Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 629/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ist im Hinblick auf die anzuwendende Therapie (hier Radonstollen), dem konkreten Gesundheitszustand des Versicherten und möglichen Komplikationen bei der Therapieanwendung eine ambulante Reha Maßnahme nicht genauso erfolgversprechend wie eine stationäre, ist eine stationäre Maßnahme erforderlich.
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Februar 2012 in Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2012 verurteilt, dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in Bad G. zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf die Gewährung einer vorzeitigen stationären Rehabilitationsmaßnahme in Bad G. streitig.
Der am 1946 geborene Kläger ist als Rentner bei der Beklagten pflichtversichert.
Am 30.01.2012 beantragte er eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.02.2012 ab.
Die am Wohnort möglichen ambulanten Behandlungsmaßnahmen seien noch nicht erschöpft.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 03.04.2012.
Wegen seiner Wirbelsäulenversteifung leide er ständig unter starken Schmerzen. Gegen diese nehme er täglich Tabletten ein, und zwar zum Teil Ibu 600. Auch sein behandelnder Arzt Dr. E. bestätige die Notwendigkeit einer Rehabehandlung in Bad G ...
Hierauf holte die Beklagte ein sozial-medizinisches Gutachten des MDK vom 27.04.2012 sowie ein weiteres vom 31.07.2012 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger nehme wöchentlich an der Wassergymnastik einer Bechterew-Gruppe teil. Eine Intensivierung dieser Maßnahme z.B. durch begleitende Heilmittelversorgungen sei bislang nicht erfolgt. Damit könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Möglichkeiten der ambulanten kurativen Versorgung ausgeschöpft seien.
Dagegen hat der Klägerbevollmächtigte am 30.11.2012 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben.
Zur Klagebegründung ist vorgetragen worden, dass der Kläger seit über 20 Jahren an Morbus Bechterew erkrankt sei. Er nehme seit vielen Jahren am regelmäßigen Funktionstraining der Morbus Bechterew-Selbsthilfegruppe C-Stadt teil. Daneben gewährte ihm die Deutsche Rentenversicherung seither in regelmäßigen zweijährigen Abständen die hier streitige Rehabiliationsmaßnahme im Heilstollen in Bad G. , um seine Erwerbstätigkeit sicherzustellen.
Seit der Berentung des Klägers ist für die Gewährung von medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen die Beklagte zuständig.
Für die Zeit vom 11.03.2010 bis 01.04.2010 gewährte die Beklagte dem Kläger auch die begehrte stationäre Rehabilitationsmaßnahme.
Zu Unrecht habe die Beklagte nun aber den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Ausweislich der über 20 Jahre dokumentierten Rehabilitationsakte der Deutschen Rentenversicherung habe die Teilnahme an dem Funktionstraining der Morbus Bechterew-Gruppe in Verbindung mit der 2-jährlichen stationären Rehabilitationsmaßnahme nicht nur die Gesundheit des Klägers bewahrt, sondern ihm auch ermöglicht, am Arbeitsleben teilzunehmen und die Verschlimmerung der chronisch, unheilbaren Erkrankung zu entschleunigen. Welche ambulanten Behandlungsmöglichkeiten daneben Wirkung haben sollen, sei weder nachvollziehbar noch überhaupt dargestellt. Medizinisch sei zudem auch dokumentiert, dass der Linderungserfolg der Rehabilitation mindestens ein halbes bis ein Jahr anhalte, manchmal sogar bis zu zwei Jahren. Danach setze allerdings eine Verschlechterung des Zustandes ein, der trotz Funktionstraining nur und ausschließlich durch die begehrte Radontherapie gelindert werden könne. Alle anderen Behandlungsmöglichkeiten habe der Kläger im Laufe seines langen Leidensweges bis zur Erschöpfung bereits getestet. Es existiere zwar auch noch in Deutschland ein Radonstollen. Dieser sei jedoch ein so genannter "kalter Stollen", während der Stollen in Bad G. ein so genannter "warmer Stollen" sei. Auf die niedrigen Temperaturen des deutschen Stollens reagiere der Kläger jedoch negativ, so dass ausschließlich der warme Stollen in Bad G. als Behandlungsort in Betracht komme.
Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat anschließend das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte, auf orthopädischem Gebiet Dr. E. vom 19.02.2013, und auf internistischem Gebiet Dr. D. vom 01.04.2013, eingeholt und Beweis erhoben durch ein fachorthopädisches Gutachten vom 09.08.2013 von Dr. C. nach ambulanter Untersuchung.
In ihrem Gutachten hat die gerichtliche Sachverständige mitgeteilt, dass die von der Beklagten vorgeschlagene indikationsspezifische Heilmittelverordnung, die letztlich physikalische und krankengymnastische Übungsbehandlungen beinhalte, die spezifische Behandlungsform des Radonheilstollens nicht ersetzen könne. Da die Wirkung der Heilstollenbehandlung maximal 9 bis 15 Monate anhalte, sollte eine entsprechende regelmäßige Wiederholung der Behandlungsmaßnahmen erfolgen. Unter fortgesetztem Schmerzmittelbedarf seien entsprechende Nebenwirkungen zu erwarten und bei langfristiger Einnahme sicher unvermeidbar. Insgesamt sei daher eine Rehabilitationsmaßnahme in Kombination mit der vom Kläger beantragten Heilstollenbehandlung medizinisch erforderlich, da ohne eine solche eine dauerhafte, bedarfsteigende Schmerzmittelmedikation notwendig sei, die mittel- und langfristig zu entsprechenden Nebenwirkungen/Schäden führen werde. Mit der Rehabilitationsmaßnahme könne trotz der fortgeschrittenen Einsteifung des Achsenorgans zumindest eine geringe Verbesserung des Bewegungsmaßes erreicht werden. Im Vordergrund stehe beim Kläger aber die durch die Radonheilstollenbehandlung rückläufige Schmerzsymptomatik, so dass über einen Zeitraum von 9 bis 15 Monaten keine zusätzliche Schmerzmitteleinnahme erforderlich sei.
Dazu hat die Beklagte mit Schreiben vom 30.09.2013 Stellung genommen und vorgetragen, dass die Notwendigkeit eines mehrdimensionalen und interdisziplinären Ansatzes sowie ständiger ärztlicher Präsenz, wie sie bei einer stationären Maßnahme gegeben sei, im Gutachten vom 09.08.2013 nicht beschrieben worden sei. Vielmehr werde beschrieben, dass der Kläger wandere, Fahrrad fahre, mindestens dreimal wöchentlich Eigenübungen durchführe und einmal wöchentlich die Wassergymnastik besuche. Der Kläger sei daher ausreichend mobil, die Behandlungen im Radonheilstollen ambulant in Anspruch zu nehmen. Es werde daher vorgeschlagen, sich vergleichsweise dahingehend zu einigen, dass die Beklagte dem Kläger eine dreiwöchige ambulante Vorsorgemaßnahme in Bad G. bewillige.
Hierauf hat der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 30.10.2010 erwidert, dass sich die Notwendigkeit einer ständigen ärztlichen Präsenz und des interdisziplinären Ansatzes bereits aus den bisherigen Therapieberichten ergebe. Insoweit werde auf den Abschlussbericht vom 12.03.2013 über den Reha-Aufenthalt des Klägers in Bad G. verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2014 beantragt der Bevollmächtigte des Klägers,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.02.2012 in Fassung des
Widerspruchsbescheids vom 30.10.2012 zu verurteilen, dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in Bad G. zu bewilligen.
Die Bevollmächtigte der Beklagten erklärt sich bereit, dem Kläger alle zwei Jahre eine
dreiwöchige ambulante Vorsorgemaßnahme in Bad G. zu gewähren. Im Übrigen beantragt sie,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogene Verwaltungsakte und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat nämlich Anspruch auf die Bewilligung einer stationären Reha-Maßnahme in Bad G. gemäß § 11 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 40 Abs. 2 S. 1 SGB V.
Danach haben Versicherte Anspruch auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern. Die medizinische Rehabilitation erfolgt dabei als stationäre Maßnahme, wenn ambulante Maßnahmen zur Erreichung der in § 11 Abs. 2 SGB V geschilderten Ziele nicht ausreichen.
Unstreitig war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, dass der Kläger eine vorzeitige Rehabilitationsmaßnahme in Bad G. benötigt, um eine Verschlimmerung seiner Behinderung aufgrund der Morbus Bechterew-Erkrankung zu verhüten bzw. ihre Folgen zu mindern.
Streitig geblieben war allein, ob zur Erreichung dieses Ziels eine ambulante Vorsorgemaßnahme i. S. d. § 40 Abs. 1 S. 1 SGB V ausreichend ist.
Nach Überzeugung des Gerichts ergibt sich jedoch aus dem schlüssigen und fundierten Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen, dass der Kläger nach den erhobenen Befunden und Untersuchungsergebnissen derzeit einer stationären Reha-Maßnahme bedarf, um die in § 11 Abs. 2 SGB V genannten Rehabilitationsziele zu verwirklichen.
Dies ergibt sich zum einen aus der Antwort der Sachverständigen zur Beweisfrage 5, in der eine stationäre Maßnahme befürwortet worden ist, und zum anderen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung für das Gericht nachvollziehbar geschildert, dass bei einer ambulanten Durchführung unter Berücksichtigung seines jetzigen Krankheitsbildes nicht der gleiche Regenerationseffekt erzielt werden könne. So bedürfe er nach Einfahrt und Ausfahrt aus dem Stollen einer gesicherten Ruhezeit, um sich von der Behandlung zu erholen. Er sei zu diesem Zeitpunkt auch nicht fahrtauglich. Hinzu komme, dass die weiteren Therapieanwendungen bei einem stationären Aufenthalt genau darauf abgestimmt werde, wie er die Behandlung im Stollen vertragen habe. Soweit er nach Behandlung nicht in der Lage sei, weitere Anwendungen durchzuführen, werde auch auf diese verzichtet. Eine solche genaue ärztliche Überwachung seines Gesundheitszustandes sei bei einer ambulanten Durchführung nicht möglich. Bei seinem letzten Aufenthalt sei es auch zu einer Diarrhoe mit Übelkeit gekommen, die dann sofort ärztlich behandelt werden konnte.
Insgesamt kommt damit das Gericht zu dem Ergebnis, dass beim Kläger die Voraussetzungen für eine vorzeitige stationäre Maßnahme in Bad G. erfüllt sind, so dass die Beklagte entsprechend zu verurteilen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
II. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf die Gewährung einer vorzeitigen stationären Rehabilitationsmaßnahme in Bad G. streitig.
Der am 1946 geborene Kläger ist als Rentner bei der Beklagten pflichtversichert.
Am 30.01.2012 beantragte er eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.02.2012 ab.
Die am Wohnort möglichen ambulanten Behandlungsmaßnahmen seien noch nicht erschöpft.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 03.04.2012.
Wegen seiner Wirbelsäulenversteifung leide er ständig unter starken Schmerzen. Gegen diese nehme er täglich Tabletten ein, und zwar zum Teil Ibu 600. Auch sein behandelnder Arzt Dr. E. bestätige die Notwendigkeit einer Rehabehandlung in Bad G ...
Hierauf holte die Beklagte ein sozial-medizinisches Gutachten des MDK vom 27.04.2012 sowie ein weiteres vom 31.07.2012 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger nehme wöchentlich an der Wassergymnastik einer Bechterew-Gruppe teil. Eine Intensivierung dieser Maßnahme z.B. durch begleitende Heilmittelversorgungen sei bislang nicht erfolgt. Damit könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Möglichkeiten der ambulanten kurativen Versorgung ausgeschöpft seien.
Dagegen hat der Klägerbevollmächtigte am 30.11.2012 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben.
Zur Klagebegründung ist vorgetragen worden, dass der Kläger seit über 20 Jahren an Morbus Bechterew erkrankt sei. Er nehme seit vielen Jahren am regelmäßigen Funktionstraining der Morbus Bechterew-Selbsthilfegruppe C-Stadt teil. Daneben gewährte ihm die Deutsche Rentenversicherung seither in regelmäßigen zweijährigen Abständen die hier streitige Rehabiliationsmaßnahme im Heilstollen in Bad G. , um seine Erwerbstätigkeit sicherzustellen.
Seit der Berentung des Klägers ist für die Gewährung von medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen die Beklagte zuständig.
Für die Zeit vom 11.03.2010 bis 01.04.2010 gewährte die Beklagte dem Kläger auch die begehrte stationäre Rehabilitationsmaßnahme.
Zu Unrecht habe die Beklagte nun aber den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft seien. Ausweislich der über 20 Jahre dokumentierten Rehabilitationsakte der Deutschen Rentenversicherung habe die Teilnahme an dem Funktionstraining der Morbus Bechterew-Gruppe in Verbindung mit der 2-jährlichen stationären Rehabilitationsmaßnahme nicht nur die Gesundheit des Klägers bewahrt, sondern ihm auch ermöglicht, am Arbeitsleben teilzunehmen und die Verschlimmerung der chronisch, unheilbaren Erkrankung zu entschleunigen. Welche ambulanten Behandlungsmöglichkeiten daneben Wirkung haben sollen, sei weder nachvollziehbar noch überhaupt dargestellt. Medizinisch sei zudem auch dokumentiert, dass der Linderungserfolg der Rehabilitation mindestens ein halbes bis ein Jahr anhalte, manchmal sogar bis zu zwei Jahren. Danach setze allerdings eine Verschlechterung des Zustandes ein, der trotz Funktionstraining nur und ausschließlich durch die begehrte Radontherapie gelindert werden könne. Alle anderen Behandlungsmöglichkeiten habe der Kläger im Laufe seines langen Leidensweges bis zur Erschöpfung bereits getestet. Es existiere zwar auch noch in Deutschland ein Radonstollen. Dieser sei jedoch ein so genannter "kalter Stollen", während der Stollen in Bad G. ein so genannter "warmer Stollen" sei. Auf die niedrigen Temperaturen des deutschen Stollens reagiere der Kläger jedoch negativ, so dass ausschließlich der warme Stollen in Bad G. als Behandlungsort in Betracht komme.
Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat anschließend das Sozialgericht Befundberichte der behandelnden Ärzte, auf orthopädischem Gebiet Dr. E. vom 19.02.2013, und auf internistischem Gebiet Dr. D. vom 01.04.2013, eingeholt und Beweis erhoben durch ein fachorthopädisches Gutachten vom 09.08.2013 von Dr. C. nach ambulanter Untersuchung.
In ihrem Gutachten hat die gerichtliche Sachverständige mitgeteilt, dass die von der Beklagten vorgeschlagene indikationsspezifische Heilmittelverordnung, die letztlich physikalische und krankengymnastische Übungsbehandlungen beinhalte, die spezifische Behandlungsform des Radonheilstollens nicht ersetzen könne. Da die Wirkung der Heilstollenbehandlung maximal 9 bis 15 Monate anhalte, sollte eine entsprechende regelmäßige Wiederholung der Behandlungsmaßnahmen erfolgen. Unter fortgesetztem Schmerzmittelbedarf seien entsprechende Nebenwirkungen zu erwarten und bei langfristiger Einnahme sicher unvermeidbar. Insgesamt sei daher eine Rehabilitationsmaßnahme in Kombination mit der vom Kläger beantragten Heilstollenbehandlung medizinisch erforderlich, da ohne eine solche eine dauerhafte, bedarfsteigende Schmerzmittelmedikation notwendig sei, die mittel- und langfristig zu entsprechenden Nebenwirkungen/Schäden führen werde. Mit der Rehabilitationsmaßnahme könne trotz der fortgeschrittenen Einsteifung des Achsenorgans zumindest eine geringe Verbesserung des Bewegungsmaßes erreicht werden. Im Vordergrund stehe beim Kläger aber die durch die Radonheilstollenbehandlung rückläufige Schmerzsymptomatik, so dass über einen Zeitraum von 9 bis 15 Monaten keine zusätzliche Schmerzmitteleinnahme erforderlich sei.
Dazu hat die Beklagte mit Schreiben vom 30.09.2013 Stellung genommen und vorgetragen, dass die Notwendigkeit eines mehrdimensionalen und interdisziplinären Ansatzes sowie ständiger ärztlicher Präsenz, wie sie bei einer stationären Maßnahme gegeben sei, im Gutachten vom 09.08.2013 nicht beschrieben worden sei. Vielmehr werde beschrieben, dass der Kläger wandere, Fahrrad fahre, mindestens dreimal wöchentlich Eigenübungen durchführe und einmal wöchentlich die Wassergymnastik besuche. Der Kläger sei daher ausreichend mobil, die Behandlungen im Radonheilstollen ambulant in Anspruch zu nehmen. Es werde daher vorgeschlagen, sich vergleichsweise dahingehend zu einigen, dass die Beklagte dem Kläger eine dreiwöchige ambulante Vorsorgemaßnahme in Bad G. bewillige.
Hierauf hat der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 30.10.2010 erwidert, dass sich die Notwendigkeit einer ständigen ärztlichen Präsenz und des interdisziplinären Ansatzes bereits aus den bisherigen Therapieberichten ergebe. Insoweit werde auf den Abschlussbericht vom 12.03.2013 über den Reha-Aufenthalt des Klägers in Bad G. verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.01.2014 beantragt der Bevollmächtigte des Klägers,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.02.2012 in Fassung des
Widerspruchsbescheids vom 30.10.2012 zu verurteilen, dem Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in Bad G. zu bewilligen.
Die Bevollmächtigte der Beklagten erklärt sich bereit, dem Kläger alle zwei Jahre eine
dreiwöchige ambulante Vorsorgemaßnahme in Bad G. zu gewähren. Im Übrigen beantragt sie,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogene Verwaltungsakte und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat nämlich Anspruch auf die Bewilligung einer stationären Reha-Maßnahme in Bad G. gemäß § 11 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 40 Abs. 2 S. 1 SGB V.
Danach haben Versicherte Anspruch auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern. Die medizinische Rehabilitation erfolgt dabei als stationäre Maßnahme, wenn ambulante Maßnahmen zur Erreichung der in § 11 Abs. 2 SGB V geschilderten Ziele nicht ausreichen.
Unstreitig war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, dass der Kläger eine vorzeitige Rehabilitationsmaßnahme in Bad G. benötigt, um eine Verschlimmerung seiner Behinderung aufgrund der Morbus Bechterew-Erkrankung zu verhüten bzw. ihre Folgen zu mindern.
Streitig geblieben war allein, ob zur Erreichung dieses Ziels eine ambulante Vorsorgemaßnahme i. S. d. § 40 Abs. 1 S. 1 SGB V ausreichend ist.
Nach Überzeugung des Gerichts ergibt sich jedoch aus dem schlüssigen und fundierten Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen, dass der Kläger nach den erhobenen Befunden und Untersuchungsergebnissen derzeit einer stationären Reha-Maßnahme bedarf, um die in § 11 Abs. 2 SGB V genannten Rehabilitationsziele zu verwirklichen.
Dies ergibt sich zum einen aus der Antwort der Sachverständigen zur Beweisfrage 5, in der eine stationäre Maßnahme befürwortet worden ist, und zum anderen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung für das Gericht nachvollziehbar geschildert, dass bei einer ambulanten Durchführung unter Berücksichtigung seines jetzigen Krankheitsbildes nicht der gleiche Regenerationseffekt erzielt werden könne. So bedürfe er nach Einfahrt und Ausfahrt aus dem Stollen einer gesicherten Ruhezeit, um sich von der Behandlung zu erholen. Er sei zu diesem Zeitpunkt auch nicht fahrtauglich. Hinzu komme, dass die weiteren Therapieanwendungen bei einem stationären Aufenthalt genau darauf abgestimmt werde, wie er die Behandlung im Stollen vertragen habe. Soweit er nach Behandlung nicht in der Lage sei, weitere Anwendungen durchzuführen, werde auch auf diese verzichtet. Eine solche genaue ärztliche Überwachung seines Gesundheitszustandes sei bei einer ambulanten Durchführung nicht möglich. Bei seinem letzten Aufenthalt sei es auch zu einer Diarrhoe mit Übelkeit gekommen, die dann sofort ärztlich behandelt werden konnte.
Insgesamt kommt damit das Gericht zu dem Ergebnis, dass beim Kläger die Voraussetzungen für eine vorzeitige stationäre Maßnahme in Bad G. erfüllt sind, so dass die Beklagte entsprechend zu verurteilen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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