Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 4319/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2082/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 16. April 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente.
Der Kläger ist 1947 geboren. Sein Versicherungskonto bei der Beklagten enthält für die Zeit vom 1. April 1961 bis zum 30. November 1972 und vom 1. Januar 1973 bis zum 30. September 1976 Pflichtbeitragszeiten, für die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis zum 14. August 1977 eine Zeit der Arbeitslosigkeit und vom 15. August 1977 bis zum 30. April 1984 (außer für die Zeit vom 1. Oktober bis 14. November 1983) wieder Pflichtbeitragszeiten. Die Zeit vom 1. Mai 1984 bis zum 31. Mai 1993 ist im Versicherungskonto nicht belegt. Für die Zeit vom 1. Juni 1993 bis zum 8. September 1996 enthält das Versicherungskonto den Eintrag "Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug". Vom 17. November 1997 bis zum 31. Juli 2003 weist das Versicherungskonto Pflichtbeitragszeiten und vom 1. Januar 2005 bis zum 30. April 2012 den Bezug von Arbeitslosengeld II, bis 31. Dezember 2010 als Pflichtbeitragszeiten, auf. Das Versicherungskonto enthält insgesamt 25,2053 Entgeltpunkte für 406 Monate Beitragszeit.
Der Kläger beantragte am 19. März 2012 Altersrente. Er beantragte zugleich "die Überprüfung von möglicherweise noch durch 2 verschiedene Arbeitgeber nachzuentrichtende Beitragszahlungen", nämlich für August 1987 bis Februar 1992, in denen er regelmäßig mindestens 20 Stunden pro Woche für die Firma T. K. f. K. u. T. mbH (im Folgenden: T.) im Innendienst und im vertrieblichen Außendienst "vollständig abhängig und brutal ausgebeutet" weisungsgebunden habe arbeiten müssen, um ein Darlehen von DM 35.000,00 abzuarbeiten. Er habe als geldwerten Sachbezug unter anderem ab März 1989 einen "dicken, repräsentativen" Mercedes völlig kostenlos erhalten. Die Firma T. habe ihn nie ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet. In der Zeit von August 1995 bis 16. November 1997 habe er für die Firma Warenhandel Sp. GbR (später Gebrauchtwagenautohaus Sp., dann Autohaus Sp. OHG; im Folgenden: S OHG) gearbeitet. Eine Anmeldung dieser Tätigkeit sei jedoch erst zum 17. November 1997 für 20 Wochenstunden und einen monatlichen Bruttolohn von DM 1.500,00 erfolgt. Tatsächlich habe er ab Mitte 1997 pro Woche DM 500,00 bar sowie zusätzlich geldwerte Leistungen erhalten.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 24. Mai 2012 ab dem 1. Mai 2012 eine Regelaltersrente in Höhe von monatlich EUR 729,39 und ab 1. Juli 2012 in Höhe von monatlich EUR 745,32 auf der Grundlage von 26,5523 Entgeltpunkten, davon 25,2053 Entgeltpunkten für 406 Monate Beitragszeiten. Die Zeiten vom 1. August 1987 bis zum 29. Februar 1992 und vom 1. August 1995 bis zum 16. November 1997 könnten nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil weder in den vorhandenen Versicherungsunterlagen Beiträge bescheinigt seien noch die Beitragszahlung glaubhaft erscheine und Beiträge auch nicht als gezahlt gälten. Aufgrund der Bewilligung eines Zuschusses zur Krankenversicherung in Höhe von monatlich EUR 54,41 berechnete die Beklagte die Rente mit Bescheid vom 12. Juni 2012 neu und bewilligte nun einen monatlichen Zahlbetrag von EUR 799,73.
Gegen den Bescheid vom 12. Juni 2012 erhob der Kläger am 10. Juli 2012 Widerspruch. Die Rente sei zu niedrig. Für die Zeiten, in denen keine Beitragsleistungen zur Rentenversicherung abgeführt worden seien, sei er nur zum Teil mitverantwortlich. Als organisatorisch weisungsgebundener und fachlich und disziplinarisch voll in die Firmenorganisation eingebundener scheinselbständiger Mitarbeiter der Firma T. sei er nicht verantwortlich dafür, dass Beiträge zur Sozialversicherung nicht abgeführt worden seien. Auch für die weiteren "Arbeitgeber-hinterziehungen" in der Zeit vom August 1995 bis Frühjahr 1999 ("Schwarzarbeit bei Firma S OHG) sei er nicht verantwortlich.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers "gegen den Bescheid vom 24.05.2012" mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2012 zurück. Bei der Rentenberechnung seien alle nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Beitragszeiten, Ersatzzeiten, Kindererziehungszeiten und Anrechnungszeiten berücksichtigt worden. Die Berechnung selbst entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Der angefochtene Bescheid sei daher nicht fehlerhaft. Der Kläger habe nicht konkret dargelegt, inwiefern die Rentenberechnung dem geltenden Recht widerspreche.
Hiergegen erhob der Kläger am 20. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er habe trotz leider fehlender Anmeldung seitens verschiedener Dienstherren und Arbeitgeber das Recht auf eine angemessene, höhere Rentenleistung. Es gehe um Lohnbezug und geldwerten Sachbezug in einer Größenordnung von ca. DM 100.000,00, d.h. ca. EUR 49.500,00, in der Zeit von 1989 bis 1999 in einer verhängnisvollen, mitverschuldeten Abhängigkeit, daraus resultierender Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit. Er trug sinngemäß vor, die Firma T. habe ihn rechtswidrig nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Es seien insgesamt ca. DM 75.000,00 nachträglich seitens der Firma T. zur Sozialversicherungspflicht anzumelden. Auch habe er ab Sommer 1995 für die S OHG gearbeitet.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Soweit der Kläger eine Beitragsentrichtung behaupte, sei diese für die Zeiträume vom 1. August 1987 bis zum 29. Februar 1992 und vom 1. August 1995 bis zum 16. November 1997 weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Die von der Bundes-agentur für Arbeit gemeldeten Zeiten seien sämtlich bei der Berechnung der Rentenleistung berücksichtigt worden.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. April 2015 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten. Die Höhe einer Rente richte sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Beitragszeiten seien Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden seien. Pflichtbeitragszeiten (im engeren Sinne) seien Zeiten, während der kraft Gesetzes oder auf Antrag Versicherungspflicht bestand und Pflichtbeiträge gezahlt wurden. Das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung allein führe noch nicht zu einer Beitragszeit, es sei denn, ein Gesetz regele ausdrücklich das Vorliegen einer Beitragszeit auch ohne Beitragszahlung. Die Pflichtbeiträge müssten auf Grund der bestehenden Versicherungspflicht fristgemäß und wirksam gezahlt worden sein. Bestehe zwar nach dem Gesetz Versicherungspflicht, seien aber Beiträge wegen Verjährung nicht gezahlt worden, liege keine Beitragszeit vor. Vorliegend seien für die Zeiträume vom 1. August 1987 bis 28. Februar 1992 und vom 1. August 1995 bis 16. November 1997 keine Beiträge entrichtet worden, so dass insoweit auch keine Beitragszeiten, die zu einer höheren Rente des Klägers führen könnten, berücksichtigt werden könnten. Gegenteiliges habe der Kläger nicht nachgewiesen. Unerheblich sei dabei, dass der Kläger möglicherweise zu Unrecht als Selbständiger eingestuft worden sei bzw. die genannten Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge zu Unrecht nicht entrichtet hätten und der Kläger selbst dafür nur bedingt verantwortlich gewesen sei. Der Grund, warum Beiträge nicht entrichtet worden seien, sei für die vorliegende Frage unerheblich. Entscheidend sei allein die tatsächliche Beitragsabführung. Selbige sei hier offensichtlich nicht erfolgt. Schließlich seien zur Überzeugung des Gerichts bei der Berechnung der Rente des Klägers auch alle übrigen berücksichtigungsfähigen Beitragszeiten beachtet worden.
Gegen den ihm am 18. April 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. Mai 2015 Berufung eingelegt. Er begehre die Erhöhung der Rente ab dem 1. Mai 2012 um ca. 20 Prozent. Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen. Da er für die "strafbare Nichtentrichtung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung" und den damit "einhergehenden Fälschungen" von Unterlagen nicht verantwortlich gewesen sei, müssten Ämter und Behörden die notwendige Sachverhaltsaufklärung betreiben. Zu seinen Lasten seien aus einem Lohn und geldwerten Sachbezug (Dienstwagen) von insgesamt ca. DM 120.000,00 Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen worden. Die Rentengesetze seien verfassungswidrig, da in zahlreichen Fällen der Scheinselbständigkeit und der auferzwungenen Schwarzarbeit die soziale Not der Arbeitsuchenden ausgebeutet werde. Die Kooperation zwischen den "Schwarzarbeits-Arbeitgebern" und den Renten-Betriebsprüfern bzw. den Einzugsstellen müsse strafrechtlich geahndet werden. Der Kläger hat mehrere Schriftstücke zu der von ihm behaupteten Schwarzarbeit eingereicht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 24. Mai 2012 und vom 12. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2012 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Mai 2012 eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten im Zeitraum vom 1. August 1987 bis zum 28. Februar 1992 und vom 1. August 1995 bis zum 16. November 1997 zu gewähren, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Grundgesetz vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Berufung für unbegründet. Die vorgetragene Entrichtung von Beiträgen sei weiterhin nicht bestätigt worden.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger (höhere) laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid vom 24. Mai 2012 und der Bescheid vom 12. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2012, soweit sie die Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten betreffen. Zwar hatte der Kläger nur gegen den Bescheid vom 12. Juni 2012 Widerspruch erhoben, und die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid vom 19. November 2012 (ausdrücklich) nur über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 24. Mai 2012 entschieden. Der Sache nach wandte sich der Kläger aber von Anfang gegen beide Bescheide und der Sache nach hat die Beklagte im Widerspruchsverfahren über die Rechtsmäßigkeit beider Bescheide befunden. Auch das SG hat über beide Bescheide entschieden.
2. Die Berufung ist aber unbegründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Bescheide vom 24. Mai 2012 und vom 12. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2012 sind rechtmäßig, soweit es die Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten betrifft. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente.
Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich gemäß § 63 Abs. 6, § 64 Nr. 1 bis 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Bei der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkt ist gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI unter anderem die Summe aller Entgeltpunkte für Beitragszeiten zugrundezulegen. Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind Pflichtbeitragszeiten auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.
Die Bescheide vom 24. Mai 2012 und vom 12. Juni 2012 sind in Übereinstimmung mit diesen Vorgaben ergangen; die Rente des Klägers ist zutreffend berechnet worden. Insbesondere sind die im Versicherungskonto gespeicherten Beitragszeiten berücksichtigt worden.
Das Vorbringen des Klägers führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Kläger behauptet nicht einmal, dass für die Zeiten vom 1. August 1987 bis zum 29. Februar 1992 und vom 1. August 1995 bis zum 16. November 1997 zu seinen Gunsten Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet worden seien. Er ist lediglich der Ansicht, dass für die genannten Zeiträume Beiträge hätten entrichtet werden müssen. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 iV.m. § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI kommt es aber allein darauf an, ob und inwieweit Beiträge tatsächlich gezahlt worden sind. Dies gilt unabhängig davon, ob Beiträge hinterzogen oder wegen Verjährung nicht gezahlt worden sind (Landessozialgericht [LSG] Bayern, Beschluss vom 27. August 2007 – L 6 R 747/05 – in juris, Rn. 13). Das bloße Bestehen von Versicherungspflicht in einem bestimmten Zeitraum ist unbeachtlich (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. August 1992 – 12 RK 7/92 – in juris, Rn. 18), weswegen hier dahinstehen kann, ob der Kläger in den genannten Zeiträumen rentenversicherungspflichtig gewesen ist. Ein Fall fingierter Pflichtbeitragszeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (dazu Fichte, in: Hauck/Noftz, § 55 SGB VI Rn. 22 [August 2007]) liegt nicht vor; er wird auch vom Kläger nicht behauptet.
Eine Vorlage des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz kommt nicht in Betracht. Der Senat ist von der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Vorschriften überzeugt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente.
Der Kläger ist 1947 geboren. Sein Versicherungskonto bei der Beklagten enthält für die Zeit vom 1. April 1961 bis zum 30. November 1972 und vom 1. Januar 1973 bis zum 30. September 1976 Pflichtbeitragszeiten, für die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis zum 14. August 1977 eine Zeit der Arbeitslosigkeit und vom 15. August 1977 bis zum 30. April 1984 (außer für die Zeit vom 1. Oktober bis 14. November 1983) wieder Pflichtbeitragszeiten. Die Zeit vom 1. Mai 1984 bis zum 31. Mai 1993 ist im Versicherungskonto nicht belegt. Für die Zeit vom 1. Juni 1993 bis zum 8. September 1996 enthält das Versicherungskonto den Eintrag "Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug". Vom 17. November 1997 bis zum 31. Juli 2003 weist das Versicherungskonto Pflichtbeitragszeiten und vom 1. Januar 2005 bis zum 30. April 2012 den Bezug von Arbeitslosengeld II, bis 31. Dezember 2010 als Pflichtbeitragszeiten, auf. Das Versicherungskonto enthält insgesamt 25,2053 Entgeltpunkte für 406 Monate Beitragszeit.
Der Kläger beantragte am 19. März 2012 Altersrente. Er beantragte zugleich "die Überprüfung von möglicherweise noch durch 2 verschiedene Arbeitgeber nachzuentrichtende Beitragszahlungen", nämlich für August 1987 bis Februar 1992, in denen er regelmäßig mindestens 20 Stunden pro Woche für die Firma T. K. f. K. u. T. mbH (im Folgenden: T.) im Innendienst und im vertrieblichen Außendienst "vollständig abhängig und brutal ausgebeutet" weisungsgebunden habe arbeiten müssen, um ein Darlehen von DM 35.000,00 abzuarbeiten. Er habe als geldwerten Sachbezug unter anderem ab März 1989 einen "dicken, repräsentativen" Mercedes völlig kostenlos erhalten. Die Firma T. habe ihn nie ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet. In der Zeit von August 1995 bis 16. November 1997 habe er für die Firma Warenhandel Sp. GbR (später Gebrauchtwagenautohaus Sp., dann Autohaus Sp. OHG; im Folgenden: S OHG) gearbeitet. Eine Anmeldung dieser Tätigkeit sei jedoch erst zum 17. November 1997 für 20 Wochenstunden und einen monatlichen Bruttolohn von DM 1.500,00 erfolgt. Tatsächlich habe er ab Mitte 1997 pro Woche DM 500,00 bar sowie zusätzlich geldwerte Leistungen erhalten.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 24. Mai 2012 ab dem 1. Mai 2012 eine Regelaltersrente in Höhe von monatlich EUR 729,39 und ab 1. Juli 2012 in Höhe von monatlich EUR 745,32 auf der Grundlage von 26,5523 Entgeltpunkten, davon 25,2053 Entgeltpunkten für 406 Monate Beitragszeiten. Die Zeiten vom 1. August 1987 bis zum 29. Februar 1992 und vom 1. August 1995 bis zum 16. November 1997 könnten nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil weder in den vorhandenen Versicherungsunterlagen Beiträge bescheinigt seien noch die Beitragszahlung glaubhaft erscheine und Beiträge auch nicht als gezahlt gälten. Aufgrund der Bewilligung eines Zuschusses zur Krankenversicherung in Höhe von monatlich EUR 54,41 berechnete die Beklagte die Rente mit Bescheid vom 12. Juni 2012 neu und bewilligte nun einen monatlichen Zahlbetrag von EUR 799,73.
Gegen den Bescheid vom 12. Juni 2012 erhob der Kläger am 10. Juli 2012 Widerspruch. Die Rente sei zu niedrig. Für die Zeiten, in denen keine Beitragsleistungen zur Rentenversicherung abgeführt worden seien, sei er nur zum Teil mitverantwortlich. Als organisatorisch weisungsgebundener und fachlich und disziplinarisch voll in die Firmenorganisation eingebundener scheinselbständiger Mitarbeiter der Firma T. sei er nicht verantwortlich dafür, dass Beiträge zur Sozialversicherung nicht abgeführt worden seien. Auch für die weiteren "Arbeitgeber-hinterziehungen" in der Zeit vom August 1995 bis Frühjahr 1999 ("Schwarzarbeit bei Firma S OHG) sei er nicht verantwortlich.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers "gegen den Bescheid vom 24.05.2012" mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2012 zurück. Bei der Rentenberechnung seien alle nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Beitragszeiten, Ersatzzeiten, Kindererziehungszeiten und Anrechnungszeiten berücksichtigt worden. Die Berechnung selbst entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Der angefochtene Bescheid sei daher nicht fehlerhaft. Der Kläger habe nicht konkret dargelegt, inwiefern die Rentenberechnung dem geltenden Recht widerspreche.
Hiergegen erhob der Kläger am 20. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er habe trotz leider fehlender Anmeldung seitens verschiedener Dienstherren und Arbeitgeber das Recht auf eine angemessene, höhere Rentenleistung. Es gehe um Lohnbezug und geldwerten Sachbezug in einer Größenordnung von ca. DM 100.000,00, d.h. ca. EUR 49.500,00, in der Zeit von 1989 bis 1999 in einer verhängnisvollen, mitverschuldeten Abhängigkeit, daraus resultierender Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit. Er trug sinngemäß vor, die Firma T. habe ihn rechtswidrig nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Es seien insgesamt ca. DM 75.000,00 nachträglich seitens der Firma T. zur Sozialversicherungspflicht anzumelden. Auch habe er ab Sommer 1995 für die S OHG gearbeitet.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Soweit der Kläger eine Beitragsentrichtung behaupte, sei diese für die Zeiträume vom 1. August 1987 bis zum 29. Februar 1992 und vom 1. August 1995 bis zum 16. November 1997 weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Die von der Bundes-agentur für Arbeit gemeldeten Zeiten seien sämtlich bei der Berechnung der Rentenleistung berücksichtigt worden.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. April 2015 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten. Die Höhe einer Rente richte sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Beitragszeiten seien Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden seien. Pflichtbeitragszeiten (im engeren Sinne) seien Zeiten, während der kraft Gesetzes oder auf Antrag Versicherungspflicht bestand und Pflichtbeiträge gezahlt wurden. Das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung allein führe noch nicht zu einer Beitragszeit, es sei denn, ein Gesetz regele ausdrücklich das Vorliegen einer Beitragszeit auch ohne Beitragszahlung. Die Pflichtbeiträge müssten auf Grund der bestehenden Versicherungspflicht fristgemäß und wirksam gezahlt worden sein. Bestehe zwar nach dem Gesetz Versicherungspflicht, seien aber Beiträge wegen Verjährung nicht gezahlt worden, liege keine Beitragszeit vor. Vorliegend seien für die Zeiträume vom 1. August 1987 bis 28. Februar 1992 und vom 1. August 1995 bis 16. November 1997 keine Beiträge entrichtet worden, so dass insoweit auch keine Beitragszeiten, die zu einer höheren Rente des Klägers führen könnten, berücksichtigt werden könnten. Gegenteiliges habe der Kläger nicht nachgewiesen. Unerheblich sei dabei, dass der Kläger möglicherweise zu Unrecht als Selbständiger eingestuft worden sei bzw. die genannten Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge zu Unrecht nicht entrichtet hätten und der Kläger selbst dafür nur bedingt verantwortlich gewesen sei. Der Grund, warum Beiträge nicht entrichtet worden seien, sei für die vorliegende Frage unerheblich. Entscheidend sei allein die tatsächliche Beitragsabführung. Selbige sei hier offensichtlich nicht erfolgt. Schließlich seien zur Überzeugung des Gerichts bei der Berechnung der Rente des Klägers auch alle übrigen berücksichtigungsfähigen Beitragszeiten beachtet worden.
Gegen den ihm am 18. April 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. Mai 2015 Berufung eingelegt. Er begehre die Erhöhung der Rente ab dem 1. Mai 2012 um ca. 20 Prozent. Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen. Da er für die "strafbare Nichtentrichtung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung" und den damit "einhergehenden Fälschungen" von Unterlagen nicht verantwortlich gewesen sei, müssten Ämter und Behörden die notwendige Sachverhaltsaufklärung betreiben. Zu seinen Lasten seien aus einem Lohn und geldwerten Sachbezug (Dienstwagen) von insgesamt ca. DM 120.000,00 Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen worden. Die Rentengesetze seien verfassungswidrig, da in zahlreichen Fällen der Scheinselbständigkeit und der auferzwungenen Schwarzarbeit die soziale Not der Arbeitsuchenden ausgebeutet werde. Die Kooperation zwischen den "Schwarzarbeits-Arbeitgebern" und den Renten-Betriebsprüfern bzw. den Einzugsstellen müsse strafrechtlich geahndet werden. Der Kläger hat mehrere Schriftstücke zu der von ihm behaupteten Schwarzarbeit eingereicht.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 24. Mai 2012 und vom 12. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2012 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Mai 2012 eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten im Zeitraum vom 1. August 1987 bis zum 28. Februar 1992 und vom 1. August 1995 bis zum 16. November 1997 zu gewähren, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Grundgesetz vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Berufung für unbegründet. Die vorgetragene Entrichtung von Beiträgen sei weiterhin nicht bestätigt worden.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger (höhere) laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid vom 24. Mai 2012 und der Bescheid vom 12. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2012, soweit sie die Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten betreffen. Zwar hatte der Kläger nur gegen den Bescheid vom 12. Juni 2012 Widerspruch erhoben, und die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid vom 19. November 2012 (ausdrücklich) nur über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 24. Mai 2012 entschieden. Der Sache nach wandte sich der Kläger aber von Anfang gegen beide Bescheide und der Sache nach hat die Beklagte im Widerspruchsverfahren über die Rechtsmäßigkeit beider Bescheide befunden. Auch das SG hat über beide Bescheide entschieden.
2. Die Berufung ist aber unbegründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Bescheide vom 24. Mai 2012 und vom 12. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2012 sind rechtmäßig, soweit es die Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten betrifft. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente.
Der Monatsbetrag einer Rente ergibt sich gemäß § 63 Abs. 6, § 64 Nr. 1 bis 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Bei der Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkt ist gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI unter anderem die Summe aller Entgeltpunkte für Beitragszeiten zugrundezulegen. Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind Pflichtbeitragszeiten auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.
Die Bescheide vom 24. Mai 2012 und vom 12. Juni 2012 sind in Übereinstimmung mit diesen Vorgaben ergangen; die Rente des Klägers ist zutreffend berechnet worden. Insbesondere sind die im Versicherungskonto gespeicherten Beitragszeiten berücksichtigt worden.
Das Vorbringen des Klägers führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Kläger behauptet nicht einmal, dass für die Zeiten vom 1. August 1987 bis zum 29. Februar 1992 und vom 1. August 1995 bis zum 16. November 1997 zu seinen Gunsten Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet worden seien. Er ist lediglich der Ansicht, dass für die genannten Zeiträume Beiträge hätten entrichtet werden müssen. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 iV.m. § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI kommt es aber allein darauf an, ob und inwieweit Beiträge tatsächlich gezahlt worden sind. Dies gilt unabhängig davon, ob Beiträge hinterzogen oder wegen Verjährung nicht gezahlt worden sind (Landessozialgericht [LSG] Bayern, Beschluss vom 27. August 2007 – L 6 R 747/05 – in juris, Rn. 13). Das bloße Bestehen von Versicherungspflicht in einem bestimmten Zeitraum ist unbeachtlich (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. August 1992 – 12 RK 7/92 – in juris, Rn. 18), weswegen hier dahinstehen kann, ob der Kläger in den genannten Zeiträumen rentenversicherungspflichtig gewesen ist. Ein Fall fingierter Pflichtbeitragszeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (dazu Fichte, in: Hauck/Noftz, § 55 SGB VI Rn. 22 [August 2007]) liegt nicht vor; er wird auch vom Kläger nicht behauptet.
Eine Vorlage des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz kommt nicht in Betracht. Der Senat ist von der Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Vorschriften überzeugt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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