Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 KR 2186/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2871/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Holotherapie nach Unkel ist keine Leistung der gesetzlichen
Krankenversicherung (Behandlungsjahre 2013 bis 2015).
Krankenversicherung (Behandlungsjahre 2013 bis 2015).
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.06.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine ambulante Behandlung, die sogenannte Holotherapie nach U., in Höhe von 19.360 EUR.
Die Klägerin ist 1976 geboren und bei der Beklagten krankenversichert. Sie litt an Adipositas permagna dritten Grades (BMI 51). Am 07.08.2013 beantragte sie die Übernahme der Kosten für Holotherapie in Höhe von voraussichtlich 10.560 EUR für 3 mal 40 Behandlungen. Nach der vorgelegten Bescheinigung der Behandlerin B.-U. wirke die Behandlung wie eine Verjüngungskur für Körper und Geist. Die angewandte Therapie, die als energetisch-manuelle Therapie bezeichnet werde, umfasse zwei Behandlungsmethoden: zum einen würden mittels Massage die Energiepunkte des Körpers angeregt, zum anderen würden mit Hilfe der Laser-Akupressur die Energiepunkte durch Druck aktiviert. Die Behandlungsmethode sei von Anthonie U. entwickelt worden und werde seit dessen Tod 1992 von Frau B.-U. weitergeführt.
Mit Bescheid vom 14.08.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, sie übernehme die Kosten für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wenn diese im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen worden seien. Dies sei bei der Holotherapie nicht der Fall.
Mit ihrem Widerspruch vom 29.08.2013 führte die Klägerin aus, sie wiege bei einer Größe von 187 cm ca 178 kg. Kurse oder ähnliches hätten bisher nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt, sie habe nach jeder Gewichtsreduktion wieder mehr gewogen. Ergänzend legte die Klägerin ärztliche Bescheinigungen vor, in denen aus gesundheitlicher Sicht eine anhaltende Gewichtsreduktion für unbedingt erforderlich gehalten wird. Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. Br. führte im Gutachten vom 18.10.2013 aus, dass die Holotherapie nach dem Schreiben der Versicherten der Gewichtsabnahme diene. Die Art der Behandlung wie beschrieben sei bisher nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen, es handele sich um eine neue Behandlungsmethode. Bei der Klägerin bestehe eine behandlungsbedürftige Adipositas permagna mit Problemen mit der Wirbelsäule, kardiovaskulären Erkrankungen, Diabetes mellitus und Einschränkungen der Beweglichkeit. Die Erkrankung sei insoweit lebensbedrohlich, als die Lebenserwartung eingeschränkt sei. Die dargelegten Symptome seien aber nicht notstandsartig, es drohe nicht in überschaubarer Zeit regelmäßig der Tod. Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien daher nicht erfüllt. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung gebe es ausreichende Behandlungsmöglichkeiten. Nach der Adipositas-Leitlinie sei eine multimodale Behandlung angezeigt. Als ergänzende Maßnahmen gebe es Patientenschulungen und Ernährungsberatung. Erweise sich eine multimodale ambulante Behandlung als nicht ausreichend, sei auch eine stationäre Behandlung zB als stationäre Rehabilitation möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß § 135 Abs 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) dürften die Krankenkassen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nur dann erbringen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in seinen Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Bei der Holotherapie handele es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die der GBA noch keine positive Empfehlung abgegeben habe. Eine Kostenübernahme sei somit grundsätzlich nicht möglich. Es liege auch kein Ausnahmefall im Sinne von § 2 Abs 1a SGB V vor, denn bei Adipositas permagna Grad III handele es sich nicht um eine lebensbedrohliche, notstandsartige Erkrankung, die in überschaubarer Zeit regelmäßig mit dem Tod ende. Als Therapieoption stehe eine ambulante multimodale Behandlung zur Verfügung.
Hiergegen richtet sich die am 30.06.2014 zum Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage. Die Klägerin macht geltend, es liege ein Ausnahmefall vor, der die Leistungspflicht der Beklagten bedinge. Sie leide seit vielen Jahren unter der Erkrankung, die zwischenzeitlich schon zu beträchtlichen, teils lebensbedrohlichen Folgeerkrankungen (schwergradige obstruktive Schlafapnoe) geführt habe. Die allgemein anerkannte Behandlungsmethode habe bei ihr über viele Jahre hinweg lediglich zu einer Verschlechterung des Zustands mit deutlicher Gewichtszunahme nach Beendigung der jeweiligen Maßnahme geführt. Die Holotherapie sei mit einem Startgewicht von 180,7 kg begonnen worden, bislang habe eine Gewichtsreduktion um 52 kg erzielt werden können.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.06.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V. Ein Anspruch auf Kostenerstattung sei nur gegeben, wenn die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Dies sei bei der Holotherapie nicht der Fall. Es handele sich hierbei um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die eine positive Empfehlung des GBA nicht vorliege. Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedürfe, liege nicht vor. Voraussetzung sei, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vorliege, bezüglich derer eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe und für die neue Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Hier fehle es zum einen an einer lebensbedrohlichen oder zumindest vergleichbaren Erkrankung. Mit den angeführten Folgeerkrankungen liege auch keine wertungsmäßig gleichzusetzende Erkrankung vor. Zum anderen existiere bei einer Adipositas-Erkrankung eine allgemein anerkannte Behandlung, welche entsprechend der Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas durchgeführt werde. Unabhängig davon scheitere der Anspruch auch an dem Umstand, dass es sich bei der die Holotherapie durchführenden Frau B.-U. nicht um eine zugelassene Behandlerin handelt. Eine Kostenerstattung sei ausgeschlossen, soweit die Therapie bei einem nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen oder ermächtigten Behandler erfolge.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 10.06.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 07.07.2015 eingelegte Berufung der Klägerin. Das MDK-Gutachten benenne veraltete Datenbestände, so werde auf die Leitlinien der Deutschen Adipositas Gesellschaft mit Stand 12/2005 Bezug genommen. Es sei davon auszugehen, dass medizinische und klinische Erkenntnisse binnen der vergangenen 10 bis 15 Jahre eine Wandlung vollzogen hätten. Auch insoweit bestehe eine erweiterte Prüfungsverpflichtung des SG, ob die begehrte Therapie im Rahmen des Artikels 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) gerechtfertigt gewesen sei. Weitere Sachaufklärung erscheine insbesondere hinsichtlich des Vorliegens einer lebensbedrohlichen, notstandsähnlichen Erkrankung dringend geboten. Es bestehe auch Aufklärungsbedarf betreffend die von der Beklagten in Bezug genommenen alternativen anerkannten Behandlungsmethoden nebst deren wirtschaftlicher Gegenüberstellung zur erfolgreich absolvierten streitgegenständlichen Therapieform. Nach § 2 Abs 1a SGB V habe die Beklagte die Kosten für die Holotherapie zu übernehmen. Die Adipositas sei als Krankheit anzusehen, zumindest ab einem gewissen Grad. Die Notwendigkeit einer Gewichtsreduktion werde auch von der Beklagten gesehen. Bereits das Erreichen einer Gewichtsreduktion von 52 kg lasse zumindest eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf vermuten. Als verbleibende erfolgversprechende Alternative werde allenfalls eine Behandlung im Rahmen einer bariatrischen Magenoperation gesehen. Eine solche sei der Klägerin jedoch nicht zuzumuten. Andere anerkannte Behandlungsmethoden habe die Klägerin ausgeschöpft. Aufgrund der Schwere der Erkrankung und der Dringlichkeit der Intervention sei als mildestes Mittel zur notwendigen Verringerung des Gewichts vor einer Magenoperation als ultima ratio nur die Holotherapie nach U. in Betracht gekommen. Im Übrigen würden die Behandlungskosten bei Frau B.-U. auch durch die Finanzämter regelmäßig als Sonderausgabe anerkannt nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG). Auch insoweit werde gefordert, dass die Leistungen medizinisch indiziert seien (unter Hinweis auf Bundesfinanzhof (BFH) 26.02.2014, VI R 27/13, BFHE 245, 18). Die Klägerin habe ihr Gewicht bis zum heutigen Tag erfolgreich und andauernd um ca 75 kg reduzieren können. Schließlich werde das Begehren der Klägerin nicht nur durch gesetzliche Pflichtleistungen gestützt, sondern auch durch freiwillig übernommene Zusatzleistungen. Auch die Beklagte biete neben dem gesetzlichen Leistungsangebot die Förderung alternativer Heilmethoden sowie Maßnahmen der Prävention bzw deren Förderung an. Die Beklagte habe sich bei der Leistungsablehnung nicht mit den weiteren von ihr angebotenen Maßnahmen befasst, insbesondere Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge. Hierin liege zumindest ein entscheidungserheblicher Ermessensfehler. Nach § 20 Abs 1 SGB V müssten Präventionsleistungen allen Versicherten offen stehen. Nach der Selbstbindung der Verwaltung ergebe sich hieraus eine Ermessensreduzierung auf Null. Die Klägerin gehe davon aus, dass die Beklagte in vergleichbaren Fällen eine Regelung zur Kostenerstattung zur Anwendung gebracht habe und kein sachlicher Grund bestehe, von dieser Übung im hier gegebenen Einzelfall abzuweichen. Die Klägerin stütze sich insoweit auf den aus dem Geschäftsbericht der Beklagten ersichtlichen Finanzierungsaufwand für Präventionsmaßnahmen. Sachliche Gründe für die Ablehnung, zumindest einer Förderung durch Bezuschussung, seien nicht ersichtlich. Die Therapie werde den gestellten Leistungs- und Qualitätskriterien vollumfänglich gerecht.
Ergänzend hat die Klägerin die bisher entstandenen Behandlungskosten für die Zeit ab 10.10.2013 mit 19.360 EUR beziffert und hierzu eine Rechnungsaufstellung von Frau B.-U. vom 01.02.2016 vorgelegt. Danach wurden 2013 60 Behandlungen und 2014 und 2015 jeweils 80 Behandlungen durchgeführt. Zudem seien Fahrtkosten von 1.914 EUR entstanden. Für Hin- und Rückweg zur Behandlung betrage die Fahrtstrecke 34,8 km. In Entsprechung des § 5 Abs 2 Nr 1 Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz (JVEG) werde der zurückgelegte Kilometer mit 0,25 EUR bewertet.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.06.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 14.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.05.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 19.360 EUR sowie weitere 1.914 EUR zu zahlen sowie die künftigen Behandlungskosten zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es liege weder eine positive Empfehlung des GBA zur Holotherapie vor, noch ein Ausnahmefall gemäß § 2 Abs 1a SGB V. Des Weiteren sei die Kostenerstattung bereits ausgeschlossen, weil es sich bei Frau B.-U. um keine kassenzugelassene Therapeutin handele. Zur Frage der Kostenerstattung von Therapiekosten über eine gesetzliche Krankenkasse sei nicht das Steuerrecht maßgebend. Hierfür gebe es spezielle Vorschriften in den einzelnen Büchern des Sozialgesetzbuches. Soweit Maßnahmen zur Prävention und Förderung der Gesundheit angesprochen seien, seien diese Maßnahmen – anders als die hier streitgegenständliche Holotherapie - geprüft und gemäß dem Sozialgesetzbuch erstattungsfähig. Sie würden durch speziell geschulte Kursleiter bzw Therapeuten durchgeführt. Die Holotherapie zähle nicht zu den Präventionsleistungen gemäß § 20 SGB V, es handele sich vielmehr um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Holotherapie oder Übernahme der künftigen Kosten nebst Fahrkosten.
Die Klägerin verfolgt ihren Anspruch zu Recht mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Ein Kostenerstattungsanspruch hat stets die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zum Gegenstand und muss deshalb für die Zeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beziffert werden (Bundessozialgericht (BSG) 28.01.1999, B 3 KR 4/98 R, BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1). Maßgebend ist dabei, ob die Kosten der Behandlung bereits abgerechnet wurden. Nur soweit Leistungen zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bereits erbracht, aber noch nicht abgerechnet wurden, ist es prozessual zulässig, der Klage einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die selbst beschaffte Behandlung zugrunde zu legen (BSG, 17.06.2010, B 3 KR 7/09 R, BSGE 106, 173). Vorliegend hat die Klägerin die durch die vorgelegte Rechnungsaufstellung der Behandlerin nachgewiesenen Kosten von insgesamt 19.360 EUR bereits beglichen.
Soweit die Klägerin nunmehr einen höheren Erstattungsbetrag geltend macht als noch in erster Instanz, ist dies nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG zulässig. Soweit im Berufungsverfahren erstmals Fahrtkosten geltend gemacht werden, handelt es sich um eine zulässige Klageänderung iSv § 99 Abs 1 SGG, denn diese ist sachdienlich. Die Klägerin hat im Verwaltungsverfahren ohne weitere Spezifizierung die Erstattung der Kosten für die Holotherapie beantragt, so dass auch Nebenkosten als von diesem Antrag mitumfasst angesehen werden können und insoweit eine Verwaltungsentscheidung hierzu vorliegt.
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Ein Anspruch nach dem mit Wirkung vom 27.02.2013 durch Art 2 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02.2013 (BGBl S 277) eingefügten Abs 3a dieser Vorschrift scheidet aus. In § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V ist geregelt, dass die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entscheiden muss. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderlich Leistung selbst, ist die Krankenkasse nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die nach § 13 Abs 3a Satz 1 maßgebliche Frist ist hier eingehalten. Der Antrag ging frühestens am 07.08.2013 bei der Beklagten ein und die Beklagte entschied hierüber mit Bescheid vom 14.08.2013. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob der Anwendungsbereich des § 13 Abs 3a SGB V für die streitige, außerhalb des Leistungsspektrums der gesetzlichen Krankenversicherung liegende Behandlung überhaupt eröffnet wäre.
Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten.
Eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V lag zur Überzeugung des Senats nicht vor. Eine Leistung ist nur dann unaufschiebbar, wenn die Leistung in einem bestimmten Zeitpunkt erbracht werden muss, damit der erstrebte Erfolg überhaupt noch erreicht werden kann oder der Versicherte erhebliche Schmerzen leidet. Aus medizinischer Sicht darf keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr bestehen (BSG 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R, juris; Wagner in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Kommentar, Stand: Mai 2014, § 13 RdNr 26 ff). Die Behandlung zur Gewichtsabnahme war in diesem Sinne ersichtlich nicht unaufschiebbar. Es ist weder vorgetragen noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin ein weiteres Zuwarten nicht möglich war; im Übrigen ist die Therapie ohnehin erst nach der ablehnenden Entscheidung der Beklagten begonnen worden.
Auch die Voraussetzung des § 13 Abs 3 Satz 1 2. Alternative SGB V ist nicht erfüllt. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris). Die streitgegenständliche Holotherapie nach U. gehört indes nicht zu den von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen. Die Beklagte ist daher weder zur Erstattung der bereits entstandenen Kosten hierfür verpflichtet, noch zur künftigen Gewährung der Holotherapie im Rahmen der andauernden Behandlung.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die bei der Klägerin (damals) bestehende Adipositas III. Grades ist eine behandlungsbedürftige Krankheit, zumal bereits Folgeerkrankungen wie Wirbelsäulensyndrom, kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, Einschränkungen der Beweglichkeit, Lip- und Lymphödem der Beine sowie ein schweres obstruktives Schlafapnoesyndrom eingetreten sind. Das Vorliegen dieser Erkrankungen entnimmt der Senat den vorgelegten Bescheinigungen von Dr. Bö., Dr. St., Dr. P., dem Bericht der F.klinik vom 16.10.2013 und dem Gutachten des MDK vom 18.10.2013 sowie den eigenen Angaben der Klägerin.
Allerdings unterliegt der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er erfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).
Die Holotherapie nach U. stellt eine solche neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar. Behandlungsmethoden iS der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. "Neu" ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä enthalten ist (BSG 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R, juris). Die Holotherapie ist nicht als abrechenbare Leistung im EBM enthalten und daher eine neue Behandlungsmethode. Eine positive Empfehlung des GBA zu dieser Methode liegt nicht vor.
Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf. Ein sogenanntes Systemversagen unter dem Aspekt, dass der GBA zu der fraglichen Methode noch keine Empfehlung abgegeben hat und das vorgesehene Anerkennungsverfahren für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden trotz Anhaltspunkten für eine therapeutische Zweckmäßigkeit der Methode aus willkürlichen oder sachfremden Erwägungen heraus nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt wurde bzw eine Aktualisierung der Richtlinien unterblieben ist (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12; BSG 10.05.2012, B 1 KR 78/11 B, SozR 4-2500 § 140f Nr 1), liegt nicht vor.
Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf den in Umsetzung der Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 25 Nr 12) eingeführten § 2 Abs 1a SGB V stützen. Der Gesetzgeber hat den vom BVerfG formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V (Gesetz vom 22.12.2011, BGBl I 2983) Rechnung getragen. Eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine neue ärztliche Behandlungsmethode sei ausgeschlossen, weil der GBA diese nicht anerkannt habe, verstößt dann gegen das Grundgesetz bzw § 2 Abs 1a SGB V, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor (1.); bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung (2.) und bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (3.).
Für die Feststellung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung ist es nicht ausreichend, dass eine Krankheit unbehandelt zum Tode führt, weil dies auf nahezu jede schwere Erkrankung ohne therapeutische Einwirkung zutrifft. Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches gilt für den ggf gleichzustellenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, BSGE 115, 95). Die Adipositas III. Grades stellt – auch mit den hier bekannten Folgeerkrankungen - keine Erkrankung dar, die einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung wertungsmäßig vergleichbar ist. Dass ein extremes Übergewicht lebensverkürzend wirkt, hat bereits der MDK-Gutachter Dr. Br. ausgeführt und zugleich aber zutreffend darauf hingewiesen, dass hier nicht in einem überschaubaren Zeitraum von wenigen Wochen oder Monaten mit dem Eintritt des Todes gerechnet werden muss, wenn die gewünschte Behandlung zur Gewichtsabnahme unterbleibt. Auch aus den vorgelegten Bescheinigungen der behandelnden Ärzte lässt sich eine derart akut lebensbedrohliche Situation keinesfalls entnehmen.
Zur Behandlung der Adipositas steht zudem eine wirksame und zumutbare medizinische Standardtherapie zur Verfügung. Nach den S3-Leitlinien "Adipositas – Prävention und Therapie" vom 30.04.2014 wird ein Basisprogramm als Grundlage jeden Gewichtsmanagements bestehend aus einer Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie empfohlen, ggf adjuvant medikamentöse Behandlung. Erst wenn die konservative Behandlung erfolglos bleibt, werden bei extremer Adipositas bariatrische chirurgische Eingriffe empfohlen. Hier ist schon gar nicht ersichtlich, dass die Klägerin tatsächlich (erfolglos) eine leitliniengerechte Adipositastherapie mit der Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie durchgeführt hat. Ihr Vortrag, sie habe ärztlich überwachte Fitnessübungen mit Ernährungsberatung und unterstützte Diätprogramme (ua W. W.) durchgeführt, entspricht keiner leitliniengerechten Therapie. Letztlich braucht diese Frage jedoch nicht weiter aufgeklärt zu werden, da es schon an der notstandsähnlichen Situation im Hinblick auf den Schweregrad der Erkrankung fehlt. Soweit die Klägerin das schwere obstruktive Schlafapnoesyndrom als lebensbedrohlich in den Vordergrund stellt, ist diese Erkrankung nach dem Goldstandard mit der nächtlichen Überdruckbeatmung zu behandeln mit CPAP-Maske (S3-Leitlinie "Nicht erholsamer Schlaf – Schlafstörungen"). Auch auf die weitere Voraussetzung, dass eine auf Indizien gestützte, spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf zu erwarten sein muss, kommt es nicht an, da es – wie ausgeführt – schon an der ersten Voraussetzung einer notstandsähnlichen Lage fehlt.
Soweit die Klägerin eine Wirtschaftlichkeitsanalyse im Sinne eines Kostenvergleichs zwischen der gewünschten und der leitliniengerechten Behandlung fordert, ist dies abzulehnen. Eine Kostenersparnis ist insoweit nicht ersichtlich, denn das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) lässt keinen Vergleich mit Leistungen zu, die außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Andernfalls könnte mit Blick auf vermeintlich ersparte Aufwendungen anderer Art die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung über den Kostenerstattungsanspruch ohne Weiteres durchbrochen werden (BSG 26.07.2004, B 1 KR 30/04 B; 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11).
Ärztliche Behandlungen dürfen außerdem nur von Ärzten erbracht werden (§ 15 Abs 1 SGB V - sog Arztvorbehalt). Frau B.-U. ist keine Ärztin. Nach dem auf ihrer Homepage (www.holotherapie-U ...de) veröffentlichten Lebenslauf hat sie von 1964 bis 1966 Literaturwissenschaften, Psychologie und Philosophie studiert, verfügt aber über keinerlei medizinische Ausbildung. Sie ist auch nicht als psychologische Psychotherapeutin zugelassen.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine Kostenerstattung an einen krankenversicherungsrechtlich nicht zugelassenen Leistungserbringer grundsätzlich ausgeschlossen (BSG 15.04.1997, 1 RK 4/96, BSGE 80, 181, SozR 3-2500 § 13 Nr 14; 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180, SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Nichtärztliche Behandler haben auch im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs keinen Anspruch auf eigenverantwortliche Behandlung von Versicherten (Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 13 SGB V, Rn 179, 181). Die von der Klägerin begehrte Behandlung weist auch keinen Bezug zur Regelung des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB V auf. Danach dürfen Hilfeleistungen anderer Personen (als Ärzte) nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt (oder Zahnarzt) angeordnet und verantwortet werden. Gemeint sind Hilfeleistungen anderer Personen, die dem Arzt zugerechnet werden und die er deshalb aufgrund seines Fachwissens verantwortet, dh überwacht und leitet (BSG 10.05.1995, 1 RK 20/94, SozR 3-2500 § 28 Nr 1). Derjenige, der die Hilfeleistung erbringt, steht in einem Unterordnungsverhältnis zu dem Arzt. Dieser Bezug fehlt vorliegend. Auch das BVerfG hat das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG 10.05.1988, 1 BvR 111/77, BVerfGE 78, 155, NJW 1988, 2292). Ein Verfassungsverstoß liegt daher nicht vor (zum Arztvorbehalt bereits Senatsurteil vom 27.01.2009, L 11 KR 3126/08, juris. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde vom BSG mit Beschluss vom 28.05.2009, B 1 KR 16/09 B, zurückgewiesen, die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde vom BVerfG im Beschluss vom 23.08.2011, 1 BvR 2359/09, nicht zur Entscheidung angenommen). Es ist anerkannt, dass auch aus den Grundrechten regelmäßig kein verfassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen besteht. Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Zwar hat sich die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art 2 Abs 2 Satz 1 GG zu stellen. Entsprechende Leistungspflichten werden aber nur in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung angenommen, sofern eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiert (vgl BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Ein solcher Fall liegt hier, wie bereits ausgeführt, nicht vor.
Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht als Maßnahme zur Gesundheitsförderung beanspruchen. § 20 SGB V (hier noch idF vom 14.06.2007, BGBl I 1066) gibt den Krankenkassen auf, in ihrer Satzung Leistungen zur primären Prävention vorzusehen. Die Holotherapie ist in der Satzung der Beklagten nicht als Präventionsleistung vorgesehen und gehört auch nicht zu diesen. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die in der ambulanten Versorgung nach § 135 SGB V nicht erbracht werden dürfen, können nicht über den Umweg als "Präventionsleistung" doch in das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen werden.
Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Versicherten geltend macht, ist schon die bloße Behauptung nicht nachvollziehbar, die Beklagte habe die Behandlung in anderen Fällen bezuschusst. Zum Beleg dieser Behauptung kann sich die Klägerin jedenfalls nicht auf die Gesamtausgaben der Beklagten im Bereich Prävention stützen, denn diese enthalten hierüber keinerlei Aussage.
Schließlich ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass die Kosten für die Behandlung bei Frau B.-U. – dies als zutreffend unterstellt – von dem zuständigen Finanzamt als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG akzeptiert worden sind. Eine Entscheidung der Finanzverwaltung über die Abzugsfähigkeit von Krankheitskosten hat keinerlei Bindungswirkung für die Krankenkassen hinsichtlich der Frage, welche Leistungen gesetzlich geschuldet werden und ist auch sonst in keiner Weise vorgreiflich. Schon der Maßstab ist nicht vergleichbar. Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung werden Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf. Dies gilt zwar nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden, also medizinisch indiziert sind (BFH 26.02.2014, VI R 27/13, BFHE 245, 18). Schon der Hinweis auf eine vertretbare ärztliche Einschätzung entspricht jedoch nicht dem in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Qualitätsgebot nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V. Aufgrund der völlig anderen Zielrichtung ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, dass für die Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Gesundheitskosten ein großzügigerer Maßstab gelten kann als für die Frage, welche Leistungen das System der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung stellen muss. Entsprechend lässt § 64 Abs 1 Nr 2 Buchst f Einkommenssteuer-Durchführungsverordnung grundsätzlich – bei Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer Bescheinigung des MDK - auch den Abzug von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden zu, die im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung jedenfalls im ambulanten Bereich ausgeschlossen sind.
Auch auf die Erstattung der Fahrkosten besteht kein Anspruch. Nach § 60 Abs 1 Satz 1 SGB V übernimmt die Krankenkasse nach den Abs 2 und 3 die Kosten von Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133, wenn sie im Zusammenhang mit der Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Hier liegt schon gar keine Leistung der Krankenkasse vor, so dass schon aus diesem Grunde eine Übernahme der Fahrkosten nicht in Betracht kommt. Abgesehen davon werden Fahrkosten zu einer ambulanten Krankenbehandlung – abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Sonderfall des § 60 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB V – nach § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm den Krankentransportrichtlinien auch nur in besonderen Ausnahmefällen erbracht. Dazu gehört eine Behandlung mit hoher Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum nach vorgegebenen Therapieschema, wenn die Behandlung oder der Krankheitsverlauf den Patienten auf eine Weise beeinträchtigen, dass die Beförderung zur Vermeidung von Schäden an Leib und Leben unerlässlich ist. Zu den Ausnahmen gehören auch Versicherte mit Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H", einer Einstufung in Pflegestufe 2 oder 3 oder einer vergleichbaren Einschränkung der Mobilität. Keiner dieser Fälle liegt hier vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine ambulante Behandlung, die sogenannte Holotherapie nach U., in Höhe von 19.360 EUR.
Die Klägerin ist 1976 geboren und bei der Beklagten krankenversichert. Sie litt an Adipositas permagna dritten Grades (BMI 51). Am 07.08.2013 beantragte sie die Übernahme der Kosten für Holotherapie in Höhe von voraussichtlich 10.560 EUR für 3 mal 40 Behandlungen. Nach der vorgelegten Bescheinigung der Behandlerin B.-U. wirke die Behandlung wie eine Verjüngungskur für Körper und Geist. Die angewandte Therapie, die als energetisch-manuelle Therapie bezeichnet werde, umfasse zwei Behandlungsmethoden: zum einen würden mittels Massage die Energiepunkte des Körpers angeregt, zum anderen würden mit Hilfe der Laser-Akupressur die Energiepunkte durch Druck aktiviert. Die Behandlungsmethode sei von Anthonie U. entwickelt worden und werde seit dessen Tod 1992 von Frau B.-U. weitergeführt.
Mit Bescheid vom 14.08.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, sie übernehme die Kosten für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wenn diese im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen worden seien. Dies sei bei der Holotherapie nicht der Fall.
Mit ihrem Widerspruch vom 29.08.2013 führte die Klägerin aus, sie wiege bei einer Größe von 187 cm ca 178 kg. Kurse oder ähnliches hätten bisher nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt, sie habe nach jeder Gewichtsreduktion wieder mehr gewogen. Ergänzend legte die Klägerin ärztliche Bescheinigungen vor, in denen aus gesundheitlicher Sicht eine anhaltende Gewichtsreduktion für unbedingt erforderlich gehalten wird. Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. Br. führte im Gutachten vom 18.10.2013 aus, dass die Holotherapie nach dem Schreiben der Versicherten der Gewichtsabnahme diene. Die Art der Behandlung wie beschrieben sei bisher nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen, es handele sich um eine neue Behandlungsmethode. Bei der Klägerin bestehe eine behandlungsbedürftige Adipositas permagna mit Problemen mit der Wirbelsäule, kardiovaskulären Erkrankungen, Diabetes mellitus und Einschränkungen der Beweglichkeit. Die Erkrankung sei insoweit lebensbedrohlich, als die Lebenserwartung eingeschränkt sei. Die dargelegten Symptome seien aber nicht notstandsartig, es drohe nicht in überschaubarer Zeit regelmäßig der Tod. Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien daher nicht erfüllt. Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung gebe es ausreichende Behandlungsmöglichkeiten. Nach der Adipositas-Leitlinie sei eine multimodale Behandlung angezeigt. Als ergänzende Maßnahmen gebe es Patientenschulungen und Ernährungsberatung. Erweise sich eine multimodale ambulante Behandlung als nicht ausreichend, sei auch eine stationäre Behandlung zB als stationäre Rehabilitation möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß § 135 Abs 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) dürften die Krankenkassen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nur dann erbringen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in seinen Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V Empfehlungen über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben habe. Bei der Holotherapie handele es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die der GBA noch keine positive Empfehlung abgegeben habe. Eine Kostenübernahme sei somit grundsätzlich nicht möglich. Es liege auch kein Ausnahmefall im Sinne von § 2 Abs 1a SGB V vor, denn bei Adipositas permagna Grad III handele es sich nicht um eine lebensbedrohliche, notstandsartige Erkrankung, die in überschaubarer Zeit regelmäßig mit dem Tod ende. Als Therapieoption stehe eine ambulante multimodale Behandlung zur Verfügung.
Hiergegen richtet sich die am 30.06.2014 zum Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage. Die Klägerin macht geltend, es liege ein Ausnahmefall vor, der die Leistungspflicht der Beklagten bedinge. Sie leide seit vielen Jahren unter der Erkrankung, die zwischenzeitlich schon zu beträchtlichen, teils lebensbedrohlichen Folgeerkrankungen (schwergradige obstruktive Schlafapnoe) geführt habe. Die allgemein anerkannte Behandlungsmethode habe bei ihr über viele Jahre hinweg lediglich zu einer Verschlechterung des Zustands mit deutlicher Gewichtszunahme nach Beendigung der jeweiligen Maßnahme geführt. Die Holotherapie sei mit einem Startgewicht von 180,7 kg begonnen worden, bislang habe eine Gewichtsreduktion um 52 kg erzielt werden können.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.06.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V. Ein Anspruch auf Kostenerstattung sei nur gegeben, wenn die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Dies sei bei der Holotherapie nicht der Fall. Es handele sich hierbei um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die eine positive Empfehlung des GBA nicht vorliege. Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedürfe, liege nicht vor. Voraussetzung sei, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vorliege, bezüglich derer eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe und für die neue Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Hier fehle es zum einen an einer lebensbedrohlichen oder zumindest vergleichbaren Erkrankung. Mit den angeführten Folgeerkrankungen liege auch keine wertungsmäßig gleichzusetzende Erkrankung vor. Zum anderen existiere bei einer Adipositas-Erkrankung eine allgemein anerkannte Behandlung, welche entsprechend der Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas durchgeführt werde. Unabhängig davon scheitere der Anspruch auch an dem Umstand, dass es sich bei der die Holotherapie durchführenden Frau B.-U. nicht um eine zugelassene Behandlerin handelt. Eine Kostenerstattung sei ausgeschlossen, soweit die Therapie bei einem nicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen oder ermächtigten Behandler erfolge.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 10.06.2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 07.07.2015 eingelegte Berufung der Klägerin. Das MDK-Gutachten benenne veraltete Datenbestände, so werde auf die Leitlinien der Deutschen Adipositas Gesellschaft mit Stand 12/2005 Bezug genommen. Es sei davon auszugehen, dass medizinische und klinische Erkenntnisse binnen der vergangenen 10 bis 15 Jahre eine Wandlung vollzogen hätten. Auch insoweit bestehe eine erweiterte Prüfungsverpflichtung des SG, ob die begehrte Therapie im Rahmen des Artikels 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) gerechtfertigt gewesen sei. Weitere Sachaufklärung erscheine insbesondere hinsichtlich des Vorliegens einer lebensbedrohlichen, notstandsähnlichen Erkrankung dringend geboten. Es bestehe auch Aufklärungsbedarf betreffend die von der Beklagten in Bezug genommenen alternativen anerkannten Behandlungsmethoden nebst deren wirtschaftlicher Gegenüberstellung zur erfolgreich absolvierten streitgegenständlichen Therapieform. Nach § 2 Abs 1a SGB V habe die Beklagte die Kosten für die Holotherapie zu übernehmen. Die Adipositas sei als Krankheit anzusehen, zumindest ab einem gewissen Grad. Die Notwendigkeit einer Gewichtsreduktion werde auch von der Beklagten gesehen. Bereits das Erreichen einer Gewichtsreduktion von 52 kg lasse zumindest eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf vermuten. Als verbleibende erfolgversprechende Alternative werde allenfalls eine Behandlung im Rahmen einer bariatrischen Magenoperation gesehen. Eine solche sei der Klägerin jedoch nicht zuzumuten. Andere anerkannte Behandlungsmethoden habe die Klägerin ausgeschöpft. Aufgrund der Schwere der Erkrankung und der Dringlichkeit der Intervention sei als mildestes Mittel zur notwendigen Verringerung des Gewichts vor einer Magenoperation als ultima ratio nur die Holotherapie nach U. in Betracht gekommen. Im Übrigen würden die Behandlungskosten bei Frau B.-U. auch durch die Finanzämter regelmäßig als Sonderausgabe anerkannt nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG). Auch insoweit werde gefordert, dass die Leistungen medizinisch indiziert seien (unter Hinweis auf Bundesfinanzhof (BFH) 26.02.2014, VI R 27/13, BFHE 245, 18). Die Klägerin habe ihr Gewicht bis zum heutigen Tag erfolgreich und andauernd um ca 75 kg reduzieren können. Schließlich werde das Begehren der Klägerin nicht nur durch gesetzliche Pflichtleistungen gestützt, sondern auch durch freiwillig übernommene Zusatzleistungen. Auch die Beklagte biete neben dem gesetzlichen Leistungsangebot die Förderung alternativer Heilmethoden sowie Maßnahmen der Prävention bzw deren Förderung an. Die Beklagte habe sich bei der Leistungsablehnung nicht mit den weiteren von ihr angebotenen Maßnahmen befasst, insbesondere Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge. Hierin liege zumindest ein entscheidungserheblicher Ermessensfehler. Nach § 20 Abs 1 SGB V müssten Präventionsleistungen allen Versicherten offen stehen. Nach der Selbstbindung der Verwaltung ergebe sich hieraus eine Ermessensreduzierung auf Null. Die Klägerin gehe davon aus, dass die Beklagte in vergleichbaren Fällen eine Regelung zur Kostenerstattung zur Anwendung gebracht habe und kein sachlicher Grund bestehe, von dieser Übung im hier gegebenen Einzelfall abzuweichen. Die Klägerin stütze sich insoweit auf den aus dem Geschäftsbericht der Beklagten ersichtlichen Finanzierungsaufwand für Präventionsmaßnahmen. Sachliche Gründe für die Ablehnung, zumindest einer Förderung durch Bezuschussung, seien nicht ersichtlich. Die Therapie werde den gestellten Leistungs- und Qualitätskriterien vollumfänglich gerecht.
Ergänzend hat die Klägerin die bisher entstandenen Behandlungskosten für die Zeit ab 10.10.2013 mit 19.360 EUR beziffert und hierzu eine Rechnungsaufstellung von Frau B.-U. vom 01.02.2016 vorgelegt. Danach wurden 2013 60 Behandlungen und 2014 und 2015 jeweils 80 Behandlungen durchgeführt. Zudem seien Fahrtkosten von 1.914 EUR entstanden. Für Hin- und Rückweg zur Behandlung betrage die Fahrtstrecke 34,8 km. In Entsprechung des § 5 Abs 2 Nr 1 Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz (JVEG) werde der zurückgelegte Kilometer mit 0,25 EUR bewertet.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.06.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 14.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.05.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 19.360 EUR sowie weitere 1.914 EUR zu zahlen sowie die künftigen Behandlungskosten zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es liege weder eine positive Empfehlung des GBA zur Holotherapie vor, noch ein Ausnahmefall gemäß § 2 Abs 1a SGB V. Des Weiteren sei die Kostenerstattung bereits ausgeschlossen, weil es sich bei Frau B.-U. um keine kassenzugelassene Therapeutin handele. Zur Frage der Kostenerstattung von Therapiekosten über eine gesetzliche Krankenkasse sei nicht das Steuerrecht maßgebend. Hierfür gebe es spezielle Vorschriften in den einzelnen Büchern des Sozialgesetzbuches. Soweit Maßnahmen zur Prävention und Förderung der Gesundheit angesprochen seien, seien diese Maßnahmen – anders als die hier streitgegenständliche Holotherapie - geprüft und gemäß dem Sozialgesetzbuch erstattungsfähig. Sie würden durch speziell geschulte Kursleiter bzw Therapeuten durchgeführt. Die Holotherapie zähle nicht zu den Präventionsleistungen gemäß § 20 SGB V, es handele sich vielmehr um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Holotherapie oder Übernahme der künftigen Kosten nebst Fahrkosten.
Die Klägerin verfolgt ihren Anspruch zu Recht mit einer Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Ein Kostenerstattungsanspruch hat stets die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zum Gegenstand und muss deshalb für die Zeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beziffert werden (Bundessozialgericht (BSG) 28.01.1999, B 3 KR 4/98 R, BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1). Maßgebend ist dabei, ob die Kosten der Behandlung bereits abgerechnet wurden. Nur soweit Leistungen zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bereits erbracht, aber noch nicht abgerechnet wurden, ist es prozessual zulässig, der Klage einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die selbst beschaffte Behandlung zugrunde zu legen (BSG, 17.06.2010, B 3 KR 7/09 R, BSGE 106, 173). Vorliegend hat die Klägerin die durch die vorgelegte Rechnungsaufstellung der Behandlerin nachgewiesenen Kosten von insgesamt 19.360 EUR bereits beglichen.
Soweit die Klägerin nunmehr einen höheren Erstattungsbetrag geltend macht als noch in erster Instanz, ist dies nach § 99 Abs 3 Nr 2 SGG zulässig. Soweit im Berufungsverfahren erstmals Fahrtkosten geltend gemacht werden, handelt es sich um eine zulässige Klageänderung iSv § 99 Abs 1 SGG, denn diese ist sachdienlich. Die Klägerin hat im Verwaltungsverfahren ohne weitere Spezifizierung die Erstattung der Kosten für die Holotherapie beantragt, so dass auch Nebenkosten als von diesem Antrag mitumfasst angesehen werden können und insoweit eine Verwaltungsentscheidung hierzu vorliegt.
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Ein Anspruch nach dem mit Wirkung vom 27.02.2013 durch Art 2 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.02.2013 (BGBl S 277) eingefügten Abs 3a dieser Vorschrift scheidet aus. In § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V ist geregelt, dass die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entscheiden muss. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderlich Leistung selbst, ist die Krankenkasse nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die nach § 13 Abs 3a Satz 1 maßgebliche Frist ist hier eingehalten. Der Antrag ging frühestens am 07.08.2013 bei der Beklagten ein und die Beklagte entschied hierüber mit Bescheid vom 14.08.2013. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob der Anwendungsbereich des § 13 Abs 3a SGB V für die streitige, außerhalb des Leistungsspektrums der gesetzlichen Krankenversicherung liegende Behandlung überhaupt eröffnet wäre.
Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten.
Eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V lag zur Überzeugung des Senats nicht vor. Eine Leistung ist nur dann unaufschiebbar, wenn die Leistung in einem bestimmten Zeitpunkt erbracht werden muss, damit der erstrebte Erfolg überhaupt noch erreicht werden kann oder der Versicherte erhebliche Schmerzen leidet. Aus medizinischer Sicht darf keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr bestehen (BSG 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R, juris; Wagner in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Kommentar, Stand: Mai 2014, § 13 RdNr 26 ff). Die Behandlung zur Gewichtsabnahme war in diesem Sinne ersichtlich nicht unaufschiebbar. Es ist weder vorgetragen noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin ein weiteres Zuwarten nicht möglich war; im Übrigen ist die Therapie ohnehin erst nach der ablehnenden Entscheidung der Beklagten begonnen worden.
Auch die Voraussetzung des § 13 Abs 3 Satz 1 2. Alternative SGB V ist nicht erfüllt. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris). Die streitgegenständliche Holotherapie nach U. gehört indes nicht zu den von der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen. Die Beklagte ist daher weder zur Erstattung der bereits entstandenen Kosten hierfür verpflichtet, noch zur künftigen Gewährung der Holotherapie im Rahmen der andauernden Behandlung.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die bei der Klägerin (damals) bestehende Adipositas III. Grades ist eine behandlungsbedürftige Krankheit, zumal bereits Folgeerkrankungen wie Wirbelsäulensyndrom, kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, Einschränkungen der Beweglichkeit, Lip- und Lymphödem der Beine sowie ein schweres obstruktives Schlafapnoesyndrom eingetreten sind. Das Vorliegen dieser Erkrankungen entnimmt der Senat den vorgelegten Bescheinigungen von Dr. Bö., Dr. St., Dr. P., dem Bericht der F.klinik vom 16.10.2013 und dem Gutachten des MDK vom 18.10.2013 sowie den eigenen Angaben der Klägerin.
Allerdings unterliegt der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er erfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur dann der Fall, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).
Die Holotherapie nach U. stellt eine solche neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar. Behandlungsmethoden iS der gesetzlichen Krankenversicherung sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. "Neu" ist eine Methode, wenn sie zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im EBM-Ä enthalten ist (BSG 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R, juris). Die Holotherapie ist nicht als abrechenbare Leistung im EBM enthalten und daher eine neue Behandlungsmethode. Eine positive Empfehlung des GBA zu dieser Methode liegt nicht vor.
Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf. Ein sogenanntes Systemversagen unter dem Aspekt, dass der GBA zu der fraglichen Methode noch keine Empfehlung abgegeben hat und das vorgesehene Anerkennungsverfahren für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden trotz Anhaltspunkten für eine therapeutische Zweckmäßigkeit der Methode aus willkürlichen oder sachfremden Erwägungen heraus nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt wurde bzw eine Aktualisierung der Richtlinien unterblieben ist (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12; BSG 10.05.2012, B 1 KR 78/11 B, SozR 4-2500 § 140f Nr 1), liegt nicht vor.
Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf den in Umsetzung der Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 25 Nr 12) eingeführten § 2 Abs 1a SGB V stützen. Der Gesetzgeber hat den vom BVerfG formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V (Gesetz vom 22.12.2011, BGBl I 2983) Rechnung getragen. Eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine neue ärztliche Behandlungsmethode sei ausgeschlossen, weil der GBA diese nicht anerkannt habe, verstößt dann gegen das Grundgesetz bzw § 2 Abs 1a SGB V, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor (1.); bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung (2.) und bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (3.).
Für die Feststellung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung ist es nicht ausreichend, dass eine Krankheit unbehandelt zum Tode führt, weil dies auf nahezu jede schwere Erkrankung ohne therapeutische Einwirkung zutrifft. Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches gilt für den ggf gleichzustellenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, BSGE 115, 95). Die Adipositas III. Grades stellt – auch mit den hier bekannten Folgeerkrankungen - keine Erkrankung dar, die einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung wertungsmäßig vergleichbar ist. Dass ein extremes Übergewicht lebensverkürzend wirkt, hat bereits der MDK-Gutachter Dr. Br. ausgeführt und zugleich aber zutreffend darauf hingewiesen, dass hier nicht in einem überschaubaren Zeitraum von wenigen Wochen oder Monaten mit dem Eintritt des Todes gerechnet werden muss, wenn die gewünschte Behandlung zur Gewichtsabnahme unterbleibt. Auch aus den vorgelegten Bescheinigungen der behandelnden Ärzte lässt sich eine derart akut lebensbedrohliche Situation keinesfalls entnehmen.
Zur Behandlung der Adipositas steht zudem eine wirksame und zumutbare medizinische Standardtherapie zur Verfügung. Nach den S3-Leitlinien "Adipositas – Prävention und Therapie" vom 30.04.2014 wird ein Basisprogramm als Grundlage jeden Gewichtsmanagements bestehend aus einer Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie empfohlen, ggf adjuvant medikamentöse Behandlung. Erst wenn die konservative Behandlung erfolglos bleibt, werden bei extremer Adipositas bariatrische chirurgische Eingriffe empfohlen. Hier ist schon gar nicht ersichtlich, dass die Klägerin tatsächlich (erfolglos) eine leitliniengerechte Adipositastherapie mit der Kombination aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie durchgeführt hat. Ihr Vortrag, sie habe ärztlich überwachte Fitnessübungen mit Ernährungsberatung und unterstützte Diätprogramme (ua W. W.) durchgeführt, entspricht keiner leitliniengerechten Therapie. Letztlich braucht diese Frage jedoch nicht weiter aufgeklärt zu werden, da es schon an der notstandsähnlichen Situation im Hinblick auf den Schweregrad der Erkrankung fehlt. Soweit die Klägerin das schwere obstruktive Schlafapnoesyndrom als lebensbedrohlich in den Vordergrund stellt, ist diese Erkrankung nach dem Goldstandard mit der nächtlichen Überdruckbeatmung zu behandeln mit CPAP-Maske (S3-Leitlinie "Nicht erholsamer Schlaf – Schlafstörungen"). Auch auf die weitere Voraussetzung, dass eine auf Indizien gestützte, spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf zu erwarten sein muss, kommt es nicht an, da es – wie ausgeführt – schon an der ersten Voraussetzung einer notstandsähnlichen Lage fehlt.
Soweit die Klägerin eine Wirtschaftlichkeitsanalyse im Sinne eines Kostenvergleichs zwischen der gewünschten und der leitliniengerechten Behandlung fordert, ist dies abzulehnen. Eine Kostenersparnis ist insoweit nicht ersichtlich, denn das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) lässt keinen Vergleich mit Leistungen zu, die außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Andernfalls könnte mit Blick auf vermeintlich ersparte Aufwendungen anderer Art die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung über den Kostenerstattungsanspruch ohne Weiteres durchbrochen werden (BSG 26.07.2004, B 1 KR 30/04 B; 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11).
Ärztliche Behandlungen dürfen außerdem nur von Ärzten erbracht werden (§ 15 Abs 1 SGB V - sog Arztvorbehalt). Frau B.-U. ist keine Ärztin. Nach dem auf ihrer Homepage (www.holotherapie-U ...de) veröffentlichten Lebenslauf hat sie von 1964 bis 1966 Literaturwissenschaften, Psychologie und Philosophie studiert, verfügt aber über keinerlei medizinische Ausbildung. Sie ist auch nicht als psychologische Psychotherapeutin zugelassen.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine Kostenerstattung an einen krankenversicherungsrechtlich nicht zugelassenen Leistungserbringer grundsätzlich ausgeschlossen (BSG 15.04.1997, 1 RK 4/96, BSGE 80, 181, SozR 3-2500 § 13 Nr 14; 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180, SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Nichtärztliche Behandler haben auch im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs keinen Anspruch auf eigenverantwortliche Behandlung von Versicherten (Hauck in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 13 SGB V, Rn 179, 181). Die von der Klägerin begehrte Behandlung weist auch keinen Bezug zur Regelung des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB V auf. Danach dürfen Hilfeleistungen anderer Personen (als Ärzte) nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt (oder Zahnarzt) angeordnet und verantwortet werden. Gemeint sind Hilfeleistungen anderer Personen, die dem Arzt zugerechnet werden und die er deshalb aufgrund seines Fachwissens verantwortet, dh überwacht und leitet (BSG 10.05.1995, 1 RK 20/94, SozR 3-2500 § 28 Nr 1). Derjenige, der die Hilfeleistung erbringt, steht in einem Unterordnungsverhältnis zu dem Arzt. Dieser Bezug fehlt vorliegend. Auch das BVerfG hat das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Arztvorbehalt verfolgte gesetzgeberische Ziel als einen wichtigen Gemeinschaftsbelang anerkannt. Der Arztvorbehalt soll dafür sorgen, dass eine auf öffentliche Kosten durchgeführte Behandlung durch die Art der angewandten Methoden und die Qualifikation der behandelnden Personen objektiv Erfolg verspricht (BVerfG 10.05.1988, 1 BvR 111/77, BVerfGE 78, 155, NJW 1988, 2292). Ein Verfassungsverstoß liegt daher nicht vor (zum Arztvorbehalt bereits Senatsurteil vom 27.01.2009, L 11 KR 3126/08, juris. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil wurde vom BSG mit Beschluss vom 28.05.2009, B 1 KR 16/09 B, zurückgewiesen, die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde vom BVerfG im Beschluss vom 23.08.2011, 1 BvR 2359/09, nicht zur Entscheidung angenommen). Es ist anerkannt, dass auch aus den Grundrechten regelmäßig kein verfassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen besteht. Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Zwar hat sich die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art 2 Abs 2 Satz 1 GG zu stellen. Entsprechende Leistungspflichten werden aber nur in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung angenommen, sofern eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiert (vgl BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Ein solcher Fall liegt hier, wie bereits ausgeführt, nicht vor.
Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht als Maßnahme zur Gesundheitsförderung beanspruchen. § 20 SGB V (hier noch idF vom 14.06.2007, BGBl I 1066) gibt den Krankenkassen auf, in ihrer Satzung Leistungen zur primären Prävention vorzusehen. Die Holotherapie ist in der Satzung der Beklagten nicht als Präventionsleistung vorgesehen und gehört auch nicht zu diesen. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die in der ambulanten Versorgung nach § 135 SGB V nicht erbracht werden dürfen, können nicht über den Umweg als "Präventionsleistung" doch in das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen werden.
Soweit die Klägerin eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Versicherten geltend macht, ist schon die bloße Behauptung nicht nachvollziehbar, die Beklagte habe die Behandlung in anderen Fällen bezuschusst. Zum Beleg dieser Behauptung kann sich die Klägerin jedenfalls nicht auf die Gesamtausgaben der Beklagten im Bereich Prävention stützen, denn diese enthalten hierüber keinerlei Aussage.
Schließlich ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass die Kosten für die Behandlung bei Frau B.-U. – dies als zutreffend unterstellt – von dem zuständigen Finanzamt als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG akzeptiert worden sind. Eine Entscheidung der Finanzverwaltung über die Abzugsfähigkeit von Krankheitskosten hat keinerlei Bindungswirkung für die Krankenkassen hinsichtlich der Frage, welche Leistungen gesetzlich geschuldet werden und ist auch sonst in keiner Weise vorgreiflich. Schon der Maßstab ist nicht vergleichbar. Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung werden Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf. Dies gilt zwar nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden, also medizinisch indiziert sind (BFH 26.02.2014, VI R 27/13, BFHE 245, 18). Schon der Hinweis auf eine vertretbare ärztliche Einschätzung entspricht jedoch nicht dem in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Qualitätsgebot nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V. Aufgrund der völlig anderen Zielrichtung ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, dass für die Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Gesundheitskosten ein großzügigerer Maßstab gelten kann als für die Frage, welche Leistungen das System der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung stellen muss. Entsprechend lässt § 64 Abs 1 Nr 2 Buchst f Einkommenssteuer-Durchführungsverordnung grundsätzlich – bei Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer Bescheinigung des MDK - auch den Abzug von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden zu, die im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung jedenfalls im ambulanten Bereich ausgeschlossen sind.
Auch auf die Erstattung der Fahrkosten besteht kein Anspruch. Nach § 60 Abs 1 Satz 1 SGB V übernimmt die Krankenkasse nach den Abs 2 und 3 die Kosten von Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133, wenn sie im Zusammenhang mit der Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Hier liegt schon gar keine Leistung der Krankenkasse vor, so dass schon aus diesem Grunde eine Übernahme der Fahrkosten nicht in Betracht kommt. Abgesehen davon werden Fahrkosten zu einer ambulanten Krankenbehandlung – abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Sonderfall des § 60 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB V – nach § 60 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm den Krankentransportrichtlinien auch nur in besonderen Ausnahmefällen erbracht. Dazu gehört eine Behandlung mit hoher Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum nach vorgegebenen Therapieschema, wenn die Behandlung oder der Krankheitsverlauf den Patienten auf eine Weise beeinträchtigen, dass die Beförderung zur Vermeidung von Schäden an Leib und Leben unerlässlich ist. Zu den Ausnahmen gehören auch Versicherte mit Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H", einer Einstufung in Pflegestufe 2 oder 3 oder einer vergleichbaren Einschränkung der Mobilität. Keiner dieser Fälle liegt hier vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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