L 4 R 518/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 3485/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 518/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. März 2010.

Die am 27. August 1960 geborene und seit Mai 1993 verheiratete Klägerin erlernte vom 1. September 1976 bis 1. Juni 1978 den Beruf der Bürogehilfin. Im Anschluss daran war sie unterbrochen durch eine Zeit des Bezugs von Geldleistungen eines Sozialleistungsträgers vom 8. bis 28. September 1986 bis 31. Dezember 1987 als Sekretärin tätig. Berufsbegleitend hatte sie am 26. Juni 1982 noch die Prüfung zur geprüften Sekretärin ablegt. Ab 1. Januar 1988 war sie mit Ausnahme der Zeit vom 12. November 1992 bis 19. März 1993, in der sie Krankengeld erhielt, als Kaufmännische Angestellte versicherungspflichtig beschäftigt. Das Beschäftigungs-verhältnis wurde aufgrund der Arbeitsunfähigkeitszeiten durch Aufhebungsvertrag zum 31. März 1993 beendet. Sodann bezog sie vom 8. April bis 5. Juni 1993, vom 22. Juni 1993 bis 29. Juni 1994 und vom 7. Juli bis 24. September 1994 Arbeitslosengeld. Nach einer Zeit der Schwangerschaft/Mutterschutz vom 26. September bis 30. November 1994 sind im Versicherungsverlauf vom 28. April 2010 vom 1. Dezember 1994 bis 30. November 1997 Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung, Schwangerschaft/Mutterschutz vermerkt. Außerdem ist für die Zeit vom 7. November 1994 bis 6. November 2004 eine Berücksichtigungszeit wegen Erziehung eines Kindes gespeichert. Vom 1. April bis 31. Mai 2008 war die Klägerin geringfügig beschäftigt.

Am 10. März 2010 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Sie gab an, sich seit ca. 1997 wegen Asthma bronchiale, einer Pseudoallergie, Arthrose II. und III. Grades, Lipödemen beider Beine und dauerhaften Kopfschmerzen für erwerbsgemindert zu halten. Am 12. April 2010 wurde eine zweite Arthroskopie am rechten Kniegelenk durchgeführt. Im Auftrag der Beklagten erstattete Internist H.-L. ein Gutachten vom 20. April 2010 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 16. April 2010. Die Klägerin schilderte dem Gutachter auf Nachfrage zu ihrer Stimmung, dass sie zur Zeit wegen der sich häufenden Gesundheitsprobleme (Kniegelenke, Wirbelsäule, Zähne, Schulter) ein "bisschen down" sei, eine behandlungsbedürftige Beeinträchtigung sehe sie nicht. Zum Alltag gab sie an, dass sie Hausfrau sei und nach Kinderpause und Pflege der verstorbenen Mutter vor sechs Jahren trotz Bewerbungen keine Arbeit mehr gefunden habe. Unter Berücksichtigung von Arztbriefen aus den Jahren 2001 bis 2010 nannte Internist H.-L. als Diagnosen eine Minderbelastbarkeit bei Kniebinnenschaden rechts mit Kreuzbandläsion und zweit- bis drittgradigen Knorpelschäden, Bandinstabilität sowie erhaltener Wegefähigkeit, eine chronisch rezidivierende Lumbalgie und Kreuzdarmbeingelenkreizung rechts bei Fehlstatik, Muskelinsuffizienz und leichten degenerativen Veränderungen ohne Neurologie oder Funktionsstörung, eine leichte Minderbelastbarkeit des linken Kniegelenks bei beginnender Arthrose, Zustand nach Außenmeniskusresektion, Fehlstatik und Seitenbandinstabilität, einen Zustand nach Rotatorenmanschettenrekonstruktion nach Sehnenriss der rechten Schulter (März 2009) ohne relevante Funktionsstörung, eine Adipositas ersten Grades mit Lipomatose/Lipödem beider Beine ohne trophische Störungen, eine Belastungskurzatmigkeit bei Adipositas und kombinierter Ventilationsstörung unklarer Genese, ein metabolisches Syndrom mit Grenzwerthypertonie, latentem Diabetes mellitus, bislang unbehandelt und eine klinische Schilddrüsenvergrößerung zweiten Grades ohne Anhalt für Stoffwechselstörung, bislang nicht abgeklärt. Er führte aus, dass wegen der am 12. April 2010 durchgeführten Knieoperation eine definitive Leistungsbeurteilung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich sei, Wegefähigkeit sei jedoch gegeben, überdauernde leistungsrelevante Einschränkungen im Sinne der Rentenversicherung würden nicht erwartet. Trotz der noch internistisch abzuklärenden pathologischen Befunde sei in der Gesamtwürdigung ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten gegeben. Die Klägerin könne ihre letzte berufliche Tätigkeit als Kaufmännische Angestellte/Sekretärin noch über sechs Stunden täglich verrichten. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, schweres Heben und Tragen, knieende und hockende Tätigkeiten, häufiges Ersteigen von Treppen, Ersteigen von Leitern und Gerüsten, Hitzebelastungen, häufige Tätigkeiten über Kopf mit dem rechten Arm, Gehen auf grob unebenem Untergrund und inhalative und allergene Belastungen seien ihr ebenfalls noch über sechs Stunden täglich möglich. Mit Bescheid vom 28. April 2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die Klägerin die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente nicht erfülle. Unter Zugrundelegung eines Eintritts der Erwerbsminderung am 10. März 2010 weise das Versicherungskonto der Klägerin im Zeitraum vom 10. März 2005 bis 9. März 2010 keinen Monat mit Pflichtbeiträgen auf. In der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 28. Februar 2010 sei auch nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Da die Klägerin die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfülle, sei nicht weiter geprüft worden, ob sie erwerbsgemindert sei.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Es sei ihr nicht möglich, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Internist H.-L. habe wegen ihrer Knieoperation nur ein vorläufiges Gutachten erstellen können. Im Übrigen sei die Annahme, dass bei ihr die Erwerbsminderung am 10. März 2010 eingetreten sei, nicht korrekt. Sie habe bereits seit mehr als 30 Jahren Schäden an der Wirbelsäule und befinde sich deshalb ständig in Behandlung. Trotz Krankengymnastik, Massage und Fango habe sich ihr Zustand verschlechtert. Hinsichtlich der lückenlosen Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten sei nicht der 28. Februar 2010, sondern der Zeitpunkt als die Anwartschaftserhaltungszeit noch Bestand gehabt habe, also der 6. November 2004, zugrunde zu legen. Die Beklagte hörte hierzu noch einmal Internist H.-L., der in seiner Stellungnahme vom 16. Juli 2010 bei der bisherigen Leistungseinschätzung verblieb. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der Sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen überprüft und komme nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass ihr der Beruf als Kaufmännische Angestellte sowie sonstige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Die Beurteilung dieses Leistungsvermögens durch den Sozialmedizinischen Dienst sei für ihn, den Widerspruchsausschuss, schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er sich dieser anschließe. Da die Klägerin ihren letzten Beruf als Kaufmännische Angestellte noch ausüben könne, sei sie auch nicht berufsunfähig. Darüber hinaus erfülle sie auch nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung. Im maßgeblichen Zeitraum vom 10. März 2005 bis 9. März 2010 seien keine Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden und der Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis 28. Februar 2010 sei nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt.

Am 28. Oktober 2010 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG). Sie trug vor, sie sei aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen, die nicht erst 2009 oder 2010 eingetreten seien, nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Die Erwerbsminderung sei zu einem Zeitpunkt eingetreten, als die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch vorgelegen hätten. Von der Agentur für Arbeit sei sie Mitte 2004, als sie sich habe arbeitslos bzw. arbeitsuchend melden wollen, weggeschickt worden, da sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht vermittelbar sei. Bereits seit mehr als dreißig Jahren leide sie an Schmerzen im Wirbelsäulenbereich und instabilen Bändern. Die Ursache dieser Schmerzen und körperlichen Beeinträchtigungen sei bislang nicht geklärt. Es bestehe der Verdacht auf Fibromyalgie. Seit Jahrzenten sei sie ständig in ärztlicher Behandlung. Die Häufigkeit ihrer Arztbesuche werde durch die - vorgelegten - Abrechnungsunterlagen des Abrechnungszentrums E. ihrer Krankenkasse belegt. Aufgrund der langen Arbeitsunfähigkeit vom 1. Oktober 1992 bis 31. März 1993 (wegen atypischen Gesichtsschmerzen, Trigeminusnerv) habe sie sich auch bei dem während der Behandlung verstorbenen Psychologen Dr. E. in Behandlung befunden. Zuvor sei sie schon vom 4. November 1991 bis 18. Dezember 1991 arbeitsunfähig gewesen. Ihrem damaligen Arbeitgeber gegenüber habe sie - wie aus der (vorgelegten) Klagerwiderung des Arbeitgebers im Verfahren 2 Ca 3/93 FDS vom 19. Januar 1993 hervorgehe - damals erwähnt, dass die Krankheit psychisch bedingt sei. Sie gehe davon aus, dass ihre psychische Erkrankung bereits im Mai 2006 bestanden habe und weiterhin fortbestehe. Der Tod ihres Stiefvaters im Mai 2006 und das folgende Betreten und Räumen seiner Eigentumswohnung habe für sie, weil sie mit der Vergangenheit konfrontiert worden sei, eine starke psychische Belastung dargestellt. Wenn die Erwerbsunfähigkeit nach Aussage des Facharztes für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. in seinem Gutachten vom 23. März 2012 (hierzu im Folgenden) zum 1. Januar 2007 bestanden habe, könne als erwiesen angesehen werden, dass diese auch am 31. Dezember 2006 vorgelegen habe. Erwerbsunfähigkeit entwickele sich nicht von "heute auf morgen". Auch die 1999 erlittenen Fehlgeburten hätten zu einer Verstärkung ihrer starken psychischen Belastung geführt. Darüber hinaus klinge auch im Arztbrief des Orthopäden Dr. S. vom 26. April 2006 ihre psychische Belastung an, indem ausgeführt werde, dass sie eine Karzinophobie habe. Zur Unterstützung ihres Begehrens legte die Klägerin des Weiteren Arztbriefe der sie behandelnden Orthopäden und Chirurgen sowie des Radiologen seit 1986, ein Attest des Dr. S. vom 2. Juli 2010, wonach die Klägerin seit dem 30. Mai 2005 wegen eines chronischen Lendenwirbelsäulenleidens in ärztlicher Behandlung sei, und eine Bescheinigung des Dr. S. vom 26. April 2012 über Behandlungen zwischen dem 6. April 1994 und 13. Mai 2011 sowie die Klagschrift ihres Bevollmächtigten im Verfahren 2 Ca 3/93 FDS vom 4. Januar 1993 und den Schriftverkehr ihres damaligen Arbeitgebers mit dem Betriebsrat vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte aus, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente zuletzt bei einem Leistungsfall am 31. Dezember 2006 vorgelegen hätten.

Das SG hörte Internisten Dr. J. und Dr. S. als sachverständige Zeugen. Dr. J. teilte unter Beifügung von Arztbriefen aus den Jahren 1997 bis 2011 unter dem 15. Juli 2011 mit, dass er die Klägerin seit Januar 1995 laufend behandele. Im Vordergrund stünden persistierende orthopädische Erkrankungen, ein chronisches Lipödem beider Beine, ein Fibromyalgiesyndrom und ein chronisches Schmerzsyndrom. Ansonsten hätte es in der Vergangenheit interkurrente Erkrankungen wie Infekte, kleine Verletzungen, allergische Reaktionen, ein Zustand nach Missed abortion in der zehnten Schwangerschaftswoche März 1999 und eine posttraumatische Psychosomatose gegeben. Im Laufe der Jahre sei trotz umfangreicher medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung keine wesentliche Besserung eingetreten. Im Gegenteil, seit drei bis vier Jahren häuften sich Arbeitsunfähigkeiten und Arztbesuche, sodass Erwerbsunfähigkeit zu befürchten sei. Nach Knie- und Schulteroperationen 2008 und 2009 habe sich die chronische Schmerzsituation der Klägerin dramatisiert. Sicher würden auch psychische Faktoren eine Rolle spielen. Bis Ende 2006 habe die Klägerin sehr wahrscheinlich noch gut sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten können. Dr. S. führte unter dem 28. Juli 2011 aus, er habe die Klägerin ab 1. Juli 2006 am 1. und 16. Oktober, 3. Dezember 2008, 2. Juli, 7. Oktober 2010 und 2. März und 13. April 2011 behandelt. Bei der Klägerin liege ein langjähriges chronisches Schmerzsyndrom vor. Seit 2006 registriere er eine langsam progrediente Verschlechterung der Befunde und Schmerzen. Die wichtige Erkrankung der Klägerin sei eine somatoforme Schmerzstörung, die auf dem Boden einer sehr schweren postpsychotraumatischen Störung basiere. Seitens des orthopädischen Fachgebiets bestünden keine objektivierbaren Befunde, die gegen eine Leistungsfähigkeit für eine leichte Tätigkeit über mindestens sechs Stunden sprächen. Dr. S. fügte weitere Arztbriefe aus den Jahren 2008 bis 2011 bei.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Dr. W. das psychosomatische Gutachten vom 23. März 2012 nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 14. und 15. März 2012. Dr. W., zu dem die Klägerin alleine mit dem Zug von F. nach M. anreiste und dem die Klägerin eine ständige Kontrolle durch den Stiefvater und sexuelle Übergriffe von dessen Seite etwa ab ihrem 16. Lebensjahr, zum Tagesablauf insbesondere die Versorgung der Tochter, die Führung des Haushalts mit Pausen, Spazierengehen mit dem Hund, gemeinsames Einkaufen mit dem Ehemann und als Freizeitbeschäftigung Fernsehen und Lesen schilderte, diagnostizierte eine selbstunsichere-vermeidende Persönlichkeit auf dem Hintergrund einer kindlichen Traumatisierung, ein Lipödem, ein chronisches Schmerzsyndrom vom Fibromyalgietyp und Verschleißerkrankungen, insbesondere der Knie- und Schultergelenke sowie der Wirbelsäule. Es gäbe bei der Klägerin ein breites Überlappungsfeld zwischen den Diagnosen der selbstunsicher-vermeidenden Persönlichkeitsstörung und der chronischen Schmerzerkrankung vom Fibromyalgietyp. Auch die vom behandelnden Orthopäden erwähnten Traumatisierungen könnten als eigenständige Diagnose (posttraumatisches Belastungssyndrom) erwogen werden. Wie aus der Anamnese deutlich geworden sei, komme der schweren frühkindlichen Belastung sowie dem folgenden Missbrauch und der Gewalt die entscheidende Bedeutung für die folgenden Beschwerden zu. Die Klägerin habe in den ersten 30 Jahren ihres Lebens offensichtlich vollständig unter dem Einfluss des als übermächtig erlebten Stiefvaters gestanden. Erst spät (nach dem 30. Lebensjahr) habe sie sich nur durch die Heirat befreien können. In der Folge der anhaltenden Bedrohung und Kontrolle hätten sich dann generalisierte Ängste und später eine zunehmende Schmerzsymptomatik entwickelt. Dekompensiert sei die Klägerin vermutlich nach dem Tod der Mutter. In der Folge sei es zum sozialen Rückzug und zunehmend der Begrenzung nur auf den häuslichen Bereich gekommen. Aus den rein körperlich-orthopädischen Einschränkung sei eine wesentliche Minderung der täglichen Arbeitsleistung nicht abzuleiten. Die seelische Einschränkung sei jedoch so erheblich, dass vor allen Dingen wegen der Ängste in Verbindung mit Schmerzen derzeit eine Leistungsfähigkeit von nur unter drei Stunden gegeben sei. Die Symptomatik habe sich schleichend entwickelt und über viele Jahre (zumindest seit 2007/2008) bestanden. Ein exakter Beginn sei mangels Behandlungsunterlagen nicht bestimmbar. In seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 29. Mai 2012 verblieb Dr. W. unter Auseinandersetzung mit den von der Klägerin vorgelegten weiteren Arztbriefen, der Unterlagen aus dem Verfahren 2 Ca 3/93 FDS und der Schilderung der Klägerin im Zusammenhang mit dem Betreten der Wohnung des Stiefvaters im Mai 2006 bei seiner bisherigen Einschätzung.

Auf weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG erstattete Orthopäde Dr. A. das orthopädisch-schmerztherapeutische Gutachten vom 19. März 2013 nach Untersuchung am 16. März 2013. Dr. A., dem die Klägerin u.a. weitere Arztbriefe aus den Jahren 1986 bis 2011, Computerdatenauszüge vom 13. Oktober 2003 bis 31. März 2005 (wahrscheinlich aus einer frauenärztlichen Praxis), ihr Schmerztagebuch vom März 2011, den Fragebogen zu Beginn einer Psychotherapie vom 28. Juni 2011 und Schreiben mehrerer Krankenkassen die Zeit ab 1992 betreffend vorlegte, diagnostizierte auf orthopädischem Fachgebiet ein Halswirbelsäulen¬syndrom mit nicht wurzelbezogener Ausstrahlung in beide Arme, Schmerzbeschwerden beider Schultergelenke, einen Daumen- und kleinfingerseitigen Muskelansatzreiz beider Ellenbogen-gelenke, Gelenkschmerzen beider Handgelenke, Fingerpolyarthrose beider Hände, ein Brustwirbelsäulensyndrom, ein nicht wurzelbezogenes Lendenwirbelsyndrom mit Schmerzaus-strahlung in das rechte mehr als das linke Bein, einen schmerzhaften Umgebungsreizzustand beider Hüftgelenke, einen Kniegelenkverschleiß beidseits, ein Lipödem beider Unterschenkel und eine Beinverkürzung links und aus schmerztherapeutischer Sicht eine drittgradig chronifizierte Schmerzerkrankung, den Verdacht auf episodischen Kopfschmerz, anamnestisch abgeklungene atypische Gesichtsschmerzen im Bereich von Stirn, Wange und Unterkiefer mit Berührungsüberempflindlichkeit 1992/1993 und den Verdacht auf psychische Koinzidenz auf der Basis folgender Erkrankungen: Verdacht auf das Vorliegen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit dem Symptombild eines Fibromyalgiesyndroms. Verdacht auf mittelschwere bzw. schwere depressive Episode/Störung im Zusammenhang mit belastenden Lebensereignissen (angegebene körperliche und sexuelle Übergrifflichkeiten in Jugend und frühem Erwachsenenalter, reaktiviert 2006 beim Betreten der Wohnung des verstorbenen Stiefvaters), Zustand nach unerfülltem Kinderwunsch nach der Geburt der jetzt 18 Jahre alten Tochter ... und schwerer Erkrankung ihrer Mutter. Fachfremd nannte er eine Schilddrüsenvergrößerung unklarer Ursache. Aufgrund der orthopädischen Erkrankungen sei die Klägerin nicht gehindert, regelmäßig sechs Stunden am Tag angepasste Tätigkeiten, z.B. Bürotätigkeiten, auszuführen. Aus psychiatrischer Sicht könne er die Leistungsfähigkeit nicht hinreichend sicher beurteilen. Dr. W. halte die Klägerin aktuell nur für unter drei Stunden einsatzfähig. Dieser Beurteilung könne schmerztherapeutisch grundsätzlich gefolgt werden. Ob die Klägerin aus psychischen Gründen ab 2006 nur eingeschränkt in der Lage gewesen sei, zu arbeiten und ob aus psychischen Gründen ab 2006 oder gar noch früher Einschränkungen des zeitlichen Leistungsvermögens bestanden hätten, lasse sich durch die von ihm in Erfahrung gebrachten Angaben und auch aus den Angaben über eine mittlerweile bei verschiedenen Behandlern aufgenommene und abgebrochene Psychotherapie nicht abschließend beurteilen. Dieses Beurteilungsunvermögen beruhe auf der nicht vorliegenden Dokumentation der in Rede stehenden Zeiträume vor und kurz nach 2006 bezogen auf die psychische Erkrankung der Klägerin. Unglücklicherweise finde sich in der Akte insbesondere für den wichtigen Zeitraum 2006 und davor überhaupt kein aktenkundiger zeitnah erhobener psychiatrischer Befund. Folge man den heutigen mündlichen Angaben der Klägerin, bestünden fast unisono Hinweise dafür, dass sie auch damals schon nicht in der Lage gewesen sei, regelmäßig sechs Stunden zu arbeiten. Aber die mündlichen Angaben unter dem Eindruck des Wissens, dass der Rentenantrag nur dann erfolgreich sein werde, wenn sie ihre Beschwerden rückdatiere auf 2006, könne nicht als praktisch alleiniges Argument einer Leistungsbeurteilung dienen, vor allem einer Leistungsbeurteilung zu einem psychiatrischen Erkrankungsbild. Er rege eine fachpsychiatrische Untersuchung durch einen psychiatrisch tätigen Arzt an.

Auf Nachfrage des SG teilte die Klägerin mit, dass sie sich 1992/1993 in psychiatrischer Fachbehandlung bei Dr. E. befunden habe. Die Praxis sei von Prof. Dr. K. übernommen worden. Im Mai 2011 habe sie sich in psychotherapeutischer Behandlung bei Dr. S. befunden. Nach acht Sitzungen habe sie wegen der Diagnose von Dr. S., dass es sich um eine Winterdepression handele, das Patientenverhältnis beendet. Sie habe dann Prof. Dr. K. aufgesucht, der überlastet gewesen sei und keine weitere Patienten habe aufnehmen können. Aufgrund der von Prof. Dr. K. ausgehändigten Liste habe sie sich mit der Psychologin G. in Verbindung gesetzt, die ebenfalls überlastet gewesen sei. Dann habe sie sich bei der Psychologin Dr. S. gemeldet, die Behandlung nach zwei Stunden aber wieder abgebrochen, nachdem diese eine stationäre Behandlung empfohlen habe. Seit Januar 2013 befinde sie sich in Behandlung bei der Psychologin G.

Das SG hörte hierauf Prof. Dr. K., der unter dem 1. Juli 2013 mitteilte, dass er in seinen Unterlagen nur zwei Einträge vom 17. und 23. April 2012 habe. Bei diesen beiden kurzen Gesprächen habe die Klägerin berichtet, dass sie unter Fibromyalgie leide. Angesichts ihrer komplizierten Lebensgeschichte mit traumatisierenden Ereignissen habe er ihr empfohlen, sie möge sich in ambulante Psychotherapie begeben. Ob sie seinen Rat aufgegriffen habe, wisse er nicht. Ergänzend teilte Prof. Dr. K. unter dem 12. Juli 2013 noch mit, dass er über keinerlei Unterlagen über die Klägerin verfüge, auch nicht aus der Zeit seines Praxisvorgängers Dr. E ...

Nachdem das SG mit in der Akte befindlichem Schriftsatz vom 13. September 2013 auf die beabsichtigte Entscheidung durch Gerichtsbescheid hingewiesen hatte, wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2014 die Klage ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung an die Klägerin unter Zugrundelegung eines zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 10. März 2010 eingetretenen Versicherungsfalles, aber auch eines in den Jahren 2007/2008 eingetretenen Versicherungsfalles (wie im Gutachten von Dr. W. vom 23. März 2012 angenommen) lägen nicht vor. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hätten zuletzt bei einem Versicherungsfall am 31. Dezember 2006 vorgelegen. Der Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalls spätestens im Dezember 2006 sei jedoch nicht erbracht. Dies ergebe sich aus den eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen der die Klägerin behandelnden Ärzte und auch aus den gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten von Dr. W. und Dr. A ... Aufgrund der fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen könne offenbleiben, ob die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Rente überhaupt vorlägen. Es, das SG, stütze sich auf die Darlegungen des Dr. J. vom 15. Juli 2011, wonach die Klägerin bis Ende 2006 sehr wahrscheinlich in der Lage gewesen sei, noch "gut sechs Stunden täglich leichte Arbeiten" zu verrichten. Dr. S. habe für das orthopädische Fachgebiet ebenfalls keine Anhaltspunkte gesehen, die gegen eine mindestens sechs Stunden tägliche leidensgerechte Erwerbstätigkeit der Klägerin sprächen. Die von Dr. Schwarz erwähnte postpsychotraumatische Störung und - darüber hinaus - eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens seien für den hier maßgeblichen Zeitraum (Eintritt eines Versicherungsfalls spätestens im Dezember 2006 und danach ununterbrochen fortbestehend) nicht belegt. Im November 2008 habe zwar eine Vorstellung bei dem Neurologen Dr. P. stattgefunden, allerdings seien im vorliegenden Arztbrief keine psychischen Beschwerden vermerkt. Die Anfrage an Prof. Dr. K. über Unterlagen für die Zeit bis 31. Dezember 2006 habe ebenfalls nicht zu weiteren Erkenntnissen geführt. Auch die von der Klägerin vorgelegten Schriftsätze im Zusammenhang mit dem Gerichtsverfahren 2 Ca 3/93 FDS seien nicht geeignet, den Nachweis eines spätestens im Dezember 2006 eingetretenen und seither fortbestehenden Versicherungsfalles zu führen. Allein die Erwähnung in der Klageerwiderung, die Klägerin habe in einem am 9. Dezember 1992 geführten Gespräch erklärt, ihre jetzige Krankheit sei psychisch bedingt, könne weder belegen, dass durch eine bestimmte psychische Erkrankung eine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin eingetreten sei, noch wie lange diese fortbestanden habe. Durch die gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten sei ein Versicherungsfall spätestens zum Dezember 2006 ebenfalls nicht nachweisbar belegt. Ein weiteres Gutachten auf psychiatrischem Gebiet sei nicht zu veranlassen gewesen. Dr. A. habe selbst darauf hingewiesen, dass sich in der Akte insbesondere für den wichtigen Zeitraum 2006 und davor überhaupt kein aktenkundiger zeitnah erhobener psychiatrischer Befund finde. Darüber hinaus sei die Klägerin bereits durch Dr. W., der Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Psychotherapie sei, begutachtet worden. Auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 241 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien hier nicht erfüllt, da nach dem von der Beklagten übersandten Versicherungsverlauf nicht jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne des § 241 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI belegt sei. Die Beweislast für den Eintritt eines Versicherungsfalls spätestens im Dezember 2006 treffe die Klägerin. Die anspruchsbegründenden Tatsachen müssten voll erwiesen sein. Die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines bereits zu einem früheren Zeitpunkt - so zum Dezember 2006 - eingetretenen Versicherungsfalls unter Hinweis auf eine Entwicklung der Symptomatik reiche nicht.

Hiergegen hat die Klägerin am 30. Januar 2014 unter Beifügung eines von ihr verfassten Schreibens vom 27. Februar 2014, in dem sie die psychischen Umstände unter denen sie zu leiden gehabt habe, schildert, Berufung eingelegt. Sie beanstandet, dass sie das Schreiben des SG vom 13. September 2013 nicht erhalten habe. In der Sache führt sie aus, Dr. W. habe in seinem Gutachten dargelegt, dass sie nur noch in der Lage sei, unter drei Stunden täglich tätig zu sein. Die Symptomatik habe sich schleichend entwickelt und über viele Jahre, zumindest seit 2007 bis 2008, bestanden. Dies sei so zu verstehen, dass bei ihr bereits seit 2007 bzw. 2008 ein unter dreistündiges Leistungsvermögen vorhanden sei. Das Leistungsvermögen sinke aber nicht von einem Tag auf den anderen von über sechs auf unter drei Stunden, sodass damit bereits vor dem von Dr. W. angenommenen Versicherungsfall in den Jahren 2007 bzw. 2008 der Versicherungsfall der Erwerbsminderung eingetreten sein müsse. Ihres Erachtens sei eine wesentliche Verschlechterung durch das Betreten und Räumen der Eigentumswohnung des Stiefvaters im Mai 2006 eingetreten. Die massive körperliche und seelische Misshandlung durch den Stiefvater seit ihrer Kindheit und später auch der sexuelle Missbrauch, lasse eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustands ab Mai 2006 absolut plausibel erscheinen. Ihr Hausarzt (Dr. J.) habe sie jahrelang bzw. jahrzehntelang falsch behandelt und habe es versäumt, eine entsprechende psychiatrische Behandlung in die Wege zu leiten. Dass keine Behandlungsunterlagen vorlägen, sei nicht richtig. Bei Dr. S. habe sie sich bereits in den Jahren 2005 und 2006 in Behandlung befunden. In dessen Arztbrief vom 26. April 2006 klinge ihre psychische Belastung bereits an. Im Arztbrief vom 28. Juli 2011 habe Dr. S. ausgeführt, dass er seit 2006 eine langsam progrediente Verschlechterung der Befunde und der Schmerzen registriert habe, ohne dass dies exakt an zeitlichen Daten festzumachen wäre. Die Schmerzstörung basiere nach seiner Bewertung auf dem Boden einer sehr schweren postpsychotraumatischen Störung wegen der er sie auch in psychotherapeutisch-psychiatrische Betreuung überwiesen habe. Aus der - vorgelegten - Karteikarte des Dr. J. könne entnommen werden, dass ihre Vorstellung bei diesem seit 2004 massiv zugenommen habe. Im Jahr 2004 sei sie insgesamt sechzehnmal bei diesem gewesen, ohne dass dieser etwaige fachärztliche Behandlungen in die Wege geleitet habe, obwohl er ihren Ehemann darauf angesprochen habe, was denn "psychisch mit der Klägerin los wäre". Ihre massive Misshandlung werde auch durch den - vorgelegten und genehmigten - Antrag für eine analytische Psychotherapie der Psychologin G. vom 18. November 2013 belegt. Hierauf lasse auch die - vorgelegte - Kopie der Stellungnahme ihres Bruders schließen. Sie seit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 1993 aufgrund psychischer Probleme nicht mehr fähig gewesen sei, sechs Stunden oder mehr zu arbeiten. Die psychischen Probleme und Depressionen seien nicht behandelt worden und hätten sich manifestiert, was sich in Form von Ganzkörperschmerzen geäußert habe. Sie sei daher davon ausgegangen, dass diese Schmerzen orthopädisch bedingt seien und habe ärztliche Hilfe beim Hausarzt, Orthopäden und Schmerztherapeuten gesucht. Bei Dr. E. sei sie wegen Mobbings in Behandlung gewesen. Bei Prof. Dr. K. hätte man unter ihrem Geburtsnamen ermitteln müssen, da sie während der Behandlung bei Dr. E. noch nicht verheiratet gewesen sei. Außerdem hat sie ihr an ihre frühere Prozessbevollmächtigte gerichtetes Schreiben vom 26. Mai 2014 und den Arztbrief des Prof. Dr. K., Neurologische Klinik der Universitätsklinik T., vom 7. Dezember 1992 (Diagnose: atypischer Gesichtsschmerz links im Innovationsgebiet des zweiten Trigeminusastes, möglicherweise symptomatisch durch entzündliche Affektionen im Oberkiefer und der Nebenhöhlen; aufgrund der rückläufigen Symptomatik und Besserung des radiologischen Befundes sei von einem pathogenetischen Zusammenhang auszugehen) vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 13. Januar 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. September 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. März 2010 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Sie hat nochmals die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei Leistungsfällen am 31. Dezember 2006 und 1. Januar 2007 dargelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 2 SGG statthafte und zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2014 zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 28. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. September 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. März 2010.

1. Ob dem SG im Zusammenhang mit der Ankündigung eines Gerichtsbescheids Fehler unterlaufen sind, weil die Klägerin die Anhörung vom 13. September 2013 nicht erhalten haben will, kann dahingestellt bleiben. Dies hätte nicht zwingend die Zurückverweisung der Sache an das SG zur Folge. Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG steht die Entscheidung, ob die Sache bei wesentlichen Mängeln des sozialgerichtlichen Verfahrens an das Sozialgericht zurückverwiesen wird, im Ermessen des Senats. Es ist abzuwägen zwischen den Interessen der Beteiligten an einer raschen Sachentscheidung und dem Grundsatz der Prozessökonomie einerseits sowie dem Verlust einer Instanz andererseits. Im Zweifel ist die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens vorzugswürdig (Bundesozialgericht [BSG], Urteil vom 11. Dezember 2002 - B 6 KA 1/02 R -, in juris). Unter Beachtung der Tatsache, dass die Sache entscheidungsreif ist und keine Ermittlungen durchzuführen sind, überwiegt hier das Interesse an einer Entscheidung durch den Senat.

2. a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

b) Die allgemeine Wartezeit für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beträgt fünf Jahre (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI). Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, der mit mindestens drei Jahren Pflichtbeiträgen erfüllt sein muss, verlängert sich um die in § 43 Abs. 4 SGB VI genannten Anrechnungszeiten, Berücksichtigungszeiten und Zeiten einer schulischen Ausbildung. Nach § 241 Abs. 1 SGB VI verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, in dem Versicherte für einen Anspruch auf Rente drei Jahre Pflichtbeiträge haben müssen, auch um Ersatzzeiten und Zeiten des Bezugs einer Knappschaftsausgleichsleistung vor dem 1. Januar 1992. Gemäß § 241 Abs. 2 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit oder Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist nach § 44 Abs. 5 SGB VI auch dann nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestands eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (§ 53 SGB VI).

c) Auch der Anspruch auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI erfordert die in § 43 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, gegebenenfalls mit den Verlängerungszeiten nach § 241 SGB VI sowie die Erfüllung der Wartezeit.

d) Die Klägerin erfüllt die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI). Nach dem Versicherungsverlauf vom 28. April 2010 sind mehr als 60 gemäß § 51 Abs. 1 SGB VI anrechenbare Beitragsmonate vorhanden.

e) Ausgehend vom Datum der Rentenantragstellung am 10. März 2010 scheitert ein Rentenanspruch der Klägerin jedoch bereits daran, dass in den letzten fünf Jahren vor diesem Zeitpunkt drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht vorliegen. Ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 28. April 2010 liegen in dem maßgeblichen Zeitraum vom 10. März 2005 bis 9. März 2010 keinerlei Pflichtbeitragszeiten. Der Zeitraum von fünf Jahren, in denen Versicherte für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben müssen, verlängert sich ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalls am 10. März 2010 auch nicht um Ersatzzeiten (§§ 250 f. SGB VI), Zeiten des Bezugs einer Knappschaftsausgleichsleistung vor dem 1. Januar 1992, Anrechnungszeiten (§ 58 SGB VI), Berücksichtigungszeiten (§ 57 SGB VI) und Zeiten der schulischen Ausbildung, da solche Zeiten bei der Klägerin zwischen dem 10. März 2005 bis 9. März 2010 nicht vorliegen. Ebenso liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestands eingetreten wäre, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (§ 53 SGB VI), so dass auch unter diesem Gesichtspunkt das Erfordernis einer Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht entbehrlich ist (§ 43 Abs. 5 SGB VI). Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Klägerin bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit - im August 1981 hatte die Klägerin 60 Monate Pflichtbeitragszeiten - voll erwerbsgemindert gewesen wäre und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert wäre (§ 43 Abs. 6 SGB VI). Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Klägerin vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte und seither jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist (§ 241 SGB VI), denn auch diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Anwartschaftserhaltungszeiten für jeden Monat nach dem 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung liegen nicht vor. Seit 7. November 2004 sind keine rentenrechtlichen Zeiten vorhanden.

f) Letztmals erfüllt waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung am 31. Dezember 2006. Ausgehend von diesem Zeitpunkt ergibt sich ein Fünfjahreszeitraum vom 31. Dezember 2001 bis 30. Dezember 2006. Darin liegen 36 Monate Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 31. Dezember 2001 bis 6. November 2004. Um diese 36 Monate Berücksichtigungszeiten ist der Fünfjahreszeitraum zu verlängern. Der Monat Dezember 2001 gilt mit der Berücksichtigungszeit als voll belegt (§ 122 Abs. 1 SGB VI). Demnach ergibt sich der Verlängerungszeitraum vom 1. Dezember 1998 bis 30. November 2001. Darin liegen wiederum 36 Monate Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung von Dezember 1998 bis November 2001. Demnach ergibt sich der Verlängerungszeitraum vom 1. Dezember 1995 bis 30. November 1998. Darin liegen 12 Monate Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung von Dezember 1997 bis November 1998. Demnach ergibt sich der Verlängerungszeitraum vom 1. Dezember 1994 bis 30. November 1995. In diesem Zeitraum sind keine Verlängerungstatbestände enthalten. Der Gesamtzeitraum beläuft sich daher vom 1. Dezember 1994 bis 30. Dezember 2006. Darin liegen 36 Monate Pflichtbeiträge wegen Kindererziehung vom 1. Dezember 1994 bis 30. November 1997. Für die Zeit ab 1. Januar 2007 waren im Fünfjahreszeitraum keine 36 Monate Pflichtbeiträge mehr vorhanden.

g) Am 31. Dezember 2006 war die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren sowie der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme und gestützt auch auf die von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin zumindest bis 31. Dezember 2006 in der Lage war, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat entnimmt dies, wie das SG, den sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. J. vom 15. Juli 2011 und des Dr. S. vom 28. Juli 2011 und den Gutachten des Dr. W. vom 23. März 2012 sowie des Dr. A. vom 19. März 2013, aber auch dem Gutachten des Internisten H.-L. vom 20. April 2010. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen im Zusammenhang mit der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses im Jahr 1993, dem Arztbrief des Prof. Dr. K. vom 7. Dezember 1992 und der sachverständigen Zeugenauskunft des Prof. Dr. K. vom 1. Juli 2013. Auch die von der Klägerin vorgelegten Arztbriefe aus den Jahren 1986 bis 2010, die Unterlagen der Psychologin G., der Krankenkassen und die Karteikarte des Dr. J. sowie die Schreiben der Klägerin und ihres Bruders belegen keinen früheren Versicherungsfall.

Am 31. Dezember 2006 litt die Klägerin vorrangig unter Gesundheitsstörungen auf orthopädi-schem Fachgebiet. Es bestand bei ihr ein Knorpelschaden im linken Kniegelenk, ein Lumbal-syndrom, eine chronisch-rezidivierende Iliosacralgelenksblockierung rechts und eine beginnende Coxarthrose beidseits. Dies ergibt aus den Arztbriefen des Prof. Dr. S. vom 15. August 1986, des Chirurgen K. vom 19. und 24. November 1997 und des Dr. S. vom 26. April und 28. Juli 2005 sowie dem Attest des Dr. S. vom 2. Juli 2010. Außerdem bestand wie ebenfalls aus dem Arztbrief des Dr. S. vom 28. Juli 2005 hervorgeht - eine Haglundexostose rechts und eine chronische Ansatztendopathie der Achillessehne rechts sowie ein Zustand nach Tarsaltunnelsyndrom beidseits.

Darüber hinaus bestand bei der Klägerin ein Lipödem beidseits, das eine Kompressionstherapie notwendig machte. Dies stützt der Senat auf den Arztbrief des Dr. S. und P. vom 3. Dezember 2004.

Des Weiteren litt die Klägerin - wie aus der Aufstellung des Abrechnungszentrums hervorgeht - unter einem Nierenstein und einer Allergie. Das Bestehen einer Allergie belegt auch der Arztbrief der Hautärzte Dr. K. und Dr. W. vom 28. November 2001.

Außerdem bestand bei der Klägerin nach der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. J. vom 15. Juli 2011 ein chronisches Schmerzsyndrom und ein Fibromyalgiesyndrom.

Über psychische Probleme oder Auffälligkeiten finden sich mit Ausnahme der Erwähnung einer Karzinophobie, da mütterlicherseits gehäuft Brustkrebs auftrete, im Arztbrief des Dr. S. vom 26. April 2006 im Jahr 2006 keine Angaben. Zwischen 1993 (Behandlung bei Dr. E.) und 2011 (Beginn der Behandlung bei Dr. S.) befand sich die Klägerin auch nicht in psychiatrischer Behandlung. In hausärztlicher Behandlung war sie im Jahr 2006 nach der Karteikarte des Dr. J. nur einmal am 24. Mai 2006 wegen Schmerzen in der linken Flanke. Über einen psychiatrischen Befund berichtet auch nicht Dr. P., der die Klägerin am 13. November 2008 wegen eines Schulterschmerzes rechts unklarer Genese und eines leichten Carpaltunnelsyndroms links behandelte. Damit im Einklang steht auch, dass die Klägerin bei der Begutachtung durch den Internisten H.-L. am 16. April 2010 angab, dass sie wegen der sich häufenden Gesundheitsprobleme zur Zeit ein "bisschen down" sei, eine behandlungsbedürftige Beeinträchtigung aber nicht sehe. Auch die dem Internisten H.-L. von der Klägerin geschilderten Freizeitaktivitäten in Form von Lesen, etwas Fernsehen, zweimal jährlichem Urlaub, vielen Spaziergängen mit dem Kleinhund, einmal pro Woche schwimmen lassen nicht auf eine bereits im Jahr 2006 bestehende psychische Beeinträchtigung schließen. Internist H.-L. diagnostizierte in seinem Gutachten auch keine psychische Erkrankung. Eine im Jahr 2006 bestehende psychische Erkrankung lässt sich auch nicht auf den Arztbrief des Dr. S. stützen, in dem dieser den Verdacht auf eine Karzinophobie äußerte. Zum Einen urteilte Dr. S. als Orthopäde insoweit fachfremd, zum Anderen darf nicht übersehen werden, dass die Angst vor einer Krebserkrankung keine fachärztliche Behandlung erforderlich machte. Im Übrigen spricht auch Dr. S., bei dem sich die Klägerin seit 2005 in Behandlung befindet, erst im Jahr 2011 von einer postpsychotraumatischen Störung und veranlasste die Klägerin, fachärztliche Hilfe Anspruch zu nehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf die von der Klägerin zumindest im Jahr 1999 erlittene Fehlgeburt. Auch dies führte, abgesehen davon, dass es zur Fehlgeburt über sechs Jahre vor dem maßgeblichen Zeitpunkt am 31. Dezember 2006 kam, zu keiner fachärztlichen psychiatrischen Behandlung, was auf keinen ausgeprägten Leidensdruck schließen lässt. Auch die Tatsache, dass die Klägerin ihrem Arbeitgeber im Jahr 1993 schilderte, sie habe psychische Probleme, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies mag eventuell belegen, dass die Klägerin im Jahr 1993 psychische Probleme hatte. Sie begab sich im Jahr 1993 auch in psychiatrische Behandlung bei Dr. Esser. Gegen eine Erkrankung stärkeren Ausmaßes und vor allen Dingen eine chronische, sich bis in das Jahr 2006 ziehende Erkrankung spricht jedoch, dass die Klägerin nach dem Tod von Dr. E. keinen neuen Arzt suchte. Auch im Arztbrief von Prof. Dr. K. vom 7. Dezember 1992 wird als Diagnose keine psychiatrische Erkrankung, sondern ein atypischer Gesichtsschmerz links, eine neurologische Diagnose, genannt. Eine psychiatrische Erkrankung lässt sich auch nicht darauf stützen, dass Prof. Dr. K. die hochdosierte Einnahme von Antidepressiva empfahl, denn die Einnahme von Antidepressiva hilft auch gegen Schmerzen. Abgesehen davon war jedoch auch bereits eine Besserung eingetreten, weshalb die Klägerin überhaupt keine medikamentöse Behandlung wünschte und eine solche auch nicht veranlasst wurde. Dafür, dass die Beschwerden der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet im Jahr 2006 noch nicht gravierend gewesen waren, spricht auch, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben ab 2004 einen neuen Arbeitsplatz suchte und auch Bewerbungen schrieb. Dass sie nach ihrem Vorbringen von Seiten der Agentur für Arbeit abgelehnt worden sei, widerspricht ihren ersten Angaben dem Internisten H.-L. gegenüber und ist durch entsprechende Äußerungen der Agentur für Arbeit auch nicht belegt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von Dr. W. und Dr. A. erstatteten Gutachten. Zwar diagnostizierte Dr. W. u.a. eine selbstunsichere-vermeidende Persönlichkeit auf dem Hintergrund einer kindlichen Traumatisierung. Er führt in seinem Gutachten auch aus, dass sich die Symptomatik schleichend entwickelt habe und über viele Jahre (zumindest seit 2007/2008) bestehe. Einen exakten Beginn vermag er mangels Behandlungsunterlagen aber nicht zu bestimmen. Das Bestehen der Erkrankung spätestens am 31. Dezember 2006 ist damit nicht nachgewiesen. Zu einem anderen Ergebnis vermag insoweit auch nicht die Überlegung der Klägerin zu führen, dass sich die Erkrankung nicht schlagartig derartig entwickle. Dies könnte richtig sein, ist aber - was erforderlich wäre - nicht zu belegen und steht damit zur Überzeugung des Senats nicht fest.

Weitere Unterlagen über diesen Zeitraum vor und kurz nach 2006 existieren nicht. Die Klägerin befand sich - wie ausgeführt - damals nicht in psychiatrischer Behandlung und suchte sowohl ihren Hausarzt Dr. J. als auch Dr. S. im Jahr 2006 nur einmal auf. Dr. J. und Dr. S. hat das SG gehört.

h) Aus den bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen ergaben sich nach Überzeugung des Senats qualitative Leistungseinschränkungen. Die Klägerin konnte wegen der Erkrankungen auf orthopädischen Fachgebiet sowie wegen des Fibromyalgie- und Schmerzsyndroms nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, schweres Heben und Tragen, knieende und hockende Tätigkeiten, häufiges Ersteigen von Treppen, Ersteigen von Leitern und Gerüsten und Gehen auf grob unebenem Untergrund verrichten. Das Lipödem stand Tätigkeiten mit Hitzebelastungen entgegen und wegen der Allergie waren ihr inhalative und allergene Belastungen nicht mehr möglich. Dies entnimmt der Senat vorrangig dem von dem Internisten H.-L. erstatteten Gutachten und den sachverständigen Zeugenauskünften des Dr. J. und Dr. S ... Damit im Einklang steht auch das Gutachten des Dr. A ...

i) Die bei der Klägerin als rentenrelevant zu berücksichtigenden Gesundheitsstörungen führten nach Überzeugung des Senats aber zu keiner Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Die Klägerin war, zumindest bis zum 31. Dezember 2006 noch in der Lage, leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt dies auf die Beurteilung des Gutachters H.-L., der diese Einschätzung im Jahr 2010 abgab, und die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. J. und Dr. S ... Auch Dr. A. sah die Klägerin aus orthopädischer Sicht nicht gehindert, regelmäßig sechs Stunden am Tag angepasste Tätigkeiten auszuführen.

Widerlegt wird die Einschätzung eines mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens der Klägerin am 31. Dezember 2006 auch nicht durch das Gutachten des Dr. W ... Dr. W. hält die Klägerin zwar mittlerweile nur noch für unter drei Stunden leistungsfähig. Einen exakten Beginn vermag er jedoch nicht zu bestimmen. Er legt sich nur insoweit fest, dass die Symptomatik sich schleichend entwickelt und über viele Jahre, zumindest seit 2007/2008, bestanden habe. Dass die Klägerin auch am 31. Dezember 2006 bereits quantitativ leistungseingeschränkt war, steht aufgrund dieser Ausführungen zur Überzeugung des Senats nicht fest. Zu einem anderen Ergebnis vermag insoweit auch nicht die Überlegung der Klägerin zu führen, dass die Erkrankung nicht schlagartig dazu geführt habe, dass sie nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten könne und aus der Angabe, dass zumindest seit 2007/2008 die Symptomatik bestehe, deshalb zu folgern sei, dass dies auch schon 2006 der Fall gewesen sei. Dies könnte ebenso wie das Bestehen der Erkrankung bereits in dieser Zeit richtig sein. Dieser Schluss ist aber nicht zwingend. Der Senat ist vom Vorliegen einer quantitativen Leistungseinschränkung insbesondere aufgrund der fehlenden Behandlung der Klägerin in diesem Zeitraum auch auf der Grundlage dieser Überlegung nicht überzeugt. Auch Dr. A. kann die Leistungsfähigkeit der Klägerin aus psychiatrischer Sicht nicht hinreichend sicher beurteilen. Ob die Klägerin aus psychischen Gründen ab 2006 nur eingeschränkt in der Lage gewesen sei, zu arbeiten und ob aus psychischen Gründen ab 2006 oder gar noch früher Einschränkungen des zeitlichen Leistungsvermögens bestanden hätten, lässt sich - so Dr. A. - nicht abschließend beurteilen. Dieses Beurteilungsvermögen beruht auf der nicht vorliegenden Dokumentation der in Rede stehenden Zeiträume vor und kurz nach 2006 bezogen auf die psychische Erkrankung der Klägerin.

3. Bei dieser Sachlage sieht sich der Senat auch nicht veranlasst, von Amts wegen ein psychiatrisches Sachverständigengutachten einzuholen. Dr. W., der Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Psychotherapie, Naturheilverfahren, Umweltmedizin und Psychoanalyse ist, hat bereits ein psychosomatisches Gutachten erstattet. Er hat die Klägerin auch mit Blick auf eine psychische Störung begutachtet. Mangels fachärztlicher Behandlung der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet zwischen 1992 und 2011 vermag auch ein weiterer Gutachter keine gesicherten Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit der Klägerin im Dezember 2006 zu gewinnen. Auch eine nochmalige Nachfrage bei Prof. Dr. K. unter Angabe des Mädchennamens der Klägerin ist entbehrlich, denn - wie ausgeführt - vermag die Behandlung bei Dr. E. im Jahr 1992 weder eine Erkrankung stärkeren Ausmaßes noch eine chronische Erkrankung zu belegen. Der Sachverhalt und das Leistungsvermögen der Klägerin sind insoweit geklärt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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