Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 3/14 EK AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Es fehlt an der Besorgnis unangemessener Verfahrensdauer i.S.d. § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG, wenn zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrüge in einem erstinstanzlichen sozialgerichtlichen Verfahren nach etwas mehr als einem Jahr und neun Monaten objektiv nur noch das Kosteninteresse von Bedeutung ist, das Klagebegehren gleichwohl klarstellungsbedürftig ist, aber von Klägerseite nicht klargestellt wird und in dieser Situation seit der letzten Verfahrenshandlung des Gerichts vor der Erhebung der Verzögerungsrüge keine Sachstandsanfrage gestellt wurde.
2. Zu den Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG.
2. Zu den Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Entschädigungsklage nach § 198 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).
Im Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main ging die Klage gegen das Jobcenter Frankfurt am Main am 24. Mai 2011 ein und wird dort seitdem unter dem Aktenzeichen S 29 AS 726/11 geführt. Die Klage richtete sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 5. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2011.
Bereits am 31. Mai 2011 ging beim Sozialgericht die nachfolgend zitierte Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein: "In dem Rechtsstreit A .../. Jobcenter Frankfurt am Main ( ) wird die Klage für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte den Widerspruchsbescheid mit Bescheid vom 25.05.2011 aufgehoben hat, und beantragt, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen ( )". Unter dem Datum vom 16. Juni 2011 schrieb der Klägerbevollmächtigte: "In dem Rechtsstreit ( ) fiel aufgrund eines heutigen Telefonats mit einem Mitarbeiter der Beklagten auf, dass die angegriffenen Bescheide, in dem es um die Anrechnung des Einkommens des Herrn C. ging, nicht mit Bescheid vom 25.05.2011 aufgehoben werden sollten. Dies war für einen Dritten oder für den Unterzeichnenden nicht erkennbar. Soweit das Gericht der Ansicht ist, dass eine Aufhebung der diesbezüglichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 5.11.2011 nicht erfolgte, wird die Klage aufrechterhalten." In der am 20. Juni 2011 eingegangenen Klageerwiderung führte das beklagte Jobcenter aus: "Es wird darauf hingewiesen, dass mit Bescheid vom 25.05.2011 lediglich der Aufhebungs- u. Erstattungsbescheid v. 05.11.2010 bzgl. des Zeitraumes vom 01.06.2010 bis 31.07.2010 wegen unerlaubter Ortsabwesenheit aufgehoben wurde. ( ) Beim hier – im hiesigen Klageverfahren – streitgegenständlichen Bescheid handelt es sich um den Aufhebungs- u. Erstattungsbescheid v. 05.11.2010 i.d.F. des Widerspruchsbescheids v. 27.04.2011 bzgl. des Zeitraumes v. 01.06.2010 bis 31.07.2010 wegen Einkommenserzielung. Dieser Bescheid wurde nicht zurückgenommen; vielmehr hält der Beklagte an dessen Rechtmäßigkeit fest."
Mit Verfügungen vom 10. Oktober 2011 und vom 19. Dezember 2011 erinnerte der Kammervorsitzende an die Aktenübersendung. Auf eine Anfrage der Beklagten teilte der Kammervorsitzende nach Aktenvorlage am 19. April 2012 mit: "In dem Rechtsstreit A .../. Jobcenter Frankfurt am Main ( ) soll die Frage, ob Rückforderungsbescheide aufgehoben worden sind, im Gerichtsverfahren selbst geklärt werden ( )." Ferner wurde die Entscheidung über das PKH-Gesuch vom selben Tage übersandt.
Am 11. Februar 2013 wurde eine Verzögerungsrüge erhoben. Der Kammervorsitzende teilte mit Verfügung vom 21. April 2013 mit: "Ich habe großes Verständnis für Ihren Wunsch, dass der vorliegende Rechtsstreit vom Gericht entschieden wird. Alle Prozessbeteiligten haben einen Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz in angemessener Zeit. Die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens ist nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles zu bestimmen. ( ) Die Entscheidung darüber, wann im einzelnen Verfahren ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt wird, obliegt dem Vorsitzenden im Rahmen des ihm im Hinblick auf die Verfahrensführung durch das Sozialgerichtsgesetz eingeräumten Ermessens. Sofern der Arbeitsanfall die alsbaldige Bearbeitung und Terminierung sämtlicher zur Entscheidung anstehender Fälle nicht zulässt, muss der Vorsitzende hierfür zwangsläufig eine zeitliche Reihenfolge festlegen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht am 16.12.1980 entschieden (Aktenzeichen: 2 BvR 419/80, abgedruckt in der Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Band 55, Seiten 349-370). In der 29. Kammer des hiesigen Sozialgerichts werden derzeit Verfahren zum Kammertermin terminiert, die in der Zeit bis Ende des Jahres 2010 bei Gericht eingegangen sind. Wegen der hiesigen Belastungssituation steht noch nicht fest, wann dieser Termin stattfinden wird, insbesondere nicht, ob in diesem Kalenderjahr 2013. Bitte haben Sie bis zur Ladung Geduld. Ich bedaure, Ihnen keine erfreulichere Nachricht übermitteln zu können."
Die Entschädigungsklage ist am 24. Januar 2014 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen.
Die Klägerin ist der Rechtsauffassung, dass auch das Interesse an einer angemessenen Verfahrensdauer bis zu einer Kostengrundentscheidung nach § 198 GVG entschädigungsfähig sei. Das beklagte Land beruft sich auf die Beendigung des Rechtsstreits mit Klagerücknahme am 31. Mai 2011.
II.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt voraus, dass der Antragsteller nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, das Begehren hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§§ 73a Sozialgerichtgesetz - SGG -, 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. z. B. Beschlüsse vom 4. Februar 2004 - 1 BvR 1172/02 - NJW-RR 2004, 1053 und vom 28. November 2007 - 1 BvR 68/07 - juris) auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) und des Gebotes der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) dahingehend auszulegen, dass eine Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes erreicht wird. Allerdings ist der Unbemittelte nur einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Davon ausgehend beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Erforderlichkeit und Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist, also eine nicht fernliegende Möglichkeit besteht, das Rechtsschutzziel durch Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes jedenfalls unter Zuhilfenahme aller verfahrensrechtlich vorgesehenen Rechtsbehelfe durchzusetzen (BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 - juris; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 73a Rdnr. 7 ff.).
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen nicht vor, weil gemessen am o.g. Maßstab keine hinreichende Erfolgsaussicht besteht.
Eine Entschädigungsklage kann nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG nur Erfolg haben, wenn der Verfahrensbeteiligte zuvor bei dem mit der Sache befassten Gericht wirksam die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge).
Zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrüge lagen die Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG jedoch nicht vor. Die Verzögerungsrüge kann hiernach erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist.
Eine Besorgnis im oben genannten Sinne ist nur anzunehmen, wenn objektive Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung, unabhängig von subjektiven Vorstellungen und Empfindungen der Beteiligten, auf eine unangemessene Verfahrensdauer hindeuten (Thüringer LSG, Urteil vom 26. November 2013 – L 3 SF 915/12 EK –, juris; ähnl. Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, Kommentar, 2013, § 198 GVG Rn. 188; Scholz, SGb 2012, 19, 24). Die Besorgnis bezieht sich darauf, dass das Verfahren nicht binnen angemessener Zeit abgeschlossen wird; maßgeblich ist auch hier § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG. Nach § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, ist nicht möglich (am Maßstab von Art. 19 Abs. 4 GG: BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11 – juris), zumal Zügigkeit oder Verfahrensbeschleunigung keine absoluten Werte sind, sondern stets im Zusammenhang mit den übrigen Verfahrensgrundsätzen, insbesondere dem Amtsermittlungsgrundsatz und dem damit korrespondierenden Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer gründlichen und zutreffenden Bearbeitung durch das Gericht zu sehen sind (im Erg. ebenso für den Zivilprozess: OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2012 4 EntV 7/12). § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ist nach Entstehungsgeschichte und Zielsetzung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie des EGMR zu Art. 6, 13 EMRK auszulegen (BGH, Urteil vom 14. November 2013 – III ZR 376/12 – juris Rn. 29; Schenke, NVwZ 2012, 257, 258). § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benennt insoweit nur beispielhaft und ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind. Maßgebend bei der Beurteilung der Verfahrensdauer sind danach Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Während die rechtliche wie tatsächliche Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falls sowie die Bedeutung des Rechtsstreits Faktoren für eine notwendige Dauer angemessener Sachbehandlung und Verfahrensförderung sind, ist insbesondere das Verhalten des Entschädigungsklägers für die Frage relevant, welche Dauer der Kläger aufgrund eigenen Verhaltens als noch angemessen hinzunehmen hat. Auf der anderen Seite kann sich der Staat nicht auf solche Umstände berufen, die in seinem Verantwortungsbereich liegen (st. Rspr. des BVerfG, aus jüngerer Zeit z.B. Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Dezember 2010 – 1 BvR 404/10 – zitiert nach juris m.w.N. in Rn. 11). Bei der Verzögerungsrüge stehen für die Besorgnis naturgemäß die Umstände im Vordergrund, die sich auf die Verfahrensförderung beziehen. Da nach dem Willen des Gesetzgebers die Verzögerungsrüge vorbeugende oder präventive Funktion hat, soll eine anlasslos oder rein formal erhobene Rüge keine Wirksamkeit entfalten; unwirksam wäre danach eine Verzögerungsrüge nur in der Absicht, sich gegenüber anderen Klägern einen zeitlichen Vorteil zu verschaffen (Thüringer LSG a.a.O.). Andererseits soll sie aber auch so rechtzeitig erhoben werden, dass sie ihre präventive Funktion noch entfalten kann (kein Dulden und Liquidieren, vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 20; Söhngen, NZS 2012, 493, 469).
Gemessen an diesem Maßstab fehlte am 11. Februar 2013 eine Besorgnis, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird.
Festzustellen ist zunächst, dass hinsichtlich der Bedeutung der Sache am Prüfungsmaßstab des Prozesskostenhilfeverfahrens davon auszugehen ist, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache bereits nach ca. einer Woche beendet worden ist. Der Klägerbevollmächtigte erklärte mit am 31. Mai 2011 eingegangenem Schriftsatz die Klage "für erledigt". Der Rechtsstreit ist danach allein hinsichtlich des Kosteninteresses – hier: das Interesse am Beschluss über die Kostengrundentscheidung – noch von Bedeutung. Am o.g. Maßstab ist also eine weit unterdurchschnittliche Bedeutung der Sache festzustellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, führt die einseitige Erledigungserklärung des Klägers in sozialgerichtlichen gerichtskostenfreien Verfahren (§ 183 SGG) anders als im Zivil- und Verwaltungsprozess zur Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Die Erledigungserklärung hat hier keine eigenständige, insbesondere kostenrechtliche Bedeutung. Sie stellt sich je nach prozessualer Konstellation entweder als Klagerücknahme oder als Annahme eines von der Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses dar (BSG, Beschluss vom 29. Dezember 2005 – B 7a AL 192/05 B; Urteil vom 20. Dezember 1995 – 6 RKa 18/95, vgl. auch Wehrhahn, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 102 Rn. 2 m.w.N. auch zur Gegenansicht). Zwar hat der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom 16. Juni 2011 erklärt, die Klage aufrechterhalten zu wollen. Der Kläger kann indes die Rücknahme weder entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 BGB) anfechten noch widerrufen, denn sie ist eine gestaltende Prozesshandlung, auf die die Vorschriften des BGB über Nichtigkeit, Widerruf und Anfechtung nach allgemeiner Meinung nicht anwendbar sind (Bayerisches LSG, Urteil vom 17. April 2012 – L 20 R 545/10 – juris; vgl. auch BSG, Beschluss vom 4. November 2009 – B 14 AS 81/08 B – m.w.N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 102 Rn. 7c). Weder im Ausgangsrechtsstreit noch im Entschädigungsklageverfahren sind Umstände seitens der Klägerin vorgetragen worden oder sonst erkennbar, die ein Abweichen von diesen Grundsätzen rechtfertigen würden. Zwar ist aufgrund der vorgenannten Umstände grundsätzlich von einer unterdurchschnittlichen Schwierigkeit auszugehen; erschwerend wirkt indes der Umstand, dass der Klägerbevollmächtigte weder – wie vom SG erbeten – auf das Schreiben des Beklagten vom 17.06.2011 reagierte noch sonst nicht klarstellte, ob er tatsächlich an seinem Hauptsacheantrag festhält oder eine Kostenentscheidung begehrt. In jedem Fall war – wie auch geschehen – vom Gericht zu prüfen, ob tatsächlich ganz oder teilweise Hauptsacheerledigung durch den Bescheid vom 25. Mai 2011 eingetreten ist, wobei wiederholt an die Aktenübersendung durch das beklagte Jobcenter erinnert werden musste.
Die Verzögerungsrüge wurde nach einem Jahr und etwas mehr als acht Monate erhoben. Letzte Verfahrenshandlung vor der Verzögerungsrüge war die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch etwas mehr als neun Monate zuvor. Zum Zeitpunkt der Verzögerungsrüge hatte sich der Klägerbevollmächtigte weder deutlich dahingehend geäußert, ob er trotz der o.g. Rechtsauffassung am Hauptsacheantrag festhält oder die hier vertretene Rechtsauffassung teilt (wofür sein Vortrag im hiesigen Rechtsstreit spricht) und nunmehr am Kostenantrag festhält, noch hat er trotz dieser unklaren Situation an die Bescheidung seines Kostenantrages auch nur einmal erinnert.
Bei der Gesamtwürdigung bestand etwas mehr als neun Monaten nach der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch bei einer Gesamtverfahrensdauer von etwas mehr als einem Jahr und acht Monaten kein Anlass, eine unzureichende Verfahrensförderung hinsichtlich der noch anstehenden Kostenentscheidung zu besorgen. Maßgeblich hierfür ist die geringe Bedeutung der Sache, eine unklare Antragslage, bei der sich vor Erhebung einer Verzögerungsrüge eine Klarstellung hinsichtlich des eigenen Begehrens aufgedrängt hätte. Jedenfalls in dieser Konstellation kann insbesondere nicht ohne vorhergehende Sachstandsanfrage eine Verzögerungsrüge wirksam erhoben werden.
Rechtsfolge des Fehlens der Voraussetzungen von § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG ist die Unwirksamkeit der Verzögerungsrüge. Die Verzögerungsrüge wird auch nicht durch Zeitablauf wirksam (Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, a.a.O. § 198 GVG Rn. 193).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Entschädigungsklage nach § 198 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).
Im Ausgangsverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main ging die Klage gegen das Jobcenter Frankfurt am Main am 24. Mai 2011 ein und wird dort seitdem unter dem Aktenzeichen S 29 AS 726/11 geführt. Die Klage richtete sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 5. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2011.
Bereits am 31. Mai 2011 ging beim Sozialgericht die nachfolgend zitierte Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein: "In dem Rechtsstreit A .../. Jobcenter Frankfurt am Main ( ) wird die Klage für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte den Widerspruchsbescheid mit Bescheid vom 25.05.2011 aufgehoben hat, und beantragt, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen ( )". Unter dem Datum vom 16. Juni 2011 schrieb der Klägerbevollmächtigte: "In dem Rechtsstreit ( ) fiel aufgrund eines heutigen Telefonats mit einem Mitarbeiter der Beklagten auf, dass die angegriffenen Bescheide, in dem es um die Anrechnung des Einkommens des Herrn C. ging, nicht mit Bescheid vom 25.05.2011 aufgehoben werden sollten. Dies war für einen Dritten oder für den Unterzeichnenden nicht erkennbar. Soweit das Gericht der Ansicht ist, dass eine Aufhebung der diesbezüglichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 5.11.2011 nicht erfolgte, wird die Klage aufrechterhalten." In der am 20. Juni 2011 eingegangenen Klageerwiderung führte das beklagte Jobcenter aus: "Es wird darauf hingewiesen, dass mit Bescheid vom 25.05.2011 lediglich der Aufhebungs- u. Erstattungsbescheid v. 05.11.2010 bzgl. des Zeitraumes vom 01.06.2010 bis 31.07.2010 wegen unerlaubter Ortsabwesenheit aufgehoben wurde. ( ) Beim hier – im hiesigen Klageverfahren – streitgegenständlichen Bescheid handelt es sich um den Aufhebungs- u. Erstattungsbescheid v. 05.11.2010 i.d.F. des Widerspruchsbescheids v. 27.04.2011 bzgl. des Zeitraumes v. 01.06.2010 bis 31.07.2010 wegen Einkommenserzielung. Dieser Bescheid wurde nicht zurückgenommen; vielmehr hält der Beklagte an dessen Rechtmäßigkeit fest."
Mit Verfügungen vom 10. Oktober 2011 und vom 19. Dezember 2011 erinnerte der Kammervorsitzende an die Aktenübersendung. Auf eine Anfrage der Beklagten teilte der Kammervorsitzende nach Aktenvorlage am 19. April 2012 mit: "In dem Rechtsstreit A .../. Jobcenter Frankfurt am Main ( ) soll die Frage, ob Rückforderungsbescheide aufgehoben worden sind, im Gerichtsverfahren selbst geklärt werden ( )." Ferner wurde die Entscheidung über das PKH-Gesuch vom selben Tage übersandt.
Am 11. Februar 2013 wurde eine Verzögerungsrüge erhoben. Der Kammervorsitzende teilte mit Verfügung vom 21. April 2013 mit: "Ich habe großes Verständnis für Ihren Wunsch, dass der vorliegende Rechtsstreit vom Gericht entschieden wird. Alle Prozessbeteiligten haben einen Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz in angemessener Zeit. Die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens ist nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles zu bestimmen. ( ) Die Entscheidung darüber, wann im einzelnen Verfahren ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt wird, obliegt dem Vorsitzenden im Rahmen des ihm im Hinblick auf die Verfahrensführung durch das Sozialgerichtsgesetz eingeräumten Ermessens. Sofern der Arbeitsanfall die alsbaldige Bearbeitung und Terminierung sämtlicher zur Entscheidung anstehender Fälle nicht zulässt, muss der Vorsitzende hierfür zwangsläufig eine zeitliche Reihenfolge festlegen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht am 16.12.1980 entschieden (Aktenzeichen: 2 BvR 419/80, abgedruckt in der Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Band 55, Seiten 349-370). In der 29. Kammer des hiesigen Sozialgerichts werden derzeit Verfahren zum Kammertermin terminiert, die in der Zeit bis Ende des Jahres 2010 bei Gericht eingegangen sind. Wegen der hiesigen Belastungssituation steht noch nicht fest, wann dieser Termin stattfinden wird, insbesondere nicht, ob in diesem Kalenderjahr 2013. Bitte haben Sie bis zur Ladung Geduld. Ich bedaure, Ihnen keine erfreulichere Nachricht übermitteln zu können."
Die Entschädigungsklage ist am 24. Januar 2014 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen.
Die Klägerin ist der Rechtsauffassung, dass auch das Interesse an einer angemessenen Verfahrensdauer bis zu einer Kostengrundentscheidung nach § 198 GVG entschädigungsfähig sei. Das beklagte Land beruft sich auf die Beendigung des Rechtsstreits mit Klagerücknahme am 31. Mai 2011.
II.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt voraus, dass der Antragsteller nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, das Begehren hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§§ 73a Sozialgerichtgesetz - SGG -, 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. z. B. Beschlüsse vom 4. Februar 2004 - 1 BvR 1172/02 - NJW-RR 2004, 1053 und vom 28. November 2007 - 1 BvR 68/07 - juris) auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) und des Gebotes der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) dahingehend auszulegen, dass eine Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes erreicht wird. Allerdings ist der Unbemittelte nur einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Davon ausgehend beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Erforderlichkeit und Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist, also eine nicht fernliegende Möglichkeit besteht, das Rechtsschutzziel durch Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes jedenfalls unter Zuhilfenahme aller verfahrensrechtlich vorgesehenen Rechtsbehelfe durchzusetzen (BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 - juris; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 73a Rdnr. 7 ff.).
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen nicht vor, weil gemessen am o.g. Maßstab keine hinreichende Erfolgsaussicht besteht.
Eine Entschädigungsklage kann nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG nur Erfolg haben, wenn der Verfahrensbeteiligte zuvor bei dem mit der Sache befassten Gericht wirksam die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge).
Zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrüge lagen die Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG jedoch nicht vor. Die Verzögerungsrüge kann hiernach erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist.
Eine Besorgnis im oben genannten Sinne ist nur anzunehmen, wenn objektive Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung, unabhängig von subjektiven Vorstellungen und Empfindungen der Beteiligten, auf eine unangemessene Verfahrensdauer hindeuten (Thüringer LSG, Urteil vom 26. November 2013 – L 3 SF 915/12 EK –, juris; ähnl. Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, Kommentar, 2013, § 198 GVG Rn. 188; Scholz, SGb 2012, 19, 24). Die Besorgnis bezieht sich darauf, dass das Verfahren nicht binnen angemessener Zeit abgeschlossen wird; maßgeblich ist auch hier § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG. Nach § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Eine generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, ist nicht möglich (am Maßstab von Art. 19 Abs. 4 GG: BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11 – juris), zumal Zügigkeit oder Verfahrensbeschleunigung keine absoluten Werte sind, sondern stets im Zusammenhang mit den übrigen Verfahrensgrundsätzen, insbesondere dem Amtsermittlungsgrundsatz und dem damit korrespondierenden Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer gründlichen und zutreffenden Bearbeitung durch das Gericht zu sehen sind (im Erg. ebenso für den Zivilprozess: OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2012 4 EntV 7/12). § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ist nach Entstehungsgeschichte und Zielsetzung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie des EGMR zu Art. 6, 13 EMRK auszulegen (BGH, Urteil vom 14. November 2013 – III ZR 376/12 – juris Rn. 29; Schenke, NVwZ 2012, 257, 258). § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benennt insoweit nur beispielhaft und ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind. Maßgebend bei der Beurteilung der Verfahrensdauer sind danach Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Während die rechtliche wie tatsächliche Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falls sowie die Bedeutung des Rechtsstreits Faktoren für eine notwendige Dauer angemessener Sachbehandlung und Verfahrensförderung sind, ist insbesondere das Verhalten des Entschädigungsklägers für die Frage relevant, welche Dauer der Kläger aufgrund eigenen Verhaltens als noch angemessen hinzunehmen hat. Auf der anderen Seite kann sich der Staat nicht auf solche Umstände berufen, die in seinem Verantwortungsbereich liegen (st. Rspr. des BVerfG, aus jüngerer Zeit z.B. Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Dezember 2010 – 1 BvR 404/10 – zitiert nach juris m.w.N. in Rn. 11). Bei der Verzögerungsrüge stehen für die Besorgnis naturgemäß die Umstände im Vordergrund, die sich auf die Verfahrensförderung beziehen. Da nach dem Willen des Gesetzgebers die Verzögerungsrüge vorbeugende oder präventive Funktion hat, soll eine anlasslos oder rein formal erhobene Rüge keine Wirksamkeit entfalten; unwirksam wäre danach eine Verzögerungsrüge nur in der Absicht, sich gegenüber anderen Klägern einen zeitlichen Vorteil zu verschaffen (Thüringer LSG a.a.O.). Andererseits soll sie aber auch so rechtzeitig erhoben werden, dass sie ihre präventive Funktion noch entfalten kann (kein Dulden und Liquidieren, vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 20; Söhngen, NZS 2012, 493, 469).
Gemessen an diesem Maßstab fehlte am 11. Februar 2013 eine Besorgnis, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird.
Festzustellen ist zunächst, dass hinsichtlich der Bedeutung der Sache am Prüfungsmaßstab des Prozesskostenhilfeverfahrens davon auszugehen ist, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache bereits nach ca. einer Woche beendet worden ist. Der Klägerbevollmächtigte erklärte mit am 31. Mai 2011 eingegangenem Schriftsatz die Klage "für erledigt". Der Rechtsstreit ist danach allein hinsichtlich des Kosteninteresses – hier: das Interesse am Beschluss über die Kostengrundentscheidung – noch von Bedeutung. Am o.g. Maßstab ist also eine weit unterdurchschnittliche Bedeutung der Sache festzustellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, führt die einseitige Erledigungserklärung des Klägers in sozialgerichtlichen gerichtskostenfreien Verfahren (§ 183 SGG) anders als im Zivil- und Verwaltungsprozess zur Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Die Erledigungserklärung hat hier keine eigenständige, insbesondere kostenrechtliche Bedeutung. Sie stellt sich je nach prozessualer Konstellation entweder als Klagerücknahme oder als Annahme eines von der Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses dar (BSG, Beschluss vom 29. Dezember 2005 – B 7a AL 192/05 B; Urteil vom 20. Dezember 1995 – 6 RKa 18/95, vgl. auch Wehrhahn, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 102 Rn. 2 m.w.N. auch zur Gegenansicht). Zwar hat der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom 16. Juni 2011 erklärt, die Klage aufrechterhalten zu wollen. Der Kläger kann indes die Rücknahme weder entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 BGB) anfechten noch widerrufen, denn sie ist eine gestaltende Prozesshandlung, auf die die Vorschriften des BGB über Nichtigkeit, Widerruf und Anfechtung nach allgemeiner Meinung nicht anwendbar sind (Bayerisches LSG, Urteil vom 17. April 2012 – L 20 R 545/10 – juris; vgl. auch BSG, Beschluss vom 4. November 2009 – B 14 AS 81/08 B – m.w.N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 102 Rn. 7c). Weder im Ausgangsrechtsstreit noch im Entschädigungsklageverfahren sind Umstände seitens der Klägerin vorgetragen worden oder sonst erkennbar, die ein Abweichen von diesen Grundsätzen rechtfertigen würden. Zwar ist aufgrund der vorgenannten Umstände grundsätzlich von einer unterdurchschnittlichen Schwierigkeit auszugehen; erschwerend wirkt indes der Umstand, dass der Klägerbevollmächtigte weder – wie vom SG erbeten – auf das Schreiben des Beklagten vom 17.06.2011 reagierte noch sonst nicht klarstellte, ob er tatsächlich an seinem Hauptsacheantrag festhält oder eine Kostenentscheidung begehrt. In jedem Fall war – wie auch geschehen – vom Gericht zu prüfen, ob tatsächlich ganz oder teilweise Hauptsacheerledigung durch den Bescheid vom 25. Mai 2011 eingetreten ist, wobei wiederholt an die Aktenübersendung durch das beklagte Jobcenter erinnert werden musste.
Die Verzögerungsrüge wurde nach einem Jahr und etwas mehr als acht Monate erhoben. Letzte Verfahrenshandlung vor der Verzögerungsrüge war die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch etwas mehr als neun Monate zuvor. Zum Zeitpunkt der Verzögerungsrüge hatte sich der Klägerbevollmächtigte weder deutlich dahingehend geäußert, ob er trotz der o.g. Rechtsauffassung am Hauptsacheantrag festhält oder die hier vertretene Rechtsauffassung teilt (wofür sein Vortrag im hiesigen Rechtsstreit spricht) und nunmehr am Kostenantrag festhält, noch hat er trotz dieser unklaren Situation an die Bescheidung seines Kostenantrages auch nur einmal erinnert.
Bei der Gesamtwürdigung bestand etwas mehr als neun Monaten nach der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch bei einer Gesamtverfahrensdauer von etwas mehr als einem Jahr und acht Monaten kein Anlass, eine unzureichende Verfahrensförderung hinsichtlich der noch anstehenden Kostenentscheidung zu besorgen. Maßgeblich hierfür ist die geringe Bedeutung der Sache, eine unklare Antragslage, bei der sich vor Erhebung einer Verzögerungsrüge eine Klarstellung hinsichtlich des eigenen Begehrens aufgedrängt hätte. Jedenfalls in dieser Konstellation kann insbesondere nicht ohne vorhergehende Sachstandsanfrage eine Verzögerungsrüge wirksam erhoben werden.
Rechtsfolge des Fehlens der Voraussetzungen von § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG ist die Unwirksamkeit der Verzögerungsrüge. Die Verzögerungsrüge wird auch nicht durch Zeitablauf wirksam (Ott, in: Steinbeiß-Winkelmann/Ott, a.a.O. § 198 GVG Rn. 193).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
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