Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 2339/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4593/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.10.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Kläger begehrt von der Beklagten die Kostenerstattung für eine in der A.-Privatklinik M. durchgeführte Schulteroperation iHv 16.495,67 EUR.
Die 1942 geborene Klägerin ist bei der Beklagten im Wege der Familienversicherung gesetzlich krankenversichert. Am 10.03.2011 erkundigte sie sich telefonisch bei der Beklagten bezüglich der Übernahme der Kosten für eine Schulteroperation bei Prof. Dr. H ... Die A.-Privatklinik M. ist kein zugelassenes Krankenhaus, Prof. Dr. H. kein Vertragsarzt. Die bereits telefonisch erklärte Ablehnung der Kostenübernahme bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 14.03.2011.
Mit Schreiben vom 19.08.2011 wandte sich die Klägerin wegen einer möglichen Kostenübernahme erneut an die Beklagte. Prof. Dr. H., M., und Prof. Dr. L., H., bestätigten eine Humeruskopfnekrose Grad IV. Hierzu legte die Klägerin Befundberichte vom 02.05.2011 und 10.08.2011 vor, in denen die genannte Diagnose gestellt wird als Folge eines Skisturzes 2007 und eine Indikation zur Implantation einer Eclipse-TEP der rechten Schulter gesehen wird. Die Klägerin teilte mit, sie habe sich entschlossen, den Eingriff von dem mit größter Erfahrung praktizierenden Prof. Dr. H. ausführen zu lassen. Für eine kulanzweise Erstattung der Kosten reiche sie einen entsprechenden Kostenvoranschlag ein. Beigefügt hatte sie ein Informationsschreiben der A.-Privatklinik M., in dem diese ihre gesetzlich krankenversicherten Patienten darauf hinweist, dass die Kosten der A.-Klinik und deren Honorarärzte als Privatklinik grundsätzlich nicht von der Gesetzlichen Krankenkasse erstattet werden. Eine Ausnahme finde sich in § 13 Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), weshalb empfohlen werde, vor der Operation einen Antrag auf kulanzweise Erstattung bei der Krankenkasse zu stellen.
Mit Schreiben vom 22.09.2011 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme erneut ab mit der Begründung, Versicherte hätten Anspruch auf Behandlung in zugelassenen Krankenhäusern. Die A.-Klinik erfülle diese Voraussetzung nicht.
In der Zeit vom 24. bis 30.10.2011 ließ sich die Klägerin in der A.-Klinik M. stationär behandeln, die Operation erfolgte am 25.10.2011.
Mit Schreiben vom 26.11.2011 beantragte die Klägerin die Kostenerstattung und legte hierzu Rechnungen über einen Gesamtbetrag iHv 16.495,67 EUR vor. Während ihrer Reha-Maßnahme seien ihr immer wieder gesetzlich Versicherte begegnet, die auch in der A.-Klinik operiert worden seien und von ihrer Kasse anteilig eine Kostenerstattung für OP und Fallpauschale erhalten hätten. Es solle daher auch in ihrem Fall eine Einzelfallentscheidung getroffen und der Betrag erstattet werden, der mit einem Vertragskrankenhaus abgerechnet worden wäre.
Mit Bescheid vom 02.12.2011 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung ab. Mit Widerspruch vom 27.12.2011 machte die Klägerin geltend, dass nach § 13 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V nicht zugelassene Leistungserbringer nach vorheriger Zustimmung in Anspruch genommen werden könnten, wenn medizinische oder soziale Gründe dies erforderten. Die Beklagte habe ihr Ermessen diesbezüglich nicht pflichtgemäß ausgeübt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verwies darauf, dass Anspruch auf Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V nur in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus bestehe. Die A.-Privatklinik M. sei kein zugelassenes Krankenhaus. Es liege auch keine unaufschiebbare Leistung iS einer Notfallbehandlung vor. Eine fachgerechte Behandlung hätte in jedem Vertragskrankenhaus erbracht werden können. Es bestehe auch kein Anspruch auf Erstattung der Kosten, die bei Inanspruchnahme eines Vertragskrankenhauses angefallen wären. Anhand der Verwaltungsakte lässt sich nicht feststellen, wann der Widerspruchsbescheid zur Post gegeben wurde.
Hiergegen richtet sich die am 22.04.2012 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Die Beklagte habe verkannt, dass sie im Rahmen von § 13 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V eine Ermessensentscheidung zu treffen habe. Die Klägerin verfüge über eine die gesetzliche Krankenversicherung ergänzende Zusatzversicherung, die aber ebenfalls eine anteilige Leistungsgewährung verweigere, da die Beklagte keine Kosten übernehme. Die Klägerin habe daher sämtliche Kosten allein zu tragen, obwohl sie lediglich über ein Einkommen aus ihrer Altersrente iHv 659,84 EUR verfüge. Angesichts der weit fortgeschrittenen Humeruskopfnekrose habe der Eingriff ohne Aufschub vorgenommen werden müssen. Die von Prof. Dr. H. entwickelte Prothese "Eclipse" werde ausschließlich und in entsprechend hoher Zahl in der A.-Klinik durchgeführt. Die Beklagte habe der Klägerin auch keine Vertragseinrichtungen benannt, in denen die genannte oder eine medizinisch gleichwertige Operation durchgeführt werde.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vorgelegt. In dem Gutachten vom 10.01.2013 führt Dr. M. aus, aufgrund der fortgeschrittenen Humeruskopfnekrose sei die Indikation zur Implantation einer Humeruskopfprothese unstrittig. Der Eingriff hätte auch heimatnah in Vertragskrankenhäusern durchgeführt werden können. Die Implantation einer Schulterendoprothese, auch im hier dokumentierten Operationsverfahren, werde beispielsweise durchgeführt in der A. Klinik P., im K.-O. Krankenhaus/B. Klinik S., der Orthopädischen Klinik M., dem Klinikum S./Krankenhaus B. C., der Universitätsklinik T ... Eine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung in einer außervertraglichen Klinik sei nicht ersichtlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.10.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch komme § 13 Abs 2 SGB V nicht in Betracht. Da die Klägerin sich nicht grundsätzlich für das System der Kostenerstattung entschieden habe, sei durch die Beklagte auch keine Entscheidung nach § 13 Abs 2 Satz 6 SGB V zu treffen. Als einzig denkbare Grundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch komme § 13 Abs 3 SGB V in Betracht. Ein Notfall sei vorliegend nicht gegeben. In einem Notfall dürften auch nicht zugelassene Leistungserbringer in Anspruch genommen werden. In einem solchen Fall könne der Leistungserbringer bei stationärer Notfallbehandlung die Vergütung allein von der Krankenkasse verlangen, ein Kostenerstattungsanspruch sei ausgeschlossen. Eine unaufschiebbare Leistung habe nach dem Sachverhalt nicht vorgelegen. Die Beklagte habe die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Der Kostenerstattungsanspruch reiche nicht weiter als der entsprechende Sachleistungsanspruch. Nach § 108 SGB V dürften die Krankenkassen Krankenhausbehandlung nur durch Hochschulkliniken, Plankrankenhäuser oder Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen hätten, gewähren. Bei der A.-Privatklinik handele es sich nicht um ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus. Ein Sachleistungsanspruch bestehe daher nicht, ein Systemversagen liege nicht vor. Zwar sei der Wunsch nach bestmöglicher Behandlung nachvollziehbar, die Erkrankung der Klägerin weise jedoch keine so außergewöhnliche Problematik auf, dass eine Versorgung in einem der Vertragskrankenhäuser nicht möglich gewesen wäre. Eine Kostenerstattung komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt der vermeintlich gesparten Aufwendungen in Betracht (unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG) 10.11.1977, 3 RK 68/76, SozR 2200 § 185 Nr 2). Eine unzureichende Beratung der Klägerin durch die Beklagte sei ebenfalls nicht erkennbar. Die Klägerin sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Kosten infolge der fehlenden Zulassung und der bestehenden Versorgungsmöglichkeiten nicht übernommen werden könnten. Insofern komme auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht in Betracht, der im Übrigen nicht auf Schadenersatz, sondern Naturalrestitution gerichtet sei. Auch im Falle einer ordnungsgemäßen Beratung wären die Kosten bei Prof. Dr. H. nicht zu erstatten gewesen.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 09.10.2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 06.11.2014 eingelegte Berufung der Klägerin. Aufgrund der weit fortgeschrittenen Humeruskopfnekrose habe eine medizinische Notwendigkeit für die Implantation einer Eclipse TEP bestanden, welche in Vertragskrankenhäusern nicht vorgenommen werde, abgesehen davon, dass der Klägerin ein solches auch nicht benannt worden sei. Eine entsprechende Benennung sei erst mit der Stellungnahme des MDK vom 10.01.2013 erfolgt. Die Beklagte sei von der gebotenen Beratung nicht deshalb enthoben, weil die Klägerin die Durchführung der Behandlung bei einem bestimmten Arzt gewünscht habe. Die Verweigerung der Erstattung zumindest eines Teils der Kosten sei für die Klägerin nicht nachvollziehbar, zumal sie über einen erheblichen Zeitraum Mitglied der Beklagten sei, woraus sich auch eine soziale Verantwortung ergebe. Es sei augenscheinlich auch nicht unüblich, dass Krankenkassen im Wege der Kostenerstattung einen Teil der Kosten übernähmen. Die private Krankenzusatzversicherung versage unter Hinweis auf die Verweigerung der Beklagten ebenso eine teilweise Kostenerstattung. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte werde die Entscheidung der Beklagten jedenfalls auch als unbillig angesehen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.10.2014 und die Bescheide der Beklagten vom 14.03.2011, 22.09.2011 und 02.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die Schulteroperation in Höhe von insgesamt 16.495,67 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es sei nicht ersichtlich, weshalb eine dem medizinischen Stand entsprechende Behandlung nicht in einer Vertragsklinik möglich gewesen wäre. In dem Befundbericht der A.-Klinik vom 02.05.2011 werde unter dem Punkt Röntgen beschrieben: "FA rechte Schulter: Darstellung einer typischen avaskulären Humeruskopfnekrose Stadium IV nach Cruess". Weder ließen diese Ausführungen auf eine außergewöhnliche medizinische Problematik schließen, noch habe dies der MDK festgestellt. Dieser habe vielmehr mitgeteilt, dass der Eingriff heimatnah in einem Vertragskrankenhaus hätte durchgeführt werden können, auch mit dem dokumentierten OP-Verfahren. Die Darstellung, dass die Beklagte die Klägerin nicht ausreichend über alternative Kliniken informiert habe, entspreche nicht den Tatsachen. Die Klägerin habe mit Schreiben vom 19.08.2011 selbst mitgeteilt, dass sie sich zu dem Eingriff bei Prof. Dr. H. entschlossen habe und die kulanzweise Erstattung der Kosten begehre. Um Informationen zu alternativen Behandlungsmöglichkeiten habe sie nicht gebeten, da dies für sie keine Option gewesen sei. Auch der Gesprächsnotiz vom 01.12.2011 sei zu entnehmen, dass der Ehemann der Klägerin nur das Beste für seine Frau wolle und durch eine Behandlung in einem Vertragskrankenhaus nichts riskieren wolle. Bereits mit Schreiben vom 11.08.2011 habe die Beklagte zudem Informationen zu alternativen Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen der integrierten Versorgung versandt. Es stehe außer Frage, dass sich die Klägerin unabhängig von der Entscheidung der Beklagten für die Durchführung der Operation in der A.-Klinik entschieden habe. Dies stehe ihr selbstverständlich frei, sie könne jedoch keine Erstattung der dadurch anfallenden Kosten durch die Versichertengemeinschaft erwarten oder beanspruchen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide der Beklagten vom 14.03.2011, 22.09.2011 und 02.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen und dies mit zutreffenden Erwägungen eingehend begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der durch die Schulteroperation in der A.-Privatklinik entstandenen Kosten iHv insgesamt 16.495,67 EUR.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V kommt vorliegend schon von vornherein nicht in Betracht, da die Klägerin nicht das Kostenerstattungsverfahren gewählt hatte. Keiner der von ihr im Zusammenhang mit der begehrten Kostenerstattung für die Schulteroperation gegenüber der Beklagten abgegebenen Erklärungen kann ein entsprechender Erklärungswert beigemessen werden.
Auch die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Fall 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Fall 2). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl BSG 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).
Der Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 ist zudem nur gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, Breithaupt 2010, 914 mwN). Der Versicherte darf sich insbesondere nicht – unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt – von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG 16.12.2008, B 1 KR 2/08 R, juris). Mögliche Anhaltspunkte für eine solche Festlegung können etwa die Vereinbarung eines Behandlungs- oder Operationstermins oder das Verhalten des Versicherten bei der Antragstellung sein (Brandts in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB V RdNr 89 ff mwN).
Die Klägerin ist vorliegend nicht berechtigt gewesen, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung die stationäre Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus in Anspruch zu nehmen.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) - im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil keine Leistungen zur Teilhabe streitig sind - vorsieht. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V) durch zugelassene Krankenhäuser (§§ 39 Abs 1 Satz 2, 108 SGB V). Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine Kostenerstattung wegen der Inanspruchnahme einer Leistung eines krankenversicherungsrechtlich nicht zugelassenen Leistungserbringers grundsätzlich ausgeschlossen (BSG 15.04.1997, 1 RK 4/96, BSGE 80, 181, SozR 3-2500 § 13 Nr 14; 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180, SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Die A.-Privatklinik M. ist unstreitig kein zugelassenes Krankenhaus iSv § 108 SGB V. Schon allein aus diesem Grund kommt die Kostenerstattung mangels eines entsprechenden Primärleistungsanspruchs nicht in Betracht.
Die Regelung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V will Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Naturalleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Naturalleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke besteht. Eine Versorgungslücke besteht nicht, wenn der Versicherte eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen kann, aber nicht will (zum Ganzen BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137). Nur wenn die rechtswidrige Leistungsablehnung der Krankenkasse eine privatärztliche Selbstbeschaffung durch den Versicherten erzwingt, ziehen die Bestimmungen für privatärztliche Leistungen und nicht diejenigen für das Naturalleistungssystem die Grenzen für die Verschaffung einer entsprechenden Leistung (vgl BSG 11.09.2012, B 1 KR 3/12 R, BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23); der Leistungserbringer muss jedoch die entsprechende Qualifikation zur Ausübung der Heilkunde besitzen (BSG 20.02.2004, B 1 KR 10/03 B, juris).
So liegt der Fall hier indes nicht. Die Klägerin hätte ohne Weiteres den Eingriff wohnortnah in einem zugelassenen Krankenhaus durchführen lassen können. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des MDK vom 10.01.2013. Danach wird sogar die von der Klägerin favorisierte Operationsmethode in den genannten Krankenhäusern durchgeführt. Eine besondere medizinische Ausnahmekonstellation lag bei der Klägerin ersichtlich nicht vor, wie sich nicht nur aus dem Gutachten des MDK, sondern auch aus dem Befundbericht von Prof. Dr. H. vom 02.05.2011 ergibt. Wie aus dem Schreiben der Klägerin vom 19.08.2011 eindeutig zu entnehmen ist, hatte sie sich spätestens zu diesem Zeitpunkt auf die Operation in der A.-Privatklinik M. festgelegt. Auch die Aktennotiz zu einem Telefonat mit dem Ehemann der Klägerin am 01.12.2011, er habe in einem Vertragskrankenhaus "nichts riskieren" wollen, spricht dafür, dass die Klägerin allein die aus ihrer Sicht optimale Versorgung in der A.-Privatklinik M. in Anspruch nehmen wollte. Bei Fehlen einer Versorgungslücke kommt ein Anspruch auf Kostenübernahme nach § 13 Abs 3 SGB V nach alledem hier nicht in Betracht.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen sozialrechtlicher Herstellungsanspruch infolge einer fehlerhaften Beratung berufen. Abgesehen davon, dass angesichts der von der Beklagte übersandten Informationen und dem offensichtlich fehlenden Interesse der Klägerin an einer Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus schon ein Beratungsfehler nicht ersichtlich ist, stellen sich die in § 13 Abs 3 SGB V und § 15 Abs 1 SGB IX geregelten Ansprüche auf Kostenerstattung als abschließende gesetzliche Regelung der auf dem Herstellungsgedanken beruhenden Kostenerstattungsansprüche im Krankenversicherungsrecht dar; für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist daneben kein Raum (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15).
Auch aus den Grundrechten ergibt sich regelmäßig kein verfassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen. Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Zwar hat sich die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art 2 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) zu stellen. Entsprechende Leistungspflichten werden aber nur in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung angenommen, sofern eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiert (vgl BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Ein solcher Fall liegt hier bei der Klägerin, die an einer Humeruskopfnekrose Grad IV leidet, ersichtlich nicht vor. Abgesehen davon standen stationäre Behandlungsmöglichkeiten in zugelassenen Krankenhäusern zur Verfügung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Kläger begehrt von der Beklagten die Kostenerstattung für eine in der A.-Privatklinik M. durchgeführte Schulteroperation iHv 16.495,67 EUR.
Die 1942 geborene Klägerin ist bei der Beklagten im Wege der Familienversicherung gesetzlich krankenversichert. Am 10.03.2011 erkundigte sie sich telefonisch bei der Beklagten bezüglich der Übernahme der Kosten für eine Schulteroperation bei Prof. Dr. H ... Die A.-Privatklinik M. ist kein zugelassenes Krankenhaus, Prof. Dr. H. kein Vertragsarzt. Die bereits telefonisch erklärte Ablehnung der Kostenübernahme bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 14.03.2011.
Mit Schreiben vom 19.08.2011 wandte sich die Klägerin wegen einer möglichen Kostenübernahme erneut an die Beklagte. Prof. Dr. H., M., und Prof. Dr. L., H., bestätigten eine Humeruskopfnekrose Grad IV. Hierzu legte die Klägerin Befundberichte vom 02.05.2011 und 10.08.2011 vor, in denen die genannte Diagnose gestellt wird als Folge eines Skisturzes 2007 und eine Indikation zur Implantation einer Eclipse-TEP der rechten Schulter gesehen wird. Die Klägerin teilte mit, sie habe sich entschlossen, den Eingriff von dem mit größter Erfahrung praktizierenden Prof. Dr. H. ausführen zu lassen. Für eine kulanzweise Erstattung der Kosten reiche sie einen entsprechenden Kostenvoranschlag ein. Beigefügt hatte sie ein Informationsschreiben der A.-Privatklinik M., in dem diese ihre gesetzlich krankenversicherten Patienten darauf hinweist, dass die Kosten der A.-Klinik und deren Honorarärzte als Privatklinik grundsätzlich nicht von der Gesetzlichen Krankenkasse erstattet werden. Eine Ausnahme finde sich in § 13 Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), weshalb empfohlen werde, vor der Operation einen Antrag auf kulanzweise Erstattung bei der Krankenkasse zu stellen.
Mit Schreiben vom 22.09.2011 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme erneut ab mit der Begründung, Versicherte hätten Anspruch auf Behandlung in zugelassenen Krankenhäusern. Die A.-Klinik erfülle diese Voraussetzung nicht.
In der Zeit vom 24. bis 30.10.2011 ließ sich die Klägerin in der A.-Klinik M. stationär behandeln, die Operation erfolgte am 25.10.2011.
Mit Schreiben vom 26.11.2011 beantragte die Klägerin die Kostenerstattung und legte hierzu Rechnungen über einen Gesamtbetrag iHv 16.495,67 EUR vor. Während ihrer Reha-Maßnahme seien ihr immer wieder gesetzlich Versicherte begegnet, die auch in der A.-Klinik operiert worden seien und von ihrer Kasse anteilig eine Kostenerstattung für OP und Fallpauschale erhalten hätten. Es solle daher auch in ihrem Fall eine Einzelfallentscheidung getroffen und der Betrag erstattet werden, der mit einem Vertragskrankenhaus abgerechnet worden wäre.
Mit Bescheid vom 02.12.2011 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung ab. Mit Widerspruch vom 27.12.2011 machte die Klägerin geltend, dass nach § 13 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V nicht zugelassene Leistungserbringer nach vorheriger Zustimmung in Anspruch genommen werden könnten, wenn medizinische oder soziale Gründe dies erforderten. Die Beklagte habe ihr Ermessen diesbezüglich nicht pflichtgemäß ausgeübt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verwies darauf, dass Anspruch auf Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V nur in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus bestehe. Die A.-Privatklinik M. sei kein zugelassenes Krankenhaus. Es liege auch keine unaufschiebbare Leistung iS einer Notfallbehandlung vor. Eine fachgerechte Behandlung hätte in jedem Vertragskrankenhaus erbracht werden können. Es bestehe auch kein Anspruch auf Erstattung der Kosten, die bei Inanspruchnahme eines Vertragskrankenhauses angefallen wären. Anhand der Verwaltungsakte lässt sich nicht feststellen, wann der Widerspruchsbescheid zur Post gegeben wurde.
Hiergegen richtet sich die am 22.04.2012 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Die Beklagte habe verkannt, dass sie im Rahmen von § 13 Abs 2 Satz 5 und 6 SGB V eine Ermessensentscheidung zu treffen habe. Die Klägerin verfüge über eine die gesetzliche Krankenversicherung ergänzende Zusatzversicherung, die aber ebenfalls eine anteilige Leistungsgewährung verweigere, da die Beklagte keine Kosten übernehme. Die Klägerin habe daher sämtliche Kosten allein zu tragen, obwohl sie lediglich über ein Einkommen aus ihrer Altersrente iHv 659,84 EUR verfüge. Angesichts der weit fortgeschrittenen Humeruskopfnekrose habe der Eingriff ohne Aufschub vorgenommen werden müssen. Die von Prof. Dr. H. entwickelte Prothese "Eclipse" werde ausschließlich und in entsprechend hoher Zahl in der A.-Klinik durchgeführt. Die Beklagte habe der Klägerin auch keine Vertragseinrichtungen benannt, in denen die genannte oder eine medizinisch gleichwertige Operation durchgeführt werde.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vorgelegt. In dem Gutachten vom 10.01.2013 führt Dr. M. aus, aufgrund der fortgeschrittenen Humeruskopfnekrose sei die Indikation zur Implantation einer Humeruskopfprothese unstrittig. Der Eingriff hätte auch heimatnah in Vertragskrankenhäusern durchgeführt werden können. Die Implantation einer Schulterendoprothese, auch im hier dokumentierten Operationsverfahren, werde beispielsweise durchgeführt in der A. Klinik P., im K.-O. Krankenhaus/B. Klinik S., der Orthopädischen Klinik M., dem Klinikum S./Krankenhaus B. C., der Universitätsklinik T ... Eine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung in einer außervertraglichen Klinik sei nicht ersichtlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.10.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, als Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch komme § 13 Abs 2 SGB V nicht in Betracht. Da die Klägerin sich nicht grundsätzlich für das System der Kostenerstattung entschieden habe, sei durch die Beklagte auch keine Entscheidung nach § 13 Abs 2 Satz 6 SGB V zu treffen. Als einzig denkbare Grundlage für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch komme § 13 Abs 3 SGB V in Betracht. Ein Notfall sei vorliegend nicht gegeben. In einem Notfall dürften auch nicht zugelassene Leistungserbringer in Anspruch genommen werden. In einem solchen Fall könne der Leistungserbringer bei stationärer Notfallbehandlung die Vergütung allein von der Krankenkasse verlangen, ein Kostenerstattungsanspruch sei ausgeschlossen. Eine unaufschiebbare Leistung habe nach dem Sachverhalt nicht vorgelegen. Die Beklagte habe die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Der Kostenerstattungsanspruch reiche nicht weiter als der entsprechende Sachleistungsanspruch. Nach § 108 SGB V dürften die Krankenkassen Krankenhausbehandlung nur durch Hochschulkliniken, Plankrankenhäuser oder Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen hätten, gewähren. Bei der A.-Privatklinik handele es sich nicht um ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus. Ein Sachleistungsanspruch bestehe daher nicht, ein Systemversagen liege nicht vor. Zwar sei der Wunsch nach bestmöglicher Behandlung nachvollziehbar, die Erkrankung der Klägerin weise jedoch keine so außergewöhnliche Problematik auf, dass eine Versorgung in einem der Vertragskrankenhäuser nicht möglich gewesen wäre. Eine Kostenerstattung komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt der vermeintlich gesparten Aufwendungen in Betracht (unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG) 10.11.1977, 3 RK 68/76, SozR 2200 § 185 Nr 2). Eine unzureichende Beratung der Klägerin durch die Beklagte sei ebenfalls nicht erkennbar. Die Klägerin sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Kosten infolge der fehlenden Zulassung und der bestehenden Versorgungsmöglichkeiten nicht übernommen werden könnten. Insofern komme auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht in Betracht, der im Übrigen nicht auf Schadenersatz, sondern Naturalrestitution gerichtet sei. Auch im Falle einer ordnungsgemäßen Beratung wären die Kosten bei Prof. Dr. H. nicht zu erstatten gewesen.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 09.10.2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 06.11.2014 eingelegte Berufung der Klägerin. Aufgrund der weit fortgeschrittenen Humeruskopfnekrose habe eine medizinische Notwendigkeit für die Implantation einer Eclipse TEP bestanden, welche in Vertragskrankenhäusern nicht vorgenommen werde, abgesehen davon, dass der Klägerin ein solches auch nicht benannt worden sei. Eine entsprechende Benennung sei erst mit der Stellungnahme des MDK vom 10.01.2013 erfolgt. Die Beklagte sei von der gebotenen Beratung nicht deshalb enthoben, weil die Klägerin die Durchführung der Behandlung bei einem bestimmten Arzt gewünscht habe. Die Verweigerung der Erstattung zumindest eines Teils der Kosten sei für die Klägerin nicht nachvollziehbar, zumal sie über einen erheblichen Zeitraum Mitglied der Beklagten sei, woraus sich auch eine soziale Verantwortung ergebe. Es sei augenscheinlich auch nicht unüblich, dass Krankenkassen im Wege der Kostenerstattung einen Teil der Kosten übernähmen. Die private Krankenzusatzversicherung versage unter Hinweis auf die Verweigerung der Beklagten ebenso eine teilweise Kostenerstattung. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte werde die Entscheidung der Beklagten jedenfalls auch als unbillig angesehen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.10.2014 und die Bescheide der Beklagten vom 14.03.2011, 22.09.2011 und 02.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die Schulteroperation in Höhe von insgesamt 16.495,67 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es sei nicht ersichtlich, weshalb eine dem medizinischen Stand entsprechende Behandlung nicht in einer Vertragsklinik möglich gewesen wäre. In dem Befundbericht der A.-Klinik vom 02.05.2011 werde unter dem Punkt Röntgen beschrieben: "FA rechte Schulter: Darstellung einer typischen avaskulären Humeruskopfnekrose Stadium IV nach Cruess". Weder ließen diese Ausführungen auf eine außergewöhnliche medizinische Problematik schließen, noch habe dies der MDK festgestellt. Dieser habe vielmehr mitgeteilt, dass der Eingriff heimatnah in einem Vertragskrankenhaus hätte durchgeführt werden können, auch mit dem dokumentierten OP-Verfahren. Die Darstellung, dass die Beklagte die Klägerin nicht ausreichend über alternative Kliniken informiert habe, entspreche nicht den Tatsachen. Die Klägerin habe mit Schreiben vom 19.08.2011 selbst mitgeteilt, dass sie sich zu dem Eingriff bei Prof. Dr. H. entschlossen habe und die kulanzweise Erstattung der Kosten begehre. Um Informationen zu alternativen Behandlungsmöglichkeiten habe sie nicht gebeten, da dies für sie keine Option gewesen sei. Auch der Gesprächsnotiz vom 01.12.2011 sei zu entnehmen, dass der Ehemann der Klägerin nur das Beste für seine Frau wolle und durch eine Behandlung in einem Vertragskrankenhaus nichts riskieren wolle. Bereits mit Schreiben vom 11.08.2011 habe die Beklagte zudem Informationen zu alternativen Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen der integrierten Versorgung versandt. Es stehe außer Frage, dass sich die Klägerin unabhängig von der Entscheidung der Beklagten für die Durchführung der Operation in der A.-Klinik entschieden habe. Dies stehe ihr selbstverständlich frei, sie könne jedoch keine Erstattung der dadurch anfallenden Kosten durch die Versichertengemeinschaft erwarten oder beanspruchen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Die Bescheide der Beklagten vom 14.03.2011, 22.09.2011 und 02.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen und dies mit zutreffenden Erwägungen eingehend begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der durch die Schulteroperation in der A.-Privatklinik entstandenen Kosten iHv insgesamt 16.495,67 EUR.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V kommt vorliegend schon von vornherein nicht in Betracht, da die Klägerin nicht das Kostenerstattungsverfahren gewählt hatte. Keiner der von ihr im Zusammenhang mit der begehrten Kostenerstattung für die Schulteroperation gegenüber der Beklagten abgegebenen Erklärungen kann ein entsprechender Erklärungswert beigemessen werden.
Auch die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Fall 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Fall 2). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl BSG 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).
Der Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 ist zudem nur gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, Breithaupt 2010, 914 mwN). Der Versicherte darf sich insbesondere nicht – unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt – von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG 16.12.2008, B 1 KR 2/08 R, juris). Mögliche Anhaltspunkte für eine solche Festlegung können etwa die Vereinbarung eines Behandlungs- oder Operationstermins oder das Verhalten des Versicherten bei der Antragstellung sein (Brandts in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB V RdNr 89 ff mwN).
Die Klägerin ist vorliegend nicht berechtigt gewesen, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung die stationäre Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus in Anspruch zu nehmen.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) - im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil keine Leistungen zur Teilhabe streitig sind - vorsieht. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V) durch zugelassene Krankenhäuser (§§ 39 Abs 1 Satz 2, 108 SGB V). Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine Kostenerstattung wegen der Inanspruchnahme einer Leistung eines krankenversicherungsrechtlich nicht zugelassenen Leistungserbringers grundsätzlich ausgeschlossen (BSG 15.04.1997, 1 RK 4/96, BSGE 80, 181, SozR 3-2500 § 13 Nr 14; 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180, SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Die A.-Privatklinik M. ist unstreitig kein zugelassenes Krankenhaus iSv § 108 SGB V. Schon allein aus diesem Grund kommt die Kostenerstattung mangels eines entsprechenden Primärleistungsanspruchs nicht in Betracht.
Die Regelung des § 13 Abs 3 S 1 SGB V will Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Naturalleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Naturalleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke besteht. Eine Versorgungslücke besteht nicht, wenn der Versicherte eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen kann, aber nicht will (zum Ganzen BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137). Nur wenn die rechtswidrige Leistungsablehnung der Krankenkasse eine privatärztliche Selbstbeschaffung durch den Versicherten erzwingt, ziehen die Bestimmungen für privatärztliche Leistungen und nicht diejenigen für das Naturalleistungssystem die Grenzen für die Verschaffung einer entsprechenden Leistung (vgl BSG 11.09.2012, B 1 KR 3/12 R, BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23); der Leistungserbringer muss jedoch die entsprechende Qualifikation zur Ausübung der Heilkunde besitzen (BSG 20.02.2004, B 1 KR 10/03 B, juris).
So liegt der Fall hier indes nicht. Die Klägerin hätte ohne Weiteres den Eingriff wohnortnah in einem zugelassenen Krankenhaus durchführen lassen können. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des MDK vom 10.01.2013. Danach wird sogar die von der Klägerin favorisierte Operationsmethode in den genannten Krankenhäusern durchgeführt. Eine besondere medizinische Ausnahmekonstellation lag bei der Klägerin ersichtlich nicht vor, wie sich nicht nur aus dem Gutachten des MDK, sondern auch aus dem Befundbericht von Prof. Dr. H. vom 02.05.2011 ergibt. Wie aus dem Schreiben der Klägerin vom 19.08.2011 eindeutig zu entnehmen ist, hatte sie sich spätestens zu diesem Zeitpunkt auf die Operation in der A.-Privatklinik M. festgelegt. Auch die Aktennotiz zu einem Telefonat mit dem Ehemann der Klägerin am 01.12.2011, er habe in einem Vertragskrankenhaus "nichts riskieren" wollen, spricht dafür, dass die Klägerin allein die aus ihrer Sicht optimale Versorgung in der A.-Privatklinik M. in Anspruch nehmen wollte. Bei Fehlen einer Versorgungslücke kommt ein Anspruch auf Kostenübernahme nach § 13 Abs 3 SGB V nach alledem hier nicht in Betracht.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen sozialrechtlicher Herstellungsanspruch infolge einer fehlerhaften Beratung berufen. Abgesehen davon, dass angesichts der von der Beklagte übersandten Informationen und dem offensichtlich fehlenden Interesse der Klägerin an einer Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus schon ein Beratungsfehler nicht ersichtlich ist, stellen sich die in § 13 Abs 3 SGB V und § 15 Abs 1 SGB IX geregelten Ansprüche auf Kostenerstattung als abschließende gesetzliche Regelung der auf dem Herstellungsgedanken beruhenden Kostenerstattungsansprüche im Krankenversicherungsrecht dar; für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist daneben kein Raum (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15).
Auch aus den Grundrechten ergibt sich regelmäßig kein verfassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen. Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Zwar hat sich die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art 2 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) zu stellen. Entsprechende Leistungspflichten werden aber nur in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung angenommen, sofern eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiert (vgl BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Ein solcher Fall liegt hier bei der Klägerin, die an einer Humeruskopfnekrose Grad IV leidet, ersichtlich nicht vor. Abgesehen davon standen stationäre Behandlungsmöglichkeiten in zugelassenen Krankenhäusern zur Verfügung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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