L 10 R 2814/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1314/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2814/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.05.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.

Der am 1954 geborene Kläger erlernte keinen Beruf. Nach Tätigkeiten als Bauarbeiter und einer Zeit der Kindererziehung (1994 bis 1998) war der Kläger zuletzt von 1998 bis 2004 als Helfer im Landschaftsgartenbau beschäftigt. Seither ist der Kläger arbeitslos.

Im Februar 2005 wurde beim Kläger wegen degenerativer Spondylolisthese und Bandscheibenvorfall L 4/5 sowie Instabilität im Bereich von L 3/4 mit gutem Erfolg eine Stabilisierungsoperation von L3 bis S1 durchgeführt. Die behandelnden Ärzte der Klinik W. , wo der Kläger im Anschluss eine Rehabilitationsmaßnahme durchführte, hielten zwar die zuletzt ausgeübte Tätigkeit im Landschaftsgartenbau nicht mehr für leidensgerecht, erachteten den Kläger jedoch für fähig, leichte berufliche Tätigkeiten ohne länger andauernde einseitige Zwangshaltungen und ohne häufiges Bücken sechs Stunden und mehr zu verrichten. Ein vom Kläger hiernach im Mai 2006 wegen Beschwerden im Bereich der LWS und beider Beine gestellter erster Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung blieb erfolglos.

Am 27.07.2009 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Den Antrag begründete er mit Wirbelsäulen- und Schulterproblemen, Durchblutungsstörungen, Dupuytren‘sche Kontraktur, grauer Star im rechten Auge sowie Maculadegeneration. Die Beklagte veranlasste das Gutachten der Fachärztin für Chirurgie Dr. L. unter Berücksichtigung des Zusatzgutachtens der Fachärztin für Innere Medizin Dr. P. auf Grund Untersuchungen des Klägers im Oktober 2009. Diagnostisch gingen die Gutachterinnen von einer Arteriosklerose mit arterieller Durchblutungsstörung beider Beine nach Lafontaine Stadium II (Z.n. Gefäßoperation 2004), einem Schmerzsyndrom der LWS bei Zustand nach operiertem Wirbelgleiten L 4/5 mit Versteifung L3/S1 bei end- bis mittelgradiger Funktionseinbuße (ohne Wurzelreizsymptomatik und neurologische Ausfälle), einer funktionellen Einäugigkeit bei beginnend eingeschränktem Sehvermögen auch des besseren Auges rechts auf Grund eines grauen Stars, einem Bluthochdruck (medikamentös behandelt), einer leichtgradig eingeschränkten Gebrauchsfähigkeit der linken Hand bei ausgeprägtem Streckdefizit des linken Kleinfingers nach operierter Dupuytren‘scher Kontraktur links, Restbeschwerden der linken Schulter bei Zustand nach operiertem Schulter-Arm-Syndrom links mit endgradigen Funktionseinbußen sowie einer Schwerhörigkeit bei Taubheit links aus. Sie erachteten den Kläger für fähig, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in überwiegend sitzender Arbeitshaltung mit zeitweisem Gehen und Stehen sechs Stunden und mehr zu verrichten. Auszuschließen seien Tätigkeiten unter besonderem Einfluss von Nässe und Kälte, Arbeiten in lang dauernden Wirbelsäulenzwangshaltungen, mit häufigem Bücken, häufigem Steigen auf Leitern und Gerüste, Tätigkeiten, die eine uneingeschränkte räumliches Sehfähigkeit oder ein gutes Sehvermögen erfordern, Tätigkeiten, die eine Gefährdung der Augen durch Verletzungen beinhalten, Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, Nachtschicht, langdauernde Überkopfarbeiten, Arbeiten in lang dauernder Armvorhalte sowie Tätigkeiten mit dem Erfordernis zum kraftvollen Grobgriff links. Bei Tätigkeiten mit der Notwendigkeit zur sprachlichen Verständigung sei darüber hinaus auf eine leise Arbeitsumgebung zu achten. Dementsprechend seien Tätigkeiten als Gartenbauhelfer nicht mehr leidensgerecht. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 29.10.2009 und Widerspruchsbescheid vom 25.02.2010 ab.

Am 25.03.2010 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, auf Grund seiner vielfachen gesundheitlichen Einschränkungen, insbesondere seiner ständigen Rückenschmerzen, verfüge er nicht mehr über ein zumindest sechsstündiges Leistungsvermögen. Im Übrigen sei seine Wegefähigkeit auf Grund der Gefäßerkrankung aufgehoben.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H.-K. hat von Vorstellungen und Behandlungen insbesondere wegen eines Schulter-Arm-Syndroms, eines BWS- und LWS-Syndroms mit rezidivierenden Lumboischialgien rechts sowie wegen erhöhtem Blutdruck und deshalb erfolgter Blutdruckeinstellung berichtet. Eine berufliche Tätigkeit im Umfang von zumindest sechs Stunden täglich hat sie wegen der orthopädischen Beeinträchtigungen nicht für durchführbar erachtet. Die Fachärztin für Augenheilkunde Dr. J. hat von einer Maculadegeneration links mehr als rechts sowie einer beidseitigen Linsentrübung (rechts mehr als links) berichtet sowie von einer im Juni 2010 erfolgten Catarakt-Operation mit Implantation einer Hinterkammerlinse, wodurch jeweils mit Brillenkorrektur eine Sehschärfe von 0,8 rechts und 0,2p links erreicht wurde. Einer zumindest sechsstündigen beruflichen Tätigkeit stehe die derzeitige Visusherabsetzung nicht entgegen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. G. hat von Vorstellungen wegen HWS-, LWS-, BWS- und Schulterbeschwerden sowie Beschwerden im Bereich der linken Hand bei Beugekontraktur D5 bei Zustand nach Dupuytren-Operation berichtet und den Kläger insbesondere wegen der LWS-Beschwerden beruflich lediglich noch vier Stunden täglich einsatzfähig erachtet. Das SG hat sodann das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T. auf Grund Untersuchung des Klägers im Februar 2011 eingeholt. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung der LWS mit endgradiger Funktionseinschränkung (ohne radikuläre Ausfallsymptomatik), eine Spondylodese L3 bis S1 mit verbliebender Restbeschwerdesymptomatik (ohne radikuläre Ausfallsymptomatik und ohne funktionelle Beeinträchtigung), eine arthroskopische subraromiale Dekompression des linken Schultergelenks 2008 (ohne verbliebene Restbeschwerden und Funktionsbeeinträchtigung) und eine Teilamputation des linken Kleinfingers mit geringer Gebrauchsminderung der Hand sowie im Übrigen eine arterielle Hypertonie, eine Hypercholestinämie, jeweils medikamentös behandelt, einen grauen Star am rechten Auge sowie eine arterielle Durchblutungsstörung beider Beine diagnostiziert. Den Kläger hat er noch für fähig erachtet, leichte bis gelegentlich mittelschwere berufliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltungen, wie ständiges Bücken oder Knien, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 Kilogramm ohne technische Hilfsmittel, ohne permanente Arbeiten über Kopf, ohne Arbeiten mit besonderer Beanspruchung der Feinmotorik der Hände, ohne ständige Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten mit ständigem Gehen und Stehen oder ständigem Treppensteigen, ohne ständiges Arbeiten im Freien, unter Exposition von Hitze, Kälte, Nässe, Zugluft und Temperaturschwankungen sowie ohne Nachtschicht im Umfang von acht Stunden täglich auszuüben. Mit Urteil vom 24.05.2011 hat das SG die Klage im Wesentlichen gestützt auf die Gutachten der Dres. L. und P. sowie das Gutachten des Dr. T. abgewiesen.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 06.06.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.07.2011 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, der Sachverständige habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass er unter Dauerschmerzen leide, derentwegen jetzt stärkere Schmerzmittel notwendig seien, und nicht begründet, wie er mit diesen Schmerzen regelmäßig eine Erwerbstätigkeit ausüben solle. Im weiteren Verlauf hat der Kläger den Befund des Facharztes für Radiologische Diagnostik Dr. S. über die Kernspintomographie der LWS vom 17.08.2011 (ordnungsgemäße Lage der Schrauben, keine Lockerungszeichen), Arztbriefe des Neurochirurgen Dr. B. vom 26.08.2011 (Operationswunsch des Klägers wegen Schraubenlockerung) und 07.01.2013 sowie den Entlassungsbericht des Klinikums Mittelbaden über die stationäre Behandlung vom 15. bis 16.05.2014 (Revaskularisation bei Stenose in der AIC rechts mittels Stent, hierdurch Beschwerdefreiheit) vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.05.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2010 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung seit Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat Dr. G. ergänzend schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört, der im November 2012 berichtet hat, dass sich der Kläger im Anschluss an seine dem SG erteilte Auskunft noch zweimal im Oktober 2010 vorgestellt habe. Er habe ihn wegen des Verdachts auf ein paravertebrales entzündliches Geschehen bei chronischem Infekt des linken Kleinfingers ins Kreiskrankenhaus Bühl eingewiesen (vgl. Entlassungsbericht vom 29.10.2010: Besserung nach dreitägiger stationärer Antibiotika- und Schmerztherapie). Sodann hat der Senat Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat von jeweils zwei Vorstellungen des Klägers im August 2011 und Dezember 2012 und einer Vorstellung im Januar 2013 berichtet, wobei der Kläger zunächst nur beraten worden sei und im Januar 2013 dann eine Operation zur Refixierung der gelockerten Schrauben im Kreuzbein für den 17.01.2013 vereinbart worden sei.

Nachdem eine entsprechende Operation schließlich am 08.04.2013 durchgeführt worden war, hat der Senat den entsprechenden Operationsbericht (Korrektur mit Verkürzung der Fusionsstrecke auf L4 bis S1, Neubestückung des Fixateurs bzw. Neuanlage der Schrauben) sowie ferner den Entlassungsbericht der im April/Mai 2014 in der Rehaklinik H. erfolgten stationären Rehabilitationsmaßnahme beigezogen. Hiernach wurde der Kläger auf Grund des unauffälligen Heilungsverlaufs nach Ablauf von drei Monaten postoperativ wieder für leichte bis mittelschwere Männerarbeiten im Tagesdienst, in überwiegend sitzender Körperhaltung ohne Heben und Tragen und Bewegen von schweren Lasten ohne technische Hilfsmittel und ohne regelmäßige Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen vollschichtig für leistungsfähig erachtet. Schließlich hat der Senat Dr. J. ergänzend schriftlich als sachverständige Zeugin angehört. Diese hat berichtet, dass es beim Kläger zu einer erheblichen Verschlechterung der Sehschärfe in der Ferne mit Brillenkorrektur auf 0,4 rechts und 0,1 links (24.06.2014) gekommen sei. Hierdurch sei die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers für Berufsbilder, die eine gute Sehschärfe erforderten erheblich eingeschränkt, eine zeitliche Begrenzung bedinge dies jedoch nicht.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist statthaft und zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 29.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen trotz der bei ihm bestehenden, nicht unerheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erfüllt, weil ihm leichte, in wechselnder Körperhaltung ausgeübte berufliche Tätigkeiten bei Berücksichtigung weiterer qualitativer Einschränkungen (ohne Zwangshaltungen, ohne permanente Arbeiten über Kopf, ohne Arbeiten mit besonderer Beanspruchung der Feinmotorik der Hände, ohne ständige Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten mit ständigem Treppensteigen, ohne ständiges Arbeiten im Freien, unter Exposition von Hitze, Kälte, Nässe, Zugluft und Temperaturschwankungen sowie ohne Nachtschicht) zumindest noch sechs Stunden täglich zumutbar sind und mit diesem Leistungsvermögen im Sinne der gesetzlichen Regelungen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend hierzu ist Folgendes auszuführen: In Übereinstimmung mit der Auffassung des SG geht auch der Senat davon aus, dass im Vordergrund der die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers einschränkenden Erkrankungen die orthopädischen Leiden stehen und hierbei insbesondere die von der Lendenwirbelsäule ausgehenden Beschwerden. So verblieb nach der im Februar 2005 erfolgten Spondylodese der Segmente L3 bis S1 eine Restbeschwerdesymptomatik und bei beginnenden degenerativen Verschleißerscheinungen der LWS liegt insoweit eine endgradige Funktionseinschränkung vor. Eine radikuläre Ausfallsymptomatik ist hiermit jedoch nicht verbunden. Trotz der insoweit bestehenden Beschwerdesituation lässt sich hieraus keine rentenrelevante Leistungsminderung herleiten. Insoweit hat bereits das SG zutreffend auf den von dem Sachverständigen Dr. T. erhobenen orthopädischen Befund hingewiesen, der nicht auf schwerwiegende Schmerzzustände schließen lässt. So hat der Sachverständige das Gangbild des Klägers beim Betreten des Untersuchungszimmers als zügig und raumgreifend flüssig beschrieben, wobei auch das anschließende Auskleiden von Ober- und Unterkörper ohne Schwierigkeiten erfolgt sei, insbesondere habe der Kläger hierbei Rumpfbeugen zügig und ohne Komplikationen durchgeführt. Auch konnte sich der Kläger - so der Sachverständige - aus dem Langsitz ohne Probleme aufrichten. Entsprechende Befunde erhob zuvor auch schon Dr. L., die den Kläger auf Veranlassung der Beklagten im Verwaltungsverfahren gutachtlich untersuchte. Auch sie beschrieb ein ungestörtes Gangbild, wobei dem Kläger auch die erschwerten Gangarten möglich waren, und ein im Übrigen weitgehend ungestörtes Bewegungsmuster mit einem regelrechten postoperativen Befund ohne Hinweise auf neurologische Ausfälle oder Wurzelreizsymptome. Auf von der Lendenwirbelsäule ausgehende schwerwiegende Schmerzzustände weisen diese Befunde nicht hin. Allerdings führt diese Erkrankung zu einer Minderbelastbarkeit des Haltungs- und Bewegungsapparates, weshalb Dr. L. und Dr. T. dem Kläger lediglich noch leichte (und nur gelegentlich auch mittelschwere) Arbeiten, d.h. solche, die nicht mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg verbunden sind, zumuten wollen. Nicht mehr zumutbar sind ferner Zwangshaltungen, wie ständiges Bücken oder Knien, permanente Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten, die mit ständigem Gehen, Stehen oder Treppensteigen verbunden sind. Entsprechendes gilt für Arbeiten unter ständiger Exposition von Hitze, Kälte, Nässe, Zugluft und Temperaturschwankungen, da derartige Arbeitsbedingungen zu einer Verstärkung des Beschwerdezustandes führen können. Im Hinblick auf die von dem Sachverständigen Dr. T. beschriebenen Verschleißerscheinungen im Bereich der Halswirbelsäule ist ferner nachvollziehbar, dass der Sachverständige dem Kläger Arbeiten, die permanent über Kopf ausgeführt werden, nicht mehr zumuten will. Wegen der in Folge des Morbus Dupuytren erfolgten Amputation des linken Kleinfingers kommen für den Kläger schließlich auch Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Feinmotorik der Hände nicht mehr in Betracht. Bei Beachtung dieser Einschränkungen sieht der Senat ebenso wenig wie Dr. T. und ihm folgend das SG keine Gründe, die im Hinblick auf die orthopädischen Erkrankungen des Klägers der Ausübung einer zumindest sechsstündigen Tätigkeiten entgegen stehen könnten.

Auch die im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Ermittlungen haben die vom Kläger geltend gemachte rentenrelevante Leistungsminderung nicht bestätigt. Soweit beim Kläger im April 2013 im Bereich der Lendenwirbelsäule eine Korrekturoperation mit Verkürzung der Fusionsstrecke auf L4 bis S1 und Neubestückung des Fixateurs bzw. Neuanlage der Schrauben durchgeführt worden ist, ist der Heilungsverlauf regelrecht gewesen und hat, wie dem Entlassungsbericht der Rehaklinik H. zu entnehmen ist, ein zeitgerechtes Resultat gezeigt. Entsprechend sind die behandelnden Ärzte der Rehabilitationsmaßnahme für den Senat nachvollziehbar auch davon ausgegangen, dass der Kläger nach drei Monaten postoperativ wieder in der Lage sein würde, eine leidensgerechte Tätigkeit vollschichtig zu verrichten. Für leidensgerecht erachtet haben sie dabei - ähnlich wie zuvor schon Dr. L. und Dr. T. - leichte bis mittelschwere Arbeiten in überwiegend sitzender Körperhaltung, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten und ohne regelmäßige Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltung. Anhaltspunkte dafür, dass sich der von Anfang an regelrecht verlaufende Genesungsprozess entgegen des zu erwartenden weiteren Verlaufs entwickelt haben könnte, liegen nicht vor. Auch der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass im Heilungsverlauf nach Entlassung aus der Rehaklinik H. Unregelmäßigkeiten oder Komplikationen aufgetreten sind.

Auch für den Zeitraum vor der im April 2013 erfolgten Operation vermag der Senat im Hinblick auf in Betracht zu ziehende, seinerzeit möglicherweise aufgetretene schwerwiegende Schmerzzustände keine rentenrelevante Leistungseinschränkung festzustellen. Insoweit sind insbesondere keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es beim Kläger Mitte 2011, d.h. im Zusammenhang mit der von dem Neurochirurgen Dr. B. angenommenen Schraubenlockerung - eine solche verneinte der Radiologe Dr. S. auf Grund der am 16.08.2011 durchgeführten Kernspintomographie allerdings ausdrücklich - zu einer erheblichen Schmerzverstärkung gekommen wäre, die dann wiederum die operative Behandlung notwendig gemacht hätte. Denn fachorthopädische Behandlung hat der Kläger weder im Vorfeld dieser Untersuchung noch anschließend in Anspruch genommen. Denn der behandelnde Orthopäde Dr. G. hat in seiner dem Senat im November 2012 erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge mitgeteilt, dass sich der Kläger bei ihm letztmals im Oktober 2010, und zwar am 19. und 29.10.2010 vorgestellt hatte. Seinerzeit hatte Dr. G. wegen eines lokalen Weichteilinfekts im Bereich der LWS mit Verstärkung der LWS-Beschwerden eine stationäre Behandlung veranlasst, durch die mittels Antibiotika- und Schmerztherapie eine rasche Besserung erreicht wurde. In dem sich anschließenden Zeitraum ab November 2011 sind dann lediglich noch Vorstellungen bei dem Neurochirurgen Dr. B. dokumentiert, und zwar zunächst im August 2011 und hiernach im Dezember 2012, wobei Dr. B. seinerzeit jedoch keine Behandlungsmaßnahmen eingeleitet hat. Vielmehr hat er den Kläger - wie seiner dem Senat erteilten Auskunft zu entnehmen ist - lediglich beraten, und zwar - so seine Ausführungen im Arztbrief vom 26.08.2011 - im Hinblick auf die vom Kläger "gewünschte" Operation. Erst anlässlich der im Januar 2013 erfolgten Vorstellung wurde dann die Durchführung einer Revisionsoperation für den 17.01.2013 geplant, welche dann schließlich im April 2013 tatsächlich durchgeführt wurde. Schließlich hat Dr. B. im Rahmen seiner dem Senat erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge im Vorstellungszeitraum seit August 2011 auch eine Änderung im Gesundheitszustand des Klägers ausdrücklich verneinet. Vor dem Hintergrund dessen vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass eine zunehmende Verschlechterung der Schmerzsituation ab ca. Mitte 2011 schließlich in den im April 2013 erfolgten operativen Eingriff gemündet hat. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass sich der Kläger bei im Wesentlichen gleichbleibender Beschwerdesituation schließlich zu der mehrfach mit Dr. B. diskutierten Revisionsoperation entschieden hat, obwohl Dr. B. ihm nicht hat garantieren können - so die Ausführungen im Operationsbericht -, dass danach Beschwerdefreiheit besteht. Hierfür sprechen schließlich auch die weiteren Ausführungen des Dr. B. in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge, wonach bezüglich der diskutierten Operation die Ergebniserwartungen des Klägers schwer zu definieren gewesen seien.

Nach alledem kann der Kläger daher zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen noch wenigstens sechs Stunden täglich ausüben. Er ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie den Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht wesentlich anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.

Soweit der Kläger zu dieser Frage der Benennungspflicht die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt hat, lehnt der Senat dies ab. Denn es handelt sich insoweit - ob eine sog. "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" vorliegt - um eine vom Senat zu beantwortende Rechtsfrage.

Soweit der Kläger im Hinblick auf die zuletzt von dem behandelnden Augenarzt Dr. J. mitgeteilte Verschlechterung des Sehvermögens geltend gemacht hat, ein Versicherter, der trotz Sehhilfe (Brille) beim Sehen auf eine Lupe angewiesen sei, könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht bestehen, ist darauf hinzuweisen, dass sich der dem Senat erteilten Auskunft des Dr. J. , auf die sich der Kläger bezieht, eine derart weitreichende Einschränkung des Sehvermögens nicht entnehmen lässt. Darin hat Dr. J. , der eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit durch die Einschränkung der Sehfähigkeit im Übrigen nicht gesehen hat, lediglich darauf hingewiesen, dass der Kläger auf Grund der Sehschärfe "ggf. vergrößernde Sehhilfen (Lupe) für Seh-Aufgaben" in Anspruch nehmen müsse. Damit hat er die Verwendung einer Lupe für das Sehen nicht generell für erforderlich erachtet, sondern nur dann, wenn es im Rahmen einer leidensgerechten, keine gute Sehschärfe erfordernden Tätigkeit, im Einzelfall gleichwohl erforderlich sein sollte, etwas exakt zu sehen. Mit der von Dr. J. angegebenen Herabsetzung der beidäugigen Sehschärfe mit Brillenkorrektur auf 0,4 kann der Kläger zwar keine Tätigkeiten mehr verrichten, die eine gute Sehschärfe erfordern - so seine Ausführungen -, hingegen sind, worauf die Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. R. in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte überzeugend hingewiesen hat, bspw. Büroarbeiten am PC ebenso möglich wie Tätigkeiten mit gröberen Werkstücken. Von einer besonders einschneidenden Behinderung in dem oben dargelegten Sinn vermag der Senat daher nicht auszugehen, weshalb die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht erforderlich ist.

Da der medizinische Sachverhalt im Hinblick auf die Einschränkung der Sehfähigkeit des Klägers durch die zuletzt vom Senat eingeholte Auskunft des behandelnden Augenarztes Dr. J. hinreichend aufgeklärt ist, ist die Einholung eines Gutachtens auf augenärztlichem Fachgebiet nicht erforderlich. Den Antrag des Klägers auf Einholung eines augenärztlichen Sachverständigengutachtens lehnt der Senat daher ab.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren im Übrigen beantragt hat, ein Gutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass er nicht mehr über eine hinreichende Wegefähigkeit verfügt, lehnt der Senat diesen Antrag ebenfalls ab.

Zwar gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich, so dass das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos ist, weshalb das entsprechende Defizit zur vollen Erwerbsminderung führt.

Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in diesem Sinne nicht mehr über ein Mindestmaß an Mobilität verfügen würde, sieht der Senat nicht. Auch die im Laufe des Verfahrens mit den Gesundheitsstörungen des Klägers befassten Ärzte haben den Kläger in seiner Gehfähigkeit nicht in einem solchen Ausmaß eingeschränkt gesehen. Soweit sich der Kläger insoweit auf den Entlassungsbericht der Rehaklinik H. beruft, in dem seine Angaben über eine Einschränkung seiner Gehfähigkeit dokumentiert sind (schmerzbedingt müsse er nach 200 m eine Pause einlegen), ist darauf hinzuweisen, dass sich der von den dortigen Ärzte geäußerte Verdacht, die schmerzhafte Gehbehinderung lasse sich im Rahmen einer arteriellen Verschlusskrankheit erklären, bestätigt hat. Denn ausweislich des Entlassungsberichts des Klinikums Mittelbaden vom 16.05.2014 hat sich anlässlich der dort durchgeführten Untersuchung in der AIC rechts eine höhergradige hämodynamisch relevante Stenose gezeigt, die nach Stentversorgung beim Kläger zu Beschwerdefreiheit geführt hat. Hinweise auf eine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit sieht der Senat vor diesem Hintergrund nicht; entsprechend besteht auch kein Anlass für die Einholung des vom Kläger beantragten Gutachtens zur Feststellung seiner Gehfähigkeit.

Nach alledem kann die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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