L 11 R 435/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 435/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Nichtigkeitsklage zur Wiederaufnahme des Verfahrens L 11 R 4441/14 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Kläger begehrt mit seiner Nichtigkeitsklage die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens.

Mit Bescheid vom 29.10.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01.01.2005 Regelaltersrente. Am 21.08.2012 beantragte der Kläger die Gewährung einer höheren Altersrente. Er machte geltend, die Beklagte müsse zusätzlich Beitragszeiten berücksichtigen. Mit Bescheid vom 01.11.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2013 zurück. Im anschließenden Klageverfahren beim Sozialgericht Karlsruhe anerkannte die Beklagte eine weitere Anrechnungszeit. Der Kläger nahm das Teilanerkenntnis an. Mit Urteil vom 12.08.2013 wies das Sozialgericht die Klage im Übrigen ab.

Gegen das Urteil legte der Kläger am 23.08.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg ein. Er stellte am 30.04.2014 den Antrag, den Richter am Sozialgericht Dr. S. wegen Befangenheit abzulehnen. Mit Beschluss vom 02.06.2014 wurde das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22.07.2014 stellte der Kläger einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht K. und den Richter am Sozialgericht Dr. S ... Mit Urteil vom 22.07.2014 wies der Senat die Berufung zurück. Er sah sich durch das in der mündlichen Verhandlung gestellte Ablehnungsgesuch nicht gehindert, über die Berufung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter zu entscheiden, da das Ablehnungsgesuch als unzulässig anzusehen und jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich sei. Das Urteil wurde dem Kläger am 30.07.2014 zugestellt.

Mit Schreiben vom 01.08.2014 beantragte der Kläger, das Urteil für nichtig zu erklären, da das Gericht nicht vorschriftsmäßig gemäß § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO besetzt gewesen sei. Gegenüber dem Bundessozialgericht erklärte der Kläger anschließend, dass mit der am 01.08.2014 erhobene Nichtigkeitsklage die Wiederaufnahme des Verfahrens beabsichtigt werde. Der Senat verwarf die Nichtigkeitsklage mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2015. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger keinen der in § 579 Abs. 1 ZPO aufgeführten Nichtigkeitsgründe schlüssig dargelegt habe. Insbesondere sei die Mitwirkung von Richtern, die wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden seien, nur dann ein Wiederaufnahmegrund gem § 579 Abs 1 Nr 3 ZPO, wenn das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt worden sei. Dies sei nicht der Fall gewesen und werde vom Kläger auch nicht behauptet. Das dem Kläger am 24.01.2015 zugestellte Urteil enthielt die Rechtsmittelbelehrung bezüglich einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht.

Mit Schreiben vom 04.02.2015 hat der Kläger erneut explizit Nichtigkeitsklage erhoben.

Er ist der Ansicht, dass der Senat nicht wie erforderlich gemäß § 578 Abs. 2 ZPO zuerst über die Nichtigkeitsklage entschieden und das Wiederaufnahmeverfahren ausgesetzt habe. Der Senat sei zudem nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Im vorausgegangenen Verfahren seien der Vorsitzende Richter am Landessozialgericht K., die Richterin am Landessozialgericht V. und der Richter am Sozialgericht Dr. S. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden. Über dieses Ablehnungsgesuch sei bislang nicht entschieden worden. In Anbetracht der Sachlage seien die zuvor genannten Richter gemäß § 48 ZPO im vorliegenden Verfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen. Somit sei das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, was gemäß § 579 Abs. 1 S. 1 ZPO ein Nichtigkeitsgrund darstelle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20.01.2015 mit dem Aktenzeichen L 11 R 4441/14 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Schreiben vom 05.05.2015 darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs 4 SGG die Nichtigkeitsklage auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind darauf aufmerksam gemacht worden, dass diese Verfahrensweise aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt sei.

Der Kläger hat hierzu am 18.05.2015 Stellung genommen. Er sieht in dem beabsichtigten Verfahren eine Missachtung der Grundsätze des sozialgerichtlichen Verfahrens sowie eine systematische Verweigerung des Anspruchs auf das rechtliche Gehör.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten S 5 R 453/13 (Sozialgericht Karlsruhe), L 11 R 3637/13, L 11 R 4441/14 und L 11 R 435/15 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat weist die Klage durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG analog zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden. Eine Missachtung der Grundsätze des sozialgerichtlichen Verfahrens sowie eine systematische Verweigerung des Anspruchs auf das rechtliche Gehör liegt offensichtlich nicht vor, da der Gesetzgeber die Möglichkeit der Entscheidung durch Beschluss selbst eröffnet hat. Mit der Anhörung wurde gerade rechtliches Gehör gewährt. Zur konkreten Sach- und Rechtslage hat sich der Kläger nach der Anhörung nicht mehr geäußert. Im Übrigen wurden die hier relevanten Sach- und Rechtsfragen auch in der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2015 erörtert. Eine erneute mündliche Verhandlung hat der Senat deshalb für entbehrlich gehalten.

Die Nichtigkeitsklage gem § 179 Abs 1 SGG iVm §§ 578, 579 ZPO, als eine Art der Wiederaufnahmeklage, ist unzulässig.

Der Senat kann in der vorliegenden Besetzung entscheiden. Die bereits im Ausgangsverfahren tätig gewordenen Richter sind nicht gemäß § 60 Abs. 1 SGG iVm. § 41 Nr. 6 ZPO gesetzlich von einer Tätigkeit im Wiederaufnahmeverfahren ausgeschlossen. Ein Fall des § 48 ZPO liegt nicht vor.

Der Kläger macht im vorliegenden Verfahren ausschließlich den Aufhebungsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Senats (§ 579 Abs 1 Nr 1 ZPO) geltend. Diesbezüglich ist die erneute Nichtigkeitsklage gem § 579 Abs 2 ZPO nicht statthaft, weil die Nichtigkeit des Urteils vom 20.01.2015 im Verfahren L 11 R 4441/14 (bzw die aus seiner Sicht fehlerhafte Besetzung des Senats) mittels des Rechtsmittels der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht hätte geltend gemacht werden können. Darauf wurde der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung hingewiesen. Das Unterlassen der Ausnutzung des einschlägigen Rechtsmittels beruht auf einem Verschulden des Klägers.

Die Nichtigkeitsklage war deshalb gem § 589 Abs 1 S 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Der Senat weist darauf hin, dass vergleichbare Eingaben des Klägers in den hier betroffenen Verfahren zukünftig nicht mehr bearbeitet werden. Macht ein Beteiligter wiederholt mit im Kern gleichen Begründungen Eingaben, bedarf es auf Dauer nicht mehr der Entscheidung hierüber (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 17 Rn 7).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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