Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
12
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 12 SB 272/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 SB 400/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 SB 64/17 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger stellte am 21.10.2014 einen Antrag auf Fest-stellung eines GdB beim Beklagten. Im Rahmen der Antragstellung gab er an, er lei-de unter einem Diabetes mellitus Typ I. Die Nachtruhe sei eingeschränkt, da er aus Angst vor schweren Unterzuckerungen während des Schlafes, seinen Blutzucker auch sehr spät noch messen müsse. Mahlzeiten könne er nicht genießen, da es in erster Linie darum gehe, die Blutzuckerwerte auf einem guten Niveau zu halten, um keine Folgeerkrankungen wie Blindheit oder Amputationen zu riskieren. Aus Angst vor den erwähnten Folgeerkrankungen durch schlechte Blutzuckerwerte müsse er häufig messen (vier- bis sechsmal an "normalen" Tagen und bis zu zehnmal an "ext-remeren" Tagen, z.B. beim Sport). Sportliche Aktivitäten ließen sich nur schwer be-wältigen und erforderten häufigeres Blutzuckermessen und gegebenenfalls Mahlzei-ten, die ungeplant seien sowie häufigere Ruhezeiten. Bei der Ausübung von Mann-schafts-/Teamsportarten sei er daher eingeschränkt. Ausflüge und Urlaubsreisen seien aufwändig zu planen. Er müsse die Insulinmenge beachten und "Reserve-Insulin" mitführen. Bei längeren Reisen, z.B. mit dem Flugzeug, gebe es Probleme bei den Kontrollen, insbesondere bezüglich der Nadeln und Messstreifen sowie dem Insulin. Er müsse sich auch stets gegenüber Menschen, die es an sich nichts angehe rechtfertigen bzw. erklären. Darüber hinaus müsse immer Notfall-Traubenzucker mit-führen und die Menschen unterrichten, dass sie ihm bei Unterzuckerung helfen, auch wenn es im ersten Moment so scheine, als ob man betrunken sei (Zittern, unver-ständliches Sprechen, etc.). Im Beruf seien die Blutzuckermessungen und Insulinga-ben bei Tisch nicht angebracht, was dazu führe, dass er auf der Toilette (wie ein Süchtiger) seine Messung und Injektion vornehmen müsse. Konferenzen müssten unterbrochen werden, wenn es Zeit für die Messung/Injektion sei. Er leide unter Missempfindung in den Extremitäten, speziell wenn der Blutzuckerspiegel nicht gut sei. Auch sein Sexualleben sei grob eingeschränkt, da insbesondere hier der Blutzu-ckerwert schwanke und gegebenenfalls wieder Messungen erforderlich seien. Mit anderen Worten drehe sich die Bewältigung des "normalen" Alltags nur noch um gute Blutzuckerwerte. Er könne die Liste der Beeinträchtigungen noch fortführen. Er gab gegenüber dem Beklagten an, er spritze Humalog® und Lantus®, Letzteres nach einem festen Plan, im Übrigen in Abhängigkeit von den Blutzuckerwertmessungen und Aktivitäten. Darüber hinaus legte der Kläger dem Beklagten ein Blutzuckertage-buch für Oktober 2014 vor.
Der Beklagte holte einen Befundbericht des Augenarztes Dr. L. und Allgemeinmedi-ziners und Diabetologen Dr. E. ein und wertete diese durch seinen ärztlichen Dienst aus. Dieser kam zu der Einschätzung, die beim Kläger bestehende insulinpflichtige Zuckerkrankheit bedinge einen GdB von 40.
Mit Bescheid vom 18.12.2014 stellte der Beklagte beim Kläger ab dem 21.10.2014 einen GdB von 40 fest.
Unter dem 20.12.2014 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, bei ihm sei entsprechend der geltenden Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 50 in Ansatz zu bringen. Der therapeutische Aufwand, um seinen Blutzuckerspiegel stabil und im "Normbereich" zu halten bedeute für ihn eine extreme Behinderung. Die Angst vor Folgeschäden sei sein täglicher Begleiter, zumal sein familiärer Hintergrund gezeigt habe, was schlechte Blutzuckerwerte auslösen. So sei beispielsweise sein Vater im Alter von 60 Jahren an den Folgen eines Diabetes verstorben. Seine Niere sei stark angegriffen gewesen und habe entfernt werden müssen, er habe ein Hörgerät tragen müssen und die Sehkraft habe noch ca. 30 % betragen. Empfindungsstörungen in Extremitäten, wenn der Blutzucker-spiegel nicht gut sei, lösten bei ihm regelmäßig leichte Panik vor eintretenden Folge-schäden aus. Vor diesem Hintergrund messe er sehr häufig, was auch schon die Empfindlichkeit seiner Fingerkuppen beeinträchtigt habe. Auch müsse er besonders auf Verletzungen seiner Füße achten, um Schädigungen von Nerven und Gefäßen frühzeitig zu erkennen. Dies alles habe eine ständige Selbstkontrolle zur Folge. Im Alltag beschäftige er sich fast ausschließlich mit dem Erreichen guter Blutzuckerwer-te. Bei Nahrungsmitteln bevorzuge er bekannte Lebensmittel und Gerichte. Neue Speisen könne er kaum unbeschwert probieren, was speziell im Urlaub ein großes Problem für ihn darstelle. Es gebe teils Störung der Nachtruhe und Partnerschaft. Sportliche Aktivitäten seien ebenfalls eingeschränkt. Auch die Tatsache, dass Unter-zuckerungen auf die Umgebung "befremdlich" wirkten belaste ihn. Die mit seinem Beruf als Projektleiter verbundene Reisetätigkeit lasse ihn die Beeinträchtigungen besonders spüren. In diesem Zusammenhang verwies er erneut auf die bereits im Antrag dargelegten Probleme. Hinsichtlich der Blutzuckereinstellung sei zu berück-sichtigen, dass es auch immer wieder Hyper- (( 50-60 mg/dl) und Hypoglykämien () 180 mg/dl) gebe.
Der ärztliche Dienst des Beklagten nahm hierzu Stellung und führte aus, dass beim Kläger nach den vorliegenden Unterlagen viermal am Tag Insulin gespritzt und ent-sprechende Blutzuckerwerte gemessen würden. Entgleisungen im Sinne einer Hypo-glykämie mit erforderlichem Fremdbedarf seien nicht objektiviert, so dass der GdB nach wie vor mit 40 angemessen bewertet sei. Die diabetischen Retinopathie habe zu keiner Sehminderung sei daher nicht erhöhend zu berücksichtigen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2015 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 31.03.2015 erhobene Klage. Im Rahmen der Klagebe-gründung hat der Kläger im Wesentlichen die bereits im Verwaltungswiderspruchs-verfahren gemachten Ausführungen wiederholt. Darüber hinaus hat er ein Blutzu-ckertagebuch betreffend den Zeitraum von Juli 2014 bis einschließlich März 2015 vorgelegt.
Das Gericht hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des behandelnden Augenarztes Dr, L. und des Facharztes für Allgemeinmedizin und Diabetologen Dr. E ... Die Beteiligten haben hierzu Stellung genommen. Darüber hin-aus hat das Gericht ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Arbeitsmedizin – Sozialmedizin – Dr. Q. in Auftrag gegeben, welches dieser – nach Untersuchung des Klägers am 07.08.2015 - gegenüber dem Gericht am 13.08.2015 erstattet hat.
Am 27.10.2015 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, in dessen Rahmen der Kläger erneut auf die bei ihm bestehenden Beeinträchtigungen hinge-wiesen hat.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18.12.2014 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2015 zu verurteilen, den GdB des Klägers ab 21.10.2014 mit 50 zu bewerten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung in der Beklagte im wesentlichen Bezug auf die Stellungnahme des ärztlichen Dienstes sowie die Ausführungen im Gutachten des Herrn Dr. Q ...
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezo-gene Verwaltungsakte Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakte, deren wesentli-cher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genom-men.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Be-scheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Ihm steht derzeit kein höherer GdB als 40 zu.
Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versor-gungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wech-selseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Ur-teil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversor-gungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungs-medizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Me-thoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchti-gungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-grades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderun-gen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Ge-samtausmaßes der Behinderung zu schließen.
Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizini-schen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen Grundsät-zen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätz-lich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuwei-sen (vgl. BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = juris Rn. 14; Bayerisches LSG Urteil vom 18.06.2013 – L 15 BL 6/10 = juris Rn. 67 ff.; Bayerisches LSG Urteil vom 05.02.2013 – L 15 SB 23/10= juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrschein-lichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünfti-ger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R = juris Rn. 11), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris Rn. 14). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen.
Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die bei dem Klä-ger vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht die Feststellung eines GdB von mehr als 40 rechtfertigen.
Der Kläger leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Wesentli-chen unter
1. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus (Typ I) 2. Retinopathia diabetica, Z.n. Retinopathia centralis serosa 3. Funktionsstörung der linken oberen Gliedmaße
Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, sowie des Gutachten des Dr. Q. fest. Das Gutachten beruht auf um-fangreichen Untersuchungen eines erfahrenen Internisten und Sozialmediziners, die unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in dem Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Beteiligten haben auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststellungen erhoben. Lediglich die sozialmedizinische Bewertung ist bis zuletzt umstritten geblieben.
Im Vordergrund steht beim Kläger der insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ I mit gesicherter diabetischer Netzhauterkrankung (Retinopathia diabetica) Gemäß Teil B Ziffer 15.1 Versorgungsmedizinischen Grundsätze in der aktuellen Fassung der Fünf-ten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Versordnung (5. VersMedVÄndV) vom 11.10.2012 (BGBl. I, S. 2122) gilt hinsichtlich der Beurteilung eine Zuckerkrankheit Folgendes:
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststel-lung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung be-einträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 30 bis 40.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindes-tens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selb-ständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Le-bensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulin-dosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50
Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen.
Schon der Wortlaut der Norm macht deutlich, dass für die Annahme eines GdB von (mindestens) drei Beurteilungskriterien erfüllt sein müssen. Es müssen (1.) täglich mindestens vier Insulininjektionen durchgeführt werden. Es muss darüber hinaus (2.) eine selbständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzu-cker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung erfolgen sowie (3.) eine gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung durch erhebliche Einschnitte vor-liegen. Hierbei ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu berücksich-tigen, dass diese drei Kriterien in einer Gesamtschau die sachgerechte Beurteilung des Gesamtzustands erleichtern sollen (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R = juris Rn. 16 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 34).
Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger regelmäßig vier Mal am Tag den Blutzuckerspiegel misst und in Abhängigkeit von den hierbei ermittelten Werten sich Humalog® (Wirkstoff: Insulinlispro) spritzt. Darüber hinaus spritzt er sich einmal Lantus® (Wirkstoff: Insulin glargin) in einer festen Dosis von 30 Einheiten. Für die Kammer steht dies fest aufgrund der Angaben des Klägers sowie dem von die-sem eingereichten Blutzuckertagebuch, welches die Zeit vom 09.07.2014 bis zum 29.03.2015, also einen Zeitraum von fast neun Monaten umfasst. Das an wenigen Tagen auch weniger als vier Mal gemessen wurde ist insoweit unerheblich (BSG Ur-teil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 35). Beim Kläger bestehen – auch dies steht zur Überzeugung der Kammer fest – durch die Erkrankung und dem deswegen nachvollziehbar betriebenen Therapieaufwand auch stärkere Teilhabebeeinträchtigungen im Sinne des Teil B Ziffer 15.1, nicht je-doch die für die Annahme eines GdB von 50 erforderlichen, darüber hinausgehenden erheblichen Einschnitten mit gravierenden Beeinträchtigungen der Lebensführung. Letztere sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur unter strengen Voraussetzungen zu bejahen (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R =juris Rn. 21). Die Kammer folgt dieser höchstrichterlichen Auslegung. Für sie spricht in der Tat die Formulierung in der Vorschrift, die eine für einen Normtext seltene Häufung einschränkender Merkmale ("erheblich", "gravierend", "ausgeprägt") enthält. Die mit der vorausgesetzten Insulintherapie zwangsläufig verbundenen Einschnitte sind nicht geeignet sind, eine zusätzliche ("und") gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung hervorzurufen. Berücksichtigungsfähig ist daher nur ein dieses hohe Maß noch übersteigender, besonderer Therapieaufwand. Daneben kann - wie oben ausgeführt - ein unzureichender Therapieerfolg die Annahme einer ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung rechtfertigen. Schließlich sind auch alle anderen durch die K r a n k h e i t s f o l g e n herbeigeführten erheblichen Einschnitte in der Lebensführung zu beachten (BGS Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R =juris Rn. 21). Der Kläger hat gegenüber dem Gutachter angegeben, ab Werten unter 55 mg/dl er-lebe er Sehstörungen und habe Schweißausbrüche. Die Auswertung der vom Kläger vorgelegten Messwerte zeigt, dass es im Laufe von ca. 9 Monaten immer wieder zu Schwankungen im Blutzucker gekommen ist, teilweise im hypo-, teilweise im hyperglykämischen Bereich. Der Gutachter Dr. Q. weist im seinem Gutachten darauf hin, dass in diesem zeitlichen Fenster bei 42 Messungen Werte unter 55 mg/dl (der Gutachter verwendet hier die entsprechende Einheit mg%) zu verzeichnen gewesen seien. Hierbei handelt es sich um Werte, die auch nach Auffassung der Kammer zweifellos in den hypoglykämischen Bereich zu rechnen sind (vgl. zur Schwierigkeit der Bestimmung eines "Grenzwertes" Matthaei/Kellerer [Hrsg.], Evidenzbasierte Leit-linie zur Therapie des Typ-1-Diabetes, 2011, S. 63; Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 86, wonach der von der American Diabetes Association in Vorschlag gebrachte Wert von 70 mg/dl eher zu hoch gegriffen sein dürfte; Ballteshofer/Claussen/Häring/et. al., Endokrinologie und Diabetes, 2009, S 154 [(50 mg/dl]; Götsch [Hrsg.], Allgemeine und spezielle Krankheitslehre, 2. Aufl. 2011, S. 360 [(40 mg/dl]; allgemein zur Hypoglykämie vgl. Siegenthaler/Blum [Hrsg.], Klinische Pathophysiologie, 9. Aufl. 2006, S. 95). Aller-dings ist zu berücksichtigen, dass offenbar jedes Mal durch Gabe von Trau-benzucker (so der Kläger gegenüber dem Gutachter) oder sonstigen Maßnahmen wesentliche Auswirkungen der Unterzuckerung vermieden werden konnten. Es sind bislang – dies ergibt sich auch aus dem Befundbericht des behandelnden Diabetologen Dr. E. keine akut notwendigen Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte schwere Hypoglykämien oder gar ein hypoglykämischer Schock objektiviert. Dass – wie der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung angemerkt hat – gerade in Unterzuckerungssituationen die Messung dem Stadium der stärksten Unterzucke-rung nachfolgt, da zunächst Gegenmaßnahmen eingeleitet und dann gemessen wird, ist für die Kammer durchaus nachvollziehbar. Objektivierte Anhaltspunkte, ob und wie häufig solche Situationen waren, sind indes nicht gegeben. Darüber hinaus bleibt es im Übrigen bei der bereits getätigten Feststellung, dass der Kläger die Situationen offensichtlich ohne – jedenfalls ärztliche – Hilfe wieder in den Griff bekommen hat.
Ausweislich des dem Gutachter vorgelegten Blutzuckerpass betrug der HbA1c am 10.07.2014 5,8%, am 13.01.2015 5,6%, am 16.04.2015 6,3% und am 04.08.2015 5,4%. Dieser Wert ermittelt den Anteil des glykierten Hämoglobins in den Erythrozy-ten und stellt derzeit das wichtigste Maß für die Qualitätsbeurteilung der Blutzucker-einstellung der jeweils letzten zwei Monate dar (Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 9 f.; Hä-ring/Gallwitz/Wieland/Usadel/Mehnert, Diabetologie in Klinik und Praxis, 6. Aufl. 2011, S. 107 f.) Der beim Kläger ermittelte Wert ist nach Auffassung des Gutachters, der sich die Kammer anschließt, in einem sehr guten Bereich (vgl. dazu Matthaei/Kellerer [Hrsg.], Evidenzbasierte Leitlinie zur Therapie des Typ-1-Diabetes, 2011, S. 16 f.; Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 10). Unter Berücksichtigung der Werte der konkreten Blutzuckermes-sungen und den ermittelten HbA1c -Werten steht – auf Grundlage des Gutachtens des Dr. Q. – zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger über den zweifellos die Lebensführung einschränkenden Therapieaufwand hinaus, nicht noch zusätzlich durch eine schlechte Einstellungsqualität in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben in der Gesellschaft erheblich beeinträchtigt ist. Der Kläger arbeitet in einer verantwortungsvollen Position als Projektmanager und ist in diesem Zusammenhang auch häufiger dienstlich auf Reisen. Wie bereits oben dargelegt sind bislang keine schweren hypoglykämischen Entgleisungen mit erforder-licher Fremdhilfe objektiviert. Es ist bislang auch nicht zu Zeiten von Arbeitsunfähig-keit aufgrund der Erkrankung gekommen. Mit Ausnahme einer diabetischen Retino-pathie, die indes auf die Sehkraft des Klägers bislang keine Auswirkungen hat – was für die Kammer insbesondere auf Grund des eingeholten Befundberichts des behan-delnden Augenarztes feststeht – sind Folgeschäden an anderen Organen bislang nicht objektiviert (zur Prävalenz der diabetischen Retinopathie bei Typ I Diabetikern, vgl. Siegenthaler/Blum [Hrsg.], Klinische Pathophysiologie, 9. Aufl. 2006, S. 98). Die Kammer teilt die Auffassung des behandelnden Augenarztes, dass aus ophthalmolo-gischer Sicht kein GdB zu berücksichtigen ist. Soweit der Kläger gelegentliches Krib-beln und Taubheit von den Knöcheln bis zu den Zehen berichtet hat, lassen sich pa-thologische Befunde nicht sichern. Anzeichen für eine diabetische Polyneuropathie finden sich weder im Befundbericht des behandelnden Diabetologen noch im Gut-achten des Dr. Q ... Dr. Dieck bescheinigt, der Bereich der Füße sei ohne Befund auch die Temperaturempfindung sei nicht gestört. Der Test nach Rydel-Seiffer ergab normgerechte Ergebnisse (vgl. zu diesem Test Haak/Pallizsch, Diabetologie für die Praxis, 2012, S. 201 f.). Dr. Q. beschreibt, dass der Patella- und Achillessehnen-reflex seitengleich auslösbar war. Auch ansonsten waren keine pathologischen Re-flexe zu finden. Eine Störung der Oberflächensensibilität an den unteren Extremitä-ten fand sich ebenfalls nicht. Das Kalt-Warm-Empfinden war intakt, spitz und stumpf konnten unterschieden werden. Vor dem Hintergrund eines unauffälligen Urinstatus und normalen Kreatininwerten fand Dr. Q. auch keinen Anhalt für das Vorliegen einer relevanten diabetischen Nephropathie.
Die Kammer verkennt nicht, dass dies alles zweifellos der besonders guten Umset-zung einer krankheitsbedingt erforderlichen Therapie mit den damit verbundenen Restriktionen und Besonderheiten geschuldet ist. Soweit der Kläger insbesondere bei (privaten oder dienstlich veranlassten) Reisen oder bei gesellschaftlichen bzw. dienstlichen Zusammenkünften Einschränkungen geschildert hat, sind diese letztlich allein Folge der Notwendigkeit zur Insulingabe und sind für den Kläger einschränkend und belastend, stellen nach Auffassung der Kammer indes keine gravierenden Einschnitte im Sinne der oben dargestellten restriktiven bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung dar.
Der Kläger ist in seiner Mobilität nicht eingeschränkt. Er unternimmt umfangreiche Dienstreisen, fährt gelegentlich Mountainbike und geht stramm spazieren. Diese Ak-tivitäten sind, dies verkennt die Kammer nicht, zwar mit einem erhöhten planerischen Aufwand verbunden, letztlich indes – wenngleich unter erschwerten Bedingungen, etwa weiterer Blutzuckermessungen - nicht ausgeschlossen. Der Umstand, dass der Kläger ggf. intensiven Sport nicht mehr ausüben kann, lässt nach Auffassung der Kammer keinen Rückschluss auf "gravierende" Teilhabeeinschränkungen zu (so zu-treffend auch LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 27.08.2014 – L 7 SB 23/13 = juris Rn. 38). Auch der Umstand, dass die Insulindosis auf die Mahlzeiten (und alle übrigen Betätigungen) abgestimmt werden muss, ist Teil der Therapie. Soweit der Kläger angibt, er könne nicht so ohne Weiteres im Restaurant essen, so trifft das insoweit zu, als die Zuckerwerte dann zu kontrollieren und einzustellen sind. Krankheitsbedingt ausgeschlossen ist dies nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung der durchgeführten Beweisaufnahme nicht. Soweit der Kläger geltend macht, es sei ihm unangenehm, seine Erkrankung gegen-über anderen zu offenbaren, ist nach Auffassung der Kammer darauf zu verweisen, dass jeder, der an Diabetes mellitus erkrankt ist und auf die Einnahme von Insulin angewiesen ist, vor dem Problem steht, auf mit der Krankheit unvertraute Mitmen-schen zu treffen. Die damit verbundene psychische Belastung ist in der Höhe des GdB bereits berücksichtigt (so zutreffend LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 14.10.2014 – L 7 SB 35/12 = juris Rn. 37). Soweit der Kläger sich darauf beruft aufgrund der Erfahrungen im engsten Familienkreis, besondere Angst vor den Folgen der Zuckerkrankheit zu haben, so ist dies zweifellos eine Motivation für die strikte – und offensichtlich von Erfolg gekrönte – Einhaltung der Therapie. Eine erhöhende Berücksichtigung kommt nach Auffassung der Kammer indes nicht in Betracht, da ein insoweit bestehender Krankheitswert bislang nicht im Ansatz objektiviert ist. Die Tatsache, dass eine – vom Kläger aus naheliegenden Gründen nicht in Betracht gezogene – Vernachlässigung des konsequenten Therapieverhaltens und der strik-ten Lebensführung zu einer schlechteren Stoffwechsellage, mit der Folge eines ggf. höheren GdB, führen würde, begründet keinen Anspruch auf einen höheren GdB des Klägers (vgl. BSG Urteil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 48).
Für das Funktionssystem der oberen Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.13 der Versorgungsmedizinische Grundsätze nach Auffassung der Kammer derzeit ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen.
Die gutachterliche Untersuchung der Schultergelenke durch Dr. Q. ergab eine links eine stärker eingeschränkte Ante-/Retroversion von 90°/0°/20° bei einer mäßiggradigen Einschränkung der Abduktion/Adduktion links 120/0°/20°. Rechts wa-ren die nach der Neutral-Null-Methode ermittelten Bewegungsausmaße 160°/0°/30° (Ante-/Retroversion) und 170°/0°/20° (Abduktion/Adduktion) weitgehend normgerecht (vgl. zur normgerechten Beweglichkeit des Schultergelenks, Buckup/Buckup, Klini-sche Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S 95). Hintergrund dieser Einschränkung ist nach den Feststellungen des Gutachters Dr. Q., die beim Kläger nach einer Clavikulafraktur (Bruch des Schlüsselbeins) im Februar 2015 ein-gesetzte Platte. Die Operation war zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. Q. bereits ca. sechs Monate her und es fand sich – trotz einer Einschränkung der Beweglichkeit links in der Bewegungsebene ventral/dorsal auf derzeit noch 90° be-steht – in der seitlichen Bewegungsebene eine Beweglichkeit von bis zu 120°, was nach Auffassung der Kammer hier in der Gesamtschau keinen GdB von 20 gerechtfertigt erscheinen lässt. Darüber hinaus nach Einschätzung des Gutachters nach Entfernung der Platte mit einer weiteren Besserung der Beweglichkeit zu rechnen (vgl. zur Prognose der Ausheilung einer Schlüsselbeinfraktur, Müller-Mai/Ekkernkamp, Frakturen, 2010, S. 912).
Die im ophthalmologischen Bereich bestehenden Beeinträchtigungen im Sinne der Retinopathien wurden bereits in der Bewertung des GdB mit berücksichtigt. Augen-ärztlich bedingt dies – die Kammer schließt sich insoweit der Einschätzung des be-handelnden Augenarztes und des Dr. Preim an – keinen eigenständigen GdB.
Wesentliche weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die einen GdB bedingen könnten sind nicht objektiviert.
Vor diesem Hintergrund ist bei dem Kläger § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein Gesamt-GdB von 40 zu bil-den.
§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchti-gungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigun-gen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammen-schau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-gutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Be-weiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrach-tungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich ver-stärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
Absolut im Vordergrund stehen beim Kläger die Beeinträchtigungen im Zusammen-hang mit dem Diabetes des Klägers. Diese bedingen – wie oben ausführlich darge-legt – einen GdB von 40. Die daneben bestehende Bewegungseinschränkung der linken Schulter ist mit einem GdB von 10 nicht geeignet, den GdB zu erhöhen. Selbst wenn man – für den Kläger wohlwollend – den GdB insoweit mit 20 bewerten wollte, so wäre dieser Wert zweifellos, im Hinblick auf die Beweglichkeit des Armes seit-wärts, nur soeben erreicht und ebenfalls nicht geeignet, den GdB auf mehr als 40 zu erhöhen.
Die begehrte Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft kommt damit derzeit nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger stellte am 21.10.2014 einen Antrag auf Fest-stellung eines GdB beim Beklagten. Im Rahmen der Antragstellung gab er an, er lei-de unter einem Diabetes mellitus Typ I. Die Nachtruhe sei eingeschränkt, da er aus Angst vor schweren Unterzuckerungen während des Schlafes, seinen Blutzucker auch sehr spät noch messen müsse. Mahlzeiten könne er nicht genießen, da es in erster Linie darum gehe, die Blutzuckerwerte auf einem guten Niveau zu halten, um keine Folgeerkrankungen wie Blindheit oder Amputationen zu riskieren. Aus Angst vor den erwähnten Folgeerkrankungen durch schlechte Blutzuckerwerte müsse er häufig messen (vier- bis sechsmal an "normalen" Tagen und bis zu zehnmal an "ext-remeren" Tagen, z.B. beim Sport). Sportliche Aktivitäten ließen sich nur schwer be-wältigen und erforderten häufigeres Blutzuckermessen und gegebenenfalls Mahlzei-ten, die ungeplant seien sowie häufigere Ruhezeiten. Bei der Ausübung von Mann-schafts-/Teamsportarten sei er daher eingeschränkt. Ausflüge und Urlaubsreisen seien aufwändig zu planen. Er müsse die Insulinmenge beachten und "Reserve-Insulin" mitführen. Bei längeren Reisen, z.B. mit dem Flugzeug, gebe es Probleme bei den Kontrollen, insbesondere bezüglich der Nadeln und Messstreifen sowie dem Insulin. Er müsse sich auch stets gegenüber Menschen, die es an sich nichts angehe rechtfertigen bzw. erklären. Darüber hinaus müsse immer Notfall-Traubenzucker mit-führen und die Menschen unterrichten, dass sie ihm bei Unterzuckerung helfen, auch wenn es im ersten Moment so scheine, als ob man betrunken sei (Zittern, unver-ständliches Sprechen, etc.). Im Beruf seien die Blutzuckermessungen und Insulinga-ben bei Tisch nicht angebracht, was dazu führe, dass er auf der Toilette (wie ein Süchtiger) seine Messung und Injektion vornehmen müsse. Konferenzen müssten unterbrochen werden, wenn es Zeit für die Messung/Injektion sei. Er leide unter Missempfindung in den Extremitäten, speziell wenn der Blutzuckerspiegel nicht gut sei. Auch sein Sexualleben sei grob eingeschränkt, da insbesondere hier der Blutzu-ckerwert schwanke und gegebenenfalls wieder Messungen erforderlich seien. Mit anderen Worten drehe sich die Bewältigung des "normalen" Alltags nur noch um gute Blutzuckerwerte. Er könne die Liste der Beeinträchtigungen noch fortführen. Er gab gegenüber dem Beklagten an, er spritze Humalog® und Lantus®, Letzteres nach einem festen Plan, im Übrigen in Abhängigkeit von den Blutzuckerwertmessungen und Aktivitäten. Darüber hinaus legte der Kläger dem Beklagten ein Blutzuckertage-buch für Oktober 2014 vor.
Der Beklagte holte einen Befundbericht des Augenarztes Dr. L. und Allgemeinmedi-ziners und Diabetologen Dr. E. ein und wertete diese durch seinen ärztlichen Dienst aus. Dieser kam zu der Einschätzung, die beim Kläger bestehende insulinpflichtige Zuckerkrankheit bedinge einen GdB von 40.
Mit Bescheid vom 18.12.2014 stellte der Beklagte beim Kläger ab dem 21.10.2014 einen GdB von 40 fest.
Unter dem 20.12.2014 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, bei ihm sei entsprechend der geltenden Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 50 in Ansatz zu bringen. Der therapeutische Aufwand, um seinen Blutzuckerspiegel stabil und im "Normbereich" zu halten bedeute für ihn eine extreme Behinderung. Die Angst vor Folgeschäden sei sein täglicher Begleiter, zumal sein familiärer Hintergrund gezeigt habe, was schlechte Blutzuckerwerte auslösen. So sei beispielsweise sein Vater im Alter von 60 Jahren an den Folgen eines Diabetes verstorben. Seine Niere sei stark angegriffen gewesen und habe entfernt werden müssen, er habe ein Hörgerät tragen müssen und die Sehkraft habe noch ca. 30 % betragen. Empfindungsstörungen in Extremitäten, wenn der Blutzucker-spiegel nicht gut sei, lösten bei ihm regelmäßig leichte Panik vor eintretenden Folge-schäden aus. Vor diesem Hintergrund messe er sehr häufig, was auch schon die Empfindlichkeit seiner Fingerkuppen beeinträchtigt habe. Auch müsse er besonders auf Verletzungen seiner Füße achten, um Schädigungen von Nerven und Gefäßen frühzeitig zu erkennen. Dies alles habe eine ständige Selbstkontrolle zur Folge. Im Alltag beschäftige er sich fast ausschließlich mit dem Erreichen guter Blutzuckerwer-te. Bei Nahrungsmitteln bevorzuge er bekannte Lebensmittel und Gerichte. Neue Speisen könne er kaum unbeschwert probieren, was speziell im Urlaub ein großes Problem für ihn darstelle. Es gebe teils Störung der Nachtruhe und Partnerschaft. Sportliche Aktivitäten seien ebenfalls eingeschränkt. Auch die Tatsache, dass Unter-zuckerungen auf die Umgebung "befremdlich" wirkten belaste ihn. Die mit seinem Beruf als Projektleiter verbundene Reisetätigkeit lasse ihn die Beeinträchtigungen besonders spüren. In diesem Zusammenhang verwies er erneut auf die bereits im Antrag dargelegten Probleme. Hinsichtlich der Blutzuckereinstellung sei zu berück-sichtigen, dass es auch immer wieder Hyper- (( 50-60 mg/dl) und Hypoglykämien () 180 mg/dl) gebe.
Der ärztliche Dienst des Beklagten nahm hierzu Stellung und führte aus, dass beim Kläger nach den vorliegenden Unterlagen viermal am Tag Insulin gespritzt und ent-sprechende Blutzuckerwerte gemessen würden. Entgleisungen im Sinne einer Hypo-glykämie mit erforderlichem Fremdbedarf seien nicht objektiviert, so dass der GdB nach wie vor mit 40 angemessen bewertet sei. Die diabetischen Retinopathie habe zu keiner Sehminderung sei daher nicht erhöhend zu berücksichtigen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2015 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 31.03.2015 erhobene Klage. Im Rahmen der Klagebe-gründung hat der Kläger im Wesentlichen die bereits im Verwaltungswiderspruchs-verfahren gemachten Ausführungen wiederholt. Darüber hinaus hat er ein Blutzu-ckertagebuch betreffend den Zeitraum von Juli 2014 bis einschließlich März 2015 vorgelegt.
Das Gericht hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des behandelnden Augenarztes Dr, L. und des Facharztes für Allgemeinmedizin und Diabetologen Dr. E ... Die Beteiligten haben hierzu Stellung genommen. Darüber hin-aus hat das Gericht ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Arbeitsmedizin – Sozialmedizin – Dr. Q. in Auftrag gegeben, welches dieser – nach Untersuchung des Klägers am 07.08.2015 - gegenüber dem Gericht am 13.08.2015 erstattet hat.
Am 27.10.2015 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, in dessen Rahmen der Kläger erneut auf die bei ihm bestehenden Beeinträchtigungen hinge-wiesen hat.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18.12.2014 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2015 zu verurteilen, den GdB des Klägers ab 21.10.2014 mit 50 zu bewerten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung in der Beklagte im wesentlichen Bezug auf die Stellungnahme des ärztlichen Dienstes sowie die Ausführungen im Gutachten des Herrn Dr. Q ...
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezo-gene Verwaltungsakte Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakte, deren wesentli-cher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genom-men.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Be-scheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Ihm steht derzeit kein höherer GdB als 40 zu.
Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versor-gungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wech-selseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Ur-teil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversor-gungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungs-medizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Me-thoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchti-gungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-grades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderun-gen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Ge-samtausmaßes der Behinderung zu schließen.
Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizini-schen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen Grundsät-zen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätz-lich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuwei-sen (vgl. BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = juris Rn. 14; Bayerisches LSG Urteil vom 18.06.2013 – L 15 BL 6/10 = juris Rn. 67 ff.; Bayerisches LSG Urteil vom 05.02.2013 – L 15 SB 23/10= juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrschein-lichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünfti-ger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R = juris Rn. 11), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris Rn. 14). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen.
Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die bei dem Klä-ger vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht die Feststellung eines GdB von mehr als 40 rechtfertigen.
Der Kläger leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Wesentli-chen unter
1. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus (Typ I) 2. Retinopathia diabetica, Z.n. Retinopathia centralis serosa 3. Funktionsstörung der linken oberen Gliedmaße
Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, sowie des Gutachten des Dr. Q. fest. Das Gutachten beruht auf um-fangreichen Untersuchungen eines erfahrenen Internisten und Sozialmediziners, die unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in dem Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Beteiligten haben auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststellungen erhoben. Lediglich die sozialmedizinische Bewertung ist bis zuletzt umstritten geblieben.
Im Vordergrund steht beim Kläger der insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ I mit gesicherter diabetischer Netzhauterkrankung (Retinopathia diabetica) Gemäß Teil B Ziffer 15.1 Versorgungsmedizinischen Grundsätze in der aktuellen Fassung der Fünf-ten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Versordnung (5. VersMedVÄndV) vom 11.10.2012 (BGBl. I, S. 2122) gilt hinsichtlich der Beurteilung eine Zuckerkrankheit Folgendes:
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststel-lung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung be-einträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 30 bis 40.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindes-tens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selb-ständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Le-bensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulin-dosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50
Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen.
Schon der Wortlaut der Norm macht deutlich, dass für die Annahme eines GdB von (mindestens) drei Beurteilungskriterien erfüllt sein müssen. Es müssen (1.) täglich mindestens vier Insulininjektionen durchgeführt werden. Es muss darüber hinaus (2.) eine selbständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzu-cker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung erfolgen sowie (3.) eine gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung durch erhebliche Einschnitte vor-liegen. Hierbei ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu berücksich-tigen, dass diese drei Kriterien in einer Gesamtschau die sachgerechte Beurteilung des Gesamtzustands erleichtern sollen (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R = juris Rn. 16 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 34).
Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger regelmäßig vier Mal am Tag den Blutzuckerspiegel misst und in Abhängigkeit von den hierbei ermittelten Werten sich Humalog® (Wirkstoff: Insulinlispro) spritzt. Darüber hinaus spritzt er sich einmal Lantus® (Wirkstoff: Insulin glargin) in einer festen Dosis von 30 Einheiten. Für die Kammer steht dies fest aufgrund der Angaben des Klägers sowie dem von die-sem eingereichten Blutzuckertagebuch, welches die Zeit vom 09.07.2014 bis zum 29.03.2015, also einen Zeitraum von fast neun Monaten umfasst. Das an wenigen Tagen auch weniger als vier Mal gemessen wurde ist insoweit unerheblich (BSG Ur-teil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 35). Beim Kläger bestehen – auch dies steht zur Überzeugung der Kammer fest – durch die Erkrankung und dem deswegen nachvollziehbar betriebenen Therapieaufwand auch stärkere Teilhabebeeinträchtigungen im Sinne des Teil B Ziffer 15.1, nicht je-doch die für die Annahme eines GdB von 50 erforderlichen, darüber hinausgehenden erheblichen Einschnitten mit gravierenden Beeinträchtigungen der Lebensführung. Letztere sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur unter strengen Voraussetzungen zu bejahen (vgl. BSG Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R =juris Rn. 21). Die Kammer folgt dieser höchstrichterlichen Auslegung. Für sie spricht in der Tat die Formulierung in der Vorschrift, die eine für einen Normtext seltene Häufung einschränkender Merkmale ("erheblich", "gravierend", "ausgeprägt") enthält. Die mit der vorausgesetzten Insulintherapie zwangsläufig verbundenen Einschnitte sind nicht geeignet sind, eine zusätzliche ("und") gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung hervorzurufen. Berücksichtigungsfähig ist daher nur ein dieses hohe Maß noch übersteigender, besonderer Therapieaufwand. Daneben kann - wie oben ausgeführt - ein unzureichender Therapieerfolg die Annahme einer ausgeprägten Teilhabebeeinträchtigung rechtfertigen. Schließlich sind auch alle anderen durch die K r a n k h e i t s f o l g e n herbeigeführten erheblichen Einschnitte in der Lebensführung zu beachten (BGS Urteil vom 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R =juris Rn. 21). Der Kläger hat gegenüber dem Gutachter angegeben, ab Werten unter 55 mg/dl er-lebe er Sehstörungen und habe Schweißausbrüche. Die Auswertung der vom Kläger vorgelegten Messwerte zeigt, dass es im Laufe von ca. 9 Monaten immer wieder zu Schwankungen im Blutzucker gekommen ist, teilweise im hypo-, teilweise im hyperglykämischen Bereich. Der Gutachter Dr. Q. weist im seinem Gutachten darauf hin, dass in diesem zeitlichen Fenster bei 42 Messungen Werte unter 55 mg/dl (der Gutachter verwendet hier die entsprechende Einheit mg%) zu verzeichnen gewesen seien. Hierbei handelt es sich um Werte, die auch nach Auffassung der Kammer zweifellos in den hypoglykämischen Bereich zu rechnen sind (vgl. zur Schwierigkeit der Bestimmung eines "Grenzwertes" Matthaei/Kellerer [Hrsg.], Evidenzbasierte Leit-linie zur Therapie des Typ-1-Diabetes, 2011, S. 63; Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 86, wonach der von der American Diabetes Association in Vorschlag gebrachte Wert von 70 mg/dl eher zu hoch gegriffen sein dürfte; Ballteshofer/Claussen/Häring/et. al., Endokrinologie und Diabetes, 2009, S 154 [(50 mg/dl]; Götsch [Hrsg.], Allgemeine und spezielle Krankheitslehre, 2. Aufl. 2011, S. 360 [(40 mg/dl]; allgemein zur Hypoglykämie vgl. Siegenthaler/Blum [Hrsg.], Klinische Pathophysiologie, 9. Aufl. 2006, S. 95). Aller-dings ist zu berücksichtigen, dass offenbar jedes Mal durch Gabe von Trau-benzucker (so der Kläger gegenüber dem Gutachter) oder sonstigen Maßnahmen wesentliche Auswirkungen der Unterzuckerung vermieden werden konnten. Es sind bislang – dies ergibt sich auch aus dem Befundbericht des behandelnden Diabetologen Dr. E. keine akut notwendigen Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte schwere Hypoglykämien oder gar ein hypoglykämischer Schock objektiviert. Dass – wie der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung angemerkt hat – gerade in Unterzuckerungssituationen die Messung dem Stadium der stärksten Unterzucke-rung nachfolgt, da zunächst Gegenmaßnahmen eingeleitet und dann gemessen wird, ist für die Kammer durchaus nachvollziehbar. Objektivierte Anhaltspunkte, ob und wie häufig solche Situationen waren, sind indes nicht gegeben. Darüber hinaus bleibt es im Übrigen bei der bereits getätigten Feststellung, dass der Kläger die Situationen offensichtlich ohne – jedenfalls ärztliche – Hilfe wieder in den Griff bekommen hat.
Ausweislich des dem Gutachter vorgelegten Blutzuckerpass betrug der HbA1c am 10.07.2014 5,8%, am 13.01.2015 5,6%, am 16.04.2015 6,3% und am 04.08.2015 5,4%. Dieser Wert ermittelt den Anteil des glykierten Hämoglobins in den Erythrozy-ten und stellt derzeit das wichtigste Maß für die Qualitätsbeurteilung der Blutzucker-einstellung der jeweils letzten zwei Monate dar (Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 9 f.; Hä-ring/Gallwitz/Wieland/Usadel/Mehnert, Diabetologie in Klinik und Praxis, 6. Aufl. 2011, S. 107 f.) Der beim Kläger ermittelte Wert ist nach Auffassung des Gutachters, der sich die Kammer anschließt, in einem sehr guten Bereich (vgl. dazu Matthaei/Kellerer [Hrsg.], Evidenzbasierte Leitlinie zur Therapie des Typ-1-Diabetes, 2011, S. 16 f.; Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 10). Unter Berücksichtigung der Werte der konkreten Blutzuckermes-sungen und den ermittelten HbA1c -Werten steht – auf Grundlage des Gutachtens des Dr. Q. – zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger über den zweifellos die Lebensführung einschränkenden Therapieaufwand hinaus, nicht noch zusätzlich durch eine schlechte Einstellungsqualität in seiner Leistungsfähigkeit und damit in seiner Teilhabefähigkeit am Leben in der Gesellschaft erheblich beeinträchtigt ist. Der Kläger arbeitet in einer verantwortungsvollen Position als Projektmanager und ist in diesem Zusammenhang auch häufiger dienstlich auf Reisen. Wie bereits oben dargelegt sind bislang keine schweren hypoglykämischen Entgleisungen mit erforder-licher Fremdhilfe objektiviert. Es ist bislang auch nicht zu Zeiten von Arbeitsunfähig-keit aufgrund der Erkrankung gekommen. Mit Ausnahme einer diabetischen Retino-pathie, die indes auf die Sehkraft des Klägers bislang keine Auswirkungen hat – was für die Kammer insbesondere auf Grund des eingeholten Befundberichts des behan-delnden Augenarztes feststeht – sind Folgeschäden an anderen Organen bislang nicht objektiviert (zur Prävalenz der diabetischen Retinopathie bei Typ I Diabetikern, vgl. Siegenthaler/Blum [Hrsg.], Klinische Pathophysiologie, 9. Aufl. 2006, S. 98). Die Kammer teilt die Auffassung des behandelnden Augenarztes, dass aus ophthalmolo-gischer Sicht kein GdB zu berücksichtigen ist. Soweit der Kläger gelegentliches Krib-beln und Taubheit von den Knöcheln bis zu den Zehen berichtet hat, lassen sich pa-thologische Befunde nicht sichern. Anzeichen für eine diabetische Polyneuropathie finden sich weder im Befundbericht des behandelnden Diabetologen noch im Gut-achten des Dr. Q ... Dr. Dieck bescheinigt, der Bereich der Füße sei ohne Befund auch die Temperaturempfindung sei nicht gestört. Der Test nach Rydel-Seiffer ergab normgerechte Ergebnisse (vgl. zu diesem Test Haak/Pallizsch, Diabetologie für die Praxis, 2012, S. 201 f.). Dr. Q. beschreibt, dass der Patella- und Achillessehnen-reflex seitengleich auslösbar war. Auch ansonsten waren keine pathologischen Re-flexe zu finden. Eine Störung der Oberflächensensibilität an den unteren Extremitä-ten fand sich ebenfalls nicht. Das Kalt-Warm-Empfinden war intakt, spitz und stumpf konnten unterschieden werden. Vor dem Hintergrund eines unauffälligen Urinstatus und normalen Kreatininwerten fand Dr. Q. auch keinen Anhalt für das Vorliegen einer relevanten diabetischen Nephropathie.
Die Kammer verkennt nicht, dass dies alles zweifellos der besonders guten Umset-zung einer krankheitsbedingt erforderlichen Therapie mit den damit verbundenen Restriktionen und Besonderheiten geschuldet ist. Soweit der Kläger insbesondere bei (privaten oder dienstlich veranlassten) Reisen oder bei gesellschaftlichen bzw. dienstlichen Zusammenkünften Einschränkungen geschildert hat, sind diese letztlich allein Folge der Notwendigkeit zur Insulingabe und sind für den Kläger einschränkend und belastend, stellen nach Auffassung der Kammer indes keine gravierenden Einschnitte im Sinne der oben dargestellten restriktiven bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung dar.
Der Kläger ist in seiner Mobilität nicht eingeschränkt. Er unternimmt umfangreiche Dienstreisen, fährt gelegentlich Mountainbike und geht stramm spazieren. Diese Ak-tivitäten sind, dies verkennt die Kammer nicht, zwar mit einem erhöhten planerischen Aufwand verbunden, letztlich indes – wenngleich unter erschwerten Bedingungen, etwa weiterer Blutzuckermessungen - nicht ausgeschlossen. Der Umstand, dass der Kläger ggf. intensiven Sport nicht mehr ausüben kann, lässt nach Auffassung der Kammer keinen Rückschluss auf "gravierende" Teilhabeeinschränkungen zu (so zu-treffend auch LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 27.08.2014 – L 7 SB 23/13 = juris Rn. 38). Auch der Umstand, dass die Insulindosis auf die Mahlzeiten (und alle übrigen Betätigungen) abgestimmt werden muss, ist Teil der Therapie. Soweit der Kläger angibt, er könne nicht so ohne Weiteres im Restaurant essen, so trifft das insoweit zu, als die Zuckerwerte dann zu kontrollieren und einzustellen sind. Krankheitsbedingt ausgeschlossen ist dies nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung der durchgeführten Beweisaufnahme nicht. Soweit der Kläger geltend macht, es sei ihm unangenehm, seine Erkrankung gegen-über anderen zu offenbaren, ist nach Auffassung der Kammer darauf zu verweisen, dass jeder, der an Diabetes mellitus erkrankt ist und auf die Einnahme von Insulin angewiesen ist, vor dem Problem steht, auf mit der Krankheit unvertraute Mitmen-schen zu treffen. Die damit verbundene psychische Belastung ist in der Höhe des GdB bereits berücksichtigt (so zutreffend LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 14.10.2014 – L 7 SB 35/12 = juris Rn. 37). Soweit der Kläger sich darauf beruft aufgrund der Erfahrungen im engsten Familienkreis, besondere Angst vor den Folgen der Zuckerkrankheit zu haben, so ist dies zweifellos eine Motivation für die strikte – und offensichtlich von Erfolg gekrönte – Einhaltung der Therapie. Eine erhöhende Berücksichtigung kommt nach Auffassung der Kammer indes nicht in Betracht, da ein insoweit bestehender Krankheitswert bislang nicht im Ansatz objektiviert ist. Die Tatsache, dass eine – vom Kläger aus naheliegenden Gründen nicht in Betracht gezogene – Vernachlässigung des konsequenten Therapieverhaltens und der strik-ten Lebensführung zu einer schlechteren Stoffwechsellage, mit der Folge eines ggf. höheren GdB, führen würde, begründet keinen Anspruch auf einen höheren GdB des Klägers (vgl. BSG Urteil vom 25.10.2012 – B 9 SB 2/12 R = juris Rn. 48).
Für das Funktionssystem der oberen Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.13 der Versorgungsmedizinische Grundsätze nach Auffassung der Kammer derzeit ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen.
Die gutachterliche Untersuchung der Schultergelenke durch Dr. Q. ergab eine links eine stärker eingeschränkte Ante-/Retroversion von 90°/0°/20° bei einer mäßiggradigen Einschränkung der Abduktion/Adduktion links 120/0°/20°. Rechts wa-ren die nach der Neutral-Null-Methode ermittelten Bewegungsausmaße 160°/0°/30° (Ante-/Retroversion) und 170°/0°/20° (Abduktion/Adduktion) weitgehend normgerecht (vgl. zur normgerechten Beweglichkeit des Schultergelenks, Buckup/Buckup, Klini-sche Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S 95). Hintergrund dieser Einschränkung ist nach den Feststellungen des Gutachters Dr. Q., die beim Kläger nach einer Clavikulafraktur (Bruch des Schlüsselbeins) im Februar 2015 ein-gesetzte Platte. Die Operation war zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. Q. bereits ca. sechs Monate her und es fand sich – trotz einer Einschränkung der Beweglichkeit links in der Bewegungsebene ventral/dorsal auf derzeit noch 90° be-steht – in der seitlichen Bewegungsebene eine Beweglichkeit von bis zu 120°, was nach Auffassung der Kammer hier in der Gesamtschau keinen GdB von 20 gerechtfertigt erscheinen lässt. Darüber hinaus nach Einschätzung des Gutachters nach Entfernung der Platte mit einer weiteren Besserung der Beweglichkeit zu rechnen (vgl. zur Prognose der Ausheilung einer Schlüsselbeinfraktur, Müller-Mai/Ekkernkamp, Frakturen, 2010, S. 912).
Die im ophthalmologischen Bereich bestehenden Beeinträchtigungen im Sinne der Retinopathien wurden bereits in der Bewertung des GdB mit berücksichtigt. Augen-ärztlich bedingt dies – die Kammer schließt sich insoweit der Einschätzung des be-handelnden Augenarztes und des Dr. Preim an – keinen eigenständigen GdB.
Wesentliche weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die einen GdB bedingen könnten sind nicht objektiviert.
Vor diesem Hintergrund ist bei dem Kläger § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein Gesamt-GdB von 40 zu bil-den.
§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchti-gungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigun-gen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammen-schau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-gutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Be-weiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrach-tungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich ver-stärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
Absolut im Vordergrund stehen beim Kläger die Beeinträchtigungen im Zusammen-hang mit dem Diabetes des Klägers. Diese bedingen – wie oben ausführlich darge-legt – einen GdB von 40. Die daneben bestehende Bewegungseinschränkung der linken Schulter ist mit einem GdB von 10 nicht geeignet, den GdB zu erhöhen. Selbst wenn man – für den Kläger wohlwollend – den GdB insoweit mit 20 bewerten wollte, so wäre dieser Wert zweifellos, im Hinblick auf die Beweglichkeit des Armes seit-wärts, nur soeben erreicht und ebenfalls nicht geeignet, den GdB auf mehr als 40 zu erhöhen.
Die begehrte Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft kommt damit derzeit nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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