S 20 R 1990/12

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Altenburg (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
20
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 20 R 1990/12
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die am geborene Klägerin ist gelernte Kellnerin und Köchin sowie Erziehungshelferin (berufsbegleitend) und war zuletzt als Außendienstmitarbeiterin (Bezirksleiterin, Sammelbe-stellerin) beschäftigt.

Am 27.05.2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte zog diverse medizinische Unterlagen bei, holte Gutachten auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet ein und lehnte mit Bescheid vom 16.09.2011 den Antrag der Klägerin ab.

Dagegen legte die Klägerin am 23.10.2011 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2012 wurde der Widerspruch als unbegründet zurück-gewiesen, da nach dem Ergebnis der weiteren medizinischen Ermittlungen bei der Klägerin noch ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten mit Einschränkungen für mindestens 6 Stunden täglich vorliege. Im Hinblick auf einen Rentenanspruch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verwies die Beklagte die Klägerin auf eine Tätigkeit als Bürohilfskraft in einer Registratur auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Hiergegen hat die Klägerin am 16.06.2012 Klage erhoben.

Sie führt an, dass aufgrund der Gesamtheit der bei ihr diagnostizierten Erkrankungen eine Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben sei.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2011 in Fassung des Widerspruchbescheides vom 11.05.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im gesetzlichen Umfang ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf ihre Bescheide.

Das Gericht hat Befundberichte von Dipl-Med. P., Dr. Sch., Dipl.-Med. F., Dr. N. sowie der Psychotherapeutin S. beigezogen. Ferner wurden ein orthopädisches Gutachten bei Dr. M. und ein psychiatrisch-psychosomatisches Gutachten bei Dr. B. eingeholt. Eingeholt wurde ferner gemäß § 109 SGG ein Gutachten des Facharztes für Anästhesiologie Dr. Sch.

Nach dem Gutachten von Dr. M. vom 15.05.2013 bestehen auf orthopädischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen:

1. Chronisches Lendenwirbelsyndrom bei degenerativen Bandscheibenschädigungen L 3 bis 5 mit diskreten Hinweisen auf eine Instabilität L 3/4 (Retropositio) bei kernspin-tomographisch nachgewiesenen Bandscheibenvorwölbungen L 3/4, L 4/5 aktuell ohne klinische Hinweise auf eine Nervenwurzelkompressionssymptomatik, 2. chronisches Halswirbelsäulensyndrom bei degenerativer Bandscheibenschädigung C 5/6 mit kernspintomographisch gesicherter Bandscheibenvorwölbung aktuell ohne klinische Hinweise auf eine Nervenwurzelkompressionssymptomatik, 3. BWS-Syndrom bei leichter rechtskonvexer Wirbelsäulenfehlstatik mit degenerativen Bandscheibenschädigungen der mittleren Brustwirbelsäule, 4. beginnende degenerative Veränderungen des rechten Kniegelenkes ohne entzündliche Reaktionen, ohne nennenswerte Funktionseinschränkung, 5. beginnende degenerative Veränderungen der Schultergelenke ohne nennenswerte Funktionseinschränkung mit Verdacht auf so genannte Anprallsymptomatik zwischen Oberarmkopf und Schulterdach rechts. Außerdem bestehe ein generalisiertes Schmerzsyndrom mit multiplen Muskelsehnenansatzbe-schwerden im Sinne einer somatoformen Störung.

Das Gutachten kommt zu dem Schluss, die Klägerin sei noch der Lage, leichte bis vereinzelt mittelschwere Arbeiten mit folgenden Einschränkungen auszuführen:

Vermieden werden sollten schwere Arbeiten, Arbeiten, die die Einnahme von Zwangshaltungen erfordern, häufig gebückte Tätigkeiten, Überkopfarbeiten, Tätigkeiten, die mit der Vibration der Wirbelsäule einhergehen, Tätigkeiten die das Heben und Tragen von Lasten mit mehr als 10 kg im Einzelfall, 5 kg. als Dauerleistung sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten. Tätigkeiten sollten unter Witterungsschutz durchgeführt werden. Es sollten keine besonderen Anforderungen an das Hörvermögen gestellt werden.

Nach dem Gutachten von Dr. B. vom 31.05.2013 bestehen folgende Gesundheitsstörungen:

Auf psychiatrisch-psychosomatischem Fachgebiet:

Symptomdiagnosen: • Konversionsstörung; (ICD-10: F 44.8) • Somatoforme, autonome (durch vegetative Erregung ausgelöste) Funktionsstörungen mehrerer organischer Systeme (Magen/Darm, Lunge, Herz, Hitzewallungen, Zähneknirschen, Brustdruckgefühl); (ICD-10: F 45.37) • Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren; (ICD-10: F 45.41)

Strukturdiagnose: • Depressiv-histrionische Bildung der Persönlichkeit

Körperliche Diagnosen im Übrigen (übernommen): • Geringgradige bewegungs- und belastungsabhängige Schmerzen und Funktions-störungen der Wirbelsäule, der Hände, der Knie und der Schultern (siehe Sachver-ständigengutachten Dr. Maring) • Geringgradige Adipositas • Zustand nach CTS-OP rechts • Asthmatische Beschwerden, medikamentös behandelt • Tinnitus aurium, fluktuierend.

Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit Publikumsverkehr in verantwortlicher Tätigkeit mit mehr als durchschnittlicher nervlicher Belastung, durchschnittlichen Arbeits- und Zeitdruck und durchschnittlichen Konzentrationsvermögen mindestens 6 Stunden täglich unter Berücksichtigung der von Dr. M. genannten Einschränkungen und ohne Akkordarbeit und Nachtschicht, ohne hohen Arbeits-und Zeitdruck und ohne hohes Konzentrationsvermögen verrichten.

Nach dem Gutachten von Dr. Sch. vom 23.12.2013 besteht bei der Klägerin eine progredient chronifizierte Schmerzkrankheit, eine degenerative Wirbelsäulenerkrankung, chronischer Kopfschmerz (Spannungskopfschmerzen und Migräne), Zustand nach Gebärmutterhalskrebs und Fibromyalgie.

Die Klägerin könne noch mindestens 4 aber weniger als 6 Stunden täglich, Tätigkeiten in flexibler Arbeitshaltung ohne Akkordarbeit ohne toxische Bedingungen sowie das Heben von mehr als 5 kg ausüben.

Eine Tätigkeit als Erziehungshelferin sei möglich.

Die Leitungseinschränkungen lägen seit 2007 vor.

Dem Gericht liegt ferner vor eine ergänzende Stellungnahme von Dr. B. vom 06.03.2014, sowie von Dr. Sch. vom 16.04.2014, in der jeweils die bisherige Leistungseinschätzung bestätigt wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozess- und Be-klagtenakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet, denn die angegriffenen Bescheide verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI in der ab dem 01.01.2001 gültigen Fassung (n.F.) haben Ver-sicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller oder teil-weiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet haben oder

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeits-marktes mindestens 3 Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs.1 S 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbs-gemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Kläger leidet unter Erkrankungen auf orthopädischem und nervenärztlichem und schmerztherapeutischen Fachgebiet, die länger als 6 Monate bestehen und einen leistungs-mindernden Dauereinfluss auf die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben haben. Auf die in den Gutachten von Dr. M. und Dr. B. angeführten Diagnosen und beschriebenen Leistungsein-schränkungen wird verwiesen.

Die Klägerin ist jedoch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.

Die Kammer folgt der Einschätzung der Gutachter Dr. M. und Dr. B., dass die Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten mehr als 6 Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche mit den genannten Einschränkungen verrichten kann.

Die Kammer hat keine Zweifel, dass die Sachverständigen die medizinischen Befunde zutreffend erhoben und aus ihnen die richtigen sozial - medizinischen Schlussfolgerungen gezogen haben. Die von den Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen entsprechen auch den allgemein anerkannten Begutachtungsmaßstäben. Insbesondere stehen sie in Übereinstimmung mit den in der Literatur vertretenen Auffassungen und Leitlinienempfehlungen der einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften.

Soweit der schmerztherapeutische Gutachter Dr. Sch. gestützt auf die weitere Diagnose der Fibromyalgie zu einer abweichenden Leistungseinschätzung und zwar zu einer Leistungsfähigkeit von lediglich 4 Stunden kommt, folgt dem die Kammer nicht. Wie sich aus der ergänzenden Stellungnahme von Dr. B. vom 06.03.2014 ergibt, ist fachwissenschaftlich umstritten, ob es sich bei dieser Krankheitsdiagnose um ein sinnvolles Konzept handelt, danach handle es sich bei dem mit der Diagnose Fibromyalgie umschriebenen Krankheitsbild in aller Regel um eine somatoforme Schmerzstörung (regelmäßig verbunden mit mehr oder weniger depressiven Symptomen) dem eine Störung des zentralen Stressverarbeitungssystems zugrunde liege (unter Bezugnahme auf den Vortrag von Dr. E. S.9 der ergänzenden Stellungnahme). Die Diagnostizierung der Fibromyalgie durch Ermittlung des Schmerzempfindens an bestimmten Druckpunkten (Tender-Points) werde auch von dem Urheber dieser Methode nicht mehr aufrechterhalten (a.a.O. S.6), Dr. B. verweist auch auf die nachgewiesen besseren Behandlungserfolge einer konsequenten psychosomatischen Behandlung gegenüber einer rein schmerztherapeutischen Behandlung.

Die Auseinandersetzung um die Adäquatheit der Diagnose Fybromylagie ist ein Beispiel für-den wissenschaftstheoretischen Befund, dass wissenschaftliche Theorien und die damit verbundenen Grundbegriffe und Ontologien häufig eng miteinander verwoben sind. Dies gilt gerade auch für medizinische Begriffssysteme (vgl. hierzu Sellnick, Der Gegenstand der Urheberrechts, der urheberechtliche Werkbegriff aus Sicht der Analytischen Philosophie, Semiotik und Wissenschaftstherorie, Sinzheim, 1995 S.141 ff unter Bezugnahme auf die Arbeiten von T.S. Kuhn und Fleck). Der Begriff bzw. die Diagnose der somatoformen Schmerzstörung als auch der Begriff bzw. die Diagnose der Fibromyalgie beruhen -wie sich auch aus der ergänzenden Stellungnahme von Dr. B. ergibt - auf unterschiedlichen theoretischen wissenschaftlichen Grundkonzepten. Sie lassen sich daher weder direkt miteinander vergleichen, noch lässt die Richtigkeit der einen oder der anderen Theorie oder Diagnose auf der Grundlage einer einheitlichen anerkannten wissenschaftlichen Messmethode beweisen. Beide Diagnosen haben allerdings das gleiche symptomatische Krankheitsbild zum Gegenstand. Kriterien für Adäquatheit einer bestimmten Theorie oder Begriffsbildung lassen sich allerdings aus der größeren Erklärungsleistung einer Theorie gewinnen, wobei allerdings auch die Einbindung(sfähigkeit) in das Gesamtsystem wissenschaftlicher Theoriebildung zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu Sellnick a.a.O. S. S.134 -154 m.w.N.). Die in der ergänzenden Stellungnahme von Dr. B. angeführten Gesichtspunkte sprechen dafür, dass da der Diagnose somatoforme Schmerzstörung zugrunde liegenden Begriffs- bzw. Theorienkonzept sowohl eine höhere Erklärungsleistung als auch daraus abgleitet größere Behandlungserfolge verspricht.

Die Entscheidung über den Umfang der Leistungsfähigkeit der Klägerin hängt jedoch nicht von der endgültigen Konsensbildung der Wissenschaft über die Adäquatheit der einen oder anderen Diagnosekonzeption, sondern davon ab, ob eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mehr als 6 Stunden täglich leidensgerecht ist. Sowohl in dem Gutachten von Dr. Sch. als auch in dem Gutachten von Dr. B. wird dabei dieselbe Schmerzsymptomatik zugrunde gelegt. Beide Gutachter halten eine leichte körperliche Tätigkeit mit Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für möglich. Dr. Sch. führt insoweit aus, dass die Klägerin auch keinesfalls aus dem Arbeitsprozess hinausgenommen werden sollte und ihre derzeitige Tätigkeit (Betreuungstätigkeit/Erziehungshelferin eines behinderten Patienten in einem Umfang von 30 Wochenstunden) komme dem entgegen. Allerdings wird im Gutachten von Dr. Sch. die zeitliche Einschränkung einer möglichen Tätigkeit bzw. dieser Tätigkeit nur konstatiert aber nicht nachvollziehbar begründet. Zu Recht wird daher in in der ergänzenden Stellungnahme von Dr. B. auf die unzureichende Anamnese und eine fehlende Beschwerdevalidierung hingewiesen.

Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie 1. vor dem 02. Januar 1961 geboren, 2. berufsunfähig sind 3. und die allgemeinen rentenrechtlichen Voraussetzungen erfüllen.

Die Kläger ist vor dem 02. Januar 1961 geboren. Sie ist jedoch nicht berufsunfähig. Zu den Voraussetzungen Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 26. August 2014 – L 6 R 36/12 – juris): "Die Definition der Berufsunfähigkeit in § 240 Abs. 2 SGB VI entspricht der in § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung vor dem 1. Januar 2001 mit dem Unterschied, dass nunmehr auf ein Herabsinken auf weniger als sechs Stunden abgestellt wird. Die bisherige Auslegung und Rechtsprechung zur Berufsunfähigkeit gilt bei der Neuregelung weiter (vgl. u.a. Senatsurteil vom 26. Juli 2004 - Az.: L 6 RJ 301/03). Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bis-herigen Berufes festgestellt, wozu die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen sind nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes - dieser wird nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung bestimmt - hierarchisch geordnet (vgl. BSG, Urteile vom 14. Mai 1996 - Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218 und vom 24. März 1998 - Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Die Arbeiterberufe werden durch das Mehrstufenschema in Gruppen untergliedert, die durch den Leitberuf des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl. BSG, Urteil vom 3. November 1994 - Az.: 13 RJ 77/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 49). Im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann auf eine Tätigkeit der jeweils nächst niedrigeren Gruppe verwiesen werden. 30 Die Einordnung des Berufes in eine bestimmte Stufe des Berufsschemas erfolgt nicht aus-schließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung, sondern auch nach der Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnden Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt somit auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Auch wenn in einem Beruf der herkömmliche Ausbildungsweg nicht durchlaufen wurde, besteht ein entsprechender Berufsschutz, wenn er nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt wurde, der Versicherte über die für die Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt und sich dies auch in einer entsprechenden Bezahlung bzw. tariflichen oder tarifvertraglichen Einstufung widerspiegelt (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - Az.: B 13 RJ 29/04 R, nach juris). Die bloße Ausübung von Facharbeitertätigkeiten in einem Teilbereich reicht grundsätzlich nur für eine Einstufung als angelernter Arbeiter aus, auch wenn die Entlohnung im Einzelfall derjenigen eines Facharbeiters entsprochen haben sollte (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - Az.: B 5 RJ 28/99 R m.w.N., nach juris). Es kommt auf das Gesamtbild an."

Dieses Stufenschema gilt in analoger Weise auch für den Angestelltenbereich, die Unter-scheidung zwischen Angestellten und Arbeitern verliert wie z.B. die geltenden Tarifverträge im öffentlichen Dienst zeigen zudem an tarifvertraglicher Relevanz.

Die Kammer folgt der berufskundlichen Stellungnahme der Beklagten auf Blatt 295 der Leis-tungsakte, dass die Tätigkeit als Außendienstmitarbeiterin/Bezirksleiterin der Gruppe der an-gelernten Angestellten zuzuordnen ist. Die dieser Einschätzung zugrunde liegende Tätigkeits-beschreibung entspricht der Berufsbeschreibung Fachkraft-Marketing /Verkauf/Vertrieb der ( ), diese beruht in der Regel auf ein er einschlägigen Weiterbildung (a.a.O.).

Nach dieser berufskundlichen Quelle arbeiten Fachkräfte für Marketing, Verkauf und Vertrieb in erster Linie in Büros. Die Klägerin kann somit auch in Teilbereich ihres bisherigen Berufsfeldes tätig sein, der im ausreichenden Maß am allgemeinen Arbeitsmarkt vorhanden ist. Psychische Einschränkungen, die einer solchen Bürotätigkeit entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Es besteht nach dem Gutachten von Dr. B., dem die Kammer auch insoweit folgt, einer Leistungsfähigkeit auch für Tätigkeiten mit einer mehr als durchschnittlichen nervlichen Belastung einem durchschnittlichen Arbeits- und Zeitdruck sowie einem durchschnittlichen Konzentrationsvermögen. Es liegt eine psychosoziale Kompetenz vor, die weiterhin Tätigkeiten im Publikumsverkehr und in verantwortlicher Tätigkeit erlaubt.

Eine Rente wegen teilweiser Erwerbminderung bei Berufsunfähigkeit auch deshalb nicht in Betracht, da Sie auf den von ihr tatsächlich in Umfang von rund 30 Wochenstunden ausgeübten Beruf als Erziehungshelferin verwiesen werden könnte. Sie kann damit auch eine der bisherigen Tätigkeit in der Wertigkeit vergleichbare Tätigkeit ausüben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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