Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 AS 5560/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4843/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. November 2015 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Erstattung weiterer Kosten für Bewerbungen, nachdem der Beklagte dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. August 2014 und dem Widerspruchsbescheid vom 25. September 2014 nicht die geltend gemachten 214,76 EUR, sondern nur 74,95 EUR bewilligt hat und ob der diesbezügliche Rechtsstreit S 20 AS 5266/14 durch den am 7. Oktober 2015 geschlossenen Vergleich wirksam beendet worden ist.
Der 1975 geborene und im Leistungsbezug beim Beklagten stehende Kläger beantragte am 8. Juli 2014 die Gewährung einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget (u.a. Kosten für Clip-Hefter, Ausdrucke, Kopien, Porto, Briefumschläge, Bewerbungsbild, Bewerbungsfotos sowie außerdem für den Kauf einer Arbeitshose und eines Arbeitshemdes) in Höhe von insgesamt 214,76 EUR (Aufstellung vom 15. August 2014, Bl. 18-20 Verw.-Akten).
Mit Bescheid vom 18. August 2014 sowie - auf Widerspruch des Klägers vom 8. September 2014 - Widerspruchsbescheid vom 25. September 2014 entsprach der Beklagte dem Antrag teilweise und gewährte einen Förderbetrag in Höhe von 74,95 EUR für die Kosten von aus den vorgelegten Unterlagen sich ergebenden 15 Bewerbungen (15 Bewerbungsmappen und 15 mal Porto sowie hierfür erforderliche Kopien und Ausdrucke). Die darüber hinaus zur Erstattung begehrten Kosten, insbesondere auch für ein Arbeitshemd und eine Arbeitshose lehnte der Beklagte ab.
Deswegen hat der Kläger am 29. September 2014 mit Schreiben vom 27. September 2014 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben (S 20 AS 5266/14), mit welcher er die geltend gemachten weiteren Kosten begehrt hat.
Die vom Richter und der Schreibkraft (Bestätigung der Richtigkeit der Übertragung der Tonaufnahme in das Protokoll) unterzeichnete Niederschrift über den Erörterungstermin vom 7. Oktober 2015, der von 10.25 Uhr bis 10.40 Uhr gedauert hat, hat u.a. folgenden Inhalt:
"Das Sach- und Streitverhältnis wird mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten erhalten das Wort.
Auf Nachfrage des Vorsitzenden erklärt der Kläger: Die Arbeitshose und das Arbeitshemd habe ich für die Arbeit bei der Firma S. in M. für den Zeitraum 01.09.2014 bis 31.01.2015 benötigt. Die Beteiligten schließen auf Vorschlag des Gerichts sodann folgenden
Vergleich:
1. Dem Kläger werden für die geltend gemachten 53 Ausdrucke pro Ausdruck 8 Cent mithin 4,24 EUR, erstattet. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit S 20 AS 5266/14 damit übereinstimmend für erledigt.
Laut vorgespielt und genehmigt".
Das Protokoll ist dem Kläger am 13. Oktober 2015 zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2015, beim SG eingegangen am 9. Oktober 2015 mit dem Betreff "Widerruf bzw. Rücktritt vom geschlossenen Vergleich" hat der Kläger erklärt, er wolle den am 7. Oktober 2015 "geschlossenen" Vergleich "hiermit im Nachhinein ablehnen". Das Verfahren solle wieder aufgenommen und fortgesetzt werden. Zur Begründung hat er angegeben, er sehe sich in seinen Rechten verletzt bzw. einseitig benachteiligt, weil "im geschlossenen Vergleich" vom 7. Oktober 2015 eine Möglichkeit in Form einer Widerrufsfrist bzw. eines Rücktrittvorbehalts nicht aufgenommen worden sei.
Auf den Hinweis des SG vom 13. Oktober 2015 (mit Gelegenheit zur Äußerung und Fristsetzung hierfür), die protokollierte Zustimmung zum gerichtlichen Vergleichsvorschlag verbunden mit der Erledigung des Verfahrens könne als Prozesshandlung nicht angefochten werden und die Fortführung des Verfahrens sei nicht erfolgversprechend, weswegen es ratsam sei, das Verfahren zurückzunehmen und andernfalls beabsichtigt sei, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden und die Erledigung des Rechtsstreits S 20 AS 5266/14 festzustellen, hat der Kläger vorgetragen, er habe den Vergleich wie ein Anordnen oder Verordnen aufgefasst. Ein Richter könne einen Vergleich aber weder anordnen, noch verordnen. Der Hinweis auf die "protokollierte Zustimmung zum Vergleich" sei für ihn "fragwürdig", weil beide Streitparteien nach dem Vorschlag geschwiegen hätten. Die Vertreterin des Beklagten und er selbst hätten weder "Ja", noch "Nein" geäußert. Das Schweigen sei nicht als Annahme des Vergleichsvorschlags zu werten.
Die Sitzungsvertreterin des Beklagten hat hierzu vorgetragen, sie habe nach Vorspielen des gerichtlichen Vergleichsvorschlags diesen mit "ja" genehmigt und zustimmend mit dem Kopf genickt. Der Vergleich sei ordnungsgemäß zustande gekommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 19. November 2015 hat das SG festgestellt, dass der Rechtsstreit S 20 AS 5266/14 durch den am 7. Oktober 2015 geschlossenen Vergleich wirksam beendet worden sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Fortsetzung des Verfahrens S 20 AS 5266/14. Der Vergleich sei als Prozessvergleich in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, nachdem er in der nichtöffentlichen Sitzung in Anwesenheit der Beteiligten zur Niederschrift abgeschlossen worden sei und nach dieser den Beteiligten vorgelesen und von diesen genehmigt worden sei. Der Kläger und die Terminvertreterin des Beklagten hätten dem Vergleich nach Vorlesen auch ausdrücklich zugestimmt, wie sich aus dem Protokoll ergebe. Eine Widerrufsmöglichkeit sei darin nicht vorgesehen. Eine Anfechtung der Prozesshandlungen sei nicht möglich. Die Voraussetzungen für einen Widerruf, z.B. das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes im Sinne von § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 578 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) lägen nicht vor. Im Übrigen sei der Prozessvergleich auch materiell-rechtlich wirksam. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 21. November 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23. November 2015 Berufung eingelegt. Er verweist im Wesentlichen auf seine Klageschrift vom 27. September 2014, mit der er einen "Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung" gestellt habe, und begehrt in der Sache weiter die Übernahme der nicht übernommenen Kosten. Soweit das SG von einem ordnungsgemäß zustande gekommenen Vergleich ausgehe, verkenne es, dass die entsprechenden übereinstimmenden Willenserklärungen nicht vorlägen. Auf den Hinweis, er habe erklärt, dass er den "geschlossenen Vergleich im Nachhinein ablehnen" wolle und damit den Abschluss des Vergleiches bestätigt habe, hat er weiter vorgetragen, es sei natürlich möglich, von einem geschlossenen Vergleich zurückzutreten bzw. diesen gegenüber dem Gericht zu widerrufen. Das SG habe das Verfahren auch wieder aufgenommen und fortgesetzt, obwohl ein formaler Widerrufsvorbehalt nicht aufgenommen worden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. November 2015 aufzuheben, das Klageverfahren fortzusetzen und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 18. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. September 2014 zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 8. Juli 2014 weitere Kosten in Höhe von 139,81 EUR für Bewerbungen und Arbeitskleidung zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid.
Der Kläger ist noch darauf hingewiesen worden, dass die Berufung möglicherweise auch unzulässig sein dürfte, weil das Begehren in der Sache und der Wert der noch begehrten Leistungen den Betrag von 750,00 EUR nicht übersteigen dürfte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten S 20 AS 5266/14 sowie die weiteren Akten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht statthaft und deshalb gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen.
Gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bedarf die Berufung bei einer Klage, die - wie hier ursprünglich -einen auf Geld- oder Sachleistungen gerichteten Verwaltungsakt betrifft, der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht übersteigt.
Der Wert des bewertet Beschwerdegegenstandes übersteigt hier den Betrag von 750 EUR nicht.
Gegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens war die Gewährung höherer Leistungen durch Übernahme geltend gemachter Bewerbungskosten, nachdem der Beklagte insoweit lediglich einen Betrag von 74,95 EUR bei geltend gemachten 214,76 EUR bewilligt hat, mithin ein Betrag von 139,81 EUR.
Auch bei Verfahren, die - wie hier - auf die Fortsetzung eines infolge eines (gerichtlichen) Vergleichs gerichtet sind, bestimmt sich - ebenso wie im Fall einer Wiederaufnahme- oder Restitutionsklage oder einer Abweisung der Klage aus prozessualen Gründen - der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG nach dem Streitgegenstand des ursprünglichen Verfahrens (vgl. u.a. auch Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Oktober 2015, L 6 AS 432/14, in Juris m.w.N.). Gegenstand des Verfahrens ist nicht allein der Streit, ob das Klageverfahren beendet ist. Das Verfahren über die Wirksamkeit eines Vergleichs wird von dem Gericht fortgesetzt, von dem der gerichtliche Vergleich geschlossen worden ist. Im Falle der Unwirksamkeit des Vergleichs wird das ursprüngliche Verfahren vor diesem Gericht fortgesetzt. Insofern stellt der Streit lediglich einen Zwischenstreit dar, der den ursprünglichen Streitgegenstand nicht bestimmt oder ändert.
Damit ist hier die erforderliche Berufungssumme nicht erreicht.
Die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG erforderliche Zulassung der Berufung durch das SG ist im angefochtenen Gerichtsbescheid nicht erfolgt. Der Gerichtsbescheid enthält zwar die Rechtsmittelbelehrung, die Berufung sei zulässig, doch beruht dies nicht auf einer entsprechenden Entscheidung des SG. Dieses ist vielmehr irrig davon ausgegangen, dass die Berufung zulässig ist.
Im Übrigen wäre die Berufung auch unbegründet. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass der Rechtsstreit S 20 AS 5266/14 durch den am 7. Oktober 2015 geschlossenen Vergleich beendet ist.
Das SG hat in den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für das Zustandekommen eines Vergleichs und die eingeschränkte Möglichkeit seiner Anfechtung bzw. seines Widerrufs dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Vergleich zum einen wirksam zustande gekommen ist und zum anderen die Voraussetzungen für einen Widerruf und eine Anfechtung des Vergleichs nicht vorliegen, sodass der Rechtsstreit mit dem Vergleich erledigt ist. Der Senat schließt sich dem unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Klageverfahren wie auch im Berufungsverfahren nach eigener Prüfung uneingeschränkt an und weist die Berufung insoweit auch aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass der Senat keine Zweifel hat, dass der Vergleich wirksam zustande gekommen ist, nachdem der Kläger selbst vorgetragen hat, er wolle den "abgeschlossenen" Vergleich nicht mehr anerkennen bzw. anfechten oder widerrufen. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass dieser Vergleich auch aus seiner Sicht abgeschlossen worden ist. Bestätigt hat dies auch die Sitzungsvertreterin des Beklagten, die diesen im Erörterungstermin vom 7. Oktober 2015 vertreten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Erstattung weiterer Kosten für Bewerbungen, nachdem der Beklagte dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. August 2014 und dem Widerspruchsbescheid vom 25. September 2014 nicht die geltend gemachten 214,76 EUR, sondern nur 74,95 EUR bewilligt hat und ob der diesbezügliche Rechtsstreit S 20 AS 5266/14 durch den am 7. Oktober 2015 geschlossenen Vergleich wirksam beendet worden ist.
Der 1975 geborene und im Leistungsbezug beim Beklagten stehende Kläger beantragte am 8. Juli 2014 die Gewährung einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget (u.a. Kosten für Clip-Hefter, Ausdrucke, Kopien, Porto, Briefumschläge, Bewerbungsbild, Bewerbungsfotos sowie außerdem für den Kauf einer Arbeitshose und eines Arbeitshemdes) in Höhe von insgesamt 214,76 EUR (Aufstellung vom 15. August 2014, Bl. 18-20 Verw.-Akten).
Mit Bescheid vom 18. August 2014 sowie - auf Widerspruch des Klägers vom 8. September 2014 - Widerspruchsbescheid vom 25. September 2014 entsprach der Beklagte dem Antrag teilweise und gewährte einen Förderbetrag in Höhe von 74,95 EUR für die Kosten von aus den vorgelegten Unterlagen sich ergebenden 15 Bewerbungen (15 Bewerbungsmappen und 15 mal Porto sowie hierfür erforderliche Kopien und Ausdrucke). Die darüber hinaus zur Erstattung begehrten Kosten, insbesondere auch für ein Arbeitshemd und eine Arbeitshose lehnte der Beklagte ab.
Deswegen hat der Kläger am 29. September 2014 mit Schreiben vom 27. September 2014 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben (S 20 AS 5266/14), mit welcher er die geltend gemachten weiteren Kosten begehrt hat.
Die vom Richter und der Schreibkraft (Bestätigung der Richtigkeit der Übertragung der Tonaufnahme in das Protokoll) unterzeichnete Niederschrift über den Erörterungstermin vom 7. Oktober 2015, der von 10.25 Uhr bis 10.40 Uhr gedauert hat, hat u.a. folgenden Inhalt:
"Das Sach- und Streitverhältnis wird mit den Beteiligten erörtert. Die Beteiligten erhalten das Wort.
Auf Nachfrage des Vorsitzenden erklärt der Kläger: Die Arbeitshose und das Arbeitshemd habe ich für die Arbeit bei der Firma S. in M. für den Zeitraum 01.09.2014 bis 31.01.2015 benötigt. Die Beteiligten schließen auf Vorschlag des Gerichts sodann folgenden
Vergleich:
1. Dem Kläger werden für die geltend gemachten 53 Ausdrucke pro Ausdruck 8 Cent mithin 4,24 EUR, erstattet. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit S 20 AS 5266/14 damit übereinstimmend für erledigt.
Laut vorgespielt und genehmigt".
Das Protokoll ist dem Kläger am 13. Oktober 2015 zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2015, beim SG eingegangen am 9. Oktober 2015 mit dem Betreff "Widerruf bzw. Rücktritt vom geschlossenen Vergleich" hat der Kläger erklärt, er wolle den am 7. Oktober 2015 "geschlossenen" Vergleich "hiermit im Nachhinein ablehnen". Das Verfahren solle wieder aufgenommen und fortgesetzt werden. Zur Begründung hat er angegeben, er sehe sich in seinen Rechten verletzt bzw. einseitig benachteiligt, weil "im geschlossenen Vergleich" vom 7. Oktober 2015 eine Möglichkeit in Form einer Widerrufsfrist bzw. eines Rücktrittvorbehalts nicht aufgenommen worden sei.
Auf den Hinweis des SG vom 13. Oktober 2015 (mit Gelegenheit zur Äußerung und Fristsetzung hierfür), die protokollierte Zustimmung zum gerichtlichen Vergleichsvorschlag verbunden mit der Erledigung des Verfahrens könne als Prozesshandlung nicht angefochten werden und die Fortführung des Verfahrens sei nicht erfolgversprechend, weswegen es ratsam sei, das Verfahren zurückzunehmen und andernfalls beabsichtigt sei, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden und die Erledigung des Rechtsstreits S 20 AS 5266/14 festzustellen, hat der Kläger vorgetragen, er habe den Vergleich wie ein Anordnen oder Verordnen aufgefasst. Ein Richter könne einen Vergleich aber weder anordnen, noch verordnen. Der Hinweis auf die "protokollierte Zustimmung zum Vergleich" sei für ihn "fragwürdig", weil beide Streitparteien nach dem Vorschlag geschwiegen hätten. Die Vertreterin des Beklagten und er selbst hätten weder "Ja", noch "Nein" geäußert. Das Schweigen sei nicht als Annahme des Vergleichsvorschlags zu werten.
Die Sitzungsvertreterin des Beklagten hat hierzu vorgetragen, sie habe nach Vorspielen des gerichtlichen Vergleichsvorschlags diesen mit "ja" genehmigt und zustimmend mit dem Kopf genickt. Der Vergleich sei ordnungsgemäß zustande gekommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 19. November 2015 hat das SG festgestellt, dass der Rechtsstreit S 20 AS 5266/14 durch den am 7. Oktober 2015 geschlossenen Vergleich wirksam beendet worden sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Fortsetzung des Verfahrens S 20 AS 5266/14. Der Vergleich sei als Prozessvergleich in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, nachdem er in der nichtöffentlichen Sitzung in Anwesenheit der Beteiligten zur Niederschrift abgeschlossen worden sei und nach dieser den Beteiligten vorgelesen und von diesen genehmigt worden sei. Der Kläger und die Terminvertreterin des Beklagten hätten dem Vergleich nach Vorlesen auch ausdrücklich zugestimmt, wie sich aus dem Protokoll ergebe. Eine Widerrufsmöglichkeit sei darin nicht vorgesehen. Eine Anfechtung der Prozesshandlungen sei nicht möglich. Die Voraussetzungen für einen Widerruf, z.B. das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes im Sinne von § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 578 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) lägen nicht vor. Im Übrigen sei der Prozessvergleich auch materiell-rechtlich wirksam. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen den am 21. November 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23. November 2015 Berufung eingelegt. Er verweist im Wesentlichen auf seine Klageschrift vom 27. September 2014, mit der er einen "Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung" gestellt habe, und begehrt in der Sache weiter die Übernahme der nicht übernommenen Kosten. Soweit das SG von einem ordnungsgemäß zustande gekommenen Vergleich ausgehe, verkenne es, dass die entsprechenden übereinstimmenden Willenserklärungen nicht vorlägen. Auf den Hinweis, er habe erklärt, dass er den "geschlossenen Vergleich im Nachhinein ablehnen" wolle und damit den Abschluss des Vergleiches bestätigt habe, hat er weiter vorgetragen, es sei natürlich möglich, von einem geschlossenen Vergleich zurückzutreten bzw. diesen gegenüber dem Gericht zu widerrufen. Das SG habe das Verfahren auch wieder aufgenommen und fortgesetzt, obwohl ein formaler Widerrufsvorbehalt nicht aufgenommen worden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. November 2015 aufzuheben, das Klageverfahren fortzusetzen und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 18. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. September 2014 zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 8. Juli 2014 weitere Kosten in Höhe von 139,81 EUR für Bewerbungen und Arbeitskleidung zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid.
Der Kläger ist noch darauf hingewiesen worden, dass die Berufung möglicherweise auch unzulässig sein dürfte, weil das Begehren in der Sache und der Wert der noch begehrten Leistungen den Betrag von 750,00 EUR nicht übersteigen dürfte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten S 20 AS 5266/14 sowie die weiteren Akten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht statthaft und deshalb gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen.
Gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bedarf die Berufung bei einer Klage, die - wie hier ursprünglich -einen auf Geld- oder Sachleistungen gerichteten Verwaltungsakt betrifft, der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht übersteigt.
Der Wert des bewertet Beschwerdegegenstandes übersteigt hier den Betrag von 750 EUR nicht.
Gegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens war die Gewährung höherer Leistungen durch Übernahme geltend gemachter Bewerbungskosten, nachdem der Beklagte insoweit lediglich einen Betrag von 74,95 EUR bei geltend gemachten 214,76 EUR bewilligt hat, mithin ein Betrag von 139,81 EUR.
Auch bei Verfahren, die - wie hier - auf die Fortsetzung eines infolge eines (gerichtlichen) Vergleichs gerichtet sind, bestimmt sich - ebenso wie im Fall einer Wiederaufnahme- oder Restitutionsklage oder einer Abweisung der Klage aus prozessualen Gründen - der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG nach dem Streitgegenstand des ursprünglichen Verfahrens (vgl. u.a. auch Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Oktober 2015, L 6 AS 432/14, in Juris m.w.N.). Gegenstand des Verfahrens ist nicht allein der Streit, ob das Klageverfahren beendet ist. Das Verfahren über die Wirksamkeit eines Vergleichs wird von dem Gericht fortgesetzt, von dem der gerichtliche Vergleich geschlossen worden ist. Im Falle der Unwirksamkeit des Vergleichs wird das ursprüngliche Verfahren vor diesem Gericht fortgesetzt. Insofern stellt der Streit lediglich einen Zwischenstreit dar, der den ursprünglichen Streitgegenstand nicht bestimmt oder ändert.
Damit ist hier die erforderliche Berufungssumme nicht erreicht.
Die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG erforderliche Zulassung der Berufung durch das SG ist im angefochtenen Gerichtsbescheid nicht erfolgt. Der Gerichtsbescheid enthält zwar die Rechtsmittelbelehrung, die Berufung sei zulässig, doch beruht dies nicht auf einer entsprechenden Entscheidung des SG. Dieses ist vielmehr irrig davon ausgegangen, dass die Berufung zulässig ist.
Im Übrigen wäre die Berufung auch unbegründet. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass der Rechtsstreit S 20 AS 5266/14 durch den am 7. Oktober 2015 geschlossenen Vergleich beendet ist.
Das SG hat in den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für das Zustandekommen eines Vergleichs und die eingeschränkte Möglichkeit seiner Anfechtung bzw. seines Widerrufs dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Vergleich zum einen wirksam zustande gekommen ist und zum anderen die Voraussetzungen für einen Widerruf und eine Anfechtung des Vergleichs nicht vorliegen, sodass der Rechtsstreit mit dem Vergleich erledigt ist. Der Senat schließt sich dem unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Klageverfahren wie auch im Berufungsverfahren nach eigener Prüfung uneingeschränkt an und weist die Berufung insoweit auch aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass der Senat keine Zweifel hat, dass der Vergleich wirksam zustande gekommen ist, nachdem der Kläger selbst vorgetragen hat, er wolle den "abgeschlossenen" Vergleich nicht mehr anerkennen bzw. anfechten oder widerrufen. Damit hat er zum Ausdruck gebracht, dass dieser Vergleich auch aus seiner Sicht abgeschlossen worden ist. Bestätigt hat dies auch die Sitzungsvertreterin des Beklagten, die diesen im Erörterungstermin vom 7. Oktober 2015 vertreten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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