Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 16 KR 276/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 17/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 24/03 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28.02.2002 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine Kostenerstattung für die vom 15.05.2000 bis 23.06.2000 und vom 27.06.2000 bis 10.07.2000 durchgeführten Akupunkturbehandlungen.
Am 23.03.2000 stellte die am ...1949 geborene und bei der Beklagten versicherte Klägerin einen Antrag auf Kostenübernahme für die von dem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt Dr. R1 ... empfohlene Akupunkturbehandlung. Die Klägerin werde zur Zeit wegen einer Epicondylitis humeri radialis rechts behandelt. Herkömmliche Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft. Die Erkrankung stelle eine anerkannte Indikation zur Akupunktur dar.
In dem nach Beiziehung eines Befundberichts von Dr. R1 ... von der Beklagten veranlaßten Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ist von Dr. R2 ... ausgeführt, bei der therapieresistenten Erkrankung hätten Physiotherapie und Medikamente bislang nicht geholfen. Allerdings komme noch eine sog. Entzündungsbestrahlungsbehandlung (Röntgen) in Betracht. Von einer Ausschöpfung konventioneller Behandlungsmethoden könne nicht ausgegangen werden.
Mit Bescheid vom 08.05.2000 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Die Akupunkturbehandlung stelle eine neue, bislang vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht anerkannte Behandlungsmethode dar. Von einer Ausschöpfung der konventionellen Behandlungsmethoden könne nicht ausgegangen werden. Es werde empfohlen, sich mit dem behandelnden Arzt wegen einer Entzündungsbestrahlung zu besprechen.
Mit dem Widerspruch vom 04.05.2000 machte die Klägerin geltend, die vorgeschlagene Behandlung komme für sie als Krebspatientin nicht in Betracht.
Nach erneuter Begutachtung durch den MDK (und dessen Stellungnahme von Dr. R3 ... vom 07.06.2000) teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 14.06.2000 mehrere Behandlungsmöglichkeiten mit, die bei einer hartnäckigen Epicondylitis in Betracht gezogen werden könnten.
Unter Hinweis auf die ärztliche Bescheinigung von Dr. R1 ..., nach der alle unter Berücksichtigung der Vorerkrankung möglichen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft worden seien, begehrte die Klägerin für die Behandlungen vom 15.05.2000 bis 23.06.2000 und vom 27.06.2000 bis 10.07.2000 eine Erstattung der von Dr. R1 ... in Rechnung gestellten und von ihr beglichenen Kosten in Höhe von insgesamt 800 DM.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.11.2000 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Bei der Akupunkturbehandlung handele es sich um eine neue Behandlungsmethode, die mangels Anerkennung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre.
Hiergegen hat sich die am 04.12.2000 beim Sozialgericht erhobene Klage gerichtet. Bei der Klägerin seien vor Durchführung der Akupunktur alle in Betracht kommenden Behandlungsmöglichkeiten erfolglos durchgeführt worden. Die Klägerin habe sich in den Jahren 1996 und 1998 wegen schweren Krebserkrankungen Operationen und Strahlenbehandlungen unterziehen müssen, die noch andauerten. Im Jahr 1999 habe sich im rechten Arm ein Lymphödem gebildet. Ende 1999/Anfang 2000 sei die Epicondylitis aufgetreten, aufgrund derer die Klägerin starke Schmerzen gehabt habe und kaum noch in der Lage gewesen sei, den rechten Arm zu bewegen. Bis März 2000 seien ausführliche klinische Behandlungen, Laboruntersuchungen, Schmerzmitteleinnahmen, Antiphlogistika, Manualtherapie, Physiotherapie sowie Behandlungen mit Externa und Lokalanästhetika durchgeführt worden. Ein Erfolg sei nicht eingetreten, vielmehr habe sich eine Verschlimmerung gezeigt. Die vom MDK vorgeschlagenen und von der Beklagten mit Schreiben vom 14.06.2000 mitgeteilten Therapiestrategien hätten aufgrund der Krebsvorerkrankung nicht zur Anwendung kommen können. Eine Ruhigstellung bzw. Entspannungslagerung des rechten Armes hätte das ebenfalls im rechten Arm vorhandene Lymphödem erheblich verstärken bzw. verhärten können. Bei einer weitergehenden Strahlenbelastung wäre eine Schädigung des Organismus zu befürchten gewesen. Als einzige Behandlungsmöglichkeit habe noch eine Akupunkturbehandlung zur Verfügung gestanden. Die Behandlung sei auch erfolgreich gewesen. Die Klägerin sei nunmehr schmerzfrei.
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe mit Beschluss vom 16.10.2000 für bestimmte Indikationen, u.a. die bei der Klägerin vorliegenden chronischen Schmerzen bei entzündlichen Gelenkerkrankungen (Osteoarthritis), eine Beschlussfassung für drei Jahre ausgesetzt und für diesen Zeitraum Modellversuche der Krankenkassen im Sinne der §§ 63 bis 65 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) befürwortet. Eine abschließende Entscheidung des Bundesausschusses liege damit nicht vor. In Anwendung der Grundsätze der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu einem Systemversagen stehe der Klägerin ein Kostenerstattungsanspruch zu. Die fehlende Anerkennung beruhe auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems, weil das Anerkennungsverfahren bisher nicht bzw. nicht zeitgerecht durchgeführt worden sei. Ein sachlicher Grund, die Beschlussfassung über die Anerkennung von Akupunkturbehandlungen für drei Jahre auszusetzen, liege nicht vor. Das National Institute of Health habe bereits im Jahre 1997 festgestellt, dass die Akupunktur im Falle eines "Tennisellenbogens" und anderen Schmerzsymptomen sowie bei Osteoarthritis eine wirksame Behandlungsmethode darstelle. In einer Studie der Deutschen Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin sei festgestellt, dass fast 85 % aller Patienten nach einer Akupunkturbehandlung eine Verbesserung der Beschwerden angegeben hätten. Dies habe auch eine Studie unter der Leitung von PD Dr. Dr. Wallach bestätigt. Hierzu hat die Klägerin den Abschlussbericht über die Auswertung zur Mikrosystemakupunktur (Januar 2000) der Arbeitsgruppe Evaluation Naturheilverfahren und Umweltmedizin, Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Freiburg, erstellt im Auftrag der Deutschen Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin (München), vorgelegt, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 74 bis 88 der Sozialgerichtsakte). Mit dem genannten Studien sei der Erfolg der Akupunkturbehandlung in einer für die sichere Beurteilung der Wirksamkeit ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen nachgewiesen, die eine Entscheidung über die Anerkennung rechtfertigen würden. Die bisherige Nichtdurchführung des Anerkennungsverfahrens erscheine daher willkürlich, widerspreche dem Auftrag des Gesetzes und sei nicht verfassungskonform. Die Versorgungslücke müsse mit der Gewährung eines Kostenerstattungsanspruchs geschlossen werden. Dies habe umso mehr zu gelten, wenn - wie bei der Klägerin -, die allgemein anerkannten Behandlungsmethoden ohne Erfolg geblieben seien.
Im Übrigen belege gerade die vom Bundesausschuss zugelassene Anwendung im Rahmen von Modellversuchen, dass die streitige Methode mit anerkannten Methoden vergleichbar sei. Hätte die Akupunkturbehandlung in der medizinischen Fachdiskussion keine breite Resonanz gefunden und würde diese auch nicht von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewandt, wäre für die Akupunkturbehandlung wohl keine modellhafte Erprobung befürwortet worden. Darüber hinaus habe sich die Beklagte ab 19.10.2000 dem Modellversuch angeschlossen, eine Kostenerstattung im Falle der Klägerin im Widerspruchsbescheid vom 01.11.2000 gleichwohl abgelehnt. Dies sei im Verhältnis zu anderen Versicherten eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.
Mit Urteil auf mündliche Verhandlung vom 28.02.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Kostenerstattung wegen der Akupunkturbehandlungen nicht zu. Es handele sich um eine neue Behandlungsmethode, auf die § 135 SGB V Anwendung finde. Zum Zeitpunkt der Behandlung bei der Klägerin habe eine Anerkennung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht vorgelegen. Anhaltspunkte für ein Systemversagen nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG lägen nicht vor, zumal die nunmehr mit Beschluss vom 16.10.2000 getroffene Erprobungsregelung darauf schließen lasse, dass die hiervon erfassten Indikationen einer wissenschaftlichen Überprüfung bedürften. Auch könne dahin gestellt bleiben, ob aus der von der Klägerin benannten Studie von PD Dr. Dr. Wallach ein Wirksamkeitsnachweis abgeleitet werden könne. Der Abschlussbericht sei erst im Januar 2000 vorgelegt worden. Bei einer dem Bundesausschuss einzuräumenden Bearbeitungsfrist habe eine Entscheidung bis zum Zeitpunkt der hier im Mai 2000 durchgeführten Behandlungen nicht vorliegen müssen.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin vom 11.04.2002 gegen das am 11.03.2002 zugestellte Urteil hat der Senat mit Beschluss vom 18.09.2002 die Berufung zugelassen.
Auf die gerichtliche Anfrage vom 07.11.2002 zu den Einzelheiten der Durchführung des Anerkennungsverfahrens hat der Bundessausschuss der Ärzte und Krankenkassen mit Schreiben vom 15.01.2003 auf den im Internet (www.kbv.de./hta) veröffentlichten zusammenfassenden Bericht des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beratungen der Jahre 1999 und 2000 zur Bewertung der Akupunktur gemäß § 135 Abs. 1 SGB V vom 22.01.2001 verwiesen, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Akupunktur hätten mit dem verfügbaren Datenmaterial nicht zuverlässig belegt werden können. Um gezielte wissenschaftliche Erkenntnisse zum Nutzen der Akupunktur in der vertragsärztlichen Versorgung gewinnen zu können, sei die Beschlussfassung für drei Jahre zur Durchführung von Modellversuchen der Krankenkassen ausgesetzt worden. Eine ausführliche und fundierte Auseinandersetzung mit der Thematik sowie die Vielzahl der Veröffentlichungen habe den Zeitbedarf bis zur Beschlussfassung erforderlich gemacht. Der Vorwurf eines Systemversagens sei nicht gerechtfertigt, weil eine Überprüfung der Methode durchgeführt worden sei. Darüber hinaus hätten auch die inhaltlichen Voraussetzungen für eine Empfehlung nicht vorgelegen. Es sei abwegig, dass der Bundesausschuss seinen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum überschritten haben solle, weil er sachfremde oder willkürliche Erwägungen angestellt habe.
Zur Begründung ihrer Berufung hat die Klägerin vorgetragen, der Bericht des Bundesausschusses bestätige ein Systemversagen. Die Studienauswertung zur Mikrosystemakupunktur von PD Dr. Wallach und von Dipl.-Psych. Güthlin sei schlicht mit der Begründung nicht anerkannt worden, dass es dem Ausschuss gleichwohl zweifelhaft erscheine, ob das Evidenzniveau der wissenschaftlichen Begleitung des IKK-Modellprojektes eine wissenschaftlich fundierte Aussage über die Akupunktur zulasse und aufgrund der Vielfältigkeit der Akupunkturarten, Diagnosen etc. über die Wirksamkeit keine valide Aussage getroffen werden könne. Diese Begründung vermöge mit Blick auf den Inhalt der Studie wie auch deren Ergebnis nicht zu überzeugen und entbehre eines sachlichen Grundes. Zumindest bei der Indikation Osteoarthrits wäre die Akupunkturbehandlung anzuerkennen gewesen. Im Bericht sei ausdrücklich festgehalten, dass die Indikationsauswahl durch mehrere Studien und Stellungnahmen bei osteoarthritischen Schmerzen bestätigt werde. Soweit der Ausschuss der Ansicht gewesen sei, trotz der befürwortenden Stellungnahmen fehle es an qualitativ hochwertigen wissenschaftlichen Studien, rechtfertige dies eine Ablehnung nicht. Gemäß § 2 Abs. 1 SGB V sei für den medizinischen Leistungsstandard der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung des Fortschrittes maßgebend. Für die Anerkennung müsse damit der Nachweis der Wirksamkeit in einer statistisch relevanten Zahl von Fällen ausreichend sein. Der Bericht belegte darüber hinaus, dass die Akupunktur seit 1975 auch im Westen zunehmend angewandt werde und ihr aufgrund der medizinischen Fachdiskussion ein solches Gewicht zukomme, dass eine Überprüfung und Entscheidung durch den Bundesausschuss veranlaßt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28.02.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.11.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Akupunkturbehandlungen nach Maßgabe der Rechnungen von Dr. R1 ... vom 30.06.2000 und vom 06.09.2000 in Höhe von 409,03 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalt ebenso wie der Bericht des Arbeitsausschusses vom 22.01.2001 Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die aufgrund der mit Beschluss vom 18.09.2002 ausgesprochenen Zulassung statthafte Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.
Die Beklagte hat die im März 2000 beantragte Kostenübernahme für die sodann vom 15.05.2000 bis 23.06.2000 und vom 27.06.2000 bis 10.07.2000 von Dr. R1 ... durchgeführten Akupunkturbehandlungen nicht zu Unrecht abgelehnt. Sie gehören nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung.
Einzig denkbare Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs. 3 SGB V, wonach Kosten zu erstatten sind, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann (Voraussetzung 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Voraussetzung 2) und sich der Versicherte die notwendige Leistung deshalb selbst beschafft.
§ 13 Abs. 3 SGB V gewährt einen Kostenerstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Die Kosten müssen dadurch entstanden sein, dass die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder dass sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. An dem erforderlichen Kausalzusammenhang fehlt es regelmäßig, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 15 S. 74 m.w.Nachw., Urteil vom 19.06.2001, B 1 KR 23/00 R). Bei laufenden oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Leistungen wird allerdings die ablehnende Entscheidung der Krankenkasse im allgemeinen als Zäsur gesehen und die Kostenerstattung nur für diejenigen Leistungen ausgeschlossen, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung auf eigene Rechnung beschafft wurden; für spätere Leistungen wird er der erforderliche Kausalzusammenhang dagegen bejaht (vgl. BSG, Urteil vom 19.06.2001 m.w.Nachw.).
Eine wegen der von der Klägerin vorgetragenen Schmerzen in Betracht zu ziehende unaufschiebbare Leistung im Sinne von § 13 Abs. 3 SGB V vermag einen Kostenerstattungsanspruch nicht zu begründen. Zwar erfasst diese Fallgruppe nicht nur Notfälle im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Eine unaufschiebbare Leistung hat die Rechtsprechung vielmehr auch dann angenommen, wenn die Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswertes Aufschubs mehr bestand. Unaufschiebbar kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn mit der Ausführung so lange gewartet wird, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, damit der mit ihr angestrebte Erfolg noch erreicht werden kann. Die medizinische Dringlichkeit ist indes nicht allein ausschlaggebend. Denn für die erste Fallgruppe wird neben der Unaufschiebbarkeit vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehende Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur dann ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden. § 13 Abs. 3 SGB V will lückenlos alle Sachverhalte der berechtigten Selbstbeschaffung von Leistungen in Fällen des Systemversagens erfassen. Bei seiner Auslegung müssen deshalb die Merkmale beider Fallgruppen so aufeinander abgestimmt werden, dass dieser Zweck erreicht wird. Daraus folgt, dass der Kostenerstattungsanspruch mit dem Unvermögen der Krankenkasse zur rechtzeitigen Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung nur begründet werden kann, wenn es dem Versicherten aus medizinischen oder anderen Gründen nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten (BSG, Urteil vom 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R).
Zugunsten der Klägerin ist festzustellen, dass der geltend gemachte Anspruch nicht schon an der Obliegenheitsverletzung wegen des vor einer Inanspruchnahme der Leistung zu stellenden Antrages und einer abzuwartenden Entscheidung der Beklagten scheitert. Die Klägerin hatte im März 2000 bei der Beklagten einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt, den die Beklagte mit Bescheid vom 08.05.2000 abgelehnt hatte. Die Behandlungen wurden erst danach durchgeführt, so dass eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin nicht vorliegt.
Das Merkmal der Unaufschiebbarkeit im Sinne von § 13 Abs. 3 SGB V in seiner ersten Variante allein rechtfertigt den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch indes nicht. Denn dieses Merkmal dient im Interesse der lückenlosen Erfassung aller Fälle der berechtigten Selbstbeschaffung von Leistungen ausschließlich dazu, diejenigen Versicherten zu begünstigen, denen es wegen der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit nicht zuzumuten ist, die Krankenkasse einzuschalten oder ihre Entscheidung abzuwarten (BSG, Urteil vom 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R = BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22 S. 105 f). Die Unaufschiebbarkeit führt in einem derartigen Fall lediglich dazu, dass der Anspruch des Versicherten nicht schon daran scheitert, dass er sich vorher nicht mit der Krankenkasse in Verbindung gesetzt und deren Entscheidung abgewartet hat. Das Merkmal der Unaufschiebbarkeit verdrängt demgegenüber niemals das Merkmal der Rechtswidrigkeit der Leistungsverweigerung (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2002, B 1 KR 16/00 R): Trotz Unaufschiebbarkeit hat die Kasse nicht einzustehen, wenn der Versicherte sich eine Behandlung beschafft hat, die unter jedem Gesichtspunkt (selbst unter demjenigen des Systemversagens) von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen ist.
Infolgedessen besteht der Kostenerstattungsanspruch unabhängig von der Eilbedürftigkeit nur für Behandlungen, die ihrer Art nach von der gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistungen zu erbringen sind. Eine Kostenerstattung ist vorliegend ausgeschlossen, weil Qualität und Wirksamkeit der Akupunktur nicht dem für die gesetzliche Krankenversicherung in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entspricht. Die Feststellung, dass eine ambulante vertragsärztliche Behandlung dem geforderten Versorgungsstandard entspricht, obliegt nach dem Gesetz nicht der einzelnen Krankenkasse und von dem Sonderfall eines "Systemversagens" auch nicht den Gerichten, sondern dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen.
Dies ergibt sich aus § 135 SGB V i.V.m. den BUB-Richtlinien (früher: NUB-Richtlinien). § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes (2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl. I. S. 1520) schreibt vor, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden dürfen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) sowie über die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der Methoden zu sichern (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 SGB V), abgegeben hat. Dadurch wird nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt.
Die durchgeführte Akupunkturbehandlung ist eine neue Untersuchungsmethode im Sinne von § 135 SGB V. Sie ist bisher nicht Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums. Im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) ist sie nicht aufgeführt.
Eine positive Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen für die Akupunktur lag zum Zeitpunkt der Behandlungen von Mai bis Juli 2000 nicht vor und ist auch später nicht abgegeben worden. Mangels Empfehlung seitens des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in den einschlägigen Richtlinien durfte die von der Klägerin selbst beschaffte Behandlung von den Krankenkassen als Sachleistung nicht gewährt werden; daran scheitert auch ein Kostenerstattungsanspruch.
Gegenüber der fehlenden Entscheidung des Bundesausschusses über den therapeutischen Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ist auch der Einwand unerheblich, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und im konkreten Fall wirksam gewesen bzw. lasse einen Behandlungserfolg zumindest als möglich erscheinen. Soweit der Einwand zugelassen wurde, die neue Methode sei generell und nicht nur im konkreten Fall zweckmäßig, ist vom BSG an dieser Rechtsprechung nicht festgehalten worden. Es kommt nicht darauf an, ob der Bundesausschuss die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt hat, oder über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden ist. Das Gesetz schließt eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des Bundesausschusses, sondern auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung aus, denn es soll sichergestellt werden, dass neue Behandlungsmethoden erst nach ausreichender Prüfung in dem dafür vorgesehenem Verfahren in der gesetzlichen Krankenversicherung eingesetzt werden (BSG, Urteil vom 16.09.1997, 1 RK 28/95 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4).
Bei den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V handelt es sich um untergesetzliche Normen, die in Verbindung mit § 135 SGB V verbindlich festlegen, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums sind. § 135 SGB V bezweckt die Sicherung der Qualität der Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung; es soll gewährleistet werden, dass neue medizinische Verfahren nicht ohne Prüfung ihres diagnostischen bzw. therapeutischen Nutzens und etwaiger gesundheitlicher Risiken in der vertragsärztlichen Versorgung angewandt werden. Das ist zum Schutz der Versichertengemeinschaft vor unwirtschaftlicher Behandlung gleichermaßen wichtig wie zum Schutz des Versicherten vor unerprobten Methoden einschließlich deren Nebenwirkungen. Die Regelung ist in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefasst. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind deshalb solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der Bundesausschuss sie als zweckmäßig anerkannt hat.
Dieser Leistungsausschluss gilt auch im Verhältnis zum Versicherten. In seiner Entscheidung vom 16.09.1997 (1 RK 28/95, a.a.O.) hat sich das Bundessozialgericht mit dieser Thematik ausführlich befasst und ausgeführt, zwar lege § 135 SGB V in erster Linie für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte fest, unter welchen Voraussetzungen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht und abgerechnet werden dürften. Trotzdem werde durch § 135 SGB V ebenso wie durch andere vertragsärztliche Vorschriften, die bestimmte Behandlungen von der vertragsärztlichen Versorgung ausschließen würden, oder ihre Anwendung an besondere Bedingungen knüpfe, zugleich der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen festgelegt. Dürfe der Arzt eine Behandlungsmethode nicht als Vertragsleistung abrechnen, weil sie nach den Richtlinien ausgeschlossen oder nicht empfohlen sei, gehöre sich auch nicht zur Behandlung im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Dieses Ergebnis hat das Bundessozialgericht mit Blick auf die systematischen Zusammenhänge zwischen den Regelungen des Dritten und Vierten Kapitels des SGB V eingehend begründet und auch hervorgehoben, dass sich ein Vorrang des Leistungsrechts in dem Sinne, dass der Versicherte sich eine nach den Vorschriften des Vertragsarztrechts ausgeschlossene Behandlung unter Berufung auf deren Zweckmäßigkeit dennoch auf Kosten der Krankenkasse beschaffen könnte, sich nicht aus § 13 Abs. 3 SGB V herleiten lasse. Die dortige Regelung schaffe lediglich die rechtliche Grundlage dafür, dass der Versicherte ausnahmsweise eine - wie hier - privatärztliche Behandlung auf Kosterstattungsbasis in Anspruch nehmen könne, wenn die Krankenkasse wegen eines Versagens des Beschaffungssystems nicht in der Lage sei, eine notwendige Behandlung als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Die Bindung an die im Vierten Kapitel des SGB V festgelegten Modalitäten und Grenzen der Krankenbehandlung auch in den Anwendungsfällen dieser Vorschrift bleibe erhalten.
In dem genannten Urteil (BSG, a.a.O.) vermochte das Bundessozialgericht auch in Auseinandersetzung mit den dagegen im Schrifttum vorgebrachten Bedenken einen Verfassungsverstoß nicht zu erkennen. Es hat insbesondere hervorgehoben, das zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung und zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung bereits Anfang der dreißiger Jahre entwickelte und seither historisch gewachsene öffentlich- rechtliche System kollektivvertraglicher Beziehungen zwischen den Krankenkassen bzw. ihren Verbänden und den Körperschaften der Ärzte setze die Zuweisung von Normsetzungsbefugnissen an die Vertragspartner voraus, denn es könne seinen Zweck nur erfüllen, wenn die in Gesamtverträgen und Mantelverträgen vereinbarten Regelungen nicht nur die vertragsschließenden Körperschaften, sondern auch die durch sie repräsentierten Vertragsärzte und Versicherte binde. Darüber hinaus sei dem Grundgesetz kein numerus clausus zulässiger Rechtsetzungsnormen in dem Sinne zu entnehmen, dass neben den ausdrücklich genannten Instrumenten des formellen Gesetzes und der Rechtsverordnung sowie den vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Regelungstypen der autonomen Satzung und der Tarifvertragsnormen weitere Formen der Rechtsetzung schlechthin ausgeschlossen wären.
Gegenüber diesen darlegten Grundsätzen, die das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, und denen der sich der erkennende Senat bereits in den Urteilen vom 01.06.1999 (L 1 KR 3/98 u.a. [ASI-Therapie], bestätigt mit Urteil des BSG vom 28.03.2000 = BSGE 86,54) aufgrund eigener Überzeugung angeschlossen hat, und die sowohl von dem für das Leistungsrecht zuständigen 1. Senat (vgl. zuletzt Urteil vom 03.04.2001, B 1 KR 22/00 R) als auch dem für das Vertragsarztrecht zuständigen 6. Senat des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 30.01.2002, B 6 KA 73/00 R) in ständiger Rechtsprechung angewandt werden, hat die Berufung keinen Vortrag gebracht, der zu einer vertiefenden Auseinandersetzung oder Änderung der Beurteilung Veranlassung geben könnte.
Der Bundesausschuss hat mit Beschluss vom 16.10.2000, nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger Nr. 12 vom 18.01.2001 am 19.01.2001 in Kraft getreten, die Akupunktur mit Ausnahme der Indikationen chronische Kopfschmerzen, chronische LWS-Schmerzen und chronische osteoarthritische Schmerzen, soweit die Behandlung in Modellversuchen nach den §§ 65 ff. SGB V erfolgt, für die im folgenden entsprechend der Nummer 6.5 der BUB-Richtlinien Vorgaben beschlossen wurden, in die Liste der von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossenen Behandlungsmethoden aufgenommen. Für die Anwendung der Körperakupunktur mit Nadeln ohne elektrische Stimulation bei chronischen Kopfschmerzen, chronischen LWS- Schmerzen und chronischen Schmerzen bei Osteoarthritis, die länger als sechs Monate bestehen, hat der Bundesausschuss die Beschlussfassung für drei Jahre ausgesetzt und die Durchführung von Modellvorhaben nach näheren Maßgaben empfohlen.
In zeitlicher Hinsicht erfasst die in Rede stehende Ergänzung der Richtlinien die streitbefangenen Behandlungen von Mai bis Juli 2000 jedoch nicht, denn sie sind erst am 19.01.2001 in Kraft getreten. Für die Beurteilung des Kostenerstattungsanspruchs für eine selbstbeschaffte Leistung kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Behandlung an (BSG SozR 3-2500 135 Nr. 12). Zwar wird das untergesetzliche Recht durch den Bundesausschuss definiert; für die Rechtswirkung ist aber der Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der entsprechenden Richtlinien entscheidend. Vor seinem In-Kraft-Treten stellt der Beschluss keine gültige Rechtsgrundlage für eine Ablehnung dar, so dass die Krankenkasse ihre Entscheidung nur auf das Verbot des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V stützen darf. Abgesehen vom Beanstandungsrecht des Bundesministers für Gesundheit könnte der Ausschuss seine Entscheidung bis zu diesem Zeitpunkt auch selbst noch revidieren. Mit dem Charakter der Richtlinien als untergesetzliche Rechtsnormen wäre unvereinbar, wenn sie auf Behandlungen anwendbar wären, die vor ihrem In-Kraft-Treten durchgeführt worden sind. Auf eine Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 16.10.2000 wegen einer Aussetzung in Bezug auf bestimmte Indikationen kommt es deshalb nicht. Im Übrigen trifft die Auffassung der Klägerin, die bei ihr vorliegende Erkrankung sei von der Aussetzung einer Beschlussfassung zu der Indikation bei chronischen Schmerzen bei Osteoarthritis erfasst, nicht zu. Diese vom Bundesausschuss benannte Indikation erfasst Arthrosen und degenerative Gelenkerkrankungen (S. 48 des Ausschussberichts vom 22.01.2001). Wegen einer solchen Erkrankung wurde die Klägerin nicht behandelt. Bei ihr lag vielmehr eine Epicondylitis vor. Die Bewertung dieser Indikation war nach der Auswahlliste (S. 44 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001) selbständiger Beratungsgegenstand und wurde gerade bei den Indikationen zur Aussetzung der Beschlussfassung nicht aufgenommen. Aufgrund der von Mai bis Juli 2000 durchgeführten Behandlungen ist auch nicht erheblich, dass die Beklagte aufgrund des Beschlusses vom 16.10.2000 mit der Durchführung von Modellvorhaben, an denen auch der die Klägerin behandelnde Arzt Dr. R1 ... teilnimmt, ab 19.10.2000 begonnen hat.
Das Fehlen einer Empfehlung des Bundesausschusses zum Zeitpunkt der durchgeführten Behandlungen begründet auch keinen Systemmangel. Ein Kostenerstattungsanspruch kann ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht. Das präventive Verbot in § 135 SGB V dient allein dem Zweck der Qualitätssicherung; nur soweit es dieser Zweck erfordert, ist der Ausschluss ungeprüfter und nicht anerkannter Methoden aus der vertragsärztlichen Versorgung gerechtfertigt. Soweit sie sich als zweckmäßig und wirtschaftlich erweisen, dürfen sie dem Versicherten nicht vorenthalten werden. Dem muss das Verfahren vor dem Ausschuss gerecht werden. Es muss gewährleisten, dass bei Vorlage der für die Beurteilung der Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit benötigten Unterlagen in vertretbarer Zeit eine Entscheidung über die Anerkennung der neuen Methode erreicht werden kann. Wird die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und kann deshalb eine für die Behandlung benötigte Therapie nicht eingesetzt werden, widerspricht es dem Auftrag des Gesetzes. Eine sich daraus ergebende Versorgungslücke kann zugunsten des Versicherten mit Hilfe des § 13 Abs. 3 SGB V geschlossen werden.
Die zum Zeitpunkt der Behandlungen fehlende Aussage zur Akupunktur in den BUB-Richtlinien ist nicht Folge eine Systemmangels. Maßgebend ist insoweit die Sachlage zum Zeitpunkt der Behandlung, die hier von Mai bis Juli 2000 stattfanden. Die Rechtswidrigkeit der Leistungsverweigerung ließe sich als sog. Systemmangel nur mit der rechtswidrigen Untätigkeit des Bundesausschusses begründen. Ein Systemmangel liegt nach der zitierten Rechtsprechung dann vor, wenn die Entscheidung des Bundesausschusses trotz Erfüllung der für die Überprüfung einer neuen Behandlungsmethode notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen unterblieben oder verzögert worden wäre. Zum Behandlungszeitpunkt bei der Klägerin ist dies nicht gegeben.
Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und damit dem in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Versorgungsstandard entspricht, soll nach Wortlaut und Konzeption des Gesetzes nicht von Fall zu Fall durch die Krankenkasse oder das Gericht, sondern für die gesamte ambulante Versorgung einheitlich durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als sachkundiges Gremium entschieden werden, um so eine an objektiven Maßstäben orientierte und gleichmäßige Praxis der Leistungsgewährung zu erreichen. Dabei hat der Bundesausschuss entgegen einem häufig anzutreffenden Missverständnis nicht selbst über den medizinischen Nutzen der Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 18/01 R).
In Reaktion auf den mit der Änderung von § 135 Abs. 1 SGB V erweiterten gesetzlichen Auftrag zur Überprüfung bereits anerkannten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen den früheren NUB-Arbeitsausschuss durch den Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" abgelöst und die für die Beratungen gemäß § 135 Abs. 1 SGB V maßgebenden Richtlinien mit Beschluss vom 01.10.1997 (BAnz. vom 31.12.1997, S. 1532, DÄ 95, Heft 1-2, Januar 1998, A-63) am 01.01.1998 in Kraft getreten, gefasst. Mit Beschluss vom 10.12.1999 wurde diese Verfahrensrichtlinie unter gleichzeitiger Neufassung der Überschrift (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V BUB-RL) neu gefasst und am 21.03.2000 im Bundesanzeiger (Nr. 12) und am 31.03.2000 im Deutschen Ärzteblatt (DÄ 2000 C 680) veröffentlicht. Diese Richtlinien mit der darin enthaltenen Verfahrensordnung tragen der gesetzlichen Aufgabenstellung Rechnung, in dem sie im Einzelnen regeln, welche Unterlagen für die Überprüfung heranzuziehen sind, nach welchen Kriterien die Bewertung zu erfolgen hat und welche Voraussetzungen für die Anerkennung der Methode erfüllt sein müssen (BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 18/01 R).
Vorliegend ist die Verfahrensweise des Bundesausschusses bezüglich der Durchführung des Anerkennungsverfahrens zur Akupunktur nicht zu beanstanden. Es ist ausweislich des Berichts vom 22.01.2001 des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beratungen der Jahre 1999 und 2000 zur Bewertung der Akupunktur gemäß § 135 SGB V in Einklang mit der Verfahrensordnung durchgeführt worden.
Die indikationsbezogene Beratung der Akupunktur vor dem Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen wurde mit Schreiben vom 26.05.1998 vom AOK Bundesverband gemäß § 3 BUB-RL beantragt (S. 6 und 466 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001).
Der Antrag wurde in der achten Sitzung des Arbeitsausschusses am 28.05.1998 vom Vorsitzenden der Krankenkassenseite schriftlich in den Ausschuss eingebracht. In der Ausschusssitzung am 28.05.1998 wurde dem Antrag Priorität eingeräumt und eine sobald als mögliche Veröffentlichung des Beratungsthemas beschlossen. Die nach § 5 BUB-RL erforderliche Veröffentlichung des Beratungsthemas erfolgte als prioritäres Beratungsthema im Bundesanzeiger vom 25.06.1998 sowie im Deutschen Ärzteblatt Nr. 95, Heft 25 vom 19.06.1998 (S. 6 und 467 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001).
Der Fragenkatalog zur Strukturierung der Stellungnahmen wurde am 18.06.1999 verabschiedet und denjenigen Personen und Verbänden zugesandt, die der Geschäftsführung mitgeteilt hatten, eine Stellungnahme abgeben zu wollen. Aufgrund der Veröffentlichung sind im Zeitraum vom 29.06.1998 bis 24.02.2000 16 Stellungnahmen eingegangen (S. 14 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001). Zur Vorbereitung der Beratungen wurde im Anschluss neben den auf die Veröffentlichung eingegangen Stellungnahmen eine eigene Literaturrecherche durchgeführt, auf die wegen der Einzelheiten auf Seite 16 ff. und S. 91 ff. des Berichts verwiesen wird. In fünf Tagungen wurden die Stellungnahmen und die wesentliche Literatur ausgewertet und im Berichterstattersystem dem Arbeitsausschuss vorgetragen. Dies erfolgte zunächst in Form eines einführenden Vortrages, der die geschichtlichen Hintergründe der Akupunktur im Zusammenhang mit der traditionellen Chinesischen Medizin, die geschichtliche Entwicklung der Akupunktur in Europa und anderen Ländern außerhalb Asiens und die derzeit praktizierten Techniken vorstellte. In den anschließenden Beratungen wurde die von der Arbeitsgruppe als maßgeblich angesehene Primärliteratur und Übersichtsarbeiten für einzelne Indikationen vorgestellt und diskutiert. Besonderes Gewicht wurde auf die Problematik der Schmerzbehandlung gelegt. Hierzu wurde gezielt nach Studien gesucht, die eine Verminderung der Medikamentengabe untersuchten. Außerdem fand zu diesem Thema zusätzlich zu den bereits vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen eine Expertenbefragung statt, die den Stellenwert der Akupunktur in der Versorgung chronischer Schmerzpatienten zum Thema hatte.
Nach Sichtung der Stellungnahmen und der Literaturübersicht erfolgte eine Indikationsauswahl. Dabei wurden Indikationen, die häufig genannt wurden und für die aussagefähige Untersuchungen im Sinne der Arbeitsrichtlinie vorlagen, nochmals unterteilt in Untergruppen. Ebenso wurden Indikationen behandelt, wenn entsprechend zahlreiche, verhältnismäßig hochwertige klinische Untersuchungen hierzu vorlagen. Die Indikationsauswahl erfasste folgende Beschwerden/Krankheiten: Schmerzen - unterteilt in Schmerzen im Bereich der HWS, Osteoarthritis, Schmerzen im Bereich der LWS, Kopfschmerzen, Epicondylitis, postoperative Schmerzen, insbesondere postoperative Zahnschmerzen, andere Schmerzindikationen, sofern nicht gesondert besprochen; Rhinitis allergica; Asthma bronchiale; Neurodermitis; Tinnitus; Suchterkrankungen; Übelkeit und Erbrechen - unterteilt in Übelkeit und Erbrechen, postoperativ, Übelkeit und Erbrechen, andere Ursachen; Sonstige gelegentlich benannte Indikationen - Gynäkologische Indikationen, Fertilitätsstörungen, urologische Indikationen, augenärztliche Indikationen, Schlaganfall, sonstige Indikationen aus den Stellungnahmen oder der wissenschaftlichen Literatur (S. 44 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001).
Die indikationsbezogenen Beratungen des Arbeitsausschusses fanden in der 19. Sitzung vom 24.06.1999 bis einschließlich der 28. Sitzung vom 30.03.2000 statt (S. 16 bis 22 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001). Über das Ergebnis der mehrmonatigen, umfassenden Beratung wurde im Plenum des Bundesausschusses unter Vorlage des Abschlussberichts am 10.04.2000, am 03.07.2000 und am 16.10.2000 ausführlich berichtet (S. 90 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001). Sie führte schließlich zur der oben genannten Beschlussfassung vom 16.10.2000.
Damit ist weder ein Systemmangel in Form einer Untätigkeit noch im Sinne einer willkürlichen oder sachfremden Verzögerung des Verfahrens gegeben. Der Bundesausschuss ist seiner rechtlichen Verpflichtung zum Handeln nachgekommen. Ein Systemmangel ergibt sich auch nicht aus einer durch den Antrag am 28.05.1998 ausgelösten Dauer des Verfahrens. Der mögliche Systemmangel kann nicht aus der Verfahrensdauer an sich abgeleitet werden, sondern kann nur in einer aus willkürlichen oder sachfremden Verzögerung der Ausschussentscheidung liegen. Ein Sachverhalt, der eine sachfremde Verzögerung ergäbe, wird aus dem vorliegenden Bericht vom 22.01.2001 nicht ersichtlich. Ein Antrag auf Durchführung des Verfahrens bedeutet hingegen nicht die Verpflichtung zu einer Entscheidung innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums; vielmehr hängt die angemessene Verfahrensdauer von den Gesamtumständen ab, etwa die Komplexität der Materie, der allgemeinen Belastung des Ausschusses oder der therapeutischen Bedeutung des Anliegens. Gerade bei der Bewertung der medizinischen Dringlichkeit ist dem Bewertungsausschuss ein weiter Ermessensspielraum zuzugestehen (BSG, Urteil vom 19.03.2002, B 1 KR 36/00 R). Insofern ist festzustellen, dass der Ausschuss dem Verfahren zur Bewertung der Akupunktur Priorität eingeräumt hatte. Ein Systemmangel ist bei alledem nicht festzustellen.
Die Einwände der Klägerin zu einer nach ihrer Ansicht fehlerhaften Bewertung der Studie von PD Dr. Dr. Wallach und Dip.-Psych. Güthlin (S. 42, 397 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001) wie auch der Vortrag zu der Verbreitung der Methode sind nicht geeignet, um den zum Behandlungszeitpunkt fehlenden Beschluss des Bundesausschusses als rechtswidrige Untätigkeit erscheinen zu lassen. Denn weder das Ausmaß der Verbreitung noch die vorgebrachten positiven Erfahrungen sind ein Kriterium dafür, dass das Anerkennungsverfahren von den antragsberechtigten Stellen oder dem Bundesausschuss selbst nicht ordnungsgemäß betrieben worden wäre. Vielmehr kommt es nach der Rechtsprechung des BSG auf die Verbreitung nur an, wenn eine rechtswidrige Untätigkeit zu bejahen oder zu unterstellen ist (BSG, Urteil vom 19.02.2002, B 1 KR 16/00 R unter Hinweis auf BSGE 81, 54, 66 f. = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S. 22 f.). Im Übrigen ist auch dann, wenn der Bundesausschuss in einem ordnungsgemäßen Verfahren eine Entscheidung getroffen hat, diese einer inhaltlichen Überprüfung durch die Gerichte nicht zugänglich (BSG, Urteil vom 19.03.2002, B 1 KR 36/00 R, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 18/01 R).
Eine Erweiterung der Leistungspflicht der Krankenkassen auf gemäß § 135 SGB V ausgeschlossene Behandlungsmaßnahmen lässt das Gesetz selbst bei schweren und vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheiten nicht zu. Dem Einwand der Klägerin, in ihrem besonderen Fall müsse wegen der Schmerzen und weil keine andere Behandlungsmethode mehr zur Verfügung gestanden habe, eine Kostenerstattung zu Lasten der Krankenversicherung möglich sein, kann nicht Rechnung getragen werden. Das Gesetz verbietet es, die Erprobung neuer Methoden und die medizinische Forschung zu den Versicherungsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu zählen (BSGE 81, 54, 57). Die Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ist damit nicht mit dem Vorbringen begründbar, dass zu dem gegebenen Zeitpunkt eine andere Behandlungsmethode bei ihr nicht (mehr) zur Verfügung gestanden habe.
Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, den Leistungsumfang der Krankenversicherung auf solche Fälle zu erstrecken, lässt sich auch verfassungsrechtlich nicht begründen. Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Grundgesetz (GG) kann kein Anspruch auf Bereithaltung spezieller Gesundheitsleistungen hergeleitet werden. Die Bestimmung begründet zwar eine objektivrechtliche Pflicht des Staates, sich schützend und fördernd vor das Rechtsgut Leben bzw. körperliche Unversehrtheit zu stellen. Der mit einer solchen Schutzpflicht verbundene grundrechtliche Anspruch ist jedoch im Hinblick auf die den zuständigen Stellen einzuräumende weite Gestaltungsfreiheit bei der Erfüllung der Schutzpflichten nur darauf gerichtet, dass die öffentliche Gewalt Vorkehrungen zum Schutz des Grundrechts trifft, die nicht völlig ungeeignet oder völlig unzulänglich sind. Dies im SGB V mit der Bereitstellung von Leistungen, die dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft entsprechen, geschehen. Soweit der Versicherte auch die Bereitstellung von nicht ausreichend erprobten Methoden begehrt, steht dem das öffentliche Interesse am Schutz des Versicherten vor unbekannten Nebenwirkungen sowie am Erhalt der finanziellen Stabilität der Krankenversicherung entgegen. Das in § 12 Abs. 1 SGB V enthaltene Wirtschaftlichkeitsgebot markiert die finanziellen Grenzen, die der Leistungspflicht der Krankenversicherung von der Belastbarkeit der Beitragszahler und der Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft gezogen werden. Selbst das Vorliegen einer Krankheit mit tödlichem Verlauf, für die keine dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung existiert, zwingt nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Das BVerfG hat in seinen Entscheidungen, die Krebserkrankungen betrafen, keine Veranlassung gesehen, bei der Beurteilung der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers auf diesen Aspekt näher einzugehen (vgl. zum Ganzen BSGE 86, 54; BVerfG, Beschlüsse vom 05.03.1997, 1 BvR 1071/95 = NJW 1997, 3085 und vom 15.12.1997, 1 BvR 1953/97 = NJW 1998, 1775, 1776).
Bei alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zu zulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Eine Entscheidung des BSG zu einem Systemversagen im Rahmen des Anerkennungsverfahrens zur Akupunktur liegt bislang nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine Kostenerstattung für die vom 15.05.2000 bis 23.06.2000 und vom 27.06.2000 bis 10.07.2000 durchgeführten Akupunkturbehandlungen.
Am 23.03.2000 stellte die am ...1949 geborene und bei der Beklagten versicherte Klägerin einen Antrag auf Kostenübernahme für die von dem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt Dr. R1 ... empfohlene Akupunkturbehandlung. Die Klägerin werde zur Zeit wegen einer Epicondylitis humeri radialis rechts behandelt. Herkömmliche Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft. Die Erkrankung stelle eine anerkannte Indikation zur Akupunktur dar.
In dem nach Beiziehung eines Befundberichts von Dr. R1 ... von der Beklagten veranlaßten Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ist von Dr. R2 ... ausgeführt, bei der therapieresistenten Erkrankung hätten Physiotherapie und Medikamente bislang nicht geholfen. Allerdings komme noch eine sog. Entzündungsbestrahlungsbehandlung (Röntgen) in Betracht. Von einer Ausschöpfung konventioneller Behandlungsmethoden könne nicht ausgegangen werden.
Mit Bescheid vom 08.05.2000 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Die Akupunkturbehandlung stelle eine neue, bislang vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht anerkannte Behandlungsmethode dar. Von einer Ausschöpfung der konventionellen Behandlungsmethoden könne nicht ausgegangen werden. Es werde empfohlen, sich mit dem behandelnden Arzt wegen einer Entzündungsbestrahlung zu besprechen.
Mit dem Widerspruch vom 04.05.2000 machte die Klägerin geltend, die vorgeschlagene Behandlung komme für sie als Krebspatientin nicht in Betracht.
Nach erneuter Begutachtung durch den MDK (und dessen Stellungnahme von Dr. R3 ... vom 07.06.2000) teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 14.06.2000 mehrere Behandlungsmöglichkeiten mit, die bei einer hartnäckigen Epicondylitis in Betracht gezogen werden könnten.
Unter Hinweis auf die ärztliche Bescheinigung von Dr. R1 ..., nach der alle unter Berücksichtigung der Vorerkrankung möglichen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft worden seien, begehrte die Klägerin für die Behandlungen vom 15.05.2000 bis 23.06.2000 und vom 27.06.2000 bis 10.07.2000 eine Erstattung der von Dr. R1 ... in Rechnung gestellten und von ihr beglichenen Kosten in Höhe von insgesamt 800 DM.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.11.2000 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Bei der Akupunkturbehandlung handele es sich um eine neue Behandlungsmethode, die mangels Anerkennung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre.
Hiergegen hat sich die am 04.12.2000 beim Sozialgericht erhobene Klage gerichtet. Bei der Klägerin seien vor Durchführung der Akupunktur alle in Betracht kommenden Behandlungsmöglichkeiten erfolglos durchgeführt worden. Die Klägerin habe sich in den Jahren 1996 und 1998 wegen schweren Krebserkrankungen Operationen und Strahlenbehandlungen unterziehen müssen, die noch andauerten. Im Jahr 1999 habe sich im rechten Arm ein Lymphödem gebildet. Ende 1999/Anfang 2000 sei die Epicondylitis aufgetreten, aufgrund derer die Klägerin starke Schmerzen gehabt habe und kaum noch in der Lage gewesen sei, den rechten Arm zu bewegen. Bis März 2000 seien ausführliche klinische Behandlungen, Laboruntersuchungen, Schmerzmitteleinnahmen, Antiphlogistika, Manualtherapie, Physiotherapie sowie Behandlungen mit Externa und Lokalanästhetika durchgeführt worden. Ein Erfolg sei nicht eingetreten, vielmehr habe sich eine Verschlimmerung gezeigt. Die vom MDK vorgeschlagenen und von der Beklagten mit Schreiben vom 14.06.2000 mitgeteilten Therapiestrategien hätten aufgrund der Krebsvorerkrankung nicht zur Anwendung kommen können. Eine Ruhigstellung bzw. Entspannungslagerung des rechten Armes hätte das ebenfalls im rechten Arm vorhandene Lymphödem erheblich verstärken bzw. verhärten können. Bei einer weitergehenden Strahlenbelastung wäre eine Schädigung des Organismus zu befürchten gewesen. Als einzige Behandlungsmöglichkeit habe noch eine Akupunkturbehandlung zur Verfügung gestanden. Die Behandlung sei auch erfolgreich gewesen. Die Klägerin sei nunmehr schmerzfrei.
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe mit Beschluss vom 16.10.2000 für bestimmte Indikationen, u.a. die bei der Klägerin vorliegenden chronischen Schmerzen bei entzündlichen Gelenkerkrankungen (Osteoarthritis), eine Beschlussfassung für drei Jahre ausgesetzt und für diesen Zeitraum Modellversuche der Krankenkassen im Sinne der §§ 63 bis 65 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) befürwortet. Eine abschließende Entscheidung des Bundesausschusses liege damit nicht vor. In Anwendung der Grundsätze der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu einem Systemversagen stehe der Klägerin ein Kostenerstattungsanspruch zu. Die fehlende Anerkennung beruhe auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems, weil das Anerkennungsverfahren bisher nicht bzw. nicht zeitgerecht durchgeführt worden sei. Ein sachlicher Grund, die Beschlussfassung über die Anerkennung von Akupunkturbehandlungen für drei Jahre auszusetzen, liege nicht vor. Das National Institute of Health habe bereits im Jahre 1997 festgestellt, dass die Akupunktur im Falle eines "Tennisellenbogens" und anderen Schmerzsymptomen sowie bei Osteoarthritis eine wirksame Behandlungsmethode darstelle. In einer Studie der Deutschen Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin sei festgestellt, dass fast 85 % aller Patienten nach einer Akupunkturbehandlung eine Verbesserung der Beschwerden angegeben hätten. Dies habe auch eine Studie unter der Leitung von PD Dr. Dr. Wallach bestätigt. Hierzu hat die Klägerin den Abschlussbericht über die Auswertung zur Mikrosystemakupunktur (Januar 2000) der Arbeitsgruppe Evaluation Naturheilverfahren und Umweltmedizin, Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Freiburg, erstellt im Auftrag der Deutschen Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin (München), vorgelegt, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 74 bis 88 der Sozialgerichtsakte). Mit dem genannten Studien sei der Erfolg der Akupunkturbehandlung in einer für die sichere Beurteilung der Wirksamkeit ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen nachgewiesen, die eine Entscheidung über die Anerkennung rechtfertigen würden. Die bisherige Nichtdurchführung des Anerkennungsverfahrens erscheine daher willkürlich, widerspreche dem Auftrag des Gesetzes und sei nicht verfassungskonform. Die Versorgungslücke müsse mit der Gewährung eines Kostenerstattungsanspruchs geschlossen werden. Dies habe umso mehr zu gelten, wenn - wie bei der Klägerin -, die allgemein anerkannten Behandlungsmethoden ohne Erfolg geblieben seien.
Im Übrigen belege gerade die vom Bundesausschuss zugelassene Anwendung im Rahmen von Modellversuchen, dass die streitige Methode mit anerkannten Methoden vergleichbar sei. Hätte die Akupunkturbehandlung in der medizinischen Fachdiskussion keine breite Resonanz gefunden und würde diese auch nicht von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewandt, wäre für die Akupunkturbehandlung wohl keine modellhafte Erprobung befürwortet worden. Darüber hinaus habe sich die Beklagte ab 19.10.2000 dem Modellversuch angeschlossen, eine Kostenerstattung im Falle der Klägerin im Widerspruchsbescheid vom 01.11.2000 gleichwohl abgelehnt. Dies sei im Verhältnis zu anderen Versicherten eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.
Mit Urteil auf mündliche Verhandlung vom 28.02.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Kostenerstattung wegen der Akupunkturbehandlungen nicht zu. Es handele sich um eine neue Behandlungsmethode, auf die § 135 SGB V Anwendung finde. Zum Zeitpunkt der Behandlung bei der Klägerin habe eine Anerkennung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht vorgelegen. Anhaltspunkte für ein Systemversagen nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG lägen nicht vor, zumal die nunmehr mit Beschluss vom 16.10.2000 getroffene Erprobungsregelung darauf schließen lasse, dass die hiervon erfassten Indikationen einer wissenschaftlichen Überprüfung bedürften. Auch könne dahin gestellt bleiben, ob aus der von der Klägerin benannten Studie von PD Dr. Dr. Wallach ein Wirksamkeitsnachweis abgeleitet werden könne. Der Abschlussbericht sei erst im Januar 2000 vorgelegt worden. Bei einer dem Bundesausschuss einzuräumenden Bearbeitungsfrist habe eine Entscheidung bis zum Zeitpunkt der hier im Mai 2000 durchgeführten Behandlungen nicht vorliegen müssen.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin vom 11.04.2002 gegen das am 11.03.2002 zugestellte Urteil hat der Senat mit Beschluss vom 18.09.2002 die Berufung zugelassen.
Auf die gerichtliche Anfrage vom 07.11.2002 zu den Einzelheiten der Durchführung des Anerkennungsverfahrens hat der Bundessausschuss der Ärzte und Krankenkassen mit Schreiben vom 15.01.2003 auf den im Internet (www.kbv.de./hta) veröffentlichten zusammenfassenden Bericht des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beratungen der Jahre 1999 und 2000 zur Bewertung der Akupunktur gemäß § 135 Abs. 1 SGB V vom 22.01.2001 verwiesen, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Akupunktur hätten mit dem verfügbaren Datenmaterial nicht zuverlässig belegt werden können. Um gezielte wissenschaftliche Erkenntnisse zum Nutzen der Akupunktur in der vertragsärztlichen Versorgung gewinnen zu können, sei die Beschlussfassung für drei Jahre zur Durchführung von Modellversuchen der Krankenkassen ausgesetzt worden. Eine ausführliche und fundierte Auseinandersetzung mit der Thematik sowie die Vielzahl der Veröffentlichungen habe den Zeitbedarf bis zur Beschlussfassung erforderlich gemacht. Der Vorwurf eines Systemversagens sei nicht gerechtfertigt, weil eine Überprüfung der Methode durchgeführt worden sei. Darüber hinaus hätten auch die inhaltlichen Voraussetzungen für eine Empfehlung nicht vorgelegen. Es sei abwegig, dass der Bundesausschuss seinen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum überschritten haben solle, weil er sachfremde oder willkürliche Erwägungen angestellt habe.
Zur Begründung ihrer Berufung hat die Klägerin vorgetragen, der Bericht des Bundesausschusses bestätige ein Systemversagen. Die Studienauswertung zur Mikrosystemakupunktur von PD Dr. Wallach und von Dipl.-Psych. Güthlin sei schlicht mit der Begründung nicht anerkannt worden, dass es dem Ausschuss gleichwohl zweifelhaft erscheine, ob das Evidenzniveau der wissenschaftlichen Begleitung des IKK-Modellprojektes eine wissenschaftlich fundierte Aussage über die Akupunktur zulasse und aufgrund der Vielfältigkeit der Akupunkturarten, Diagnosen etc. über die Wirksamkeit keine valide Aussage getroffen werden könne. Diese Begründung vermöge mit Blick auf den Inhalt der Studie wie auch deren Ergebnis nicht zu überzeugen und entbehre eines sachlichen Grundes. Zumindest bei der Indikation Osteoarthrits wäre die Akupunkturbehandlung anzuerkennen gewesen. Im Bericht sei ausdrücklich festgehalten, dass die Indikationsauswahl durch mehrere Studien und Stellungnahmen bei osteoarthritischen Schmerzen bestätigt werde. Soweit der Ausschuss der Ansicht gewesen sei, trotz der befürwortenden Stellungnahmen fehle es an qualitativ hochwertigen wissenschaftlichen Studien, rechtfertige dies eine Ablehnung nicht. Gemäß § 2 Abs. 1 SGB V sei für den medizinischen Leistungsstandard der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung des Fortschrittes maßgebend. Für die Anerkennung müsse damit der Nachweis der Wirksamkeit in einer statistisch relevanten Zahl von Fällen ausreichend sein. Der Bericht belegte darüber hinaus, dass die Akupunktur seit 1975 auch im Westen zunehmend angewandt werde und ihr aufgrund der medizinischen Fachdiskussion ein solches Gewicht zukomme, dass eine Überprüfung und Entscheidung durch den Bundesausschuss veranlaßt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28.02.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.11.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Akupunkturbehandlungen nach Maßgabe der Rechnungen von Dr. R1 ... vom 30.06.2000 und vom 06.09.2000 in Höhe von 409,03 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalt ebenso wie der Bericht des Arbeitsausschusses vom 22.01.2001 Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die aufgrund der mit Beschluss vom 18.09.2002 ausgesprochenen Zulassung statthafte Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.
Die Beklagte hat die im März 2000 beantragte Kostenübernahme für die sodann vom 15.05.2000 bis 23.06.2000 und vom 27.06.2000 bis 10.07.2000 von Dr. R1 ... durchgeführten Akupunkturbehandlungen nicht zu Unrecht abgelehnt. Sie gehören nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung.
Einzig denkbare Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs. 3 SGB V, wonach Kosten zu erstatten sind, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann (Voraussetzung 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Voraussetzung 2) und sich der Versicherte die notwendige Leistung deshalb selbst beschafft.
§ 13 Abs. 3 SGB V gewährt einen Kostenerstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Die Kosten müssen dadurch entstanden sein, dass die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder dass sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. An dem erforderlichen Kausalzusammenhang fehlt es regelmäßig, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 15 S. 74 m.w.Nachw., Urteil vom 19.06.2001, B 1 KR 23/00 R). Bei laufenden oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Leistungen wird allerdings die ablehnende Entscheidung der Krankenkasse im allgemeinen als Zäsur gesehen und die Kostenerstattung nur für diejenigen Leistungen ausgeschlossen, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung auf eigene Rechnung beschafft wurden; für spätere Leistungen wird er der erforderliche Kausalzusammenhang dagegen bejaht (vgl. BSG, Urteil vom 19.06.2001 m.w.Nachw.).
Eine wegen der von der Klägerin vorgetragenen Schmerzen in Betracht zu ziehende unaufschiebbare Leistung im Sinne von § 13 Abs. 3 SGB V vermag einen Kostenerstattungsanspruch nicht zu begründen. Zwar erfasst diese Fallgruppe nicht nur Notfälle im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Eine unaufschiebbare Leistung hat die Rechtsprechung vielmehr auch dann angenommen, wenn die Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswertes Aufschubs mehr bestand. Unaufschiebbar kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn mit der Ausführung so lange gewartet wird, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, damit der mit ihr angestrebte Erfolg noch erreicht werden kann. Die medizinische Dringlichkeit ist indes nicht allein ausschlaggebend. Denn für die erste Fallgruppe wird neben der Unaufschiebbarkeit vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehende Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur dann ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden. § 13 Abs. 3 SGB V will lückenlos alle Sachverhalte der berechtigten Selbstbeschaffung von Leistungen in Fällen des Systemversagens erfassen. Bei seiner Auslegung müssen deshalb die Merkmale beider Fallgruppen so aufeinander abgestimmt werden, dass dieser Zweck erreicht wird. Daraus folgt, dass der Kostenerstattungsanspruch mit dem Unvermögen der Krankenkasse zur rechtzeitigen Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung nur begründet werden kann, wenn es dem Versicherten aus medizinischen oder anderen Gründen nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten (BSG, Urteil vom 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R).
Zugunsten der Klägerin ist festzustellen, dass der geltend gemachte Anspruch nicht schon an der Obliegenheitsverletzung wegen des vor einer Inanspruchnahme der Leistung zu stellenden Antrages und einer abzuwartenden Entscheidung der Beklagten scheitert. Die Klägerin hatte im März 2000 bei der Beklagten einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt, den die Beklagte mit Bescheid vom 08.05.2000 abgelehnt hatte. Die Behandlungen wurden erst danach durchgeführt, so dass eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin nicht vorliegt.
Das Merkmal der Unaufschiebbarkeit im Sinne von § 13 Abs. 3 SGB V in seiner ersten Variante allein rechtfertigt den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch indes nicht. Denn dieses Merkmal dient im Interesse der lückenlosen Erfassung aller Fälle der berechtigten Selbstbeschaffung von Leistungen ausschließlich dazu, diejenigen Versicherten zu begünstigen, denen es wegen der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit nicht zuzumuten ist, die Krankenkasse einzuschalten oder ihre Entscheidung abzuwarten (BSG, Urteil vom 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R = BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22 S. 105 f). Die Unaufschiebbarkeit führt in einem derartigen Fall lediglich dazu, dass der Anspruch des Versicherten nicht schon daran scheitert, dass er sich vorher nicht mit der Krankenkasse in Verbindung gesetzt und deren Entscheidung abgewartet hat. Das Merkmal der Unaufschiebbarkeit verdrängt demgegenüber niemals das Merkmal der Rechtswidrigkeit der Leistungsverweigerung (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2002, B 1 KR 16/00 R): Trotz Unaufschiebbarkeit hat die Kasse nicht einzustehen, wenn der Versicherte sich eine Behandlung beschafft hat, die unter jedem Gesichtspunkt (selbst unter demjenigen des Systemversagens) von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen ist.
Infolgedessen besteht der Kostenerstattungsanspruch unabhängig von der Eilbedürftigkeit nur für Behandlungen, die ihrer Art nach von der gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistungen zu erbringen sind. Eine Kostenerstattung ist vorliegend ausgeschlossen, weil Qualität und Wirksamkeit der Akupunktur nicht dem für die gesetzliche Krankenversicherung in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnis entspricht. Die Feststellung, dass eine ambulante vertragsärztliche Behandlung dem geforderten Versorgungsstandard entspricht, obliegt nach dem Gesetz nicht der einzelnen Krankenkasse und von dem Sonderfall eines "Systemversagens" auch nicht den Gerichten, sondern dem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen.
Dies ergibt sich aus § 135 SGB V i.V.m. den BUB-Richtlinien (früher: NUB-Richtlinien). § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes (2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl. I. S. 1520) schreibt vor, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden dürfen, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) sowie über die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der Methoden zu sichern (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 SGB V), abgegeben hat. Dadurch wird nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt.
Die durchgeführte Akupunkturbehandlung ist eine neue Untersuchungsmethode im Sinne von § 135 SGB V. Sie ist bisher nicht Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums. Im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) ist sie nicht aufgeführt.
Eine positive Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen für die Akupunktur lag zum Zeitpunkt der Behandlungen von Mai bis Juli 2000 nicht vor und ist auch später nicht abgegeben worden. Mangels Empfehlung seitens des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in den einschlägigen Richtlinien durfte die von der Klägerin selbst beschaffte Behandlung von den Krankenkassen als Sachleistung nicht gewährt werden; daran scheitert auch ein Kostenerstattungsanspruch.
Gegenüber der fehlenden Entscheidung des Bundesausschusses über den therapeutischen Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ist auch der Einwand unerheblich, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und im konkreten Fall wirksam gewesen bzw. lasse einen Behandlungserfolg zumindest als möglich erscheinen. Soweit der Einwand zugelassen wurde, die neue Methode sei generell und nicht nur im konkreten Fall zweckmäßig, ist vom BSG an dieser Rechtsprechung nicht festgehalten worden. Es kommt nicht darauf an, ob der Bundesausschuss die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt hat, oder über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden ist. Das Gesetz schließt eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des Bundesausschusses, sondern auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung aus, denn es soll sichergestellt werden, dass neue Behandlungsmethoden erst nach ausreichender Prüfung in dem dafür vorgesehenem Verfahren in der gesetzlichen Krankenversicherung eingesetzt werden (BSG, Urteil vom 16.09.1997, 1 RK 28/95 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4).
Bei den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V handelt es sich um untergesetzliche Normen, die in Verbindung mit § 135 SGB V verbindlich festlegen, welche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums sind. § 135 SGB V bezweckt die Sicherung der Qualität der Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung; es soll gewährleistet werden, dass neue medizinische Verfahren nicht ohne Prüfung ihres diagnostischen bzw. therapeutischen Nutzens und etwaiger gesundheitlicher Risiken in der vertragsärztlichen Versorgung angewandt werden. Das ist zum Schutz der Versichertengemeinschaft vor unwirtschaftlicher Behandlung gleichermaßen wichtig wie zum Schutz des Versicherten vor unerprobten Methoden einschließlich deren Nebenwirkungen. Die Regelung ist in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefasst. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind deshalb solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der Bundesausschuss sie als zweckmäßig anerkannt hat.
Dieser Leistungsausschluss gilt auch im Verhältnis zum Versicherten. In seiner Entscheidung vom 16.09.1997 (1 RK 28/95, a.a.O.) hat sich das Bundessozialgericht mit dieser Thematik ausführlich befasst und ausgeführt, zwar lege § 135 SGB V in erster Linie für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte fest, unter welchen Voraussetzungen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht und abgerechnet werden dürften. Trotzdem werde durch § 135 SGB V ebenso wie durch andere vertragsärztliche Vorschriften, die bestimmte Behandlungen von der vertragsärztlichen Versorgung ausschließen würden, oder ihre Anwendung an besondere Bedingungen knüpfe, zugleich der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen festgelegt. Dürfe der Arzt eine Behandlungsmethode nicht als Vertragsleistung abrechnen, weil sie nach den Richtlinien ausgeschlossen oder nicht empfohlen sei, gehöre sich auch nicht zur Behandlung im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Dieses Ergebnis hat das Bundessozialgericht mit Blick auf die systematischen Zusammenhänge zwischen den Regelungen des Dritten und Vierten Kapitels des SGB V eingehend begründet und auch hervorgehoben, dass sich ein Vorrang des Leistungsrechts in dem Sinne, dass der Versicherte sich eine nach den Vorschriften des Vertragsarztrechts ausgeschlossene Behandlung unter Berufung auf deren Zweckmäßigkeit dennoch auf Kosten der Krankenkasse beschaffen könnte, sich nicht aus § 13 Abs. 3 SGB V herleiten lasse. Die dortige Regelung schaffe lediglich die rechtliche Grundlage dafür, dass der Versicherte ausnahmsweise eine - wie hier - privatärztliche Behandlung auf Kosterstattungsbasis in Anspruch nehmen könne, wenn die Krankenkasse wegen eines Versagens des Beschaffungssystems nicht in der Lage sei, eine notwendige Behandlung als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Die Bindung an die im Vierten Kapitel des SGB V festgelegten Modalitäten und Grenzen der Krankenbehandlung auch in den Anwendungsfällen dieser Vorschrift bleibe erhalten.
In dem genannten Urteil (BSG, a.a.O.) vermochte das Bundessozialgericht auch in Auseinandersetzung mit den dagegen im Schrifttum vorgebrachten Bedenken einen Verfassungsverstoß nicht zu erkennen. Es hat insbesondere hervorgehoben, das zur Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung und zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung bereits Anfang der dreißiger Jahre entwickelte und seither historisch gewachsene öffentlich- rechtliche System kollektivvertraglicher Beziehungen zwischen den Krankenkassen bzw. ihren Verbänden und den Körperschaften der Ärzte setze die Zuweisung von Normsetzungsbefugnissen an die Vertragspartner voraus, denn es könne seinen Zweck nur erfüllen, wenn die in Gesamtverträgen und Mantelverträgen vereinbarten Regelungen nicht nur die vertragsschließenden Körperschaften, sondern auch die durch sie repräsentierten Vertragsärzte und Versicherte binde. Darüber hinaus sei dem Grundgesetz kein numerus clausus zulässiger Rechtsetzungsnormen in dem Sinne zu entnehmen, dass neben den ausdrücklich genannten Instrumenten des formellen Gesetzes und der Rechtsverordnung sowie den vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Regelungstypen der autonomen Satzung und der Tarifvertragsnormen weitere Formen der Rechtsetzung schlechthin ausgeschlossen wären.
Gegenüber diesen darlegten Grundsätzen, die das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, und denen der sich der erkennende Senat bereits in den Urteilen vom 01.06.1999 (L 1 KR 3/98 u.a. [ASI-Therapie], bestätigt mit Urteil des BSG vom 28.03.2000 = BSGE 86,54) aufgrund eigener Überzeugung angeschlossen hat, und die sowohl von dem für das Leistungsrecht zuständigen 1. Senat (vgl. zuletzt Urteil vom 03.04.2001, B 1 KR 22/00 R) als auch dem für das Vertragsarztrecht zuständigen 6. Senat des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 30.01.2002, B 6 KA 73/00 R) in ständiger Rechtsprechung angewandt werden, hat die Berufung keinen Vortrag gebracht, der zu einer vertiefenden Auseinandersetzung oder Änderung der Beurteilung Veranlassung geben könnte.
Der Bundesausschuss hat mit Beschluss vom 16.10.2000, nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger Nr. 12 vom 18.01.2001 am 19.01.2001 in Kraft getreten, die Akupunktur mit Ausnahme der Indikationen chronische Kopfschmerzen, chronische LWS-Schmerzen und chronische osteoarthritische Schmerzen, soweit die Behandlung in Modellversuchen nach den §§ 65 ff. SGB V erfolgt, für die im folgenden entsprechend der Nummer 6.5 der BUB-Richtlinien Vorgaben beschlossen wurden, in die Liste der von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossenen Behandlungsmethoden aufgenommen. Für die Anwendung der Körperakupunktur mit Nadeln ohne elektrische Stimulation bei chronischen Kopfschmerzen, chronischen LWS- Schmerzen und chronischen Schmerzen bei Osteoarthritis, die länger als sechs Monate bestehen, hat der Bundesausschuss die Beschlussfassung für drei Jahre ausgesetzt und die Durchführung von Modellvorhaben nach näheren Maßgaben empfohlen.
In zeitlicher Hinsicht erfasst die in Rede stehende Ergänzung der Richtlinien die streitbefangenen Behandlungen von Mai bis Juli 2000 jedoch nicht, denn sie sind erst am 19.01.2001 in Kraft getreten. Für die Beurteilung des Kostenerstattungsanspruchs für eine selbstbeschaffte Leistung kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Behandlung an (BSG SozR 3-2500 135 Nr. 12). Zwar wird das untergesetzliche Recht durch den Bundesausschuss definiert; für die Rechtswirkung ist aber der Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der entsprechenden Richtlinien entscheidend. Vor seinem In-Kraft-Treten stellt der Beschluss keine gültige Rechtsgrundlage für eine Ablehnung dar, so dass die Krankenkasse ihre Entscheidung nur auf das Verbot des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V stützen darf. Abgesehen vom Beanstandungsrecht des Bundesministers für Gesundheit könnte der Ausschuss seine Entscheidung bis zu diesem Zeitpunkt auch selbst noch revidieren. Mit dem Charakter der Richtlinien als untergesetzliche Rechtsnormen wäre unvereinbar, wenn sie auf Behandlungen anwendbar wären, die vor ihrem In-Kraft-Treten durchgeführt worden sind. Auf eine Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 16.10.2000 wegen einer Aussetzung in Bezug auf bestimmte Indikationen kommt es deshalb nicht. Im Übrigen trifft die Auffassung der Klägerin, die bei ihr vorliegende Erkrankung sei von der Aussetzung einer Beschlussfassung zu der Indikation bei chronischen Schmerzen bei Osteoarthritis erfasst, nicht zu. Diese vom Bundesausschuss benannte Indikation erfasst Arthrosen und degenerative Gelenkerkrankungen (S. 48 des Ausschussberichts vom 22.01.2001). Wegen einer solchen Erkrankung wurde die Klägerin nicht behandelt. Bei ihr lag vielmehr eine Epicondylitis vor. Die Bewertung dieser Indikation war nach der Auswahlliste (S. 44 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001) selbständiger Beratungsgegenstand und wurde gerade bei den Indikationen zur Aussetzung der Beschlussfassung nicht aufgenommen. Aufgrund der von Mai bis Juli 2000 durchgeführten Behandlungen ist auch nicht erheblich, dass die Beklagte aufgrund des Beschlusses vom 16.10.2000 mit der Durchführung von Modellvorhaben, an denen auch der die Klägerin behandelnde Arzt Dr. R1 ... teilnimmt, ab 19.10.2000 begonnen hat.
Das Fehlen einer Empfehlung des Bundesausschusses zum Zeitpunkt der durchgeführten Behandlungen begründet auch keinen Systemmangel. Ein Kostenerstattungsanspruch kann ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht. Das präventive Verbot in § 135 SGB V dient allein dem Zweck der Qualitätssicherung; nur soweit es dieser Zweck erfordert, ist der Ausschluss ungeprüfter und nicht anerkannter Methoden aus der vertragsärztlichen Versorgung gerechtfertigt. Soweit sie sich als zweckmäßig und wirtschaftlich erweisen, dürfen sie dem Versicherten nicht vorenthalten werden. Dem muss das Verfahren vor dem Ausschuss gerecht werden. Es muss gewährleisten, dass bei Vorlage der für die Beurteilung der Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit benötigten Unterlagen in vertretbarer Zeit eine Entscheidung über die Anerkennung der neuen Methode erreicht werden kann. Wird die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und kann deshalb eine für die Behandlung benötigte Therapie nicht eingesetzt werden, widerspricht es dem Auftrag des Gesetzes. Eine sich daraus ergebende Versorgungslücke kann zugunsten des Versicherten mit Hilfe des § 13 Abs. 3 SGB V geschlossen werden.
Die zum Zeitpunkt der Behandlungen fehlende Aussage zur Akupunktur in den BUB-Richtlinien ist nicht Folge eine Systemmangels. Maßgebend ist insoweit die Sachlage zum Zeitpunkt der Behandlung, die hier von Mai bis Juli 2000 stattfanden. Die Rechtswidrigkeit der Leistungsverweigerung ließe sich als sog. Systemmangel nur mit der rechtswidrigen Untätigkeit des Bundesausschusses begründen. Ein Systemmangel liegt nach der zitierten Rechtsprechung dann vor, wenn die Entscheidung des Bundesausschusses trotz Erfüllung der für die Überprüfung einer neuen Behandlungsmethode notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen unterblieben oder verzögert worden wäre. Zum Behandlungszeitpunkt bei der Klägerin ist dies nicht gegeben.
Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und damit dem in § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V geforderten Versorgungsstandard entspricht, soll nach Wortlaut und Konzeption des Gesetzes nicht von Fall zu Fall durch die Krankenkasse oder das Gericht, sondern für die gesamte ambulante Versorgung einheitlich durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als sachkundiges Gremium entschieden werden, um so eine an objektiven Maßstäben orientierte und gleichmäßige Praxis der Leistungsgewährung zu erreichen. Dabei hat der Bundesausschuss entgegen einem häufig anzutreffenden Missverständnis nicht selbst über den medizinischen Nutzen der Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 18/01 R).
In Reaktion auf den mit der Änderung von § 135 Abs. 1 SGB V erweiterten gesetzlichen Auftrag zur Überprüfung bereits anerkannten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen den früheren NUB-Arbeitsausschuss durch den Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" abgelöst und die für die Beratungen gemäß § 135 Abs. 1 SGB V maßgebenden Richtlinien mit Beschluss vom 01.10.1997 (BAnz. vom 31.12.1997, S. 1532, DÄ 95, Heft 1-2, Januar 1998, A-63) am 01.01.1998 in Kraft getreten, gefasst. Mit Beschluss vom 10.12.1999 wurde diese Verfahrensrichtlinie unter gleichzeitiger Neufassung der Überschrift (Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V BUB-RL) neu gefasst und am 21.03.2000 im Bundesanzeiger (Nr. 12) und am 31.03.2000 im Deutschen Ärzteblatt (DÄ 2000 C 680) veröffentlicht. Diese Richtlinien mit der darin enthaltenen Verfahrensordnung tragen der gesetzlichen Aufgabenstellung Rechnung, in dem sie im Einzelnen regeln, welche Unterlagen für die Überprüfung heranzuziehen sind, nach welchen Kriterien die Bewertung zu erfolgen hat und welche Voraussetzungen für die Anerkennung der Methode erfüllt sein müssen (BSG, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 18/01 R).
Vorliegend ist die Verfahrensweise des Bundesausschusses bezüglich der Durchführung des Anerkennungsverfahrens zur Akupunktur nicht zu beanstanden. Es ist ausweislich des Berichts vom 22.01.2001 des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beratungen der Jahre 1999 und 2000 zur Bewertung der Akupunktur gemäß § 135 SGB V in Einklang mit der Verfahrensordnung durchgeführt worden.
Die indikationsbezogene Beratung der Akupunktur vor dem Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen wurde mit Schreiben vom 26.05.1998 vom AOK Bundesverband gemäß § 3 BUB-RL beantragt (S. 6 und 466 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001).
Der Antrag wurde in der achten Sitzung des Arbeitsausschusses am 28.05.1998 vom Vorsitzenden der Krankenkassenseite schriftlich in den Ausschuss eingebracht. In der Ausschusssitzung am 28.05.1998 wurde dem Antrag Priorität eingeräumt und eine sobald als mögliche Veröffentlichung des Beratungsthemas beschlossen. Die nach § 5 BUB-RL erforderliche Veröffentlichung des Beratungsthemas erfolgte als prioritäres Beratungsthema im Bundesanzeiger vom 25.06.1998 sowie im Deutschen Ärzteblatt Nr. 95, Heft 25 vom 19.06.1998 (S. 6 und 467 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001).
Der Fragenkatalog zur Strukturierung der Stellungnahmen wurde am 18.06.1999 verabschiedet und denjenigen Personen und Verbänden zugesandt, die der Geschäftsführung mitgeteilt hatten, eine Stellungnahme abgeben zu wollen. Aufgrund der Veröffentlichung sind im Zeitraum vom 29.06.1998 bis 24.02.2000 16 Stellungnahmen eingegangen (S. 14 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001). Zur Vorbereitung der Beratungen wurde im Anschluss neben den auf die Veröffentlichung eingegangen Stellungnahmen eine eigene Literaturrecherche durchgeführt, auf die wegen der Einzelheiten auf Seite 16 ff. und S. 91 ff. des Berichts verwiesen wird. In fünf Tagungen wurden die Stellungnahmen und die wesentliche Literatur ausgewertet und im Berichterstattersystem dem Arbeitsausschuss vorgetragen. Dies erfolgte zunächst in Form eines einführenden Vortrages, der die geschichtlichen Hintergründe der Akupunktur im Zusammenhang mit der traditionellen Chinesischen Medizin, die geschichtliche Entwicklung der Akupunktur in Europa und anderen Ländern außerhalb Asiens und die derzeit praktizierten Techniken vorstellte. In den anschließenden Beratungen wurde die von der Arbeitsgruppe als maßgeblich angesehene Primärliteratur und Übersichtsarbeiten für einzelne Indikationen vorgestellt und diskutiert. Besonderes Gewicht wurde auf die Problematik der Schmerzbehandlung gelegt. Hierzu wurde gezielt nach Studien gesucht, die eine Verminderung der Medikamentengabe untersuchten. Außerdem fand zu diesem Thema zusätzlich zu den bereits vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen eine Expertenbefragung statt, die den Stellenwert der Akupunktur in der Versorgung chronischer Schmerzpatienten zum Thema hatte.
Nach Sichtung der Stellungnahmen und der Literaturübersicht erfolgte eine Indikationsauswahl. Dabei wurden Indikationen, die häufig genannt wurden und für die aussagefähige Untersuchungen im Sinne der Arbeitsrichtlinie vorlagen, nochmals unterteilt in Untergruppen. Ebenso wurden Indikationen behandelt, wenn entsprechend zahlreiche, verhältnismäßig hochwertige klinische Untersuchungen hierzu vorlagen. Die Indikationsauswahl erfasste folgende Beschwerden/Krankheiten: Schmerzen - unterteilt in Schmerzen im Bereich der HWS, Osteoarthritis, Schmerzen im Bereich der LWS, Kopfschmerzen, Epicondylitis, postoperative Schmerzen, insbesondere postoperative Zahnschmerzen, andere Schmerzindikationen, sofern nicht gesondert besprochen; Rhinitis allergica; Asthma bronchiale; Neurodermitis; Tinnitus; Suchterkrankungen; Übelkeit und Erbrechen - unterteilt in Übelkeit und Erbrechen, postoperativ, Übelkeit und Erbrechen, andere Ursachen; Sonstige gelegentlich benannte Indikationen - Gynäkologische Indikationen, Fertilitätsstörungen, urologische Indikationen, augenärztliche Indikationen, Schlaganfall, sonstige Indikationen aus den Stellungnahmen oder der wissenschaftlichen Literatur (S. 44 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001).
Die indikationsbezogenen Beratungen des Arbeitsausschusses fanden in der 19. Sitzung vom 24.06.1999 bis einschließlich der 28. Sitzung vom 30.03.2000 statt (S. 16 bis 22 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001). Über das Ergebnis der mehrmonatigen, umfassenden Beratung wurde im Plenum des Bundesausschusses unter Vorlage des Abschlussberichts am 10.04.2000, am 03.07.2000 und am 16.10.2000 ausführlich berichtet (S. 90 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001). Sie führte schließlich zur der oben genannten Beschlussfassung vom 16.10.2000.
Damit ist weder ein Systemmangel in Form einer Untätigkeit noch im Sinne einer willkürlichen oder sachfremden Verzögerung des Verfahrens gegeben. Der Bundesausschuss ist seiner rechtlichen Verpflichtung zum Handeln nachgekommen. Ein Systemmangel ergibt sich auch nicht aus einer durch den Antrag am 28.05.1998 ausgelösten Dauer des Verfahrens. Der mögliche Systemmangel kann nicht aus der Verfahrensdauer an sich abgeleitet werden, sondern kann nur in einer aus willkürlichen oder sachfremden Verzögerung der Ausschussentscheidung liegen. Ein Sachverhalt, der eine sachfremde Verzögerung ergäbe, wird aus dem vorliegenden Bericht vom 22.01.2001 nicht ersichtlich. Ein Antrag auf Durchführung des Verfahrens bedeutet hingegen nicht die Verpflichtung zu einer Entscheidung innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums; vielmehr hängt die angemessene Verfahrensdauer von den Gesamtumständen ab, etwa die Komplexität der Materie, der allgemeinen Belastung des Ausschusses oder der therapeutischen Bedeutung des Anliegens. Gerade bei der Bewertung der medizinischen Dringlichkeit ist dem Bewertungsausschuss ein weiter Ermessensspielraum zuzugestehen (BSG, Urteil vom 19.03.2002, B 1 KR 36/00 R). Insofern ist festzustellen, dass der Ausschuss dem Verfahren zur Bewertung der Akupunktur Priorität eingeräumt hatte. Ein Systemmangel ist bei alledem nicht festzustellen.
Die Einwände der Klägerin zu einer nach ihrer Ansicht fehlerhaften Bewertung der Studie von PD Dr. Dr. Wallach und Dip.-Psych. Güthlin (S. 42, 397 des Ausschussberichtes vom 22.01.2001) wie auch der Vortrag zu der Verbreitung der Methode sind nicht geeignet, um den zum Behandlungszeitpunkt fehlenden Beschluss des Bundesausschusses als rechtswidrige Untätigkeit erscheinen zu lassen. Denn weder das Ausmaß der Verbreitung noch die vorgebrachten positiven Erfahrungen sind ein Kriterium dafür, dass das Anerkennungsverfahren von den antragsberechtigten Stellen oder dem Bundesausschuss selbst nicht ordnungsgemäß betrieben worden wäre. Vielmehr kommt es nach der Rechtsprechung des BSG auf die Verbreitung nur an, wenn eine rechtswidrige Untätigkeit zu bejahen oder zu unterstellen ist (BSG, Urteil vom 19.02.2002, B 1 KR 16/00 R unter Hinweis auf BSGE 81, 54, 66 f. = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S. 22 f.). Im Übrigen ist auch dann, wenn der Bundesausschuss in einem ordnungsgemäßen Verfahren eine Entscheidung getroffen hat, diese einer inhaltlichen Überprüfung durch die Gerichte nicht zugänglich (BSG, Urteil vom 19.03.2002, B 1 KR 36/00 R, Urteil vom 19.02.2003, B 1 KR 18/01 R).
Eine Erweiterung der Leistungspflicht der Krankenkassen auf gemäß § 135 SGB V ausgeschlossene Behandlungsmaßnahmen lässt das Gesetz selbst bei schweren und vorhersehbar tödlich verlaufenden Krankheiten nicht zu. Dem Einwand der Klägerin, in ihrem besonderen Fall müsse wegen der Schmerzen und weil keine andere Behandlungsmethode mehr zur Verfügung gestanden habe, eine Kostenerstattung zu Lasten der Krankenversicherung möglich sein, kann nicht Rechnung getragen werden. Das Gesetz verbietet es, die Erprobung neuer Methoden und die medizinische Forschung zu den Versicherungsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu zählen (BSGE 81, 54, 57). Die Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ist damit nicht mit dem Vorbringen begründbar, dass zu dem gegebenen Zeitpunkt eine andere Behandlungsmethode bei ihr nicht (mehr) zur Verfügung gestanden habe.
Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, den Leistungsumfang der Krankenversicherung auf solche Fälle zu erstrecken, lässt sich auch verfassungsrechtlich nicht begründen. Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Grundgesetz (GG) kann kein Anspruch auf Bereithaltung spezieller Gesundheitsleistungen hergeleitet werden. Die Bestimmung begründet zwar eine objektivrechtliche Pflicht des Staates, sich schützend und fördernd vor das Rechtsgut Leben bzw. körperliche Unversehrtheit zu stellen. Der mit einer solchen Schutzpflicht verbundene grundrechtliche Anspruch ist jedoch im Hinblick auf die den zuständigen Stellen einzuräumende weite Gestaltungsfreiheit bei der Erfüllung der Schutzpflichten nur darauf gerichtet, dass die öffentliche Gewalt Vorkehrungen zum Schutz des Grundrechts trifft, die nicht völlig ungeeignet oder völlig unzulänglich sind. Dies im SGB V mit der Bereitstellung von Leistungen, die dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft entsprechen, geschehen. Soweit der Versicherte auch die Bereitstellung von nicht ausreichend erprobten Methoden begehrt, steht dem das öffentliche Interesse am Schutz des Versicherten vor unbekannten Nebenwirkungen sowie am Erhalt der finanziellen Stabilität der Krankenversicherung entgegen. Das in § 12 Abs. 1 SGB V enthaltene Wirtschaftlichkeitsgebot markiert die finanziellen Grenzen, die der Leistungspflicht der Krankenversicherung von der Belastbarkeit der Beitragszahler und der Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft gezogen werden. Selbst das Vorliegen einer Krankheit mit tödlichem Verlauf, für die keine dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung existiert, zwingt nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Das BVerfG hat in seinen Entscheidungen, die Krebserkrankungen betrafen, keine Veranlassung gesehen, bei der Beurteilung der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers auf diesen Aspekt näher einzugehen (vgl. zum Ganzen BSGE 86, 54; BVerfG, Beschlüsse vom 05.03.1997, 1 BvR 1071/95 = NJW 1997, 3085 und vom 15.12.1997, 1 BvR 1953/97 = NJW 1998, 1775, 1776).
Bei alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zu zulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Eine Entscheidung des BSG zu einem Systemversagen im Rahmen des Anerkennungsverfahrens zur Akupunktur liegt bislang nicht vor.
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