Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 1476/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 4907/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.11.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger am 20.06.2013 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1978 geborene Kläger war seit Januar 2002 bei der Firma P. als Maschinenbediener beschäftigt. Am 20.06.2013 war Arbeitsbeginn um 6:00 Uhr und Ende der Arbeitszeit war um 14:00 Uhr. Um 12:19 Uhr stellte sich der Kläger bei Durchgangsarzt Dr. G. wegen Schmerzen im Bereich des medialen Gelenkspaltes des rechten Kniegelenks vor, da er sich seinen Angaben gemäß beim Gehen in der Halle das rechte Knie verdreht habe (Durchgangsarztbericht von Dr. G. vom 27.06.2013). Dr. G. diagnostizierte eine Distorsion des rechten Kniegelenks bei fortbestehender Arbeitsfähigkeit.
Bei Untersuchungen durch Dr. Schm. am 24.06.2013 und 26.06.2013 wurde die Magnetresonanztomographie (MRT) des rechten Kniegelenks am 24.06.2013 veranlasst (Befundbericht der Radiologie Praxis M. vom 25.06.2013) und insbesondere eine Kreuzbandruptur des rechten Kniegelenks, ein Innenmeniskusriss rechts und ein Seitenbandriss des Kniegelenks rechts diagnostiziert (Berichte vom 24.06.2013 und 26.06.2013). Im Rahmen der stationären Behandlung vom 08.10.2013 bis 10.10.2013 wurde dem Kläger arthroskopisch eine vordere Kreuzbandplastik implantiert (Bericht der Orthopädischen Klinik M. vom 11.10.2013).
Im eingeleiteten Feststellungsverfahren der Beklagten teilte die Firma P. auf Anfragen der Beklagten mit, Unfallanzeige sei nicht erstattet worden, weil der Kläger gerade Pause gemacht habe und ohne ersichtlichen Grund und erkennbare Stolperstelle umgeknickt sei (Schreiben der Firma vom 24.04.2013 – richtig 24.07.2013, Angaben im Vordruck der Beklagten vom 24.07.2013). Der Unfall sei nicht innerhalb der Halle, sondern außerhalb der Produktionshalle geschehen, was der Kläger in einem persönlichen Gespräch erwähnt habe (Schreiben der Firma vom 03.09.2013). Die Fachkraft für Arbeitssicherheit der Firma P. , der Zeuge Sch. , gab im Vordruck der Beklagten unter dem 19.08.2013, wie auch in einer an die Beklagte gerichteten Mail gleichen Datums an, der Kläger habe gegen 11:30 Uhr eine Kaffeepause außerhalb des Produktionsgebäudes gemacht und sich dabei das Knie verdreht. Auf telefonische Nachfrage der Beklagten (Telefonvermerk vom 29.08.2013) wurde von dem Zeugen Sch. erläutert, der Kläger sei nicht an seinem Arbeitsplatz in der Werkshalle gewesen. Der Kläger sei auch nicht beauftragt gewesen, etwas Betriebliches im Außenbereich durchzuführen. Er sei aus eigenem Interesse aus der Werkshalle gegangen. Bei einer ersten Unfallschilderung habe es geheißen, der Kläger habe eine Kaffeepause gemacht. Ihm gegenüber habe der Kläger später angegeben, er sei zum Luft schnappen draußen gewesen, da es in der Halle warm gewesen sei, was jedoch nicht nachzuvollziehen sei. Ebenso hörte die Beklagte den Vorgesetzten des Klägers B. schriftlich zu den Umständen des Unfalls an (Angaben des Vorgesetzten B. vom 05.09.2013), der schilderte, der Zeugen G. habe ihn verständigt, dass der Kläger sich außerhalb der eigenen Abteilung in der Abteilung "Presserei" verletzt habe.
Der Kläger gab im Vordruck der Beklagten an, der Unfall sei vor der um 12:30 Uhr beginnenden Mittagspause gegen 11:30 Uhr passiert. Zeugen für den Unfall gebe es keine. Arbeitsunfähigkeit habe nicht bestanden. Die Arbeit sei am 15.07.2013 wieder aufgenommen worden (Angaben vom 31.07.2013).
Mit Bescheid vom 27.09.2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 20.06.2013 als Arbeitsunfall ab. Die Voraussetzung, dass die unfallbringende Tätigkeit in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe, sei nicht mit der erforderlichen, an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bewiesen.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, am Unfalltag habe er festgestellt, dass alle drei Thermobehälter, in dem das Trockeneis für die Reinigung der Formen aufbewahrt werde, leer gewesen seien. Um dies dem Schichtführer zu melden und dass er deshalb die Reinigung der Pressformen nicht habe vornehmen können, habe er sich auf die Suche nach dem Schichtführer begeben. Die daraufhin erneut befragte Firma P. teilte mit, nach Rücksprache mit dem Schichtführer könne nicht nachvollzogen werden, ob am 20.06.2013 alle drei Thermobehälter leer gewesen seien (Schreiben der Firma P. vom 22.11.2013). Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger erhob am 24.04.2014 Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG).
Das SG holte die schriftliche Aussage der Firma P. vom 08.07.2014 ein, die ihre Angaben im Verwaltungsverfahren wiederholte. In der vorgelegten Erklärung vom 03.09.2013, mitunterzeichnet von dem Zeugen Sch. , wurde ausgeführt, der Kläger habe in einem persönlichen Gespräch selbst erwähnt, dass der Unfall außerhalb der Produktionshalle geschehen sei und seine nachträglichen weiteren Angaben zum Unfallhergang könnten nicht nachvollzogen werden. Auf erneute Nachfrage des SG teilte die Firma P. mit, nach der Rückkehr aus der Krankheit habe das erste offizielle Gespräch des Klägers mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit Sch. stattgefunden, im Anschluss sei noch ein weiteres Gespräch seitens der Personalleitung und der Fachkraft Sch. durchgeführt worden (Schreiben vom 24.07.2014).
Im Termin zur Beweisaufnahme am 08.10.2014 wurde der Kläger gehört und die Beschäftigten der Firma P. G. und Sch. als Zeugen vernommen. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift vom 08.10.2014 verwiesen. Der Kläger verneinte, Pause gemacht zu haben. Er habe auch nicht angegeben, zum Luft schnappen draußen gewesen zu sein. Der Zeuge G. legte dar, er oder ein anderer Schichtführer bestelle die Eispellets. Er wisse nichts davon, dass am Unfalltag die Eisboxen leer gewesen seien. Erst später habe er erfahren, dass der Kläger nach ihm gesucht habe. An der Stelle, an der der Kläger umgeknickt sei, sei es auch möglich, in den Raucherbereich zu kommen. Der Zeuge Sch. gab an, der Kläger habe bei Übergabe der Krankmeldung ihm sinngemäß erklärt, er habe keine Arbeit mehr gehabt und sei auf einer Betonfläche außerhalb der Halle umgeknickt. Aufgrund der Nachfrage der Beklagten habe er - der Zeuge - im Betrieb Mitarbeiter befragt und ihm sei von einem ihm namentlich nicht mehr erinnerlichen Beschäftigten gesagt worden, der Kläger habe Kaffeepause gemacht. Auf Nachfrage habe der Kläger eine Kaffeepause verneint, aber als Grund seines Aufenthalts im Außenbereich angegeben, er habe Luft atmen wollen. Dass er wegen der leeren Eisboxen auf der Suche nach dem Schichtführer gewesen sei, habe er – der Zeuge – erstmals durch das Schreiben der Beklagten erfahren.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.11.2014 wurde der Zeuge Sa. vernommen, der angab, sich nicht mehr erinnern zu können, ob der Kläger am Unfalltag bei ihm gewesen sei und nach dem Schichtführer gefragt habe.
Mit Urteil vom 19.11.2014 wies das SG die Klage ab. Der Vollbeweis der versicherten Tätigkeit, die zum Unfall geführt haben muss, sei dem Kläger nicht gelungen.
Gegen das Urteil hat der Kläger am 20.11.2014 beim SG Berufung eingelegt und geltend gemacht, Zeugen zum Unfallhergang gebe es keine. Insoweit müsse es bei der Schilderung durch den Unfallverletzten verbleiben. Zweifel an der Schilderung seien durch die Beweisaufnahme nicht zutage gefördert worden. Das SG habe nicht ausschließen können, dass der der Unfall sich während der Suche nach dem Vorgesetzten ereignet habe. In Abkehr von dem bisherigen durch den Kläger zu erbringenden Vollbeweis treffe nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 04.09.2007 – B 2 U 28/06 R –) die Beweislast den Versicherungsträger. Verunglücke ein Versicherter unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, wo er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet habe, entfalle der Versicherungsschutz nur dann, wenn bewiesen werde, dass die versicherte Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt für eine private Tätigkeit unterbrochen oder beendet worden ist.
Der Kläger beantragt, Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.11.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2014 aufzuheben und das Ereignis vom 20.06.2013 als Arbeitsunfall festzustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Insbesondere aufgrund der Angaben des Zeugen Sch. könne nicht im Rahmen des hierfür erforderlichen Vollbeweises nachgewiesen werden, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Es sei erwiesen, dass der Kläger eine private Tätigkeit ausgeübt habe. Das zitierte Urteil des Bundessozialgerichts vom 04.09.2007 sei nur eingeschränkt anwendbar, da der Kläger sich nicht am Arbeitsplatz befunden habe.
Mit richterlicher Verfügung vom 04.05.2015 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und dessen Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Berufungsakte verwiesen.
II.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 04.05.2015 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2014 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 SGG statthaft. Gegen die Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalles kann mit der Anfechtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG vorgegangen werden und die darüber hinausgehende positive Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles kann mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten auch mit der Verpflichtungsklage (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R) verfolgt werden. Die Voraussetzungen einer Feststellungklage mit anfechtbarem Verwaltungsakt und durchgeführtem Widerspruchsverfahren liegen vor, denn die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt entschieden und die Feststellung eines Arbeitsunfalles abgelehnt. Es besteht auch ein Feststellungsinteresse nach § 55 Abs. 2. Halbsatz SGG, denn gem. § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -).
Die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls liegen jedoch für das geltend gemachte Ereignis vom 20.06.2013 nicht vor. Das SG hat im angefochtenen Urteil die Rechtsgrundlagen und Rechtsanwendungsgrundsätze zur Feststellung eines Arbeitsunfalls nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII umfassend und zutreffend dargelegt, weshalb der Senat hierauf verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Senat geht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass der Kläger sich am 20.06.2013 das Knie außerhalb der Produktionshalle im Außenbereich verdreht hat. Nicht festgestellt werden kann mit der notwendigen richterlichen Überzeugung, welchen Zweck der Kläger verfolgt hatte, als es zu der Knieverletzung gekommen ist. Diese Ungewissheit geht zulasten des Klägers, der die Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Anspruchsnorm trägt. Ein Unfall infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII) ist auch zur Überzeugung des Senats nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen.
Eine zu betriebsdienlichen Zwecken ausgeübte Verrichtung, die – auch – unter dieser Handlungstendenz vorgenommen wurde, ist weder dem Vorbringen des Klägers noch den im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren eingeholten Zeugenaussagen zu entnehmen.
Die Angaben des Klägers zum Vorfall am 20.06.2013 sind nicht ausreichend, einen Arbeitsunfall hinreichend zu belegen. Zwar kann grundsätzlich auch allein das Vorbringen des Versicherten ausreichen, um den Nachweis eines Arbeitsunfalles zu führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Vorbringen des Versicherten in sich stimmig und glaubhaft ist sowie mit den sonstigen tatsächlichen Umständen in Einklang zu bringen ist. An einem solchen Vorbringen fehlt es vorliegend, denn die im Verlaufe des Verfahrens gemachten Angaben des Klägers weisen nicht hinreichend geklärte Ungereimtheiten gegenüber den von den Zeugen geschilderten Umständen auf.
Eine mit betriebsdienlicher Handlungstendenz vorgenommene Verrichtung zum Unfallzeitpunkt hat der Kläger erstmals mit seinem Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten behauptet, indem er vorgetragen hat, er sei auf der Suche nach dem Schichtführer gewesen, um ihm Meldung zu machen, dass alle drei Thermobehälter für das Trockeneis leer seien. Eine andere Erklärung für seinen Aufenthalt außerhalb der Produktionshalle hat er nicht abgegeben. Demgegenüber steht jedoch die Aussage des Schichtführers, des Zeugen G. , vor dem SG, der für die Bestellung der Trockeneispellets verantwortlich ist. Er hat angegeben, dass er nichts davon wisse, dass am 20.06.2013 die Eisboxen leer gewesen sind. Darüber hinaus hat er auch angegeben, dass auch hätte weitergearbeitet werden können, wenn an dem Tag das Eis ausgegangen gewesen wäre. Dann hätten die Formen ausgebaut werden und in die Formenreinigungsanlage gebracht werden müssen, was zeitaufwendiger als die Verfahrensweise sei, wenn die Formen in der Presse bleiben und mit Eis bestrahlt werden. Dass am Unfalltag eine solche aufwändige Verfahrensweise praktiziert wurde, ist weder den schriftlichen Angaben der Firma noch den als Zeugen gehörten Bediensteten der Firma P. zu entnehmen.
Außerdem hat der Zeuge Sch. in Übereinstimmung mit den schriftlichen Angaben der Firma P. vor dem SG erläutert, mehrfach mit dem Kläger über den Unfall gesprochen zu haben. Zwar ist der Zeitpunkt der Gespräche nicht hinreichend sicher zu rekonstruieren, weil das Erstgespräch zwischen dem Zeugen Sch. und dem Kläger einmal nach der Rückkehr des Klägers nach seiner Erkrankung, was nach Klägerangaben am 15.07.2013 der Fall gewesen wäre (Kläger-Angaben vom 31.07.2013 im Vordruck), und ein andermal ein bis zwei Tage nach dem Unfall bei Abgabe der Krankmeldung durch den Kläger, so der Zeuge Sch. bei seiner persönlichen Vernehmung vor dem SG, stattgefunden haben soll. Jedoch ist nach beiden Varianten kein so großer Zeitablauf zu erkennen, dass Erinnerungslücken für Einzelheiten des Unfalls oder bedeutungsvolle Begleitumstände hieraus erklärlich wären. Der Zeuge Sch. hat insoweit überzeugend dargelegt, dass bei den von ihm mit dem Kläger geführten Gesprächen ein betrieblicher Zweck des Aufenthalts außerhalb der Produktionshalle nicht erwähnt worden ist. Ein betrieblicher Zweck ist auch nicht in dem Gespräch mit der Personalleitung und dem Zeugen Sch. vom Kläger angegeben worden (Schreiben der Firma P. vom 24.07.2014); vielmehr soll der Kläger in dem späteren Gespräch gegenüber dem Zeugen Sch. erklärt haben, er sei zum Luft schnappen (Telefonvermerk vom 29.08.2013) bzw. zum Luft atmen (Zeugenaussage vor dem SG) draußen gewesen. Für den Senat ist nicht ersichtlich, warum der Zeuge Sch. eine solche Aussage des Klägers erfunden haben soll. Ein von Vorgesetzten des Klägers am Unfalltag erteilter Auftrag, der den Kläger veranlasst haben könnte, die Produktionshalle zu verlassen, hat der Zeuge Sch. ausdrücklich verneint (Telefonvermerk vom 29.08.2013). Einen solchen Auftrag hat der Kläger auch nicht behauptet und auch vom Zeugen G. wird hierüber nichts berichtet.
Dass der Kläger am Unfalltag tatsächlich auf der Suche nach dem Schichtführer war, ist auch von dem von ihm zuletzt benannten Zeugen Sa. bei seiner Vernehmung vor dem SG nicht bestätigt worden. Der Zeuge G. hatte vor dem SG zwar angegeben, er habe später erfahren, dass der Kläger am Unfalltag auf der Suche nach ihm gewesen sei. Wer ihm das gesagt habe, wisse er aber nicht mehr. Damit ist auch nicht feststellbar, ob dies dem Zeugen erst zugetragen wurde, als die vom Kläger im Widerspruchsverfahren aufgestellte Behauptung bekannt geworden war. Jedenfalls war dem Zeugen G. selbst dieser Umstand auch nur vom Hörensagen bekannt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die bestehende Ungewissheit über die maßgebende Handlungstendenz des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls, mit der die unfallbringende Verrichtung vorgenommen worden ist, rechtlich vom Kläger zu vertreten, denn er trägt für diesen Umstand die Beweislast. Aus der von ihm in Bezug genommenen Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 04.09.2007 – B 2 U 28/06R – (veröffentlicht in juris) ergibt sich nichts anderes. Vorliegend ist unstreitig, dass der Kläger sich nicht an dem Ort aufgehalten hat, an dem er normalerweise seiner versicherten Tätigkeit als Maschinenbediener nachgeht. Er hat seinen angestammten Arbeitsplatz verlassen und hat sich zum Zeitpunkt des Unfalls außerhalb der Produktionshalle aufgehalten. Die Fortdauer der am Arbeitsplatz ausgeübten versicherten Tätigkeit ist damit aus den räumlichen Gegebenheiten des Unfalls gerade nicht zu folgern, wie dies bei der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 04.09.2007 der Fall war. Dort war der Versicherte von seinem Arbeitsplatz auf einem Kran, an dem er zuvor Montagearbeiten verrichtet hatte, aus ungeklärten Gründen abgestürzt, wobei der Unfallversicherungsträger von einem Sturz aus suizidaler Absicht – bei entsprechender auffälliger psychischer Vorgeschichte – ausgegangen ist. Weil auch etwaige betriebsbedingte Wartezeiten in wertender Betrachtung der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind (vgl. BSG, Urteil vom 26.10.2004 – B 2 U 24/03 R – juris), ist der Aufenthalt an einem solchen Ort indiziell von der Handlungstendenz einer betrieblichen Tätigkeit getragen und der Nachweis, dass diese betriebliche Handlungstendenz zum Zeitpunkt des Unfalls nicht mehr vorgelegen hat, ist vom Unfallversicherungsträger zu führen. Vorliegend spricht der Aufenthalt des Klägers an einem Ort, an dem am Unfalltag keine zuvor versicherte Verrichtung tatsächlich vorgenommen worden war oder zu dem ihn kein nachweislich erteilter Auftrag hingeführt hat, nicht für einen betrieblichen Zweck des Aufenthalts. Danach obliegt es nicht der Beklagten, die Unterbrechung oder Beendigung einer den äußeren Umständen zu entnehmenden versicherten Tätigkeit zu beweisen, sondern es steht in der Beweislast des Klägers, eine nach einer unstreitig beendeten versicherten Tätigkeit neu aufgenommene versicherte Tätigkeit nachzuweisen. Überzeugende Anknüpfungstatsachen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für eine Verrichtung mit betriebsdienlicher Handlungstendenz zum Unfallzeitpunkt sprechen, liegen aber hierfür gerade nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger am 20.06.2013 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1978 geborene Kläger war seit Januar 2002 bei der Firma P. als Maschinenbediener beschäftigt. Am 20.06.2013 war Arbeitsbeginn um 6:00 Uhr und Ende der Arbeitszeit war um 14:00 Uhr. Um 12:19 Uhr stellte sich der Kläger bei Durchgangsarzt Dr. G. wegen Schmerzen im Bereich des medialen Gelenkspaltes des rechten Kniegelenks vor, da er sich seinen Angaben gemäß beim Gehen in der Halle das rechte Knie verdreht habe (Durchgangsarztbericht von Dr. G. vom 27.06.2013). Dr. G. diagnostizierte eine Distorsion des rechten Kniegelenks bei fortbestehender Arbeitsfähigkeit.
Bei Untersuchungen durch Dr. Schm. am 24.06.2013 und 26.06.2013 wurde die Magnetresonanztomographie (MRT) des rechten Kniegelenks am 24.06.2013 veranlasst (Befundbericht der Radiologie Praxis M. vom 25.06.2013) und insbesondere eine Kreuzbandruptur des rechten Kniegelenks, ein Innenmeniskusriss rechts und ein Seitenbandriss des Kniegelenks rechts diagnostiziert (Berichte vom 24.06.2013 und 26.06.2013). Im Rahmen der stationären Behandlung vom 08.10.2013 bis 10.10.2013 wurde dem Kläger arthroskopisch eine vordere Kreuzbandplastik implantiert (Bericht der Orthopädischen Klinik M. vom 11.10.2013).
Im eingeleiteten Feststellungsverfahren der Beklagten teilte die Firma P. auf Anfragen der Beklagten mit, Unfallanzeige sei nicht erstattet worden, weil der Kläger gerade Pause gemacht habe und ohne ersichtlichen Grund und erkennbare Stolperstelle umgeknickt sei (Schreiben der Firma vom 24.04.2013 – richtig 24.07.2013, Angaben im Vordruck der Beklagten vom 24.07.2013). Der Unfall sei nicht innerhalb der Halle, sondern außerhalb der Produktionshalle geschehen, was der Kläger in einem persönlichen Gespräch erwähnt habe (Schreiben der Firma vom 03.09.2013). Die Fachkraft für Arbeitssicherheit der Firma P. , der Zeuge Sch. , gab im Vordruck der Beklagten unter dem 19.08.2013, wie auch in einer an die Beklagte gerichteten Mail gleichen Datums an, der Kläger habe gegen 11:30 Uhr eine Kaffeepause außerhalb des Produktionsgebäudes gemacht und sich dabei das Knie verdreht. Auf telefonische Nachfrage der Beklagten (Telefonvermerk vom 29.08.2013) wurde von dem Zeugen Sch. erläutert, der Kläger sei nicht an seinem Arbeitsplatz in der Werkshalle gewesen. Der Kläger sei auch nicht beauftragt gewesen, etwas Betriebliches im Außenbereich durchzuführen. Er sei aus eigenem Interesse aus der Werkshalle gegangen. Bei einer ersten Unfallschilderung habe es geheißen, der Kläger habe eine Kaffeepause gemacht. Ihm gegenüber habe der Kläger später angegeben, er sei zum Luft schnappen draußen gewesen, da es in der Halle warm gewesen sei, was jedoch nicht nachzuvollziehen sei. Ebenso hörte die Beklagte den Vorgesetzten des Klägers B. schriftlich zu den Umständen des Unfalls an (Angaben des Vorgesetzten B. vom 05.09.2013), der schilderte, der Zeugen G. habe ihn verständigt, dass der Kläger sich außerhalb der eigenen Abteilung in der Abteilung "Presserei" verletzt habe.
Der Kläger gab im Vordruck der Beklagten an, der Unfall sei vor der um 12:30 Uhr beginnenden Mittagspause gegen 11:30 Uhr passiert. Zeugen für den Unfall gebe es keine. Arbeitsunfähigkeit habe nicht bestanden. Die Arbeit sei am 15.07.2013 wieder aufgenommen worden (Angaben vom 31.07.2013).
Mit Bescheid vom 27.09.2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 20.06.2013 als Arbeitsunfall ab. Die Voraussetzung, dass die unfallbringende Tätigkeit in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe, sei nicht mit der erforderlichen, an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bewiesen.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, am Unfalltag habe er festgestellt, dass alle drei Thermobehälter, in dem das Trockeneis für die Reinigung der Formen aufbewahrt werde, leer gewesen seien. Um dies dem Schichtführer zu melden und dass er deshalb die Reinigung der Pressformen nicht habe vornehmen können, habe er sich auf die Suche nach dem Schichtführer begeben. Die daraufhin erneut befragte Firma P. teilte mit, nach Rücksprache mit dem Schichtführer könne nicht nachvollzogen werden, ob am 20.06.2013 alle drei Thermobehälter leer gewesen seien (Schreiben der Firma P. vom 22.11.2013). Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger erhob am 24.04.2014 Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn (SG).
Das SG holte die schriftliche Aussage der Firma P. vom 08.07.2014 ein, die ihre Angaben im Verwaltungsverfahren wiederholte. In der vorgelegten Erklärung vom 03.09.2013, mitunterzeichnet von dem Zeugen Sch. , wurde ausgeführt, der Kläger habe in einem persönlichen Gespräch selbst erwähnt, dass der Unfall außerhalb der Produktionshalle geschehen sei und seine nachträglichen weiteren Angaben zum Unfallhergang könnten nicht nachvollzogen werden. Auf erneute Nachfrage des SG teilte die Firma P. mit, nach der Rückkehr aus der Krankheit habe das erste offizielle Gespräch des Klägers mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit Sch. stattgefunden, im Anschluss sei noch ein weiteres Gespräch seitens der Personalleitung und der Fachkraft Sch. durchgeführt worden (Schreiben vom 24.07.2014).
Im Termin zur Beweisaufnahme am 08.10.2014 wurde der Kläger gehört und die Beschäftigten der Firma P. G. und Sch. als Zeugen vernommen. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift vom 08.10.2014 verwiesen. Der Kläger verneinte, Pause gemacht zu haben. Er habe auch nicht angegeben, zum Luft schnappen draußen gewesen zu sein. Der Zeuge G. legte dar, er oder ein anderer Schichtführer bestelle die Eispellets. Er wisse nichts davon, dass am Unfalltag die Eisboxen leer gewesen seien. Erst später habe er erfahren, dass der Kläger nach ihm gesucht habe. An der Stelle, an der der Kläger umgeknickt sei, sei es auch möglich, in den Raucherbereich zu kommen. Der Zeuge Sch. gab an, der Kläger habe bei Übergabe der Krankmeldung ihm sinngemäß erklärt, er habe keine Arbeit mehr gehabt und sei auf einer Betonfläche außerhalb der Halle umgeknickt. Aufgrund der Nachfrage der Beklagten habe er - der Zeuge - im Betrieb Mitarbeiter befragt und ihm sei von einem ihm namentlich nicht mehr erinnerlichen Beschäftigten gesagt worden, der Kläger habe Kaffeepause gemacht. Auf Nachfrage habe der Kläger eine Kaffeepause verneint, aber als Grund seines Aufenthalts im Außenbereich angegeben, er habe Luft atmen wollen. Dass er wegen der leeren Eisboxen auf der Suche nach dem Schichtführer gewesen sei, habe er – der Zeuge – erstmals durch das Schreiben der Beklagten erfahren.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.11.2014 wurde der Zeuge Sa. vernommen, der angab, sich nicht mehr erinnern zu können, ob der Kläger am Unfalltag bei ihm gewesen sei und nach dem Schichtführer gefragt habe.
Mit Urteil vom 19.11.2014 wies das SG die Klage ab. Der Vollbeweis der versicherten Tätigkeit, die zum Unfall geführt haben muss, sei dem Kläger nicht gelungen.
Gegen das Urteil hat der Kläger am 20.11.2014 beim SG Berufung eingelegt und geltend gemacht, Zeugen zum Unfallhergang gebe es keine. Insoweit müsse es bei der Schilderung durch den Unfallverletzten verbleiben. Zweifel an der Schilderung seien durch die Beweisaufnahme nicht zutage gefördert worden. Das SG habe nicht ausschließen können, dass der der Unfall sich während der Suche nach dem Vorgesetzten ereignet habe. In Abkehr von dem bisherigen durch den Kläger zu erbringenden Vollbeweis treffe nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 04.09.2007 – B 2 U 28/06 R –) die Beweislast den Versicherungsträger. Verunglücke ein Versicherter unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, wo er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet habe, entfalle der Versicherungsschutz nur dann, wenn bewiesen werde, dass die versicherte Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt für eine private Tätigkeit unterbrochen oder beendet worden ist.
Der Kläger beantragt, Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.11.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2014 aufzuheben und das Ereignis vom 20.06.2013 als Arbeitsunfall festzustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Insbesondere aufgrund der Angaben des Zeugen Sch. könne nicht im Rahmen des hierfür erforderlichen Vollbeweises nachgewiesen werden, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Es sei erwiesen, dass der Kläger eine private Tätigkeit ausgeübt habe. Das zitierte Urteil des Bundessozialgerichts vom 04.09.2007 sei nur eingeschränkt anwendbar, da der Kläger sich nicht am Arbeitsplatz befunden habe.
Mit richterlicher Verfügung vom 04.05.2015 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und dessen Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Äußerung erhalten.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Berufungsakte verwiesen.
II.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 04.05.2015 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 27.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.2014 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 SGG statthaft. Gegen die Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalles kann mit der Anfechtungsklage i.S.d. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG vorgegangen werden und die darüber hinausgehende positive Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles kann mit der Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG oder nach Wahl des Versicherten auch mit der Verpflichtungsklage (vgl. BSG 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R, BSGE 108, 274 und BSG 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R) verfolgt werden. Die Voraussetzungen einer Feststellungklage mit anfechtbarem Verwaltungsakt und durchgeführtem Widerspruchsverfahren liegen vor, denn die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt entschieden und die Feststellung eines Arbeitsunfalles abgelehnt. Es besteht auch ein Feststellungsinteresse nach § 55 Abs. 2. Halbsatz SGG, denn gem. § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -).
Die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls liegen jedoch für das geltend gemachte Ereignis vom 20.06.2013 nicht vor. Das SG hat im angefochtenen Urteil die Rechtsgrundlagen und Rechtsanwendungsgrundsätze zur Feststellung eines Arbeitsunfalls nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII umfassend und zutreffend dargelegt, weshalb der Senat hierauf verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Senat geht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass der Kläger sich am 20.06.2013 das Knie außerhalb der Produktionshalle im Außenbereich verdreht hat. Nicht festgestellt werden kann mit der notwendigen richterlichen Überzeugung, welchen Zweck der Kläger verfolgt hatte, als es zu der Knieverletzung gekommen ist. Diese Ungewissheit geht zulasten des Klägers, der die Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Anspruchsnorm trägt. Ein Unfall infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII) ist auch zur Überzeugung des Senats nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen.
Eine zu betriebsdienlichen Zwecken ausgeübte Verrichtung, die – auch – unter dieser Handlungstendenz vorgenommen wurde, ist weder dem Vorbringen des Klägers noch den im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren eingeholten Zeugenaussagen zu entnehmen.
Die Angaben des Klägers zum Vorfall am 20.06.2013 sind nicht ausreichend, einen Arbeitsunfall hinreichend zu belegen. Zwar kann grundsätzlich auch allein das Vorbringen des Versicherten ausreichen, um den Nachweis eines Arbeitsunfalles zu führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Vorbringen des Versicherten in sich stimmig und glaubhaft ist sowie mit den sonstigen tatsächlichen Umständen in Einklang zu bringen ist. An einem solchen Vorbringen fehlt es vorliegend, denn die im Verlaufe des Verfahrens gemachten Angaben des Klägers weisen nicht hinreichend geklärte Ungereimtheiten gegenüber den von den Zeugen geschilderten Umständen auf.
Eine mit betriebsdienlicher Handlungstendenz vorgenommene Verrichtung zum Unfallzeitpunkt hat der Kläger erstmals mit seinem Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten behauptet, indem er vorgetragen hat, er sei auf der Suche nach dem Schichtführer gewesen, um ihm Meldung zu machen, dass alle drei Thermobehälter für das Trockeneis leer seien. Eine andere Erklärung für seinen Aufenthalt außerhalb der Produktionshalle hat er nicht abgegeben. Demgegenüber steht jedoch die Aussage des Schichtführers, des Zeugen G. , vor dem SG, der für die Bestellung der Trockeneispellets verantwortlich ist. Er hat angegeben, dass er nichts davon wisse, dass am 20.06.2013 die Eisboxen leer gewesen sind. Darüber hinaus hat er auch angegeben, dass auch hätte weitergearbeitet werden können, wenn an dem Tag das Eis ausgegangen gewesen wäre. Dann hätten die Formen ausgebaut werden und in die Formenreinigungsanlage gebracht werden müssen, was zeitaufwendiger als die Verfahrensweise sei, wenn die Formen in der Presse bleiben und mit Eis bestrahlt werden. Dass am Unfalltag eine solche aufwändige Verfahrensweise praktiziert wurde, ist weder den schriftlichen Angaben der Firma noch den als Zeugen gehörten Bediensteten der Firma P. zu entnehmen.
Außerdem hat der Zeuge Sch. in Übereinstimmung mit den schriftlichen Angaben der Firma P. vor dem SG erläutert, mehrfach mit dem Kläger über den Unfall gesprochen zu haben. Zwar ist der Zeitpunkt der Gespräche nicht hinreichend sicher zu rekonstruieren, weil das Erstgespräch zwischen dem Zeugen Sch. und dem Kläger einmal nach der Rückkehr des Klägers nach seiner Erkrankung, was nach Klägerangaben am 15.07.2013 der Fall gewesen wäre (Kläger-Angaben vom 31.07.2013 im Vordruck), und ein andermal ein bis zwei Tage nach dem Unfall bei Abgabe der Krankmeldung durch den Kläger, so der Zeuge Sch. bei seiner persönlichen Vernehmung vor dem SG, stattgefunden haben soll. Jedoch ist nach beiden Varianten kein so großer Zeitablauf zu erkennen, dass Erinnerungslücken für Einzelheiten des Unfalls oder bedeutungsvolle Begleitumstände hieraus erklärlich wären. Der Zeuge Sch. hat insoweit überzeugend dargelegt, dass bei den von ihm mit dem Kläger geführten Gesprächen ein betrieblicher Zweck des Aufenthalts außerhalb der Produktionshalle nicht erwähnt worden ist. Ein betrieblicher Zweck ist auch nicht in dem Gespräch mit der Personalleitung und dem Zeugen Sch. vom Kläger angegeben worden (Schreiben der Firma P. vom 24.07.2014); vielmehr soll der Kläger in dem späteren Gespräch gegenüber dem Zeugen Sch. erklärt haben, er sei zum Luft schnappen (Telefonvermerk vom 29.08.2013) bzw. zum Luft atmen (Zeugenaussage vor dem SG) draußen gewesen. Für den Senat ist nicht ersichtlich, warum der Zeuge Sch. eine solche Aussage des Klägers erfunden haben soll. Ein von Vorgesetzten des Klägers am Unfalltag erteilter Auftrag, der den Kläger veranlasst haben könnte, die Produktionshalle zu verlassen, hat der Zeuge Sch. ausdrücklich verneint (Telefonvermerk vom 29.08.2013). Einen solchen Auftrag hat der Kläger auch nicht behauptet und auch vom Zeugen G. wird hierüber nichts berichtet.
Dass der Kläger am Unfalltag tatsächlich auf der Suche nach dem Schichtführer war, ist auch von dem von ihm zuletzt benannten Zeugen Sa. bei seiner Vernehmung vor dem SG nicht bestätigt worden. Der Zeuge G. hatte vor dem SG zwar angegeben, er habe später erfahren, dass der Kläger am Unfalltag auf der Suche nach ihm gewesen sei. Wer ihm das gesagt habe, wisse er aber nicht mehr. Damit ist auch nicht feststellbar, ob dies dem Zeugen erst zugetragen wurde, als die vom Kläger im Widerspruchsverfahren aufgestellte Behauptung bekannt geworden war. Jedenfalls war dem Zeugen G. selbst dieser Umstand auch nur vom Hörensagen bekannt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die bestehende Ungewissheit über die maßgebende Handlungstendenz des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls, mit der die unfallbringende Verrichtung vorgenommen worden ist, rechtlich vom Kläger zu vertreten, denn er trägt für diesen Umstand die Beweislast. Aus der von ihm in Bezug genommenen Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 04.09.2007 – B 2 U 28/06R – (veröffentlicht in juris) ergibt sich nichts anderes. Vorliegend ist unstreitig, dass der Kläger sich nicht an dem Ort aufgehalten hat, an dem er normalerweise seiner versicherten Tätigkeit als Maschinenbediener nachgeht. Er hat seinen angestammten Arbeitsplatz verlassen und hat sich zum Zeitpunkt des Unfalls außerhalb der Produktionshalle aufgehalten. Die Fortdauer der am Arbeitsplatz ausgeübten versicherten Tätigkeit ist damit aus den räumlichen Gegebenheiten des Unfalls gerade nicht zu folgern, wie dies bei der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 04.09.2007 der Fall war. Dort war der Versicherte von seinem Arbeitsplatz auf einem Kran, an dem er zuvor Montagearbeiten verrichtet hatte, aus ungeklärten Gründen abgestürzt, wobei der Unfallversicherungsträger von einem Sturz aus suizidaler Absicht – bei entsprechender auffälliger psychischer Vorgeschichte – ausgegangen ist. Weil auch etwaige betriebsbedingte Wartezeiten in wertender Betrachtung der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind (vgl. BSG, Urteil vom 26.10.2004 – B 2 U 24/03 R – juris), ist der Aufenthalt an einem solchen Ort indiziell von der Handlungstendenz einer betrieblichen Tätigkeit getragen und der Nachweis, dass diese betriebliche Handlungstendenz zum Zeitpunkt des Unfalls nicht mehr vorgelegen hat, ist vom Unfallversicherungsträger zu führen. Vorliegend spricht der Aufenthalt des Klägers an einem Ort, an dem am Unfalltag keine zuvor versicherte Verrichtung tatsächlich vorgenommen worden war oder zu dem ihn kein nachweislich erteilter Auftrag hingeführt hat, nicht für einen betrieblichen Zweck des Aufenthalts. Danach obliegt es nicht der Beklagten, die Unterbrechung oder Beendigung einer den äußeren Umständen zu entnehmenden versicherten Tätigkeit zu beweisen, sondern es steht in der Beweislast des Klägers, eine nach einer unstreitig beendeten versicherten Tätigkeit neu aufgenommene versicherte Tätigkeit nachzuweisen. Überzeugende Anknüpfungstatsachen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für eine Verrichtung mit betriebsdienlicher Handlungstendenz zum Unfallzeitpunkt sprechen, liegen aber hierfür gerade nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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