Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 178 SB 4103/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 9/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2012 aufgehoben und die Klage abgewie-sen. Außergerichtliche Kosten des gesamten Rechtsstreits sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei der Klägerin festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).
Auf den Antrag der 1951 geborenen Klägerin vom 23. Februar 2007 stellte der Beklagte bei ihr mit Bescheid vom 11. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2008 einen GdB von 30 fest. Hierbei ging er von folgenden (verwaltungsintern mit den aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewerteten) Funktionsbeeinträchtigungen aus:
a) psychosomatische Störungen, Gleichgewichtsstörungen, Kopfschmerz (20), b) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung des Ellenbogengelenks (20), c) Ohrgeräusche (10), d) Bluthochdruck, Hämaturie-Syndrom (10).
Mit der bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst die Feststellung eines GdB von mehr als 30 begehrt und hierzu u.a. den Arztbrief des sie seit April 2008 behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F vom 22. November 2008 eingereicht.
Der Beklagte hat nach Auswertung dieses Berichts den Einzel-GdB für die psychischen Leiden auf 30 erhöht und mit Bescheid vom 21. August 2009 bei der Klägerin mit Wirkung ab April 2008 einen Gesamt-GdB von 40 festgesetzt. Auf die Bitte des Sozialgerichts, einen bestimmten Klageantrag zu formulieren, hat die Klägerin klar-gestellt, einen Gesamt-GdB von 50 zu verfolgen.
Neben Befundberichten hat das Sozialgericht das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. H vom 19. September 2011 eingeholt, der die von ihm festgestellten Funktionsstörungen
a) Funktionsbeeinträchtigung der Hals- und Lendenwirbelsäule auf der Basis von degenerativen Veränderungen mit daraus resultierender chronischer schmerzhafter Bewegungseinschränkung (30), b) psychische Erkrankung mit Depression und Angst sowie chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (30), c) Ohrgeräusche (10), d) Bluthochdruck, Hämaturie-Syndrom (10)
mit einem Gesamt-GdB von 40 ab Februar 2007 bewertet, jedoch eine weitere Aufklärung hinsichtlich der psychosomatischen Seite des Krankheitsbildes für erforderlich gehalten hat. Daraufhin hat das Sozialgericht das Gutachten der Fachärztin für Anaesthesie Dr. B vom 30. April 2012 eingeholt, die – u.a. unter Berücksichtigung einer Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerz (Einzel-GdB von 50 bis 60), eines HWS/LWS-Schmerzsyndroms (Einzel-GdB von 30 bis 40), einer Fibromyalgie (Einzel-GdB von 50 bis 70), einer rezidivierenden depressiven Störung (Einzel-GdB von 30 bis 40), einer generalisierten Angststörung (Einzel-GdB von 30 bis 40) und einer posttraumatischen Belastungsstörung (Einzel-GdB von 30 bis 40) – den Gesamt-GdB mit 50 eingeschätzt hat.
Mit Urteil vom 3. Dezember 2012 hat das Sozialgericht den Beklagten verpflichtet, bei der Klägerin einen Gesamt-GdB von 50 festzustellen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt: Da bei der Klägerin weder schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt noch mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorlägen, komme ein höherer Einzel-GdB als 20 allein für die Bewegungseinschränkung im Funktionssystem Rumpf nicht in Betracht. Allerdings sei dieser Einzel-GdB auf 30 zu erhöhen, weil dem Gutachten der Sachverständigen Dr. B zu entnehmen sei, dass die Klägerin an Schmerzen leide, die über das übliche Maß hinausgingen. Im Hinblick auf den Einzel-GdB von 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im psychischen Bereich sei ein Gesamt-GdB von 50 zu bilden.
Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte Berufung bei dem Landessozialgericht mit der Begründung eingelegt, dass eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nicht gegeben sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Facharztes für Anaesthesiologie Dr. B vom 20. Dezember 2013, der nach Untersuchung der Klägerin keine Aspekte außergewöhnlicher Schmerzen und/oder seelischer Begleiterscheinungen hat erkennen können.
Im Hinblick auf den von der Klägerin – neben dem Attest der orthopädischen Praxis Dres. W und M vom 24. Juli 2014 – vorgelegten Arztbrief des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F vom 31. Juli 2014 hat der Senat den auf den 15. August 2014 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung zur weiteren Sachaufklärung aufgehoben und die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T-L mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Daraufhin hat die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, dass sie sich nicht in der Lage fühle, sich einer weiteren medizinischen Begutachtung auszusetzen. Trotz des Hinweises des Berichterstatters auf ihre Mitwirkungsobliegenheiten hat die Klägerin an ihrer Ablehnung festgehalten. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21. Mai 2015 hat die Klägerin vortragen lassen, zu einer weiteren Begutachtung nicht bereit zu sein, obwohl ihr bekannt ist, dass hieraus gegebenenfalls rechtliche Nachteile wegen der Nichterweislichkeit von Tatsachen erwachsen können.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Grad der Behinderung von 50 ab dem 1. April 2008 festzustellen ist.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
Das Sozialgericht hat den Beklagten zu Unrecht verpflichtet, bei der Klägerin einen Gesamt-GdB von 50 festzustellen. Denn der Senat hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Klägerin einen Anspruch auf einen höheren GdB als 40 hat.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Hierbei sind die in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" heranzuziehen.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H in seinem Gutachten vom 19. September 2011 bestehen bei der Klägerin folgende Funktionsstörungen:
a) Funktionsbeeinträchtigung der Hals- und Lendenwirbelsäule auf der Basis von degenerativen Veränderungen mit daraus resultierender chronischer schmerzhafter Bewegungseinschränkung, b) psychische Erkrankung mit Depression und Angst sowie chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, c) Ohrgeräusche, d) Bluthochdruck, Hämaturie-Syndrom.
Weitere Behinderungen sind bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Insbesondere hat der Senat Zweifel an den von der Sachverständigen Dr. B gestellten Diagnosen einer Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerz, einer Fibromyalgie, einer generalisierten Angststörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung. Den Ausführungen im Gutachten vom 30. April 2012 ist nicht nachvollziehbar zu entnehmen, wie die Gutachterin zu dieser Einschätzung gelangt ist. Vielmehr hat sie die Angaben der Klägerin übernommen, ohne sie, was erforderlich gewesen wäre, einer kritischen Würdigung zu unterziehen. So hat etwa die Gutachterin die von der Klägerin angegebene Schmerzempfindung von 9,6 (der Skala von 0 bis 10) unkommentiert als "schwerster Schmerz" übernommen, ohne sie mit den ihr geschilderten Alltagsaktivitäten abzugleichen. Hierzu bestand, worauf der Sachverständige Dr. B zu Recht hin-gewiesen hat, auch Anlass, da klärungsbedürftig ist, wie die Klägerin mit einer grundsätzlich narkosepflichtigen Schmerzwahrnehmung ohne jegliches Schmerzmedikament und ohne relevante Fehlzeiten ihrer beruflichen Tätigkeit in Wechselschichten nachkommen kann.
Der Senat lässt offen, ob das Wirbelsäulenleiden der Klägerin tatsächlich mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten ist, da es hierauf nicht ankommt. Denn es lässt sich nicht ermitteln, welchen Einzel-GdB die psychische Erkrankung der Klägerin bedingt. Die Bildung des Gesamt-GdB, der gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkun-gen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist, ist damit nicht möglich: Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zur VersMedV ist von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird.
Der Senat hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass eine Bewertung des psychischen Leidens mit einem Einzel-GdB von 30 angemessen ist. Aus diesem Grund ist die Aufklärung des Sachverhalts erforderlich. Weitere Ermittlungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet sind dem Senat nicht möglich, da die Klägerin zu einer Untersuchung durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T-L, die von dem Senat mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt worden ist, trotz Hinweises auf ihre Mitwirkungsobliegenheiten nicht bereit ist. Ein Gutachten nach Aktenlage ist nicht angezeigt, da nach Auskunft der Sachverständigen keine ausreichenden psychiatrischen Unterlagen in der Akte vorhanden sind. Die Nichterweislichkeit der entscheidungserheblichen Tatsachen geht zu Lasten der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei der Klägerin festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).
Auf den Antrag der 1951 geborenen Klägerin vom 23. Februar 2007 stellte der Beklagte bei ihr mit Bescheid vom 11. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2008 einen GdB von 30 fest. Hierbei ging er von folgenden (verwaltungsintern mit den aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewerteten) Funktionsbeeinträchtigungen aus:
a) psychosomatische Störungen, Gleichgewichtsstörungen, Kopfschmerz (20), b) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung des Ellenbogengelenks (20), c) Ohrgeräusche (10), d) Bluthochdruck, Hämaturie-Syndrom (10).
Mit der bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst die Feststellung eines GdB von mehr als 30 begehrt und hierzu u.a. den Arztbrief des sie seit April 2008 behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F vom 22. November 2008 eingereicht.
Der Beklagte hat nach Auswertung dieses Berichts den Einzel-GdB für die psychischen Leiden auf 30 erhöht und mit Bescheid vom 21. August 2009 bei der Klägerin mit Wirkung ab April 2008 einen Gesamt-GdB von 40 festgesetzt. Auf die Bitte des Sozialgerichts, einen bestimmten Klageantrag zu formulieren, hat die Klägerin klar-gestellt, einen Gesamt-GdB von 50 zu verfolgen.
Neben Befundberichten hat das Sozialgericht das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. H vom 19. September 2011 eingeholt, der die von ihm festgestellten Funktionsstörungen
a) Funktionsbeeinträchtigung der Hals- und Lendenwirbelsäule auf der Basis von degenerativen Veränderungen mit daraus resultierender chronischer schmerzhafter Bewegungseinschränkung (30), b) psychische Erkrankung mit Depression und Angst sowie chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (30), c) Ohrgeräusche (10), d) Bluthochdruck, Hämaturie-Syndrom (10)
mit einem Gesamt-GdB von 40 ab Februar 2007 bewertet, jedoch eine weitere Aufklärung hinsichtlich der psychosomatischen Seite des Krankheitsbildes für erforderlich gehalten hat. Daraufhin hat das Sozialgericht das Gutachten der Fachärztin für Anaesthesie Dr. B vom 30. April 2012 eingeholt, die – u.a. unter Berücksichtigung einer Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerz (Einzel-GdB von 50 bis 60), eines HWS/LWS-Schmerzsyndroms (Einzel-GdB von 30 bis 40), einer Fibromyalgie (Einzel-GdB von 50 bis 70), einer rezidivierenden depressiven Störung (Einzel-GdB von 30 bis 40), einer generalisierten Angststörung (Einzel-GdB von 30 bis 40) und einer posttraumatischen Belastungsstörung (Einzel-GdB von 30 bis 40) – den Gesamt-GdB mit 50 eingeschätzt hat.
Mit Urteil vom 3. Dezember 2012 hat das Sozialgericht den Beklagten verpflichtet, bei der Klägerin einen Gesamt-GdB von 50 festzustellen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt: Da bei der Klägerin weder schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt noch mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorlägen, komme ein höherer Einzel-GdB als 20 allein für die Bewegungseinschränkung im Funktionssystem Rumpf nicht in Betracht. Allerdings sei dieser Einzel-GdB auf 30 zu erhöhen, weil dem Gutachten der Sachverständigen Dr. B zu entnehmen sei, dass die Klägerin an Schmerzen leide, die über das übliche Maß hinausgingen. Im Hinblick auf den Einzel-GdB von 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im psychischen Bereich sei ein Gesamt-GdB von 50 zu bilden.
Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte Berufung bei dem Landessozialgericht mit der Begründung eingelegt, dass eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nicht gegeben sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens des Facharztes für Anaesthesiologie Dr. B vom 20. Dezember 2013, der nach Untersuchung der Klägerin keine Aspekte außergewöhnlicher Schmerzen und/oder seelischer Begleiterscheinungen hat erkennen können.
Im Hinblick auf den von der Klägerin – neben dem Attest der orthopädischen Praxis Dres. W und M vom 24. Juli 2014 – vorgelegten Arztbrief des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F vom 31. Juli 2014 hat der Senat den auf den 15. August 2014 angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung zur weiteren Sachaufklärung aufgehoben und die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T-L mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Daraufhin hat die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, dass sie sich nicht in der Lage fühle, sich einer weiteren medizinischen Begutachtung auszusetzen. Trotz des Hinweises des Berichterstatters auf ihre Mitwirkungsobliegenheiten hat die Klägerin an ihrer Ablehnung festgehalten. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21. Mai 2015 hat die Klägerin vortragen lassen, zu einer weiteren Begutachtung nicht bereit zu sein, obwohl ihr bekannt ist, dass hieraus gegebenenfalls rechtliche Nachteile wegen der Nichterweislichkeit von Tatsachen erwachsen können.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Grad der Behinderung von 50 ab dem 1. April 2008 festzustellen ist.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
Das Sozialgericht hat den Beklagten zu Unrecht verpflichtet, bei der Klägerin einen Gesamt-GdB von 50 festzustellen. Denn der Senat hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Klägerin einen Anspruch auf einen höheren GdB als 40 hat.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Hierbei sind die in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" heranzuziehen.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H in seinem Gutachten vom 19. September 2011 bestehen bei der Klägerin folgende Funktionsstörungen:
a) Funktionsbeeinträchtigung der Hals- und Lendenwirbelsäule auf der Basis von degenerativen Veränderungen mit daraus resultierender chronischer schmerzhafter Bewegungseinschränkung, b) psychische Erkrankung mit Depression und Angst sowie chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, c) Ohrgeräusche, d) Bluthochdruck, Hämaturie-Syndrom.
Weitere Behinderungen sind bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Insbesondere hat der Senat Zweifel an den von der Sachverständigen Dr. B gestellten Diagnosen einer Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerz, einer Fibromyalgie, einer generalisierten Angststörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung. Den Ausführungen im Gutachten vom 30. April 2012 ist nicht nachvollziehbar zu entnehmen, wie die Gutachterin zu dieser Einschätzung gelangt ist. Vielmehr hat sie die Angaben der Klägerin übernommen, ohne sie, was erforderlich gewesen wäre, einer kritischen Würdigung zu unterziehen. So hat etwa die Gutachterin die von der Klägerin angegebene Schmerzempfindung von 9,6 (der Skala von 0 bis 10) unkommentiert als "schwerster Schmerz" übernommen, ohne sie mit den ihr geschilderten Alltagsaktivitäten abzugleichen. Hierzu bestand, worauf der Sachverständige Dr. B zu Recht hin-gewiesen hat, auch Anlass, da klärungsbedürftig ist, wie die Klägerin mit einer grundsätzlich narkosepflichtigen Schmerzwahrnehmung ohne jegliches Schmerzmedikament und ohne relevante Fehlzeiten ihrer beruflichen Tätigkeit in Wechselschichten nachkommen kann.
Der Senat lässt offen, ob das Wirbelsäulenleiden der Klägerin tatsächlich mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten ist, da es hierauf nicht ankommt. Denn es lässt sich nicht ermitteln, welchen Einzel-GdB die psychische Erkrankung der Klägerin bedingt. Die Bildung des Gesamt-GdB, der gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkun-gen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist, ist damit nicht möglich: Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zur VersMedV ist von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird.
Der Senat hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass eine Bewertung des psychischen Leidens mit einem Einzel-GdB von 30 angemessen ist. Aus diesem Grund ist die Aufklärung des Sachverhalts erforderlich. Weitere Ermittlungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet sind dem Senat nicht möglich, da die Klägerin zu einer Untersuchung durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T-L, die von dem Senat mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt worden ist, trotz Hinweises auf ihre Mitwirkungsobliegenheiten nicht bereit ist. Ein Gutachten nach Aktenlage ist nicht angezeigt, da nach Auskunft der Sachverständigen keine ausreichenden psychiatrischen Unterlagen in der Akte vorhanden sind. Die Nichterweislichkeit der entscheidungserheblichen Tatsachen geht zu Lasten der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
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