Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
S 12 VS 1/11
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 4 VS 11/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei § 62 Abs. 3 BVG handelt es sich um eine Bestimmung, die den Vertrauensschutz für ältere Versorgungsberechtigte in den Bestand und die Höhe ihrer Versorgung sichern soll, Vertrauen kann erst begründet sein ab dem Zeitpunkt, zu dem die Leistung gewährt wurde.
2. Vertrauen wird erst ab dem Zeitpunkt begründet, zu dem der Bescheid über die Höhe des GdS erging. Daher beginnt die 10-Jahresfrist des § 62 Abs. 3 BVG auch erst ab diesem Zeitpunkt, nicht ab dem Zeitpunkt, der in dem Bescheid als Beginn der Versorgung festgesetzt wird.
2. Vertrauen wird erst ab dem Zeitpunkt begründet, zu dem der Bescheid über die Höhe des GdS erging. Daher beginnt die 10-Jahresfrist des § 62 Abs. 3 BVG auch erst ab diesem Zeitpunkt, nicht ab dem Zeitpunkt, der in dem Bescheid als Beginn der Versorgung festgesetzt wird.
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 13.09.2012 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der im Jahr 1941 geborene Kläger leistete vom 03.01.1962 bis 30.09.1994 Wehrdienst in der Bundeswehr. Bei einem Verkehrsunfall am 05.05.1968 zog er sich
u. a. eine Contusio cerebri zu. Während eines stationären Krankenhausaufenthalts im September 1997 wurden u. a. die Diagnosen rezidivierende Synkopen unklarer Genese, Verdacht auf zerebrale Krampfanfälle, Zustand nach Verkehrsunfall mit Schädelhirntrauma gestellt.
Im Februar 1999 wurde der Kläger stationär im B krankenhaus U , Abteilung Neurologie und Psychiatrie durch Oberfeldarzt Dr. B und Oberstabsärztin E. S untersucht. Im Gutachten vom 06.12.1999 kamen die Ärzte zu dem Ergebnis, es müsse von einer behandlungsbedürftigen Epilepsie als Spätmanifestation eines posttraumatischen Anfallsleidens aufgrund des Unfallereignisses vom 05.05.1968 ausgegangen werden. Es handele sich um eine posttraumatische Oligo-Epilepsie mit Grand Mal-Anfällen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 40 v. H. einzuschätzen. Weiterbestehende Cevicocephalgien bei degenerativer HWS-Erkrankung mit Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik durch den Unfall seien mit einer MdE von 10 v. H. zu bewerten. Die Gesamt-MdE werde mit 40 v. H. eingeschätzt.
Nach versorgungsärztlicher Beteiligung erkannte die Wehrbereichsverwaltung Süd mit Bescheid vom 19.06.2000 als Wehrdienstbeschädigungsfolgen "posttraumatisches Anfallsleiden (Oligo-Epilepsie), Distorsion der Hals- und oberen Brustwirbelsäule mit zeitweisen Schmerzsymdromen vom 05.05.1968 bis 31.12.1968;
Innenohrhochdruckschwerhörigkeit beidseits" hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen i. S. d. § 81 SVG an und gewährte Versorgung nach einer MdE von 40 v. H. ab 01.11.1969.
Im Widerspruchsverfahren führten Dr. B /Stationsarzt F. G nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im Oktober 2001 in einer gutachterlichen Stellungnahme aus, aufgrund der fehlenden Vorbefunde könne nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass bereits vor dem Unfall eine erniedrigte Krampfschwelle bestanden habe. Das Vorliegen einer posttraumatischen Oligo-Epilepsie sei damit hinreichend wahrscheinlich, jedoch nicht gesichert.
Nach versorgungsärztlicher Beteiligung nahm die Wehrbereichsverwaltung Süd mit Bescheid vom 14.06.2002 den Bescheid vom 19.06.2000 gemäß § 45 SGB X insoweit zurück, als darin über die Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Folge einer Wehrdienstbeschädigung entschieden worden sei. Die Wehrdienstbeschädigung wurde nunmehr neu bezeichnet als: "stattgehabtes Schädel-Hirn-Trauma 1968; Distorsion der Hals- und oberen Brustwirbelsäule mit zeitweisen Schmerzsyndromen vom 05.05.1968 bis 31.12.1968; Innenohrhochtonschwerhörigkeit beidseits; knöchern fest verheilter Knochenriss des Grundglieds des rechten Mittelfingers" mit einer MdE unter 25 v. H ... Die Diagnose eines posttraumatischen Anfallsleidens (Oligo-Epilepsie) könne nicht als gesichert betrachtet werden und sei daher zu Unrecht erfolgt. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen.
Im hiergegen vor dem Sozialgericht Speyer durchgeführten Klageverfahren holte das Sozialgericht ein Gutachten des Dr. F , Leitender Arzt der Abteilung für Neurologie am Städtischen Klinikum N , ein. In seinem Gutachten vom 13.01.2002 kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, wahrscheinlich wesentlich durch den Verkehrsunfall vom 05.05.1968 seien eine symptomatische posttraumatische Oligo-Epilepsie und ein Spannungskopfschmerz bei Zustand nach HWS-Distorsion hervorgerufen worden. Die Gesamt-MdE sei mit 40 v.H. zu bewerten.
Mit Urteil vom 15.07.2004 (Az.: S 12 VS 7/02) verurteilte das Sozialgericht Speyer die Bundesrepublik Deutschland, in Abänderung der angefochtenen Bescheide ein "posttraumatisches Anfallsleiden (Oligo-Epilspie)" als Wehrdienstbeschädigungsfolge anzuerkennen und Ausgleich nach § 85 SVG nach einer MdE von 40 v.H. zu gewähren. Das Urteil wurde rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 30.11.2005 erkannte das Amt für soziale Angelegenheiten nach Ausscheiden des Klägers aus dem Wehrdienst die zuvor vom Wehrbereichsgebührnisamt anerkannten Wehrdienstbeschädigungsfolgen an und gewährte Versorgung nach einer MdE von 40 v.H. Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser die Anerkennung von Wirbelsäulenbeschwerden, Spannungskopfschmerz bzw. Migräne als weitere Wehrdienstbeschädigungsfolgen geltend gemacht hatte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2007 bindend zurück.
Im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens teilte der Allgemeinmediziner Dr. J im April 2009 im Befundbericht mit, beim Kläger seien in den letzten Jahren keine sicheren typischen epileptischen Anfälle nachgewiesen worden. Allerdings würden mehrmals im Jahr synkopenähnliche Zustände auftreten, während derer der Kläger sich nicht mehr selbst kontrollieren könne, zu Boden falle und sich Prellungen zuziehe. Einnässen und Zungenbiss erfolgten nicht. Eine antikonvulsive Behandlung sei in den letzten Jahren nicht erfolgt. Zudem legte Dr. J verschiedene weitere Befundunterlagen vor, u. a. den Bericht der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums des Saarlandes vom April 2008 und der Medizinischen Klinik II des W -Klinikums K , wo u. a. ein MRT des Schädels durchgeführt worden war, das einen altersentsprechenden Normalbefund ergeben hatte.
Die Sozialmedizinerin W wertete die Unterlagen aus und führte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme aus, epileptische Anfälle seien bis heute nicht nachgewiesen, eine antieleptische Medikation werde nicht durchgeführt. Zahlreiche neurologische Abklärungen hätten keine eindeutige Ursache hinsichtlich der vom Kläger angegeben zahlreichen synkopalen Ereignisse ergeben. Ein epileptisches Anfallsleiden sei mithin nicht nachgewiesen. Daher sei von einer wesentlichen Besserung der bisher anerkannten Schädigungsfolge Anfallsleiden auszugehen, das jetzt nicht mehr vorliege. Der dafür zugestandene GdS von 40 könne nicht mehr aufrechterhalten werden.
Nach Anhörung legte der Kläger ein Attest des Dr. J vom 08.10.2009 vor, der insgesamt neun Unfälle bzw. Stürze in der Zeit seit dem Unfall vom Jahr 1968
beschrieb.
Mit Bescheid vom 22.02.2010 änderte das Amt für soziale Angelegenheiten den Bescheid vom 30.11.2005 ab und erkannte mit einer MdE von unter 25 v.H. ab 01.04.2010 als Wehrdienstbeschädigungsfolgen an:
1. Innenohrhochtonschwerhörigkeit beidseits,
2. knöchern fest verheilter Knochenriss des Grundglieds des rechten Mittelfingers.
Zur Begründung wurde ausgeführt, nach den beigezogenen Befundunterlagen sei die bisher anerkannte Wehrdienstbeschädigungsfolge posttraumatisches Anfallsleiden (Oligo-Epilepsie) als abgeklungen zu werten. Hirnschäden hätten in den durchgeführten CT- und MRT-Untersuchungen nicht nachgewiesen werden können. In den letzten drei Jahren sei es zu keinen epileptischen Anfällen gekommen, es sei auch keine antiepileptische Medikation durchgeführt worden. Die nach dem Anerkennungsbescheid vom 30.11.2005 erlittenen Stürze seien auf die schicksalshaft aufgetretenen Gesundheitsstörungen im Rahmen der Diagnosen einer Myasthenie, eines hypogenetisch-regiden Syndroms sowie eines beginnenden Parkinson-Syndroms zurückzuführen.
Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger darauf, dass selbst falls die von ihm erlittenen Stürze nicht Folgen einer Oligo-Epilepsie seien, seien sie entweder als Koordinations- oder Gleichgewichtsstörungen oder Hirnschäden mit geringer Leistungsbeeinträchtigung anzuerkennen. Zumindest sei die MdE wegen eines zuvor unstrittig nachgewiesenen Hirnschadens mit weiterhin 20 v. H. einzuschätzen. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme führte Dr. L hierzu aus, eine Epilepsie sei nicht nachzuweisen. Es lägen zwar noch synkopenähnliche Zustände vor, die aber keine epileptischen Anfälle mehr darstellten. Daher sei eine wesentliche Besserung eingetreten. Allerdings sei weiterhin eine Hirnschädigung anzuerkennen.
Mit Teilabhilfebescheid vom 22.09.2010 erkannte das Amt für soziale Angelegenheiten als weitere Wehrdienstbeschädigungsfolge "stattgehabtes Schädel-Hirn-Trauma 1968" an. Dennoch verbleibe es bei einem Grad der Schädigungsfolge (GdS) von weniger als 25 v. H. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte nach versorgungsärztlicher Beteiligung des Dr. B mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2011 zurück.
Im vor dem Sozialgericht Speyer durchgeführten Klageverfahren hat der Kläger ein weiteres Attest des Dr. J vom 14.03.2011 vorgelegt, der eine Vielzahl von datumsmäßig belegten Stürzen des Klägers aufgeführt und ausgeführt hat, die Unfälle seien stets mit kurzzeitigem Verlust der motorischen Kontrolle verbunden gewesen. Die Genese der Stürze sei unklar, es bestehe allerdings der dringende Verdacht auf eine cerebrale Ursache.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-epileptologischen Gutachtens des Prof. Dr. E , Direktor der Klinik für Epileptologie, Universität B , und eines kardiologischen Zusatzgutachtens des Prof.
Dr. N , Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II, Universität B.
Prof. Dr. N hat den Kläger im Januar 2012 untersucht und ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, die vom Kläger angegebenen Stürze könnten prinzipiell als Folge von Synkopen interpretiert werden. Anhand der durchgeführten Diagnostik beständen keine Hinweise für einen hypersensiblen Karotissinus, eine autonome Dysfunktion, eine Fehlmedikation, höhergradige Rhythmusstörungen oder eine strukturelle Herzerkrankung. Eine kardiologische Ursache der Stürze
erscheine sehr unwahrscheinlich.
Prof. Dr. E ist nach einer stationären Untersuchung des Klägers im Januar 2012 im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, die vom Kläger erlittenen Stürze ohne Bewusstseinsverlust seien keine epileptischen Anfälle. Elektrophysiologisch zeigten sich in der Langzeit-Video-Doppelbildableitung kein Anfallsereignis sowie kein Herdbefund, kein Seitenbefund und keine epilepsietypischen Potenziale. Zuckungen des rechten Mundwinkels des Klägers könnten grundsätzlich Ausdruck einer primärgeneralisierten Epilepsie sein. Aufgrund der elektrophysiologischen Ableitung lasse sich diese jedoch nicht bestätigen. In der stationären Beobachtung des Klägers habe das Vorliegen einer aktiven Epilepsie nicht wahrscheinlich gemacht werden können. Ereignisse, für die eine epileptische Ursache im Vorgutachten anerkannt worden sei, lägen seit 2002 nicht mehr vor. Da seit zehn Jahren keine Ereignisse mehr aufgetreten seien, welche zuvor als epileptisch eingestuft worden seien, sei nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen eine Epilepsie als ausgeheilt anzusehen, so dass ein GdS entfalle. Das Vorliegen einer Epilepsie sei auszuschließen.
Zu diskutieren seien tonische Anfallereignisse, die mit einem Sturz einhergehen würden. Nach Angaben des Klägers komme es jedoch seitenwechselnd zu einem Festkleben der Füße, so dass tonische Anfälle nahezu auszuschließen seien.
Ein vom Kläger beschriebenes kurzes Einschlafen des linken Beines bei längerem Sitzen stelle physiologische Ereignisse dar, die nicht in einem Zusammenhang mit dem Unfall ständen. Zuckungen der Beine oder Einschlafen seien vaskulären Störungen zuzuschreiben, für die ein Zusammenhang mit dem Schädelhirntrauma vom Jahr 1968 nicht herstellbar sei.
Mit Urteil vom 13.09.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht mit den angefochtenen Bescheiden die bisher als Wehrdienstbeschädigungsfolge anerkannte Epilepsie aberkannt und die auf dieser Grundlage bisher gewährte Versorgungsrente entzogen. Jedenfalls sei im Vergleich zu den Verhältnissen, die den Bescheiden vom 30.11.2005/19.01.2007 zu Grunde gelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten, durch die der GdS nunmehr nur noch mit weniger als 25 v. H. einzuschätzen sei. Nach dem eingeholten Gutachten gelte das posttraumatische Anfallsleiden nach jedenfalls drei Jahren Anfallsfreiheit und ohne antikonvulsive Medikation als ausgeheilt, so dass ein GdS entfalle. Die Funktionsbeeinträchtigung sei daher mittlerweile abgeklungen und bedinge keinen GdS mehr. Die weiteren Wehrdienstbeschädigungsfolgen rechtfertigen ebenfalls keinen messbaren GdS. Die im Teilabhilfebescheid weiterhin anerkannte Wehrdienstbeschädigungsfolge "stattgehabtes Schädel-Hirn-Trauma 1968" mit einem GdS 20 sei nicht höher zu bewerten. Nach dem Gutachten des Dr. F vom 13.01.2002 sei nur der Spannungskopfschmerz nach HWS-Distorsion und die posttraumatische Oligo-Epilepsie als Wehrdienstbeschädigungsfolge anzuerkennen gewesen, während Hirnschäden mit zentralen vegetativen Störungen im Sinne synkopaler Anfälle oder Gleichgewichtsstörungen nicht erwähnt worden seien. Die Annahme von Prof. Dr. N , bei den Stürzen könne es sich prinzipiell um die Folgen von Synkopen handeln, und zwar infolge von transienten globalen zerebralen Hypoperfusionen, verlasse den kardiologischen Zuständigkeitsbereich und begebe sich in denjenigen der Neurologie/Psychiatrie. Dr. F und der fachärztliche Sachverständigen Prof. Dr. E hätten aber einen derartigen Zusammenhang mit dem wehrdienstlichen Verkehrsunfall und den dabei erlittenen Verletzungen nicht festgestellt. Ausweislich der Gutachten spreche jedenfalls nicht mehr dafür als dagegen und müsse daher unwahrscheinlich bleiben, dass die paroxysmalen Ereignisse bzw. Stürze wesentlich teilursächlich durch den Unfall und die dabei erlittenen Verletzungen herbeigeführt worden seien. Dass die genauen Ursachen der Synkopen, die der Kläger nach eigenen Angaben erst in der Zeit nach dem Unfall erlitten habe, nicht festzustellen seien, könne den erforderlichen Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit des wehrdienstlichen Ursachenzusammenhangs nicht begründen.
Am 04.12.2012 hat der Kläger gegen das ihm am 05.11.2012 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor,
die Oligo-Epilepsie sei nicht ausgeheilt. Er habe in den Jahren 2002 bis 2012 regelmäßig Anfallsereignisse erlitten, wegen derer Primärfolgen (Sturzverletzung) er sich in ärztlicher Behandlung begeben habe. Inzwischen sei aufgrund einer probatorischen epileptischen Therapie mit Gabapentin eine Stabilisierung der
Beschwerden eingetreten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 13.09.2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.02.2010 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22.09.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor,
die Epilepsie des Klägers sei als ausgeheilt zu betrachten. Die vom Kläger geklagten synkopalen Ereignisse seien nicht auf das schädigungsbedingte Schädel-Hirntrauma zurückzuführen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Internisten und Kardiologen Dr. R und des Dr. J , der umfangreiche weitere Befundunterlagen vorgelegt hat, einer ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. E vom 26.10.2013 und eines Gutachtens des Priv.-Doz. Dr. V , Klinik für Neurologie der Universität M.
Prof. Dr. E ist in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis gelangt, den in der Universitätsklinik B H angestellten differenzialdiagnostischen Überlegungen einer atonischen Epilepsie könne nicht gefolgt werden. Die Kriterien zur diagnostischen Einstufung von solchen Anfällen lägen beim Kläger nicht vor. Voraussetzung dafür wären generalisierte Anfälle mit plötzlichem Verlust oder Minderung der Haltungskontrolle, Absinken des Kopfes, des Unterkiefers, Einknicken der Rumpfmuskulatur und der Beine bis zum Zusammensacken. Hinweise hierfür beständen beim Kläger nicht. Die verordnete Dosis von 300 mg Gabapentin sei nach Datenlage und klinischer Erfahrung nicht
antikonvulsiv wirksam, so dass das Ausbleiben von Ereignissen daher nicht als indirekter Beweis der epileptischen Natur der Ereignisse zu werten sei. Unter Be-rücksichtigung der Zusatzbefunde könne das Vorliegen einer Epilepsie beim Kläger weiterhin nicht wahrscheinlich gemacht werden.
Priv.-Doz. Dr. V hat den Kläger im April 2014 untersucht und ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, es sei schon völlig unklar, ob im Jahr 1967 tatsächlich und wie lange eine Bewusstlosigkeit bestanden habe. Es sei nicht genau beschrieben, was damals genau beobachtet worden sei. Auch der damals erstellte Befund der Universitätsklinik H vom 01.07.1968 weise keinen eindeutig pathologischen Befund aus. In keinem der nachfolgenden Arztberichte sei je ein klares Ereignis einer Synkope oder eines epileptischen Anfalls beobachtet worden. Die EEG-Befunde seien durchweg inkonsistent und zeigten Veränderungen mal rechts, mal links, in den meisten Fällen jedoch einen Normalbefund. MRT-Befunde zeigten ebenfalls einen regelrechten Befund.
Ein Primärschaden im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität sei letztlich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht nachgewiesen. Auch die Bewertung der haftungsausfüllenden Kausalität sei aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar. Die enzephalographischen Ableitungen zeigten keinen Hinweis auf eine zu Grunde liegende läsionsbedingte Epilepsie. Die Diagnose einer lokalen Epilepsie, unabhängig von einer irgendwie gearteten Genese, könne nach der gutachterlichen Untersuchung der Epileptologie der Universitätsklinik B als ausgeschlossen betrachtet werden. Die Wahrscheinlichkeit einer sog. atonischen paroximalen Epilepsie werde als sehr unwahrscheinlich angesehen, da es sich um eine Rarität handele. Darüber hinaus sei auch diese Form als generalisiert bzw. genuin einzuordnen und nicht durch ein Schädel-Hirn-Trauma bedingt. Auch für die Anerkennung eines Schlaf-Apnoe-Syndroms bzw. einer Migräne gebe es keine Grundlage. Die Diagnose eines posttraumatischen Anfallsleidens könne daher aus heutiger Sicht nicht aufrechterhalten werden bzw. liege ein solches Leiden derzeit nicht vor.
Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten sowie der
Archivakte des Sozialgerichts Speyer und der Prozessakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, wie das Sozialgericht und der Beklagte zu Recht entschieden haben.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung – dabei handelt es sich bei der Feststellung der Wehrdienstbeschädigungsfolge und der Höhe des GdS sowie der Gewährung einer Rente – vorgelegen haben, eine we-sentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Gemäß § 80 Satz 1 SVG erhalten Soldaten, die eine Wehrdienstbeschädigung erlitten haben, nach Beendigung ihrer Dienstzeit Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Nach § 81 Abs. 1 SVG ist eine Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Als Grundlage für die Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte dienten der Praxis die vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, SozR 4-3800, § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) erlassen. Nach ihrem § 1 regelt diese unter anderem die Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung ihres Schweregrades im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG. Nach § 2 VersMedV sind die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" festgelegt. Die in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.).
Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob in dem Bescheid vom 30.11.2005 und den zuvor erteilten Bescheiden der Wehrbereichsverwaltung zu Recht eine Oligo-Epilepsie des Klägers als Wehrdienstbeschädigungsfolge anerkannt wurde, woran nach den vom Senat eingeholten Gutachten des Priv.-Doz. V vom 19.07.2012 und dem Gutachten des Prof. Dr. E zu zweifeln sein mag. Denn diese Anerkennung ist bindend und vom Beklagten auch nicht mit einem Bescheid nach § 45 SGB X bestandskräftig aufgehoben worden.
Allerdings ist, wovon das Sozialgericht und der Beklagte zu Recht ausgegangen sind, seit der letzten verbindlichen Verwaltungsentscheidung (30.11.2005) in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine wesentliche Besserung dadurch eingetreten, dass das ursprünglich anerkannte Anfallsereignis nicht mehr mit einer MdE bzw. einem GdS von 40 zu bewerten ist, worauf Prof. Dr. E zutreffend hingewiesen hat.
Denn nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen gilt jedenfalls nach drei Jahren Anfallsfreiheit und ohne antikonvulsive Medikation ein posttraumatisches Anfallsleiden als ausgeheilt (Versorgungsmedizinische Grundsätze Teil B Nr. 3.1.2). Wie sich zur Überzeugung des Senats aus den Gutachten von Prof. Dr. E und Priv.-Doz. Dr. V ergibt, stellen die vom Kläger erlittenen Stürze, von denen der Senat zu Gunsten des Klägers ausgeht, keine Folgen einer Epilepsie dar. Vielmehr ist nach den Feststellungen des Sachverständigen PD Dr. V anhand der aktuellen Befunde die Diagnose einer fokalen Epilepsie, unabhängig von einer irgendwie gearteten Genese, auch nach der gutachterlichen Untersuchung in der Epileptologie der Uniklinik B als ausgeschlossen anzusehen. Diese haben die Sachverständigen überzeugend und leitlinienkonform einerseits durch ein unauffälliges EEG auch unter Provokationsbedingungen, einer Langzeit EEG Ableitung begründet, in der sich vom Kläger als "epileptisch gedeuteten Zuckungen am Mund" keinerlei Korrelate fanden, obwohl die motorischen Hirnareale sehr gut im Aufnahmebereich der Elektroden lagen. Zum anderen wurde die Anfallssemiologie bewertet, d.h. man versuchte die beschriebenen Auffälligkeiten einem bestimmten definierten Anfallstyp zuzuordnen, wobei sich letztlich aber kein typisches Syndrom ergab. Die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer sogenannten "atonischen paroxysmalen Epilepsie" wird zum einen als sehr unwahrscheinlich angesehen, da es sich um eine Rarität handele. Darüber hinaus wäre nach den Fest-stellungen der Sachverständigen auch diese Form als generalisiert bzw. genuin einzuordnen und nicht durch ein Schädel-Hirn-Trauma bedingt. Befunde, die eine weiter bestehende Oligo-Epilepsie belegen würden, liegen damit nicht vor.
Ein Zusammenhang der vom Kläger anamnestisch geschilderten Stürze mit dem Unfallereignis aus dem Jahr 1968 wird auch im Entlassungsbericht des Universitätsklinikums des S vom 21.08.2012 nicht beschrieben. Vielmehr ist dort ausgeführt, ein solcher Zusammenhang sei weder auszuschließen, noch zu bestätigen. Zwar wird bei dem Kläger seit der stationären Untersuchung im Universitätsklinikums des S vom 20.08.2012 bis 28.08.2012 eine antikonvulsive Therapie mit Gabapentin durchgeführt, an deren Wirksamkeit freilich nach dem Gutachten des Priv.-Doz. V gezweifelt werden kann, so dass auf eine Wirksamkeit der Medikation und daraus auf ein Bestehen der behandelten Krankheit nicht zu schließen ist.
Eine Herabsetzung des GdS ist im vorliegenden Fall auch nicht durch § 62 Abs. 3 BVG ausgeschlossen. § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG schließt nach seinem Wortlaut einen Eingriff in bestandskräftig geschützte Rechte in den Fällen aus, in denen wegen einer Besserung des Gesundheitszustandes die anerkannte MdE/der anerkannte GdS an sich herabzusetzen wäre. "Festgestellt" i.S.d. § 62 Abs. 3 BVG wurde der GdS des Klägers durch den Bescheid vom 19.06.2010, wenn auch mit Rückwirkung bis ins Jahr 1969. Hierbei stellt der Senat mit der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06. Juli 2006 – B 9a V 4/05 R –, SozR 4-3100 § 62 Nr. 1) auf den Zeitpunkt ab, zu dem der Bescheid über die Höhe des GdS erging. Denn da es sich bei der Vorschrift des § 62 Abs. 3 BVG um eine Bestimmung handelt, die den Vertrauensschutz für ältere Versorgungsberechtigte in den Bestand und die Höhe ihrer Versorgung sichern soll, kann Vertrauen erst begründet sein ab dem Zeitpunkt, zu dem die Leistung gewährt wurde, hier also erst ab 19.06.2000. Soweit älteren Urteilen des BSG (Urteil vom 25. Juni 1963, Az.: 11 RV 100/63) etwas anderes entnommen werden kann, folgt der Senat dem daher nicht. Zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheids vom 22.02.2010 war der 10-Jahreszeitraum des § 62 Abs. 3 BVG noch nicht abgelaufen, so dass diese Bestimmung der Neufeststellung nicht im Wege stand.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der im Jahr 1941 geborene Kläger leistete vom 03.01.1962 bis 30.09.1994 Wehrdienst in der Bundeswehr. Bei einem Verkehrsunfall am 05.05.1968 zog er sich
u. a. eine Contusio cerebri zu. Während eines stationären Krankenhausaufenthalts im September 1997 wurden u. a. die Diagnosen rezidivierende Synkopen unklarer Genese, Verdacht auf zerebrale Krampfanfälle, Zustand nach Verkehrsunfall mit Schädelhirntrauma gestellt.
Im Februar 1999 wurde der Kläger stationär im B krankenhaus U , Abteilung Neurologie und Psychiatrie durch Oberfeldarzt Dr. B und Oberstabsärztin E. S untersucht. Im Gutachten vom 06.12.1999 kamen die Ärzte zu dem Ergebnis, es müsse von einer behandlungsbedürftigen Epilepsie als Spätmanifestation eines posttraumatischen Anfallsleidens aufgrund des Unfallereignisses vom 05.05.1968 ausgegangen werden. Es handele sich um eine posttraumatische Oligo-Epilepsie mit Grand Mal-Anfällen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 40 v. H. einzuschätzen. Weiterbestehende Cevicocephalgien bei degenerativer HWS-Erkrankung mit Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik durch den Unfall seien mit einer MdE von 10 v. H. zu bewerten. Die Gesamt-MdE werde mit 40 v. H. eingeschätzt.
Nach versorgungsärztlicher Beteiligung erkannte die Wehrbereichsverwaltung Süd mit Bescheid vom 19.06.2000 als Wehrdienstbeschädigungsfolgen "posttraumatisches Anfallsleiden (Oligo-Epilepsie), Distorsion der Hals- und oberen Brustwirbelsäule mit zeitweisen Schmerzsymdromen vom 05.05.1968 bis 31.12.1968;
Innenohrhochdruckschwerhörigkeit beidseits" hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen i. S. d. § 81 SVG an und gewährte Versorgung nach einer MdE von 40 v. H. ab 01.11.1969.
Im Widerspruchsverfahren führten Dr. B /Stationsarzt F. G nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im Oktober 2001 in einer gutachterlichen Stellungnahme aus, aufgrund der fehlenden Vorbefunde könne nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass bereits vor dem Unfall eine erniedrigte Krampfschwelle bestanden habe. Das Vorliegen einer posttraumatischen Oligo-Epilepsie sei damit hinreichend wahrscheinlich, jedoch nicht gesichert.
Nach versorgungsärztlicher Beteiligung nahm die Wehrbereichsverwaltung Süd mit Bescheid vom 14.06.2002 den Bescheid vom 19.06.2000 gemäß § 45 SGB X insoweit zurück, als darin über die Anerkennung von Gesundheitsstörungen als Folge einer Wehrdienstbeschädigung entschieden worden sei. Die Wehrdienstbeschädigung wurde nunmehr neu bezeichnet als: "stattgehabtes Schädel-Hirn-Trauma 1968; Distorsion der Hals- und oberen Brustwirbelsäule mit zeitweisen Schmerzsyndromen vom 05.05.1968 bis 31.12.1968; Innenohrhochtonschwerhörigkeit beidseits; knöchern fest verheilter Knochenriss des Grundglieds des rechten Mittelfingers" mit einer MdE unter 25 v. H ... Die Diagnose eines posttraumatischen Anfallsleidens (Oligo-Epilepsie) könne nicht als gesichert betrachtet werden und sei daher zu Unrecht erfolgt. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen.
Im hiergegen vor dem Sozialgericht Speyer durchgeführten Klageverfahren holte das Sozialgericht ein Gutachten des Dr. F , Leitender Arzt der Abteilung für Neurologie am Städtischen Klinikum N , ein. In seinem Gutachten vom 13.01.2002 kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, wahrscheinlich wesentlich durch den Verkehrsunfall vom 05.05.1968 seien eine symptomatische posttraumatische Oligo-Epilepsie und ein Spannungskopfschmerz bei Zustand nach HWS-Distorsion hervorgerufen worden. Die Gesamt-MdE sei mit 40 v.H. zu bewerten.
Mit Urteil vom 15.07.2004 (Az.: S 12 VS 7/02) verurteilte das Sozialgericht Speyer die Bundesrepublik Deutschland, in Abänderung der angefochtenen Bescheide ein "posttraumatisches Anfallsleiden (Oligo-Epilspie)" als Wehrdienstbeschädigungsfolge anzuerkennen und Ausgleich nach § 85 SVG nach einer MdE von 40 v.H. zu gewähren. Das Urteil wurde rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 30.11.2005 erkannte das Amt für soziale Angelegenheiten nach Ausscheiden des Klägers aus dem Wehrdienst die zuvor vom Wehrbereichsgebührnisamt anerkannten Wehrdienstbeschädigungsfolgen an und gewährte Versorgung nach einer MdE von 40 v.H. Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser die Anerkennung von Wirbelsäulenbeschwerden, Spannungskopfschmerz bzw. Migräne als weitere Wehrdienstbeschädigungsfolgen geltend gemacht hatte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2007 bindend zurück.
Im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens teilte der Allgemeinmediziner Dr. J im April 2009 im Befundbericht mit, beim Kläger seien in den letzten Jahren keine sicheren typischen epileptischen Anfälle nachgewiesen worden. Allerdings würden mehrmals im Jahr synkopenähnliche Zustände auftreten, während derer der Kläger sich nicht mehr selbst kontrollieren könne, zu Boden falle und sich Prellungen zuziehe. Einnässen und Zungenbiss erfolgten nicht. Eine antikonvulsive Behandlung sei in den letzten Jahren nicht erfolgt. Zudem legte Dr. J verschiedene weitere Befundunterlagen vor, u. a. den Bericht der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums des Saarlandes vom April 2008 und der Medizinischen Klinik II des W -Klinikums K , wo u. a. ein MRT des Schädels durchgeführt worden war, das einen altersentsprechenden Normalbefund ergeben hatte.
Die Sozialmedizinerin W wertete die Unterlagen aus und führte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme aus, epileptische Anfälle seien bis heute nicht nachgewiesen, eine antieleptische Medikation werde nicht durchgeführt. Zahlreiche neurologische Abklärungen hätten keine eindeutige Ursache hinsichtlich der vom Kläger angegeben zahlreichen synkopalen Ereignisse ergeben. Ein epileptisches Anfallsleiden sei mithin nicht nachgewiesen. Daher sei von einer wesentlichen Besserung der bisher anerkannten Schädigungsfolge Anfallsleiden auszugehen, das jetzt nicht mehr vorliege. Der dafür zugestandene GdS von 40 könne nicht mehr aufrechterhalten werden.
Nach Anhörung legte der Kläger ein Attest des Dr. J vom 08.10.2009 vor, der insgesamt neun Unfälle bzw. Stürze in der Zeit seit dem Unfall vom Jahr 1968
beschrieb.
Mit Bescheid vom 22.02.2010 änderte das Amt für soziale Angelegenheiten den Bescheid vom 30.11.2005 ab und erkannte mit einer MdE von unter 25 v.H. ab 01.04.2010 als Wehrdienstbeschädigungsfolgen an:
1. Innenohrhochtonschwerhörigkeit beidseits,
2. knöchern fest verheilter Knochenriss des Grundglieds des rechten Mittelfingers.
Zur Begründung wurde ausgeführt, nach den beigezogenen Befundunterlagen sei die bisher anerkannte Wehrdienstbeschädigungsfolge posttraumatisches Anfallsleiden (Oligo-Epilepsie) als abgeklungen zu werten. Hirnschäden hätten in den durchgeführten CT- und MRT-Untersuchungen nicht nachgewiesen werden können. In den letzten drei Jahren sei es zu keinen epileptischen Anfällen gekommen, es sei auch keine antiepileptische Medikation durchgeführt worden. Die nach dem Anerkennungsbescheid vom 30.11.2005 erlittenen Stürze seien auf die schicksalshaft aufgetretenen Gesundheitsstörungen im Rahmen der Diagnosen einer Myasthenie, eines hypogenetisch-regiden Syndroms sowie eines beginnenden Parkinson-Syndroms zurückzuführen.
Im Widerspruchsverfahren verwies der Kläger darauf, dass selbst falls die von ihm erlittenen Stürze nicht Folgen einer Oligo-Epilepsie seien, seien sie entweder als Koordinations- oder Gleichgewichtsstörungen oder Hirnschäden mit geringer Leistungsbeeinträchtigung anzuerkennen. Zumindest sei die MdE wegen eines zuvor unstrittig nachgewiesenen Hirnschadens mit weiterhin 20 v. H. einzuschätzen. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme führte Dr. L hierzu aus, eine Epilepsie sei nicht nachzuweisen. Es lägen zwar noch synkopenähnliche Zustände vor, die aber keine epileptischen Anfälle mehr darstellten. Daher sei eine wesentliche Besserung eingetreten. Allerdings sei weiterhin eine Hirnschädigung anzuerkennen.
Mit Teilabhilfebescheid vom 22.09.2010 erkannte das Amt für soziale Angelegenheiten als weitere Wehrdienstbeschädigungsfolge "stattgehabtes Schädel-Hirn-Trauma 1968" an. Dennoch verbleibe es bei einem Grad der Schädigungsfolge (GdS) von weniger als 25 v. H. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte nach versorgungsärztlicher Beteiligung des Dr. B mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2011 zurück.
Im vor dem Sozialgericht Speyer durchgeführten Klageverfahren hat der Kläger ein weiteres Attest des Dr. J vom 14.03.2011 vorgelegt, der eine Vielzahl von datumsmäßig belegten Stürzen des Klägers aufgeführt und ausgeführt hat, die Unfälle seien stets mit kurzzeitigem Verlust der motorischen Kontrolle verbunden gewesen. Die Genese der Stürze sei unklar, es bestehe allerdings der dringende Verdacht auf eine cerebrale Ursache.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-epileptologischen Gutachtens des Prof. Dr. E , Direktor der Klinik für Epileptologie, Universität B , und eines kardiologischen Zusatzgutachtens des Prof.
Dr. N , Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II, Universität B.
Prof. Dr. N hat den Kläger im Januar 2012 untersucht und ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, die vom Kläger angegebenen Stürze könnten prinzipiell als Folge von Synkopen interpretiert werden. Anhand der durchgeführten Diagnostik beständen keine Hinweise für einen hypersensiblen Karotissinus, eine autonome Dysfunktion, eine Fehlmedikation, höhergradige Rhythmusstörungen oder eine strukturelle Herzerkrankung. Eine kardiologische Ursache der Stürze
erscheine sehr unwahrscheinlich.
Prof. Dr. E ist nach einer stationären Untersuchung des Klägers im Januar 2012 im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, die vom Kläger erlittenen Stürze ohne Bewusstseinsverlust seien keine epileptischen Anfälle. Elektrophysiologisch zeigten sich in der Langzeit-Video-Doppelbildableitung kein Anfallsereignis sowie kein Herdbefund, kein Seitenbefund und keine epilepsietypischen Potenziale. Zuckungen des rechten Mundwinkels des Klägers könnten grundsätzlich Ausdruck einer primärgeneralisierten Epilepsie sein. Aufgrund der elektrophysiologischen Ableitung lasse sich diese jedoch nicht bestätigen. In der stationären Beobachtung des Klägers habe das Vorliegen einer aktiven Epilepsie nicht wahrscheinlich gemacht werden können. Ereignisse, für die eine epileptische Ursache im Vorgutachten anerkannt worden sei, lägen seit 2002 nicht mehr vor. Da seit zehn Jahren keine Ereignisse mehr aufgetreten seien, welche zuvor als epileptisch eingestuft worden seien, sei nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen eine Epilepsie als ausgeheilt anzusehen, so dass ein GdS entfalle. Das Vorliegen einer Epilepsie sei auszuschließen.
Zu diskutieren seien tonische Anfallereignisse, die mit einem Sturz einhergehen würden. Nach Angaben des Klägers komme es jedoch seitenwechselnd zu einem Festkleben der Füße, so dass tonische Anfälle nahezu auszuschließen seien.
Ein vom Kläger beschriebenes kurzes Einschlafen des linken Beines bei längerem Sitzen stelle physiologische Ereignisse dar, die nicht in einem Zusammenhang mit dem Unfall ständen. Zuckungen der Beine oder Einschlafen seien vaskulären Störungen zuzuschreiben, für die ein Zusammenhang mit dem Schädelhirntrauma vom Jahr 1968 nicht herstellbar sei.
Mit Urteil vom 13.09.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht mit den angefochtenen Bescheiden die bisher als Wehrdienstbeschädigungsfolge anerkannte Epilepsie aberkannt und die auf dieser Grundlage bisher gewährte Versorgungsrente entzogen. Jedenfalls sei im Vergleich zu den Verhältnissen, die den Bescheiden vom 30.11.2005/19.01.2007 zu Grunde gelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten, durch die der GdS nunmehr nur noch mit weniger als 25 v. H. einzuschätzen sei. Nach dem eingeholten Gutachten gelte das posttraumatische Anfallsleiden nach jedenfalls drei Jahren Anfallsfreiheit und ohne antikonvulsive Medikation als ausgeheilt, so dass ein GdS entfalle. Die Funktionsbeeinträchtigung sei daher mittlerweile abgeklungen und bedinge keinen GdS mehr. Die weiteren Wehrdienstbeschädigungsfolgen rechtfertigen ebenfalls keinen messbaren GdS. Die im Teilabhilfebescheid weiterhin anerkannte Wehrdienstbeschädigungsfolge "stattgehabtes Schädel-Hirn-Trauma 1968" mit einem GdS 20 sei nicht höher zu bewerten. Nach dem Gutachten des Dr. F vom 13.01.2002 sei nur der Spannungskopfschmerz nach HWS-Distorsion und die posttraumatische Oligo-Epilepsie als Wehrdienstbeschädigungsfolge anzuerkennen gewesen, während Hirnschäden mit zentralen vegetativen Störungen im Sinne synkopaler Anfälle oder Gleichgewichtsstörungen nicht erwähnt worden seien. Die Annahme von Prof. Dr. N , bei den Stürzen könne es sich prinzipiell um die Folgen von Synkopen handeln, und zwar infolge von transienten globalen zerebralen Hypoperfusionen, verlasse den kardiologischen Zuständigkeitsbereich und begebe sich in denjenigen der Neurologie/Psychiatrie. Dr. F und der fachärztliche Sachverständigen Prof. Dr. E hätten aber einen derartigen Zusammenhang mit dem wehrdienstlichen Verkehrsunfall und den dabei erlittenen Verletzungen nicht festgestellt. Ausweislich der Gutachten spreche jedenfalls nicht mehr dafür als dagegen und müsse daher unwahrscheinlich bleiben, dass die paroxysmalen Ereignisse bzw. Stürze wesentlich teilursächlich durch den Unfall und die dabei erlittenen Verletzungen herbeigeführt worden seien. Dass die genauen Ursachen der Synkopen, die der Kläger nach eigenen Angaben erst in der Zeit nach dem Unfall erlitten habe, nicht festzustellen seien, könne den erforderlichen Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit des wehrdienstlichen Ursachenzusammenhangs nicht begründen.
Am 04.12.2012 hat der Kläger gegen das ihm am 05.11.2012 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor,
die Oligo-Epilepsie sei nicht ausgeheilt. Er habe in den Jahren 2002 bis 2012 regelmäßig Anfallsereignisse erlitten, wegen derer Primärfolgen (Sturzverletzung) er sich in ärztlicher Behandlung begeben habe. Inzwischen sei aufgrund einer probatorischen epileptischen Therapie mit Gabapentin eine Stabilisierung der
Beschwerden eingetreten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 13.09.2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.02.2010 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22.09.2010 und des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte trägt vor,
die Epilepsie des Klägers sei als ausgeheilt zu betrachten. Die vom Kläger geklagten synkopalen Ereignisse seien nicht auf das schädigungsbedingte Schädel-Hirntrauma zurückzuführen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Internisten und Kardiologen Dr. R und des Dr. J , der umfangreiche weitere Befundunterlagen vorgelegt hat, einer ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. E vom 26.10.2013 und eines Gutachtens des Priv.-Doz. Dr. V , Klinik für Neurologie der Universität M.
Prof. Dr. E ist in seiner Stellungnahme zu dem Ergebnis gelangt, den in der Universitätsklinik B H angestellten differenzialdiagnostischen Überlegungen einer atonischen Epilepsie könne nicht gefolgt werden. Die Kriterien zur diagnostischen Einstufung von solchen Anfällen lägen beim Kläger nicht vor. Voraussetzung dafür wären generalisierte Anfälle mit plötzlichem Verlust oder Minderung der Haltungskontrolle, Absinken des Kopfes, des Unterkiefers, Einknicken der Rumpfmuskulatur und der Beine bis zum Zusammensacken. Hinweise hierfür beständen beim Kläger nicht. Die verordnete Dosis von 300 mg Gabapentin sei nach Datenlage und klinischer Erfahrung nicht
antikonvulsiv wirksam, so dass das Ausbleiben von Ereignissen daher nicht als indirekter Beweis der epileptischen Natur der Ereignisse zu werten sei. Unter Be-rücksichtigung der Zusatzbefunde könne das Vorliegen einer Epilepsie beim Kläger weiterhin nicht wahrscheinlich gemacht werden.
Priv.-Doz. Dr. V hat den Kläger im April 2014 untersucht und ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, es sei schon völlig unklar, ob im Jahr 1967 tatsächlich und wie lange eine Bewusstlosigkeit bestanden habe. Es sei nicht genau beschrieben, was damals genau beobachtet worden sei. Auch der damals erstellte Befund der Universitätsklinik H vom 01.07.1968 weise keinen eindeutig pathologischen Befund aus. In keinem der nachfolgenden Arztberichte sei je ein klares Ereignis einer Synkope oder eines epileptischen Anfalls beobachtet worden. Die EEG-Befunde seien durchweg inkonsistent und zeigten Veränderungen mal rechts, mal links, in den meisten Fällen jedoch einen Normalbefund. MRT-Befunde zeigten ebenfalls einen regelrechten Befund.
Ein Primärschaden im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität sei letztlich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht nachgewiesen. Auch die Bewertung der haftungsausfüllenden Kausalität sei aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar. Die enzephalographischen Ableitungen zeigten keinen Hinweis auf eine zu Grunde liegende läsionsbedingte Epilepsie. Die Diagnose einer lokalen Epilepsie, unabhängig von einer irgendwie gearteten Genese, könne nach der gutachterlichen Untersuchung der Epileptologie der Universitätsklinik B als ausgeschlossen betrachtet werden. Die Wahrscheinlichkeit einer sog. atonischen paroximalen Epilepsie werde als sehr unwahrscheinlich angesehen, da es sich um eine Rarität handele. Darüber hinaus sei auch diese Form als generalisiert bzw. genuin einzuordnen und nicht durch ein Schädel-Hirn-Trauma bedingt. Auch für die Anerkennung eines Schlaf-Apnoe-Syndroms bzw. einer Migräne gebe es keine Grundlage. Die Diagnose eines posttraumatischen Anfallsleidens könne daher aus heutiger Sicht nicht aufrechterhalten werden bzw. liege ein solches Leiden derzeit nicht vor.
Im Übrigen wird zur Ergänzung Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen und den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten sowie der
Archivakte des Sozialgerichts Speyer und der Prozessakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, wie das Sozialgericht und der Beklagte zu Recht entschieden haben.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung – dabei handelt es sich bei der Feststellung der Wehrdienstbeschädigungsfolge und der Höhe des GdS sowie der Gewährung einer Rente – vorgelegen haben, eine we-sentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Gemäß § 80 Satz 1 SVG erhalten Soldaten, die eine Wehrdienstbeschädigung erlitten haben, nach Beendigung ihrer Dienstzeit Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Nach § 81 Abs. 1 SVG ist eine Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Als Grundlage für die Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte dienten der Praxis die vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, SozR 4-3800, § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) erlassen. Nach ihrem § 1 regelt diese unter anderem die Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung ihres Schweregrades im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG. Nach § 2 VersMedV sind die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" festgelegt. Die in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.).
Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob in dem Bescheid vom 30.11.2005 und den zuvor erteilten Bescheiden der Wehrbereichsverwaltung zu Recht eine Oligo-Epilepsie des Klägers als Wehrdienstbeschädigungsfolge anerkannt wurde, woran nach den vom Senat eingeholten Gutachten des Priv.-Doz. V vom 19.07.2012 und dem Gutachten des Prof. Dr. E zu zweifeln sein mag. Denn diese Anerkennung ist bindend und vom Beklagten auch nicht mit einem Bescheid nach § 45 SGB X bestandskräftig aufgehoben worden.
Allerdings ist, wovon das Sozialgericht und der Beklagte zu Recht ausgegangen sind, seit der letzten verbindlichen Verwaltungsentscheidung (30.11.2005) in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine wesentliche Besserung dadurch eingetreten, dass das ursprünglich anerkannte Anfallsereignis nicht mehr mit einer MdE bzw. einem GdS von 40 zu bewerten ist, worauf Prof. Dr. E zutreffend hingewiesen hat.
Denn nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen gilt jedenfalls nach drei Jahren Anfallsfreiheit und ohne antikonvulsive Medikation ein posttraumatisches Anfallsleiden als ausgeheilt (Versorgungsmedizinische Grundsätze Teil B Nr. 3.1.2). Wie sich zur Überzeugung des Senats aus den Gutachten von Prof. Dr. E und Priv.-Doz. Dr. V ergibt, stellen die vom Kläger erlittenen Stürze, von denen der Senat zu Gunsten des Klägers ausgeht, keine Folgen einer Epilepsie dar. Vielmehr ist nach den Feststellungen des Sachverständigen PD Dr. V anhand der aktuellen Befunde die Diagnose einer fokalen Epilepsie, unabhängig von einer irgendwie gearteten Genese, auch nach der gutachterlichen Untersuchung in der Epileptologie der Uniklinik B als ausgeschlossen anzusehen. Diese haben die Sachverständigen überzeugend und leitlinienkonform einerseits durch ein unauffälliges EEG auch unter Provokationsbedingungen, einer Langzeit EEG Ableitung begründet, in der sich vom Kläger als "epileptisch gedeuteten Zuckungen am Mund" keinerlei Korrelate fanden, obwohl die motorischen Hirnareale sehr gut im Aufnahmebereich der Elektroden lagen. Zum anderen wurde die Anfallssemiologie bewertet, d.h. man versuchte die beschriebenen Auffälligkeiten einem bestimmten definierten Anfallstyp zuzuordnen, wobei sich letztlich aber kein typisches Syndrom ergab. Die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer sogenannten "atonischen paroxysmalen Epilepsie" wird zum einen als sehr unwahrscheinlich angesehen, da es sich um eine Rarität handele. Darüber hinaus wäre nach den Fest-stellungen der Sachverständigen auch diese Form als generalisiert bzw. genuin einzuordnen und nicht durch ein Schädel-Hirn-Trauma bedingt. Befunde, die eine weiter bestehende Oligo-Epilepsie belegen würden, liegen damit nicht vor.
Ein Zusammenhang der vom Kläger anamnestisch geschilderten Stürze mit dem Unfallereignis aus dem Jahr 1968 wird auch im Entlassungsbericht des Universitätsklinikums des S vom 21.08.2012 nicht beschrieben. Vielmehr ist dort ausgeführt, ein solcher Zusammenhang sei weder auszuschließen, noch zu bestätigen. Zwar wird bei dem Kläger seit der stationären Untersuchung im Universitätsklinikums des S vom 20.08.2012 bis 28.08.2012 eine antikonvulsive Therapie mit Gabapentin durchgeführt, an deren Wirksamkeit freilich nach dem Gutachten des Priv.-Doz. V gezweifelt werden kann, so dass auf eine Wirksamkeit der Medikation und daraus auf ein Bestehen der behandelten Krankheit nicht zu schließen ist.
Eine Herabsetzung des GdS ist im vorliegenden Fall auch nicht durch § 62 Abs. 3 BVG ausgeschlossen. § 62 Abs. 3 Satz 1 BVG schließt nach seinem Wortlaut einen Eingriff in bestandskräftig geschützte Rechte in den Fällen aus, in denen wegen einer Besserung des Gesundheitszustandes die anerkannte MdE/der anerkannte GdS an sich herabzusetzen wäre. "Festgestellt" i.S.d. § 62 Abs. 3 BVG wurde der GdS des Klägers durch den Bescheid vom 19.06.2010, wenn auch mit Rückwirkung bis ins Jahr 1969. Hierbei stellt der Senat mit der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06. Juli 2006 – B 9a V 4/05 R –, SozR 4-3100 § 62 Nr. 1) auf den Zeitpunkt ab, zu dem der Bescheid über die Höhe des GdS erging. Denn da es sich bei der Vorschrift des § 62 Abs. 3 BVG um eine Bestimmung handelt, die den Vertrauensschutz für ältere Versorgungsberechtigte in den Bestand und die Höhe ihrer Versorgung sichern soll, kann Vertrauen erst begründet sein ab dem Zeitpunkt, zu dem die Leistung gewährt wurde, hier also erst ab 19.06.2000. Soweit älteren Urteilen des BSG (Urteil vom 25. Juni 1963, Az.: 11 RV 100/63) etwas anderes entnommen werden kann, folgt der Senat dem daher nicht. Zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheids vom 22.02.2010 war der 10-Jahreszeitraum des § 62 Abs. 3 BVG noch nicht abgelaufen, so dass diese Bestimmung der Neufeststellung nicht im Wege stand.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Rechtskraft
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