L 5 KR 10/15 B ER

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 1 KR 418/14 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 10/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Nach der im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich gebotenen summarischen Prüfung erscheint die Beschränkung der podologischen Leistungen in den Heilmittelrichtlinien auf an Diabetes mellitus Erkrankte rechtswidrig.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 27. November 2014 geändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, dem Antragsteller dreimal podologische Fußpflege im vierwöchigen Abstand als Sachleistung zu gewähren. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller seine außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Gewährung podologischer Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Der 1956 geborene und bei der Antragsgegnerin krankenversicherte Antragsteller leidet unter einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit Stadium IV mit Fersennekrose rechts, die 1993 operativ versorgt wurde. Unter Vorlage eines Arztberichtes der Klinik für allgemeine Chirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) vom 8. August 2014, in dem eine regelmäßige Fußpflege empfohlen wurde, beantragte der Antragsteller am 1. September 2014 bei der Antragsgegnerin die Genehmigung zur medizinischen Fußpflege ("etwa alle sechs Wochen"). Zur Begründung wies er auf das vorgelegte Attest hin, in dem eine Fußpflege dringlich empfohlen werde. Es bestehe eine unmittelbare konkrete Gefahr, dass ohne eine solche Fußpflege Folgeschäden aufträten. Mit Bescheid vom 9. September 2014 lehnte die Antragsgegnerin solche Leistungen ab, da Kosten für die medizinische Fußpflege nur übernommen würden, wenn sie aufgrund krankhafter Veränderungen am Fuß infolge eines Diabetes mellitus erforderlich seien. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach er einen umfassenden Behandlungsanspruch habe. Die Bewilligung von Leistungen der podologischen Fußpflege nur bei diabetischer Erkrankung sei rechtswidrig. Die Antragsgegnerin legte den Fall dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Begutachtung vor.

Am 13./15. September 2014 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Lübeck die Gewährung der Kostenübernahme für die medizinische Fußpflege im Wege einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung hat er ergänzend ausgeführt, soweit seinem Anspruch entgegengehalten werde, dass es an einer ärztlichen Verordnung fehle, weise er auf die Mail von Dr. M hin, in der diese ihm mitgeteilt habe, dass sie Rezepte nur bei diabetischem Fußsyndrom ausstellen dürfe. Er selbst könne die Kosten nicht übernehmen, da er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Jobcenter Ostholstein nach dem SGB II erhalte. Dazu legt er einen Bewilligungsbescheid des Jobcenters Ostholstein vom 3. April 2014 vor. Der Antragsteller hat zudem auf einen weiteren Bericht des UKSH vom 19. September 2014 (Dr. D ) über eine Vorstellung dort am selben Tag in der Spezialsprechstunde für Wundbehandlung sowie den von der Antragsgegnerin eingeholten Bericht des UKSH vom 23. September 2014 verwiesen.

Die Antragsgegnerin hat ein Gutachten des MDK vom 20. November 2014 vorgelegt und ihren Ablehnungsbescheid ergänzend damit begründet, dass es an einer vertragsärztlichen Verordnung fehle. Die Formulierung in dem Bericht des UKSH reiche nicht aus. An einer Verordnung fehle es, wenn ein Arzt eine Behandlung lediglich befürworte, empfehle oder anrege. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung leide. Die vom Bundesausschuss auf der Rechtsgrundlage des § 92 SGB V erlassenen Richtlinien seien für die Versicherten und Leistungserbringer verbindlich. Auch ein Anordnungs¬grund sei nicht gegeben. Ein Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens sei dem Antragsteller zuzumuten. Schwere, nicht zu behebende Gesundheitsschäden drohten nicht. Zudem stehe der Antragsteller unter regelmäßiger medizinischer Kontrolle.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 27. November 2014 den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass eine Versorgung mit der podologischen Therapie nur möglich sei, wenn bestimmte Voraussetzungen vorlägen. Das sei beim Antragsteller nicht der Fall. Zudem fehle es an der notwendigen ärztlichen Verordnung, da das Schreiben des UKSH lediglich eine Empfehlung enthalte.

Gegen den ihm am 4. Dezember 2014 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, eingegangen beim Sozialgericht Lübeck am 5. Januar 2015 (Montag), mit der er weiterhin die Genehmigung zur Kostenübernahme der medizinischen Fußpflege durch einen Podologen entsprechend den vertragsärztlichen Erfordernissen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt. Er wiederholt im Wesentlichen seine bisherige Begründung und führt ergänzend aus, das Erfordernis einer ärztlichen Verordnung sei rechtswidrig, da die Ärzte unter der Sanktionsandrohung von Regressansprüchen stünden und allein aus diesem Grund die Verordnung nicht ausstellten. Er lege aber dem Gericht ein Privatrezept des Hausarztes Dr. G vom 10. Dezember 2014 vor, in dem eine dreimalige podo-logische Fußpflege alle vier Wochen verordnet werde. Außerdem legt er den letzten Wundbericht des UKSH vom 12. Dezember 2014 vor, in der nochmals auf eine podo-logische Behandlung der Füße abgestellt werde.

Die Antragsgegnerin beantragt weiterhin die Ablehnung des Antrages der einstweiligen Anordnung unter Wiederholung ihrer bisherigen Begründung. Sie sei an die Richtlinien des Bundesausschusses gebunden und allein eine Empfehlung eines Arztes für eine bestimmte Behandlung stelle keine Verordnung dar.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Beschwerde dann ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Das wiederum ist u. a. der Fall, wenn gemäß § 144 SGG der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt (Nr. 1). Dies gilt jedoch nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Das ist hier der Fall. Der Antragsteller begehrt in der Beschwerde (wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren) die zeitlich uneingeschränkte Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Kostenübernahme der medizinischen Fußpflege durch einen Podologen bzw. deren Verpflichtung zur im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich allein zulässigen Sachleistung. Damit kommt es gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG auf den Wert der begehrten Leistung hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde nicht an.

Die Beschwerde ist auch überwiegend begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liegen die Voraussetzungen für die beantragte Anordnung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang vor.

Nach § 86b Abs. 2 SGG können einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Verhältnis erfolgen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind insoweit glaubhaft zu machen, vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient vorläufigen Regelungen. Nur wenn dies zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht, weil dem Rechtsschutzsuchenden ein bestimmter Anspruch zusteht, ist ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache, wie sie hier von dem Antragsteller begehrt wird, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zulässig. So liegt der Fall hier.

Die Antragsgegnerin ist gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i. V. m. § 32 Abs. 1 SGB V zur Gewährung von Krankenbehandlung des bei ihr versicherten Antragstellers verpflichtet. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch umfasst auch Heilmittel wie die podologische Therapie, allerdings nur, soweit sie nicht nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Für nicht nach Satz 1 ausgeschlossene Heilmittel bleibt § 92 SGB V unberührt. Zwar weist die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass sich ein solcher Ausschluss hier für die bei dem Antragsteller bestehende Indikation aus den gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, Abs. 6 Nr. 1 SGB V erlassenen Heilmittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ergibt. Nach dem Ersten Teil, Abschnitt E (§§ 27 bis 29) dieser Richtlinien sind Maßnahmen der podologischen Therapie nur dann verordnungsfähige Heilmittel, wenn sie zur Behandlung krankhafter Schädigungen am Fuß infolge Diabetes mellitus (diabetisches Fußsyndrom) dienen. Die podo¬logische Therapie kommt nur in Betracht bei Patientinnen und Patienten mit einem diabetischen Fußsyndrom, die ohne diese Behandlung unumkehrbare Folgeschäden der Füße, wie Entzündungen und Wundheilungsstörungen erleiden würden. Entgegen der Auffassung des Antragstellers geht die Antragsgegnerin auch zutreffend von der Verbindlichkeit der Richtlinien aus. Dies folgt aus der zitierten Gesetzeslage nach §§ 32 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, Abs. 6 Nr. 1 SGB V und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG (speziell zu den Heilmittelrichtlinien im Urteil vom 29. November 2006 – B 6 KA 7/06 R – = SozR 4-2500 § 125 Nr. 3). Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossenen Richtlinien sind untergesetzliche Rechtsnormen. In ihnen kann der Bundesausschuss einen normativ verbindlichen Katalog verordnungsfähiger Heilmittel festlegen. Umstände des Einzelfalls allein können kein Absehen von den generellen Konkretisierungen in den Richtlinien rechtfertigen. Hierfür ist vielmehr eine generelle Fehlerhaftigkeit der Richtlinien, d. h. ein Verstoß einzelner Bestimmungen gegen höherrangiges Recht, erforderlich (BSG, Urteil vom 26. Januar 2006 – B 3 KR 4/05 R – = SozR 4-2500 § 37 Nr. 7). Denn ebenso wenig wie der Gemeinsame Bundesausschuss ermächtigt ist, den Begriff der Krankheit in § 27 Abs. 1 SGB V hinsichtlich seines Inhalts und seiner Grenzen zu bestimmen, ist er befugt, medizinisch notwendige Maßnahmen von der Leistungspflicht der Krankenkassen auszunehmen (für den Bereich der häuslichen Krankenpflege BSG, Urteil vom 26. Januar 2006 a. a. O.). Eine generelle Fehlerhaftigkeit der Richtlinien, d. h. ein Verstoß einzelner Bestimmungen gegen höherrangiges Recht, hätte die Rechtswidrigkeit der Richtlinien insoweit zur Folge. Davon geht der Senat hier im Hinblick auf den Ausschluss podologischer Leistungen außerhalb der Indikation in § 27, die allein auf Diabetes mellitus bezogen ist, im Falle des Antragstellers aus.

Die Heilmittelrichtlinien begrenzen podologische Leistungen auf den Ausnahmefall des diabetischen Fußes, wenn es zur Erreichung des therapeutischen Zwecks einschließlich einer regelmäßigen sachkundigen Kontrolle auf beginnende schädliche Veränderungen oder im Hinblick auf die Gefahren einer Fehlbehandlung notwendig ist, die Fußpflege qualifiziertem medizinischen Personal vorzubehalten. Ausdrücklich führt § 27 Abs. 1 Satz 2 der Heilmittelrichtlinie aus, dass u. a. Schädigungen der Haut hierzu zählen. § 27 Abs. 2 bestimmt darüber hinaus die podologische Therapie für Patientinnen und Patienten mit bei einem diabetischen Fußsyndrom, die ohne diese Behandlung unumkehrbare Folgeschäden der Füße, wie Entzündungen und Wundheilungsstörungen erleiden würden. Gerade solche Wundheilungsstörungen und Schädigungen der Haut werden aber auch vom Antragsteller und den ihn behandelnden Ärzten beschrieben. So führt der Bericht des UKSH an die Antragsgegnerin vom 23. September 2014 Wundheilungsstörung nach Fersengangrän mit noch verbliebenem hartnäckigem Restdefekt auf. In der Aussage über Prognose und Krankheitsfolgen, die bei Nichtanwendung der Methode zu erwarten sind, heißt es: Verzögerte Wundheilung, neue Läsionen. Und in dem Ambulanzbrief über die Vorstellung beim UKSH am 19. September 2014 heißt es darüber hinaus, dass die bekannte Wunde bei der heutigen Vorstellung im Vergleich zum Vorbefund eine leichte Größenprogredienz aufweist. Können aber, wie der Fall des Antragstellers verdeutlicht, auch andere Erkrankungen als das diabetische Fußsyndrom die gleichen Schäden verursachen, die zur Indikation podologischer Therapie führen, vermag der Senat keinen überzeugenden Sachgrund dafür zu erkennen, warum Maßnahmen der podolo¬gischen Therapie nach den Heilmittelrichtlinien allein bei Schädigungen am Fuß infolge Diabetes mellitus verordnungsfähig und bei anderen Erkrankungen mit gleichen Symptomen ausgeschlossen sind. Für eine unsachgemäße Differenzierung spricht zudem die im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 23. Juli 2014 (L 9 KR 54/11) zitierte vom Gericht veranlasste Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses, wonach eine "Ausdehnung auf andere Indikationen ( ) von Seiten des BMG (Bundesministerium für Gesundheit) nicht gewünscht" gewesen sei. Auch das LSG Berlin-Brandenburg sieht darin zutreffend eine offenkundig sachwidrige Differenzierung mit der Folge, dass diese Einschränkung der Richtlinien als rechtswidrig anzusehen ist (vgl. hierzu auch Beschlüsse des LSG Nordrhein-Westfalen vom 5. Juni 2008 – L 16 B 20/08 KR ER – und vom 23. Februar 2012 – L 1 KR 449/11 NZB –). Das führt wiederum dazu, dass auch dem Antragsteller eine entsprechende Leistung als notwendige medizinische Maßnahme zu bewilligen ist.

Die Antragsgegnerin vermag dieser medizinischen Einschätzung keine überzeugenden Gründe entgegenzusetzen. Der Hinweis auf das Gutachten des MDK greift schon deshalb nicht, weil darin – trotz ausdrücklicher Anforderung der Antragsgegnerin einer "medizinischen Beurteilung" (s. Vermerk über das Telefonat der Antragsgegnerin mit dem MDK am 15. Oktober 2014) – die Leistungspflicht allein aufgrund rechtlicher Argumentation verneint wird (Beschränkung der Heilmittelrichtlinien allein auf das diabetische Fußsyndrom). Der Gutachter des MDK verkennt insoweit, dass er sich grundsätzlich an die vorgegebene Aufgabenstellung der Beurteilung einer medizinischen Erforderlichkeit zu halten hat, d. h. nicht ausschließlich rechtlich argumentieren darf. Die rechtliche Bewertung kann und muss die Krankenkasse selbst vornehmen (vgl. Wagner in Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Kommentar, § 275 SGB V Rz. 6). Einer näheren Auseinandersetzung hier insbesondere darüber, welche Bedeutung dem Gutachten ohne persönliche Inaugenscheinnahme des Antragstellers gegenüber den Auskünften der den Antragsteller behandelnden Ärzte zukommt, bedarf es daher nicht. Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass die Qualifikation d. Gutachters oder Gutachterin ("G.B ") aus dem Gutachten nicht ersichtlich ist.

Soweit die Antragsgegnerin und ihr folgend das Sozialgericht dem Anspruch die fehlende ärztliche Verordnung entgegenhält, liegt diese, allerdings nur privatärztlich, nunmehr durch den Hausarzt des Antragstellers Dr. G vor. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass der Antragsteller eine vertragsärztliche Verordnung – auch für die Antragsgegnerin nach dem oben zitierten Vermerk über das Telefonat mit dem MDK am 15. Oktober 2014 nachvollziehbar im Hinblick auf den drohenden Regress – nicht erhalten hat und wird, sieht der Senat bei der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung keinen Grund darin, das Fehlen einer solchen vertragsärztlichen Verordnung allein für die Ablehnung der Leistungserbringung heranzuziehen.

Neben der damit erfolgten Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. So ist den medizinischen Unterlagen und hier insbesondere den Berichten des UKSH zu entnehmen, dass die Nichtdurchführung sachkundiger Fußpflege durch einen Podologen die Verschlimmerung des Leidens des Antragstellers zumindest in Form der Vergrößerung der Wunde und Verzögerung der Wundheilung zur Folge hätte. Auch wenn sich den medizinischen Äußerungen nicht ausdrücklich entnehmen lässt, welche weiteren Folgen auftreten könnten, so reicht dieser Umstand jedoch bereits aus, den Antragsteller nicht auf ein aller Voraussicht nach mehrjähriges Gerichtsverfahren hinsichtlich der beantragten Behandlung zu verweisen.

Zwar scheint sich der finanzielle Aufwand der begehrten podologischen Behandlung im geringen finanziellen Rahmen zu halten. So hat der Senat dem Internet (vgl. www.gesundheit.de) entnommen, dass eine Behandlung beim Podologen zwischen 22,00 und 26,00 EUR kostet. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhält und ihm damit eine vorläufige Kostentragung, ggf. über einen längeren Zeitraum, nicht zuzumuten ist.

Im Rahmen der einstweiligen Anordnung hat der Senat die Antragsgegnerin allerdings nur in beschränktem Umfang zur streitgegenständlichen Sachleistung verpflichtet. Heilmittel werden, wie Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich, als Sachleistung gewährt (§ 13 Abs. 1 SGB V). Die oben bereits angesprochene Notwendigkeit einer Verordnung des Heilmittels durch einen Arzt – hier die ärztliche Verordnung des Hausarztes des Antragstellers vom 10. Dezember 2014 – hat die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V zum Hintergrund, wonach bei Hilfeleistung anderer Personen diese nur erbracht werden dürfen, wenn sie von einem Arzt (Zahnarzt) angeordnet und von ihm verantwortet werden. Nach der Rechtsprechung des BSG soll dadurch die zur Definition des Heilmittelbegriffs entwickelte Notwendigkeit einer Überwachung des nichtärztlichen Fachpersonals durch Ärzte ermöglicht werden (vgl. Urteil des Senats vom 8. Oktober 2009 – L 5 KR 50/08 –). Vorliegend ist nicht von einer Dauerbehandlung auszugehen. Auch der Bericht des UKSH vom 23. September 2014 beschreibt als Grund für die Durchführung der streitigen Therapie die Schaffung optimaler Voraussetzung für die Abheilung der noch verbliebenen Läsion. Aus diesem Grund verpflichtet der Senat die Antragsgegnerin entsprechend der von dem Hausarzt ausgesprochenen privaten Verordnung zu einer zeitlich und umfangmäßigen begrenzten Leistung der Fußpflege auf 3 Mal im Abstand von jeweils 4 Wochen. So ist gewährleistet, dass eine medizinische Überwachung der Notwendigkeit erfolgt. Sollte eine darüber hinausgehende Behandlung notwendig werden, wäre dies dann vom Antragsteller erneut zu beantragen. In dem Fall geht der Senat von einer schnelleren Abwicklung aus, da die rechtlichen Vorgaben in diesem Beschluss geklärt sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog. Zwar ist die beantragte Anordnung nur zeitlich begrenzt ausgesprochen worden. Letztlich ist es aber zur Bewilligung der streitigen Leistung gekommen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved