Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 8 R 259/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 189/15
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte im Rahmen einer Betriebsprüfung zu Recht eine Beitragsnachforderung für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 in Höhe von 108.021,39 EUR festgesetzt hat.
Die Klägerin ist ein Unternehmen mit Sitz in E-Stadt und bietet insbesondere Leistungen der Arbeitnehmerüberlassung an. Sie wendete in der Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 Tarifverträge an, die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V (AMP) und der Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) geschlossen worden waren.
Nachdem das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) die Tarifunfähigkeit der CGZP bestätigt hatte, führte die Beklagte bei der Klägerin für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 eine Betriebsprüfung durch.
Die Beklagte hörte mit Schreiben vom 2.2.2012 dazu an, dass sie beabsichtige eine Nachforderung zur Sozialversicherung festzusetzen. Bezüglich der hier relevanten CGZP-Problematik habe man im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt, dass die Klägerin im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in der Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 gegen den Grundsatz der gleichen Bezahlung ("equal-pay") im Sinne von § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verstoßen habe. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sehe das Gebot der gleichen Bezahlung vor. Nur wenn ein Tarifvertrag existiere, der die Entlohnung der Leiharbeitnehmer regele könne von diesem Grundsatz abgewichen werden. Im Oktober 2007 sei ein Verfahren zur Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP eingeleitet worden. Das Bundesarbeitsgericht habe am 14.12.2010 die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt. Daher seien die geschlossenen Tarifverträge unwirksam. Und dies habe zur Folge, dass die betroffenen Leiharbeitnehmer der Klägerin den gleichen Lohn beanspruchen könnten, wie er in den Entleiherbetrieben für vergleichbare Arbeitnehmer gezahlt werde. Es gelte das Entstehungsprinzip. Und daher sei die Beitragsbemessungsgrundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitsentgeltanspruch der vergleichbaren Stammarbeitnehmer in den Entleiherbetrieben. Die Beklagte werde daher auf der Basis der Differenz zwischen den von der Klägerin gemeldeten Beitragsansprüchen und den Beitragsansprüchen, die für vergleichbare Stammarbeitnehmer zu zahlen gewesen wären, Beiträge nacherheben. Bei der Klägerin hätten im streitgegenständlichen Zeitraum 889 Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen. Daher habe die Beklagte die Befugnis die Arbeitsentgelte zu schätzen. Man habe Beschäftigungsgruppen nach Qualifikation und Entleiherbranchen gebildet und sämtliche Arbeitnehmer der Klägerin einer Gruppe zugeordnet. Es seien dann einzelnen Stichproben gebildet worden, für die die tatsächlichen Arbeitsentgelte vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleiher ermittelt worden seien. Hieraus habe man die prozentualen Lohnabstände für vergleichbare Stammarbeitnehmer gebildet. Und diese Durchschnittswerte seien dann auf die Leiharbeitnehmer der jeweiligen Gruppen angewendet worden. Säumniszuschläge seien nicht zu berechnen.
Die Beklagte erließ am 19.3.2012 den angekündigten Bescheid und setzte eine Beitragsnachforderung in Höhe von 108.021,39 EUR fest.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.4.2012 Widerspruch erhoben. Die Klägerin machte geltend, dass für den Zeitraum von Dezember 2005 bis einschließlich Dezember 2006 die Beitragsansprüche verjährt sein. Die 4-jährige Verjährungsfrist sei zum 31.12.2010 abgelaufen. Ein Anschreiben der Beklagten aus Dezember 2010 habe es nicht gegeben. Die Klägerin habe nicht vorsätzlich unzutreffende Meldungen getätigt. Im Übrigen habe bereits für den Zeitraum vom 1.9.2003 bis zum 31.12.2006 eine Betriebsprüfung stattgefunden. Der Bescheid vom 14.3.2007 sei bestandskräftig. Diesen habe die Beklagte nicht aufheben können. Es bestehe Vertrauensschutz. Außerdem gelte der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts nur für die Gegenwart und die Zukunft. Für die Vergangenheit könne sich die Beklagte darauf nicht berufen.
Sodann setzte die Beklagte die Vollziehung des Bescheides vom 19.3.2012 aus bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7.8.2012 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass Beitragsansprüche die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts noch nicht verjährt gewesen seien, erst in einer Frist von 30 Jahren verjähren würde. Daher könne sich die Klägerin nicht auf Verjährung berufen. Die Klägerin habe von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Kenntnis gehabt. Die Entscheidung sei öffentlichkeitswirksam publiziert worden. Da die Klägerin von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht hatte, sei ihr auch bekannt gewesen, dass höhere Lohnansprüche bestanden hätten. Daher gehe die Beklagte von bedingtem Vorsatz aus. Denn trotz Kenntnis von der Nichtigkeit der Tarifverträge habe die Klägerin nichts unternommen und die beitragsrechtlichen Auswirkungen für die zurückliegenden Zeiträume zu realisieren. Ebenso wenig könne sich die Klägerin auf einen Bestandsschutz aufgrund vorangegangener Betriebsprüfungen berufen. Die Betriebsprüfungen würden dem Interesse der Versicherungsträger dienen. Sie sollen Beitragsausfälle verhindern helfen. Sie würde nicht bezwecken, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm eine Entlastung zu erteilen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin daher nicht berufen. Darüber hinaus würde sich aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ergeben, dass die CGZP zu keinem Zeitpunkt tariffähig gewesen sei. Dies würden auch die inzwischen veröffentlichten weiteren Entscheidungen der Arbeitsgerichtsbarkeit bestätigen. An der Rechtmäßigkeit des Betriebsprüfungsbescheides sei daher nicht zu zweifeln.
Die Klägerin hat am 22.8.2012 Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben.
Zur Klagebegründung führt die Klägerin aus, dass sie der Auffassung sei, dass die Beitragsnachforderung der Beklagten rechtswidrig sei. Sie wende sich mit der Klage nur gegen die Beitragspflicht dem Grunde nach. Hinsichtlich der Art der Beitragsermittlung und der Höhe würden ausdrücklich keine Einwände erhoben. Die Beitragsforderung sei jedoch für die Jahre 2005 und 2006 verjährt. Eine Prüfanordnung, die zur Hemmung der Verjährung hätte führen können sei erst im Jahre 2011 ergangen. Es sei kein bedingter Vorsatz eines vertretungsberechtigten Organs der Klägerin festgestellt worden. Im Übrigen habe das Bundesarbeitsgericht erst im Jahre 2012 entschieden, dass die Tariffähigkeit auch rückwirkend fehle.
Außerdem habe die Beklagte den Betriebsprüfungsbescheid vom 14.3.2007 nicht aufgehoben. Höhere Zahlungen nach dem "equal-pay"-Grundsatz habe die Klägerin nicht getätigt. Ansprüche von Arbeitnehmern seien nicht geltend gemacht worden. Ansprüche auf den Differenzlohn seien frühestens mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 entstanden. Daher komme hier nicht das Entstehungsprinzip, sondern das Zuflussprinzip zur Geltung, mit der Folge, dass Beitragsansprüche erst entstehen, wenn das "einmalige" Arbeitsentgelt ausgezahlt werde. Dies sei jedoch nicht erfolgt, so dass auch keine Beitragsansprüche entstanden seien.
Im Übrigen beruft sich die Klägerin auf Vertrauensschutz. Die Bundesagentur für Arbeit habe in der Vergangenheit selbst darauf bestanden, dass die Tarifverträge der CGZP zur Anwendung kommen würden. Das Verhalten der Sozialversicherungsträger sei rechtsmissbräuchlich. Außerdem gelte das Verbot der Rückwirkung. Dies habe zur Folge, dass für die Vergangenheit die Rechtsverhältnisse als wirksam erachtet werden müssten und lediglich für die Zukunft Beiträge geltend gemacht werden könnten. Das Bundesarbeitsgericht habe in der Entscheidung vom 14.12.2010 neue rechtliche Anforderungen an die Tariffähigkeit formuliert. Es sei zu einer Rechtsfolgenänderung für die Vergangenheit gekommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 19.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt sie aus, dass Vertrauensschutz nicht bestehe. Das Bundesarbeitsgericht habe lediglich deklaratorisch die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. Ein guter Glaube an die Tariffähigkeit eine Vereinigung bestehe nicht. Außerdem habe das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung nicht geändert. Die Entscheidung sei für die Arbeitgeber auch nicht überraschend gekommen. Schon im Jahre 2003 sei die Tariffähigkeit der CGZP in der Fachpresse umstritten gewesen. Und auch die Arbeitsgerichte hätten keinen Vertrauensschutz in ihren Entscheidungen anerkannt. Auch die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich eine Bewertung der CGZP-Tarifverträge vorgenommen. Gleiches gelte für die anderen Versicherungsträger.
Im Übrigen liege auch keine Rückwirkung der Gerichtsurteile des Bundesarbeitsgerichts vor. Die CGZP sei schlicht von Anfang an tarifunfähig gewesen. Es handle sich nicht um eine Änderung in der bisherigen Rechtsprechung. Im Übrigen hätten die Arbeitnehmer die "equal pay" - Ansprüche nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erworben. Daher seien darauf auch die Beiträge zu zahlen. Auf die vorangegangene Betriebsprüfung könne sich die Klägerin ebenfalls nicht mit Erfolg berufen.
Das Gericht hat die Bundesagentur für Arbeit sowie die betroffenen Krankenkassen und Pflegekassen beigeladen. Diese haben sich zum Rechtsstreit nicht eingelassen und stellen keinen Antrag.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I.
An der Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Die Klage wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben (vgl. §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Das Gericht ist mit Beschluss vom 16.2.2015 seiner Beiladungsverpflichtung nach § 75 Abs. 2 SGG nachgekommen, indem es die im vorliegenden Fall konkret betroffenen Kranken- und Pflegekassen, die Minijobzentrale und die Bundesagentur für Arbeit notwendig beigeladen hat. Eine Beiladung der Leiharbeitnehmer der Klägerin war im vorliegenden Fall nicht notwendig. Denn Summenbescheide ergehen – wie auch im vorliegenden Fall - nicht personenbezogen, so dass es einer Beiladung der Arbeitnehmer nicht bedurfe (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 7.2.2002, Az. B 12 KR 12/01 R).
II.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Sie verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Vielmehr hat die Beklagte im Rahmen des Betriebsprüfungsverfahrens zu Recht eine Beitragsnachforderung in Höhe von 108.021,39 EUR festgesetzt.
Im Einzelnen:
1. Rechtsgrundlage des Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten ist § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen.
Für die Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Beiträge (vgl. § 226 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) i. V. m. § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Als Arbeitsentgelt gelten nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (vgl. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Daher ist die Bemessungsgrundlage für den Beitragsanspruch nicht das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte, sondern das von ihm geschuldete Arbeitsentgelt, unabhängig von seiner arbeitsrechtlichen Durchsetzbarkeit oder Durchsetzung (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.07.2004, Az. B 12 KR 7/04 R Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER).
2. Hier geht es um die Beiträge für den sogenannten "equal-pay" – Lohnanspruch, also um die Beitragspflicht für den "Differenzlohnanspruch" der Leiharbeitnehmer der Klägerin, die sie in andere Betriebe entliehen hat. In diesem Zusammenhang ist rechtlich folgendes zu berücksichtigen:
Nach § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Soweit ein auf das Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen trifft (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 9 Nr. 2 AÜG), hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 2 AÜG hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (vgl. etwa Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 13.3.2013, Az. 5 AZR 954/11; 5 AZR 146/12; 5 AZR 424/12; Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 25.9.2013, Az.: 5 AZR 815/12; 5 AZR 939/12; 5 AZR 778/12). Die Beiträge für diesen "Differenzlohn" stehen hier im Streit.
3. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben ist die Kammer der Auffassung, dass die angegriffenen Betriebsprüfungsbescheide der Beklagten rechtmäßig sind. Die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Betriebsprüfungsbescheide der Beklagten vermögen nicht zu überzeugen (vgl. etwa auch: Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 12.06.2014, Az. L 1 KR 150/14 B ER; Beschluss des Hessischen Landessozialgericht vom 23.04.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER; Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 22. April 2014, Az: S 18 KR 139/14 ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Beschluss des Sozialgerichts Fulda vom 23.8.2012, Az. S 3 R 167/12 ER).
Im Einzelnen:
(1) Der von der Beklagten erhobene Nachforderungsanspruch hängt zunächst davon ab, dass die von der CGZP geschlossenen Tarifverträge auch für die Vergangenheit bzw. im hier streitigen Zeitraum unwirksam waren. Dies wurde vom Bundesarbeitsgericht jedoch bereits in zahlreichen Entscheidungen bestätigt (vgl. etwa Beschlüsse vom 22./23.05.2012, Az. 1 ABN 27/12, Az. 1 AZB 67/11 und Az. 1 AZB 58/11 sowie die Entscheidungen vom 13.03.2013, Az. 5 AZR 954/11, 5 AZR 146/12, 5 AZR 242/12, 5 AZR 294/12 und 5 AZR 424/12 und die Entscheidungen vom 25.9.2013, Az. 5 AZR 815/12; 5 AZR 939/12; 5 AZR 778/12). Beispielhaft heißt es in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die mit dem Az. 5 AZR 954/11 ergangen ist, wörtlich:
"Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7)."
Diese arbeitsrechtliche Vorfrage ist nicht nur durch die zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, sondern auch durch die vorangegangenen Entscheidungen (vgl. Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30.06.2011, Az. 8 Sa 387/11; Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20.09.2011, Az. 7 Sa 1318/11; Beschluss des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 02.11.2011, 4 Ta 130/11; Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012, Az. 24 TaBV 1285/11) aus der Arbeitsgerichtsbarkeit geklärt (vgl. dazu auch: Beschluss des Hessischen Landessozialgericht vom 23.04.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12).
Vor diesem Hintergrund hält das Gericht die Rechtsauffassung der Beklagten für zutreffend. Das Fehlen der Tariffähigkeit der CGZP hat zur Folge, dass die getroffenen Tarifvereinbarungen rechtsunwirksam sind, was bedeutet, dass die Tarifverträge der CGZP von Anfang an nicht die nach ihrem Inhalt bezweckten Rechtswirkungen entfalten konnten, da der Fehler von Anfang an bestand. Eine Abweichung vom "equal-pay" – Grundsatz ist daher im vorliegenden Fall auch im Zeitraum zwischen dem 1.12.2005 und dem 31.12.2009 nicht möglich gewesen (vgl. dazu Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER). Daher haben die Arbeitnehmer der Klägerin bereits im Zeitraum von 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 einen Anspruch auf den Differenzlohn erworben (vgl. dazu: Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13.3.2013, Az. 5 AZR 242/12).
Darauf, dass die Arbeitnehmer der Klägerin ihre Ansprüche gegenüber der Klägerin nicht geltend gemacht haben bzw. nicht durchgesetzt haben, wie die Klägerin behauptet, kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich an, da Bemessungsgrundlage für den Beitragsanspruch nicht das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte, sondern gerade das von ihm geschuldete Arbeitsentgelt ist, und zwar unabhängig von seiner arbeitsrechtlichen Durchsetzbarkeit oder Durchsetzung (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.07.2004, Az. B 12 KR 7/04 R; Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER). Somit vermag die Argumentation der Klägerin gerade nicht zu überzeugen, dass der "Differenzlohnanspruch" der Leiharbeitnehmer frühestens mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) entstanden seinen könne und dass es sich daher allenfalls um ein einmaliges Arbeitsentgelt handele (für dass das Zuflussprinzip gelte). Dies trifft nicht zu.
Dies gilt umso mehr, als die Argumentation der Klägerin nicht nachvollziehbar ist, dass Klagen der Arbeitnehmer auf den "equal-pay"-Lohn vor dem 14.12.2010 von den Arbeitsgerichten zwingend abgewiesen worden wären. Dies ist in keinster Weise nachvollziehbar, da die Frage der Tariffähigkeit der CGZP – wie auch die Klägerin einräumt – bereits vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 umstritten war und bereits die Vorinstanzen die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt hatten (vgl. Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7.12.2009, Az. 23 TaBV 1016/09; Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 1.4.2009, Az. 35 BV 17008/08). Das die Auffassung der Klägerin (wonach Klage vor der Arbeitsgerichtsbarkeit vor dem 14.12.2010 zwingend abgewiesen worden wären) nicht haltbar ist, ergibt sich auch aus folgenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 17.12.2014 (Az. 5 AZR 8/13):
"Dem Kläger war eine Klage auf gleiches Arbeitsentgelt vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die fehlende Tariffähigkeit der CGZP auch nicht unzumutbar. Eine solche hätte hinreichende Erfolgsaussicht gehabt (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 424/12 - Rn. 27 ff., BAGE 144, 322; 20. November 2013 - 5 AZR 776/12 - Rn. 14 ff.).
Nach einer von Schüren an allen deutschen Arbeitsgerichten durchgeführten Befragung, an der sich 83 % der Arbeitsgerichte beteiligten (Stand: August 2007), bezweifelten Arbeitsgerichte in Deutschland seit 2003 nahezu ausnahmslos die Tariffähigkeit der CGZP. Leiharbeitnehmer, die den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt einklagten, hatten damit regelmäßig ganz oder teilweise Erfolg, nur eine einzige Klage wurde abgewiesen (Schüren NZA 2007, 1213). Auch im Schrifttum ist die Tariffähigkeit der CGZP seit deren erstem Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und ihr der Vorwurf gemacht worden, Leiharbeitsunternehmen mit "billigen" Tarifverträgen "zu versorgen" (vgl. nur Ankersen NZA 2003, 421; Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN)."
Im Ergebnis verhält es sich im vorliegenden Fall so, dass aus den dargelegten Gründen das Entstehungsprinzip gilt, wonach die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (vgl. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB IV; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.7.2014, Az. S 2 R 611/13); hier somit bereits in der Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009. Für das Zuflussprinzip ist daher im vorliegenden Fall kein Raum. Daher ist die Kammer der Auffassung, dass die Beklagte zu Recht auf den Differenzlohn Beitragsansprüche für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 erhoben hat.
(2) Demgegenüber kann sich die Beklagte nach Auffassung des Gerichts nicht unter Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes bzw. nicht unter Berufung auf die Grundrechte und dabei insbesondere nicht unter Berufung auf das Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG) gegen die Beitragsnacherhebung zur Wehr setzen (vgl. Beschluss des Hessischen Landessozialgericht vom 23.04.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.7.2014, Az. S 2 R 611/13; Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.2014, Az. S 22 R 898/12; Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.1.2014, Az. S 16 R 4136/12). Denn:
(a) Zunächst kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie hier von einer Rechtsprechungsänderung durch das Bundesarbeitsgericht überrascht worden sei. Denn nach Auffassung der Kammer ist in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 gerade keine Rechtsprechungsänderung zu sehen (vgl. dazu auch: Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.7.2014, Az. S 2 R 611/13; Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.2014, Az. S 22 R 898/12; Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25.6.2014, Az. S 14 R 649/12). Das hat das Bundesarbeitsgericht selbst in der Entscheidung vom 13.3.2013 (Az. 5 AZR 954/11) ausdrücklich und überzeugend ausgeführt. Das Gericht nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts Bezug:
"Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen (BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. ( ) Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen"
Dagegen vermag die Klägerin auch nicht mit Erfolg einzuwenden, dass das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 14.12.2010 neue Anforderungen an die Tariffähigkeit entwickelt habe. Denn bei dieser Argumentation blendet die Klägerin aus, dass bereits zuvor die Vorinstanz – also das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – in der Entscheidung vom 7.12.2009 (Az. 23 TaBV 1016/09) ausdrücklich festgestellt hat:
"Es wird festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft C. Gewerkschaften für Z. und P. nicht tariffähig ist." (zitiert nach juris)
Und auch schon die erste Instanz (Arbeitsgericht Berlin) hatte im Beschluss vom 1.4.2009 (Az. 35 BV 17008/08) entschieden:
Tenor:
"Auf den Antrag der Beteiligten zu 2) wird festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen nicht tariffähig ist." (zitiert nach juris)
Von einer grundrechtsverletzenden Rechtsprechungsänderung kann im vorliegenden Fall somit keine Rede sein. Jedenfalls ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass hier das Bundesarbeitsgericht eine solche grundrechtsrelevante Rechtsprechungsänderung am 14.12.2010 vorgenommen hat. Selbst wenn das Bundesarbeitsgericht in dem Beschluss vom 14.12.2010 "neue Anforderungen an die Tariffähigkeit" entwickelt haben sollte, so ist in keinster Weise ersichtlich, dass das Ergebnis der Entscheidung vollkommen überraschen wäre und dass insoweit eine Änderung der Rechtsprechung erfolgt sei. Denn es gab gerade keine Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, in der die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt worden ist und bereits die Vorinstanzen hatten ja gerade schon die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt. Auf die Argumentation der Klägerin kann es hier somit gerade nicht ankommen. Ein vermeintliches Vertrauen der Klägerin in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13.3.2013, Az. 5 AZR 954/11; Beschluss des Hessischen Landessozialgericht vom 23.04.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.2014, Az. S 22 R 898/12).
(b) Im Übrigen verkennt die Klägerin in ihrer Argumentation – selbst wenn man in dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 eine rückwirkende Rechtsprechungsänderung erkennen wollte (was die Kammer aus den dargelegten Gründen nicht so sieht) -, dass die aus den "Grundsätzen des Verbots der Rückwirkung belastender Gesetze und des Vertrauensschutzes" sich ergebenden Folgerungen auf Änderungen der Rechtsprechung nicht ohne weiteres übertragen werden können.
Denn die Gerichte können nicht schlechthin an eine einmal feststehende Rechtsprechung gebunden sein. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen kann in der Regel nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Art. 20 GG, Rn. 1741). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass etwa in dem Beschluss vom 15.1.2009 (Az. 2 BvR 2044/07) dazu ausgeführt hat:
"Die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfGE 84, 212 (227 f.); BVerfGK 4, 12 (15); auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1926/07 -, juris). Soweit durch gefestigte Rechtsprechung ein Vertrauenstatbestand begründet wurde, kann diesem erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung getragen werden."
Auch vor diesem Hintergrund vermag die Argumentation der Klägerin nicht zu überzeugen. Denn ein geschütztes Vertrauen der Klägerin in eine "gefestigten und langjährigen Rechtsprechung" ist im vorliegenden Fall erst recht nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Die Auffassung der Klägerin, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 daher "ähnlich hart wirke wie eine Gesetzesänderung" ist daher – gerade vor dem Hintergrund, dass die Frage der Tariffähigkeit der CGZP schon lange umstritten war und das die Vorinstanzen bereits im Jahre 2009 die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt hatten - in keinster Weise nachzuvollziehen. Auf eine umstrittene völlig ungeklärte Rechtsfrage konnte die Klägerin daher nach Auffassung der Kammer gerade nicht vertrauen, etwa in der Hoffnung, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung diese Rechtsfrage in ihrem Sinne entscheiden werde (vgl. Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12) Das hier in eine verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition eingegriffen worden ist, ist im vorliegenden Fall somit gerade nicht zu erkennen. Eine grundrechtsrelevante Rückwirkung liegt hier gerade nicht vor (vgl. Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15.5.2014, Az. S 15 KR 817/12).
(c) Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Verweis der Klägerin auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18.11.1980 (Az. 12 KR 59/79). In dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht zwar ausgeführt, dass ein Arbeitgeber im Falle einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung Beiträge für bestimmte Arbeitnehmerbezüge - die nach der bisherigen Rechtsprechung beitragsfrei waren - aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht rückwirkend zahlen muss. Jedoch ist dies mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Denn es gab hier gerade keine Rechtsprechung, wonach auf den "Differenzlohn" zwischen dem tatsächlich gezahltem Lohn und dem "equal-pay"-Anspruch keine Beiträge zu zahlen gewesen wären. Eine Rechtsprechungsänderung im Bereich des Beitragsrechts gab es somit gerade nicht. Insoweit verweist das Gericht auch auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER) und schließt sich diesen Ausführungen inhaltlich an:
"Der Beitragsnachforderung stehen auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen.
Hat ein Arbeitgeber aufgrund einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung Beiträge für bestimmte Arbeitnehmerbezüge abzuführen, die nach der bisherigen Rechtsprechung beitragsfrei waren, so ist die geänderte Rechtsprechung aus Gründen des Vertrauensschutzes für den Arbeitgeber grundsätzlich nicht rückwirkend anzuwenden (BSG, Urteil vom 18. November 1980 – 12 RK 59/79). Dieser Grundsatz ist auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts und damit den hier vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung zum Beitragsrecht liegt nicht vor. Ob mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eine Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Tariffähigkeit von Vereinigungen erfolgt ist, ist zu bezweifeln. Die XY. ist zuvor vom Bundesarbeitsgericht nicht als tariffähig beurteilt worden. Zudem wird der gute Glaube in die Tariffähigkeit einer Vereinigung nicht geschützt (BAG, Urteil vom 15. November 2006 – 10 AZR 665/05 - mwN). Darüber hinaus hat eine gerichtliche Entscheidung zur Tariffähigkeit nur deklaratorische Wirkung."
(d) Ebenso wenig vermag die Argumentation der Klägerin zu überzeugen, dass im vorliegenden Fall die Regeln der "fehlerhaften Gesellschaft" oder des "fehlerhaften Arbeitsverhältnisses" aus Vertrauensschutzgründen greifen müssten, so dass die Regelungen des AÜG erst ab dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 greifen könnten. Auch hier verkennt die Klägerin, dass der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 nur deklaratorische Wirkung hatte und dass die von ihr herangezogenen Grundsätze auf den vorliegenden Fall gerade nicht passen. Die Kammer verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in dem Urteil vom 13. 3.2013 (Az. 5 AZR 242/12) und macht sich diese zu Eigen:
"Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein."
(e) Es ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin im vorliegenden Fall tatsächlich darauf vertrauen konnte bzw. darauf vertraut hat, dass die CGZP tariffähig ist. Denn wie die Beklagte zutreffend ausführt, war die Frage der Tariffähigkeit der CGZP bereits seit langem umstritten. Wie bereits dargestellt gab es bereits seit langem gerichtliche Verfahren und auch in der Fachpresse war die Problematik diskutiert worden. Insoweit verweist das Gericht auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Kassel im Urteil vom 4.9.2013 (Az. S 12 KR 246/12):
"Dafür, dass die Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 die Klägerin insoweit - auch beitragsrechtlich - unvorbereitet getroffen hätte, spricht nach alledem nichts.
( ... )
Insoweit waren der gesamten Leiharbeitsbranche die möglichen, auch beitragsrechtlichen Auswirkungen der als Damoklesschwert gehandelten anstehenden BAG-Entscheidung im Jahr 2010 mehr als bewusst (vgl. hierzu Brors, Zur Entscheidung über die Tarif(un)fähigkeit der CGZP, AuR 2010, 406ff.) und wurden nicht nur dort gerichtsbekannt auch bereits seit Jahren breitgefächert diskutiert.
So berichtet z.B. der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen eV. (iGZ) als nach seinem Internetauftritt mitgliedsstärkster Arbeitgeberverband der Zeitarbeitsbranche bereits am 24.06.2009 (siehe http://ig-zeitarbeit.de/node/2546) von einer wachsenden Unruhe bei betroffenen Zeitarbeitsfirmen, einem bevorstehenden "ungemütlichen Herbst" sowie einer hierauf beruhenden Flucht in DGB-Tarifverträge infolge des Beschlusses des ArbG Berlin vom 01.04.2009, 35 BV 17008/08, der dem o.a. Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009, 23 TaBV 1016/09 erstinstanzlich vorausgegangen war. Unmittelbar im Anschluss an den Beschluss vom 01.04.2009 wird dabei unter Berufung auf das HANDELSBLATT vom vorgenannten Verband sogar eine drohende Pleitewelle für CGZP-Tarifanwender diskutiert (vgl. http://ig-zeitarbeit.de/artikel/182) und am 17.04.2009 die Empfehlung ausgesprochen, CGZP-Tarifverträge zu meiden (siehe http://ig-zeitarbeit.de/artikel/236). Am 07.05.2009 wird dann unter Hinweis auf eine Sendung des ARD-Magazins "Panorama" vom selben Tag über Zeitarbeitsfirmen infolge des Beschlusses des ArbG Berlin drohenden Milliardenforderungen berichtet (vgl. http://ig-zeitarbeit.de/artikel/440), wobei sämtlichen dieser Nachrichten nicht nur mögliche Lohnnachzahlungen, sondern auch und gerade im Raum stehende, nachzuzahlende Sozialversicherungsbeiträge zugrunde liegen.
In einer Veröffentlichung vom Dezember 2009 heißt es in der Zusammenfassung insoweit wörtlich (vgl. http://ig-zeitarbeit.de/system/files/Auswirkungen-Feststellung-Tarifunfaehigkeit-CGZP.pdf):
"Im Falle der rechtskräftig festgestellten Tarifunfähigkeit der CGZP sind sämtliche mit der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge von Anfang an unwirksam. Das hätte nach dem System des AÜG die Geltung des Gleichbehandlungsprinzips zur Folge. Die Zeitarbeitnehmer, in deren Arbeitsvertrag ein mit dem CGZP abgeschlossener Tarifvertrag einbezogen wurde, könnten deshalb den Differenzbetrag zwischen der unwirksamen Tarifvergütung und dem vergleichbaren Arbeitsentgelt im Kundenbetrieb fordern und gegebenenfalls einklagen. Die Ansprüche könnten rückwirkend bis zur Grenze der Verjährung eingefordert werden. Es ist eher unwahrscheinlich, dass diesen rückwirkenden Ansprüchen Ausschlussfristen oder Vertrauensschutzaspekte entgegengehalten werden könnten. Es beständen auch Nachzahlungsansprüche der Sozialversicherung, da lediglich Beiträge auf Grundlage der unwirksamen Tarifvergütung gezahlt wurden. Diese Ansprüche verjähren in vier Jahren. Der Kunde haftet für diese Sozialversicherungsbeiträge, wenn sie beim Zeitarbeitsunternehmen erfolglos eingefordert wurden. Die Sozialversicherung kann, ohne zuvor das Zeitarbeitsunternehmen verklagen zu müssen, das Kundenunternehmen dafür in Haftung nehmen, wenn nach Mahnung und erfolglosem Fristablauf das Zeitarbeitsunternehmen nicht gezahlt hat."
Selbst der damalige Bundesarbeitsminister hatte insoweit dann bereits im Mai 2009 gegenüber den Medien in Presse und Rundfunk wiederholt entsprechende Konsequenzen aus dem Beschluss des ArbG Berlin im Rahmen der damaligen politischen Mindestlohndebatte öffentlich in den Raum gestellt (vgl. u.a. http://ig-zeitarbeit.de/artikel/1830)."
Von einem geschützten Vertrauen der Klägerin auf die Tariffähigkeit der CGZP kann vor dem dargelegten Hintergrund keine Rede sein, zumal die Klägerin selbst im Jahre 2009 – also vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 – schon davon Abstand genommen hatte, die Tarifverträge der CGZP anzuwenden.
Im Ergebnis kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die Grundsätze des Vertrauensschutzes berufen.
(3) Auch die weitere Argumentation der Klägerin vermag das Gericht nicht zu überzeugen. Aus dem Verhalten der Beklagten im Rahmen von früheren Betriebsprüfungen lassen sich keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Bescheide entnehmen.
Insbesondere stehen – entgegen der Auffassung der Klägerin - der Rechtmäßigkeit des Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht entgegen (vgl. Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.2014, Az. S 22 R 898/12; Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15.5.2013, Az. S 15 KR 817/12).
Denn aus dem Betriebsprüfungsbescheid vom 14.3.2007 der Beklagten lässt sich weder ein besonderer Vertrauenstatbestand herleiten noch ist es erforderlich, dass die Beklagte vor Erlass der hier im Streit stehenden Bescheide den Betriebsprüfungsbescheid vom 14.3.2007 hätte aufheben müssen. Aus diesem ergibt sich lediglich, dass für den Zeitraum vom 1.9.2003 bis zum 31.12.2006 eine Betriebsprüfung durchgeführt worden ist. Feststellungen zu der Frage der Beitragspflicht bezüglich des Differenzlohnanspruchs bzw. des "equal-pay" – Anspruchs enthält der Bescheid nicht. Er enthält schon gar keine ausdrückliche Regelung dahingehend, dass die Beitragszahlungen für CGZP-Sachverhalte rechtmäßig erfolgt sind (vgl. Bl. 61-63 der Gerichtsakte).
Nach Sinn und Zweck der Betriebsprüfung besteht darüber hinaus keine Bindungswirkung eines "Vorbescheides". Betriebsprüfungen sichern im Interesse der Versichertengemeinschaft die ordnungsgemäße Beitragsentrichtung. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung im Sinne des Schutzes der Arbeitgeber vor weitergehenden Beitragsforderungen oder der Erteilung einer "Entlastung" kommt der Betriebsprüfung nicht zu (vgl. auch: Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.7.2014, Az. S 34 R 1525/13; Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.1.2014, Az. S 16 R 4136/12). Das Gericht verweist insoweit auch auf die zutreffenden Ausführungen des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012 (Az. L 1 KR 95/12 B ER):
"Der Bescheid ist nicht wegen fehlender Ermessensausübung rechtswidrig, da entgegen der Auffassung der Antragstellerin § 45 SGB X nicht anzuwenden ist. Die Antragsgegnerin hat mit dem angegriffenen Bescheid keinen anderen Bescheid aufgehoben. Zwar hat die Antragsgegnerin bereits für einen Zeitraum, den zum Teil auch der streitgegenständliche Bescheid betrifft, einen Nachforderungsbescheid (Bescheid vom 27. Oktober 2009, geändert durch Bescheid vom 26. November 2009) gegenüber der Antragstellerin erlassen, der Bestandkraft erlangt hat. Mit diesem Bescheid hat sie jedoch nicht abschließend über die Beitragspflicht der Antragsstellerin entschieden. Vielmehr hat sie aufgrund einer "stichprobenweise durchgeführten Prüfung" Feststellungen zur Beitragspflicht wegen geringfügiger Beschäftigung getroffen. Die Anwendbarkeit der von der XY. abgeschlossenen Tarifverträge und damit die tarifvertragliche Entgelthöhe als Beitragsbemessungsgrundlage hat die Antragsgegnerin weder bei der Betriebsprüfung am 22. Oktober 2009 überprüft noch hat sie mit Bescheid vom 27. Oktober 2009 (geändert durch Bescheid vom 26. November 2009) insoweit Feststellungen getroffen. Zu einer vollständigen und abschließenden Prüfung ist die Prüfbehörde auch nicht verpflichtet (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 – B 12 AL 1/02 R). Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über eine Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen. Auch den Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 10/02 R). Gleiches gilt für die Beitragsbescheide. Daher lässt sich weder den Bescheiden noch den Prüfberichten entnehmen, dass der Arbeitgeber im Prüfzeitraum in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht beanstandungsfrei abgerechnet hat. Die Rücknahme eines vorangegangenen Bescheides ist deshalb nicht erforderlich ( ) Damit bestand für die Antragsgegnerin kein Anlass zur Rücknahme dieses Beitragsbescheides gemäß § 45 SGB X."
Diese überzeugende Auffassung ist auch vom Bundessozialgericht bestätigt worden, dass sich insbesondere auch mit der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Bayern – auf die sich die Klägerin unter anderem beruft - auseinandergesetzt hat und dieser nicht gefolgt ist. Wörtlich heißt es in dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.10.2013, Az. B 12 AL 2/11 R):
"Es ist auch nicht der vereinzelt im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl Rittweger, DB 2011, 2147 ff, unter Hinweis auf Bayerisches LSG Urteil vom 18.1.2011 - L 5 R 752/08 - Juris = ASR 2011, 250, und Bayerisches LSG Beschluss vom 7.10.2011 - L 5 R 613/11 B ER - Juris = NZS 2012, 280; kritisch - auf den Gesichtspunkt der Transparenz für die Rechtsverfolgung abhebend - auch Brand, NZS 2013, 641, 644) zu folgen, nach der zur Herstellung von "Kalkulationssicherheit bei den Arbeitgebern" in Beitragsnachforderungsfällen bei beanstandungsfreien Betriebsprüfungen ein "Bestandsschutz" für den gesamten geprüften Zeitraum und die versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Mitarbeiter angenommen werden müsse."
Vor diesem Hintergrund kann sich die Klägerin auch nicht auf die Bestandskraft früherer Betriebsprüfungsbescheide bzw. auf ein aufgrund dieser Bescheide vermeintlich entstandenes Vertrauen berufen.
(4) Die Kammer hat auch keine Bedenken, dass die Beklagte die Befugnis hatte, die Beitragsnachforderung nach § 28f SGB IV im Rahmen einer Schätzung festzusetzen.
Rechtsgrundlage für eine Schätzung ist § 28f Abs. 2 SGB IV. Danach kann der prüfende Träger der Rentenversicherung in Fällen, in denen ein Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Höhe des Arbeitsentgelts und der Beiträge nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt und festgestellt werden kann, einerseits den Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Wege eines Lohnsummenbescheides geltend machen (§ 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV), andererseits die Höhe der Arbeitsentgelte schätzen (§ 28f Abs. 2 S. 3 SGB IV).
Im vorliegenden Fall ist die Kammer der Auffassung, dass die Beklagte die Beitragsnachforderung auch in einem Summenbescheid nach § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV auf der Basis einer Schätzung des "equal-pay-Lohnes" nach § 28f Abs. 2 S. 3 SGB IV festsetzen konnte (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.05.2012, Az. L 8 R 164/12 B ER; Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 22.03.2013, Az. L 1 KR 14/13 B ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12 m.w.N.). Die Voraussetzungen für eine Schätzung liegen hier vor. Denn die Aufzeichnungspflichten umfassen nicht nur das gezahlte, sondern auch das objektiv und insoweit tatsächlich geschuldete beitragspflichtige Arbeitsentgelt, also nicht nur den tatsächlich gezahlten, sondern eben auch den "equal-pay-Lohn" (vgl. Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12). Diesen hat die Klägerin unstreitig nicht aufgezeichnet. Auf ein Verschulden seitens des Arbeitgebers kommt es hierbei nicht an (vgl. Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Kasseler Kommentar, Band 1, § 28f SGB IV m.w.N). Gegen die Höhe und die Berechnung der Beitragsnachforderungen erhebt selbst die Klägerin ausdrücklich keine Einwände. Solche sind für das Gericht auch nicht ersichtlich.
Vor dem dargelegten Hintergrund ist die Kammer der Auffassung, dass die Bescheide der Beklagten auch insoweit nicht zu beanstanden sind.
(5) Eine Verjährung der Beitragsnachforderung ist nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall auch für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 nicht eingetreten.
Gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (vgl. § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Danach sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der Verjährung nicht gegeben. Im Einzelnen:
(a) Die Verjährungsfrist beginnt unabhängig von ihrer Dauer nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Ansprüche auf Beiträge fällig geworden sind (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 25 SGB IV, Rn. 13 m.w.N.).
Bezüglich der Beiträge aus Dezember 2005 und aus dem Jahre 2006 ist im Hinblick auf den Beginn der Verjährungsfrist zu differenzieren. Denn nach der im Dezember 2005 geltenden Fassung des § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV vom 9.12.2004 wurden damals Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, am 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wurde, ausgeübt worden ist. Das bedeutet, dass die Beiträge für den Monat Dezember 2005 erst am 15.1.2006 fällig waren, so dass die Verjährungsfrist für die Beiträge aus Dezember 2005 erst am 31.12.2006 beginnt.
Für die Beiträge ab Januar 2006 gilt demgegenüber gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV in der dann geltenden Fassung vom 23.1.2006, dass Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig waren, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wurde, ausgeübt worden ist. Die Verjährungsfrist für die Beiträge aus dem Jahr 2006 begann somit ebenfalls am 31.12.2006.
(b) Vor diesem Hintergrund sind im vorliegenden Fall für die geltend gemachten Beitragsnachforderungen die Verjährungsfristen des § 25 SGB IV noch nicht abgelaufen.
Hier greift nach Auffassung der Kammer nämlich die 30 – jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV, da davon auszugehen ist, dass die Klägerin die Beiträge zumindest bedingt vorsätzlich vorenthalten hat (vgl. auch: Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.7.2014, Az. S 2 R 611/13; Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25.6.2014, Az. S 14 R 649/12).
Denn vorsätzlich in Form des bedingten Vorsatzes handelt, wer einen Erfolg für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt. Die 30-jährige Verjährung muss damit auch gegen sich gelten lassen, wer als Beitragspflichtiger seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 25 SGB IV, Rn. 28; Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.6.1990, Az. 12 RK 13/89). Dabei gilt es zu beachten, dass Vorsatz nicht schon im Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge vorliegen muss, sondern das es vielmehr ausreicht, wenn noch während des Laufs der 4-jährigen Verjährungsfrist Vorsatz eintritt (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 25 SGB IV, Rn. 29 m.w.N.).
Bei dem subjektiven Tatbestandsmerkmal des Vorsatzes muss – da ein Beitragspflichtiger in der Regel selbst nicht vortragen wird, dass er eine Beitragspflicht für möglich gehalten, jedoch unter billigender Inkaufnahme der Nichtabführung der Beiträge die Zahlung unterlassen hat - aufgrund von äußerlich erkennbarer objektiver Gegebenheiten ein Rückschluss auf subjektive Merkmale erfolgen (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 25 SGB IV, Rn. 30 m.w.N.). Dabei muss sich der Beitragspflichtige die Kenntnis nicht nur des von ihm im Betrieb eingesetzten Personals, sondern auch weiterer Personen zurechnen lassen, die er mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung betraut hat, wie etwa Steuerberater (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 25 SGB IV, Rn. 39).
Hier ist davon auszugehen, dass bei der Klägerin jedenfalls im Laufe der 4-jährigen Verjährungsfrist – also vor dem 31.12.2010 - bedingter Vorsatz vorgelegen hat, sie also vor dem 31.12.2010 die Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat.
Zwar kann sich hier die Beklagte nicht darauf berufen, dass sie die Klägerin im Dezember 2010 angeschrieben habe und die Klägerin nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 auf die Beitragspflicht aufmerksam gemacht habe. Die Klägerin hat nämlich bestritten ein solches Schreiben erhalten zu haben und die Beklagte hat sodann im weiteren Verlauf des Verfahrens auch nicht mehr behauptet, dass die Klägerin ein solches Schreiben erhalten haben soll. Jedenfalls hat sie den Nachweis für den Zugang eines solchen Schreibens nicht geführt.
Jedoch ist hier nach Auffassung der Kammer trotzdem von bedingtem Vorsatz der Klägerin auszugehen, da im vorliegenden Fall mehrere objektive Gegebenheiten vorliegen, die in der Gesamtschau einen Rückschluss auf das Bestehen eines bedingten Vorsatzes bei der Klägerin vor dem 31.12.2010 zulassen.
Denn zum einen hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 eine erhebliche Öffentlichkeitswirkung entfaltet hat, woraus teilweise schon der Rückschluss auf das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes gezogen wird. Insoweit verweist das Gericht ergänzend auf den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012 (Az. L 1 KR 95/12 B ER) und macht sich die dortigen Ausführungen zu Eigen:
"Die geltend gemachten Beitragsansprüche sind auch nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Nach S. 2 dieser Vorschrift verjähren Beiträge in 30 Jahren, wenn sie vorsätzlich vorenthalten worden sind. Dies gilt auch dann, wenn der Vorsatz zu ihrer Vorenthaltung bei Fälligkeit der Beiträge noch nicht vorlag, er aber noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist (BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99). Zudem reicht es aus, wenn der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99). Spätestens mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die umfangreich publiziert worden ist, musste die Antragstellerin davon ausgehen, dass die von der XY. abgeschlossenen Tarifverträge keine Geltung haben, die bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmern höhere Lohnansprüche haben und dementsprechend höhere Sozialversicherungsbeiträge zu leisten sind."
Darüber hinaus hat das Gericht bereits darauf hingewiesen, dass auch schon vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 in den Vorinstanzen entschieden worden war, dass die CGZP tarifunfähig ist, was bereits damals in den Jahren 2009 und 2010 zu zahlreichen Veröffentlichungen und Diskussionen – gerade in der Leiharbeitsbrache und in deren Interessensverbänden – geführt hat, so dass bereits im Jahre 2009 in Veröffentlichungen von einer "Flucht in DGB-Tarifverträge" die Rede war (vgl. insoweit die bereits zitierten Ausführungen und Nachweise im Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12).
Und schließlich ist hier nach Auffassung der Kammer ein weiterer gewichtiger Anhaltspunkt vorhanden, der den Rückschluss auf das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes zulässt. Denn im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Tarifverträge der CGZP selbst nur bis Ende 2009 angewandt und dann im weiteren Verlauf, also sogar noch vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010, von der weiteren Anwendung der CGZP-Tarifverträge Abstand genommen. Dass die Klägerin selbst Ende 2009 von der Anwendung der Tarifverträge der CGZP Abstand genommen hat, spricht nach Auffassung der Kammer aber gerade für, dass die Klägerin spätestens im Laufe des Jahres 2009 nicht mehr darauf vertraut hat, dass die Tarifverträge der CGZP wirksam sind und dass sie das Bestehen der höheren "equal-pay"-Ansprüche und einer dementsprechenden höheren Beitragspflicht für möglich erachtet hat. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass im Laufe des Jahres 2009 das Arbeitsgericht Berlin und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die Tarifunfähigkeit der CGZP bereits festgestellte hatten und die Folgen der Tarifunfähigkeit in der Branche und in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden waren.
Vor dem Hintergrund der dargelegten gewichtigen objektiven Umstände, die für einen bedingten Vorsatz der Klägerin sprechen, können auch die abstrakten Gegenargumente der Klägerin nicht überzeugen, dass die Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts erst im Laufe des Jahres 2011 veröffentlich worden sind und dass die Lage vorher unklar gewesen sei.
Daher sind nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall aufgrund des Eingreifens der 30-jährigen Verjährungsfrist die Beitragsansprüche für den Zeitraum ab Dezember 2005 nicht verjährt.
(6) Schließlich kann auch das Argument der Klägerin nicht überzeugend, dass das Verhalten der "Sozialversicherungsträger" treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich sein könnte. Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür liegen nicht vor. Auch insoweit schließt sich das Gericht den zutreffenden weiteren Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 13.3.2013, Az. 5 AZR 954/11) an:
"Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat."
Dem schließt sich das Gericht an. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf ein vermeintlich treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten eines Sozialversicherungsträgers berufen (vgl. dazu auch: Beschluss des Hessischen Landessozialgericht vom 23.04.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12).
4. Im Ergebnis bestehen somit seitens des Gerichts keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der im Streit stehenden Betriebsprüfungsbescheide der Beklagten.
Anhaltspunkte, die das Gericht zu weiteren Ermittlungen drängen müssten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage, § 103 SGG, Rn. 4ff.), liegen nicht vor. Daher war die Klage abzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, wonach der unterliegende Teil - hier die Klägerin - die Kosten des Verfahrens trägt.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte im Rahmen einer Betriebsprüfung zu Recht eine Beitragsnachforderung für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 in Höhe von 108.021,39 EUR festgesetzt hat.
Die Klägerin ist ein Unternehmen mit Sitz in E-Stadt und bietet insbesondere Leistungen der Arbeitnehmerüberlassung an. Sie wendete in der Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 Tarifverträge an, die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V (AMP) und der Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) geschlossen worden waren.
Nachdem das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) die Tarifunfähigkeit der CGZP bestätigt hatte, führte die Beklagte bei der Klägerin für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 eine Betriebsprüfung durch.
Die Beklagte hörte mit Schreiben vom 2.2.2012 dazu an, dass sie beabsichtige eine Nachforderung zur Sozialversicherung festzusetzen. Bezüglich der hier relevanten CGZP-Problematik habe man im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt, dass die Klägerin im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in der Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 gegen den Grundsatz der gleichen Bezahlung ("equal-pay") im Sinne von § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verstoßen habe. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sehe das Gebot der gleichen Bezahlung vor. Nur wenn ein Tarifvertrag existiere, der die Entlohnung der Leiharbeitnehmer regele könne von diesem Grundsatz abgewichen werden. Im Oktober 2007 sei ein Verfahren zur Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP eingeleitet worden. Das Bundesarbeitsgericht habe am 14.12.2010 die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt. Daher seien die geschlossenen Tarifverträge unwirksam. Und dies habe zur Folge, dass die betroffenen Leiharbeitnehmer der Klägerin den gleichen Lohn beanspruchen könnten, wie er in den Entleiherbetrieben für vergleichbare Arbeitnehmer gezahlt werde. Es gelte das Entstehungsprinzip. Und daher sei die Beitragsbemessungsgrundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitsentgeltanspruch der vergleichbaren Stammarbeitnehmer in den Entleiherbetrieben. Die Beklagte werde daher auf der Basis der Differenz zwischen den von der Klägerin gemeldeten Beitragsansprüchen und den Beitragsansprüchen, die für vergleichbare Stammarbeitnehmer zu zahlen gewesen wären, Beiträge nacherheben. Bei der Klägerin hätten im streitgegenständlichen Zeitraum 889 Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen. Daher habe die Beklagte die Befugnis die Arbeitsentgelte zu schätzen. Man habe Beschäftigungsgruppen nach Qualifikation und Entleiherbranchen gebildet und sämtliche Arbeitnehmer der Klägerin einer Gruppe zugeordnet. Es seien dann einzelnen Stichproben gebildet worden, für die die tatsächlichen Arbeitsentgelte vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleiher ermittelt worden seien. Hieraus habe man die prozentualen Lohnabstände für vergleichbare Stammarbeitnehmer gebildet. Und diese Durchschnittswerte seien dann auf die Leiharbeitnehmer der jeweiligen Gruppen angewendet worden. Säumniszuschläge seien nicht zu berechnen.
Die Beklagte erließ am 19.3.2012 den angekündigten Bescheid und setzte eine Beitragsnachforderung in Höhe von 108.021,39 EUR fest.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.4.2012 Widerspruch erhoben. Die Klägerin machte geltend, dass für den Zeitraum von Dezember 2005 bis einschließlich Dezember 2006 die Beitragsansprüche verjährt sein. Die 4-jährige Verjährungsfrist sei zum 31.12.2010 abgelaufen. Ein Anschreiben der Beklagten aus Dezember 2010 habe es nicht gegeben. Die Klägerin habe nicht vorsätzlich unzutreffende Meldungen getätigt. Im Übrigen habe bereits für den Zeitraum vom 1.9.2003 bis zum 31.12.2006 eine Betriebsprüfung stattgefunden. Der Bescheid vom 14.3.2007 sei bestandskräftig. Diesen habe die Beklagte nicht aufheben können. Es bestehe Vertrauensschutz. Außerdem gelte der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts nur für die Gegenwart und die Zukunft. Für die Vergangenheit könne sich die Beklagte darauf nicht berufen.
Sodann setzte die Beklagte die Vollziehung des Bescheides vom 19.3.2012 aus bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7.8.2012 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass Beitragsansprüche die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts noch nicht verjährt gewesen seien, erst in einer Frist von 30 Jahren verjähren würde. Daher könne sich die Klägerin nicht auf Verjährung berufen. Die Klägerin habe von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Kenntnis gehabt. Die Entscheidung sei öffentlichkeitswirksam publiziert worden. Da die Klägerin von der Tariföffnungsklausel Gebrauch gemacht hatte, sei ihr auch bekannt gewesen, dass höhere Lohnansprüche bestanden hätten. Daher gehe die Beklagte von bedingtem Vorsatz aus. Denn trotz Kenntnis von der Nichtigkeit der Tarifverträge habe die Klägerin nichts unternommen und die beitragsrechtlichen Auswirkungen für die zurückliegenden Zeiträume zu realisieren. Ebenso wenig könne sich die Klägerin auf einen Bestandsschutz aufgrund vorangegangener Betriebsprüfungen berufen. Die Betriebsprüfungen würden dem Interesse der Versicherungsträger dienen. Sie sollen Beitragsausfälle verhindern helfen. Sie würde nicht bezwecken, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm eine Entlastung zu erteilen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin daher nicht berufen. Darüber hinaus würde sich aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ergeben, dass die CGZP zu keinem Zeitpunkt tariffähig gewesen sei. Dies würden auch die inzwischen veröffentlichten weiteren Entscheidungen der Arbeitsgerichtsbarkeit bestätigen. An der Rechtmäßigkeit des Betriebsprüfungsbescheides sei daher nicht zu zweifeln.
Die Klägerin hat am 22.8.2012 Klage vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhoben.
Zur Klagebegründung führt die Klägerin aus, dass sie der Auffassung sei, dass die Beitragsnachforderung der Beklagten rechtswidrig sei. Sie wende sich mit der Klage nur gegen die Beitragspflicht dem Grunde nach. Hinsichtlich der Art der Beitragsermittlung und der Höhe würden ausdrücklich keine Einwände erhoben. Die Beitragsforderung sei jedoch für die Jahre 2005 und 2006 verjährt. Eine Prüfanordnung, die zur Hemmung der Verjährung hätte führen können sei erst im Jahre 2011 ergangen. Es sei kein bedingter Vorsatz eines vertretungsberechtigten Organs der Klägerin festgestellt worden. Im Übrigen habe das Bundesarbeitsgericht erst im Jahre 2012 entschieden, dass die Tariffähigkeit auch rückwirkend fehle.
Außerdem habe die Beklagte den Betriebsprüfungsbescheid vom 14.3.2007 nicht aufgehoben. Höhere Zahlungen nach dem "equal-pay"-Grundsatz habe die Klägerin nicht getätigt. Ansprüche von Arbeitnehmern seien nicht geltend gemacht worden. Ansprüche auf den Differenzlohn seien frühestens mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 entstanden. Daher komme hier nicht das Entstehungsprinzip, sondern das Zuflussprinzip zur Geltung, mit der Folge, dass Beitragsansprüche erst entstehen, wenn das "einmalige" Arbeitsentgelt ausgezahlt werde. Dies sei jedoch nicht erfolgt, so dass auch keine Beitragsansprüche entstanden seien.
Im Übrigen beruft sich die Klägerin auf Vertrauensschutz. Die Bundesagentur für Arbeit habe in der Vergangenheit selbst darauf bestanden, dass die Tarifverträge der CGZP zur Anwendung kommen würden. Das Verhalten der Sozialversicherungsträger sei rechtsmissbräuchlich. Außerdem gelte das Verbot der Rückwirkung. Dies habe zur Folge, dass für die Vergangenheit die Rechtsverhältnisse als wirksam erachtet werden müssten und lediglich für die Zukunft Beiträge geltend gemacht werden könnten. Das Bundesarbeitsgericht habe in der Entscheidung vom 14.12.2010 neue rechtliche Anforderungen an die Tariffähigkeit formuliert. Es sei zu einer Rechtsfolgenänderung für die Vergangenheit gekommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 19.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt sie aus, dass Vertrauensschutz nicht bestehe. Das Bundesarbeitsgericht habe lediglich deklaratorisch die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. Ein guter Glaube an die Tariffähigkeit eine Vereinigung bestehe nicht. Außerdem habe das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung nicht geändert. Die Entscheidung sei für die Arbeitgeber auch nicht überraschend gekommen. Schon im Jahre 2003 sei die Tariffähigkeit der CGZP in der Fachpresse umstritten gewesen. Und auch die Arbeitsgerichte hätten keinen Vertrauensschutz in ihren Entscheidungen anerkannt. Auch die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich eine Bewertung der CGZP-Tarifverträge vorgenommen. Gleiches gelte für die anderen Versicherungsträger.
Im Übrigen liege auch keine Rückwirkung der Gerichtsurteile des Bundesarbeitsgerichts vor. Die CGZP sei schlicht von Anfang an tarifunfähig gewesen. Es handle sich nicht um eine Änderung in der bisherigen Rechtsprechung. Im Übrigen hätten die Arbeitnehmer die "equal pay" - Ansprüche nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erworben. Daher seien darauf auch die Beiträge zu zahlen. Auf die vorangegangene Betriebsprüfung könne sich die Klägerin ebenfalls nicht mit Erfolg berufen.
Das Gericht hat die Bundesagentur für Arbeit sowie die betroffenen Krankenkassen und Pflegekassen beigeladen. Diese haben sich zum Rechtsstreit nicht eingelassen und stellen keinen Antrag.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I.
An der Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Die Klage wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben (vgl. §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Das Gericht ist mit Beschluss vom 16.2.2015 seiner Beiladungsverpflichtung nach § 75 Abs. 2 SGG nachgekommen, indem es die im vorliegenden Fall konkret betroffenen Kranken- und Pflegekassen, die Minijobzentrale und die Bundesagentur für Arbeit notwendig beigeladen hat. Eine Beiladung der Leiharbeitnehmer der Klägerin war im vorliegenden Fall nicht notwendig. Denn Summenbescheide ergehen – wie auch im vorliegenden Fall - nicht personenbezogen, so dass es einer Beiladung der Arbeitnehmer nicht bedurfe (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 7.2.2002, Az. B 12 KR 12/01 R).
II.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Sie verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Vielmehr hat die Beklagte im Rahmen des Betriebsprüfungsverfahrens zu Recht eine Beitragsnachforderung in Höhe von 108.021,39 EUR festgesetzt.
Im Einzelnen:
1. Rechtsgrundlage des Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten ist § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen.
Für die Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Beiträge (vgl. § 226 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) i. V. m. § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Als Arbeitsentgelt gelten nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (vgl. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Daher ist die Bemessungsgrundlage für den Beitragsanspruch nicht das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte, sondern das von ihm geschuldete Arbeitsentgelt, unabhängig von seiner arbeitsrechtlichen Durchsetzbarkeit oder Durchsetzung (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.07.2004, Az. B 12 KR 7/04 R Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER).
2. Hier geht es um die Beiträge für den sogenannten "equal-pay" – Lohnanspruch, also um die Beitragspflicht für den "Differenzlohnanspruch" der Leiharbeitnehmer der Klägerin, die sie in andere Betriebe entliehen hat. In diesem Zusammenhang ist rechtlich folgendes zu berücksichtigen:
Nach § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Soweit ein auf das Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen trifft (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 9 Nr. 2 AÜG), hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 2 AÜG hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (vgl. etwa Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 13.3.2013, Az. 5 AZR 954/11; 5 AZR 146/12; 5 AZR 424/12; Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 25.9.2013, Az.: 5 AZR 815/12; 5 AZR 939/12; 5 AZR 778/12). Die Beiträge für diesen "Differenzlohn" stehen hier im Streit.
3. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben ist die Kammer der Auffassung, dass die angegriffenen Betriebsprüfungsbescheide der Beklagten rechtmäßig sind. Die Einwände der Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Betriebsprüfungsbescheide der Beklagten vermögen nicht zu überzeugen (vgl. etwa auch: Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 12.06.2014, Az. L 1 KR 150/14 B ER; Beschluss des Hessischen Landessozialgericht vom 23.04.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER; Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 22. April 2014, Az: S 18 KR 139/14 ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Beschluss des Sozialgerichts Fulda vom 23.8.2012, Az. S 3 R 167/12 ER).
Im Einzelnen:
(1) Der von der Beklagten erhobene Nachforderungsanspruch hängt zunächst davon ab, dass die von der CGZP geschlossenen Tarifverträge auch für die Vergangenheit bzw. im hier streitigen Zeitraum unwirksam waren. Dies wurde vom Bundesarbeitsgericht jedoch bereits in zahlreichen Entscheidungen bestätigt (vgl. etwa Beschlüsse vom 22./23.05.2012, Az. 1 ABN 27/12, Az. 1 AZB 67/11 und Az. 1 AZB 58/11 sowie die Entscheidungen vom 13.03.2013, Az. 5 AZR 954/11, 5 AZR 146/12, 5 AZR 242/12, 5 AZR 294/12 und 5 AZR 424/12 und die Entscheidungen vom 25.9.2013, Az. 5 AZR 815/12; 5 AZR 939/12; 5 AZR 778/12). Beispielhaft heißt es in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die mit dem Az. 5 AZR 954/11 ergangen ist, wörtlich:
"Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7)."
Diese arbeitsrechtliche Vorfrage ist nicht nur durch die zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, sondern auch durch die vorangegangenen Entscheidungen (vgl. Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30.06.2011, Az. 8 Sa 387/11; Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20.09.2011, Az. 7 Sa 1318/11; Beschluss des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 02.11.2011, 4 Ta 130/11; Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012, Az. 24 TaBV 1285/11) aus der Arbeitsgerichtsbarkeit geklärt (vgl. dazu auch: Beschluss des Hessischen Landessozialgericht vom 23.04.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12).
Vor diesem Hintergrund hält das Gericht die Rechtsauffassung der Beklagten für zutreffend. Das Fehlen der Tariffähigkeit der CGZP hat zur Folge, dass die getroffenen Tarifvereinbarungen rechtsunwirksam sind, was bedeutet, dass die Tarifverträge der CGZP von Anfang an nicht die nach ihrem Inhalt bezweckten Rechtswirkungen entfalten konnten, da der Fehler von Anfang an bestand. Eine Abweichung vom "equal-pay" – Grundsatz ist daher im vorliegenden Fall auch im Zeitraum zwischen dem 1.12.2005 und dem 31.12.2009 nicht möglich gewesen (vgl. dazu Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER). Daher haben die Arbeitnehmer der Klägerin bereits im Zeitraum von 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 einen Anspruch auf den Differenzlohn erworben (vgl. dazu: Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13.3.2013, Az. 5 AZR 242/12).
Darauf, dass die Arbeitnehmer der Klägerin ihre Ansprüche gegenüber der Klägerin nicht geltend gemacht haben bzw. nicht durchgesetzt haben, wie die Klägerin behauptet, kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich an, da Bemessungsgrundlage für den Beitragsanspruch nicht das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte, sondern gerade das von ihm geschuldete Arbeitsentgelt ist, und zwar unabhängig von seiner arbeitsrechtlichen Durchsetzbarkeit oder Durchsetzung (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.07.2004, Az. B 12 KR 7/04 R; Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER). Somit vermag die Argumentation der Klägerin gerade nicht zu überzeugen, dass der "Differenzlohnanspruch" der Leiharbeitnehmer frühestens mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) entstanden seinen könne und dass es sich daher allenfalls um ein einmaliges Arbeitsentgelt handele (für dass das Zuflussprinzip gelte). Dies trifft nicht zu.
Dies gilt umso mehr, als die Argumentation der Klägerin nicht nachvollziehbar ist, dass Klagen der Arbeitnehmer auf den "equal-pay"-Lohn vor dem 14.12.2010 von den Arbeitsgerichten zwingend abgewiesen worden wären. Dies ist in keinster Weise nachvollziehbar, da die Frage der Tariffähigkeit der CGZP – wie auch die Klägerin einräumt – bereits vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 umstritten war und bereits die Vorinstanzen die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt hatten (vgl. Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7.12.2009, Az. 23 TaBV 1016/09; Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 1.4.2009, Az. 35 BV 17008/08). Das die Auffassung der Klägerin (wonach Klage vor der Arbeitsgerichtsbarkeit vor dem 14.12.2010 zwingend abgewiesen worden wären) nicht haltbar ist, ergibt sich auch aus folgenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 17.12.2014 (Az. 5 AZR 8/13):
"Dem Kläger war eine Klage auf gleiches Arbeitsentgelt vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die fehlende Tariffähigkeit der CGZP auch nicht unzumutbar. Eine solche hätte hinreichende Erfolgsaussicht gehabt (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 424/12 - Rn. 27 ff., BAGE 144, 322; 20. November 2013 - 5 AZR 776/12 - Rn. 14 ff.).
Nach einer von Schüren an allen deutschen Arbeitsgerichten durchgeführten Befragung, an der sich 83 % der Arbeitsgerichte beteiligten (Stand: August 2007), bezweifelten Arbeitsgerichte in Deutschland seit 2003 nahezu ausnahmslos die Tariffähigkeit der CGZP. Leiharbeitnehmer, die den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt einklagten, hatten damit regelmäßig ganz oder teilweise Erfolg, nur eine einzige Klage wurde abgewiesen (Schüren NZA 2007, 1213). Auch im Schrifttum ist die Tariffähigkeit der CGZP seit deren erstem Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und ihr der Vorwurf gemacht worden, Leiharbeitsunternehmen mit "billigen" Tarifverträgen "zu versorgen" (vgl. nur Ankersen NZA 2003, 421; Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN)."
Im Ergebnis verhält es sich im vorliegenden Fall so, dass aus den dargelegten Gründen das Entstehungsprinzip gilt, wonach die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (vgl. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB IV; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.7.2014, Az. S 2 R 611/13); hier somit bereits in der Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009. Für das Zuflussprinzip ist daher im vorliegenden Fall kein Raum. Daher ist die Kammer der Auffassung, dass die Beklagte zu Recht auf den Differenzlohn Beitragsansprüche für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 erhoben hat.
(2) Demgegenüber kann sich die Beklagte nach Auffassung des Gerichts nicht unter Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes bzw. nicht unter Berufung auf die Grundrechte und dabei insbesondere nicht unter Berufung auf das Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG) gegen die Beitragsnacherhebung zur Wehr setzen (vgl. Beschluss des Hessischen Landessozialgericht vom 23.04.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.7.2014, Az. S 2 R 611/13; Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.2014, Az. S 22 R 898/12; Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.1.2014, Az. S 16 R 4136/12). Denn:
(a) Zunächst kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie hier von einer Rechtsprechungsänderung durch das Bundesarbeitsgericht überrascht worden sei. Denn nach Auffassung der Kammer ist in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 gerade keine Rechtsprechungsänderung zu sehen (vgl. dazu auch: Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.7.2014, Az. S 2 R 611/13; Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.2014, Az. S 22 R 898/12; Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25.6.2014, Az. S 14 R 649/12). Das hat das Bundesarbeitsgericht selbst in der Entscheidung vom 13.3.2013 (Az. 5 AZR 954/11) ausdrücklich und überzeugend ausgeführt. Das Gericht nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts Bezug:
"Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen (BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. ( ) Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen"
Dagegen vermag die Klägerin auch nicht mit Erfolg einzuwenden, dass das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 14.12.2010 neue Anforderungen an die Tariffähigkeit entwickelt habe. Denn bei dieser Argumentation blendet die Klägerin aus, dass bereits zuvor die Vorinstanz – also das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – in der Entscheidung vom 7.12.2009 (Az. 23 TaBV 1016/09) ausdrücklich festgestellt hat:
"Es wird festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft C. Gewerkschaften für Z. und P. nicht tariffähig ist." (zitiert nach juris)
Und auch schon die erste Instanz (Arbeitsgericht Berlin) hatte im Beschluss vom 1.4.2009 (Az. 35 BV 17008/08) entschieden:
Tenor:
"Auf den Antrag der Beteiligten zu 2) wird festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen nicht tariffähig ist." (zitiert nach juris)
Von einer grundrechtsverletzenden Rechtsprechungsänderung kann im vorliegenden Fall somit keine Rede sein. Jedenfalls ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass hier das Bundesarbeitsgericht eine solche grundrechtsrelevante Rechtsprechungsänderung am 14.12.2010 vorgenommen hat. Selbst wenn das Bundesarbeitsgericht in dem Beschluss vom 14.12.2010 "neue Anforderungen an die Tariffähigkeit" entwickelt haben sollte, so ist in keinster Weise ersichtlich, dass das Ergebnis der Entscheidung vollkommen überraschen wäre und dass insoweit eine Änderung der Rechtsprechung erfolgt sei. Denn es gab gerade keine Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, in der die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt worden ist und bereits die Vorinstanzen hatten ja gerade schon die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt. Auf die Argumentation der Klägerin kann es hier somit gerade nicht ankommen. Ein vermeintliches Vertrauen der Klägerin in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13.3.2013, Az. 5 AZR 954/11; Beschluss des Hessischen Landessozialgericht vom 23.04.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.2014, Az. S 22 R 898/12).
(b) Im Übrigen verkennt die Klägerin in ihrer Argumentation – selbst wenn man in dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 eine rückwirkende Rechtsprechungsänderung erkennen wollte (was die Kammer aus den dargelegten Gründen nicht so sieht) -, dass die aus den "Grundsätzen des Verbots der Rückwirkung belastender Gesetze und des Vertrauensschutzes" sich ergebenden Folgerungen auf Änderungen der Rechtsprechung nicht ohne weiteres übertragen werden können.
Denn die Gerichte können nicht schlechthin an eine einmal feststehende Rechtsprechung gebunden sein. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen kann in der Regel nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen (vgl. hierzu mit weiteren Nachweisen: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Art. 20 GG, Rn. 1741). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass etwa in dem Beschluss vom 15.1.2009 (Az. 2 BvR 2044/07) dazu ausgeführt hat:
"Die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfGE 84, 212 (227 f.); BVerfGK 4, 12 (15); auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1926/07 -, juris). Soweit durch gefestigte Rechtsprechung ein Vertrauenstatbestand begründet wurde, kann diesem erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung getragen werden."
Auch vor diesem Hintergrund vermag die Argumentation der Klägerin nicht zu überzeugen. Denn ein geschütztes Vertrauen der Klägerin in eine "gefestigten und langjährigen Rechtsprechung" ist im vorliegenden Fall erst recht nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Die Auffassung der Klägerin, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 daher "ähnlich hart wirke wie eine Gesetzesänderung" ist daher – gerade vor dem Hintergrund, dass die Frage der Tariffähigkeit der CGZP schon lange umstritten war und das die Vorinstanzen bereits im Jahre 2009 die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt hatten - in keinster Weise nachzuvollziehen. Auf eine umstrittene völlig ungeklärte Rechtsfrage konnte die Klägerin daher nach Auffassung der Kammer gerade nicht vertrauen, etwa in der Hoffnung, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung diese Rechtsfrage in ihrem Sinne entscheiden werde (vgl. Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12) Das hier in eine verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition eingegriffen worden ist, ist im vorliegenden Fall somit gerade nicht zu erkennen. Eine grundrechtsrelevante Rückwirkung liegt hier gerade nicht vor (vgl. Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15.5.2014, Az. S 15 KR 817/12).
(c) Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Verweis der Klägerin auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18.11.1980 (Az. 12 KR 59/79). In dieser Entscheidung hat das Bundessozialgericht zwar ausgeführt, dass ein Arbeitgeber im Falle einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung Beiträge für bestimmte Arbeitnehmerbezüge - die nach der bisherigen Rechtsprechung beitragsfrei waren - aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht rückwirkend zahlen muss. Jedoch ist dies mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Denn es gab hier gerade keine Rechtsprechung, wonach auf den "Differenzlohn" zwischen dem tatsächlich gezahltem Lohn und dem "equal-pay"-Anspruch keine Beiträge zu zahlen gewesen wären. Eine Rechtsprechungsänderung im Bereich des Beitragsrechts gab es somit gerade nicht. Insoweit verweist das Gericht auch auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER) und schließt sich diesen Ausführungen inhaltlich an:
"Der Beitragsnachforderung stehen auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen.
Hat ein Arbeitgeber aufgrund einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung Beiträge für bestimmte Arbeitnehmerbezüge abzuführen, die nach der bisherigen Rechtsprechung beitragsfrei waren, so ist die geänderte Rechtsprechung aus Gründen des Vertrauensschutzes für den Arbeitgeber grundsätzlich nicht rückwirkend anzuwenden (BSG, Urteil vom 18. November 1980 – 12 RK 59/79). Dieser Grundsatz ist auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts und damit den hier vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung zum Beitragsrecht liegt nicht vor. Ob mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eine Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Tariffähigkeit von Vereinigungen erfolgt ist, ist zu bezweifeln. Die XY. ist zuvor vom Bundesarbeitsgericht nicht als tariffähig beurteilt worden. Zudem wird der gute Glaube in die Tariffähigkeit einer Vereinigung nicht geschützt (BAG, Urteil vom 15. November 2006 – 10 AZR 665/05 - mwN). Darüber hinaus hat eine gerichtliche Entscheidung zur Tariffähigkeit nur deklaratorische Wirkung."
(d) Ebenso wenig vermag die Argumentation der Klägerin zu überzeugen, dass im vorliegenden Fall die Regeln der "fehlerhaften Gesellschaft" oder des "fehlerhaften Arbeitsverhältnisses" aus Vertrauensschutzgründen greifen müssten, so dass die Regelungen des AÜG erst ab dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 greifen könnten. Auch hier verkennt die Klägerin, dass der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 nur deklaratorische Wirkung hatte und dass die von ihr herangezogenen Grundsätze auf den vorliegenden Fall gerade nicht passen. Die Kammer verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in dem Urteil vom 13. 3.2013 (Az. 5 AZR 242/12) und macht sich diese zu Eigen:
"Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein."
(e) Es ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin im vorliegenden Fall tatsächlich darauf vertrauen konnte bzw. darauf vertraut hat, dass die CGZP tariffähig ist. Denn wie die Beklagte zutreffend ausführt, war die Frage der Tariffähigkeit der CGZP bereits seit langem umstritten. Wie bereits dargestellt gab es bereits seit langem gerichtliche Verfahren und auch in der Fachpresse war die Problematik diskutiert worden. Insoweit verweist das Gericht auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Kassel im Urteil vom 4.9.2013 (Az. S 12 KR 246/12):
"Dafür, dass die Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 die Klägerin insoweit - auch beitragsrechtlich - unvorbereitet getroffen hätte, spricht nach alledem nichts.
( ... )
Insoweit waren der gesamten Leiharbeitsbranche die möglichen, auch beitragsrechtlichen Auswirkungen der als Damoklesschwert gehandelten anstehenden BAG-Entscheidung im Jahr 2010 mehr als bewusst (vgl. hierzu Brors, Zur Entscheidung über die Tarif(un)fähigkeit der CGZP, AuR 2010, 406ff.) und wurden nicht nur dort gerichtsbekannt auch bereits seit Jahren breitgefächert diskutiert.
So berichtet z.B. der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen eV. (iGZ) als nach seinem Internetauftritt mitgliedsstärkster Arbeitgeberverband der Zeitarbeitsbranche bereits am 24.06.2009 (siehe http://ig-zeitarbeit.de/node/2546) von einer wachsenden Unruhe bei betroffenen Zeitarbeitsfirmen, einem bevorstehenden "ungemütlichen Herbst" sowie einer hierauf beruhenden Flucht in DGB-Tarifverträge infolge des Beschlusses des ArbG Berlin vom 01.04.2009, 35 BV 17008/08, der dem o.a. Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009, 23 TaBV 1016/09 erstinstanzlich vorausgegangen war. Unmittelbar im Anschluss an den Beschluss vom 01.04.2009 wird dabei unter Berufung auf das HANDELSBLATT vom vorgenannten Verband sogar eine drohende Pleitewelle für CGZP-Tarifanwender diskutiert (vgl. http://ig-zeitarbeit.de/artikel/182) und am 17.04.2009 die Empfehlung ausgesprochen, CGZP-Tarifverträge zu meiden (siehe http://ig-zeitarbeit.de/artikel/236). Am 07.05.2009 wird dann unter Hinweis auf eine Sendung des ARD-Magazins "Panorama" vom selben Tag über Zeitarbeitsfirmen infolge des Beschlusses des ArbG Berlin drohenden Milliardenforderungen berichtet (vgl. http://ig-zeitarbeit.de/artikel/440), wobei sämtlichen dieser Nachrichten nicht nur mögliche Lohnnachzahlungen, sondern auch und gerade im Raum stehende, nachzuzahlende Sozialversicherungsbeiträge zugrunde liegen.
In einer Veröffentlichung vom Dezember 2009 heißt es in der Zusammenfassung insoweit wörtlich (vgl. http://ig-zeitarbeit.de/system/files/Auswirkungen-Feststellung-Tarifunfaehigkeit-CGZP.pdf):
"Im Falle der rechtskräftig festgestellten Tarifunfähigkeit der CGZP sind sämtliche mit der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge von Anfang an unwirksam. Das hätte nach dem System des AÜG die Geltung des Gleichbehandlungsprinzips zur Folge. Die Zeitarbeitnehmer, in deren Arbeitsvertrag ein mit dem CGZP abgeschlossener Tarifvertrag einbezogen wurde, könnten deshalb den Differenzbetrag zwischen der unwirksamen Tarifvergütung und dem vergleichbaren Arbeitsentgelt im Kundenbetrieb fordern und gegebenenfalls einklagen. Die Ansprüche könnten rückwirkend bis zur Grenze der Verjährung eingefordert werden. Es ist eher unwahrscheinlich, dass diesen rückwirkenden Ansprüchen Ausschlussfristen oder Vertrauensschutzaspekte entgegengehalten werden könnten. Es beständen auch Nachzahlungsansprüche der Sozialversicherung, da lediglich Beiträge auf Grundlage der unwirksamen Tarifvergütung gezahlt wurden. Diese Ansprüche verjähren in vier Jahren. Der Kunde haftet für diese Sozialversicherungsbeiträge, wenn sie beim Zeitarbeitsunternehmen erfolglos eingefordert wurden. Die Sozialversicherung kann, ohne zuvor das Zeitarbeitsunternehmen verklagen zu müssen, das Kundenunternehmen dafür in Haftung nehmen, wenn nach Mahnung und erfolglosem Fristablauf das Zeitarbeitsunternehmen nicht gezahlt hat."
Selbst der damalige Bundesarbeitsminister hatte insoweit dann bereits im Mai 2009 gegenüber den Medien in Presse und Rundfunk wiederholt entsprechende Konsequenzen aus dem Beschluss des ArbG Berlin im Rahmen der damaligen politischen Mindestlohndebatte öffentlich in den Raum gestellt (vgl. u.a. http://ig-zeitarbeit.de/artikel/1830)."
Von einem geschützten Vertrauen der Klägerin auf die Tariffähigkeit der CGZP kann vor dem dargelegten Hintergrund keine Rede sein, zumal die Klägerin selbst im Jahre 2009 – also vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 – schon davon Abstand genommen hatte, die Tarifverträge der CGZP anzuwenden.
Im Ergebnis kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die Grundsätze des Vertrauensschutzes berufen.
(3) Auch die weitere Argumentation der Klägerin vermag das Gericht nicht zu überzeugen. Aus dem Verhalten der Beklagten im Rahmen von früheren Betriebsprüfungen lassen sich keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Bescheide entnehmen.
Insbesondere stehen – entgegen der Auffassung der Klägerin - der Rechtmäßigkeit des Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten die Voraussetzungen des § 45 SGB X nicht entgegen (vgl. Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21.10.2014, Az. S 22 R 898/12; Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 15.5.2013, Az. S 15 KR 817/12).
Denn aus dem Betriebsprüfungsbescheid vom 14.3.2007 der Beklagten lässt sich weder ein besonderer Vertrauenstatbestand herleiten noch ist es erforderlich, dass die Beklagte vor Erlass der hier im Streit stehenden Bescheide den Betriebsprüfungsbescheid vom 14.3.2007 hätte aufheben müssen. Aus diesem ergibt sich lediglich, dass für den Zeitraum vom 1.9.2003 bis zum 31.12.2006 eine Betriebsprüfung durchgeführt worden ist. Feststellungen zu der Frage der Beitragspflicht bezüglich des Differenzlohnanspruchs bzw. des "equal-pay" – Anspruchs enthält der Bescheid nicht. Er enthält schon gar keine ausdrückliche Regelung dahingehend, dass die Beitragszahlungen für CGZP-Sachverhalte rechtmäßig erfolgt sind (vgl. Bl. 61-63 der Gerichtsakte).
Nach Sinn und Zweck der Betriebsprüfung besteht darüber hinaus keine Bindungswirkung eines "Vorbescheides". Betriebsprüfungen sichern im Interesse der Versichertengemeinschaft die ordnungsgemäße Beitragsentrichtung. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung im Sinne des Schutzes der Arbeitgeber vor weitergehenden Beitragsforderungen oder der Erteilung einer "Entlastung" kommt der Betriebsprüfung nicht zu (vgl. auch: Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.7.2014, Az. S 34 R 1525/13; Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.1.2014, Az. S 16 R 4136/12). Das Gericht verweist insoweit auch auf die zutreffenden Ausführungen des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012 (Az. L 1 KR 95/12 B ER):
"Der Bescheid ist nicht wegen fehlender Ermessensausübung rechtswidrig, da entgegen der Auffassung der Antragstellerin § 45 SGB X nicht anzuwenden ist. Die Antragsgegnerin hat mit dem angegriffenen Bescheid keinen anderen Bescheid aufgehoben. Zwar hat die Antragsgegnerin bereits für einen Zeitraum, den zum Teil auch der streitgegenständliche Bescheid betrifft, einen Nachforderungsbescheid (Bescheid vom 27. Oktober 2009, geändert durch Bescheid vom 26. November 2009) gegenüber der Antragstellerin erlassen, der Bestandkraft erlangt hat. Mit diesem Bescheid hat sie jedoch nicht abschließend über die Beitragspflicht der Antragsstellerin entschieden. Vielmehr hat sie aufgrund einer "stichprobenweise durchgeführten Prüfung" Feststellungen zur Beitragspflicht wegen geringfügiger Beschäftigung getroffen. Die Anwendbarkeit der von der XY. abgeschlossenen Tarifverträge und damit die tarifvertragliche Entgelthöhe als Beitragsbemessungsgrundlage hat die Antragsgegnerin weder bei der Betriebsprüfung am 22. Oktober 2009 überprüft noch hat sie mit Bescheid vom 27. Oktober 2009 (geändert durch Bescheid vom 26. November 2009) insoweit Feststellungen getroffen. Zu einer vollständigen und abschließenden Prüfung ist die Prüfbehörde auch nicht verpflichtet (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 – B 12 AL 1/02 R). Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über eine Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen. Auch den Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 10/02 R). Gleiches gilt für die Beitragsbescheide. Daher lässt sich weder den Bescheiden noch den Prüfberichten entnehmen, dass der Arbeitgeber im Prüfzeitraum in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht beanstandungsfrei abgerechnet hat. Die Rücknahme eines vorangegangenen Bescheides ist deshalb nicht erforderlich ( ) Damit bestand für die Antragsgegnerin kein Anlass zur Rücknahme dieses Beitragsbescheides gemäß § 45 SGB X."
Diese überzeugende Auffassung ist auch vom Bundessozialgericht bestätigt worden, dass sich insbesondere auch mit der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Bayern – auf die sich die Klägerin unter anderem beruft - auseinandergesetzt hat und dieser nicht gefolgt ist. Wörtlich heißt es in dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 30.10.2013, Az. B 12 AL 2/11 R):
"Es ist auch nicht der vereinzelt im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl Rittweger, DB 2011, 2147 ff, unter Hinweis auf Bayerisches LSG Urteil vom 18.1.2011 - L 5 R 752/08 - Juris = ASR 2011, 250, und Bayerisches LSG Beschluss vom 7.10.2011 - L 5 R 613/11 B ER - Juris = NZS 2012, 280; kritisch - auf den Gesichtspunkt der Transparenz für die Rechtsverfolgung abhebend - auch Brand, NZS 2013, 641, 644) zu folgen, nach der zur Herstellung von "Kalkulationssicherheit bei den Arbeitgebern" in Beitragsnachforderungsfällen bei beanstandungsfreien Betriebsprüfungen ein "Bestandsschutz" für den gesamten geprüften Zeitraum und die versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Mitarbeiter angenommen werden müsse."
Vor diesem Hintergrund kann sich die Klägerin auch nicht auf die Bestandskraft früherer Betriebsprüfungsbescheide bzw. auf ein aufgrund dieser Bescheide vermeintlich entstandenes Vertrauen berufen.
(4) Die Kammer hat auch keine Bedenken, dass die Beklagte die Befugnis hatte, die Beitragsnachforderung nach § 28f SGB IV im Rahmen einer Schätzung festzusetzen.
Rechtsgrundlage für eine Schätzung ist § 28f Abs. 2 SGB IV. Danach kann der prüfende Träger der Rentenversicherung in Fällen, in denen ein Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Höhe des Arbeitsentgelts und der Beiträge nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt und festgestellt werden kann, einerseits den Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Wege eines Lohnsummenbescheides geltend machen (§ 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV), andererseits die Höhe der Arbeitsentgelte schätzen (§ 28f Abs. 2 S. 3 SGB IV).
Im vorliegenden Fall ist die Kammer der Auffassung, dass die Beklagte die Beitragsnachforderung auch in einem Summenbescheid nach § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV auf der Basis einer Schätzung des "equal-pay-Lohnes" nach § 28f Abs. 2 S. 3 SGB IV festsetzen konnte (vgl. Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.05.2012, Az. L 8 R 164/12 B ER; Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 22.03.2013, Az. L 1 KR 14/13 B ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12 m.w.N.). Die Voraussetzungen für eine Schätzung liegen hier vor. Denn die Aufzeichnungspflichten umfassen nicht nur das gezahlte, sondern auch das objektiv und insoweit tatsächlich geschuldete beitragspflichtige Arbeitsentgelt, also nicht nur den tatsächlich gezahlten, sondern eben auch den "equal-pay-Lohn" (vgl. Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12). Diesen hat die Klägerin unstreitig nicht aufgezeichnet. Auf ein Verschulden seitens des Arbeitgebers kommt es hierbei nicht an (vgl. Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Kasseler Kommentar, Band 1, § 28f SGB IV m.w.N). Gegen die Höhe und die Berechnung der Beitragsnachforderungen erhebt selbst die Klägerin ausdrücklich keine Einwände. Solche sind für das Gericht auch nicht ersichtlich.
Vor dem dargelegten Hintergrund ist die Kammer der Auffassung, dass die Bescheide der Beklagten auch insoweit nicht zu beanstanden sind.
(5) Eine Verjährung der Beitragsnachforderung ist nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall auch für den Zeitraum vom 1.12.2005 bis zum 31.12.2009 nicht eingetreten.
Gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in 4 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (vgl. § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Danach sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der Verjährung nicht gegeben. Im Einzelnen:
(a) Die Verjährungsfrist beginnt unabhängig von ihrer Dauer nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Ansprüche auf Beiträge fällig geworden sind (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 25 SGB IV, Rn. 13 m.w.N.).
Bezüglich der Beiträge aus Dezember 2005 und aus dem Jahre 2006 ist im Hinblick auf den Beginn der Verjährungsfrist zu differenzieren. Denn nach der im Dezember 2005 geltenden Fassung des § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV vom 9.12.2004 wurden damals Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, am 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wurde, ausgeübt worden ist. Das bedeutet, dass die Beiträge für den Monat Dezember 2005 erst am 15.1.2006 fällig waren, so dass die Verjährungsfrist für die Beiträge aus Dezember 2005 erst am 31.12.2006 beginnt.
Für die Beiträge ab Januar 2006 gilt demgegenüber gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV in der dann geltenden Fassung vom 23.1.2006, dass Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig waren, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wurde, ausgeübt worden ist. Die Verjährungsfrist für die Beiträge aus dem Jahr 2006 begann somit ebenfalls am 31.12.2006.
(b) Vor diesem Hintergrund sind im vorliegenden Fall für die geltend gemachten Beitragsnachforderungen die Verjährungsfristen des § 25 SGB IV noch nicht abgelaufen.
Hier greift nach Auffassung der Kammer nämlich die 30 – jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV, da davon auszugehen ist, dass die Klägerin die Beiträge zumindest bedingt vorsätzlich vorenthalten hat (vgl. auch: Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12; Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 15.7.2014, Az. S 2 R 611/13; Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25.6.2014, Az. S 14 R 649/12).
Denn vorsätzlich in Form des bedingten Vorsatzes handelt, wer einen Erfolg für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt. Die 30-jährige Verjährung muss damit auch gegen sich gelten lassen, wer als Beitragspflichtiger seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 25 SGB IV, Rn. 28; Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.6.1990, Az. 12 RK 13/89). Dabei gilt es zu beachten, dass Vorsatz nicht schon im Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge vorliegen muss, sondern das es vielmehr ausreicht, wenn noch während des Laufs der 4-jährigen Verjährungsfrist Vorsatz eintritt (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 25 SGB IV, Rn. 29 m.w.N.).
Bei dem subjektiven Tatbestandsmerkmal des Vorsatzes muss – da ein Beitragspflichtiger in der Regel selbst nicht vortragen wird, dass er eine Beitragspflicht für möglich gehalten, jedoch unter billigender Inkaufnahme der Nichtabführung der Beiträge die Zahlung unterlassen hat - aufgrund von äußerlich erkennbarer objektiver Gegebenheiten ein Rückschluss auf subjektive Merkmale erfolgen (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 25 SGB IV, Rn. 30 m.w.N.). Dabei muss sich der Beitragspflichtige die Kenntnis nicht nur des von ihm im Betrieb eingesetzten Personals, sondern auch weiterer Personen zurechnen lassen, die er mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung betraut hat, wie etwa Steuerberater (vgl. jurisPraxiskommentar, 2. Auflage, § 25 SGB IV, Rn. 39).
Hier ist davon auszugehen, dass bei der Klägerin jedenfalls im Laufe der 4-jährigen Verjährungsfrist – also vor dem 31.12.2010 - bedingter Vorsatz vorgelegen hat, sie also vor dem 31.12.2010 die Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat.
Zwar kann sich hier die Beklagte nicht darauf berufen, dass sie die Klägerin im Dezember 2010 angeschrieben habe und die Klägerin nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 auf die Beitragspflicht aufmerksam gemacht habe. Die Klägerin hat nämlich bestritten ein solches Schreiben erhalten zu haben und die Beklagte hat sodann im weiteren Verlauf des Verfahrens auch nicht mehr behauptet, dass die Klägerin ein solches Schreiben erhalten haben soll. Jedenfalls hat sie den Nachweis für den Zugang eines solchen Schreibens nicht geführt.
Jedoch ist hier nach Auffassung der Kammer trotzdem von bedingtem Vorsatz der Klägerin auszugehen, da im vorliegenden Fall mehrere objektive Gegebenheiten vorliegen, die in der Gesamtschau einen Rückschluss auf das Bestehen eines bedingten Vorsatzes bei der Klägerin vor dem 31.12.2010 zulassen.
Denn zum einen hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 eine erhebliche Öffentlichkeitswirkung entfaltet hat, woraus teilweise schon der Rückschluss auf das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes gezogen wird. Insoweit verweist das Gericht ergänzend auf den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23.4.2012 (Az. L 1 KR 95/12 B ER) und macht sich die dortigen Ausführungen zu Eigen:
"Die geltend gemachten Beitragsansprüche sind auch nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Nach S. 2 dieser Vorschrift verjähren Beiträge in 30 Jahren, wenn sie vorsätzlich vorenthalten worden sind. Dies gilt auch dann, wenn der Vorsatz zu ihrer Vorenthaltung bei Fälligkeit der Beiträge noch nicht vorlag, er aber noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist (BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99). Zudem reicht es aus, wenn der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99). Spätestens mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die umfangreich publiziert worden ist, musste die Antragstellerin davon ausgehen, dass die von der XY. abgeschlossenen Tarifverträge keine Geltung haben, die bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmern höhere Lohnansprüche haben und dementsprechend höhere Sozialversicherungsbeiträge zu leisten sind."
Darüber hinaus hat das Gericht bereits darauf hingewiesen, dass auch schon vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 in den Vorinstanzen entschieden worden war, dass die CGZP tarifunfähig ist, was bereits damals in den Jahren 2009 und 2010 zu zahlreichen Veröffentlichungen und Diskussionen – gerade in der Leiharbeitsbrache und in deren Interessensverbänden – geführt hat, so dass bereits im Jahre 2009 in Veröffentlichungen von einer "Flucht in DGB-Tarifverträge" die Rede war (vgl. insoweit die bereits zitierten Ausführungen und Nachweise im Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12).
Und schließlich ist hier nach Auffassung der Kammer ein weiterer gewichtiger Anhaltspunkt vorhanden, der den Rückschluss auf das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes zulässt. Denn im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Tarifverträge der CGZP selbst nur bis Ende 2009 angewandt und dann im weiteren Verlauf, also sogar noch vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010, von der weiteren Anwendung der CGZP-Tarifverträge Abstand genommen. Dass die Klägerin selbst Ende 2009 von der Anwendung der Tarifverträge der CGZP Abstand genommen hat, spricht nach Auffassung der Kammer aber gerade für, dass die Klägerin spätestens im Laufe des Jahres 2009 nicht mehr darauf vertraut hat, dass die Tarifverträge der CGZP wirksam sind und dass sie das Bestehen der höheren "equal-pay"-Ansprüche und einer dementsprechenden höheren Beitragspflicht für möglich erachtet hat. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass im Laufe des Jahres 2009 das Arbeitsgericht Berlin und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die Tarifunfähigkeit der CGZP bereits festgestellte hatten und die Folgen der Tarifunfähigkeit in der Branche und in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden waren.
Vor dem Hintergrund der dargelegten gewichtigen objektiven Umstände, die für einen bedingten Vorsatz der Klägerin sprechen, können auch die abstrakten Gegenargumente der Klägerin nicht überzeugen, dass die Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts erst im Laufe des Jahres 2011 veröffentlich worden sind und dass die Lage vorher unklar gewesen sei.
Daher sind nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall aufgrund des Eingreifens der 30-jährigen Verjährungsfrist die Beitragsansprüche für den Zeitraum ab Dezember 2005 nicht verjährt.
(6) Schließlich kann auch das Argument der Klägerin nicht überzeugend, dass das Verhalten der "Sozialversicherungsträger" treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich sein könnte. Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür liegen nicht vor. Auch insoweit schließt sich das Gericht den zutreffenden weiteren Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 13.3.2013, Az. 5 AZR 954/11) an:
"Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der CGZP bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat."
Dem schließt sich das Gericht an. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf ein vermeintlich treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten eines Sozialversicherungsträgers berufen (vgl. dazu auch: Beschluss des Hessischen Landessozialgericht vom 23.04.2012, Az. L 1 KR 95/12 B ER; Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 4.9.2013, Az. S 12 KR 246/12).
4. Im Ergebnis bestehen somit seitens des Gerichts keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der im Streit stehenden Betriebsprüfungsbescheide der Beklagten.
Anhaltspunkte, die das Gericht zu weiteren Ermittlungen drängen müssten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage, § 103 SGG, Rn. 4ff.), liegen nicht vor. Daher war die Klage abzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, wonach der unterliegende Teil - hier die Klägerin - die Kosten des Verfahrens trägt.
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