1. Ein Handwerker, dem maßgebliches Werkzeug fehlt, ohne das die Arbeit nicht erbracht werden kann, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt und damit versicherungspflichtig.
2. Mit dem Zustandekommen des Arbeitsvertrages zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer nach § 10 Abs. 1 AÜG entsteht jedenfalls in aller Regel auch ein Beschäftigungsverhältnis i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV, sodass den Entleiher neben den arbeitsrechtlichen Arbeitgeberpflichten auch die Verpflichtung zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages nach den Grundsätzen des § 28e Abs. 2 SGB IV trifft.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.10.2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Versicherungspflicht des Beigeladenen in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin als Baudienstleister.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Unternehmen zur Sanierung/Renovierung von Gebäuden zum Zwecke der Vermietung bzw. Weiterveräußerung. Die Klägerin hat als angestellte Mitarbeiter eine Sekretärin, eine Finanzmanagerin und einen Polier, Herrn F. I., zur Sozialversicherung gemeldet. Die anderen Tätigkeiten - insbesondere die Kernaufgaben des Unternehmens wie Sanierung und Renovierung - werden an "Subunternehmer" vergeben. Die Bauleitung obliegt nach Angaben der Klägerin dem Architekten R ...
Am 04.11.2010 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für sechs für sie tätige "Subunternehmer" u. a. für den Beigeladenen C ...
In dem Antrag, mit dem die Feststellung begehrt wurde, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliegt, gab der am 06.01.1981 in Polen geborene Beigeladene an, in Polen eine Gesellschaft gegründet zu haben (ZUS). Er beschäftige keine Arbeitnehmer oder Auszubildende. Er sei für mehrere Auftraggeber, nämlich die Klägerin und die Firma W. tätig und erbringe für diese Baudienstleistungen. Sein Gewerbe übe er seit dem 09.06.2010 aus. Dieses sei bei der Landeshauptstadt A-Stadt angemeldet worden. Das Gewerbe umfasst laut Gewerbeanmeldung unter anderem
* die Tätigkeiten Akustik- und Trockenbauarbeiten,
* Bodenlege- und Abbrucharbeiten,
* Hausmeisterarbeiten,
* Einbau von genormten Fertigteilen,
* Kabelverlegearbeiten sowie zulassungsfreies Fliesenlegerhandwerk,
* Raumausstatter-, Parkettleger- und Estrichlegerhandwerk.
Weiter wurde vorgelegt ein zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen abgeschlossener Dienstvertrag (DV) vom 07./09.06.2010. Dieser wurde mittlerweile mit Kündigung der Klägerin vom 09.01.2013 zum 31.01.2013 gekündigt. Das Kündigungsschreiben war wie folgt formuliert:
" ...bedanken wir uns für Ihre Mitarbeit und wünschen Ihnen für Ihren weiteren privaten und beruflichen Weg alles Gute".
In dem Vertrag vom 07./09.06.2010 wurde unter anderem geregelt, dass der Beigeladene ab dem 09.06.2010 für den Kläger als freier Mitarbeiter (Handwerker) tätig werde. Er könne seine Tätigkeit vollkommen selbständig gestalten, insbesondere "Termine im Zusammenhang mit Architekten frei disponieren". Er sei an keine Vorgaben zu Arbeitszeit und -ort gebunden, lediglich projektbezogene Zeitvorgaben seien einzuhalten (§ 1 Abs. 2 DV). Er sei berechtigt, nach vorheriger Anzeige eigene Mitarbeiter einzusetzen (§ 1 Abs. 3 DV). Die Vergütung sollte auf der Basis eines Stundenhonorars in Höhe von 18,00 Euro zzgl. Mehrwertsteuer bei monatlicher Abrechnung unter Darlegung des Zeitaufwandes erfolgen (§ 2 DV). Dem Beigeladenen sollten Reisespesen ersetzt werden. Für die Nutzung überlassener Betriebsmittel wurde eine Entschädigungsverpflichtung festgelegt (§ 3 DV). § 616 BGB wurde abbedungen (§ 5 DV). Die Klägerin erhielt ein Kündigungsrecht für den Fall dass die Vermutung des § 7 Abs. 4 SGB IV erfüllt ist (§ 6 DV). Der Beigeladene wurde verpflichtet, mitzuteilen ob und in welchem Umfang er für andere Auftraggeber tätig ist (§ 8 DV). Anhang 1 zu diesem Vertrag enthält eine Tätigkeitsbeschreibung, in der detailliert aufgelistet ist, welche konkreten Handwerkerleistungen in den jeweiligen Bauvorhaben der Klägerin zu erbringen sind.
Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 18.03.2011 vom Beigeladenen weitere Informationen. Dieser beantwortete das Schreiben sowie Erinnerungen nicht. Vielmehr legte die Klägerin unter anderem dar, dass der Beigeladene auf verschiedenen Baustellen im Stadtgebiet A-Stadt als Handwerker tätig sei. Er verfüge über eigene Arbeitsmittel wie Kleinwerkzeuge, Sägen, Schleifgeräte, Hämmer und Sicherheitskleidung. Er sei in seiner Zeiteinteilung frei, halte sich aber meist an die bauüblichen Zeiten. Die Aufträge würden telefonisch erteilt. Er stimme sich allenfalls mit den vor Ort anwesenden Kollegen, die ebenfalls "Freie Mitarbeiter" der Klägerin seien ab. Bei Nichterscheinen informiere er den Bauleiter und kümmere sich ggf. um die Vertretung. Die Klägerin stelle die allgemeine Baustelleneinrichtung (z. B. Gerüst, Baucontainer) und die Großgeräte (Bagger, Gabelstapler, Betonmischer) zur Verfügung.
Mit Bescheid vom 20.06.2011 stellte die Beklagte nach Anhörung gegenüber dem Beigeladenen und der Klägerin fest, dass die Tätigkeit bei der Klägerin als Handwerker seit dem 01.06.2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung begründe. Nach Gesamtwürdigung aller Umstände würden die Merkmale für eine solche Beschäftigung überwiegen. Während für eine selbständige Tätigkeit der Einsatz von eigenen Arbeitsmitteln in geringem Umfang sowie die Gewerbeanmeldung spreche, spreche für eine abhängige Beschäftigung, dass er mit anderen Mitarbeitern der Klägerin zusammenarbeite, die Klägerin die kostenintensiven Großgeräte zur Verfügung stelle, der Beigeladene Reisespesen erhalte und über Tätigkeiten für andere Auftraggeber Mitteilung machen müsse. Schließlich bestünden keine eigenen Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Arbeitszeit, -ort und Art und Weise der Tätigkeit. Auch unternehmerische Risiken und Chancen seien nicht erkennbar. Ein erheblicher Kapitaleinsatz liege nicht vor. Die Tätigkeit werde in Teamarbeit ausgeführt, was für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers spreche.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Ergänzend zur vorangegangenen Stellungnahme führte sie aus, der Dienstvertrag lege lediglich die Rahmenbedingungen für die zu erbringenden Handwerkerleistungen fest. Im jeweiligen Einzelfall würden die Aufträge gesondert erteilt. Der Beigeladene könne seine Tätigkeit vollkommen selbständig gestalten. Die Übergabe, Kontrolle und Abnahme der erbrachten Arbeiten erfolge durch den Polier der Klägerin. Bei Nichtabnahme müsse der Beigeladene auf eigene Kosten nachbessern. Das Unternehmerrisiko bestehe darin, dass er eigene Betriebsmittel einsetze, ggf. auf eigene Kosten nachbessern müsse und bei pauschaler Vergütung das Risiko einer zeitlichen Fehlkalkulation trage. Der Beigeladene arbeite auch nicht mit anderen Mitarbeitern der Klägerin zusammen, als festangestellter Mitarbeiter sei lediglich der Polier vor Ort. Die übrigen auf den Baustellen der Klägerin tätigen Personen seien ebenfalls freie Mitarbeiter.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben. Mit Urteil vom 18.10.2012 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 20.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids dahingehend abgeändert, dass die Versicherungspflicht erst ab dem 09.06.2010 eintritt. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Beigeladene über kein echtes unternehmerisches Risiko verfüge. Der finanzielle Aufwand für die Anschaffung seiner Werkzeuge sei überschaubar. Alle sonstigen Baumaterialien würden von der Klägerin bereitgestellt werden. Der Beigeladene habe lediglich seiner Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Auch sei die Klägerin die Hauptauftraggeberin. Aus der Zusammenschau der einzelnen Rechnungen und des vereinbarten Stundensatzes von 18,00 EUR bzw. des gezahlten Pauschbetrages ergebe sich, dass der Beigeladene keinen Spielraum für weitere nennenswerte Aufträge gehabt habe.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Über das bisherige Vorbringen hinaus, hat die Klägerin vorgetragen, dass der Beigeladene kein einziges Mal Reiskosten bzw. Ersatz sonstiger Aufwendungen erhalten habe. Der Beigeladene trage auch ein Unternehmerrisiko, denn er würde für einen Pauschalpreis arbeiten und müsse ggf. auf eigene Kosten nachbessern. Die Zurverfügungstellung von Baumaterialien durch den Kläger sei alleine aus Kostenminimierungsgründen erfolgt. Ferner habe eine Beweisaufnahme im Parallelverfahren vor dem Sozialgericht München - S 15 R 325/12 -; Senat L 5 R 710/14 - ergeben, dass zunächst der geschäftsführende Gesellschafter Herr D. den jeweiligen Auftrag vorgebe. Sodann gebe der - selbständige - Architekt Herr R. den Handwerkern vor, welcher Auftrag bis wann (projektbezogenes Fertigstellungsdatum) gemacht werden solle. Der Polier, Herr F. I., habe die Arbeiten der Handwerker nicht kontrolliert und keine Anweisungen erteilt.
Der Bruder des Beigeladenen, A. W. C., der selbst Beigeladener im Parallelverfahren - L 5 R 710/14 - ist, hat den Beigeladenen mit Wirkung zum 01.01.2014 angestellt. In der Zeit vom Februar bis Dezember 2013 hatte der Beigeladene seinem Bruder für die ausgeführten Arbeiten als selbständiger Subunternehmer Rechnungen gestellt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 18.10.2012 sowie den Bescheid vom 20.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2011 insoweit aufzuheben als Versicherungspflicht für den Beigeladenen ab 09.06.2010 festgestellt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts München vom 18.10.2012.
Der Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Das Sozialgericht München hat zu Recht die Klage gegen den Bescheid vom 20.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2011 für die Zeit ab dem 09.06.2010 abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten sind insoweit rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beigeladene ist in seiner Tätigkeit als Baudienstleister bei der Klägerin seit dem 09.06.2010 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig. Ein Handwerker, der über maßgebliches Werkzeug, ohne das die Arbeit nicht erbracht werden kann, nicht selbst verfügt, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt und damit versicherungspflichtig.
1. Rechtsgrundlage der gegenständlichen Entscheidung der Beklagten ist § 7a SGB IV. Danach entscheidet die Beklagte auf Antrag, ob eine Tätigkeit versicherungspflichtig in einem Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird oder als selbständige Tätigkeit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 V; § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB XI; § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI; § 25 Abs. 1 SGB III). Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem in Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111,257 mwN).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder es sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87, 53, 56). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vergleiche hierzu insgesamt BSG, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 17, 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R; 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R).
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ist der Beigeladene seit 09.06.2010 in seiner Tätigkeit als Baudienstleister für die Klägerin in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig.
a) Für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis sprechen folgende Gesichtspunkte:
aa) Eine weisungsgebundene Eingliederung des Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin ergibt sich bereits daraus, dass dem Beigeladenen die Art und Weise der Erledigung der übertragenen Aufgaben u. a. vor Ort auf den jeweiligen Baustellen durch Vertreter der Klägerin vorgegeben wurde.
Aus der Tätigkeitbeschreibung als Anhang 1 des Dienstvertrages vom Juni 2010 ist zwar ersichtlich, dass dem Beigeladenen von der Klägerin detailliert vorgegeben wurde, welche in dem Objekt der Klägerin durchzuführen sind. Eine konkrete Beschreibung des geschuldeten Erfolgs ist grundsätzlich typisch für einen Werkvertrag. Vorliegend ist jedoch festzustellen, dass nach Abschluss des Dienstvertrages vom Juni 2010 für die nachfolgenden Baustellen der Klägerin keine neuen Verträge abgeschlossen wurden. Da der Dienstvertrag - ohne die überholte Anlage - nur eine allgemein definierte Umschreibung der Arbeitsleistung enthält, mussten für die jeweiligen weiteren Baustellen zur Ausfüllung des Inhalts der Tätigkeiten Einzelweisungen erteilt werden. Diese Praxis ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den glaubhaften Angaben der Zeugen I. und R. im Parallelverfahren - S 15 R 325/12 - vor dem Sozialgericht München. Die Baumaßnahmen wurden von der Klägerin geplant, organisiert und auf Baustellen durchgeführt, die im Eigentum der Klägerin stehen. Der Beigeladene ist wie ein Erfüllungsgehilfe in den arbeitsteiligen Prozess der Klägerin eingebunden, ohne bei der Bauausführung einen eigenen Gestaltungsspielraum zu haben. Dem Beigeladenen werden insbesondere auch von der Klägerin Weisungen erteilt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Parallelverfahren vor dem SG A-Stadt - S 15 R 325/12 - steht fest, dass der von der Klägerin beauftragte Architekt R. den "Subunternehmern" Weisungen erteilt. Der Architekt erklärte, im Gespräch mit dem Gesellschafter der Klägerin, Herrn D. und dem Beigeladenen, gebe er diesen vor "was er haben möchte und bis wann er es haben möchte". Die Niederschrift des Sozialgerichts München vom 08.05.2014 - S 15 R 325/12 - wurde durch Verlesung in der mündlichen Verhandlung auch zum Gegenstand dieses Verfahrens gemacht. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Architekt als Weisungsgeber selbst Beschäftigter nach § 7 Abs. 1 SGB IV der Klägerin ist. Es reicht aus, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Organisationsmacht das Weisungsrecht auf den Architekten übertragen hat und dieser organisatorisch auf der Arbeitgeber- bzw. "Unternehmerseite" steht. Da Herr R. in der mündlichen Verhandlung des Senats als alleiniger Sitzungsvertreter der Klägerin aufgetreten ist, steht unzweifelhaft fest, dass der dem "Lager" der Klägerin zuzuordnen ist.
bb) Der Beigeladene erzielte ausweislich der von ihm erstellten Rechnungen von der Klägerin monatliche Einkünfte von teilweise über 4.000,00 EUR. Unter Zugrundelegung eines nach § 2 des Dienstvertrages vereinbarten Stundensatzes von 18,00 EUR ergibt sich, dass der Beigeladene nahezu seine ganze Arbeitskraft - zum Teil über 50 Stunden/Woche - der Klägerin zur Verfügung stellte und keine nennenswerten Kapazitäten für weitere Auftraggeber hatte. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass zum Teil eine "Pauschalvergütung" gezahlt wurde, da sich diese an der vertraglichen Vereinbarung orientierte. Dieses Ausmaß der zeitlichen Inanspruchnahme des Beigeladenen - hier über Jahre - belegt eine Eingliederung in die von der Klägerin vorgegebene Arbeitsorganisation, wie sie für Arbeitsverhältnisse typisch ist. Für weitere unternehmerisches Tätigwerden des Beigeladenen für andere Auftraggeber blieb kein nennenswerter Spielraum. Dies zeigt sich auch darin, dass der Beigeladene keine nennenswerte Werbung für sein "Unternehmen" machte. Der faktischen Eingliederung steht nicht entgegen, dass dem Beigeladenen die Möglichkeit eingeräumt war, einzelne Arbeitsangebote der Klägerin abzulehnen (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13).
cc) Der Beigeladene arbeitet auch "Hand in Hand" mit anderen Beschäftigten des Auftraggebers - z. B. dem Polier und weiteren "Subunternehmern" - und ist teilweise auf deren Mitarbeit angewiesen. So bestellt alleine der Polier nach den glaubhaften Angaben neue Arbeitsmittel ohne die der Beigeladene seinen Arbeitserfolg nicht erreichen kann. Diese steht zur Überzeugung des Senats fest nach der glaubhaften Aussage der Zeugen I. im Parallelverfahren - S 15 R 325/12 - vor dem Sozialgericht München. Auch dies bewirkt eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation und damit eine abhängige Beschäftigung (vgl. nur Segebrecht, in: jurisPK, 2013, § 7 SGB IV Rn. 116).
dd) Der vertraglich vereinbarte Stundenlohn von 18,00 Euro entspricht nicht der typischen Vergütung eines selbständigen Handwerkers. Im Freistaat Bayern beträgt z. B. der durchschnittliche Stundenlohn eines selbständigen Handwerkers 47,00 EUR (http://www.fachwerk-online.de/stundenlohn-handwerker/). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Selbständige aus ihren Einnahmen zusätzlich u. a. folgende Ausgaben bestreiten müssen:
* Einkommensteuer
* Gewerbesteuer
* Mitgliedsbeiträge (z.B. IHK)
* Krankenversicherung (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil)
* Altersvorsorge
* weitere berufliche oder betriebliche Versicherungen
* betriebliche Kosten wie Miete, Technik etc.
ee) Für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis spricht insbesondere auch, dass dem Beigeladenen die maßgeblichen Werkzeuge und Arbeitsmittel fehlen, ohne die die Arbeit nicht erbracht werden kann.
Die Klägerin stellt - trotz § 3 Abs. 3 DV - zum einen die allgemeine Baustelleneinrichtung und Baustelleninfrastruktur (Z. B. Außen- und Innengerüst, Bauschuttcontainer) und das Großgerät (Bagger, Gabelstapler, Betonmischer, Kompressor) unentgeltlich zur Verfügung. Ohne diese Geräte und Einrichtungen wären die einzelnen Tätigkeiten nicht durchführbar gewesen. Zum anderen werden von der Klägerin alle Baumaterialien gestellt. Das unternehmerische Risiko ist somit erheblich begrenzt, da alle kostenintensiven Materialien und Werkzeuge von der Klägerin bereitgestellt werden (ebenso verhält es sich in den von der Rechtsprechung bislang entschiedenen Konstellationen, wie beispielsweise bei einem Kranführer ohne eigenen Kran [vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. November 2005 - L 13 R 112/05 - JURIS-Dokument] oder einem Busfahrer ohne eigenen Bus [LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Januar 2004 - L 4 KR 3083/02 - JURIS-Dokument]). Der Beigeladene stellt alleine seine Arbeitskraft und Kleingeräte zur Verfügung und stimmt sich auf den Baustellen mit den anderen "Subunternehmern" der Klägerin ab. Wer aber, wie der Kläger, über keine wesentlichen Betriebsmittel verfügt und alleine seine eigene Arbeitskraft verfügt, leistet in der Regel abhängige Arbeit und ist als sozial schutzbedürftig anzusehen (vgl. auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss 23.06.2014 - L 8 R 206/13 B ER; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Januar 2004 - L 4 KR 3083/02 -, juris). Anders als vom Kläger vorgetragen, enthält weder der Dienstvertrag vom Juni 2010 Regelungen zur Gewährleistung, die den Beigeladenen bei mangelhafter Arbeitsleistung treffen, noch ist ersichtlich, dass derartige Ansprüche in der Vergangenheit geltend gemacht wurden.
ff) Gegen unternehmerisches Handeln des Beigeladenen spricht weiter, dass er seine Vergütung nicht individuell ausgehandelt hat. Dem Beigeladenen wurde ein - wie auch den anderen "Subunternehmern" - von der Klägerin erstellter und einseitig formulierter Muster-Dienstvertrag vorgelegt. Auf Grund mangelnder Deutschkenntnisse des Beigeladenen (vgl. Niederschrift Sozialgericht v. 09.08.2012 - S 56 R 3063/11 - und Senat v. 18.11.2014) war es ihm nicht möglich, die wirtschaftliche Verwertung seiner Arbeitskraft selbst zu steuern und Einfluss auf die Vertragsgestaltung zu nehmen (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 19.07.2012 - L 11 R 1789/12 ER-B).
gg) Auch der Inhalt und die Formulierung des Kündigungsschreibens v. 09.01.2013 (Bl. 29 LSG Akte) " ...bedanken wir uns für Ihre Mitarbeit und wüschen Ihnen für Ihren weiteren privaten und beruflichen Weg alles Gute", zeigt, dass die Klägerin wohl selbst von einem Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis ausgegangen ist.
b) Dagegen treten die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Elemente im Wege der Gesamtabwägung zurück: Z. B.
* Gewerbeanmeldung
* Weitere Auftraggeber
* Keine Verpflichtung zur persönlichen Arbeitserbringung
* Kein Urlaubsanspruch/Entgeltfortzahlung
Bei der Anmeldung eines Gewerbes wird nicht geprüft, ob eine im Sinne des Sozialrechts selbständige Tätigkeit vorliegt. Die Gewichtung dieses formalen Merkmals ist im Rahmen der Abwägung als gering einzustufen. Wie oben unter 2a bb) ausgeführt, ist der Beigeladene über mehrere Jahre hinweg für die Klägerin in einem Umfang von über 50 Stunden die Woche tätig. Die Tätigkeit für weitere Auftraggeber konnte daher in keinem nennenswerten Umfang erfolgen. Gegenstand der Statusfeststellung ist im Übrigen ausschließlich das im Antrag benannte Auftragsverhältnis (vgl. dazu BSG, Urteil v. 28.09.2011 - B 12 R 17/09.). Bei abhängiger Beschäftigung ist die Arbeitsleistung in aller Regel höchstpersönlich zu erbringen und die Einschaltung Dritter (Erfüllung- und Verrichtungsgehilfen) nicht vorgesehen (vgl. § 613 Satz 1 BGB). Die Regelung des § 1 Abs. 3 DV - keine Verpflichtung zur persönlichen Arbeitserbringung - spricht zwar durchaus für eine selbständige Tätigkeit. Im Rahmen der Gesamtabwägung tritt die Regelung auf dem Papier jedoch hinter die festgestellte faktische persönliche Arbeitsleistung als deutliches Merkmal eines abhängigen Versicherungsverhältnisses zurück. Die Vorenthaltung der gesetzlichen Arbeitnehmerrechte wie Urlaubsanspruch, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz macht den Beschäftigten nicht zum Unternehmer. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll.
c) Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen - trotz Kündigung zum 31.01.2013 - nach § 10 Abs.1 S. 1 des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) auch über den 31.01.2013 hinaus.
aa) Nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG bedürfen Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen wollen, der Erlaubnis. Vorliegend hat der Bruder des Beigeladenen, A. W. C., der selbst Beigeladener im Parallelverfahren - L 5 R 710/14 - ist, den Beigeladenen mit Wirkung zum 01.01.2014 angestellt. In der Zeit vom Februar bis Dezember 2013, hat der Beigeladene seinem Bruder für die ausgeführten Arbeiten "Rechnungen geschrieben". Die Tätigkeit des Beigeladenen hat sich im Hinblick auf die Klägerin seit der Kündigung zum 31.01.2013 jedoch nicht Wesentlich geändert. Der Beigeladene ist weiterhin in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden und verrichtet die gleichen Tätigkeiten im gleichen zeitlichen Umfang wie bis zum 31.01.2013. Dies steht aufgrund der glaubhaften Aussage des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2014 fest. Sein Bruder verfügt über keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Somit hat Herr A. W. C. als Verleiher der Klägerin den Beigeladenen als Arbeitnehmer überlassen, ohne über die erforderliche Erlaubnis zu verfügen. Nach § 9 Nr. 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG gilt: Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen. Nach geltendem Recht ist Folge der illegalen Vertragskonstruktion, dass die Klägerin weiterhin Arbeitgeber des Beigeladenen ist.
bb) Mit dem Zustandekommen des Arbeitsvertrages zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer entsteht in der Regel und vorliegend auch ein Beschäftigungsverhältnis i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV, sodass den Entleiher neben den arbeitsrechtlichen Arbeitgeberpflichten auch die Verpflichtung zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages nach den Grundsätzen des § 28e Abs. 2 SGB IV trifft (vgl. auch BSG, Urteil v. 27.7.1987, 2 RU 41/85, NZA 1988, 263; BSG, Urteil v. 18.3.1987, 9b RU 16/85, SozR 7815 Art 1 § 10 Nr. 3; Senat, Beschluss v. 27.7.2009, a.a.O.; jeweils m.w.N.).
Die Berufung der Klägerin hat aus oben genannten Gründen keinen Erfolg.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.