Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
205
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 205 AS 324/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Der Streit um die Verpflichtung der Exekutive zum Erlass oder zur Änderung untergesetzlicher Rechtsnormen ist nicht verfassungsrechtlicher, sondern verwaltungsrechtlicher Art.
2. Eine auf Normänderung gerichtete Normerlassklage wird von § 55a Abs. 1 SGG nicht erfasst mit der Folge, dass hierfür die funktionelle Zuständigkeit des Sozialgerichts gegeben ist.
3. Bei Erhebung einer Normergänzungsklage ist grundsätzlich die Feststellungsklage die richtige Klageart.
4. Wegen der grundsätzlichen Subsidiarität der Feststellungsklage ist eine Normergänzungsklage unzulässig, wenn der Kläger sein Begehren zumutbar mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgen kann.
2. Eine auf Normänderung gerichtete Normerlassklage wird von § 55a Abs. 1 SGG nicht erfasst mit der Folge, dass hierfür die funktionelle Zuständigkeit des Sozialgerichts gegeben ist.
3. Bei Erhebung einer Normergänzungsklage ist grundsätzlich die Feststellungsklage die richtige Klageart.
4. Wegen der grundsätzlichen Subsidiarität der Feststellungsklage ist eine Normergänzungsklage unzulässig, wenn der Kläger sein Begehren zumutbar mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgen kann.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
Der Antrag der Kläger auf Kostengrundentscheidung ist nach § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden, wenn - wie hier - das Verfahren anders als durch Urteil in der Sache beendet wird. Hier ist das Verfahren durch die einseitige Erledigungserklärung beendet, die in kostenfreien Verfahren als Klagerücknahme gewertet werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 29.12.2005 - B 7a AL 192/05 B).
Der Antrag ist unbegründet.
Die Frage, nach welchen Kriterien sich die Kostenentscheidung im Rahmen der Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG zu richten hat, ist im SGG nicht näher definiert. In der Rechtsprechung besteht aber weitgehende Einigkeit darüber, dass die Verteilung der Kosten nach billigem Ermessen zu erfolgen hat (vgl. nur Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 193 Rn. 13 mwN) wobei der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung maßgeblich ist. Diese Rechtsauffassung stützt sich auf die Prinzipien, nach denen in der Zivilprozessordnung (ZPO) Kostenentscheidungen zu treffen sind. Hiernach ist in erster Linie die Erfolgsaussicht im Zeitpunkt der Erledigung maßgeblich (Rechtsgedanke des § 91a ZPO). Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussicht, dass ein Beteiligter teilweise obsiegt, kann es auch zu einer verhältnismäßigen Kostenaufteilung kommen (Rechtsgedanke des § 92 ZPO). Schließlich ist auch die Idee des § 93 ZPO zu beachten. Danach fallen dem Beklagten keine Kosten zur Last, wenn er keine Veranlassung zur Klage gegeben hat und nach der Klageerhebung sofort ein Anerkenntnis abgibt. Diese Vorschrift verlangt, das Verhalten des Beklagten vor dem Prozess und im Prozess zu berücksichtigen. Aus all diesen Regelungen wird ein allgemeines Prinzip erkennbar, wonach derjenige die Kosten tragen soll, der sie zu Unrecht veranlasst hat. Auch die Frage nach der Erfolgsaussicht ist im Kern nur die Frage danach, wer die Aufwendungen des anderen zu Unrecht veranlasst hat. Denn der Beteiligte, der den Prozess mutmaßlich verloren hätte, hat die Gegenseite zu Unrecht in Kosten gestürzt und muss sie daher erstatten.
Nach Maßgabe dieser Prämissen entspricht es billigem Ermessen, dass die Kläger ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.
Die auf Fortschreibung der Wohnaufwendungenverordnung (WAV) gerichtete Klage war unzulässig.
1. Der Rechtsweg ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG gegeben, denn es handelt sich um eine Angelegenheit der Grundsicherung für Arbeitssuchende.
Streitentscheide Norm ist eine Norm des Grundsicherungsrechts, nämlich § 22c Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Hiernach müssen die Kreise und kreisfreien Städte die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft mindestens alle zwei Jahre und die durch Satzung bestimmten Werte für die Heizung mindestens jährlich überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen.
2. Es handelt es sich auch um eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die gerichtliche Kontrolle der Verwaltung unterliegt den (hier: besonderen) Verwaltungsgerichten, sodass der Streit um die Verpflichtung der Exekutive zum Erlass oder zur Änderung untergesetzlicher Rechtsnormen nicht verfassungsrechtlicher, sondern verwaltungsrechtlicher Art ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.07.2002 – 2 C 13.01; Axer, NZS 1997, 10, 15).
3. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das Sozialgericht funktionell zuständig.
§ 29 Abs. 2 Nr. 4 SGG greift nicht ein. Die Vorschrift bestimmt die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts für Anträge nach § 55a SGG. Anträge nach § 55a SGG sind gerichtet auf die Überprüfung der der Gültigkeit von Satzungen oder anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, die nach § 22a Absatz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden sind (§ 55a Abs. 1 SGG). Die Klage ist nicht auf die Überprüfung der Gültigkeit der WAV gerichtet, sondern auf ihre Änderung. Die Kläger begehren nicht die Feststellung der Nichtigkeit der Rechtsverordnung, sondern gehen vielmehr von ihrer Wirksamkeit aus und begehren Ergänzung der Norm. Eine auf Normänderung gerichtete Normerlassklage wird nach dem eindeutigen Wortlaut von § 55a Abs. 1 SGG nicht erfasst (Schreiber, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 55a Rn. 7).
Soweit in Rechtsprechung und Literatur vertreten wird, dass eine analoge Anwendung der Normenkontrollvorschrift (hier: § 55a SGG) insbesondere dann statthaft ist, wenn der Kläger im Wege der Normergänzungsklage geltend macht, eine Rechtsvorschrift sei unvollständig und fehlerhaft, weil sie bestimmte Regelungen nicht enthält (Bayerischer VGH, Urt. v. 23.01.2002 - 21 N 97.1835; Schübel-Pfister, JuS 2014, 412, 416, mwN), folgt dem die erkennende Kammer nicht. Im Rahmen einer Normerlassklage ist einzig und allein der individuelle Anspruch des Klägers auf Normerlass zu prüfen, sodass es einer Entscheidung mit inter-omnes-Wirkung nicht bedarf (Duken, NVwZ 1993, 546, 547). Überdies ist die Normenkontrollklage als Ausnahmevorschrift eng auszulegen (vgl. VGH Kassel, NJW 1983, 2896, 2896). Es entspricht zudem ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass bei der Geltendmachung eines pflichtwidriges Unterlassens eines untergesetzlichen Normgebers allein die Feststellungsklage zulässig ist; dies gilt auch im Falle der Normergänzung (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2010, 578, Rn. 18, mwN; vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 31.10.2013 – 8 S 3026/11, Revision anhängig unter 4 CN 1.14). Gegen die analoge Anwendung des § 55a SGG auf Normergänzungsklagen spricht zudem, dass der Gesetzgeber die Vorschrift erst zum 1. April 2011 erlassen hat und sich maßgeblich an § 47 VwGO orientiert hat (vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 132). Es kann davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber der Streit zur analogen Anwendung des § 47 VwGO auf Normergänzungsklagen bekannt gewesen ist, sodass sein Schweigen hierzu als Klarstellung interpretiert werden kann, dass eine Anwendung auf Normerlass- oder Normergänzungsklagen nicht beabsichtigt war (vgl. auch Hintz, in: ders./Lowe, SGG, 1. Aufl., § 55a Rn. 6).
4. In Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung (BVerwG, aaO; BSG, Urt. v. 21.03.2012 – B 6 KA 16/11 R) geht die Kammer davon aus, dass sowohl bei der Normerlassklage als auch bei der Normergänzungsklage grundsätzlich die Feststellungsklage (§ 55 SGG) die richtige Klageart ist. Die Kläger haben auch eine solche zumindest im Wege der sachdienlichen Klageänderung (§ 99 Abs. 1 SGG) erhoben (vgl. Schriftsatz vom 21. Februar 2014).
5. Die Unzulässigkeit der Feststellungsklage folgt aus ihrer Subsidiarität gegen anderen Klagearten.
Zwar existiert keine § 43 Abs. 2 VwGO entsprechende Vorschrift im SGG, dennoch entspricht es allgemeiner Auffassung, dass die Feststellungsklage im sozialgerichtlichen Verfahren nur zulässig ist, wenn der Kläger sein Begehren nicht mit einer Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage verfolgen kann (BSGE 4, 150; BSGE 73, 83; BSG, NZS 2008, 260; Hintz, aaO, § 55 Rn. 19; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 55 Rn. 19).
Dies gilt insbesondere im Falle der Normergänzungsklage. Die Möglichkeit unmittelbaren Rechtsschutzes gegen untergesetzliche Rechtsnormen besteht nur in denjenigen Ausnahmefällen, in denen die Betroffenen ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können, etwa weil ihnen nicht zuzumuten ist, Vollzugsakte zur Umsetzung der untergesetzlichen Norm abzuwarten, oder die Wirkung der Norm ohne anfechtbare Vollzugsakte eintritt (SG Berlin, Urt. v. 2.05.2012 – S 83 KA 399/10 , Rn. 67, juris; vgl. BVerwGE 130, 52ff., vgl. auch BSG, Urt. v. 03.02.2010, B 6 KA 31/09, Rn 22). Ein Rechtsanspruch auf Tätigwerden des Normgebers scheidet aus, wenn dem Betroffenen ein anderer, vorrangig zu verfolgender Weg zur Erreichung des von ihm verfolgten Ziels zur Verfügung steht (BVerwG, aaO, Leitsatz zu 3.) Das verfassungsrechtliche Gebot eines fairen und wirksamen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)) schließt es nicht aus, dass dem Betroffenen bei gesetzlichen und auch bei untergesetzlichen Normen in der Regel Rechtsschutz nicht schon gegen den Erlass der Norm, sondern erst gegen den Vollzugsakt eingeräumt wird, dass er also verpflichtet wird, den Vollzugsakt abzuwarten und sein Begehren im Wege der Inzidentprüfung gegen den Vollzugsakt geltend zu machen (vgl. SG Berlin, aaO). Nur soweit ein Vollzugsakt nicht vorgesehen ist oder soweit ausnahmsweise wegen besonderer Umstände der Rechtsschutz gegen den Vollzugsakt nicht effektiv oder das Abwarten des Vollzugsaktes unzumutbar ist, ist bei gesetzlichen Normen die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die Norm zulässig und entsprechend bei untergesetzlichen Normen in Ermangelung eines fachgerichtlichen Normenkontrollverfahrens Rechtsschutz unmittelbar gegen die untergesetzliche Norm im Wege der Normfeststellungs- bzw. Normerlassklage eröffnet (vgl. BSG, Urt. 01.07.1992, 14a/6 RKa 1/90, Rn. 52ff., juris).
So liegt der Fall hier. Es ist den Kläger zuzumuten, eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) gegen den Bewilligungsbescheid des für sie zuständigen Jobcenters zu erheben und dort geltend zu machen, dass die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht denjenigen entsprechen, wie sie in der WAV geregelt sind, weil sie entgegen § 22c SGB II im Hinblick auf den Heizkostenspiegel 2013 nicht fortgeschrieben worden ist. Es ist kein Grund ersichtlich, dass den Kläger durch die Inzidentprüfung ihres Begehren gegen den Vollzugsakt (hier: Bewilligungsbescheid des Jobcenters Steglitz-Zehlendorf vom 09.12.2013) unzumutbare Nachteile entstehen könnten. Selbst wenn den Kläger der Verlust ihrer Wohnung wegen Zahlungsverzugs drohen würde, wäre ausreichender Rechtsschutz mittels einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG gewährleistet.
6. Soweit der Unzulässigkeit der Feststellungsklage entgegen gehalten werden könnte, dass es sich bei dem Beklagten um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt (vgl. BSG, Urt. v. 21.03.2012 – B 6 KA 16/11, Rn. 29), kann die Kammer offen lassen, ob sie dieser jedenfalls sehr kritisch zu hinterfragenden Rechtsauffassung (vgl. Axer, NZS 1997, 10, 16, mwN; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 43 Rn. 28; wohl auch BSG, Urt. v. 05.10.2006 – B 10 LW 4/05 R) folgt.
Denn von dieser Rechtsprechung ist eine Ausnahme zu machen, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt wird (vgl. Keller, aaO, § 55 Rn. 19c).
Dies ist hier der Fall. Die hier von den Kläger begehrte Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Fortschreibung der WAV hätte nicht zur endgültigen Entscheidung über den Streitfall der Kläger geführt, da im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu überprüfen gewesen wäre, ob die WAV überhaupt mit ihrer Ermächtigungsgrundlage in Einklang steht. Dies ist jedoch nicht der Fall. Bereits vor Klageerhebung hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass die WAV unwirksam ist, weil sie nicht auf einer ausreichenden Datengrundlage für die Bestimmung der angemessenen Bedarfe für die Heizkosten beruht und damit die Gesamtangemessenheitsgrenze auf der Basis einer Bruttowarmmiete nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 25.04.2013 – L 36 AS 2095/12 NK). Die erkennende Kammer hat sich dieser Auffassung angeschlossen (SG Berlin, B. v. 02.07.2013 – S 205 AS 15758/13 ER). Diese Rechtsauffassung ist nunmehr durch das Bundessozialgericht bestätigt worden (vgl. Terminbericht Nr. 24/14 vom 04.06.2014 zu B 14 AS 53/13 R). Die Klärung, ob den Kläger ein Anspruch auf Fortschreibung der WAV zusteht, hätte hiernach nicht zur endgültigen Entscheidung der Streitigkeit geführt, da im – vorrangigen – Verfahren gegen die Vollzugsakt die Nichtigkeit der WAV inzident anzunehmen gewesen wäre.
Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist ausgeschlossen (§ 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG).
Gründe:
Der Antrag der Kläger auf Kostengrundentscheidung ist nach § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden, wenn - wie hier - das Verfahren anders als durch Urteil in der Sache beendet wird. Hier ist das Verfahren durch die einseitige Erledigungserklärung beendet, die in kostenfreien Verfahren als Klagerücknahme gewertet werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 29.12.2005 - B 7a AL 192/05 B).
Der Antrag ist unbegründet.
Die Frage, nach welchen Kriterien sich die Kostenentscheidung im Rahmen der Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG zu richten hat, ist im SGG nicht näher definiert. In der Rechtsprechung besteht aber weitgehende Einigkeit darüber, dass die Verteilung der Kosten nach billigem Ermessen zu erfolgen hat (vgl. nur Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 193 Rn. 13 mwN) wobei der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung maßgeblich ist. Diese Rechtsauffassung stützt sich auf die Prinzipien, nach denen in der Zivilprozessordnung (ZPO) Kostenentscheidungen zu treffen sind. Hiernach ist in erster Linie die Erfolgsaussicht im Zeitpunkt der Erledigung maßgeblich (Rechtsgedanke des § 91a ZPO). Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussicht, dass ein Beteiligter teilweise obsiegt, kann es auch zu einer verhältnismäßigen Kostenaufteilung kommen (Rechtsgedanke des § 92 ZPO). Schließlich ist auch die Idee des § 93 ZPO zu beachten. Danach fallen dem Beklagten keine Kosten zur Last, wenn er keine Veranlassung zur Klage gegeben hat und nach der Klageerhebung sofort ein Anerkenntnis abgibt. Diese Vorschrift verlangt, das Verhalten des Beklagten vor dem Prozess und im Prozess zu berücksichtigen. Aus all diesen Regelungen wird ein allgemeines Prinzip erkennbar, wonach derjenige die Kosten tragen soll, der sie zu Unrecht veranlasst hat. Auch die Frage nach der Erfolgsaussicht ist im Kern nur die Frage danach, wer die Aufwendungen des anderen zu Unrecht veranlasst hat. Denn der Beteiligte, der den Prozess mutmaßlich verloren hätte, hat die Gegenseite zu Unrecht in Kosten gestürzt und muss sie daher erstatten.
Nach Maßgabe dieser Prämissen entspricht es billigem Ermessen, dass die Kläger ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.
Die auf Fortschreibung der Wohnaufwendungenverordnung (WAV) gerichtete Klage war unzulässig.
1. Der Rechtsweg ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG gegeben, denn es handelt sich um eine Angelegenheit der Grundsicherung für Arbeitssuchende.
Streitentscheide Norm ist eine Norm des Grundsicherungsrechts, nämlich § 22c Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Hiernach müssen die Kreise und kreisfreien Städte die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft mindestens alle zwei Jahre und die durch Satzung bestimmten Werte für die Heizung mindestens jährlich überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen.
2. Es handelt es sich auch um eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die gerichtliche Kontrolle der Verwaltung unterliegt den (hier: besonderen) Verwaltungsgerichten, sodass der Streit um die Verpflichtung der Exekutive zum Erlass oder zur Änderung untergesetzlicher Rechtsnormen nicht verfassungsrechtlicher, sondern verwaltungsrechtlicher Art ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.07.2002 – 2 C 13.01; Axer, NZS 1997, 10, 15).
3. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist das Sozialgericht funktionell zuständig.
§ 29 Abs. 2 Nr. 4 SGG greift nicht ein. Die Vorschrift bestimmt die erstinstanzliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts für Anträge nach § 55a SGG. Anträge nach § 55a SGG sind gerichtet auf die Überprüfung der der Gültigkeit von Satzungen oder anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, die nach § 22a Absatz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden sind (§ 55a Abs. 1 SGG). Die Klage ist nicht auf die Überprüfung der Gültigkeit der WAV gerichtet, sondern auf ihre Änderung. Die Kläger begehren nicht die Feststellung der Nichtigkeit der Rechtsverordnung, sondern gehen vielmehr von ihrer Wirksamkeit aus und begehren Ergänzung der Norm. Eine auf Normänderung gerichtete Normerlassklage wird nach dem eindeutigen Wortlaut von § 55a Abs. 1 SGG nicht erfasst (Schreiber, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 55a Rn. 7).
Soweit in Rechtsprechung und Literatur vertreten wird, dass eine analoge Anwendung der Normenkontrollvorschrift (hier: § 55a SGG) insbesondere dann statthaft ist, wenn der Kläger im Wege der Normergänzungsklage geltend macht, eine Rechtsvorschrift sei unvollständig und fehlerhaft, weil sie bestimmte Regelungen nicht enthält (Bayerischer VGH, Urt. v. 23.01.2002 - 21 N 97.1835; Schübel-Pfister, JuS 2014, 412, 416, mwN), folgt dem die erkennende Kammer nicht. Im Rahmen einer Normerlassklage ist einzig und allein der individuelle Anspruch des Klägers auf Normerlass zu prüfen, sodass es einer Entscheidung mit inter-omnes-Wirkung nicht bedarf (Duken, NVwZ 1993, 546, 547). Überdies ist die Normenkontrollklage als Ausnahmevorschrift eng auszulegen (vgl. VGH Kassel, NJW 1983, 2896, 2896). Es entspricht zudem ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass bei der Geltendmachung eines pflichtwidriges Unterlassens eines untergesetzlichen Normgebers allein die Feststellungsklage zulässig ist; dies gilt auch im Falle der Normergänzung (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2010, 578, Rn. 18, mwN; vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 31.10.2013 – 8 S 3026/11, Revision anhängig unter 4 CN 1.14). Gegen die analoge Anwendung des § 55a SGG auf Normergänzungsklagen spricht zudem, dass der Gesetzgeber die Vorschrift erst zum 1. April 2011 erlassen hat und sich maßgeblich an § 47 VwGO orientiert hat (vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 132). Es kann davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber der Streit zur analogen Anwendung des § 47 VwGO auf Normergänzungsklagen bekannt gewesen ist, sodass sein Schweigen hierzu als Klarstellung interpretiert werden kann, dass eine Anwendung auf Normerlass- oder Normergänzungsklagen nicht beabsichtigt war (vgl. auch Hintz, in: ders./Lowe, SGG, 1. Aufl., § 55a Rn. 6).
4. In Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung (BVerwG, aaO; BSG, Urt. v. 21.03.2012 – B 6 KA 16/11 R) geht die Kammer davon aus, dass sowohl bei der Normerlassklage als auch bei der Normergänzungsklage grundsätzlich die Feststellungsklage (§ 55 SGG) die richtige Klageart ist. Die Kläger haben auch eine solche zumindest im Wege der sachdienlichen Klageänderung (§ 99 Abs. 1 SGG) erhoben (vgl. Schriftsatz vom 21. Februar 2014).
5. Die Unzulässigkeit der Feststellungsklage folgt aus ihrer Subsidiarität gegen anderen Klagearten.
Zwar existiert keine § 43 Abs. 2 VwGO entsprechende Vorschrift im SGG, dennoch entspricht es allgemeiner Auffassung, dass die Feststellungsklage im sozialgerichtlichen Verfahren nur zulässig ist, wenn der Kläger sein Begehren nicht mit einer Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage verfolgen kann (BSGE 4, 150; BSGE 73, 83; BSG, NZS 2008, 260; Hintz, aaO, § 55 Rn. 19; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 55 Rn. 19).
Dies gilt insbesondere im Falle der Normergänzungsklage. Die Möglichkeit unmittelbaren Rechtsschutzes gegen untergesetzliche Rechtsnormen besteht nur in denjenigen Ausnahmefällen, in denen die Betroffenen ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können, etwa weil ihnen nicht zuzumuten ist, Vollzugsakte zur Umsetzung der untergesetzlichen Norm abzuwarten, oder die Wirkung der Norm ohne anfechtbare Vollzugsakte eintritt (SG Berlin, Urt. v. 2.05.2012 – S 83 KA 399/10 , Rn. 67, juris; vgl. BVerwGE 130, 52ff., vgl. auch BSG, Urt. v. 03.02.2010, B 6 KA 31/09, Rn 22). Ein Rechtsanspruch auf Tätigwerden des Normgebers scheidet aus, wenn dem Betroffenen ein anderer, vorrangig zu verfolgender Weg zur Erreichung des von ihm verfolgten Ziels zur Verfügung steht (BVerwG, aaO, Leitsatz zu 3.) Das verfassungsrechtliche Gebot eines fairen und wirksamen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)) schließt es nicht aus, dass dem Betroffenen bei gesetzlichen und auch bei untergesetzlichen Normen in der Regel Rechtsschutz nicht schon gegen den Erlass der Norm, sondern erst gegen den Vollzugsakt eingeräumt wird, dass er also verpflichtet wird, den Vollzugsakt abzuwarten und sein Begehren im Wege der Inzidentprüfung gegen den Vollzugsakt geltend zu machen (vgl. SG Berlin, aaO). Nur soweit ein Vollzugsakt nicht vorgesehen ist oder soweit ausnahmsweise wegen besonderer Umstände der Rechtsschutz gegen den Vollzugsakt nicht effektiv oder das Abwarten des Vollzugsaktes unzumutbar ist, ist bei gesetzlichen Normen die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die Norm zulässig und entsprechend bei untergesetzlichen Normen in Ermangelung eines fachgerichtlichen Normenkontrollverfahrens Rechtsschutz unmittelbar gegen die untergesetzliche Norm im Wege der Normfeststellungs- bzw. Normerlassklage eröffnet (vgl. BSG, Urt. 01.07.1992, 14a/6 RKa 1/90, Rn. 52ff., juris).
So liegt der Fall hier. Es ist den Kläger zuzumuten, eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) gegen den Bewilligungsbescheid des für sie zuständigen Jobcenters zu erheben und dort geltend zu machen, dass die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht denjenigen entsprechen, wie sie in der WAV geregelt sind, weil sie entgegen § 22c SGB II im Hinblick auf den Heizkostenspiegel 2013 nicht fortgeschrieben worden ist. Es ist kein Grund ersichtlich, dass den Kläger durch die Inzidentprüfung ihres Begehren gegen den Vollzugsakt (hier: Bewilligungsbescheid des Jobcenters Steglitz-Zehlendorf vom 09.12.2013) unzumutbare Nachteile entstehen könnten. Selbst wenn den Kläger der Verlust ihrer Wohnung wegen Zahlungsverzugs drohen würde, wäre ausreichender Rechtsschutz mittels einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG gewährleistet.
6. Soweit der Unzulässigkeit der Feststellungsklage entgegen gehalten werden könnte, dass es sich bei dem Beklagten um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt (vgl. BSG, Urt. v. 21.03.2012 – B 6 KA 16/11, Rn. 29), kann die Kammer offen lassen, ob sie dieser jedenfalls sehr kritisch zu hinterfragenden Rechtsauffassung (vgl. Axer, NZS 1997, 10, 16, mwN; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 43 Rn. 28; wohl auch BSG, Urt. v. 05.10.2006 – B 10 LW 4/05 R) folgt.
Denn von dieser Rechtsprechung ist eine Ausnahme zu machen, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt wird (vgl. Keller, aaO, § 55 Rn. 19c).
Dies ist hier der Fall. Die hier von den Kläger begehrte Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Fortschreibung der WAV hätte nicht zur endgültigen Entscheidung über den Streitfall der Kläger geführt, da im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu überprüfen gewesen wäre, ob die WAV überhaupt mit ihrer Ermächtigungsgrundlage in Einklang steht. Dies ist jedoch nicht der Fall. Bereits vor Klageerhebung hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass die WAV unwirksam ist, weil sie nicht auf einer ausreichenden Datengrundlage für die Bestimmung der angemessenen Bedarfe für die Heizkosten beruht und damit die Gesamtangemessenheitsgrenze auf der Basis einer Bruttowarmmiete nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 25.04.2013 – L 36 AS 2095/12 NK). Die erkennende Kammer hat sich dieser Auffassung angeschlossen (SG Berlin, B. v. 02.07.2013 – S 205 AS 15758/13 ER). Diese Rechtsauffassung ist nunmehr durch das Bundessozialgericht bestätigt worden (vgl. Terminbericht Nr. 24/14 vom 04.06.2014 zu B 14 AS 53/13 R). Die Klärung, ob den Kläger ein Anspruch auf Fortschreibung der WAV zusteht, hätte hiernach nicht zur endgültigen Entscheidung der Streitigkeit geführt, da im – vorrangigen – Verfahren gegen die Vollzugsakt die Nichtigkeit der WAV inzident anzunehmen gewesen wäre.
Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist ausgeschlossen (§ 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG).
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