L 13 AL 5011/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 1683/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 5011/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. September 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes (Alg).

Die 1982 geborene Klägerin, die im Jahr 2001 das Abitur abgelegt hat, absolvierte nach ihren Angaben von 1999 bis 2001 eine Ausbildung zur Fitness- und Aerobictrainerin beim Badischen Turnerbund sowie von 2001 bis 2002 zur Pflegehelferin im Klinikum K ... Danach nahm sie am 1. September 2002 ein Studium an der ArtEZ hogeschool voor de kunsten, A. (Kunsthochschule A.) auf. Gemäß dem dort am 30. Juni 2006 erworbenen Bachelor-Diplom im Fach "Dance in education" (sinngemäß: Tanz in der Pädagogik) und weiteren Angaben dazu beinhaltete der Lehrplan auch die Vermittlung der Fähigkeiten, in N. "CKV2" Fächer (Culturele en kunstzinnige vorming [kulturelle und künstlerische Bildung] 2, theoretische achtergrond [theoretischer Hintergrund]) zu unterrichten. Bei diesen handelt es sich um Wahlfächer in der Oberstufe zur Vermittlung theoretischer Hintergründe verschiedener Disziplinen wie Bildende Kunst, Tanz, Musik, Theater, Film und Kunstgeschichte. Ferner absolvierte sie ab August 2009 bei D. in D. eine Weiterbildung in Schauspiel, Tanz und Gesang.

In der Zeit von 2003 bis 2009 war die Klägerin nach ihren Angaben zeitweilig u.a. als Tänzerin, Sängerin, Tanzlehrerin (Tanzschule), Jazztanzlehrerein an der Universität K., Choreographin sowie Musical- und Musiktheaterdarstellerin tätig. Außerdem arbeitete sie - beitragspflichtig zur Arbeitslosenversicherung - in der Zeit vom 15. November 2007 bis 15. Mai 2009 als Servicemitarbeiterin bei der Spitalstiftung K. sowie vom 1. bis 31. Juli 2008 und 1. September 2008 bis 22. Mai 2009 als Schauspielerin bei der W.-Landesbühne in E. Auf ihren Antrag vom 16. April 2009 bezog sie von der Beklagten danach ab 23. Mai 2009 Alg (Bescheide vom 3. und 15. Juni 2009) bis 27. Dezember 2009 (Aufhebungsbescheid vom 22. Dezember 2009). Vom 28. Dezember 2009 bis 26. April 2011 übte die Klägerin eine - durch Gewährung von Gründungszuschuss durch die Beklagte bis 27. März 2011 geförderte (Bescheide vom 7. Januar 2010 und 21. Juli 2010) - selbstständige Tätigkeit als Tänzerin und Tanzpädagogin aus. Sie entrichtete während dieser Zeit freiwillige Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von insgesamt 365,24 EUR (Beitragsnachweise vom 26. Januar 2010, 22. Dezember 2010 und 4. Mai 2011).

Nach ihrer Arbeitslosmeldung gab die Klägerin zum Antrag auf Gewährung von Alg ab 27. April 2011 u.a. an, ihre selbständige Tätigkeit als Tanzpädagogin in einem Umfang von zwei Stunden pro Woche fortzuführen und verneinte die Frage, ob sie bestimmte Beschäftigungen nicht mehr ausüben könne oder sich zeitlich einschränken müsse (aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen). Ferner unterzeichnete sie am 4. Mai 2011 eine Eingliederungsvereinbarung (EV; Ziel: Arbeitsaufnahme als Tanzpädagogin in K. [Umkreis 30 km]). Die Klägerin gab in dem Zusammenhang gemäß einem Vermerk vom 4. Mai 2011 (Bl. 65 Verw.-Akte) auch an, sie wolle ein "Studium Richtung Schulamt absolvieren" und habe sich mit dem Schulamt T. sowie der PH in W. in Verbindung gesetzt.

Sodann bewilligte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 4. Mai 2011 (zur Bemessung) und Bewilligungsbescheid vom 5. Mai 2011 ab 27. April 2011 für 240 Tage Alg in Höhe von täglich 27,55 EUR unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgelts von 68,63 EUR. Da die Klägerin in den letzten 2 Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Alg gehabt habe, sei bei der Bemessung des Alg ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen und zwar nach der Qualifikationsstufe bzw. Qualifikationsgruppe (QGR) 3, weil sie für eine Tätigkeit als Gymnastik-/Tanzpädagogin in erster Linie geeignet sei.

Auf den hierauf am 10. Mai 2011 eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, sie sei keine Gymnastiklehrerein sondern habe ein vierjähriges Studium zur staatlich diplomierten Bühnentänzerin und Bühnentanzpädagogin mit integriertem Pädagogikstudium zur Lehrerin in primary und secondary education abgeschlossen, weswegen die QGr 3 zu niedrig sei, bewilligte ihr die Beklagte dann mit Änderungsbescheid vom 23. Mai 2011 ab 27. April 2011 Alg in Höhe von täglich 32,82 EUR unter Zugrundelegung der QGr 2 und damit eines Bemessungsentgelts von täglich 85,17 EUR. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2011 als unbegründet zurück. Die Vermittlungsbemühungen hätten sich nach der am 4. Mai 2011 abgeschlossenen EV in erster Linie auf eine Tätigkeit als Tanzpädagogin zu richten. Die Qualifikation für eine entsprechende Tätigkeit werde in der Regel mit einer erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung und einer zweijährigen Weiterbildung an einer Fachhochschule erreicht und sei der QGr 2 zuzuordnen. Es komme auf die Beschäftigung an, auf die sich die Vermittlungsbemühungen zu erstrecken hätten.

Deswegen hat die Klägerin am 24. Juni 2011 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.

Am 18. Juli 2011 hat die Klägerin eine weitere EV mit der Beklagten abgeschlossen (Ziel: "Befristete Arbeitsaufnahme als Tanzpädagogin bundesweit bis Anerkennung des Studienabschlusses").

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte ihren Bewilligungsbescheid - wegen einer angezeigten zeitweiligen Arbeitsaufnahme (6. bis 27. August 2011) - für die Zeit vom 6. bis 27. August 2011 aufgehoben und die Leistungen ab 28. August 2011, nun bis 17. Januar 2012, bei unverändertem Leistungsbetrag wieder bewilligt (Bescheide vom 8. August und 12. September 2011).

Die Klägerin hat im Wesentlichen geltend gemacht, bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts sei die QGr 1 zu Grunde zu legen. Nach einer ihr erteilten Auskunft richte sich die Höhe des Alg nach dem Studium, wenn sie im studierten Beruf gearbeitet habe. Eine Vermittlung als Tanzpädagogin sei aussichtlos, weil diese ausschließlich freiberuflich tätig seien. Zwar arbeite sie in geringem Umfang zwei Stunden in der Woche freiberuflich als Tanzpädagogin, doch könne sie diesen Beruf in Vollzeit verletzungsbedingt auch nicht mehr ausüben. Die körperlichen Belastungen seien vergleichbar mit denen im Leistungssport. Sie habe gegenüber der Beklagten schon im März 2011 erklärt, dass sie unter den Folgen einer Fußverletzung und seit 1 ½ Jahren unter Rückenproblemen leide und nicht als Tanzlehrerin bzw. Tänzerin arbeiten könne. Wenn sie auch angegeben habe, keine gesundheitlichen Einschränkungen zu haben, sei doch klar gewesen, dass sie als Tanzlehrerein nicht mehr tätig sein könne und sich auf eine Lehrertätigkeit konzentriere. Da für eine Tätigkeit als Sekundärlehrerin im Bereich Sport und Musik keine Einschränkungen bestünden, habe sie das Vorliegen von solchen im Antrag verneint. Sie bemühe sich um eine Anstellung als Sekundarlehrerin, entsprechend ihrem studierten Beruf. Schon in N. habe sie an Schulen gearbeitet. Wie sie schon erklärt habe, wolle sie ihr in N. erworbenes Lehramtsdiplom mit Lehrbefähigung für Primär- und Sekundärschule in den Fächern Tanz und CKV in der Schweiz und in Deutschland anerkennen lassen mit den Fächern Sport und Musik, in denen sie gerne an einer Schule arbeiten würde. Im Übrigen habe sie auch nicht erklärt, dass sie ein Lehrerstudium absolvieren wolle, denn sie sei bereits Lehrerin. Obwohl sie ein Hochschulstudium für das Lehramt absolviert habe, werde sie von der Beklagten als Gymnastik- und Tanzlehrerein "abgestempelt". Sie habe erklärt, dass sie sich eine Tätigkeit als Lehrerin, im Bereich Gesundheit und Soziales und Kunst und Kultur vorstellen könnte. Einer Vermittlung zur Tanzpädagogin habe sie nie zugestimmt. Aus ihrem Versuch, ihr Diplom anerkannt zu bekommen, zeige sich auch, dass sie eine Lehrertätigkeit anstrebe. Sie habe sich auch an allgemeinbildenden Schulen beworben. Fakt sei, dass sie ordentlich studierte Lehrerin für CKV, Kulturgeschichte und Tanz sei. Wenn diese Fächer in Deutschland keine Pflichtfächer seien und in Baden-Württemberg an allgemeinbildenden Schulen nicht unterrichtet würden, ändere dies nichts an der Tatsache, dass sie studierte Lehrerin und in QGr 1 einzustufen sei. Ihr vier Jahre dauerndes Studium in N. entspreche der Regelstudienzeit für Lehrer in Deutschland. Im Übrigen gebe es auch in Deutschland Studiengänge im Bereich Kunst. Mit ihrem vierjährigen Studium sei sie nicht nur Lern-Assistentin, sondern Lehrerin in der Sekundarstufe einschließlich Gymnasium. Inzwischen habe sie auch in Sch. an einer Schule gearbeitet, zum einen als Klassenassistenz für Englisch und Französisch und zum anderen habe sie ein Musicalprojekt geleitet. Sie arbeite jetzt als Sportlehrerin und habe noch zwei Semester in St. G. als Gasthörerin an der Universität teilgenommen und mache nun ein Aufbaustudium noch für Französisch und Musik. Sie habe die EV unter Druck unterschrieben, obwohl sie nicht als Tanzpädagogin habe vermittelt werden wollen, und die Unterschrift nur geleistet, um nicht länger der Kritik der Vermittlerin ausgesetzt zu sein, und zu dem weiteren Gespräch keine weitere Lust gehabt habe und sich nicht länger hat beleidigen lassen wollen.

Die Klägerin hat u.a. ihr Bachelor-Diplom vom 30. Juni 2006 und ein Schreiben des Bildungsministeriums der N. vom 28. April 2011 vorgelegt, wonach sie die Prüfung für die Qualifizierung als Lehrerin in der Sekundarstufe (dort) erfolgreich bestanden habe und daher qualifiziert sei, an verschiedenen Schulen zu unterrichten. Das Studium habe vier Jahre gedauert und sei von einer akkreditierten Einrichtung der höheren Bildung organisiert worden. Die Regelungen der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union vom 7. September 2005/36/EG seien eingehalten. Am 9. Dezember 2011 hat die Klägerin schließlich den Bescheid des Regierungspräsidiums Baden-Württemberg (RP) vom 16. August 2011 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, der dem Bachelor of dance in education vom 30. Juni 2006 an der Tanzakademie in A./N. zu Grunde liegende Studiengang als Tänzerin sei formal einer Ausbildung für das Lehramt an Gymnasien bzw. Realschulen des Landes Baden-Württemberg im Fach Tanz Schwerpunkt Sekundärstufe I/II vergleichbar. Die Klägerin verfüge über eine abgeschlossene niederländische Ausbildung als Tanzlehrerin. Prinzipiell umfassten in Baden-Württemberg die Lehramtsstudiengänge für alle Schularten stets zumindest eine Zwei-Fächer-Verbindung nach der gültigen Studienordnung. Es bestehe daher auch keine Möglichkeit, eine Ausbildung nur in einem Fach anzuerkennen. Außerdem sei das Fach Tanz in Baden-Württemberg kein Unterrichtsfach. Eine Anerkennung gemäß der Richtlinie 2005/36/EG sei deshalb nur dem Grunde nach möglich. Wegen der Verschiedenheit der Abschlüsse könne es nur um eine Anrechnung früherer Studienleistungen für ein Lehramtsstudium in Baden-Württemberg gehen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Voraussetzungen für eine fiktiver Bemessung des Alg seien erfüllt. Im Übrigen erfolge die QGr-Einstufung danach, worauf sich die Vermittlungsbemühungen bei dem Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hätten und nicht primär im Hinblick auf die Ausbildung. Im Übrigen seien Eignung, Neigung und Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Es sei eine Prognoseentscheidung zum Zeitpunkt der Entstehung des Stammrechts, der Arbeitslosemeldung, zu treffen. Insofern habe die Klägerin angegeben, im Umkreis von 30 km eine Stelle als Tanzpädagogin anzustreben, was sich auch aus der EV ergebe. In diese Tätigkeit sei die Klägerin auch bestmöglich eingliederbar. Die für diese Tätigkeit erforderliche berufliche Qualifikation entspreche der QGr 2. Bei der Arbeitslosemeldung habe die Klägerin auch nicht erklärt, dass sie nicht als Tanzpädagogin arbeiten könne. Sie habe keine gesundheitlichen Einschränkungen angegeben, sondern vielmehr, dass sie auch noch freiberuflich als Tanzpädagogin arbeite. Am 4. Mai 2011 habe sie schließlich auch erklärt, sie wolle noch ein Studium Richtung Lehramt absolvieren, wobei sie auf eine Verkürzung durch die Anerkennung der in N. erworbenen Scheine gehofft habe. Nach dem Vermerk vom 27. April 2011 habe sie sich ohne Einschränkung für eine Tätigkeit als Tanzpädagogin zur Verfügung gestellt und angegeben, sie bewerbe sich auch in diesem Bereich. Entsprechendes ergebe sich auch aus der Bewerbungsübersicht. Im Übrigen berechtige die Ausbildung in N. die Klägerin nicht zur Ausübung einer Beschäftigung im Schuldienst in Deutschland. Selbst wenn eine Anerkennung des Abschlusses erfolge und dadurch eine Einstellung im Schuldienst realistisch würde, wäre bezüglich des Vermittlungsziels auf dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches auf das Stammrecht abzustellen, also den 27. April 2011. Zu diesem Zeitpunkt sei eine Anerkennung jedenfalls nicht erfolgt.

Nach einem während des Klageverfahrens von der Beklagten veranlassten arbeitsamtsärztlichen Gutachten vom 19. September 2011 ergäben sich "unter kritischem Abgleich des eigenanamnestisch abgegebenen Anforderungsprofiles der zuletzt ausgeübte Tätigkeit Diskrepanzen, so dass diese Tätigkeit zumindest nicht mehr vollschichtig zumutbar" erscheine und berufsfördernde Maßnahmen geprüft werden sollten. Diese Tätigkeit könne im bisherigen Umfang nicht mehr ausgeübt werden. Im Hinblick darauf hat die Beklagte eingeräumt, dass die Klägerin als Tanzpädagogin zumindest nicht mehr vollschichtig arbeiten könne. Gleichwohl sei sie höchstens in die QGr 2 einzustufen, möglicherweise auch nur in die QGr 3. Das Studium der Klägerin in N. eröffne für sich allein keinen Zugang zu einer Tätigkeit im Schuldienst an deutschen Gymnasien. Sie habe zwar einen berufsqualifizierenden Abschluss, jedoch nicht als Lehrerin. Der in N. erworbene Abschluss können allenfalls die Einstellung als Lernassistentin eröffnen. Eine solche Tätigkeit sei nicht in die QGr 1 einzustufen. Hierzu hat die Beklagte u.a. noch Ausdrucke mit Informationen zum Zugang ins Lehramt in Deutschland sowie zum Studium mit dem Abschluss Bachelor of education vorgelegt. Ferner hat sie allgemein zugängliche Unterlagen des Regierungspräsidiums T. betreffend die Anerkennung ausländischer Lehramtsprüfungen und Regelungen zur Einstellung ins Lehramt und über die Anerkennung im Ausland erworbener, dort anerkannter, Befähigungen für eine Lehrberuf vorgelegt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26. September 2013 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen der Einstufung der Beschäftigungen zur Ermittlung des Bemessungsentgelts für die Bewilligung von Alg ließen im Falle der Klägerin lediglich ein Einstufung in die QGr 2 zu. Die Einstufung bestimme sich maßgeblich nach der Beschäftigung, auf die die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen zu erstrecken habe. Nicht maßgeblich abzustellen sei auf den höchsten Abschluss eines Arbeitslosen, solange sich die Vermittlung nicht hauptsächlich auf einen Beruf zu erstrecken habe, für den dieser Abschluss tatsächlich auch benötigt würde. Es genüge nicht, dass die Klägerin ein Hochschulstudium tatsächlich abgeschlossen habe. Zwar dürfte die Entscheidung der Beklagten, die Klägerin in eine Tätigkeit als Tanzpädagogin zu vermitteln sowohl auf Grund der Tatsache, diese wohl in den allermeisten Fällen als selbständige Tätigkeit ausgeübt werde, als auch deshalb, weil die Klägerin auch diese aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr ausüben könne, fehlerhaft gewesen sein. Die Vermittlungsbemühungen hätten sich jedoch nicht auf eine Tätigkeit als Lehrerin in der Sekundarstufe oder auf eine andere Tätigkeit, die ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraussetze, zu konzentrieren gehabt. Es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin in eine Stelle als Lehrerin in Baden-Württemberg oder in Deutschland hätte vermittelt werden können ohne vorheriges weiteres Studium. Sie habe zum damaligen Zeitpunkt nicht die Qualifikation gehabt, um eine Stelle als Lehrerin im staatlichen Schuldienst antreten zu können. Die Möglichkeit, die Tätigkeit eines Lehrers im Schuldienst ausüben zu können, bedürfe der Anerkennung des ausländischen Abschlusses als formelle Voraussetzung. Dies zeige auch die vom Regierungspräsidium T. am 16. August 2011 getroffene Entscheidung. Auch wenn die Klägerin in den N.n eine Qualifikation erworben gehabt habe, die sie dort unmittelbar berechtigt habe, an einer weiterführenden Schule bestimmte Fächer zu unterrichten, scheitere eine Anerkennung dieses Abschlusses bereits daran, dass das von der Klägerin studierte Fach Tanz/Tanzpädagogik an Schulen in Deutschland nicht unterrichtet werde. Gleichzeitig werde von Lehrern verlangt, dass sie zumindest zwei Schulfächer unterrichteten. Auch für andere Bundesländer fehle der Klägerin die Anerkennung ihres Abschlusses aus N ... Schon deshalb sei es zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches auf Alg nicht aussichtsreich gewesen, die Klägerin als Lehrerin an eine Schule zu vermitteln. Eine andere Tätigkeit, auf die sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in Deutschland hätten konzentrieren müssen und die eine Einstufung in die QGr 1 rechtfertigten, seien nicht ersichtlich. Auf eine Tätigkeit der Klägerin in Sch. an einer Schule, hätten sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten ebenfalls nicht in erster Linie zu erstrecken gehabt. Damit habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts entsprechend der QGr 1. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Gegen das ihr am 30. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. November 2013 Berufung eingelegt. Sie wiederholt im wesentlichen ihr Vorbringen im vorangegangen Verfahren. Ihr fehlten zwar für das Lehramt eine Fächerverbindung mit "gültigen Unterrichtsfächern", sie habe aber eine Ausbildung bzw. einen Abschluss als Diplomtanzpädagogin, die auch in Deutschland als Studiengang angeboten werde. Auch auf Grund dessen hätten sich die Vermittlungsbemühungen auf "eine Tätigkeit mit Hochschulausbildung" erstrecken müssen. Da sie ohnehin ein Pädagogikstudium absolviert habe, sei sie in QGr 1 einzustufen. Fakt sei, dass sie vier Jahre studiert habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. September 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 5. Mai 2011 in der Fassung des Bescheids vom 23. Mai 2011 in Form des Widerspruchsbescheids vom 24. Mai 2011 und in der Fassung der Bescheide vom 8. August 2011 und 12. September 2011 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld nach der Qualifikationsgruppe 1 für die Zeit vom 27. April bis 5. August 2011 und vom 27. August 2011 bis zum 17. Januar 2012 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Soweit sich die Vermittlungsbemühungen auf eine Tätigkeit als Tanzpädagogin zu erstrecken gehabt hätten, führe das nicht zur QGr 1. Für eine entsprechende Tätigkeit sei ein Studium nicht erforderlich. Auf dem Arbeitsmarkt gebe es viele nicht studierte Tanzpädagoginnen. Jedenfalls sei ein Studium nicht erforderlich.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht zu beanstanden, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zugrundelegung einer höheren QGr bei der Bemessung des Alg.

Die Beklagte hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin im maßgeblichen Bemessungszeitraum vom 27. April 2009 bis 26. April 2011 gemäß § 130 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis zum 2. Mai 2011 geltenden Fassung (alte Fassung [a.F.] jetzt § 150 SGB III) weniger als 150 Tage Anspruch auf Alg hatte und daher gemäß § 132 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (a.F.) hinsichtlich der Höhe des Alg fiktiv einzustufen war.

Hiervon ausgehend hat die Klägerin keinen Anspruch auf Einstufung in die höhere QGr 1.

Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der QGr zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F.). Gemäß § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. ist dabei für Beschäftigungen, die 1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (QGr 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von ein Dreihundertstel der Bezugsgröße, 2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (QGr 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von ein Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße, 3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (QGr 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von ein Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße, 4. keine Ausbildung erfordern (QGr 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von ein Sechshundertstel der Bezugsgröße zu Grunde zu legen.

Die Beklagte hat die Klägerin vorliegend zu Recht in keine höhere QGr, als die QGr 2 eingestuft. Das Arbeitsentgelt, das der Bemessung zugrunde zu legen ist, richtet sich nicht in erster Linie nach dem Beruf, den der Arbeitslose bisher ausgeübt hat (vgl. Brandt in Niesel/Brand, SGB III, 5. Auf., 2010, § 132 Rdnr. 5; Bay. LSG, Urteil vom 14. Januar 2010 - L 8 AL 220/08 - Juris). Es ist vielmehr zunächst im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu prüfen, auf welche Beschäftigung die Vermittlungsbemühungen der Beklagten ab dem 27. April 2011 zu erstrecken sind (erster Prüfungspunkt) und sodann, welche in § 132 Abs. 2 SGB III a. F. genannte Ausbildung hierfür üblicherweise erforderlich ist (zweiter Prüfungspunkt; vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 27. Mai 2009, L 10 AL 378/07; erkennender Senat, Urteil vom 15. November 2011, L 13 AL 661/10, in Juris sowie Urteil vom 18. Oktober 2011, L 13 AL 5077/10 und Urteil vom 19. Februar 2013, L 13 AL 3355/11in www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Auf welche Beschäftigung der Arbeitslose vermittelt werden kann, hängt auch von seiner beruflichen Qualifikation ab, so dass die berufliche Qualifikation ein wesentliches Kriterium für die Eingruppierung ist. Als Beschäftigung im Sinne von § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III a. F. ist die in nennenswertem Umfang vorhandene, nach Lebensalter, Eignung, Neigung und Leistungsfähigkeit des Arbeitsuchenden realistisch maßgebende Beschäftigung zu verstehen, auf die die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu richten sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob der Arbeitslose bundesweit vermittelbar (unbeschränkt ausgleichsfähig) oder seine Vermittlungsfähigkeit eingeschränkt ist. Bei uneingeschränkter Ausgleichsfähigkeit sind alle Beschäftigungen berücksichtigungsfähig, die der Arbeitslose als nicht Ortsgebundener auf dem Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland ausüben kann (vgl. Brandt in Niesel/Brandt, SGB III, 5. Aufl., 2010, § 132 Rdnr. 6).

Es ist allerdings nicht allein maßgeblich darauf abzustellen, welchen höchsten Abschluss ein Arbeitsloser einmal erlangt hat, solange sich die Vermittlung nicht hauptsächlich auf einen Beruf zu erstrecken hat, für den dieser Abschluss tatsächlich auch benötigt wird. Es war deshalb für eine Zuordnung zur QGr 1 nicht ausreichend, dass die Klägerin ein Hochschulstudium tatsächlich abgeschlossen hat. Vielmehr war zunächst zu prüfen, in welchem Beruf die Klägerin vorrangig zu vermitteln war. Dies wird zwar grundsätzlich, aber nicht nur, von der Art der Ausbildung maßgeblich beeinflusst.

Auch wenn insofern eine Vermittlung in eine Tätigkeit als Tanzpädagogin nicht in Betracht gekommen wäre, weil diese Tätigkeit wohl in den allermeisten Fällen selbständig ausgeübt wird und weil die Klägerin insofern gesundheitliche Einschränkungen hatte, hatten sich die Vermittlungsbemühungen gleichwohl auch nicht auf eine Tätigkeit als Lehrerin in der Sekundarstufe oder eine andere Tätigkeit, die ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraussetzt, zu konzentrieren gehabt.

Als Beschäftigung im Sinne des § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. ist die in nennenswertem Umfang vorhandene, nach Lebensalter, Leistungsfähigkeit, Eignung, Neigung und persönlichen Verhältnissen realistisch maßgebende Beschäftigung, auf die die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu richten sind. Bei uneingeschränkter Ausgleichsfähigkeit sind alle Beschäftigungen berücksichtigungsfähig, die der Arbeitslose als nicht ortsgebundener auf dem Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland ausüben könne (vgl. Brand in Niesel, SGB III, 6. Auflage, § 152 Rdnr. 6).

Auch zu Überzeugung des Senats war es unwahrscheinlich, dass die Klägerin in eine Stelle als Lehrerin in Baden-Württemberg oder in Deutschland hätte vermittelt werden können, ohne dass sie ein weiteres Studium absolviert hätte. Sie hatte zum damaligen Zeitpunkt nicht die Qualifikation, um eine Stelle als Lehrerin im staatlichen Schuldienst antreten zu können. Der Lehrerberuf ist in Deutschland ein reglementierter Beruf im Sinne der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (vgl. Artikel 3 Abs. 1 Nr. 1 2005/36/EG). Die Möglichkeit, die Tätigkeit eines Lehrers im Schuldienst ausüben zu können, bedarf daher der Anerkennung des ausländischen Abschlusses als formelle Voraussetzung. Dies zeigt auch die vom Regierungspräsidium T. am 16. August 2011 getroffene Entscheidung. Auch wenn die Klägerin in N. eine Qualifikation erworben hatte, die sie dort unmittelbar berechtigte, an einer weiterführenden Schule bestimmte Fächer zu unterrichten, scheitert eine Anerkennung dieses Abschlusses bereits daran, dass das von ihr studierte Fach Tanz/Tanzpädagogik an Schulen in Deutschland nicht unterrichtet wird. Gleichzeitig müssen Lehrer mindestens zwei Schulfächer unterrichteten. Auch für andere Bundeländer fehlte der Klägerin die Anerkennung ihres Abschlusses aus N ... Bereits auf Grund dieses formellen Hinderungsgrundes war es zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches auf Alg nicht aussichtsreich die Klägerin als Lehrerin an eine Schule zu vermitteln.

Eine andere Tätigkeit auf die sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in Deutschland hätten konzentrieren müssen und die eine Einstufung in die QGr 1 rechtfertigen könnten, ist nicht ersichtlich.

Auf eine Tätigkeit der Klägerin in der Schweiz an einer Schule hatten sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten ebenfalls nicht in erster Linie zu erstrecken. Auch wenn sich die Beklagte bemüht, Arbeitslose auch in andere Länder und im süddeutschen Raum vornehmlich in die Schweiz zu vermitteln, erstreckt sich der Geltungsbereich des SGB III nur auf die Bundesrepublik Deutschland, so dass insoweit mögliche Vermittlungschancen im Ausland (z.B. in N.) bei der Festlegung der QGr nicht zu berücksichtigen sind. Ungeachtet dessen, lagen die Voraussetzungen für eine Einstellung als Lehrerin bzw. für eine Tätigkeit, die ein Hochschulstudium erforderte, zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der hier zu überprüfenden Verwaltungsentscheidung nicht vor. Die später erfolgte Einstellung in der Schweiz beruhte auf der danach erst noch erworbenen weiteren Qualifikation. Eine förmliche Anerkennung des niederländischen Studienabschlusses lag insoweit, wie auch in Deutschland, nicht vor.

Soweit die Klägerin darauf hingewiesen hat, eine Ausbildung zur Tanzpädagogin werde auch im Rahmen eines vierjährigen Studiengangs in Deutschland angeboten, ist festzustellen, dass die Klägerin - unabhängig davon, dass diese Tätigkeit auch ohne Studium ausgeübt werden kann - in eine entsprechende Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründe auch nicht in einem ganzschichtigen Umfang hätte vermittelt werden können. Wie sie selbst geltend gemacht hat, konnte sie eine entsprechende Tätigkeit nicht ausüben und hat dies der Beklagten gegenüber auch zum Ausdruck gebracht. Bestätigt hat sich diese Einschränkung auch durch das von der Beklagten im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin eingeholte arbeitsamtsärztliche Gutachten vom 19. September 2011.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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