L 9 AL 321/14 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 32 SF 91/14 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 321/14 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
In sozialgerichtlichen Verfahren findet § 197 Abs. 2 SGG über § 59 Abs. 2 S. 1 RVG in der seit dem 1.8.2013 geltenden Fassung Anwendung, so dass die Beschwerde bei einem gesetzlichen Forderungsübergang ausgeschlossen ist.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.11.2014 wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Mit der vorliegenden Beschwerde wendet sich Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Bezirksrevisor für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit des Landes NRW, gegen einen Beschluss des Sozialgerichts, mit dem es einer Erinnerung der ursprünglich beklagten Bundesagentur für Arbeit gegen die Höhe eines im Wege des Forderungsübergangs nach § 59 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - (RVG) geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs teilweise stattgegeben hat.

In dem vorausgegangenen Klageverfahren (Az.: S 32 AL 703/13) wandte sich die Klägerin gegen ein von der beklagten Bundesagentur festgestelltes Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen einer Sperrzeit und die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Bescheid vom 29.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2013). Das Sozialgericht bewilligte der Klägerin hierfür mit Beschluss vom 15.01.2014 ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Rechtsanwältin. Auf den sodann ergangenen Kostenerstattungsantrag der Prozessbevollmächtigten setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts die aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf insgesamt 714,00 EUR fest (Beschluss vom 28.01.2014).

Mit bei dem Sozialgericht am 15.01.2014 eingegangenen Schriftsatz vom 10.01.2014 übersandte die Beklagte eine Zweitschrift eines Änderungsbescheides vom 19.12.2013, mit welchem der Klägerin Arbeitslosengeld nunmehr durchgehend bewilligt wurde. Daraufhin erklärte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit am 20.01.2014 eingegangenen Schriftsatz vom 17.01.2014, dass das Anerkenntnis der Beklagten angenommen und der Rechtsstreit für erledigt erklärt werde.

Mit Schreiben des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts vom 28.01.2014 wurde die Beklagte über den am gleichen Tag ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss im PKH-Verfahren in Kenntnis gesetzt und um Mitteilung gebeten, ob die außergerichtlichen Kosten im Rahmen des Anerkenntnisses übernommen würden. Nachdem der Beklagten daraufhin der ursprüngliche Kostenfestsetzungsantrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandt wurde, machte sie mit Schreiben vom 24.02.2014 Einwendungen gegen dessen Höhe hinsichtlich der Verfahrens- und Terminsgebühr geltend.

Daraufhin machte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Schreiben vom 05.03.2014 unter dem Betreff "Forderungsübergang gemäß § 59 RVG" aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Staatskasse den im Rahmen der ursprünglichen PKH-Kostenerstattung festgesetzten Betrag von 714,00 EUR bei der Beklagten geltend. Dabei wertete er das Schreiben vom 24.02.2014 als Kostengrundanerkenntnis der Beklagten und bat um Überweisung des o.a. Betrages. Die Geltendmachung des Forderungsüberganges sei mit der Erinnerung binnen eines Monats nach Zustellung anfechtbar (Hinweis auf § 189 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG und § 59 Abs. 2 RVG).

Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der am 07.04.2014 bei dem Sozialgericht erhobenen Erinnerung (Az.: S 32 SF 91/14 E) und beanstandete u.a. die Festsetzung der Terminsgebühr in Höhe von 280,00 EUR, welche bei einem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung bzw. Erörterung nicht nachvollziehbar sei. Diese sei vielmehr auf 110,00 EUR festzusetzen.

Mit Beschluss vom 11.11.2014 hat das Sozialgericht der Erinnerung der Beklagten insoweit stattgegeben, als es die Höhe des Übergangsanspruchs gemäß § 59 RVG aus der PKH-Festsetzung vom 05.03.2014 mit der Maßgabe neu festgesetzt hat, "dass die Höhe der fiktiven Terminsgebühr nach sofortigem Anerkenntnis der Beklagten auf 110,00 EUR zu reduzieren ist". Die von der Erinnerungsführerin und Beklagten erhobenen Einwände erachte das Gericht als zutreffend. Dieser Entscheid sei endgültig gemäß § 197 SGG i.V.m. § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG.

Gegen diesen dem Bezirksrevisor am 13.11.2014 zugestellten Beschluss wendet sich dieser als Vertreter der Staatskasse mit der am 26.11.2014 eingelegten Beschwerde mit dem Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.11.2014 abzuändern und die Höhe des Übergangsanspruchs auf 714,00 EUR festzusetzen.

Die Beklagte (und Beschwerdegegnerin) hat sich nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen.

Dem Land als Beschwerdeführer steht das Rechtsmittel der Beschwerde bei der Geltendmachung von nach § 59 Abs. 1 RVG übergegangenen Ansprüchen auf Kostenerstattung gegen den Prozessgegner, d.h. der Beklagten des Ausgangsverfahrens, nicht zu, weil sie gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG (in der seit dem 01.08.2013 anzuwendenden Fassung durch das 2. KostRModG v. 23.07.2013, BGBl. I, S. 2586) i.V.m. § 197 Abs. 2 SGG ausgeschlossen und damit unstatthaft ist. Das Sozialgericht hat, wie in der Rechtsmittelbelehrung richtig ausgeführt, auf die Erinnerung der ursprünglich beklagten Bundesagentur endgültig entschieden.

§ 59 Abs. 1 Satz 1 RVG lautet: "Soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe [ ] beigeordneten [ ] Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, geht der Anspruch mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf diese über." Nach § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG gelten für die Geltendmachung des Anspruchs sowie für die Erinnerung und die Beschwerde "die Vorschriften über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend". Ansprüche der Staatskasse werden bei dem Gericht des ersten Rechtszugs angesetzt, § 59 Abs. 2 Satz 2 RVG.

Mit dem infolge der Befriedigung des PKH-Rechtsanwalts durch die Staatskasse eingetretenen Übergang des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin des Ausgangsverfahrens gegen die Beklagte (aufgrund des von dieser erklärten Kostengrundanerkenntnisses) auf die Staatskasse gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG entstand kosten- und vergütungsrechtlich ein Dreiecksverhältnis zwischen Rechtsanwalt, Beklagter des Ausgangsverfahrens und der hier beschwerdeführenden Staatskasse, dessen Beziehungsstrukturen klar getrennt werden müssen (s. näher Schütz, in: jurisPR-SozR 17/2014 Anm. 6; vgl. auch ThürLSG, Beschl. v. 10.04.2014 - L 6 SF 193/14 B -, juris Rn. 19). Mit der Einlegung der Erinnerung durch die Beklagte, mit der sie die Bestimmung der Rahmengebühren durch die im PKH-Verfahren beigeordnete Rechtsanwältin der Klägerin teilweise für überhöht gehalten hat und folglich auch die Höhe der gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG auf die Staatskasse übergegangenen Forderung, war in diesem Dreiecksverhältnis nur die Beziehung der Beklagten des Ausgangsverfahrens zur Staatskasse betroffen. Dies ändert aber nichts daran, dass der Forderungsübergang nur den Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen den Prozessgegner (hier die Beklagte) erfasst, soweit die Staatskasse deren PKH-Anwalt vergütet. Diesen übergegangenen Anspruch kann die Staatskasse gemäß "den Vorschriften über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens" gegen den Prozessgegner nach § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG geltend machen. Im sozialgerichtlichen Verfahren bedeutet dies eine Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gemäß § 197 Abs. 1 SGG mit der Möglichkeit der befristeten Erinnerung nach § 197 Abs. 2 SGG, über die das Sozialgericht "endgültig" entschiedet. Die Beschwerde ist damit ausgeschlossen (s. Schütz in: jurisPR-SozR 17/2014 Anm. 6). Insbesondere findet weder das Rechtsmittelrecht der ausschließlich die kostenrechtliche Beziehung zwischen PKH-Anwalt und Staatskasse betreffenden §§ 56, 33 Abs. 3 RVG noch dasjenige des § 66 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes - (GKG) Anwendung. Dies ist spätestens mit der Neufassung von § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG durch das 2. KostRModG seit dem 01.08.2013 klargestellt (ebenso Schütz, a.a.O. unter Hinweis auf BT-Drs. 17/11471, S. 271). Insbesondere ist die noch in § 59 Abs. 2 Satz 4 RVG a.F. angeordnete entsprechende Anwendung des § 66 GKG für die Entscheidung über eine gegen den Ansatz gerichtete Erinnerung und über die Beschwerde in der Neufassung des § 59 Abs. 2 RVG nicht mehr enthalten. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob § 66 GKG im Rahmen von Forderungsübergängen (insbesondere bei kostenprivilegierten Verfahren) überhaupt Anwendung fand oder § 197 Abs. 2 SGG über § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG a.F. als lex specialis (Letzteres bereits zum alten Recht bejahend ThürLSG, Beschl. v. 18.02.2008 - L 6 B 3/08 SF -, juris Rn. 14).

Die mit § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG im Zusammenhang mit sozialgerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren verbundene Verweisung auf § 197 Abs. 2 SGG ist auch in systematischer Hinsicht folgerichtig. Bei dem von § 59 Abs. 1 RVG erfassten Vergütungsanspruch gegen den ersatzpflichtigen Gegner handelt es sich um einen solchen außerhalb des Verfahrens der Prozesskostenhilfe, etwa als Folge eines gerichtlichen Vergleichs oder - wie im vorliegenden Fall - eines Kostengrundanerkenntnisses. § 197 Abs. 2 SGG regelt wiederum abschließend das Verfahren der Festsetzung der Rechtsanwaltskosten im Verhältnis der Beteiligten zueinander (ThürLSG, Beschl. v. 18.02.2008 - L 6 B 3/08 SF -, juris Rn. 14). Die Rechtsnatur dieses Kostenerstattungsanspruchs ändert sich aber nicht dadurch, dass er nach § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG im Wege der cessio legis auf die Staatskasse aufgrund der gezahlten Vergütung im Anschluss an die PKH-Bewilligung übergeht.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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