L 1 KR 291/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 111 KR 1223/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 291/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 75/15 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer abhängigen Beschäftigung eines Kommanditisten durch seine KG
Bemerkung
BSG: Beschwerde - Beschluss (-)
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. August 2013 wird zurückgewiesen. Die Klägerin zu 1) hat die Kosten des Verfahrens für ihre Klage zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben. Außergerichtliche Kosten des Klägers zu 2) sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers zu 2) in seiner Tätigkeit für die Klägerin zu 1).

Am 14. September 2006 schloss der Kläger zu 2) mit sechs anderen Gesellschaftern einen Gesellschaftsvertrag über die Gründung der Klägerin zu 1). Der Kläger zu 2) sollte mit fünf anderen Kommanditisten eine Stammeinlage von jeweils 500 EUR erbringen, der persönlich haftende Gesellschafter (Komplementär) war dagegen von der Verpflichtung zur Erbringung einer Einlage freigestellt und nach dem Gesellschaftsvertrag zur alleinigen Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin zu 1) berechtigt und verpflichtet. Auch oblag ihm die alleinige fachlich-technische Leitung der Gesellschaft. Gegenstand der Gesellschaft ist der Einbau von Baufertigteilen, insbesondere im Bereich der Fassadenmontage, sowie der Trockenbau. Wesentlicher Unternehmensgegenstand ist Fassadenmontage und Metallbau, das beinhaltet das Anbringen vorgefertigter Blechelemente auf einer bestehenden Stahlkonstruktion. Nach dem Gesellschaftsvertrag werden die Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, jeder Gesellschafter hat eine Stimme. An Gewinn und Verlust der Gesellschaft ist der Komplementär mit 40 % und sind die Kommanditisten mit jeweils 10 % beteiligt. Der Geschäftsanteil der Kommanditisten ist ausweislich der Eintragung im Handelsregister vom 15. Oktober 2010 auf jeweils 2.000,- EUR heraufgesetzt worden.

Die Aufträge der Gesellschaft werden durch ihren Komplementär akquiriert. Die Kommanditisten stellten der Klägerin zu 1) ihre Arbeitskraft zur Verfügung, indem sie handwerkliche Leistungen bei der Erfüllung der von der Klägerin zu 1) geschlossenen Werkverträge erbringen. Das Material für die Montage stellt der Auftraggeber zur Verfügung, allerdings benutzen die Kommanditisten ihr eigenes Werkzeug. Besondere Verträge über die Erbringung der Arbeitsleistung sind zwischen ihnen und der Klägerin zu 1) nicht geschlossen worden. Neben den Kommanditisten gibt es im Betrieb der Klägerin zu 1) auch Arbeitnehmer, bei erheblichem Arbeitsanfall werden zudem Subunternehmer eingesetzt. Die Kommanditisten erbringen ihre Leistungen nach Absprache mit den übrigen Kommanditisten und dem Komplementär. Entscheidend für die Arbeitszeiten ist der vorhandene Arbeitsanfall. Einkünfte beziehen die Kommanditisten während des laufenden Kalenderjahres aus Entnahmen, die mit der sich für sie ergebenden Beteiligung am Jahresgewinn zu verrechnen sind. Für den Kläger zu 2) sind bei der Klägerin zu 1) im Jahr 2006 Entnahmen in Höhe von 7.000,- EUR, im Jahr 2007 in Höhe von 14.000,- EUR, im Jahr 2008 in Höhe von 18.300,- EUR, im Jahr 2009 in Höhe von 14.236,30 EUR, im Jahr 2010 in Höhe von 20.834,- EUR, im Jahr 2011 von 21.584,32 EUR und im Jahr 2012 in Höhe von 16.356,92 EUR verbucht worden.

Am 4. Juni 2009 stellte der Kläger zu 2) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Seine Tätigkeit für die Klägerin zu 1) habe am 25. September 2006 begonnen. Nach Anhörung der Kläger stellte die Beklagte durch an beide Kläger gerichteten Bescheid vom 3. August 2010 fest, dass der Kläger zu 2) seine Tätigkeit seit Beschäftigungsbeginn im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung seit dem 25. September 2006. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwiegen würden. Kommanditisten, die in einer Kommanditgesellschaft gegen Entgelt beschäftigt würden, seien grundsätzlich versicherungspflichtig. Sie seien von der Geschäftsführung ausgeschlossen und hätten keine Vertretungsmacht. Auch nach § 4 des für die Klägerin zu 1) geltenden Gesellschaftsvertrages obliege die Geschäftsführung ausschließlich dem Komplementär, so dass die Kommanditisten keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens hätten. Aufgabe der mitarbeitenden Kommanditisten sei es, eine Tätigkeit als Metallbauer auszuüben. Die Akquirierung neuer Kunden und die Ausgestaltung der Verträge sei dagegen ausschließlich Sache des Komplementärs. Aus der weisungsfreien Ausübung der Arbeit könne nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden, da die Arbeit entsprechend dem Gesellschaftszweck im Wege einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verrichtet werde. Die fachlich technische Leitung obliege dem Komplementär. Auch wenn sich ein Weisungsrecht nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe, sei aufgrund der gesellschaftlichen Regelungen zur geschuldeten Dienstleistung davon auszugehen, dass der Kläger zu 2) sich seine Arbeit nicht im Wesentlichen frei aussuchen könne. Er unterliege einer Vorausplanung. Der Einsatz eigener Werkzeuge spreche nicht für eine selbständige Tätigkeit, da dies in handwerklichen Bereichen auch für abhängig Beschäftigte die Regel sei. Der Kläger zu 2) setze die eigene Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg ein. Ein typisches Unternehmerrisiko bestehe in dem Risiko des Verlustes des eingesetzten Kapitals. Ein solches Risiko trage der Kläger zu 2) nicht. Ein späterer Versicherungsbeginn als unmittelbar nach Aufnahme der Tätigkeit komme nicht in Betracht, weil der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats nach Beginn der Beschäftigung gestellt worden sei.

Mit ihrem Widerspruch machten die Kläger geltend, dass der Kläger zu 2) keine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausübe. Er werde lediglich auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage tätig. Entsprechend erhalte er kein festes monatliches Gehalt, sondern lediglich monatliche Vorabentnahmen auf den erwarteten Jahresgewinn der Gesellschaft. Sein unternehmerisches Risiko liege darin, dass seine Einkünfte gewinnabhängig seien. Insoweit könne er auch an Verlusten der Gesellschaft teilnehmen. Als Kommanditist habe der Kläger zu 2) ein eigenes Stimmrecht, mit dem er im Zusammenwirken mit den anderen Gesellschaftern die Geschicke der Gesellschaft beeinflussen könne. Die Gesellschaft werde zwar durch die von ihr abgeschlossenen Verträge gebunden. Dies könne eine Fremdbestimmtheit des Kommanditisten aber nicht begründen. Die Verpflichtung, an der Einhaltung der Verträge mitzuwirken, ergebe sich aus der gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungs- und Treuepflicht. Es sei abwegig, deswegen von einem Weisungsrecht auszugehen. Die Kommanditistenstellung ermögliche dem Kläger zu 2), mit einer betragsmäßig geringen Einlage eine unternehmerische Tätigkeit mit allen Chancen und Risiken auszuüben.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 28. April 2011 unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Erwägungen aus dem Bescheid vom 3. August 2010 zurück.

Dagegen richten sich die am 30. Mai 2011 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage der Klägerin zu 1) und die am 9. Juni 2011 eingegangene Klage des Klägers zu 2). Das Sozialgericht hat die Klagen durch Beschluss vom 13. September 2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und sie durch Gerichtsbescheid vom 27. August 2013 abgewiesen. Die Beklagte habe mit Recht die Versicherungspflicht des Klägers zu 2) in allen Zweigen der Sozialversicherung für die Zeit ab 25. September 2006 festgestellt. Grundsätzlich sei ein Beschäftigungsverhältnis neben einer gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Allerdings schließe eine rechtlich maßgeblicher Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Hinweis auf BSG v. 8. August 1990 – 11 Rar 77/89) ein Beschäftigungsverhältnis aus, soweit der Gesellschafter Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit verhindern könne. Nach Abwägung aller Gesichtspunkte stehe aber die Sozialversicherungspflichtigkeit der Tätigkeit des Klägers zu 2) zur Überzeugung des Gerichts fest. Die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale würden überwiegen. Auch wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht vorliege, sei es im Ergebnis nicht denkbar, dass der Kläger zu 2) ausschließlich aufgrund einer Bestimmung im Gesellschaftsvertrag tätig werde. Denn nach dem Gesellschaftsvertrag seien die Kommanditisten von der Geschäftsführung und Vertretung ausdrücklich ausgeschlossen, nur der Komplementär sei für den gewöhnlichen Geschäftsverkehr zuständig, der Kläger zu 2) habe keinerlei Einflussmöglichkeit. Da er nur eine Stimme habe, brauche er auch noch mindestens drei weitere Gesellschafter, um eine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung zu erreichen. Er trage kein entscheidendes Unternehmerrisiko, weil seine Beteiligung an den Verlusten der Gesellschaft auf den Kommanditanteil i.H.v. 500 EUR beschränkt sei.

Gegen den ihnen am 6. September 2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Kläger, die am 4. Oktober 2013 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangen ist. Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Bei der anzustellenden Abwägungsentscheidung habe es nicht alle Gesichtspunkte berücksichtigt, sondern sich auf das Fehlen eines Stimmrechts und eines Unternehmerrisikos beschränkt. Das angebliche Fehlen des Stimmrechts sei schon vom Sozialgericht wieder relativiert worden durch den Hinweis, dass der Kläger zu 2) zusammen mit anderen Gesellschaftern maßgeblichen Einfluss in der Gesellschaft ausüben könne. Insoweit wäre Raum für eine weitere Abwägungsentscheidung gewesen. Unrichtig sei auch, das Unternehmerrisiko des Klägers zu 2) auf den möglichen Verlust der Kommanditeinlage zu beschränken. Der Kläger zu 2) trage ein weitergehendes Unternehmerrisiko, weil er Arbeitgebereigenschaft habe, da die Klägerin zu 1) mehrere gewerbliche Arbeitnehmer beschäftige. Im Übrigen hänge seine Einnahmesituation vom geschäftlichen Erfolg ab. Das Fehlen eines Arbeitsvertrages und die Mitarbeit allein aufgrund des Gesellschaftsvertrages sei gerade ein Indiz für die Selbstständigkeit. Auch entspreche eine solche Gestaltung dem tradierten Rechts- und Wirtschaftsalltag.

Die Kläger beantragen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. August 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. August 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger zu 2) in seiner Eigenschaft als mitarbeitender Kommanditist bei der Klägerin zu 1) seit dem 25. September 2006 nicht der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken-, Pflege-und Arbeitslosenversicherung unterliegt.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für zutreffend.

Die Beigeladene zu 2) hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klagen mit Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Kläger zu 2) steht seit dem 25. September 2006 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin zu 1), aus der sich Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ergibt.

Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris Rn 16).

Der Kläger zu 2) ist für die Klägerin zu 1) ab dem 25. September 2006 als Metallarbeiter tätig geworden. Die Klägerin zu 1) ist eine Personengesellschaft in der Form einer KG und damit als eigenständiges Rechtssubjekt gegenüber dem Kläger zu 2) anzusehen. Entsprechend ist das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Klägern nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil der Kläger zu 2) als Kommanditist (Mit-)Gesellschafter der Klägerin zu 1) war. In einer erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Personengesellschaft übt nur der Gesellschafter, der zur Vornahme der zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörenden Handlungen berechtigt ist, schon wegen seiner gesellschaftsrechtlichen Position eine selbständige Erwerbstätigkeit aus (BSG v. 5. November 1980 – 11 RA 80/79 - juris Rn 16). Berechtigt zur Geschäftsführung war nach dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin zu 1) aber nur ihr Komplementär, nicht der Kläger zu 2) als Kommanditist. Allein der von ihm gehaltene Gesellschaftsanteil begründet deswegen noch keine Selbständigkeit. Auch ein mitarbeitender Kommanditist kann zwar als selbständig anzusehen sein, wenn er aufgrund des Gesellschaftsvertrages die Rechtsmacht hat, die Geschicke der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken zu lenken und damit einem zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter gleichsteht (LSG Baden-Württemberg v. 24. Februar 2015 – L 11 KR 3995/13 – juris Rn 43; LSG Nordrhein-Westfalen v. 24. September 2014 – L 8 R 1104/13 - juris Rn 174). Das war hier aber ebenso wenig der Fall. Der Kläger zu 2) hat nach dem Gesellschaftsvertrag zwar ein Stimmrecht. Er kann aber von den anderen Gesellschaftern jederzeit überstimmt werden, da er weder die Stimmenmehrheit hat noch ihm im Gesellschaftsvertrag eine Sperrminorität eingeräumt worden ist. Allein aus seiner eigenen Rechtsstellung heraus ist der Kläger zu 2) nicht in der Lage, über die Geschäfte der Klägerin zu 1) zu entscheiden. Deren Willensbildung untersteht nicht seinem bestimmenden Einfluss. Demnach ist über das Vorliegen einer Beschäftigung des Klägers zu 2) unabhängig von den zwischen den Klägern bestehenden gesellschaftsrechtlichen Bindungen zu entscheiden.

Für die Abgrenzung zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbständigen Erwerbstätigkeit ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden auszugehen. Ein schriftlicher Vertrag zwischen den Klägern über die von dem Kläger zu 2) zu verrichtenden Tätigkeiten liegt nicht vor. Der Gesellschaftsvertrag regelt lediglich die Tätigkeit des Komplementärs in der Gesellschaft, nicht aber eine Mitarbeit des Klägers zu 2) als Kommanditist. Auch die gesetzlichen Regelungen führen insoweit nicht weiter, weil die Übernahme eines Kommanditistenanteils noch nicht zur Erbringung von persönlichen Dienstleistungen für die Gesellschaft verpflichtet. Selbst wenn danach eine ausdrückliche Regelung fehlt, spricht die Handhabung der Abwicklung der erbrachten Arbeitsleistungen dafür, dass die Beteiligten selbst das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit zugrunde legten. Dafür lässt sich insbesondere anführen, dass der Kläger zu 2) keinen festen Arbeitslohn erhalten hat, sondern nach § 13 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages zur Entnahme berechtigt war. Steuerlich und handelsrechtlich wird der Kläger zu 2) so behandelt, als habe er Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Auch hat es – nach dem Vortrag der Kläger – nie eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder die Gewährung von bezahltem Urlaub gegeben.

Indessen ergibt sich das Entstehen von Versicherungspflicht aus dem Gesetz. Entsprechend kann sie nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Es kann auch nicht darauf ankommen, ob die dem Kläger zu 2) gezahlten Entgelte in anderen Zusammenhang als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit behandelt werden. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist maßgeblich die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, der gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (BSG Urt. v. 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn 17; Urt. v. 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rn 17). Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV kommt es für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung insbesondere an auf das Ausüben einer Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Für eine solche Eingliederung des Klägers zu 2) in die ihm - nach dem oben bereits ausgeführten - fremde betriebliche Organisation der Klägerin zu 1) spricht hier, dass ihm der Ort und der Gegenstand der auszuübenden Tätigkeit sowie der Termin der Fertigstellung durch die Klägerin zu 1) vorgegeben wurden. Angesichts des Gegenstandes der Tätigkeit des Klägers zu 2), nämlich als Metallarbeiter Montagearbeiten im Fassadenbereich vorzunehmen, ist auch nicht erkennbar, dass ihm nennenswerte Gestaltungsspielräume für die Art und Weise der Ausführung verblieben sein könnten. Die Art der von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen erforderte eine umfassende funktional-arbeitsteilige Eingliederung in einen vorgegebenen Arbeitsprozess. Aus dieser Eingliederung in die von der Klägerin zu 1) verfolgten arbeitstechnischen Zwecke und der Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis an den Komplementär ergibt sich die Weisungsunterworfenheit des Klägers zu 2), ohne dass dafür eine ausdrückliche vertragliche Verabredung erforderlich wäre.

Der Kläger zu 2) trug auch kein erhebliches Unternehmerrisiko. Allerdings ist es untypisch für einen Beschäftigten, wenn keine feste Entlohnung vereinbart worden ist, die allein von seiner Arbeitsleistung abhängt. Dies war nach dem Vortrag der Kläger hier aber der Fall, weil die Einkünfte des Klägers zu 2) aus seiner Beschäftigung sich ausschließlich nach der Ertragssituation der Klägerin zu 1) bestimmen sollten. Ein Unternehmerrisiko liegt nach der Rechtsprechung des BSG vor, wenn eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt werden, der Erfolg des Einsatzes der persönlichen oder sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG v. 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R - juris Rn 35). Insoweit ist die Annahme eines Unternehmerrisikos also nicht auf den von dem Kläger zu 2) übernommenen Kommanditanteil beschränkt. Es kann sich auch aus dem Einsatz der eigenen Arbeitskraft ergeben, wenn der Ertrag noch unbestimmt und von verschiedenen weiteren Faktoren abhängig ist. Allerdings ist ein solches unternehmerisches Risiko nur dann Indiz für eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs der eingesetzten eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG v. 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R - juris Rn 35). Daran fehlt es hier aber jedenfalls. Die Mitarbeit bei der Montage ließ dem Kläger nach der Übernahme des Einsatzes keinen Raum dafür, den Einsatz seiner Arbeitskraft weitgehend autonom zu steuern. Die Art seiner Tätigkeit erforderte vielmehr zwingend die Einordnung in vorgegebene Arbeitsabläufe. Danach kommt es auch nicht darauf an, ob die Entlohnung des Klägers zu 2) wirklich nur nach der Ertragssituation erfolgte – wogegen spricht, dass nach Darstellung der Kläger in dem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 6. März 2012 die tatsächlichen Entnahmen des Klägers zu 2) fast durchweg und teilweise erheblich über den auf ihn entfallenen Gewinnanteil lagen. Für den Senat steht auf der Grundlage der vorigen Erwägungen fest, dass die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit des Klägers zu 2) die Annahme einer abhängigen Beschäftigung rechtfertigt. Damit entstand auch dem Grunde nach Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Liegt demnach eine abhängige Beschäftigung vor, sind nach § 14 SGB IV alle Einnahmen aus dieser Beschäftigung ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung und dem Bestehen eines entsprechenden Rechtsanspruchs als beitragspflichtiger Arbeitslohn anzusehen. Das betrifft die auf den Kläger zu 2) entfallenden Gewinnanteile in berechneter und tatsächlich entnommener Höhe. Nach der Darstellung der Kläger gegenüber der Beklagten in dem Verwaltungsverfahren gehört der angemessene zeitliche (Arbeits-)Einsatz der Kommanditisten für die betrieblichen Zwecke der Klägerin zu 1) zu den von ihnen übernommenen gesellschaftsrechtlichen Pflichten. Demnach besteht eine Wechselbezüglichkeit zwischen dem Arbeitseinsatz der Kommanditisten und ihrem "Entnahmeanteil". Aufgrund der Höhe der von den Klägern mitgeteilten Entnahmen ist die Beklagte zu Recht nicht von einer versicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 SGB IV ausgegangen. Für eine Überschreitung der Versicherungspflichtgrenze zur Krankenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gibt es keinen Hinweis. Anhaltspunkte für eine erhebliche Unterbrechung der Arbeitsleistung des Klägers zu 2) seit seinem Eintritt in die Kommanditgesellschaft liegen nicht vor. Auch die Kläger haben dazu nichts Substantiiertes vorgetragen. Zutreffend hat die Beklagte noch darauf hingewiesen, dass der spätere Eintritt von Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheides gemäß § 7a Abs. 6 SGB IV nicht in Betracht kommt, weil der Antrag auf Statusklärung nicht zeitnah nach Aufnahme der Beschäftigung durch den Kläger zu 2) gestellt worden ist.

Nach alledem war die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht in Bezug auf die Klage der Klägerin zu 1) nach § 197a SGG iVm § 154 Abs. 2 VwGO. Sie ergeht nach § 193 SGG, soweit die Klage des Klägers zu 2) betroffen ist. Die Verbindung der Klagen ändert nichts daran, dass nur die vom Kläger zu 2) erhobene Klage nach § 183 SGG kostenfrei ist (vgl. dazu LSG Rheinland-Pfalz v. 11. Dezember 2013 – L 6 R 152/12 B – juris).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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