Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 42 VS 45/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 VS 49/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 1/16 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
BSG: NZB
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Oktober 2012 geändert. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 wird insoweit aufgehoben, als der Beklagte bei dem Kläger die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2002 auf unter 30 v.H. herabsetzte. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten gerichtlichen Verfahrens zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der bei dem Kläger festzustellenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bzw. des Grades der Schädigungsfolge (GdS) nach dem Zivildienstgesetz (ZDG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Nach Musterung im Oktober 1995 trat der Kläger am 14. Oktober 1996 seinen Zivildienst an. Am 18. Oktober 1996 erlitt er auf dem Weg zur Dienststelle einen Verkehrsunfall. Er war daraufhin bis zum 13. November 1997 dienstunfähig. Am 19. November 1997 stellte er bei dem Beklagten einen Antrag auf Beschädigtenversorgung. Der Beklagte holte das Gutachten des Chirurgen W vom 7. Januar 1999 ein, auf dessen Grundlage er mit "Teilbescheid" vom 19. Juli 1999 als Schädigungsfolgen anerkannte:
1. Erheblicher Ruhe- und Belastungsschmerz des rechten Handgelenks sowie Bewegungseinschränkungen des Handgelenks und der Daumengelenke rechts nach Bruch des rechten Kahnbeins und erfolgloser Operation des nach dem Unfall aufgetretenen Falschgelenks; nicht behindernde Operationsnarbe am rechten Handgelenk, 2. zarte Rippenfellschwarten beidseits ohne Auswirkungen auf die Lungenfunktion, hervorgerufen durch schädigende Einwirkung im Sinne des § 47 ZDG.
Dem Kläger wurde hierbei bis 30. Juni 1998 eine MdE von 40 v.H. und ab 1. Juli 1998 eine MdE von 30 v.H. zuerkannt.
Zur weiteren Sachaufklärung holte der Beklagte das Gutachten des Chirurgen Opitz vom 26. Juni 2001, das Gutachten der Ärztin für HNO-Krankheiten Dr. F vom 21. August 2001 sowie das Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Neurologie H vom 27. Juni 2001 ein. Die letztgenannte Sachverständige schlug folgende Feststellungen vor:
1. für die Beeinträchtigung des rechten Handgelenks - MdE 40 v.H. bis 30. Juni 1998 - MdE 30 v.H. ab 1. Juli 1998 bis zum Untersuchungszeitpunkt durch den Chirurgen O - MdE 20 v.H. ab Juli 2001 2. für die Rippenfellschwarte: - MdE unter 10 v.H. 3. eine postcommotionelle Kopfschmerzsymptomatik - MdE 10 v.H. bis Oktober 1997 - MdE 0 v.H. ab November 1997 4. für die Anpassungsstörung: - MdE 20 v.H. bis einschließlich Juni 1998.
Als Gesamt-MdE hielt die Gutachterin H für angemessen: - bis Juni 1998 50 v.H., ab Juli 1998 30 v.H. - und ab dem chirurgischen Gutachten (26. Juni 2001) 20 v.H.
Den Gutachten folgend erließ der Beklagte den "endgültigen" Bescheid vom 18. Oktober 2002. Hierbei erkannte er für den Zeitraum vom 14. November 1997 bis 30. Juni 1998 für die Beeinträchtigungen des Handgelenks, die Rippenfellschwarte und die Anpassungsstörung eine Gesamt-MdE in Höhe von 50 v.H. an. Für den Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis 30. November 2002 blieb es bei der Anerkennung der Schädigungsfolgen und der Gesamt-MdE in Höhe von 30 v.H. Für den Zeitraum ab 1. Dezember 2002 stellte der Beklagte als Schädigungsfolgen – bei einer Gesamt-MdE von unter 25 v.H. – neu fest:
1. Schmerzen und Bewegungseinschränkung im rechten Handgelenk und in den Gelenken des ersten Fingers nach mehrfach operiertem Kahnbeinbruch, nicht behindernde Operationsnarbe am rechten Handgelenk, 2. zarte Rippenfellschwarten beidseits ohne Auswirkung auf die Lungenfunktion
Hinsichtlich sämtlicher Zeiträume lehnte er eine Höherbewertung nach § 30 Abs. 2 BVG ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2005 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Gesamt-MdE sei nach § 30 Abs. 1 BVG korrekt festgesetzt worden, eine Höherbewertung nach § 30 Abs. 2 BVG komme nicht in Betracht, da die Rehabilitation noch nicht abgeschlossen sei. Auch ein Berufsschadensausgleich sei dem Kläger nicht zu gewähren.
Am 20. Mai 2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Berlin Klage "wegen Anfechtung" erhoben. Er präzisierte den Klageantrag mit Schriftsatz vom 27. Juni 2005 dahingehend, es sei festzustellen, dass er seit dem 1. Dezember 2002 Anspruch auf eine MdE von mindestens 30 v.H. habe.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden Dr. E vom 15. März 2010 eingeholt, der die MdE ab 1. Dezember 2002 auf unter 25 v.H. eingeschätzt hat.
Auf den Antrag des Klägers ist nach § 109 Sozialgerichtsgesetz das Gutachten des Orthopäden Dr. S vom 31. Mai 2012 eingeholt worden, der die MdE seit Dezember 2002 mit 30 bewertet hat.
In der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2012 hat der Kläger beantragt, die Bescheide des Beklagten aufzuheben, soweit die MdE ab 1. Dezember 2002 auf unter 25 v.H. festgestellt wurde, und als weitere Schädigungsfolge einen Tinnitus beidseits festzustellen.
Mit Urteil vom 9. Oktober 2012 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen: Der Anfechtungsantrag sei unbegründet, da eine MdE unter 25 v.H. festzustellen sei. Der Verpflichtungsantrag sei bereits unzulässig, da bei Klageerhebung der Tinnitus als Schädigungsfolge nicht erwähnt worden sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger an der Feststellung der Gesundheitsstörung "Tinnitus beidseits" als Zivildienstbeschädigung nicht mehr festgehalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Oktober 2012 aufzuheben sowie 1. den Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 insoweit aufzuheben, als der Beklagte die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2002 auf unter 25 v.H. herabsetzte, und 2. den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 18. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 zu verpflichten, ihm mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2002 eine Beschädigtenrente nach dem Zivildienstgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. bzw. einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Der Verpflichtungsantrag sei im Übrigen bereits unzulässig, da bei Klageerhebung die besondere berufliche Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG nicht erwähnt worden sei.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten hiermit einverstanden sind (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
1. Die Berufung ist hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil zu Unrecht abgewiesen. Denn der Bescheid vom 18. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, als der Beklagte die ursprünglich mit Bescheid vom 19. Juli 1999 festge-stellte Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2002 auf unter 30 v.H. herabsetzte.
Die Voraussetzungen des § 48 SGB X sind vorliegend nicht erfüllt, da es zu keiner wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen gekommen ist.
Nach den gutachterlichen Feststellungen hat sich die Beeinträchtigung des rechten Handgelenks gebessert, jedoch nicht in einem solchen Maß, dass die Herabsetzung der MdE von 30 v.H. auf unter 25 v.H. gerechtfertigt wäre. Der Bewertung durch den in der ersten Instanz beauftragten Sachverständigen Dr. E im Gutachten vom 15. März 2010, wonach die schmerzhaften Bewegungseinschränkungen des Handgelenks und endgradigen Einschränkungen der Gelenke des Daumens mit einer MdE von 20 v.H. einzuschätzen seien, folgt der Senat nicht. Denn der Gutachter hat hierbei auf die zum Unfallversicherungsrecht entwickelten Maßstäbe zurückgegriffen. Dies ist nicht zulässig. Die Bewertung der Höhe der MdE bzw. des GdS richtet sich vielmehr allein nach den vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung herausgegebenen Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP), und zwar entsprechend dem streitgegenständlichen Zeitraum in den Fassungen von 1996, 2004, 2005 und – zuletzt – 2008, die am 1. Januar 2009 durch die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" abgelöst wurden.
Der Senat schließt sich deshalb der Bewertung durch den Sachverständigen Prof. Dr. S an, der – in Übereinstimmung mit den Vorgaben in Nr. 26.18 der AHP bzw. in Teil B Nr. 18.13 der Anlage zu § 2 VersMedV – die geringe Minderbelastbarkeit der rechten Hand und die mit einer arthrotischen Umformung einhergehenden Bewegungseinschränkung überzeugend mit einer MdE von 30 v.H. bzw. einem GdS von 30 bewertet hat.
2. Die Berufung hat insoweit keinen Erfolg, als der Kläger die Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG begehrt.
Die Höhe der MdE bzw. des GdS ist vorliegend nicht wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit des Klägers um einen Zehnergrad anzuheben. Nach Satz 1 dieser Vorschrift in der seit dem 21. Dezember 2007 geltenden Fassung (die sich inhaltlich nicht von der Fassung vom 29. Juli 1994 unterscheidet) ist der GdS höher zu bewerten, wenn der Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen ist, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist nach den in Satz 2 beispielhaft (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1969 – 10 RV 561/66 –, BSGE 29, 139 = SozR Nr. 37 zu § 30 BVG) aufgeführten Tatbeständen insbesondere der Fall, wenn 1. auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nach-weisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, 2. zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder 3. die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
Der Kläger ist in seinem Beruf nicht besonders betroffen. Die individuellen Auswirkungen der Schädigungsfolgen in seinem Berufsleben erreichen nach den medizinischen Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen zur Überzeugung des Senats noch nicht das Ausmaß, das eine Anhebung um einen Zehnergrad rechtfertigen würde. Denn die Feinmotorik beider Hände ist nicht herabgesetzt. Der Faustschluss ist komplett, die grobe Kraft ist rechts nur geringfügig gemindert. Der Spitzgriff ist vom Daumen zu allen Langfingern möglich. Die Spannbreite der rechten Hand (Ok-tavgriff) ist gegenüber der linken nicht herabgesetzt. Trotz der – geringen - Minderbelastbarkeit der rechten Hand und der gutachterlich beschriebenen Bewegungseinschränkung ist die Hand aber ausreichend belastbar. Dies zeigen die von dem Sachverständigen Prof. Dr. S beschriebenen e r h e b l i c h e n Arbeitsspuren an der rechten Hand des Klägers.
Die nach § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der bei dem Kläger festzustellenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bzw. des Grades der Schädigungsfolge (GdS) nach dem Zivildienstgesetz (ZDG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Nach Musterung im Oktober 1995 trat der Kläger am 14. Oktober 1996 seinen Zivildienst an. Am 18. Oktober 1996 erlitt er auf dem Weg zur Dienststelle einen Verkehrsunfall. Er war daraufhin bis zum 13. November 1997 dienstunfähig. Am 19. November 1997 stellte er bei dem Beklagten einen Antrag auf Beschädigtenversorgung. Der Beklagte holte das Gutachten des Chirurgen W vom 7. Januar 1999 ein, auf dessen Grundlage er mit "Teilbescheid" vom 19. Juli 1999 als Schädigungsfolgen anerkannte:
1. Erheblicher Ruhe- und Belastungsschmerz des rechten Handgelenks sowie Bewegungseinschränkungen des Handgelenks und der Daumengelenke rechts nach Bruch des rechten Kahnbeins und erfolgloser Operation des nach dem Unfall aufgetretenen Falschgelenks; nicht behindernde Operationsnarbe am rechten Handgelenk, 2. zarte Rippenfellschwarten beidseits ohne Auswirkungen auf die Lungenfunktion, hervorgerufen durch schädigende Einwirkung im Sinne des § 47 ZDG.
Dem Kläger wurde hierbei bis 30. Juni 1998 eine MdE von 40 v.H. und ab 1. Juli 1998 eine MdE von 30 v.H. zuerkannt.
Zur weiteren Sachaufklärung holte der Beklagte das Gutachten des Chirurgen Opitz vom 26. Juni 2001, das Gutachten der Ärztin für HNO-Krankheiten Dr. F vom 21. August 2001 sowie das Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Neurologie H vom 27. Juni 2001 ein. Die letztgenannte Sachverständige schlug folgende Feststellungen vor:
1. für die Beeinträchtigung des rechten Handgelenks - MdE 40 v.H. bis 30. Juni 1998 - MdE 30 v.H. ab 1. Juli 1998 bis zum Untersuchungszeitpunkt durch den Chirurgen O - MdE 20 v.H. ab Juli 2001 2. für die Rippenfellschwarte: - MdE unter 10 v.H. 3. eine postcommotionelle Kopfschmerzsymptomatik - MdE 10 v.H. bis Oktober 1997 - MdE 0 v.H. ab November 1997 4. für die Anpassungsstörung: - MdE 20 v.H. bis einschließlich Juni 1998.
Als Gesamt-MdE hielt die Gutachterin H für angemessen: - bis Juni 1998 50 v.H., ab Juli 1998 30 v.H. - und ab dem chirurgischen Gutachten (26. Juni 2001) 20 v.H.
Den Gutachten folgend erließ der Beklagte den "endgültigen" Bescheid vom 18. Oktober 2002. Hierbei erkannte er für den Zeitraum vom 14. November 1997 bis 30. Juni 1998 für die Beeinträchtigungen des Handgelenks, die Rippenfellschwarte und die Anpassungsstörung eine Gesamt-MdE in Höhe von 50 v.H. an. Für den Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis 30. November 2002 blieb es bei der Anerkennung der Schädigungsfolgen und der Gesamt-MdE in Höhe von 30 v.H. Für den Zeitraum ab 1. Dezember 2002 stellte der Beklagte als Schädigungsfolgen – bei einer Gesamt-MdE von unter 25 v.H. – neu fest:
1. Schmerzen und Bewegungseinschränkung im rechten Handgelenk und in den Gelenken des ersten Fingers nach mehrfach operiertem Kahnbeinbruch, nicht behindernde Operationsnarbe am rechten Handgelenk, 2. zarte Rippenfellschwarten beidseits ohne Auswirkung auf die Lungenfunktion
Hinsichtlich sämtlicher Zeiträume lehnte er eine Höherbewertung nach § 30 Abs. 2 BVG ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2005 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Gesamt-MdE sei nach § 30 Abs. 1 BVG korrekt festgesetzt worden, eine Höherbewertung nach § 30 Abs. 2 BVG komme nicht in Betracht, da die Rehabilitation noch nicht abgeschlossen sei. Auch ein Berufsschadensausgleich sei dem Kläger nicht zu gewähren.
Am 20. Mai 2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Berlin Klage "wegen Anfechtung" erhoben. Er präzisierte den Klageantrag mit Schriftsatz vom 27. Juni 2005 dahingehend, es sei festzustellen, dass er seit dem 1. Dezember 2002 Anspruch auf eine MdE von mindestens 30 v.H. habe.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden Dr. E vom 15. März 2010 eingeholt, der die MdE ab 1. Dezember 2002 auf unter 25 v.H. eingeschätzt hat.
Auf den Antrag des Klägers ist nach § 109 Sozialgerichtsgesetz das Gutachten des Orthopäden Dr. S vom 31. Mai 2012 eingeholt worden, der die MdE seit Dezember 2002 mit 30 bewertet hat.
In der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2012 hat der Kläger beantragt, die Bescheide des Beklagten aufzuheben, soweit die MdE ab 1. Dezember 2002 auf unter 25 v.H. festgestellt wurde, und als weitere Schädigungsfolge einen Tinnitus beidseits festzustellen.
Mit Urteil vom 9. Oktober 2012 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen: Der Anfechtungsantrag sei unbegründet, da eine MdE unter 25 v.H. festzustellen sei. Der Verpflichtungsantrag sei bereits unzulässig, da bei Klageerhebung der Tinnitus als Schädigungsfolge nicht erwähnt worden sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger an der Feststellung der Gesundheitsstörung "Tinnitus beidseits" als Zivildienstbeschädigung nicht mehr festgehalten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Oktober 2012 aufzuheben sowie 1. den Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 insoweit aufzuheben, als der Beklagte die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2002 auf unter 25 v.H. herabsetzte, und 2. den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 18. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 zu verpflichten, ihm mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2002 eine Beschädigtenrente nach dem Zivildienstgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. bzw. einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Der Verpflichtungsantrag sei im Übrigen bereits unzulässig, da bei Klageerhebung die besondere berufliche Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG nicht erwähnt worden sei.
Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten hiermit einverstanden sind (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
1. Die Berufung ist hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil zu Unrecht abgewiesen. Denn der Bescheid vom 18. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2005 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, als der Beklagte die ursprünglich mit Bescheid vom 19. Juli 1999 festge-stellte Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2002 auf unter 30 v.H. herabsetzte.
Die Voraussetzungen des § 48 SGB X sind vorliegend nicht erfüllt, da es zu keiner wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen gekommen ist.
Nach den gutachterlichen Feststellungen hat sich die Beeinträchtigung des rechten Handgelenks gebessert, jedoch nicht in einem solchen Maß, dass die Herabsetzung der MdE von 30 v.H. auf unter 25 v.H. gerechtfertigt wäre. Der Bewertung durch den in der ersten Instanz beauftragten Sachverständigen Dr. E im Gutachten vom 15. März 2010, wonach die schmerzhaften Bewegungseinschränkungen des Handgelenks und endgradigen Einschränkungen der Gelenke des Daumens mit einer MdE von 20 v.H. einzuschätzen seien, folgt der Senat nicht. Denn der Gutachter hat hierbei auf die zum Unfallversicherungsrecht entwickelten Maßstäbe zurückgegriffen. Dies ist nicht zulässig. Die Bewertung der Höhe der MdE bzw. des GdS richtet sich vielmehr allein nach den vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung herausgegebenen Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP), und zwar entsprechend dem streitgegenständlichen Zeitraum in den Fassungen von 1996, 2004, 2005 und – zuletzt – 2008, die am 1. Januar 2009 durch die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" abgelöst wurden.
Der Senat schließt sich deshalb der Bewertung durch den Sachverständigen Prof. Dr. S an, der – in Übereinstimmung mit den Vorgaben in Nr. 26.18 der AHP bzw. in Teil B Nr. 18.13 der Anlage zu § 2 VersMedV – die geringe Minderbelastbarkeit der rechten Hand und die mit einer arthrotischen Umformung einhergehenden Bewegungseinschränkung überzeugend mit einer MdE von 30 v.H. bzw. einem GdS von 30 bewertet hat.
2. Die Berufung hat insoweit keinen Erfolg, als der Kläger die Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG begehrt.
Die Höhe der MdE bzw. des GdS ist vorliegend nicht wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit des Klägers um einen Zehnergrad anzuheben. Nach Satz 1 dieser Vorschrift in der seit dem 21. Dezember 2007 geltenden Fassung (die sich inhaltlich nicht von der Fassung vom 29. Juli 1994 unterscheidet) ist der GdS höher zu bewerten, wenn der Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen ist, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist nach den in Satz 2 beispielhaft (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1969 – 10 RV 561/66 –, BSGE 29, 139 = SozR Nr. 37 zu § 30 BVG) aufgeführten Tatbeständen insbesondere der Fall, wenn 1. auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nach-weisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, 2. zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder 3. die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
Der Kläger ist in seinem Beruf nicht besonders betroffen. Die individuellen Auswirkungen der Schädigungsfolgen in seinem Berufsleben erreichen nach den medizinischen Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen zur Überzeugung des Senats noch nicht das Ausmaß, das eine Anhebung um einen Zehnergrad rechtfertigen würde. Denn die Feinmotorik beider Hände ist nicht herabgesetzt. Der Faustschluss ist komplett, die grobe Kraft ist rechts nur geringfügig gemindert. Der Spitzgriff ist vom Daumen zu allen Langfingern möglich. Die Spannbreite der rechten Hand (Ok-tavgriff) ist gegenüber der linken nicht herabgesetzt. Trotz der – geringen - Minderbelastbarkeit der rechten Hand und der gutachterlich beschriebenen Bewegungseinschränkung ist die Hand aber ausreichend belastbar. Dies zeigen die von dem Sachverständigen Prof. Dr. S beschriebenen e r h e b l i c h e n Arbeitsspuren an der rechten Hand des Klägers.
Die nach § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
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