L 3 AS 6/15 B ER PKH

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 20 AS 1441/14 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 6/15 B ER PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen ein befristetes Hausverbot fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn das Hausverbot nach Ablauf der Befristung erledigt ist.
2. Im Rahmen einer einstweiligen Anordnung können auch vorläufige Feststellungen getroffen werden (Fortführung der Senatsrechtsprechung: Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2012 – L 3 AS 618/12 B ER – JURIS-Dokument). Jedoch besteht in der Regel kein berechtigtes Interesse für eine vorläufige Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Hausverbotes, dessen Befristung abgelaufen ist.
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten für die noch einzulegende Beschwerde wird abgelehnt.

Gründe:

I. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten für die noch einzulegende Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Leipzig vom 2. Dezember 2014 (zur Zulässigkeit eines solchen Antrages: Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [11. Aufl. 2014], § 73a Rdnr. 5c, m. w. N.) war abzulehnen.

Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat bei der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Der Antragsteller wendet sich in der Sache gegen einen Beschluss, mit dem sein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen ein vom Antragsgegner ausgesprochenes, bis zum 16. Dezember 2014 befristetes Hausverbot, für das der Antragsgegner die sofortige Vollziehung angeordnet hatte, abgelehnt worden ist.

Soweit der Antragsteller sein bisheriges Begehren, die aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen das vom Antragsgegner ausgesprochene Hausverbot gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG angeordnet zu erhalten, weiter verfolgen sollte, würde ihm hierfür das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Sachurteilsvoraussetzung, die bei jeder Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gegeben sein muss. Der Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses bedeutet, dass nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 27. März 2014 – L 3 AS 187/14 B ER – info also 2014, 125 = JURIS-Dokument Rdnr. 15, m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 31. Juli 2014 – L 3 AL 71/13 B PKH – JURIS-Dokument Rdnr. 17, m. w. N.). Es fehlt unter anderem, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung weder gegenwärtig noch zukünftig die Stellung des Klägers oder Antragstellers verbessern würde (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 24/10 RNZS 2012, 798 [799] = JURIS-Dokument Rdnr. 10; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG [11. Aufl. 2014], Vor § 51 Rdnr. 16a). So liegt hier der Fall. Das Hausverbot war bis zum 16. Dezember 2014 befristet. Gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) hatte diese Bestimmung zur Folge, dass die Belastung, das heißt das Hausverbot, zu einem bestimmten Zeitpunkt, hier dem 16. Dezember 2014, endete. Das Hausverbot war deshalb nach Ablauf der Befristung erledigt. In Bezug auf einen erledigten Verwaltungsakt kann aber keine aufschiebende Wirkung eines Widerspruches oder einer Anfechtungsklage mehr angeordnet werden.

Soweit der Antragsteller im Schriftsatz vom 13. Januar 2015 mit seinen Ausführungen zum berechtigten Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes möglicherweise zum Ausdruck bringen will, dass er nunmehr eine vorläufige Feststellung der Rechtswidrigkeit des Hausverbotes begehre, führt dies nicht zur einer anderen Beurteilung der prozesskostenhilferechtlichen Erfolgsaussichten. Zwar könnte hier grundsätzlich vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz über eine einstweilige Anordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erlangt werden. Denn im Rahmen einer einstweiligen Anordnung können auch vorläufige Feststellungen getroffen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 1985 – 2 BvR 1167, 1185, 1636/84, 308/85 und 2 BvQ 18/84BVerfGE 71, 305 [347]; Sächs. LSG, Beschluss vom 3. März 2008 – L 3 B 187/07 AS-ER – JURIS-Dokument Rdnr. 5, m. w. N.; Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2012 – L 3 AS 618/12 B ER – JURIS-Dokument Rdnr. 18). Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass die vorläufige Entscheidung in Bezug auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG zu erlassen wäre. Nach dieser Regelung spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein berechtigtes Interesse in diesem Sinne kann beispielsweise im Falle eines – vom Antragsteller geltend gemachten – Rehabilitationsinteresses bestehen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [11. Aufl., 2014], § 131 Rdnr. 10a m. w. N.). Für die Frage, ob im Einzelfall ein Anspruch auf eine vorläufige Feststellung besteht, ist aber zu beachten, dass Entscheidungen im Rahmen vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes dazu dienen, eine Rechtsposition eines Antragstellers vorläufig zu sichern oder zu regeln und damit zu verhindern, dass sein Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren unzumutbar erschwert oder möglicherweise in Gänze verhindert wird. Vorläufiger Rechtsschutz dient regelmäßig nicht dazu, erwartete künftige Rechtspositionen zu schützen oder erwartete künftige Rechtsbeeinträchtigungen zu verhindern (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2012, a. a. O.). Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob ein Fortsetzungsfeststellungsantrag im Rahmen des vorläufige gerichtlichen Rechtsschutzes bereits dem Grunde nach unzulässig ist (vgl. hierzu die Nachweise bei Sächs. LSG, Beschluss vom 12. November 2012, a. a. O.). Denn im Fall des Antragstellers ist jedenfalls kein berechtigtes Interesse an einer solchen vorläufigen Feststellung ersichtlich. Es ist weder ein Grund vorgetragen noch zu erkennen, weshalb es ihm nicht zumutbar sein sollte, die Frage der Rechtswidrigkeit des Hausverbotes in einem Hauptsacheverfahren, hier dem für den Fall der beantragten Prozesskostenbewilligung beabsichtigten Berufungsverfahren, klären zu lassen.

II. Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (vgl. §§ 177, 183 SGG).

Dr. Scheer Höhl Atanassov
Rechtskraft
Aus
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