S 11 KR 538/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 KR 538/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Fortführung eines Wahltarifs zur Krankengeldzahlung.

Der 1954 geborene Kläger ist als hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger freiwillig bei der Beklagten versichert. Da das Arbeitseinkommen des Klägers die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung überstieg, wählte er nach § 19 f der Satzung der Beklagten in der bis 30.06.2014 gültigen Fassung i. V. m. § 53 Abs. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ergänzend die Aufnahme in den Krankengeldwahltarif "KG Plus" (ergänzender Krankengeldanspruch ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit mit einem kalendertäglichen Krankengeld in Höhe von 150,00 Euro zusätzlich zum gesetzlichen Krankengeld). Für diesen Wahltarif leistete der Kläger ab 01.08.2009 eine monatliche Prämie in Höhe von 81,00 Euro. Mit Schriftsatz vom 25.02.2010 bestätigte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Beginn des Wahltarifs am 01.08.2009.

Mit Bescheid vom 18.06.2014 teilte die Beklagte dem Kläger u. a. mit, dass die Überprüfung, ob der Tarif "KG Plus" wirtschaftlichen Kriterien entspreche, ergeben habe, dass die Ausgaben der Beklagten im Tarif "KG Plus" die Einnahmen lang-fristig deutlich und dauerhaft überstiegen. Der Tarif laufe zum 30.06.2014 aus. Mit dem Stichtag 30.06.2014 ende die Verpflichtung des Klägers zur Prämienzahlung. Die Prämie für Juni 2014 werde am 15.07.2014 fällig und abgebucht. Sofern der Kläger am 30.06.2014 Krankengeld aus dem Tarif "KG Plus" beziehe, werde dieses fortgezahlt; in diesem Falle seien die Prämien weiterhin fällig. Der Kläger bleibe weiterhin mit Anspruch auf gesetzliches Krankengeld versichert und erhalte die finanzielle Höchstabsicherung im Krankengeldfall.

Hiergegen legte der Kläger am 11.07.2014 Widerspruch ein (Schriftsatz vom 09.07.2014) den er mit Schriftsatz vom 16.09.2014 insbesondere damit begründete, dass für eine Einstellung des von ihm abgeschlossenen Wahltarifs keine Rechtsgrundlage bestehe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Modifizierung oder Beendigung von Wahltarifen liege - wie deren Einführung - nach § 53 SGB V grundsätzlich im Ermessen der jeweiligen Krankenkasse. Im Rahmen dieses vom Kläger ausgeübten Gestaltungsrechts sei der bisherige Krankengeldwahltarif "KG Plus" zum 30.06.2014 beendet und § 19 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung der Beklagten gestrichen worden. Aufgrund des Wegfalls der Rechtsgrundlage sei eine Weiterführung des Wahltarifs "KG Plus" über den 30.06.2014 hinaus nicht möglich (§ 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)).

Hiergegen hat der Kläger am 24.11.2014 Klage zum Sozialgericht (SG) erhoben und zur Begründung mit Schriftsätzen vom 24.11.2014, 19.02.2015, 01.04.2015 und in der nichtöffentlichen Sitzung vom 23.04.2015 insbesondere vorgetragen, dass die Beendigung des Wahltarifs für ihn eine unzumutbare Härte darstelle. Für die Beendigung dieses Tarifs bestünden keine nachvollziehbaren Gründe. Er habe keine Möglichkeit einer anderweitigen gleichwertigen Absicherung des Risikos einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Für ihn stelle die ersatzlose Einstellung des Wahltarifs einen enteignungsgleichen Eingriff dar, den er jedenfalls nicht entschädigungslos hinzunehmen habe.

Ein vergleichbarer Wahltarif der gesetzlichen Krankenkassen sei für ihn aufgrund seines Alters nicht mehr erreichbar (Schriftsatz vom 19.02.2015). Sofern gesetzliche Krankenkassen noch Wahltarife anböten, bestehe eine Altershöchstgrenze von 45 Jahren. Er habe eine vergleichbare private Zusatzversicherung angefragt. Hier betrage der Monatsbeitrag 178,20 Euro. Die Prämie sei somit mehr als doppelt so hoch als im geschlossenen Tarif der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Wahltarif sehr wohl existenzsichernd, denn der maximale Differenzbetrag von 150,00 Euro täglich wirke sich sehr wohl ganz erheblich auf die finanzielle Absicherung einer Erkrankung aus. Eine unbillige Härte liege für ihn auch darin, dass er jahrelang Prämien in Höhe von insgesamt ca. 5.000,00 Euro eingezahlt habe, ohne jemals eine Leistung in Anspruch zu nehmen.

Er habe darauf vertraut, dass die Beklagte die vereinbarten und von ihr geschuldeten Leistungen im Versicherungsfall erbringen werde (Schriftsatz vom 01.04.2015). Er könne nicht beurteilen, ob die von der Beklagten angeführten pauschalen wirtschaftlichen Gründe zuträfen oder nicht. Ein satzungs- und gesetzeskonformes Vorgehen bei der Schließung des Tarifs habe die Beklagte nicht dargelegt.

Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 24.11.2014): Der Bescheid der Beklagten vom 18.06.2014 und der Widerspruchsbescheid vom 23.10.2014 werden aufgehoben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen (Schriftsatz vom 17.12.2014).

Zur Klageerwiderung trägt die Beklagte mit Schriftsätzen vom 17.12.2014, 05.03.2015, 13.04.2015 und in der nichtöffentlichen Sitzung vom 23.04.2015 insbesondere vor, dass die Beendigung des Wahltarifs "KG Plus" zum 30.06.2014 für den Kläger keine unzumutbare Härte darstelle. Diese Tarifausprägung diene der Absicherung von Einkünften oberhalb der Beitragsbemessungsgrundlage ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit (maximal 150,00 Euro täglich). Der Kläger sei durch das gesetzliche Krankengeld gegen das Risiko einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit abgesichert. Für die Beendigung des Wahltarifs "KG Plus" bestünden nachvollziehbare Gründe. Nach Hinweis der Aufsichtsbehörde habe sich die Beklagte dazu entschlossen, aufgrund des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Wirtschaftlichkeitsgebots den Tarif "KG Plus" zu beenden. Um den Tarif wirtschaftlich zu halten, wäre eine Prämienerhöhung um das Vierfache notwendig geworden. Selbst eine Leistungsbegrenzung hätte eine deutliche Prämienerhöhung nach sich gezogen. Im Rahmen des der Beklagten zustehenden Ermessens sei aufgrund dessen die Schließung des Tarifs beschlossen und durch die Satzungsänderung vollzogen worden. Da der Wegfall des Krankengeld-Plus Tarifs kein vollständiger Wegfall der Absicherung von Ar-beitsunfähigkeit sei - der Tarif Krankengeld Plus wirke nicht existenzsichernd, sondern habe lediglich ein Aufstocken des gesetzlichen Optionskrankengeldes nach § 44 SGB V bewirkt - könne die Beklagte keine unbillige Härte in der Einstellung dieser Tarifausprägung erkennen.

Die Fortführung eines unwirtschaftlichen Tarifs könne der Beklagten daher mit Rücksicht auf die Interessen der Solidargemeinschaft nicht zugemutet werden (Schriftsatz vom 05.03.2015). Dass der Kläger darüber hinaus jahrelang Prämien eingezahlt habe, ohne jemals eine Leistung in Anspruch zu nehmen, liege in der Natur des Tarifs "KG Plus" der gesetzlichen Krankenversicherung, der nur im Versicherungsfall greife.

Allein die Satzung sei die Grundlage für den von der Beklagten angebotenen Wahltarif gewesen, zudem sei der Beitritt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung erfolgt und nicht durch Vertrag zwischen Versicherten und Krankenkasse (Schriftsatz vom 13.04.2015). Es habe daher einerseits das Recht der Beklagten bestanden, die Satzung entsprechend zu ändern und den Wahltarif für die Zukunft nicht mehr anzubieten und andererseits die Pflicht, die Beendigung des Wahltarifs nach der Satzungsänderung gegenüber dem Kläger festzustellen. Die Rechtskonformität der Satzungsänderung sei durch die Genehmigung der Aufsichtsbehörde, der Regierung von Oberbayern, Oberversicherungsamt Südbayern, mit Schreiben vom 23.06.2014 bestätigt worden.

Das Gericht hat mit Schriftsatz vom 01.06.2015 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte und der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Vorsitzende konnte ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 105 SGG).

I. Die form- und fristgerecht erhobene isolierte Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGG ist auch im Übrigen zulässig. Das Gericht entscheidet gemäß § 123 SGG über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2014 insoweit, als die Beklagte darin feststellt, dass der Wahltarif "KG Plus" zum 30.06.2014 ausläuft. Im Gegensatz zu den Wahltarifen, die Versicherte auf der Grundlage der bis zum 31.07.2009 geltenden Fassung des § 53 Abs. 6 SGB V abgeschlossen haben und deren Schließung § 319 Abs. 1 SGB V ausdrücklich regelt, fehlt eine entsprechende Vorschrift für den hier streitgegenständlichen Wahltarif "KG Plus", sodass die Feststellung der Beendigung des Wahltarifs in den hier insoweit angefochtenen Bescheiden vom 18.06.2014 und 23.10.2014 nicht nur deklaratorischer Natur ist, sondern konstitutive Wirkung hat. Dementsprechend ist im vorliegenden Fall nicht die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage, sondern die isolierte Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1 Alt. SGG die richtige Klageart.

II. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Die insoweit angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Fortsetzung des Wahltarifs "KG Plus" zu. Der bei der Beklagten zum 01.08.2009 vom Kläger gewählte Wahltarif ist wirksam zum 30.06.2014 beendet worden. Sowohl der Erlass einer Satzung einer Krankenkasse als auch eine Satzungsänderung bedarf gemäß § 195 Abs. 1 SGB V der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die Genehmigung der Satzungsänderung durch Streichung des § 19 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung der Beklagten (a. a. O.) und somit Beendigung des Wahltarifs "KG Plus" zum 30.06.2014 erfolgte durch Schreiben der Regierung von Oberbayern, Oberversicherungsamt Südbayern, vom 23.06.2014, das einen Verwaltungsakt gegenüber der Beklagten darstellt (vgl. z. B. BSG SozR 3-2200 § 700 Nr. 1 S. 2 f). Die Genehmigung ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn die Satzungsänderung steht mit höherrangigem Recht im Einklang (siehe hier-zu unter II. 3.).

Die Beendigung des Wahltarifs "KG Plus" zum 30.06.2014 durch Satzungsänderung (Streichung des § 19 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung der Beklagten) stellt eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X wegen Wegfalls der Rechtsgrundlage dar, sodass die Beklagte mit Bescheid vom 18.06.2014 zu Recht die Beendigung des Wahltarifs "KG Plus" zum 30.06.2014 festgestellt und damit die Feststellung des Wahltarifs KG Plus mit Beginn am 01.08.2009 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben hat.

1. Bei dem hier vorliegenden Wahltarif "KG Plus" handelt es sich nicht um einen verpflichtend vorgesehenen Krankengeldtarif nach § 53 Abs. 6 SGB V, sondern hierdurch wurde ein über den gesetzlichen Krankengeldanspruch hinausgehender monatlicher Zahlungsanspruch abgesichert. Der Beitritt zu einem Wahltarif erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Es handelt sich insoweit um die Ausübung eines Gestaltungsrechts und damit gerade nicht um ein auf einen Vertragsschluss gerichtetes Angebot (siehe Krauskopf in: Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand Januar 2014, § 53 SGB V Rn. 4; SG Karls-ruhe, Urteil vom 12.07.2011, S 9 KR 612/10 Rn. 18). Mit der Ausübung des Gestaltungsrechts ist der Kläger im Rahmen seiner freiwilligen Mitgliedschaft gemäß § 53 Abs. 6 SGB V i. d. F. vom 01.08.2009 (Art. 15 Nr. 4 Gv 17.07.2009, BGB l I 1990) dem ab 01.08.2009 gültigen Krankengeld-Wahltarif "KG Plus" beigetreten. Der zwischen den Beteiligten entstandene Wahltarif für das Krankengeld nach § 53 Abs. 6 SGB V ist im vorliegenden Fall - auch wenn die Beklagte zu Unrecht im Bescheid vom 25.02.2010 "den Abschluss dieses Vertrags" bestätigte - nicht als Vertragsverhältnis zu werten. Privatrechtliche Vereinbarungen zur Herbeiführung der einzelnen Voraussetzungen einer Versicherung zwischen dem Versicherungsträ-ger und dem zu Versichernden sind grundsätzlich nicht vorgesehen (vgl. Padé in: Juris PK - SGB IV, 2 Aufl. 2011, § 2 Rn. 4). Darüber hinaus ist die Beitrittserklärung des Klägers nach deren Rechtscharakter nicht auf die Herbeiführung eines Vertragsverhältnisses gerichtet (so zu Recht bzgl. des zum 31.07.2009 geschlossenen Wahltarifs "AOK-Krankengeld": SG Karlsruhe, Urteil vom 12.07.2011, S 9 KR 612/10).

Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass - soweit ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis unterstellt wird - die Beklagte nach den einzig in Betracht kommenden Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 53 ff. SGB X) berechtigt gewesen wäre, den Vertrag nach § 59 Abs. 1 SGB X zu kündigen. Denn die Satzungsänderung stellt eine grundlegende Änderung der maßgeblichen Verhältnisse dar (vgl. BVerfGE 34, 216, 232), die die Beklagte zur Kündigung berechtigt hätte (§ 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X).

2. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers kann der Wahltarif jedoch nur solange beansprucht werden, wie er auch von der Beklagten angeboten wird. Versicherten kann nur dann ein Wahltarif nach § 53 SGB V angeboten werden, wenn eine entsprechende Grundlage in der Satzung der Krankenkasse geschaffen wurde (Krauskopf in: Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand Januar 2014, § 53 Rn. 5; SG München, Gerichtsbescheid vom 25.03.2015, S 12 KR 1163/14). Die Satzung war die rechtliche Grundlage für das Angebot des streitgegenständlichen Wahltarifs. Die Modifizierung oder Beendigung von Wahltarifen liegt - wie deren Einführung nach § 53 SGB V - grundsätzlich im Gestaltungsermessen der jeweiligen Kranken-kasse. Im Rahmen dieses Gestaltungsrechts beendete die Beklagte den bisherigen Krankengeld-Wahltarif "KG Plus" zum 30.06.2014 durch Streichung des § 19 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung der Beklagten.

Eine fehlerhafte Ausübung des der Beklagten eingeräumten Gestaltungsermessen bei der Satzungsänderung, das der gerichtlichen Nachprüfung Grenzen setzt, ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte dabei ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten und sich nicht von willkürlichen Erwägungen, sondern von sachdienlichen Kriterien leiten lassen.

Eine wirtschaftliche Ausgestaltung des Tarifs "KG Plus" hätte - worauf die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.03.2015 hinweist und was im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist - eine Prämienerhöhung um das Vierfache nach sich gezogen. Die Fortführung eines unwirtschaftlichen Tarifs kann der Beklagten insbesondere mit Rücksicht auf die Interessen der Solidargemeinschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zugemutet werden.

3. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass sich der Kläger weder auf Vertrauensschutz noch auf das Vorliegen eines enteignungsgleichen Eingriffs berufen kann. Insoweit trägt er vor, dass ein vergleichbarer Wahltarif der gesetzlichen Krankenkassen für ihn aufgrund seines Alters nicht mehr erreichbar sei. Sofern gesetzliche Krankenkassen noch Wahltarife anböten, bestehe eine Altershöchstgrenze von 45 Jahren. Bei der von ihm angefragten vergleichbaren privaten Zusatzversicherung betrage der Monatsbeitrag 178,20 Euro. Diese Prämie sei also mehr als doppelt so hoch als im geschlossenen Tarif der Beklagten.

Eine Berufung des Klägers auf Vertrauensschutz ist schon deshalb rechtlich unbehelflich ist, weil es sich bei dem Wahltarif "KG Plus" lediglich um ein Aufstocken des gesetzlichen Krankengeldes nach § 44 SGB V handelt und der Wahltarif "KG Plus" nicht existenzsichernd wirkt. Mit seinem Wegfall ist kein vollständiger Wegfall der Absicherung von Arbeitsunfähigkeit verbunden. Die Ausübung des Gestaltungsermessens durch die Beklagte ist nicht zu beanstanden, denn die Beklagte hat wegen Unwirtschaftlichkeit einen Wahltarif geschlossen und dabei die Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der Interessen der Solidargemeinschaft höher bewertet als den teilweisen Wegfall eines - nicht existenzsichernden - Krankengeldes. Derartige Vertrauensschutzgesichtspunkte waren von der Beklagten bei der Satzungsänderung in typisierender Weise in Bezug auf alle Versicherten mit dem Wahltarif "KG Plus" zu beachten, sodass es letztlich auf die konkrete Höhe des dem Kläger seit 01.07.2014 zustehenden täglichen Krankengeldes (nach Wegfall des Wahltarifs "KG Plus") nicht ankommt. Aus den dargelegten Gründen ist auch ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht ersichtlich.

Das Gericht vermag der Argumentation des Klägers auch insoweit nicht zu folgen, als dieser vorträgt, dass die ersatzlose Einstellung des Wahltarifs "KG Plus" einen enteignungsgleichen Eingriff darstelle, der jedenfalls nicht entschädi-gungslos hinzunehmen sei. Art. 14 Grundgesetz (GG) schützt das Eigentum, d. h. alle konkreten, vermögenswerten Rechtspositionen, die dem Einzelnen als Ausschließlichkeitsrechte zur privaten Nutzung und zur eigenen Verfügung zugeordnet sind (siehe hierzu z. B. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.06.2013, 1 BvR 1148/13; BVerfG, Urteil vom 16.07.1985, 1 BvL 5/80, 1 BvR 1023/83, 1 BvR 1227/84). Der Eigentumsgarantie kommt die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen (BVerfG, Urteil vom 01.03.1979, 1 BvR 532/77 u. a.). Sie schützt den konkreten Bestand an vermögenswerten Gütern vor ungerechtfertigten Eingriffen durch die öffentliche Gewalt.

Im Gegensatz hierzu geht es im vorliegenden Fall lediglich um eine - rechtlich nicht geschützte - Aussicht des Klägers auf Fortbestand der Satzung mit dem bisherigen Regelungsgehalt bezüglich des nicht existenzsichernden Wahltarifs "KG Plus". Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger Entschädigung nicht beantragt hat.

4. Aus den dargelegten Gründen stellt die Beendigung des Wahltarifs "KG Plus" für den Kläger auch keine unzumutbare Härte dar. Vielmehr handelt es sich lediglich um ein Aufstocken des gesetzlichen Krankengeldes. Soweit der Kläger das Vorliegen einer unbilligen Härte damit begründet, dass er jahrelang Prämien in Höhe von insgesamt ca. 5.000,00 Euro eingezahlt habe, ohne jemals eine Leistung in Anspruch genommen zu haben, ist ihm entgegen zu halten, dass es sich hierbei um das typische Versicherungsrisiko handelt, das nicht lediglich mit dem Wahltarif "KG Plus" verbunden ist, sondern Teil des Versicherungsprinzips der gesetzlichen Krankenversicherung ist, ohne dass sich daraus Ansprüche der Versicherten auf Erstattung der Prämien ergeben.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die insoweit angefochtenen Bescheide aufgrund des Wegfalls der Rechtsgrundlage rechtmäßig sind, sodass die Klage abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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