L 5 KR 9/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 3015/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 9/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29.11.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die der DRV erteilte Ermächtigung der Beklagten zur teilweisen Verrechnung seiner Altersrente mit rückständigen Versicherungsbeiträgen.

Der Kläger erhält von der DRV eine Altersrente. Er ist bei der Beklagten seit 2001 freiwillig krankenversichert und pflegepflichtversichert. Für den Zeitraum vom 01.08.2008 bis 30.09.2008 beliefen sich die Beitragsrückstände für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie Säumniszuschläge auf insgesamt 275,42 EUR. Die Beklagte richtete deswegen mit Schreiben vom 30.10.2008 ein Verrechnungsersuchen nach § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) an die DRV. Nach erfolgter Anhörung verrechnete die DRV mit Bescheid vom 21.01.2009 die von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 275,42 EUR mit der bewilligten Altersrente. Für die Verrechnung würden dreimal monatlich 80,00 EUR und einmal 35,42 EUR einbehalten. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos, die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Konstanz (SG) mit - rechtskräftigem - Urteil vom 23.02.2012 ab (S 9 R 381/09). Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII bzw. SGB II werde.

Der Kläger zahlte auch weiterhin keine Beiträge an die Beklagte. Die Beklagte teilte der DRV unter Bezugnahme auf das Verrechnungsersuchen vom 30.10.2008 fortlaufend Aktualisierungen der Beitragsrückstände des Klägers mit. Für den Zeitraum vom 01.08.2008 bis 30.09.2011 teilte sie mit Schreiben vom 12.10.2011 Beitragsrückstände in Höhe von insgesamt 12.846,21 EUR einschließlich Säumniszuschlägen, Kosten und Gebühren mit.

Mit Schreiben vom 05.12.2011 hörte die DRV den Kläger im Hinblick auf eine beabsichtigte Verrechnung mit seinen Rentenansprüchen i.H.v. 500,00 EUR monatlich aufgrund der noch ausstehenden Rückstände bei der Beklagten erneut an und wies zudem darauf hin, dass die Beklagte sie zur Verrechnung ermächtigt habe. Die Verrechnung sei ausgeschlossen, wenn er hierdurch hilfebedürftig werde, was nachzuweisen sei.

Der Kläger teilte daraufhin mit Schreiben vom 26.02.2012 u.a. mit, dass er das Anhörungsschreiben als erledigt betrachte und nicht beabsichtige, der "vorgetragenen Forderung hinsichtlich der Zertifizierung der Hilfebedürftigkeit" nachzukommen.

Am 29.02.2012 erhob der Kläger Klage zum SG gegen die DRV und die Beklagte, mit der er sich gegen die Verrechnungsermächtigung der Beklagten und die Ankündigung der DRV, seine Rentenansprüche in Höhe von 500,00 EUR monatlich mit Beitragsforderungen der Beklagten zu verrechnen, wandte. Durch die Reduzierung der Rentenauszahlung blieben ihm und seiner Ehefrau künftig nur noch 286,82 EUR pro Kopf. Er habe einer Verrechnung nicht zugestimmt. Zudem könne keine Aufrechnung gegen unpfändbare Forderungen erfolgen. Des Weiteren stünden der Forderung der Beklagten bei einem Ruhen der Leistungen nach § 16 SGB V keine Leistungen gegenüber. Ferner sei der Vertrag zwischen der DRV und der Beklagten nichtig, weil seine Gegenforderungen gegenüber der Beklagten die Forderungen der Beklagten um ein Vielfaches überstiegen. Er habe Rückforderungsansprüche gegenüber der Beklagten über alle Beiträge ab Rentenbeginn bzw. seit 2005, da § 228 SGB V bzw. § 229 SGB V verfassungswidrig seien. Das Verfahren gegen beide Beklagte wurde zunächst unter dem Aktenzeichen S 9 R 498/12 geführt.

Mit Bescheid vom 08.05.2012 verrechnete die DRV ausstehende Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01.08.2008 bis 30.09.2011 zuzüglich Säumniszuschläge, Kosten und Gebühren in Höhe von 12.846,21 EUR mit der Rente des Klägers in Höhe von monatlich 500,00 EUR. Seinen hiergegen eingelegten Widerspruch wies die DRV mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2012 zurück mit der Begründung, dass der Kläger den Eintritt von Sozialhilfebedürftigkeit nicht durch Vorlage einer Bedarfsbescheinigung nachgewiesen habe, so dass die Verrechnung in Höhe von 500,00 EUR monatlich auszuführen sei. Hiergegen hat der Kläger am 02.01.2013 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben (S 1 R 11/13). Mit Beschluss vom 04.03.2013 wurde die Beklagte zu dem Verfahren beigeladen. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 05.11.2014 ab. Die dagegen vom Kläger eingelegte Berufung ist derzeit beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) anhängig (L 13 R 5090/14).

Mit Beschluss des SG vom 03.12.2012 wurde im Verfahren S 9 R 498/12 das Verfahren gegen die Beklagte abgetrennt und unter dem Az. S 10 KR 3015/12 fortgeführt. Die Klage gegen die DRV ist mit - rechtskräftigen - Gerichtsbescheid vom 04.12.2012 (S 9 R 498/12) abgewiesen worden.

Das SG wies die Klage - soweit sie sich gegen die Beklagte richtete (S 10 KR 3015/12) - mit Gerichtsbescheid vom 29.11.2013 als unzulässig ab. Soweit der Kläger mittels einer Anfechtungsklage die Aufhebung des Anhörungsschreibens begehre, sei diese bereits unzulässig, da es sich bei dem angegriffenen Anhörungsschreiben um keinen Verwaltungsakt i.S.v. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) handele. Es fehle an dem für die Verwaltungsaktqualität erforderlichen Regelungscharakter, da es sich lediglich um eine vorbereitende Handlung im Hinblick auf einen zu ergehenden Verwaltungsakt handele. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem während des Gerichtsverfahrens erlassenen Verrechnungsbescheid vom 08.05.2012, da dieser nicht nach § 96 SGG mangels Abänderung oder Ersetzung eines anderen gerichtlich anhängigen Verwaltungsaktes Gegenstand des Verfahrens geworden sei. Soweit sich der Kläger gegen die Ermächtigung der DRV zur Verrechnung durch die Beklagte wende, sei eine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG ebenfalls unzulässig. Bei der Ermächtigung handele es sich um eine empfangsbedürftige, öffentlich-rechtliche Willenserklärung. Sie gebe dem ersuchten Leistungsträger die Befugnis, im eigenen Namen über ein Recht des ersuchenden Leistungsträgers zu verfügen, indem er dessen Gegenanspruch durch Aufrechnung mit seiner Hauptforderung zum Erlöschen bringe. Durch die Ermächtigung trete kein Forderungsübergang ein. Der ermächtigende Leistungsträger bleibe Inhaber der Forderung gegen den Leistungsberechtigten. Die Ermächtigung betreffe allein das Verhältnis zwischen den Leistungsträgern. Sie sei aufgrund der fehlenden Außenwirkung kein Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) und könne, da eine Belastung insoweit von vornherein ausscheide, vom Leistungsberechtigten nicht gesondert angefochten werden (vgl. Pflüger in: jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 51 SGB I, Rn. 16 f.). Eine Belastung trete erst durch die Verrechnung selbst ein, so dass sich der Betroffene - wie vorliegend später auch im Verfahren S 1 R 11/13 erfolgt - gegen den Verrechnungsbescheid wenden müsse. Soweit der Kläger die Feststellung begehre, dass die beabsichtigte Verrechnung i.H.v. 500,00 EUR monatlich rechtswidrig sei, sei dieses Klagbegehren ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen. Zwischenzeitlich sei durch den Großen Senat des Bundessozialgerichts (BSG) höchstrichterlich entschieden, dass die Verrechnung mit einer öffentlich-rechtlichen Forderung durch Verwaltungsakt jedenfalls dann zulässig sei, wenn der Verrechnungsgegner Inhaber eines Sozialleistungsanspruchs sei und diesen nicht im Wege der Rechtsnachfolge erworben habe (vgl. BSG, U. v. 31.08.2011 - GS 2/10 - in juris). Da dieser Verrechnungs-Verwaltungsakt mithin nach der Durchführung des Vorverfahrens mit der Anfechtungsklage angegriffen werden könne und dem Kläger durch die Feststellungsklage kein weitergehender Rechtsschutz ermöglicht werde, sei letztere als subsidiär zu betrachten (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 55, Rn. 19b; SG, U. v. 04.12.2012 - S 9 R 498/12 -). Eine Klage gegen den Verrechnungsbescheid sei inzwischen anhängig.

Gegen den ihm am 03.12.2013 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 02.01.2014 Berufung eingelegt. Er führt sinngemäß aus, er halte den Gerichtsbescheid für verfahrensfehlerhaft, weil weitere Verfahren beim SG anhängig seien, die sich thematisch mit dem vorliegenden Rechtsstreit überschnitten.

Der Kläger beantragt sachdienlich gefasst,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 29.11.2013 aufzuheben und die Verrechnungsermächtigung der DRV durch die Beklagte vom 30.10.2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen in dem angegriffenen Gerichtsbescheid vom 29.11.2013.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG zu den Aktenzeichen S 10 KR 3015/12 und S 9 R 498/12, auf die Akte des LSG zu dem Aktenzeichen L 13 R 5090/14 und auf die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens betreffend das abgetrennte Verfahren gegen die Beklagte ist allein die von der Beklagten an die DRV erteilte Ermächtigung zur Verrechnung rückständiger Beitragsforderungen. Das SG hat diese Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Kläger ist insoweit nicht klagebefugt, da es sich bei der Ermächtigung nach § 52 SGB I um eine Maßnahme im Innenverhältnis zwischen den beiden Leistungsträgern handelt und nicht um einen Verwaltungsakt mit Außenwirkung gegenüber dem Kläger. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Kläger muss sich auf das Rechtsmittel gegen den aufgrund der Ermächtigung von der DRV erlassenen Verrechnungsbescheid verweisen lassen (derzeit anhängig unter dem Aktenzeichen L 13 R 5090/14).

Soweit das SG in dem Gerichtsbescheid vom 29.11.2013 auch Ausführungen zum Anfechtungsantrag gegen das Anhörungsschreiben der DRV und zum Feststellungsbegehren hinsichtlich der beabsichtigten Verrechnung von monatlich 500 EUR gemacht hat, betrifft dies zwar nicht mehr das Verfahren gegen die Beklagte, sondern das unter dem Aktenzeichen S 9 R 498/12 weitergeführte Verfahren gegen die DRV. Die Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 29.11.2013 gehen daher ins Leere. Sie beschweren den Kläger nicht. Dies gilt umso mehr, als das SG im Verfahren S 9 R 498/12 über die gegen die DRV gerichteten Anträge mit - rechtskräftigem - Gerichtsbescheid vom 04.12.2012 bereits entschieden und die Klage abgewiesen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved