträge von Kindern, die gesondert in § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a SGB II geregelt sind, können nicht auf die Eltern übertragen werden, wenn die Kinder sie nicht ausnutzen (Geiger, a.a.O. Rn. 20). Dagegen können Anschaffungsfreibeträge nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II, die einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht ausnutzen, auf andere Mitglieder übertragen werden, sie werden für alle Mitglieder der BG addiert (vgl. Geiger, a.a.O., Rn. 35). Entsprechend war auch der Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 10.05.2012 von einem Gesamtfreibetrag der Klägerin von EUR 8.550,00 ausgegangen; dies trifft zu, nachdem den Kindern keine Leistungen bewilligt worden waren und sie ohnehin nicht über Vermögen verfügt zu haben scheinen.

cc) Ohne dass es darauf für die Entscheidung ankäme, geht der Senat ferner davon aus, dass auch der Miteigentumsanteil der Klägerin an dem Reihenhaus in N. verwertbar war und dass ihr - insoweit weicht der Senat von der Meinung des SG ab - eine solche Verwertung auch nicht unzumutbar war:

(1) Zunächst bestand kein rechtliches Verwertungshindernis.

Der ideelle Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung ist ein verkehrsfähiger Gegenstand. Über ihn kann verfügt werden, er kann eigenständig beliehen werden (vgl. §§ 747 Satz 1, 1010 Abs. 1 BGB, hier i.V.m. § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht [WEG]). Zusätzlich zu einer Verwertung des Anteils allein begründet das Miteigentum einen Anspruch auf Teilung, der bei Eigentumswohnungen wie hier durch Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft (Teilungsversteigerung) und Teilung des Erlöses erfolgt (§ 753 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 180 ff. Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung [ZVG]).

Etwas Anderes gilt im Ergebnis auch nicht, wenn der Miteigentümer im gesetzlichen Güterstand verheiratet ist und der Miteigentumsanteil sein ganzes Vermögen umfasst. In diesen Fällen ist für eine Verfügung die Einwilligung des anderen Ehegatten nötig (§ 1365 Abs. 1 BGB). Im Rahmen einer Teilungsversteigerung gilt diese Verfügungsbeschränkung eines Ehegatten aber bereits nur eingeschränkt (vgl. insoweit LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 19.12.2008, 5 T 339/08, Juris Rn. 12 ff.). Aber auch wenn sie anwendbar ist, so hätte sie hier einer Teilungsversteigerung nicht entgegengestanden: Zum einen kann das Familiengericht die fehlende, aber notwendige Einwilligung eines Ehegatten nach § 1365 Abs. 2 BGB ersetzen. Zwar lässt sich nicht sicher voraussagen, ob dies geschieht, da Voraussetzung hierfür ist, dass der Ehegatte keinen ausreichenden Grund für seine Weigerung hat. Aber nach der oben genannten Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Verwertbarkeit nach § 12 Abs. 1 SGB II zu fordern, dass der Miteigentümer diesen Weg beschreitet. Und zum anderen griff § 1365 Abs. 1 BGB hier gar nicht ein. Der Miteigentumsanteil war nicht das gesamte Vermögen der Klägerin und kam dem auch nicht nahe. Den Wert dieses Anteils beziffert der Senat mit EUR 11.513,64. Er geht hierbei von einem Verkehrswert von EUR 114.000,00 aus, wie ihn der Gutachterausschuss der Stadt N. - bezogen auf Januar 2012 - aus. Hiervon sind die dinglich gesicherten valutierenden Verbindlichkeiten von EUR 90.972,72 abzuziehen. Von dem danach realisierbaren Rest von EUR 23.027,28 stand der Klägerin die Hälfte zu. Hierbei geht der Senat davon aus, dass dieser Erlös auch zu realisieren war, zumindest durch freihändigen Verkauf, zu dem sich eventuell auch der Ehemann unter dem Eindruck einer bevorstehenden Versteigerung bereit erklärt hätte. Stellt man diesen Anteil der Klägerin von EUR 11.513,64 ihrem übrigen Vermögen von EUR 10.380,74 gegenüber, so zeigt sich, dass er nur etwas mehr als die Hälfte ihres Vermögens umfasste.

(2) Es bestand auch kein tatsächliches Verwertungshindernis. Insbesondere kann die Klägerin nicht einwenden, sie habe die finanziellen Möglichkeiten nicht gehabt, ihren Anteil an dem Haus zu veräußern, denn sie konnte für ein Verfahren gegen ihren Ehemann Verfahrenskostenhilfe (§ 76 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit [FamFG]) und für einen Antrag auf Teilungsversteigerung Prozesskostenhilfe (§§ 114 ff., 889 Zivilprozessordnung [ZPO]) verlangen.

(3) Eine Verwertung war auch nicht nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II offensichtlich unwirtschaftlich. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, lag der restliche Wert der Wohnung deutlich über der dinglich gesicherten Belastung, sodass davon auszugehen ist, dass selbst bei einer Teilungsversteigerung nach Abzug der Kosten und der Bedienung der Verbindlichkeiten noch ein positives Ergebnis verblieben wäre.

(4) Anders als das SG hält der Senat auch im ersten Jahr nach einer Trennung von Ehegatten die Verwertung der ehemals gemeinsamen Ehewohnung, auch gegen den Willen des anderen Ehegatten, nicht für unzumutbar im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II. Dies gilt allgemein als auch konkret im Falle der Klägerin.

(a) Allerdings ist der Staat aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG heraus verpflichtet, die Ehe zu schützen und grundsätzlich auch Bemühungen der Eheleute, eine tatsächlich oder vermeintlich gescheiterte Ehe fortzusetzen, zu unterstützen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.02.1980, 1 BvL 176/78 u.a., Juris Rn. 100 ff.).

Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine objektive verfassungsrechtliche Wertung. Eine Regelung wie eventuell hier, die auch während einer laufenden Trennungszeit eine Obliegenheit zur Verwertung der ehemaligen Ehewohnung begründet, stellt dagegen keinen Eingriff in das Grundrecht des Ehegatten aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG dar. Der Staat greift hier nicht direkt in die Ehe ein. Aber es liegt auch kein mittelbarer Grundrechtseingriff vor. Ein solcher setzt voraus, dass der Staat gezielt oder zumindest mit direktem Vorsatz Nachteile, z.B. sozialrechtlicher Art, an ein grundrechtlich geschütztes Verhalten knüpft (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urt. v. 17.03.2004, 1 BvR 1266/00, Juris Rn. 35 ff.). Eine Obliegenheit zur Verwertung einer Ehewohnung auch schon während der Trennungszeit wie hier angenommen hätte eine solche Zielrichtung nicht. Vielmehr ist es generelles Ziel des SGB II, Leistungsbezug zu verhindern. Die Versagung von Alg II in Fällen wie hier soll nicht dazu dienen, eine Versöhnung von Ehegatten zu erschweren, sondern sie entspricht allgemeingültigen Erwägungen im SGB II.

Hieraus folgt, dass der Staat - wie immer bei der Umsetzung nur objektiver verfassungsrechtlicher Wertungen - einen weiteren Spielraum hat als bei Grundrechtseingriffen. Insbesondere ist es hier weitgehend ihm überlassen, einzuschätzen, mit welchen Maßnahmen er dieses Wertung berücksichtigen will. An den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist er hier - anders als bei Grundrechtseingriffen - nicht gebunden.

(b) Ausgehend hiervon meint der Senat, dass eine Obliegenheit zur Veräußerung der Ehewohnung auch während der Trennungszeit keine besondere Härte im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Var. 2 SGB II darstellt, sondern sich noch im Rahmen jener üblichen Härten hält, die mit der Verwertung jeder früher selbst genutzten Wohnung einhergehen.

Der Senat verkennt nicht, dass der Verlust der früheren Ehewohnung faktisch Versöhnungsversuche erschweren kann. Diese Erschwernis gründet sich aber eher im emotionalen Bereich; die Aufgabe der gemeinsamen Wohnung kann als Schlussstrich aufgefasst werden, der eine Trennung besiegelt. Rechtlich und faktisch jedoch werden dadurch Versöhnungsversuche der Ehegatten, wenn diese gewollt sind, nicht unzumutbar erschwert. Die verbleibenden Erschwerungen sind im Hinblick auf die ansonsten entstehenden Ansprüche auf die - steuerfinanzierten (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG) - Leistungen nach dem SGB II nicht zu beanstanden.

Im Einzelnen gilt: Ein Zusammenleben getrennt lebender Eheleute über kürzere Zeit, das der Versöhnung dient (§ 1567 Abs. 2 BGB), muss nicht innerhalb der früheren Ehewohnung stattfinden. Gerade weil es ohnehin nur kürzere Zeit andauern darf, um hinsichtlich der Trennungsfristen unschädlich zu sein, kann es auch in einer der neuen Wohnungen der getrennt lebenden Eheleute stattfinden. Anordnungen des Familiengerichts nach § 135 Satz 1 FamFG betreffend Mediation haben mit der Ehewohnung nichts zu tun. Eine Aussetzung des Scheidungsverfahrens nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FamFG setzt nur voraus, dass Aussicht auf Fortsetzung der Ehe besteht. Damit ist nicht die Anordnung des Familiengerichts verbunden, wieder gemeinsam die frühere Ehewohnung zu beziehen. Dies ergibt sich schon daraus, dass eine solche Aussetzung auch nach Ablauf der maßgeblichen Trennungsfristen angeordnet werden kann (§ 136 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 FamFG), sodass es für § 1567 Abs. 2 BGB unerheblich wäre, ob die Eheleute danach wieder - über kürzere Zeit oder länger - zusammenziehen.

(c) Dies gilt umso mehr im konkreten Falle der Klägerin. Nach den Ausführungen unter (a) kann eine besondere Härte nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Var. 2 SGB II allenfalls im Einzelfall dann angenommen werden, wenn während der laufenden Trennungsfristen konkret die Absicht und auch eine realistische Möglichkeit besteht, durch ein - ggfs. kurzzeitiges - erneutes Zusammenleben in der früheren Wohnung eine Versöhnung zu erreichen. Solche Absichten hat die Klägerin nicht geltend gemacht; sie hat vielmehr unmittelbar nach dem hier streitigen Zeitraum Scheidungsantrag gestellt. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass ihr Ehemann zu einem solchen Versöhnungsversuch bereit war. Sein Verhalten, auch bei der Frage der Eintragung einer Grundschuld auf dem Miteigentumsanteil der Klägerin, deutet eher darauf hin, dass auch er die Ehe für endgültig gescheitert ansah.

dd) Rechnet man hiernach noch den Wert des Miteigentumsanteils von EUR 11.513,64 dem übrigen Vermögen von EUR 10.380,74 hinzu, ergeben sich EUR 21.894,38. Vermögensarmut musste danach verneint werden, Hilfebedürftigkeit bestand nicht.

6. Die Entscheidung über die Kosten beider Instanzen beruht auf § 193 SGG.

7. Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) hat unter Umständen die Frage, ob die Obliegenheit zur Verwertung einer ehemaligen Ehewohnung während der familienrechtlich vorgeschriebenen Trennungsphasen eine unzumutbare Härte nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Var. 2 SGB II hat. Auf der Antwort des Senats auf diese Frage beruht jedoch dieses Urteil nicht, nachdem die Klägerin wegen des Guthabens auf dem Sparkonto in N. auch ohne Berücksichtigung ihres Anteils an der ehemaligen Ehewohnung nicht hilfebedürftig war.
Rechtskraft
Aus
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